BMF-Monatsbericht März 2023 - Fokus: Bund-Länder-Finanzbeziehungen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Editorial Editorial Monatsbericht des BMF März 2023 Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern im Jahr 2022 bieten spannende Einblicke in den fi- nanzpolitischen Maschinenraum unseres Staa- tes. Mithilfe des Finanzausgleichs sollen gleich- wertige Lebensverhältnisse ermöglicht werden. Nach dem Grundgesetz haben Bund und Länder gleichmäßigen Anspruch auf Deckung ihrer not- wendigen Ausgaben. Während der Bund Ende des vergangenen Jahres ein Finanzierungsdefizit von 129,2 Mrd. Euro aufwies, betrug der Überschuss der Länder 12,4 Mrd. Euro. In Krisen überregionalen Ausmaßes ist es Aufgabe des Bundes, schnell und flexibel zu reagieren. Dennoch muss der Bund bei künftigen Notlagen stärker auf eine ausgewogene Liebe Leserinnen, liebe Leser, Belastung achten. der Frühling ist immer eine Zeit des Aufbruchs und Not und Hilfe sind auch Thema im diesjährigen des Wachstums. Da passt es, dass sich die Stimmung Münz- und Briefmarkenprogramm. Münzen und bei den für den ifo Geschäftsklimaindex befragten Briefmarken der Bundesrepublik Deutschland Unternehmen in Deutschland zum Anfang des Jah- sind Botschafter unseres Landes. Sie beziehen sich res aufgehellt hat. Die Geschäftserwartungen erho- auf wichtige Ereignisse oder stellen gesellschaftli- len sich, wenn auch langsam. che Interessen heraus. Mit der Münze „Feuerwehr“ würdigen wir beispielsweise die Feuerwehrmän- Auch das BMF unterstützt mit seiner angebots- ner und Feuerwehrfrauen, die Tag für Tag Men- orientierten Finanzpolitik das Wachstum, damit schen in Not helfen. Zudem wird es dieses Jahr Deutschland die kriegs- und krisenbedingte wirt- Briefmarken zum 70-jährigen Bestehen der israe- schaftliche Abkühlung hinter sich lässt. Mit dem lischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sowie Zukunftsfinanzierungsgesetz wollen wir bessere zur Bedeutung des Friedens als hohem Gut für die Finanzierungbedingungen für innovative Unter- Menschheit geben. nehmen erreichen, um so für frischen Wind in der deutschen Wirtschaft zu sorgen. Zudem arbeiten Ich wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre wir derzeit an einem Steuergesetz zur Stärkung der und – passend zum Frühlingsbeginn – interessante Wettbewerbsfähigkeit. Dabei priorisieren wir all Erkenntnisse, aus denen neue Ideen erwachsen. das, was Wachstum und damit in der Konsequenz auch zusätzliche Steuereinnahmen bringt. Ihr Im Mittelpunkt dieses Monatsberichts steht die Lage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Um sie geht es sowohl in unserem Schlaglicht als auch Steffen Saebisch in einem unserer Fachartikel. Die Ergebnisse des Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Bund-Länder-Finanzbeziehungen________________________________7 Schieflage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen__________________________________________________________ 8 Im Interview: Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher___________________________________________________ 14 Analysen und Berichte___________________________________________19 Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2022__________________________________________ 20 Treffen der G20-Finanzministerinnen und -minister sowie -Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure in Bengaluru_________________________________________________________________________ 25 Das Münz-Jahresprogramm 2023________________________________________________________________________ 30 Briefmarken – Deutschlands kleinste Kulturbotschafter__________________________________________________ 35 Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage____________________________43 Überblick zur aktuellen Lage_____________________________________________________________________________ 44 Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht______________________________________________________ 45 Steuereinnahmen im Februar 2023______________________________________________________________________ 52 Entwicklung des Bundeshaushalts im Februar 2023______________________________________________________ 57 Kreditaufnahme des Bundes und seiner Sondervermögen________________________________________________ 64 Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik_____________________________________________________________ 70 Aktuelles aus dem BMF__________________________________________75 Termine_________________________________________________________________________________________________ 76 Publikationen___________________________________________________________________________________________ 77 Statistiken und Dokumentationen_______________________________79 Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 80 Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte_______________________________________________________ 81 Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunkturkomponenten des Bundes________________ 81 Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 82
Bund-Länder-Finanzbeziehungen Bund-Länder- Finanzbeziehungen Schieflage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen 8 Im Interview: Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher 14
Bund-Länder-Finanzbeziehungen BMF-Monatsbericht März 2023 Schieflage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ● Die föderalen Finanzbeziehungen sind im Ungleichgewicht: Der Bund ist mit hohen Finan- zierungsdefiziten strukturell in einer angespannteren Lage als die Länder und Kommunen, die zuletzt Finanzierungsüberschüsse erzielt haben. ● Hauptgrund für die Schieflage sind – neben der Übernahme der Hauptlast in der Krisenfinan- zierung – hohe Entlastungen der Länder und Kommunen durch den Bund: einerseits durch massive Finanztransfers, die sich allein 2023 für ausgewählte finanzielle Entlastungen auf 53,7 Mrd. Euro summieren, andererseits im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder und Kommunen, die beim Bund im Jahr 2023 zu Mindereinnahmen von rund 15,8 Mrd. Euro führen. ● Damit der Bund seine originären Aufgaben im Rahmen der regulären Obergrenzen der Schul- denregel erfüllen und die enormen Herausforderungen der Zukunft stemmen kann, sind weite- re Entlastungen der Länder und Kommunen durch den Bund nicht mehr leistbar. Einleitung Aufgaben nicht mehr auskömmlich im Rahmen der regulären Obergrenze der Schuldenregel finan- Das föderale Finanzgeflecht zwischen dem Bund zieren zu können. Neue Forderungen der Länder auf der einen Seite und den Ländern und Kommu- und Kommunen nach weiterer Entlastung durch nen auf der anderen Seite ist in den vergangenen den Bund können angesichts der angespannten Jahren in eine beachtliche Schieflage geraten. Wäh- Haushaltslage des Bundes nicht mehr erfüllt wer- rend der Bundeshaushalt von 2020 bis 2022 Defi- den. Bund und Länder müssen einen Weg zurück zite in dreistelliger Milliardenhöhe aufwies, er- zu dem im Grundgesetz verankerten Regelfall fin- zielten Länder und Kommunen in der Gesamtheit den: Bund und Länder sind verantwortlich für die seit 2021 wieder milliardenhohe Überschüsse. Die- Finanzierung ihrer jeweiligen Aufgaben. ses Ungleichgewicht ist insbesondere auf die mas- siven Entlastungen der Länder und Kommunen durch den Bund zurückzuführen. Der Bund leis- Finanzpolitische Kennziffern tet auch bei Aufgaben, die in der originären Zustän- digkeit der Länder und Kommunen liegen, hohe Die Schieflage im föderalen Gefüge zeigt sich in ei- finanzielle Transfers. Teilweise wurde das Grund- ner Reihe von finanzpolitischen Kennziffern. gesetz geändert, um die Entlastung verfassungs- rechtlich zu ermöglichen. Zudem hat der Bund die Krisenbewältigung während der Corona-Pande- Finanzierungssalden mie und zur Abfederung der wirtschaftlichen Fol- gen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukra- Das Statistische Bundesamt veröffentlichte am ine überwiegend allein gestemmt. 24. Februar 2023 die vorläufigen Finanzierungs- salden der einzelnen Ebenen für das Jahr 2022 Der Bund kann auf Dauer diese erhebliche Umver- (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversiche- teilung zu seinen Lasten nicht aufrechterhalten, rungen inklusive ihrer jeweiligen Extrahaus- da er sonst Gefahr läuft, seine eigenen originären halte in den Kategorien der Volkswirtschaftlichen 8
Bund-Länder-Finanzbeziehungen Monatsbericht des BMF Schieflage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen März 2023 Gesamtrechnungen): Das Finanzierungsdefizit Anteil am des Bundes betrug 129,2 Mrd. Euro. Die Länder Gesamtsteueraufkommen erzielten demgegenüber einen Überschuss von 12,4 Mrd. Euro, die Kommunen einen Überschuss Mit der Corona-Pandemie trat eine Umkehr der von 8,8 Mrd. Euro. Größenordnung der Anteile von Bund und Län- Schlaglicht dern am gesamten Steueraufkommen ein. In den Auch im Jahr 2021 lag dieses Ungleichgewicht vor. Jahren bis einschließlich 2019 erzielte der Bund Dem Defizit des Bundes von 145,9 Mrd. Euro stan- mit rund 41 Prozent bis 43 Prozent durchweg ei- den Überschüsse der Ländergesamtheit in Höhe nen höheren Anteil am Gesamtsteueraufkommen von 2,8 Mrd. Euro und der kommunalen Ebene von als die Länder, deren Anteil um rund 40 Prozent insgesamt 4,6 Mrd. Euro gegenüber (Quelle: Sta- schwankte. Im Jahr 2020 sank der Anteil des Bun- tistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 4.1 vom des hingegen auf 38,3 Prozent, der Anteil der Län- 3. März 2023). Hier offenbart sich ein strukturelles der stieg auf 42,8 Prozent. Bei dieser Umkehr blieb Problem, das auch auf absehbare Zeit erhalten blei- es auch im Jahr 2021. Der Arbeitskreis „Steuerschät- ben wird. zungen“ erwartete in seiner letzten Steuerschät- zung vom Oktober 2022 auch für das Jahr 2022 und die kommenden Jahre eine Fortführung dieses Ver- Schuldenstand hältnisses. Der Bund kann demnach nur noch mit rund 39 Prozent des Aufkommens rechnen, die Der Schuldenstand des Bundes betrug laut der Länder mit rund 41 Prozent bis 42 Prozent. vierteljährlichen Schuldenstatistik des Statisti- schen Bundesamts zum Ende des 3. Quartals 2022 rund 1.574,2 Mrd. Euro. Aufseiten der Länder wa- Anteil am ren es 613,7 Mrd. Euro, aufseiten der Kommunen Umsatzsteueraufkommen 137,0 Mrd. Euro. Zum Ende des Jahres 2019 – vor Beginn der Corona-Pandemie – lagen die Schul- Einer der Hauptgründe für die Umkehrung der den des Bundes noch bei 1.188,6 Mrd. Euro (Anstieg Steueranteile ist der Verzicht des Bundes auf ei- zum 3. Quartal 2022 damit um 385,6 Mrd. Euro nen beträchtlichen Anteil am Umsatzsteuerauf- beziehungsweise 32 Prozent), die der Länder bei kommen zugunsten der Länder und Kommunen. 579,0 Mrd. Euro (Anstieg um 34,7 Mrd. Euro bezie- Dies erfolgt durch wiederholte Änderungen des § 1 hungsweise 6 Prozent) und die der Kommunen bei des Finanzausgleichsgesetzes (FAG), in dem die ver- 131,4 Mrd. Euro (Anstieg um 5,6 Mrd. Euro bezie- tikale Verteilung des Umsatzsteueraufkommens hungsweise 4 Prozent). geregelt ist. Bis zum Jahr 2019 verfügte der Bund durchweg über einen höheren Anteil am gesamten In diesen Zahlen wird deutlich, dass der Bund den Umsatzsteueraufkommen als die Länder; bis zum weit überwiegenden Anteil der Lasten der Pande- Jahr 2015 lag er weit über 50 Prozent (z. B. 2014: mie und der ökonomischen Abfederung der Folgen 53,5 Prozent). Die Länder kamen bis 2014 regelmä- Statistiken und Dokumentationen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ßig auf unter 45 Prozent. Ab 2015 stieg der Anteil getragen und eine massive Ausweitung seiner Ver- der Länder bis 2020 auf den Wert von 52,9 Prozent, schuldung in Kauf genommen hat. Entsprechend während der Bundesanteil auf nur noch 43,0 Pro- ist der Bund auch von Zinserhöhungen deutlich zent sank. Im Jahr 2022 betrug der Anteil des Bun- stärker betroffen als die Länder und Gemeinden. des 46,6 Prozent, der Anteil der Länder 50,5 Prozent. Im Jahr 2022 wurden Länder und Kommunen im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung im Umfang von 19,2 Mrd. Euro entlastet. Im Jahr 2021 lag dieser Entlastungsbetrag bei 19,4 Mrd. Euro, 9
Bund-Länder-Finanzbeziehungen BMF-Monatsbericht Schieflage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen März 2023 im Jahr 2020 bei 21,6 Mrd. Euro. Für das laufende zusätzlich rund 4 Mrd. Euro, sodass die Bundesbe- Jahr ist absehbar, dass sich dieser Betrag auf min- teiligung an den Kosten der Unterkunft und Hei- destens 15,8 Mrd. Euro belaufen wird. Auch in den zung inzwischen auf über 10 Mrd. Euro angestie- Folgejahren wird mit Entlastungen von mindestens gen ist. Hinzu treten die deutlichen Entlastungen 12,8 Mrd. Euro gerechnet. aufgrund der Übernahme von Geflüchteten aus der Ukraine in den Geltungsbereich des Sozialgesetz- buchs II und XII (SGB). Zudem erstattet der Bund Finanztransfers des Bundes an den Kommunen vollständig die Ausgaben für die die Länder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminde- rung (9,05 Mrd. Euro). Das Ausmaß der Finanzströme vom Bund an die Länder zeigt sich auf der Ausgabeseite des Bundes- Außerdem leistet der Bund Zuschüsse zu den Ren- haushalts in einer Vielzahl von Politikfeldern und tenversicherungsbeiträgen für die in Integrations- Transferwegen – über Gemeinschaftsaufgaben, projekten beschäftigten behinderten Menschen in Geldleistungsgesetze, Finanzhilfen, Regionalisie- Höhe von 1,56 Mrd. Euro. Die Beteiligung des Bun- rungsmittel, Krisenhilfen und Modellvorhaben. Die des an den Kosten der Zusatzversorgungssysteme Transfers vom Bund an die Länder addieren sich der DDR (Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh- für das Jahr 2023 allein für ausgewählte finanzielle rungsgesetz) führt zu einer finanziellen Entlastung Entlastungen auf insgesamt rund 53,7 Mrd. Euro. der ostdeutschen Länder von rund 1,87 Mrd. Euro. Hinzu kommen rund 38,4 Mrd. Euro in mehre- ren überjährigen Sondervermögen des Bundes, die unmittelbar den Ländern und Kommunen Familie und Bildung: rund zugutekommen. 5,0 Mrd. Euro im Jahr 2023 (plus 15,4 Mrd. Euro in Sondervermögen) In vielen Fällen handelt es sich bei den geförder- ten Maßnahmen um eigentlich im Bereich der Der Bund hat in den Bereichen Kinderbetreuung Länderkompetenzen liegende Aufgaben. Finanz- und Schule drei Sondervermögen errichtet, um den hilfen des Bundes wurden in den Bereichen Bil- Ausbau der Kitas (5,4 Mrd. Euro bis 2025), die Ganz- dung und Wohnungsbau erst durch im Jahr 2019 tagsbetreuung an Grundschulen (3,5 Mrd. Euro durchgeführte Änderungen des Grundgesetzes bis 2028) und die Digitalisierung der Schu- (Art. 104c und Art. 104d) möglich. Zudem hat der len (DigitalPakt Schule mit bis zu 6,5 Mrd. Euro Bund den Ländern und Kommunen im Sozialbe- bis 2024) zu fördern. reich immer wieder hohe Kostenanteile abgenom- men und sie somit massiv entlastet. Die folgen- Seit dem 1. Juli 2017 trägt der Bund 40 Prozent der den Zahlen beziehen sich auf die Soll-Ansätze des Leistungen des Unterhaltsvorschussgesetzes, wo- Bundeshaushalts 2023. durch die Länder in 2023 um 1,19 Mrd. Euro entlastet werden. Der Bund weist 2023 im Rahmen des Bun- deskinderschutzgesetzes 56 Mio. Euro der Stiftung Soziale Sicherung: rund Frühe Hilfen zu. Seit 2015 hat der Bund vollständig 22,9 Mrd. Euro im Jahr 2023 das BAföG von den Ländern übernommen, was in diesem Jahr zu Ausgaben von 2,72 Mrd. Euro für den Die größte Entlastung der Kommunen erfolgt Bund führt. Hinzu kommt der Finanzierungsanteil im Bereich des Bürgergelds (vormals Arbeitslo- des Bundes von 78 Prozent bei der Aufstiegsfortbil- sengeld II): Durch die Erhöhung der Bundesbe- dung in der beruflichen Bildung mit 880 Mio. Euro. teiligung an den Kosten der Unterkunft und Hei- Der Digitale Bildungsraum (Bildungsplattform, Bil- zung um 25 Prozentpunkte im Jahr 2020 entlastet dungskompetenzzentren und INVITE) umfasst Aus- der Bund die Länder und Kommunen jährlich um gaben von 206 Mio. Euro für den Bund. 10
Bund-Länder-Finanzbeziehungen Monatsbericht des BMF Schieflage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen März 2023 Forschung und Wissenschaft: rund stehen die Regionalisierungsmittel für den Öffent- 4,2 Mrd. Euro im Jahr 2023 lichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Höhe von 10,898 Mrd. Euro im Jahr 2023, wobei eine wei- Der Bund hat im Rahmen der Gemeinsamen Wis- tere Erhöhung um 1,5 Mrd. Euro im Jahr 2023 zur senschaftskonferenz eine Reihe wichtiger Verein- Einführung des 49-Euro-Tickets derzeit im parla- Schlaglicht barungen mit den Ländern geschlossen, die einen mentarischen Verfahren beraten wird (Entwurf des deutlichen Aufwuchs an Bundesmitteln für Uni- 9. Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungs- versitäten, Fachhochschulen, Akademien und au- gesetzes). Hinzu kommt das Bundesprogramm ßeruniversitäre Forschungseinrichtungen beinhal- Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz mit ten. Analog zum Pakt für Forschung und Innovation 1 Mrd. Euro pro Jahr für Investitionen in die Schie- (PFI) für die außeruniversitären Forschungsein- nenwege des ÖPNV. Im Bereich Verkehr stellt der richtungen (Länder-Entlastungsbetrag PFI IV Bund den Ländern zudem folgende Mittel bereit: 406 Mio. Euro im Jahr 2023) beteiligt sich der Bund an einem jährlich 3-prozentigen Aufwuchs der Zu- ● Radverkehr: 325 Mio. Euro wendungen für die Hochschulen im Zukunftsver- ● Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme: trag „Studium und Lehre stärken“ (Zuwendung 61 Mio. Euro Bund insgesamt 1,94 Mrd. Euro im Jahr 2023). Dar- über hinaus erhalten die Hochschulen für von der ● Weiterentwicklung Elektromobilität: Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) geför- 87 Mio. Euro derte Forschungsvorhaben eine DFG-Programm- ● Förderung des Ankaufs von Bussen mit alter- pauschale in Höhe von 469 Mio. Euro. Weitere nativen Antrieben: 62 Mio. Euro Vereinbarungen mit den Ländern beinhalten die Exzellenzstrategie (400 Mio. Euro), die Stiftung In- Der Gigabitnetzausbau auf Glasfaserbasis wird vom novation in der Hochschullehre (150 Mio. Euro), Bund im Jahr 2023 im Rahmen des Sondervermö- die Förderinitiative Innovative Hochschule gens „Digitale Infrastruktur“ mit 1,456 Mrd. Euro (55 Mio. Euro), die Förderung einer Nationalen unterstützt. Forschungsdateninfrastruktur (58 Mio. Euro) und das Programm zur Förderung des wissenschaft- Der Bund stärkt die Länder in großem Umfang lichen Nachwuchses (121 Mio. Euro). Für die För- im Bereich der Struktur- und Regionalpolitik. Für derung von Forschungsbauten, Großgeräten und die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der re- des Nationalen Hochleistungsrechnens stellt der gionalen Wirtschaftsstruktur“ stellt der Bund im Bund 317 Mio. Euro bereit. Zusammen mit einer Jahr 2023 rund 660 Mio. Euro (davon 12,5 Mio. Euro Vielzahl weiterer hochschulbezogener Maßnah- für ein Sonderprogramm) und für die Gemein- men (238 Mio. Euro) beläuft sich die Entlastung schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur der Länder bei den Ausgaben für Forschung und und des Küstenschutzes“ 1,133 Mrd. Euro zur Ver- Wissenschaft auf rund 4,2 Mrd. Euro im Soll des fügung. Maßnahmen zur Förderung der Kohleregi- Jahres 2023. onen gemäß Strukturstärkungsgesetz werden vom Statistiken und Dokumentationen Bund mit 2,519 Mrd. Euro im Jahr 2023 finanziert. Die Innovationsbeihilfen Schiffsbau belaufen sich Investitionen: rund 20,8 Mrd. Euro auf 37 Mio. Euro. im Jahr 2023 (plus 7 Mrd. Euro im Sondervermögen) Die Kommunen werden vom Bund mit einer Reihe investiver Ausgaben unterstützt. Der Kommunal Über die bereits genannten Finanzhilfen hin- investitionsförderungsfonds sieht in zwei Kapiteln aus unterstützt der Bund die Länder und Kom- insgesamt 7 Mrd. Euro bis 2025 für finanzschwache munen über eine Vielzahl von Finanztransfers Kommunen vor. Für den sozialen Wohnungsbau bei deren Investitionstätigkeit. An erster Stelle sind 1,275 Mrd. Euro vorgesehen. Zur Förderung 11
Bund-Länder-Finanzbeziehungen BMF-Monatsbericht Schieflage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen März 2023 städtebaulicher Gesamtmaßnahmen übernimmt Bereichen verknüpft. Für 2023 sind Entlastun- der Bund 790 Mio. Euro zur Entlastung der Kom- gen der Länder und Kommunen im Rahmen der munen. Der Investitionspakt Sportstätten sieht vertikalen Umsatzsteuerverteilung in Höhe von zugunsten der Kommunen ein Volumen von 15,8 Mrd. Euro vorgesehen. 61 Mio. Euro vor. Die Sanierung kommunaler Ein- richtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kul- tur umfasst Mittel in Höhe von 260 Mio. Euro. Das Dauerhafte Belastung des Bundes: Programm „Förderung von Modellprojekten Smart 9,8 Mrd. Euro im Jahr 2023 Cities“ beinhaltet Ausgaben von 125 Mio. Euro. Der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst sieht Im Zuge der Neuordnung der Bund-Länder-Fi- Bundesmittel in Höhe von rund 220 Mio. Euro vor. nanzbeziehungen ab 2020 hat der Bund den Län- dern einen von der Entwicklung des Umsatz- steueraufkommens abhängigen dynamischen Weitere Entlastungen: Entlastungsbetrag zugesagt. Er beträgt im Jahr 2023 838 Mio. Euro im Jahr 2023 (plus voraussichtlich 4,2 Mrd. Euro und wächst voraus- 16 Mrd. Euro im Sondervermögen sichtlich auf rund 4,5 Mrd. Euro im Jahr 2027 an. Im Zusammenhang mit dem Auslaufen der fiktiven Ab- Aufbauhilfe 2021) finanzierung des Fonds „Deutsche Einheit“ wurde Der Bund gewährt den Ländern Bremen und der Länderanteil um jährlich 2,224 Mrd. Euro zulas- Saarland Sanierungshilfen von jährlich zusam- ten des Bundes erhöht. Seit 2018 entlastet der Bund men 800 Mio. Euro. Für Seehäfen stehen Finanz- die Kommunen unbefristet im Umfang von jähr- hilfen von 38 Mio. Euro zur Verfügung. Zur Fi- lich 5 Mrd. Euro, davon 3,4 Mrd. Euro im Rahmen nanzierung der Wiederaufbauhilfe in den von der vertikalen Umsatzsteuerverteilung. der Flutkatastrophe im Sommer 2021 geschädig- ten Regionen ist ein nationaler Solidaritätsfonds „Aufbauhilfe 2021“ als Sondervermögen des Bun- Kinderbetreuung: 2,7 Mrd. Euro im des mit bis zu 30 Mrd. Euro errichtet worden, wo- Jahr 2023 bei 2 Mrd. Euro für reine Bundesinfrastruktur vor- gesehen sind. Die weiteren 28 Mrd. Euro werden Im Zusammenhang mit der Berücksichtigung hälftig von Bund und Ländern getragen, wobei der Lasten aus dem Ausbau der Kinderbetreu- der Bund im Jahr 2021 eine erste Zuführung von ung wurde der Umsatzsteueranteil der Länder um 16 Mrd. Euro im Voraus geleistet hat und die Län- jährlich 845 Mio. Euro zulasten des Bundes er- der ihren Beitrag über Ratenzahlungen im Rahmen höht. Hinzu kommen 2023 voraussichtlich knapp der Umsatzsteuerverteilung über 30 Jahre leisten. 1,884 Mrd. Euro für das KiTa-Qualitätsgesetz. Umsatzsteuerverteilung Unterstützung für Geflüchtete: 2,75 Mrd. Euro im Jahr 2023 Die Unterstützung der Länder und Kommunen er- folgt nicht nur über die Ausgabeseite des Bundes- Der Bund hat in den Jahren 2015 bis 2021 die Län- haushalts, sondern im großen Umfang auch über der und Kommunen im Zusammenhang mit den die vertikale Umsatzsteuerverteilung. Durch Än- durch die hohe Zahl an Geflüchteten entstehen- derungen an § 1 FAG werden die Anteile am Um- den Ausgaben insgesamt um rund 38,8 Mrd. Euro satzsteueraufkommen zwischen den Ebenen neu entlastet. Im Jahr 2022 hat der Bund allein über die festgesetzt. Dieser Weg wurde in den zurückliegen- vertikale Umsatzsteuerverteilung 4,392 Mrd. Euro den Jahren zunehmend mit politischen Vereinba- an die Länder transferiert. Für das laufende rungen zwischen Bund und Ländern in anderen Jahr 2023 sind – unter Einschluss des Beschlusses 12
Bund-Länder-Finanzbeziehungen Monatsbericht des BMF Schieflage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen März 2023 des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen Kommunen übertragen. Die Kompensation pande- und -chefs der Länder vom 2. November 2022 im miebedingter Einnahmeausfälle durch die Umsatz- Zusammenhang mit Flucht und Migration – insge- steuersatzsenkung im 2. Halbjahr 2020 betrug in den samt 2,75 Mrd. Euro zur Entlastung der Länder und Jahren 2020 und 2021 insgesamt 9,851 Mrd. Euro. der Kommunen vorgesehen. Zur Kompensation der Einnahmeausfälle durch Schlaglicht den Kinderbonus – 300 Euro im Jahr 2020, 150 Euro Nachrichtlich: Losgelöst von der Umsatzsteuerver- im Jahr 2021 und 100 Euro im Jahr 2022 – übertrug teilung entlastet der Bund im Flüchtlingsbereich die der Bund den Ländern insgesamt 4,529 Mrd. Euro Länder durch den sogenannten Rechtskreiswech- in diesen drei Jahren. Im Rahmen der Bund-Län- sel auf der Ausgabenseite, indem die Geflüchteten der-Vereinbarung „Aufholen nach Corona“ hat aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen der Bund die Länder 2021 und 2022 mit insgesamt müssen, sondern seit dem 1. Juni 2022 unmittelbar 1,29 Mrd. Euro unterstützt. Für den „Pakt für den gemäß SGB II beziehungsweise SGB XII leistungs- Rechtsstaat“ hat der Bund 2019 und 2022 jeweils berechtigt sind. Damit hat der Bund für diesen Per- 110 Mio. Euro bereitgestellt. sonenkreis die weit überwiegende Kostentragung übernommen. Durch das Chancenaufenthalts- rechtsgesetz werden die Länder des Weiteren ent- Ausblick lastet durch einen Wechsel von Leistungsberech- tigten aus dem Asylbewerberleistungsgesetz hin Die Schieflage in der Finanzverteilung zwischen zum SGB II beziehungsweise SGB XII. Bund und Ländern schränkt die Handlungsmög- lichkeiten des Bundes zur Bewältigung der vor ihm liegenden Aufgaben zur Stärkung der Zukunftsfä- Öffentlicher Gesundheitsdienst: higkeit Deutschlands zunehmend ein, während er 500 Mio. Euro im Jahr 2023 gleichzeitig die Länder und Kommunen bei der Fi- nanzierung ihrer Aufgaben unterstützt. Die Stär- Der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst kung der Bundeswehr, der überregionale Kli- sieht für 2023 im Rahmen der vertikalen Umsatz- maschutz und die Digitalisierung sind originäre steuerverteilung eine Tranche von 500 Mio. Euro Aufgaben des Bundes, die ihn finanziell stark for- vor. Der Betrag steigt auf 600 Mio. Euro im Jahr 2024, dern. Hinzu kommen die mit dem demografischen 700 Mio. Euro im Jahr 2025 und 750 Mio. Euro im Wandel einhergehenden Herausforderungen in Jahr 2026. den Sozialversicherungen. Damit der Bund die He- rausforderungen der Zukunft im Rahmen der re- gulären Obergrenze der Schuldenregel bewältigen Weitere Entlastungen über die kann, ist es angezeigt, dass die Länder und die Kom- Umsatzsteuerverteilung munen wieder ihre Eigenverantwortung stärken und ihre originären Aufgaben selbst finanzieren. In den vergangenen Jahren wurden über den Weg Der Bund wird weitere finanzielle Entlastungen für Statistiken und Dokumentationen der Umsatzsteuerverteilung immer wieder befris- die Länder und Kommunen nicht unverändert auf- tet hohe Beträge vom Bund an die Länder und die bringen können. 13
Bund-Länder-Finanzbeziehungen BMF-Monatsbericht März 2023 Prof. Dr. Luise Hölscher © Bundesministerium der Finanzen/photothek Im Interview: Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher Die Finanzlage zwischen deren wirtschaftlicher Folgen bislang zum weitaus Bund und Ländern könnte größten Teil getragen hat. In den Jahren der Pande- mie 2020/2021 trug der Bund rund 72 Prozent der unterschiedlicher nicht sein. pandemiebedingten Ausgaben, die Länder trugen Große Defizite beim Bund, rund 19 Prozent. Hinzu kamen Garantien, die zu hohe Überschüsse hingegen rund 86 Prozent vom Bund übernommen wurden. bei Ländern und Kommunen. Auch bei den Entlastungspaketen des vergangenen Jahres trägt der Bund bis 2024 fast 60 Prozent der Wie lässt sich das erklären? Kosten. Hinzu kommt die massive Unterstützung des Bundes für die Länder und Kommunen in ih- Tatsächlich hat sich die Finanzlage des Bundes im ren Aufgabenbereichen. Diese gesamte Lastenver- Vergleich zur Finanzlage der Länder in den ver- teilung basiert auf Entscheidungen in politischen gangenen Jahren erheblich verschlechtert. Ein und wirtschaftlichen Ausnahmesituationen. Damit ganz wesentlicher Grund dafür ist, dass der Bund ist zugleich klar, dass sie nicht der Maßstab für die die Maßnahmen mit Bezug zur Pandemie sowie Bewältigung künftiger gesamtstaatlicher Heraus- zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und forderungen sein kann. 14
Bund-Länder-Finanzbeziehungen Monatsbericht des BMF Im Interview: Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher März 2023 Wie gehen Sie mit den sie im Jahr 2022 um 1 Mrd. Euro angehoben und Forderungen der Länder die Dynamisierungsrate auf 3 Prozent. Unter Be- um, die neue Unterstützung rücksichtigung dieser beiden Maßnahmen belau- fen sich die zusätzlichen Mittel im Zeitraum 2022 vom Bund wollen, etwa im bis 2031 auf rund 17,3 Mrd. Euro. Darüber hinaus Schlaglicht Bereich der Unterbringung sollen mit einer erneuten Änderung des Regionali- von Geflüchteten, sierungsgesetzes, die sich gerade im parlamentari- dem Öffentlichen schen Verfahren befindet, jährlich 1,5 Mrd. Euro für die Umsetzung des Deutschland-Tickets zur Verfü- Personennahverkehr gung gestellt werden. Dies zeigt, dass der Bund hier (ÖPNV) oder bei der sehr engagiert ist. Klar ist jedoch auch: Die Zustän- Krankenhausfinanzierung? digkeit für den ÖPNV liegt bei den Ländern und Kommunen, sodass hier nicht immer nur nach Wir sehen natürlich die Bedarfe, die in den genann- dem Bund gerufen werden kann. Die Länder sind ten Aufgabenbereichen bestehen. primär in der Verantwortung. Unbenommen stehen die Länder und Kommu- Die Krankenhäuser wurden in der Corona-Pande- nen im Bereich Flucht und Migration vor großen mie und auch im Rahmen der Energiepreisbremse Herausforderungen. Bis Januar 2023 wurden über aus Bundesmitteln in Milliardenhöhe unterstützt. 1 Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufge- Der Bund kann jedoch nicht dauerhaft finanziell nommen, weiterhin suchen Menschen aus Syrien, für die laufenden Aufgaben der Länder aufkom- Afghanistan, der Türkei und dem Irak in Deutsch- men; dazu gehört auch das Gesundheitswesen. land Zuflucht. Der Bund unterstützt die Länder und Kommunen dabei – obwohl er nicht originär dafür zuständig ist – nach Kräften. So wurden durch den Was entgegnen Sie den gesetzlich beschlossenen Rechtskreiswechsel der Bürgerinnen und Bürgern, die Geflüchteten aus der Ukraine die Länder und Kom- munen erheblich entlastet, denn statt Asylbewer- sich gute Bildung, guten ÖPNV berleistungen von Ländern und Kommunen er- und gute innere Sicherheit halten diese Personen Bürgergeld vom Bund. Den wünschen – für die es aber derzeit bestehenden besonderen Herausforderun- nicht entscheidend ist, ob gen wird auch durch die Verteilung der Umsatz- steuer zugunsten der Länder Rechnung getragen. der Bund, das Land oder die Für das Jahr 2023 sind das 2,75 Mrd. Euro. Darüber Kommune die öffentliche hinaus stellt der Bund Liegenschaften für die Un- Aufgabe finanziert. Warum terbringung der Geflüchteten zur Verfügung. In spielt die finanzielle Lasten diesem Zusammenhang möchte ich auch anmer- verteilung für das BMF eine so Statistiken und Dokumentationen ken, dass es nicht immer nur an Geld fehlt. Auch Koordinierung und Abstimmung können Syner- wichtige Rolle? gieeffekte heben. Das sind berechtigte Grundbedürfnisse, die der Die Stärkung des ÖPNV ist insbesondere vor dem Staat erfüllt und erfüllen muss. In unserer bun- Hintergrund der Erreichung der Klimaziele im Ver- desstaatlichen Ordnung legt das Grundgesetz die kehr von Bedeutung. Der Bund kommt seiner Ver- staatliche Gewalt aber mit gutem Grund nicht in antwortung in diesem Bereich bereits nach. So eine zentrale Hand, sondern verteilt die staatli- wurden die Regionalisierungsmittel in den ver- chen Aufgaben nebst den damit verbundenen Las- gangenen Jahren stark erhöht. Zuletzt wurden ten genauso wie die staatlichen Einnahmen auf 15
Bund-Länder-Finanzbeziehungen BMF-Monatsbericht Im Interview: Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher März 2023 Bund, Länder und Gemeinden. Das stärkt Demo- Sie waren Staatssekretärin im kratie und Gewaltenteilung. Der Staat erledigt Auf- hessischen Finanzministerium. gaben so nah wie möglich an den Bürgerinnen Haben Sie bisweilen Verständ und Bürgern, die so erkennen, wer die Verantwor- tung trägt, und dies ihrer nächsten Wahlentschei- nis für die Forderungen der dung zugrunde legen können. Diesem Prinzip ent- Länder nach mehr Geld vom sprechend nehmen die Gemeinden viele wichtige Bund? staatliche Aufgaben wahr, insbesondere im Bereich der Daseinsfürsorge. Andere, für die Bürgerinnen Es hilft in jedem Fall sehr, dass ich die Anliegen und Bürger unmittelbar wichtige staatliche Auf- der Länder und ihren Blick auf viele Fragestellun- gaben erfüllen die Länder, z. B. Polizei, Feuerwehr gen aus eigener Anschauung kenne. Während mei- und Schule. Den Gesamtstaat betreffende Aufga- ner Zeit als Staatssekretärin im hessischen Finanz- ben überträgt das Grundgesetz dem Bund, ein klas- ministerium haben die Länder schon moniert, sisches Beispiel ist die Landesverteidigung. Bei all dass der Bund oftmals eine Anschubfinanzierung diesen Aufgaben ist es wichtig, dass die Bürgerin- leiste und sich dann aus der Finanzierung zurück- nen und Bürger erkennen können, wer verantwort- ziehe. Aus heutiger Perspektive muss ich sagen: Ja, lich ist. Dazu gehört auch, dass die staatliche Ebene, es stimmt, dass der Bund gelegentlich als eine Art die eine Aufgabe wahrnimmt, die mit ihrem Han- Katalysator wichtige Maßnahmen anstößt, deren deln verbundenen finanziellen Lasten trägt. Spie- dauerhafte Finanzierung dann bei den Ländern gelbildlich zu dieser festen Verteilung von Auf- liegt. Aber: Es geht hierbei immer um Themen, de- gaben und Lasten steht eine feste Verteilung der ren originäre Zuständigkeit ohnehin bei den Län- staatlichen Einnahmen, insbesondere der Steuern. dern liegt – und die Länder werden hierbei kei- Diese grundgesetzlichen Regelungen zur Finanzie- nesfalls außen vorgelassen. Sie stimmen über viele rungsverantwortung der staatlichen Ebenen und Maßnahmen im Bundesrat mit ab oder schließen zur daran anknüpfenden Verteilung der Steuer- entsprechende Verwaltungsvereinbarungen mit einnahmen bilden daher Grundpfeiler der bundes- dem Bund. Im Übrigen erlaubt die finanzpoliti- staatlichen Ordnung. sche Lage mit Überschüssen der Länder von über 12 Mrd. Euro es durchaus, dass sie die Finanzierung ihrer Aufgaben wieder vollständig selbst leisten können. Hier würde ich mir eine realitätskonforme starke Reduktion der Länderanliegen wünschen. Für die Zukunft wünsche ich mir aber auch, dass sich der Bund gelegentlich stärker selbst be- schränkt, wenn es um Aufgaben der Länder und Kommunen geht. Und die Länder würde ich gern dazu ermuntern, bei Zukunftsaufgaben in ihrer Zu- ständigkeit noch stärker selbst voranzugehen, ohne auf Vorgaben aus dem Bund zu warten. Selbstver- ständlich müssen die Länder hierfür dann auch in ihren Haushalten Prioritäten setzen. Aus mei- ner Zeit in Hessen weiß ich: In vielen Ländern und Kommunen gibt es hierfür wunderbare Ideen und Konzepte. 16
Bund-Länder-Finanzbeziehungen Monatsbericht des BMF Im Interview: Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher März 2023 Wie könnten die Bund- berücksichtigt dieses Spannungsfeld, enthält aber Länder-Finanzbeziehungen zugleich klare Vorgaben. Der Grundsatz lautet, dass neu aufgestellt werden, damit die Finanzierungsverantwortung der Aufgabenver- antwortung folgt. Mischfinanzierungen durch ent- es nicht immer wieder zu sprechende Finanzhilfen oder andere Leistungen Schlaglicht den gleichen Auseinander des Bundes sind unter engen, im Grundgesetz nor- setzungen, komplizierten mierten Voraussetzungen möglich, sollten aber die Finanzströmen und Misch Ausnahme bleiben. Dieser Ansatz, der 2006 durch die Föderalismuskommission I gestärkt wurde, finanzierungen kommt? schafft letztlich mehr Effizienz und stärkt die Ei- genverantwortung des politischen Handelns. An- Die Verteilung der Aufgaben und Ausgaben sowie gesichts der derzeitigen finanzpolitischen Schief die angemessene Verteilung der begrenzten finan- lage zulasten des Bundes ist es jetzt an der Zeit, im ziellen Mittel ist eine Kernfrage jedes dezentral or- Bundeshaushalt Prioritäten zu setzen und sich sei- ganisierten Gemeinwesens. Das Spannungsfeld tens des Bundes auf seine originären Aufgaben zu wird durch die Gegenpole „Einheit“ und „Dezen konzentrieren. tralisierung“ beziehungsweise „Kooperation“ und „Eigenverantwortung“ bestimmt. Das Grundgesetz Statistiken und Dokumentationen Prof. Dr. Luise Hölscher © Bundesministerium der Finanzen/photothek 17
Analysen und Berichte Analysen und Berichte Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2022 20 Treffen der G20-Finanzministerinnen und -minister sowie -Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure in Bengaluru 25 Das Münz-Jahresprogramm 2023 30 Briefmarken – Deutschlands kleinste Kulturbotschafter 35
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF März 2023 Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2022 ● Der bundesstaatliche Finanzausgleich leistet einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der Haushalte der Länder. ● Die zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufzuteilende Umsatzsteuer (einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer) wurde im Jahr 2022 zu 46,6 Prozent dem Bund, zu 50,5 Prozent den Län- dern und zu 2,8 Prozent den Gemeinden zugewiesen. ● Hierbei erfolgt ein Ausgleich der zwischen den Ländern jeweils unterschiedlichen Finanzkraft durch Zu- und Abschläge von den zunächst einwohnerabhängigen länderindividuellen Um- satzsteueranteilen. Das Gesamtvolumen der Zu- und Abschläge betrug im vergangenen Jahr 18,5 Mrd. Euro. ● Leistungsschwache Länder erhielten über Bundesergänzungszuweisungen (BEZ) weitere 9,9 Mrd. Euro. Die über mehrere Jahre der Höhe nach zugunsten bestimmter Länder gesetzlich festgelegten Sonderbedarfs-BEZ zum Ausgleich bestimmter Sonderlasten betrugen zusätzlich 0,9 Mrd. Euro. Bundesstaatlicher das Maßstäbegesetz und das Finanzausgleichsge- Finanzausgleich setz (FAG) umgesetzt. Der bundesstaatliche Finanzausgleich beruht auf den Vorgaben der Art. 106 und 107 des Grundgeset- Der Finanzkraftausgleich unter den zes (GG) für die örtliche und sachliche Zuordnung Ländern des Steueraufkommens und seine Verteilung.1 Der Finanzkraftausgleich unter den Ländern wird Gemäß Art. 106 Abs. 3 GG haben Bund und Län- als horizontaler Umverteilungsmechanismus durch der im Rahmen der laufenden Einnahmen einen den Vergleich landesindividueller Finanzkraft- und gleichmäßigen Anspruch auf die Deckung ihrer Ausgleichsmesszahlen berechnet. Zur Ermittlung notwendigen Ausgaben unter Berücksichtigung ei- der Finanzkraft eines Landes werden die in § 7 FAG ner mehrjährigen Finanzplanung. Dabei haben der aufgezählten ausgleichsrelevanten Einnahmen ei- Bund und die Länder ihre jeweiligen Deckungsbe- nes Landes und ein Anteil von 75 Prozent der in dürfnisse so aufeinander abzustimmen, dass ein § 8 FAG aufgezählten ausgleichsrelevanten Einnah- billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der men seiner Gemeinden zur Finanzkraftmesszahl Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlich- aufsummiert und durch die Zahl der Einwohnerin- keit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet ge- nen und Einwohner dividiert. wahrt wird (Art. 106 Abs. 3 GG). Einfachgesetzlich werden die Vorgaben durch das Zerlegungsgesetz, Zur Ermittlung der landesbezogenen Ausgleichs- messzahl wird zunächst für jedes Land ein Anteil an 1 Betrags- und Prozentangaben in diesem Bericht sind gerundet. der Summe der ausgleichsrelevanten Einnahmen 20
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2022 März 2023 aller Länder entsprechend dem Anteil dieses Lan- Summe der ausgleichsrelevanten Gemeindeein- des an der Summe gewichteter Einwohnerzahlen nahmen entsprechend dem länderindividuellen errechnet. Dabei werden die Einwohnerzahlen der Anteil an der Summe der gewichteten Einwohner- Analysen und Berichte Stadtstaaten mit sogenannten Einwohnergewich- zahlen errechnet. Die Summe aus der länderbezo- ten versehen, die deren Einwohnerzahlen rech- genen Ausgleichsmesszahl und 75 Prozent der ge- nerisch vergrößern. Diese Einwohnerwertungen meindebezogenen Ausgleichsmesszahl ergibt die gemäß § 9 FAG betragen jeweils 135 Prozent für Ausgleichsmesszahl eines Landes. Berlin, Hamburg und Bremen. Länder, deren Finanzkraftmesszahl ihre Aus- Die gemeindebezogenen Ausgleichsmesszahlen gleichsmesszahl übersteigt, haben Abschläge von werden in ähnlicher Weise ermittelt, wobei hier ihrem Umsatzsteueranteil hinzuzunehmen zu- sowohl die Einwohnerzahlen der Stadtstaaten, er- gunsten der Länder, deren Finanzkraftmesszahl neut mit jeweils 135 Prozent, als auch diejenigen unterhalb ihrer Ausgleichsmesszahl liegt. Zu- und der Gemeinden dünn besiedelter Länder mit Ein- Abschläge zu beziehungsweise von der Umsatz- wohnergewichten berücksichtigt werden. Die Ein- steuer betragen jeweils 63 Prozent der Differenz wohnerwertungen betragen hier 105 Prozent für zwischen Ausgleichs- und Finanzkraftmesszahl. Mecklenburg-Vorpommern, 103 Prozent für Bran- denburg und 102 Prozent für Sachsen-Anhalt. So- Die Ergebnisse dieser Berechnungen für das dann wird auch hier länderweise der Anteil an der Jahr 2022 sind in Tabelle 1 dargestellt. Daten zur Umsatzsteuerverteilung, zum Finanzkraftausgleich und zu den Tabelle 1 Bundesergänzungszuweisungen im Jahr 2022 NW BY BW NI HE SN RP ST SH Steuern der Länder nach dem Aufkommen je Einwohner 92,3 129,4 113,3 86,5 116,3 59,4 97,6 57,7 91,7 in Prozent des Durchschnitts Länderanteile an der Umsatzsteuer gemäß Bevölkerungsanteil 21,5 15,9 13,4 9,7 7,6 4,9 4,9 2,6 3,5 in Prozent Finanzkraftmesszahl in Prozent der Ausgleichsmesszahl 97,9 122,2 111,9 93,4 115,3 75,7 100,8 72,9 97,0 aus Länder- und anteiligen Gemeindesteuern Zu- und Abschläge im Finanzkraftausgleich mit jeweils 1.241 -9.865 -4.473 1.789 -3.250 3.304 -107 1.986 299 63 Prozent der Über- oder Unterdeckung in Mio. Euro Relative Finanzkraft in Prozent der jeweiligen 99,2 108,2 104,4 97,6 105,7 91,0 100,3 90,0 98,9 Ausgleichsmesszahl nach Finanzkraftausgleich Bundesergänzungszuweisung zur ergänzenden Deckung des 392 - - 755 - 1.509 - 910 109 allgemeinen Finanzbedarfs in Mio. Euro Bundesergänzungszuweisung zum Ausgleich besonders geringer - - - - - 465 - 365 - kommunaler Steuerkraft in Mio. Euro Bundesergänzungszuweisung durchschnittsorientierter 97 - - 54 - - - 7 22 Forschungsförderungsausgleich in Mio. Euro Finanzkraft in Prozent der Ausgleichsmesszahl nach 99,6 108,2 104,4 99,3 105,7 100,2 100,3 100,9 99,6 Finanzkraftausgleich und Bundesergänzungszuweisungen Sonder-Bundesergänzungszuweisung zum Ausgleich von - - - - - 85 - 50 - Sonderlasten durch strukturelle Arbeitslosigkeit in Mio. Euro Sonder-Bundesergänzungszuweisung wegen - - - - - 47 48 71 66 überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung in Mio. Euro 21
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2022 März 2023 noch: Daten zur Umsatzsteuerverteilung, zum Finanzkraftausgleich und zu den noch Tabelle 1 Bundesergänzungszuweisungen im Jahr 2022 TH BB MV SL BE HH HB Insgesamt Steuern der Länder nach dem Aufkommen je Einwohner 55,8 70,6 57,8 70,6 109,8 173,1 82,5 100,0 in Prozent des Durchschnitts Länderanteile an der Umsatzsteuer gemäß Bevölkerungsanteil 2,5 3,1 1,9 1,2 4,4 2,2 0,8 100,0 in Prozent Finanzkraftmesszahl in Prozent der Ausgleichsmesszahl aus 72,9 83,1 73,6 82,5 78,5 109,7 71,0 100,0 Länder- und anteiligen Gemeindesteuern Zu- und Abschläge im Finanzkraftausgleich mit jeweils 1.919 1.452 1.447 577 3.609 -814 888 ±18.509 63 Prozent der Über- oder Unterdeckung in Mio. Euro Relative Finanzkraft in Prozent der jeweiligen 90,0 93,8 90,2 93,5 92,0 103,6 89,3 100,0 Ausgleichsmesszahl nach Finanzkraftausgleich Bundesergänzungszuweisung zur ergänzenden Deckung des 879 655 663 261 1.642 - 407 8.181 allgemeinen Finanzbedarfs in Mio. Euro Bundesergänzungszuweisung zum Ausgleich besonders 324 43 218 62 - - - 1.477 geringer kommunaler Steuerkraft in Mio. Euro Bundesergänzungszuweisung durchschnittsorientierter 19 - 5 5 - - - 210 Forschungsförderungsausgleich in Mio. Euro Finanzkraft in Prozent der Ausgleichsmesszahl nach 100,7 98,9 100,4 99,7 98,2 103,6 97,7 102,1 Finanzkraftausgleich und Bundesergänzungszuweisungen Sonder-Bundesergänzungszuweisung zum Ausgleich von 47 51 34 - - - - 268 Sonderlasten durch strukturelle Arbeitslosigkeit in Mio. Euro Sonder-Bundesergänzungszuweisung wegen 71 81 72 66 59 - 60 642 überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung in Mio. Euro Grundlage: Vorläufige Jahresrechnung 2022. Quelle: Bundesministerium der Finanzen Ergänzungszuweisungen des pro Einwohnerin beziehungsweise Einwohner Bundes an die Länder weniger als 80 Prozent des bundesweiten Durch- schnitts betragen, Gemeindesteuerkraft-BEZ Zur weiteren Verbesserung ihrer Finanzlage erhal- (GStK-BEZ; vergleiche § 11 Abs. 5 FAG) in Höhe von ten finanzschwache Länder zusätzliche Mittel in 53,5 Prozent des zu 80 Prozent des bundesweiten Form von Bundesergänzungszuweisungen (BEZ). Durchschnitts bestehenden Fehlbetrags. Länder, deren Finanzkraftmesszahl nach Berück- BEZ zum durchschnittsorientierten Forschungs- sichtigung eines Umsatzsteuerzuschlags einen förderungsausgleich (doF-BEZ) gemäß § 11 Wert von 99,75 Prozent ihrer Ausgleichsmesszahl Abs. 6 FAG erhalten leistungsschwache Länder, die nicht erreicht, erhalten gemäß § 11 Abs. 2 FAG all- bei der Vergabe von Forschungsförderungsmitteln gemeine BEZ in Höhe von 80 Prozent der verblei- nach Art. 91b GG nur unterdurchschnittlich be- benden Differenz. rücksichtigt wurden. Die doF-BEZ unterliegen kei- ner Zweckbindung. Darüber hinaus erhalten leistungsschwache Län- der, in denen die kommunalen Steuereinnahmen 22
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2022 März 2023 Neben diesen BEZ, die finanzkraftabhängig zu- „Bonus“ durch den Abzug von jeweils 12 Prozent gewiesen werden, gibt es Sonderbedarfs-BEZ, die des überproportionalen Zuwachses von dem im Fi- für mehrere Jahre der Höhe nach gesetzlich fest- nanzkraftausgleich zu berücksichtigenden Steu- Analysen und Berichte gelegt sind. Für die ostdeutschen Flächenländer eraufkommen. Ein nur unterdurchschnittliches sind dies gemäß § 11 Abs. 3 FAG jährlich zwischen Wachstum der Steueraufkommen zeigten Nord- 34 Mio. Euro und 85 Mio. Euro zum Ausgleich von rhein-Westfalen, Hessen, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Sonderlasten aus struktureller Arbeitslosigkeit. Brandenburg, das Saarland und Bremen. Diese BEZ ist für die Länder im Abstand von drei Jahren zu überprüfen und wird für das darauffol- Aus der Verteilung des Steueraufkommens in gende Jahr angepasst. den Ländern ergab sich im Jahr 2022 ein Umver- teilungsvolumen von 18,5 Mrd. Euro (2021 rund Außerdem erhielten die Länder Sachsen, Rhein- 17,1 Mrd. Euro). In dieser Höhe wurden von den land-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Ländern Zu- und Abschläge empfangen bezie- Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vor- hungsweise erhoben und es wurde von einer rei- pommern, das Saarland, Berlin und Bremen im nen Pro-Kopf-Umsatzsteuerverteilung zuguns- Jahr 2022 wegen überdurchschnittlich hoher Kos- ten der Annäherung der Finanzkraft der Länder ten politischer Führung gemäß § 11 Abs. 4 FAG abgewichen. zwischen 47 Mio. Euro und 81 Mio. Euro pro Jahr. Für diese Sonderbedarfs-BEZ ist die Überprüfung Abschläge von der Pro-Kopf-Verteilung ih- durch Bund und Länder in einem Abstand von fünf res Umsatzsteueranteils wurden von folgenden Jahren vorgesehen, im Hinblick auf die Vergabe im Ländern erhoben: Bayern: 9,9 Mrd. Euro (2021: dann übernächsten Jahr. 9,0 Mrd. Euro), Baden-Württemberg: 4,5 Mrd. Euro (2021: 4,0 Mrd. Euro), Hessen: 3,3 Mrd. Euro (2021: 3,6 Mrd. Euro), Hamburg: 814 Mio. Euro (2021: Ergebnisse 2022 230 Mio. Euro) und Rheinland-Pfalz: 107 Mio. Euro (2021: 287 Mio. Euro). Im Vergleich zum Jahr 2021 stieg das Umsatzsteu- eraufkommen im Jahr 2022 um 34,1 Mrd. Euro Wie im vorangegangenen Jahr erhielten elf Länder auf 284,9 Mrd. Euro. Hiervon erhielten der Bund Zuschläge: Berlin: 3,6 Mrd. Euro (2021: 3,6 Mrd. Euro), 46,6 Prozent (2021: 45,1 Prozent), die Länder Sachsen: 3,3 Mrd. Euro (2021: 3,2 Mrd. Euro), Sach- 50,5 Prozent (2021: 51,2 Prozent) und die Gemein- sen-Anhalt: 2,0 Mrd. Euro (2021: 2,0 Mrd. Euro), Thü- den 2,8 Prozent (2021: 3,7 Prozent). Der leicht ge- ringen: 1,9 Mrd. Euro (2021: 1,9 Mrd. Euro), Nie- sunkene Prozentanteil der Länder wurde durch dersachsen: 1,8 Mrd. Euro (2021: 1,9 Mrd. Euro), den Gesamtanstieg überkompensiert und die Län- Brandenburg: 1,5 Mrd. Euro (2021: 1,4 Mrd. Euro), der erhielten mit 144 Mrd. Euro höhere Mittel Mecklenburg-Vorpommern: 1,4 Mrd. Euro (2021: als 2021 (128,5 Mrd. Euro). 1,3 Mrd. Euro), Nordrhein-Westfalen: 1,2 Mrd. Euro (2021: 0,2 Mrd. Euro), Bremen: 0,9 Mrd. Euro (2021: Die den Ländern direkt zufließenden Steuern je 0,8 Mrd. Euro), das Saarland: 0,6 Mrd. Euro (2021: Einwohnerin beziehungsweise Einwohner stie- 0,5 Mrd. Euro) und Schleswig-Holstein: 0,3 Mrd. Euro gen 2022 um durchschnittlich 3,0 Prozent. Die (2021: 0,3 Mrd. Euro). höchsten Zuwächse erreichten Hamburg und Sach- sen-Anhalt mit 15,6 beziehungsweise 13,1 Prozent. Größter Einzelempfänger war Berlin mit einem Ebenfalls über dem Durchschnitt lagen die Steu- Anteil von 19,5 Prozent des Umverteilungsvolu- eraufkommenszuwächse in Bayern, Baden-Würt- mens. Der Anteil der ostdeutschen Flächenländer temberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Thü- betrug zusammen 10,1 Mrd. Euro beziehungsweise ringen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. 54,6 Prozent (2021: 9,8 Mrd. Euro beziehungs- Gemäß § 7 Abs. 3 FAG erhalten diese Länder einen weise 56,9 Prozent). Nordrhein-Westfalen und 23
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern im Jahr 2022 März 2023 Schleswig-Holstein hatten mit Finanzkraftmess Im Ergebnis des Finanzkraftausgleichs und der fi- zahlen von 99,2 und 98,9 Prozent die höchsten nanzkraftabhängigen Zuweisungen des Bundes Ergebnisse der Empfängerländer auf dieser Be- überschritten die Empfängerländer Sachsen-An- rechnungsstufe. Keines der elf Empfängerlän- halt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und der erreichte nach der Verteilung der Umsatz- Sachsen ihre jeweiligen Ausgleichsmesszahlen. Das steuer 99,75 Prozent seiner Ausgleichsmesszahl, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Hol- sodass alle zuschlagsberechtigten Länder auch all- stein und Niedersachsen erreichten jeweils über gemeine BEZ des Bundes in Höhe von zusammen 99 Prozent ihrer Ausgleichsmesszahl. 8,2 Mrd. Euro (2021: 7,7 Mrd. Euro) erhielten. Seit der Änderung des Finanzausgleichssystems Allgemeine BEZ erhielten Berlin: 1,6 Mrd. Euro sind insbesondere durch die GStK- und doF-BEZ (2021: 1,6 Mrd. Euro), Sachsen: 1,5 Mrd. Euro (2021: Änderungen in der Finanzkraftreihenfolge durch 1,5 Mrd. Euro), Sachsen-Anhalt und Thüringen: je- den Finanzausgleich möglich. weils 0,9 Mrd. Euro (2021: jeweils 0,9 Mrd. Euro), Niedersachsen: 0,8 Mrd. Euro (2021: 0,8 Mrd. Euro), Darüber hinaus erhielten die ostdeutschen Flä- Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern: je- chenländer wie in den Vorjahren gesetzlich festge- weils 0,7 Mrd. Euro (2021: je 0,6 Mrd. Euro), Bremen legte Sonderbedarfs-BEZ für strukturelle Arbeits- und Nordrhein-Westfalen: jeweils 0,4 Mrd. Euro losigkeit im Gesamtumfang von 268 Mio. Euro: (2021: 0,4 Mrd. Euro für Bremen; Nordrhein-West- Sachsen erhielt 85 Mio. Euro, Brandenburg falen erhielt 2021 keine Zuweisung), das Saarland: 51 Mio. Euro, Sachsen-Anhalt 50 Mio. Euro, Thü- 0,3 Mrd. Euro (2021: 0,2 Mrd. Euro) und Schles- ringen: 47 Mio. Euro und Mecklenburg-Vorpom- wig-Holstein: 0,1 Mrd. Euro (2021: 0,1 Mrd. Euro). mern 34 Mio. Euro. Zum Zweck des weiteren Ausgleichs einer beson- Auch die Sonderbedarfs-BEZ wegen überdurch- ders geringen kommunalen Steuerkraft erhiel- schnittlich hoher Kosten politischer Führung im ten sechs Länder GStK-BEZ in Höhe von insge- Gesamtumfang von 642 Mio. Euro entsprachen samt 1,5 Mrd. Euro (2021: 1,2 Mrd. Euro), davon in Höhe und Verteilung dem Vorjahr: Branden- Sachsen 0,5 Mrd. Euro (2021: 0,5 Mrd. Euro), Sach- burg: 81 Mio. Euro, Mecklenburg-Vorpommern: sen-Anhalt 0,4 Mrd. Euro (2021: 0,3 Mrd. Euro), 72 Mio. Euro, Thüringen und Sachsen-Anhalt: je- Thüringen 0,3 Mrd. Euro (2021: 0,3 Mrd. Euro), weils 71 Mio. Euro, Schleswig-Holstein und das Saar- Mecklenburg-Vorpommern 0,2 Mrd. Euro (2021: land: jeweils 66 Mio. Euro, Bremen: 60 Mio. Euro, 0,1 Mrd. Euro), das Saarland 62 Mio. Euro (2021: Berlin: 59 Mio. Euro, Rheinland-Pfalz: 48 Mio. Euro 19 Mio. Euro) und Brandenburg 43 Mio. Euro (2021: und Sachsen: 47 Mio. Euro. 31 Mio. Euro). BEZ zum durchschnittsorientierten Forschungs- förderungsbedarf wurden in einer Gesamthöhe von 210 Mio. Euro (2021: 128 Mio. Euro) an die Län- der Nordrhein-Westfalen (97 Mio. Euro, 2021: keine Zuweisung), Niedersachsen (54 Mio. Euro, 2021: 61 Mio. Euro), Schleswig-Holstein (22 Mio. Euro, 2021: 14 Mio. Euro) und Thüringen (19 Mio. Euro, 2021: 21 Mio. Euro) verteilt. Sachsen-Anhalt, Meck- lenburg-Vorpommern und das Saarland erhielten jeweils einstellige Millionen-Euro-Beträge. 24
Sie können auch lesen