Campus - ERC-Grants Spezial
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campus Das Magazin der TU München 2| 2011 Spezial: ERC-Grants Forschen: Neues Bild der Erde Politik: Zweite © ESA Exzellenzinitiative
Impressum campus Das Magazin der TU München 2| 2011 Impressum Spezial: ERC-Grants TUMcampus Das Magazin der TU München für Studierende, Forschen: Neues Bild der Mitarbeiter, Freunde, erscheint im Selbstverlag viermal Erde pro Jahr. Auflage 11 000 Politik: Zweite © ESA Exzellenzinitiative Herausgeber: Der Präsident der TU München Redaktion: Dr. Ulrich Marsch (verantwortlich) Dipl.-Biol., Dipl.-Journ. Sibylle Kettembeil Ein ganz neues Bild der Erde liefern die Schwerkraft- Gabriele Sterflinger, M. A. Messungen des Satelliten GOCE (die Mitte der Darstel- TU München, Corporate Communications Center lung zeigt Südostasien). Der im März 2009 gestartete 80290 München ESA-Satellit, zu dessen Mission TUM-Wissenschaftler Telefon (089) 289-22766 Telefax (089) 289-23388 maßgeblich beigetragen haben, ist mit höchst empfind- redaktion@zv.tum.de lichen Messgeräten bestückt. Die von ihm gesendeten www.tum.de/ccc/tumcampus Daten ermöglichen es, die Gravitation der Erde mit ein- zigartiger Genauigkeit zu kartieren. Das daraus berech- Gestaltung: Karla Hey nete Modell zeigt Gebiete mit geringer Schwerkraft als »Dellen«, starke Anziehungskraft als »Beulen«. Da die Herstellung/Druck: Gravitation in direktem Zusammenhang mit der Masse- Joh. Walch GmbH & Co, 86179 Augsburg verteilung im Erdinnern steht, können die Daten dazu Gedruckt auf chlorfreiem Papier beitragen, die Dynamik in der Erdkruste und die Ent- stehung von Erdbeben besser zu verstehen. GOCE hat © Copyright by TU München. Alle Rechte vorbehalten. noch genug Treibstoff, um bis Ende 2012 die Weltkugel Nachdruck, auch auszugsweise, nur in Abstimmung mit zu umkreisen – dann werden Wissenschaftler ein noch der Redaktion. Gezeichnete Beiträge geben die Meinung präziseres Bild der Erde entwerfen. Mehr zu der wissen- der Autoren wieder. Für unverlangt eingesandte Manu- schaftlichen Mission des Satelliten lesen Sie auf S. 9 f. skripte und Bildmaterial wird keine Gewähr übernommen. © ESA Redaktionsschluss für Heft 3/11: 30. Mai 2 TUMcampus 2/11
Editorial »Die Technische Universität München erkennt im Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung eine Verpflichtung zur Fortentwicklung von Wissenschaft und Technik.« TUM-Hochschulentwicklungsplan 2000 Grüne Technologien Dienerin der Gesellschaft zu sein, ist das vornehmste Ziel der Universität. Gemeinsam mit den Leistungsträgern von morgen wird neues Wissen geschaffen. Weil unser Bildungsauftrag aber Leistung mit Verantwortung verbindet und nur deshalb die Lehr- und Forschungsfreiheit genießt, die ihm das Grundgesetz gibt, kann sich unser Forschen nicht im isolierten Gegenstand er- schöpfen. Auf weitgesteckte Ziele müssen wir uns verpflichten, erreichbar nur im Zusammenwirken der verschiedenartigsten Fächerkulturen. Die Welt ist mit ihren Zukunftsproblemen nicht in Institute und Fa- kultäten eingeteilt. Sie braucht Zentren der Erkenntnis, die global allianzfähig sind und auf wissenschaftlich fundierte Lösungs- ansätze für die wirklich großen Herausforderungen des 21. Jahr- hunderts aus sind: Gesundheit & Ernährung • Rohstoffe • Ener- gie & Klima • Information & Kommunikation • Mobilität & Infra- fessuren aus 10 Fakultäten können sich einbringen. Der Anfang struktur. Das ist es, was die Menschen auf dem ganzen Erdkreis ist gemacht: Mit »Electromobility beyond 2020« treten wir in der bewegt. Exzellenzinitiative an. In Singapur führen wir exklusiv das Groß- projekt »Electromobility for Mega-Cities«. Das »Nachhaltige Pla- Hier sind wir als eine der führenden technischen Universitäten ge- nen und Bauen« wird Beiträge zur Energieeffizienz unseres »built fordert. Deshalb richtet sich unsere Strukturpolitik auf diese The- environment« leisten. Unsere Stärken in den Kraftwerkstechnolo- men. Wir greifen sie als Schwerpunkte unserer Forschung auf. gien werden die effiziente Nutzung der fossilen Brennstoffe (Gas, Wir gestalten sie in internationalen Allianzen und in der Zu- Öl und Kohle) ökologisch vorteilhaft voranbringen. Das dezentral sammenarbeit mit der Wirtschaft aus. Der ESA-Satellit GOCE*, nutzbare Schachtwasserkraftwerk »invented at TUM« ist in der dessen Arbeitsprinzip wesentlich an unserer Universität erson- Pilotierungsphase, die Geothermieforschung ist im Ausbau be- nen wurde, ist ein grandioses Beispiel für länderübergreifende griffen. In einem nächsten Schritt wollen wir neue Wärmespei- Forschung im Dienst am Menschen: Wir werden morgen besser cher-Materialien für solarthermische Kraftwerke erforschen. verstehen, wie sich Ozeanströmungen verhalten und wie sie das Klima rund um unseren Planeten beeinflussen. GOCE blickt Die Zukunft gehört den Grünen Technologien. Sie sind komplex, »berührungsfrei« in die Tiefen der Erde und erkennt, was keines fachlich mehrdimensional. Sie bedürfen vielfach noch der natur- Menschen Auge je sehen kann. Triumph der Wissenschaft! wissenschaftlichen Durchbrüche und deren technischer Umset- zung. Dieser Herausforderung stellen wir uns. Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen wir mit unseren hochschulweiten Forschungszentren: Elektromobilität, Katalyse Grüne Technologien sind auf der Agenda der Politik, aber ge- und Weiße Biotechnologie, Medizintechnik, Risiko & Sicherheit – macht werden können sie nur von Naturwissenschaftlern und In- Zukunftstechnologien par excellence! Wasser wird als nächstes genieuren in einer starken Gemeinschaft. Dann wird auch der Schwerpunktthema folgen. Wasser verdient als Naturressource, Fortschritt nicht ausbleiben. Anderenfalls bleibt die Bewahrung Energiequelle und Medium des Lebens unsere gesteigerte Auf- der Schöpfung eine gut gemeinte Hohlformel in der »Gebrech- merksamkeit, die Kompetenzen haben wir. lichkeit der Welt« (Kleist). Zu unserem größten Thema wird sich die Energieforschung ent- wickeln – nicht erst seit Fukushima, aber auch deshalb. TUM•Energy als Dachmarke fokussiert sich auf die Elektromobi- lität, die Alternativen Energien und die Energieeffizienz. 100 Pro- Wolfgang A. Herrmann * vgl. Titelbild, Beitrag Seite 9f. und TUM-Homepage Präsident TUMcampus 2/11 3
Inhalt Spezial 6 ERC-Grants: 10 Millionen Euro für TUM-Forscher 8 Neue Antibiotika dank neuer Analytik Forschen 9 Das neue Bild der Erde Satellit GOCE liefert die Daten 11 Die Vermessung der Erde mit TanDEM-X 8 12 Die Buddhas von Bamiyan 14 Roboter helfen beim Verpacken 15 PRESTIGE fürs Herz Prävention der Stentthrombose 16 3D-Trassenplanung in Innenstädten Politik 17 Exzellenzinitiative II: TUM-Erfolge in der Vorrunde 18 Bauen der Zukunft: energieeffizient und nachhaltig 19 Masterstudiengang für das Bauen der Zukunft 11 20 Liqiu Meng als Vizepräsidentin bestätigt 21 Pflege einer internationalen Marke »Dipl.-Ing.« bleibt 22 Erfolg fördert Wettbewerb TUM verhindert Abwerbeversuche 24 TUM in der Welt hoch angesehen TUM-Wirtschaftsinformatik führt bei Forschungsstärke Wissenschaft und Wirtschaft 24 Neues Technikum für Weiße Biotechnologie 26 Praktiker im Hörsaal Neue Honorarprofessoren 28 Zu Besuch auf dem Campus Rüdiger Grube, Klaus-Dieter Maubach 29 Made by TUM, Folge 3: Probiotisches Lactocepin in Prävention und Therapie von Entzündungen 12 TUM innen 30 Die TUM stellt sich dem Doppeljahrgang 2011 31 Millionen für Neutronen 32 Klinik für Psychosomatik eröffnet 33 Professionalisierung der Lehre in der Medizin 34 Mehr drin: Graduiertenschule für Informatik und Medizin 35 Nachhaltige Ernährung wird immer gefragter 36 Grundstein für Hans Eisenmann-Zentrum gelegt 37 Erster TUM: dies legendi 24 38 Neuer Leistungsanreiz: Deutschlandstipendium 4 TUMcampus 2/11
Inhalt TUM innen 38 Für Sie notiert 39 Neu berufen André Borrmann, Thomas Brück, 40 Alexander Drzezga, Klaus Richter, 41 Karsten Stahl, Justus Wesseler, 42 Anette-Gabriele Ziegler 32 Campusleben 42 Mein Weg an die TUM TUM-Studentin Sandra da Silva 43 Cafeteria wird zum Schmuckstück 44 »Aus aller Welt« Sprachenzentrum unter neuer Leitung 45 Karriere in der Wissenschaft?! Karrieretag der DFG 46 Strom und Internet in Sierra Leone 47 Vorbild Fußball 48 Sportmedizin für Kinder 49 30 000 Euro für Miraculix Spendengala am Rechts der Isar »Koch-Studio« mit Reagenzglas und Bunsenbrenner 50 Zukunft 2050 Buchpräsentation 45 Zweimal links und um die Ecke Buchpräsentation Auszeichnungen 51 Preise und Ehrungen Menschen 56 Wer, was, wo? 58 Heinz Maier-Leibnitz Zum 100. Geburtstag des Physikers 60 Ruhestand Geoffrey A. Manley, Gerhard Müller-Starck, 47 61 Ludwig Trepl, Walter Warkotsch 62 in memoriam Fred Angerer, Josef Adolf Schmoll gen. Eisenwerth, 63 Henner Graeff 64 TUM intern Standards 2 Impressum 3 Editorial 68 Termine 58 70 Spiel mit Fragen Bernd Finkbein 71 Vorschau TUMcampus 3/11 TUMcampus 2/11 5
Spezial ERC-Grants: Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert 10 Millionen Euro für seit seiner Gründung 2007 exzellente Grund- lagenforschung sowohl von vielversprechenden Nachwuchstalenten wie erfahrenen Spitzenfor- TUM-Forscher schern. Seine beiden Förderformate haben in kurzer Zeit hohes Ansehen erreicht. Starting Grants unterstützen fünf Jahre lang herausragen- ERC-Grants haben sich in kurzer Zeit als Exzellenzkriterium für For- de Nachwuchswissenschaftler in Aufbau bzw. scher und Universitäten entwickelt. Alljährlich bewerben sich Tausende Konsolidierung der eigenen Forschungsgruppe Wissenschaftler vor allem aus der Physik und den Ingenieur- und den mit maximal 1,5 Millionen Euro. Advanced Grants Lebenswissenschaften um die heiß begehrten Forschungsgelder des richten sich an herausragende etablierte For- European Research Council. 7,5 Milliarden Euro, verteilt auf fünf Jahre, scher, die für denselben Zeitrahmen eine Förde- vergibt die EU in ihrem siebten Rahmenprogramm als ERC-Grants. rung von bis zu 2,5 Millionen Euro erhalten. Jedes Zehn Millionen davon sicherten sich sechs Top-Wissenschaftler der TUM: Jahr werden die themenoffenen Ausschreibun- gen veröffentlicht. 1 1,5 Millionen Euro erhält Prof. Stephan A. Sieber, Ordinarius für Orga- nische Chemie II, für die Entwicklung von Medikamenten gegen multi- resistente Keime, (s. S. 8). TUM-Wissenschaftler, die sich bewerben möch- ten, werden intensiv vom EU-Büro in TUM ForTe bei allen Aspekten der Antragstellung unterstützt. Sie können sich bei den Informationsveranstal- 2 Mit ebenfalls 1,5 Millionen Euro untersucht Prof. Hendrik Dietz, Leiter des Fachgebiets Experimentelle Biophysik – Protein-Biophysik (CIPS- Cluster), die Wechselwirkungen zwischen Zellbausteinen: Organismen be- tungen des EU-Büros über die Ausschreibung sowie die formalen Kriterien eines Antrags im Vorfeld informieren. Dabei berichten Gutachter stehen aus riesigen Mengen an Proteinmolekülen. Einzeln ist jedes dieser von ihrer Arbeit und erfolgreiche Antragsteller von Moleküle tote Materie, erst im Zusammenspiel der Proteine im abgeschlos- ihren Erfahrungen. senen Raum der Zelle kann ein lebensfähiges System entstehen. Dabei kommt es ständig zu reversiblen Wechselwirkungen der Proteine mit Erb- www.tum.de/forte gut- oder anderen Proteinmolekülen. In dem Projekt sollen neue Methoden entwickelt werden, die die moderne Systembiologie bei der Identifikation und Charakterisierung des kompletten Satzes dieser Wechselwirkungen unterstützen können. 3 Eine grundlegende Theorie der »Flavour-Physik« entwickeln möchte Prof. Andrzej Buras, Ordi- narius für Theoretische Physik IV (T31), mit den Mit- teln des Europäischen Forschungsrats in Höhe von 1,6 Millionen Euro. Die Flavour-Physik untersucht die Eigenschaften fundamentaler Elementarteilchen, der Quarks und Leptonen. Es gibt insgesamt jeweils sechs Quarks und Leptonen, die sich hinsichtlich elektrischer Ladung und »Flavours« unterscheiden. Noch steht ein genaues Verständnis der Flavour-Struktur der Teilchen, ihrer Masse und Wechselwirkungen aus. Die Wis- senschaftler um Buras möchten diese unbekannten Strukturen entschlüsseln, um die Physik bei kürzesten Längeskalen und letztendlich die Entwicklung des frühen Universums verstehen zu lernen. In diesen Untersuchungen werden die Resultate der Experimente am Large Hadron Collider am CERN in Genf (Schweiz) eine sehr wichtige Rolle spielen. 6 TUMcampus 2/11
Spezial Am Lehrstuhl für Bildverarbeitung und Mustererkennung wird das EU-Geld unter anderem in ein Kooperationsprojekt mit der Firma Daimler zur Erkennung von Hindernis- sen im Straßenverkehr fließen. Über Kame- ras im Auto wird die 3D-Umgebung und ihre Bewegung berechnet. Pfeile zeigen die Bewegungsrichtung an; rote Bereiche bewegen sich schneller, grüne Bereiche langsamer. molekularen Regelwerks dieser Herz-Vorläuferzellen defekt sind. Die Grup- 4 Prof. Daniel Cremers, Ordinarius für Bildverarbei- tung und Mustererkennung, wird seinen 1,98-Millio- nen-Euro-Grant in die Verbesserung von Algorithmen pe will damit neue Erkenntnisse für die kardiovaskuläre Stammzellbiologie gewinnen, um diese in der Zukunft für regenerative Therapieansätze und den Gewebeersatz in der Kardiologie zu nutzen. zur Bildverarbeitung investieren. Die Computer-gestütz- te Extraktion von Informationen aus Bildern gehört zu den größten Herausforderungen der Informatik. Von der Rekonstruktion dreidimensionaler Objekte durch Aus- 6 Die Unterstützung des ERC in Höhe von 1,5 Millionen Euro setzt der Or- dinarius für Medientechnik, Prof. Eckehard Steinbach, dafür ein, Verfah- ren für die haptische Datenkommunikation zu entwickeln. Ausgangspunkt wertung zweidimensionaler Bilder über die Gesichts- für die geplanten Arbeiten sind sogenannte Telepräsenzsysteme, mit deren und Mimikerkennung bis hin zur Analyse kompletter Hilfe ein Mensch in die Rolle eines Roboters in einer entfernten Umgebung Szenen gibt es viele Aufgaben, für die hinreichend schlüpfen kann. Während er den Roboter fernsteuert, sieht, hört und fühlt schnelle Berechnungsverfahren nötig sind. der Bediener, was die Sensorik des Teleoperators aufnimmt. Um ein hohes 5 Die Ursachen der »Fallot-Tetralogie« aufzuklären ist das Ziel von Prof. Karl-Ludwig Laugwitz, dem Lei- ter des Fachgebiets für Kardiologie. Bei dieser unter den angeborenen Herzfehlern sehr häufigen schweren Herz- © Lehrstuhl für Medientechnik erkrankung machen es vier missgebildete Stellen dem Herzen unmöglich, richtig zu arbeiten. Als Folge wird die Lunge schwächer durchblutet und der Körper nicht aus- reichend mit Sauerstoff versorgt. Bei schweren Formen hilft nur eine Operation im Säuglingsalter. Ursache ist offenbar die Fehlsteuerung einer bestimmten Zellgruppe in der embryonalen Herzentwicklung. Mit den 1,8 Millio- nen Euro aus dem ERC-Starting Grant wird das Team um Laugwitz untersuchen, welche Komponenten des Telemanipulation über das Internet mit perzeptueller Codierung der haptischen Daten- ströme Maß an Wirklichkeitsnähe zu ermöglichen, müssen die haptischen Sensor- daten effizient und mit minimaler Verzögerung bidirektional zwischen Mensch und Teleoperator übertragen werden. Das Team um Steinbach will hierfür Verfahren entwickeln, die – ähnlich wie MP3 für Audio – die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung geschickt ausnutzen. Wichtige Vorarbei- ten für den ERC-Grant konnten in den letzten Jahren in einem von der DFG geförderten Sonderforschungsbereich (SFB 453) erarbeitet werden. Markus Bernards TUMcampus 2/11 7
Spezial Neue Antibiotika dank neuer Analytik Einen mit 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant des European Research Council erhält Prof. Stephan A. Sieber, Ordinarius für Organische Chemie II der TUM, für seine Arbeiten zur Entwicklung von Medikamenten gegen multiresistente Keime. Staphylococcus aureus produziert viele Toxine, die schädlich für den A ls Alexander Flemming 1928 das Penicillin entdeckte, war das der Anfang eines neuen Zeitalters der neuen Resistenzwegen besonders schnell ausbreiten. Zudem sind die Angriffsziele der bekannten Antibiotika in den Bakterienzellen limitiert, und so gibt es gegen alle Menschen sind. Medizin. Nun konnte man chemi- gängigen Wirkmechanismen meist schon multiple sche Substanzen zur Behand- Resistenzstrategien. lung und Heilung von Infektions- krankheiten einsetzen. Die all- Solche multiresitenten Keime sind es, gegen die die gemeine Lebenserwartung stieg TUM-Wissenschaftler neue Behandlungsstrategien er- signifikant an. Es begann die gol- forschen. Basis sind Naturstoffe, die bereits von Mikro- dene Ära der Antibiotika – fast organismen im gegenseitigen Kampf um knappe Res- alle Infektionen ließen sich ein- sourcen und Raum auf biologische und antibiotische fach mit Tabletten behandeln. Aktivität optimiert wurden. Mit Methoden der organi- Weil jedoch die neuen Wunder- schen Synthese generieren die Forscher zunächst viel- mittel recht unbedacht verwen- versprechende Naturstoffstrukturen und klären dann mit det wurden, entwickelten immer einer speziellen Analytik auf, wo genau diese Moleküle mehr Erreger Resistenzen gegen in den Bakterienzellen angreifen. So erhalten sie Ein- Wenn Staphylococ- cus aureus auf Blut- sie, fanden Mechanismen, die blick in neue Wirkmechanismen. agar wächst, lysie- Antibiotika für sich unschädlich zu ma- ren Toxine rote Blut- chen. Das führte in den vergangenen Mit diesem Ansatz konnte die Arbeitsgruppe Sieber be- körperchen, was sich an der hellen Jahren zu einer Renaissance von Infek- reits einen Erfolg verbuchen: Es gelang, in der Struktur- Färbung rund um tionskrankheiten, gegen die es keine familie der β-Lactone Moleküle zu finden, die einen die Bakterienkultu- wirksamen Medikamente mehr gibt. völlig neuen Behandlungsansatz gegen MRSA bieten. ren erkennen lässt. Jährlich sterben nun wieder mehr und Diese Moleküle binden an ein bakterielles Enzym na- mehr Menschen an »einfachen« In- mens ClpP, woraufhin die Erreger keine toxischen fektionen, trotz rechtzeitiger Virulenzfaktoren mehr herstellen können – zahlreiche Behandlung. Mittlerweile führt für den Menschen schädliche Proteine, die etwa die hu- mehr als eine von fünf Infektionen mane Immunantwort unterbinden, Gewebe absterben mit dem Methicilin-resistenten lassen oder für Sepsis und toxischen Schock verant- Erreger Staphylococcus aureus wortlich sind. (MRSA-Infektionen) zum Tod des Patienten. Dieses Bakterium hat Die Bakterien werden durch die neuartige Strategie qua- gegen fast alle gegenwärtigen si entwaffnet, so dass das Immunsystem sie unschäd- Antibiotika Resistenzstrategien lich machen und eliminieren kann – und das bedeutet: ausgebildet. Heilung. Erste Versuche mit genetisch manipulierten Bakterien, denen das Enzym ClpP fehlt, haben das Kon- Das Bakterium Antibiotika sind bei der Resis- zept bereits bestätigt. Die weitere Optimierung des Listeria monocyto- tenzentwicklung ein Teil des Problems: Wirkstoffs und die klinische Erprobung liegen bei der genes ruft vor allem über damit verunrei- Da sie die Bakterien töten, stehen die- »AVIRU GmbH«, einer aus den Arbeiten hervorgegange- nigte Lebensmittel se unter großem Druck, sich anzupas- nen Firma, die im Rahmen des Programms EXIST vom Infektionen hervor. sen. Dies erreichen sie durch Mutation BMBF gefördert wird. und Selektion, wobei sich Keime mit Stephan A. Sieber 8 TUMcampus 2/11
Das neue Bild der Erde Zwei große Projekte zur höchst präzisen Vermessung der Erdoberfläche werden von der TUM wissenschaftlich begleitet. Der Satellit GOCE orientiert sich am Schwerefeld der Erde, TanDEM-X erstellt ein Höhenmodell. Der ESA-Satellit GOCE hat nach nur zwei Jahren in der Umlaufbahn genü- gend Daten zusammentragen, um die Gravitation der Erde mit zuvor uner- reichter Genauigkeit zu kartieren. Das unter Koordination von TUM-For- schern erstellte, bislang präziseste Modell des globalen Schwerefelds soll © ESA helfen, die Funktionsweise der Erde besser zu verstehen. ➔
Forschen Das Geoid bildet eine gedachte Oberfläche eines globalen, ruhenden Oze- GOCE Gravity Consortiums: »Wir empfangen einen ste- ans, der allein durch die Schwerkraft geformt wird. Die Gravitation wirkt kei- ten Strom ausgezeichneter Gradiometerdaten von GO- neswegs überall gleich. Im Modell machen sich Gebiete mit geringer CE und sind mit jedem neuen Zweimonatszyklus in der Schwerkraft als »Dellen« bemerkbar, starke Anziehungskraft erscheint als Lage, das von GOCE erstellte Modell des Schwerefelds »Beule«. Das Geoid liefert Ozeanographen wichtige Referenzdaten für ihre weiter zu verbessern. Nun ist es an der Zeit, die GOCE- Messungen: Aus den Differenzen zwischen dem idealisierten Ozean, der Daten wissenschaftlich zu untersuchen und erste An- aufgrund der Schwerkraft zu erwarten wäre, und dem tatsächlichen Mee- wendungen zu entwickeln. Ich bin besonders von den resspiegel können die Wissenschaftler beispielsweise Ozeanströmungen ersten ozeanografischen Ergebnissen begeistert, die ableiten. Die Strömungen werden ebenso wie Änderungen des Meeresspie- zeigen, dass GOCE dynamische Topografie- und Strö- gels und Eisbewegungen durch den Klimawandel beeinflusst und sind da- mungsmuster der Ozeane mit unerreichter Qualität und mit für dessen Erforschung entscheidend. Auflösung bereitstellen wird.« Der im März 2009 gestartete Satellit GOCE (Gravity field and steady-state Und der ESA-Direktor für Erdbeobachtungsprogramme, Ocean Circulation Explorer) hat bereits mehr als zwölf Monate lang Da- Prof. Volker Liebig, fügte an: »Dank einer außergewöhn- ten über das lich geringen Sonnenaktivität konnte GOCE in einer nie- Schwerefeld drigen Umlaufbahn verbleiben und seine Messungen zusammenge- bereits sechs Wochen früher als geplant aufnehmen. tragen. Da die Dadurch steht noch genügend Treibstoff zur Verfügung, Starkes Echo fanden GOCE und das neue Bild Gravitation in um die Messungen des Schwerefelds bis Ende 2012 der Erde in den Medien. Unter anderem berichte- direktem Zu- fortzuführen, wodurch die Missionszeit verdoppelt und ten Süddeutsche Zeitung, Handelsblatt, Financial sammenhang das von GOCE erstellte Geoid noch präziser wird.« Times Deutschland, Focus, Spiegel online, ZDF mit der Mas- heute, Tagesschau, FAZ.NET, Newsbucket. severteilung GOCE hat mehrere Premieren in der Erdbeobachtung im Erdinnern aus dem Weltraum vorzuweisen, darunter sein Gradio- steht, können meter mit sechs hochsensiblen 3D-Beschleunigungs- die Daten auch messern. Der Satellit befindet sich auf der für einen Erd- dazu beitragen, beobachtungssatelliten bisher niedrigsten Umlaufbahn, die Dynamik in der Erdkruste und die Entstehung von Erdbeben besser zu um die bestmöglichen Messdaten zu erstellen. Das verstehen. Zudem erweitern die GOCE-Daten das Wissen über die Entste- Design des schlanken Satelliten, der eine Tonne Ge- hung von Erdbeben wie jüngst in Japan. wicht auf die Waage bringt, ist einzigartig. Zudem ist GOCE mit einem innovativen Ionentriebwerk ausgerüs- Nicht zuletzt soll das Vermessungswesen von den GOCE-Daten profitieren. tet, mit dem sich der atmosphärische Widerstand aus- Bislang gibt es allein in Europa mehr als 20 verschiedene Höhensysteme, gleichen lässt. Volker Liebig bringt es auf den Punkt: »In die sich an unterschiedlichen Meerespegeln orientieren. Anhand der exak- der frühen Entwurfsphase war GOCE fast noch Science ten Geoid-Referenzfläche sollen sich Höhen künftig auf allen Kontinenten Fiction. Nun hat sich gezeigt, dass es sich um eine problemlos miteinander vergleichen lassen. In Kombination mit Satelliten- hochmoderne Mission handelt.« navigationssystemen soll es möglich sein, solche Angaben überall auf den Zentimeter genau zur Verfügung zu stellen. Das würde die Planung von ■ Straßen, Tunneln und Brücken deutlich vereinfachen. Ausgewertet werden die GOCE-Daten vom European GOCE Gravity Con- Bilder und Animation zum Download: sortium, einer Gruppe von zehn europäischen Instituten aus sieben Län- www.esa.int/SPECIALS/GOCE7SEM1AK6UPLG_1.ht dern, koordiniert vom Institut für Astronomische und Physikalische Geodä- ml#subhead2 sie der TUM unter Prof. Roland Pail. Unterstützt wird das Projekt vom Insti- tute for Advanced Study, das an der TUM herausragenden Wissenschaftlern Video zu GOCE: langfristige Forschungsprojekte ermöglicht. www.youtube.com/user/TUMuenchen1#p/u/12/7sB aSJHSpww Bei der Präsentation des anhand von GOCE-Daten erstellten Modell- Schwerefelds, das im März 2011 auf dem vierten internationalen GOCE- Nutzer-Workshop an der TUM vorgestellt wurde, erklärte Prof. Reiner Rum- mel, emeritierter Ordinarius für Astronomische und Physikalische Geodäsie der TUM, einer der Initiatoren von GOCE und Vorsitzender des European 10 TUMcampus 2/11
Forschen Entstehungsprozess der Tan- DEM-X-Höhenmodelle. Oben: Radarbild eines Satelliten; Mitte: interferometrische Phasendiffe- renz, unten: Höhenmodell in Atlasfarbendarstellung Die Vermessung der Erde mit TanDEM-X Algorithmen, die Wissenschaftler des Lehrstuhls für Methodik der Fernerkundung der TUM und des gleich- namigen Instituts am Deutschen Zentrum für Luft- und Veranschaulichung Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen entwickelt ha- der TanDEM-X-Mission ben, bilden die Grundlage für die Erstellung von Hö- © DLR henmodellen der Erde aus Satellitendaten. I m Dezember 2010 begannen die beiden deutschen Syn- thetik-Apertur-Radar(SAR)-Satelliten der TanDEM-X- Mission mit der Neuvermessung der Erde. Sie werden die relative Lage der beiden Satelliten im Raum muss auf einen Millimeter genau vermessen werden. Dennoch bietet das radarinterferometrische Ver- fahren im Vergleich zu optischen Stereoverfahren Vorteile: Radarwellen ein globales Höhenmodell mit einem 12-Meter-Raster durchdringen Wolken, und die Auswertung funktioniert auch auf kontrastar- und einer Höhengenauigkeit von zwei Metern erzeugen. men Gebieten. Solche Höhenmodelle sind die Basis aller Kartierungs- aufgaben und dienen zum Beispiel zur Hochwasser- Die Algorithmen für die SAR-Bilderzeugung wie auch für die interferometri- risikoanalyse, Navigation, Planung und geometrische sche Verarbeitung wurden am TUM-Lehrstuhl für Methodik der Fernerkun- Entzerrung von Satellitenbildern. dung und am gleichnamigen Institut des DLR entwickelt. Da mit dieser Mis- sion in vielerlei Hinsicht technisches Neuland betreten wird, erforderten die Zum ersten Mal fliegen zwei Satelliten im Abstand von nur eingesetzten Verfahren detaillierte Voruntersuchungen und Simulationen, die 200 bis 400 Metern nebeneinander her, mit einer Ge- die TUM als Forschungsaufträge für das DLR durchgeführt hat. Trotz ihrer schwindigkeit von 27 000 km/h. Damit sie auch an den Komplexität müssen die Algorithmen industriellen Qualitätsanforderungen ge- Polen nicht kollidieren, haben Wissenschaftler des DLR nügen: Bis zu 1 000 Datensätze von je 50 x 30 Kilometer Abdeckung werden einen Doppelhelixorbit entwickelt. derzeit täglich zu Höhenmodellen verarbeitet. Sobald die Satelliten die Erde vollständig abgescannt haben, werden diese Szenen geometrisch kalibriert Für die Vermessung wird das neue bistatische interfero- und zu einem globalen Höhenmodell zusammengesetzt. Da eine globale Ab- metrische SAR-Prinzip eingesetzt: Einer der Satelliten deckung etwa ein Jahr dauert und schwierige Geländeformationen mehrmals sendet Mikrowellenpulse aus, die an der Erdoberfläche unter verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen werden, wird die Mission reflektiert werden. Diese Reflektionen werden von beiden rund drei Jahre dauern. Satelliten empfangen, digitalisiert und zum Boden gesen- det. Dort werden sie zu Bildern verarbeitet. Aus den Pha- Finanziert wird die TanDEM-X-Mission gemeinsam vom Bund und vom deut- sendifferenzen der Bilder beider Satelliten rekonstruieren schen Unternehmen EADS Astrium, das die kommerziellen Verwertungsrechte die Wissenschaftler mithilfe komplexer Algorithmen die an den Höhenmodellen besitzt. Daneben organisiert das DLR ein Wissen- Topographie der Erde. Allerdings stößt man hier an die schaftsprogramm, das internationalen Forschern den Zugriff auf einzelne Da- Grenzen des Machbaren: So treten im bistatischen Ver- tensätze und Höhenmodelle erlaubt. Auch die TUM-Wissenschaftler werden fahren zwangsläufig Phasendriften der beiden Radaros- diese einmaligen Daten in mehreren Forschungsprojekten nutzen. zillatoren auf, die deshalb durch eine Funkstrecke zwi- schen den Satelliten nachsynchronisiert werden müssen; Richard Bamler, Michael Eineder TUMcampus 2/11 11
Forschen Die Buddhas von Bamiyan Sie waren technisch brillant ge- arbeitet. Sie erstrahlten früher in leuchtenden Farben, die allmäh- lich verloren gingen. 2001 wurden sie zerstört: die Buddhas von Bamiyan. Restauratoren der TUM haben hunderte Fragmente der monumentalen Statuen ana- lysiert und erstmals den Zeit- raum der Entstehung verlässlich datiert. 12 TUMcampus 2/11
Forschen n A uf der ganzen Welt war die Bestürzung groß, Buddha die Rede. Die anderen Teile der Figuren hatten als fanatische Taliban im März 2001 die beiden möglicherweise eine weiße Grundierung, die aber nicht gigantischen Buddha-Statuen sprengten, die seit mehr zweifelsfrei zu belegen ist. dem sechsten Jahrhundert das Bamiyan-Tal im heu- tigen Afghanistan überblickten. Die 55 und 38 Meter Bisherige Angaben über die Entstehungszeit der Sta- hohen Kunstwerke bildeten bis ins zehnte Jahrhundert tuen waren Schätzungen. Per Massenspektrometer das Zentrum einer der größten buddhistischen Kloster- wurde nun an der ETH Zürich und an der Universität Kiel anlagen der Welt. das Alter der organischen Teile der Lehmschicht er- mittelt. Die TUM-Wissenschaftler konnten damit die Seit der Niederschlagung der Taliban-Herrschaft bemü- Bauzeit des kleineren Buddhas auf die Jahre 544 bis hen sich europäische und japanische Experten, im Auf- 595, die des größeren auf 591 bis 644 eingrenzen. trag der UNESCO und koordiniert vom Internationalen Rat für Denkmalpflege (ICOMOS), die Überreste der Ein Problem ist die Konservierung der Bruchstücke die- Statuen zu sichern und wieder zugänglich zu machen. ses Welterbes. Die ICOMOS-Teams haben die Trümmer Und sie nehmen die Fragmente genau unter die Lupe – – sehr poröser Sandstein – inzwischen in provisorische denn erforscht wurden die Buddhas bis zu ihrer Spren- Lagerhallen im Bamiyan-Tal geschichtet, größere Teile gung kaum. TUM-Wissenschaftler des Lehrstuhls für wurden am Kliff abgedeckt. Die gängigen Konservie- Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungs- rungsverfahren kommen nicht in Frage, erklärt Emmer- wissenschaft haben an der TUM anderthalb Jahre lang ling: »Üblicherweise verwendete Kunstharze in den er- mehrere hundert Bruchstücke untersucht. Ihre Erkennt- forderlichen Dimensionen würden sich unter den Klima- nisse tragen nicht nur zum Verständnis dieses Welt- bedingungen im Bamiyan-Tal zu unterschiedlich im Ver- kulturerbes bei, sondern könnten auch ermöglichen, die hältnis zum Naturstein verhalten.« Der Konservierungs- erhaltenen Teile wieder zusammenzufügen. wissenschaftler hat deshalb gemeinsam mit der Firma Consolidas – gegründet von einem TUM-Absolventen – Die Statuen wurden aus dem Kliff geschlagen; die äu- deren noch junges Verfahren für einen möglichen Ein- ßere Haut mit den wallenden Gewändern formten die satz an den Buddha-Fragmenten weiterentwickelt: Statt Handwerker aus Lehm, den sie in zwei oder drei Schich- mit Kunstharzen könnten die Steine im Innern mit einer ten auftrugen. Die Überreste zeigen eine erstaunliche siliciumorganischen Verbindung gefestigt werden. Kunstfertigkeit. »Das sind glatte, perfekte Oberflächen – eine Qualität, wie sie sonst nur gebrannte Materialien Darüber hinaus arbeiten die TUM-Restauratoren an wie Porzellan haben«, erläutert TUM-Ordinarius Prof. einem 3D-Modell des Kliffs, das alle Bruchstücke an Erwin Emmerling. Sein Team fand im Lehm Stroh und ihrem früheren Platz zeigt. Emmerling hält damit einen Häcksel, die Feuchtigkeit aufnehmen, Tierhaare, die den Wiederaufbau des kleineren Buddhas für grundsätzlich Putz wie feine Glasfasern stabilisieren, sowie Quarz und möglich – wobei er für eine Zusammenfügung der erhal- andere Zusätze, die ein Schrumpfen des Putzes verhin- tenen Teile, nicht für eine Rekonstruktion des antiken dern. Gehalten wurde die untere Putzschicht mit Seilen, Zustands plädiert. Hinsichtlich des größeren Buddhas die an kleine Holzpflöcke gebunden wurden. So schufen ist Emmerling wegen dessen Tiefe von rund zwölf Me- die antiken Handwerker ungewöhnlich dicke Schichten tern skeptischer. Der kleinere war dagegen mit etwa von bis zu acht Zentimetern. zwei Metern Tiefe eher reliefartig. Doch auch für seine Errichtung gibt es neben politischen hohe praktische »Die Buddhas hatten eine farbintensive Erscheinung«, Hürden: Für die Konservierung der Bruchstücke müsste sagt Emmerling. Die TUM-Restauratoren fanden heraus, im Bamiyan-Tal eine kleine Fabrik gebaut werden – oder dass die Statuen mehrmals übermalt wurden, vermut- es müssten rund 1 400 Steine nach Deutschland ge- lich weil die Farben verblasst waren. Die äußeren Ro- bracht werden, manche davon zwei Tonnen schwer. © Arnold Metzinger ben, die Sangati, leuchteten auf der Innenseite dunkel- blau, auf der Oberseite rosa und später orange. In einer Ob die Riesen-Buddhas wieder aufgebaut werden sol- weiteren Phase wurde der größere Buddha rot bemalt, len, hat die UNESCO noch nicht entschieden. der kleinere weiß grundiert, die Innenseiten der Roben wurden mit einem helleren Blau ausgebessert. Die gra- Klaus Becker fische Rekonstruktion der TUM-Forscher bestätigt alte Überlieferungen: Schon in Quellen aus dem elften Jahr- hundert ist von einem roten und einem mondweißen TUMcampus 2/11 13
Forschen kann diesen Arbeits- schritt aber nicht über- nehmen. Da von großen, teuren Fernsehern pro Produktvariante täglich nur einige Exemplare ver- packt werden, wären vollautomatische Lösun- gen für alle Varianten viel © Custompacker, Fotomontage zu teuer. Der Mensch arbeitet hier flexibler und besser. Gemeinsam mit interna- tionalen Partnern aus der Industrie wollen TUM- Beim Verpacken Wissenschaftler den Pa- von Großbildschir- ckern eine neue Genera- men wäre die reibungslose Roboter helfen beim tion von Helfer-Robotern zur Seite stellen. In dem Pro- jekt »CustomPacker« sollen Roboter lernen, flexibel mit Verpacken Zusammenarbeit von Mensch und den Produktvarianten umzugehen und sensibel genug Roboter eine große für die sichere Zusammenarbeit mit Menschen zu sein. Erleichterung. Genau hier liegt das Spezialgebiet der TUM-Wissen- In dem EU-Forschungsprojekt schaftler. Im Münchener Forschungsverbund CoTeSys entwickeln sie bereits die Grundlagen für die Kommuni- »CustomPacker« untersuchen Wis- kation zwischen Menschen und Maschinen und arbeiten senschaftler der TUM gemeinsam mit der »kognitiven Fabrik« an einer Produktionsform, in der Roboter den Menschen zuarbeiten. »Custom mit Industriepartnern, wie Roboter Packer« will erreichen, dass ein Roboter die Arbeit des bei der Verpackung großer LCD- Packers übernimmt und der Packer nicht mehr auf Sicherheitsabstand gehen muss, wenn der Roboter am Fernseher helfen könnten. Zug ist. Denn schneller geht es, wenn beide gleichzeitig ihre Stärken einsetzen: der Roboter Maschinenkraft, der Elektronikgeräte wie Fernseher, Notebooks oder PCs zu Mensch die geschickte und flexible Handhabung der verpacken, ist wegen der vielen Produktvarianten sehr Kleinteile. So gelangen Fernseher – und später auch aufwendig. Und wenn es etwa um ein TV-Gerät mit einem andere Elektronikgeräte – schneller und gesundheits- LCD-Bildschirm von einem Meter Durchmesser geht, ist schonend in den Karton. die Arbeit ein Knochenjob, obwohl auch heute schon Roboter dabei helfen: Wenn ein Packer einen Karton ent- Die EU verspricht sich von dem Projekt einen Wettbe- faltet und zusammengeheftet hat, muss er sich tief in den werbsvorteil für kleine und mittlere Unternehmen, insbe- Karton hineinbeugen, um die untere Schaumstoffhalte- sondere mit Blick auf asiatische Hersteller, und fördert rung und das weiche Schutz-Vlies hineinzustecken. Dann »CustomPacker« mit 2,6 Millionen Euro für drei Jahre. tritt er einen Schritt zurück und geht auf Sicherheitsab- In dem Konsortium des Projekts hat die TUM mit dem stand zu einem Roboterarm, der den bis zu 30 Kilogramm Lehrstuhl für Mensch-Maschine-Kommunikation und schweren Fernseher in den Karton hebt. Anschließend dem Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebs- sorgt der Packer noch für den richtigen Satz an Zubehör wissenschaften die Koordination übernommen; Partner wie Lautsprecher, Fernbedienung, Kabel und Bedie- sind kleine und mittelständische Unternehmen und For- nungsanleitungen – dann noch Schaumstoff obendrauf, schungseinrichtungen aus Spanien, Finnland, Öster- und der Karton kann verschlossen werden. reich und Deutschland. Das Dilemma: Vor allem das Hineinbeugen in den Kar- Markus Bernards ton ist sehr anstrengend. Ein herkömmlicher Roboter www.custompacker.eu 14 TUMcampus 2/11
Forschen PRESTIGE fürs Herz laren und zellulären Mechanismen der Stentthrombose entschlüsselt werden. Diese mechanistischen Erkennt- nisse sollen in die Entwicklung neuer Stents münden, In einer multizentrischen Studie arbeitet ein von die in präklinischen Modellen getestet werden. Neue Medizinern der TUM geleitetes europäisches Kon- Bildgebungsverfahren sollen helfen, das Einheilen von sortium von Herzspezialisten daran, der gefürchte- Stents zu verfolgen und Risikofaktoren für das Auftreten ten Stentthrombose den Schrecken zu nehmen. einer Stentthrombose zu identifizieren. Schließlich wol- len die Wissenschaftler ein europaweites PRESTIGE- Register etablieren, für das alle Stentpatienten umfas- Die Koronare Herzerkrankung, eine Verengung der send charakterisiert werden – einschließlich Bildge- Herzkranzgefäße, zählt heute zu den Haupttodesur- bungsverfahren, genetischer Analysen und einer detail- sachen. Behandelt wird sie durch Implantation eines lierten Untersuchung der Blutplättchenfunktion. Zudem Stents, einer Gefäßstütze, die das Gefäß offenhält. soll eine Biobank mit Gewebeproben aller aus Stents Manchmal jedoch verstopft der Stent später, und eine gewonnenen Gerinnseln aufgebaut werden. solche Stentthrombose verläuft in der Hälfte der Fälle tödlich. Herzspezialisten der TUM arbeiten gemeinsam Damit wird PRESTIGE zu einem besseren Verständnis mit 13 Partnern aus ganz Europa an neuen Konzepten der Ursachen der Stentthrombose und zur Entwicklung zur Prävention der Stentthrombose. Das Projekt »Pre- individualisierter, präventiver Strategien beitragen. vention of Late Stent Thrombosis by an Interdisciplinary Global European effort« (PRESTIGE) wird von der Euro- Steffen Massberg päischen Kommission mit knapp sechs Millionen Euro gefördert. www.prestige-fp7.eu/index.html Nicht zuletzt in Anbetracht der stets wachsenden Zahl http://cordis.europa.eu/fp7/home_de.html von Patienten mit Verengungen der Herzkranzgefäße, die mit Stents versorgt werden, ist die Stentthrombose ein erhebliches klinisches Prob- lem. Die genauen Mechanismen und die Risikofaktoren, die zu ihrem Auftreten beitragen, sind jedoch bisher nicht geklärt. Um die fatale Komplikation der Stentthrombose zu verhindern, müssen daher alle Stentpatien- ten sehr potente, die Blutplätt- chen hemmende Substanzen einnehmen – was wiederum das Risiko für Blutungen erhöht. Ein zentrales Ziel der kardiovaskulä- ren Forschung sind daher neue Strategien, die einen sicheren Schutz vor den gefürchteten Stentthrombosen bieten und gleichzeitig das Blutungsrisiko minimieren. Im Projekt PRESTIGE wollen die Wissenschaftler neue Konzepte zur Prävention der Stentthrom- Herzkatheteruntersuchung bei einem Patienten mit frischer Stentthrombose in der Koronararterie. Links: Der bose erarbeiten. Zunächst sollen Stent ist durch ein Gerinnsel vollständig verschlossen; kein Blut (hier mit Kontrastmittel schwarz angefärbt) fließt mehr durch den Stent in das nachgeschaltete Gefäß (Pfeilköpfe). Rechts: Erst nach Wiedereröffnung des in einem grundlagenwissen- Stents durch Absaugen des Gerinnsels und Ballonaufdehnung gelangt Blut wieder in den peripheren Gefäß- schaftlichen Ansatz die moleku- abschnitt. TUMcampus 2/11 15
Forschen Bei der Trassenplanung in Innenstädten sind neben 3D-Gebäudemodellen vor allem unter- irdische Infrastruktureinrichtungen wie Verrohrungen und Kanalanlagen von zentraler Bedeutung. 3D-Trassenplanung in Zahl der Beteiligten mit teilweise weit auseinandergehenden Innenstädten Kompetenzen, Kenntnissen und Interessen wächst beständig. Dafür will der Forschungsverbund in neuartiger Weise Technolo- gien aus den Bereichen Geografische Informationssysteme, Eine von der DFG bewilligte Forscher- Computer-Vision und Kollaborative Planungsplattformen verbin- gruppe widmet sich der Planung städti- den und neue Ansätze zur interaktiven, parametrischen Trassen- planung, zur bildgestützten Real-time-Lokalisierung in 3D und zur scher Trassen mithilfe mehrdimensionaler mehrskaligen 3D-Modellierung erforschen. Die Ergebnisse haben Modelle. Drei der fünf Teilprojekte wer- sowohl für die ingenieurwissenschaftliche Grundlagenforschung als auch für die planerische Anwendung – bis hin zu mobilen den an der TUM bearbeitet. Systemen vor Ort – höchste Relevanz. Die Forschergruppe »Rechnergestützte kooperative Trassenpla- Die drei von der TUM-Fakultät für Bauingenieur- und Vermes- nung in mehrskaligen 3D-Stadt- und Bauwerksmodellen« soll die sungswesen bearbeiteten Teilprojekte werden von der DFG in bisherigen Planungsprozesse wesentlich erleichtern: durch die den nächsten drei Jahren mit über 900 000 Euro unterstützt. Erweiterung der bislang zumeist eingesetzten zweidimensionalen Prof. Ernst Rank und Dr. Ralf-Peter Mundani vom Lehrstuhl für Planungsmodelle zu einem drei- beziehungsweise vierdimensio- Computation in Engineering werden das Teilprojekt A leiten, das nalen Stadt- und Bauwerksmodell. Die Forschergruppe mit fünf die Entwicklung einer »Kooperationsplattform für die interaktive, Teilprojekten setzt sich zusammen aus Wissenschaftlern der multidisziplinäre Trassenplanung auf Basis mehrskaliger Modelle« TUM und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), das den zum Ziel hat. Prof. André Borrmann vom Fachgebiet Computer- Sprecher der Gruppe stellt. gestützte Modellierung und Simulation zeichnet für Teilprojekt B »Methoden der Mehrskaligkeit in 3D-Stadt- und Bauwerksmodel- Die Planung von Straßen-, Bahn- und U-Bahntrassen sowie len« verantwortlich, und Prof. Matthäus Schilcher vom Fachge- ähnlichen Infrastrukturmaßnahmen im urbanen Umfeld mitsamt biet Geoinformationssysteme für das Teilprojekt D: »Advanced den damit verbundenen Über- und Unterführungsbauwerken wird Geo Web Services«. immer komplexer, die rechtlichen, ökologischen, ökonomischen und konstruktiven Rahmenbedingungen immer vielfältiger. Die Klaus Becker 16 TUMcampus 2/11
Politik Exzellenzinitiative II: In der neuen Runde der Exzel- lenzinitiative 2012 – 2017 hat die TUM-Erfolge TUM mit einem Exzellenzcluster zur Elektromobilität und einer in der Vorrunde Graduiertenschule zum Thema Risiko die nächste Stufe erreicht. Auch wird sie sich erneut mit D ie TUM, die bei der Premiere der Exzellenzinitiative im Jahr einem Zukunftskonzept an dem 2006 als Exzellenzuniversität erfolg- Wettbewerb zur Förderung der reich war, bewährte sich in der Vor- auswahl der DFG und des Wissen- Spitzenforschung beteiligen. schaftsrats für die Neuauflage der Initiative mit den Antragsskizzen für die Graduate School »Risk and Security« und den Exzellenzcluster dung und der nachhaltigen Forschung auf diesem »Electromobility beyond 2020«. wichtigen Gebiet zu machen. Eine Besonderheit: 22 der 25 Principal Investigators sind Professorinnen! »Mit diesen wissenschaftlich an- spruchsvollen und kreativ konzipier- Der Exzellenzforschungscluster »Electromobility be- ten Einrichtungen wollen wir die yond 2020« trägt der Entwicklung Rechnung, dass Spitzenforschung in Deutschland sich die Fahrzeug-Mobilität angesichts knapper wer- auf gesellschaftlich höchstrelevan- dender fossiler Energiequellen langfristig nur mit ten Zukunftsfeldern voranbringen«, elektrischen Antrieben und durch Nutzung regenera- sagte TUM-Präsident Prof. Wolf- tiv erzeugter Energie aufrechterhalten lassen wird. gang A. Herrmann. »Diese beiden Derzeit verfügbare Energiespeicher, Fahrzeug- und Themen sind uns als technischer Mobilitätskonzepte sind ein erster Schritt in diese Universität auf den Leib geschnei- Richtung. Doch eine nachhaltige Änderung des in dert.« Nach dem ersten Erfolg erar- den letzten 125 Jahren eingeübten Mobilitätsverhal- beitet die TUM nun die vollständi- tens setzt weit mehr voraus. Nicht nur neue Materia- © H. La/Pixelio gen Förderanträge zum 1. Septem- lien für Speicherung und Umwandlung von Energie ber 2011, über die der Wissen- müssen entwickelt werden, auch neue Geschäftsmo- schaftsrat und die DFG im Juni delle, neue Steuerungsmöglichkeiten für intelligente 2012 entscheiden. Stromnetze und neue Simulationswerkzeuge zur Die Sprecher der neuen Projekt- Beurteilung und Weiterentwicklung neuer Konzepte. Risiko ist ein komplexes Phänomen, anträge: Zwar wurde bereits eine ganze Reihe von Ideen pro- das sich in vielfältigster Art und totypisch realisiert, doch die Entwicklung massen- »Electromobility beyond 2020«: Weise in allen Facetten unseres tauglicher Produktionsverfahren für alle Komponen- Prof. Hubert Gasteiger, Ordinarius Lebens wiederfindet. Da es sich ei- ten von Elektrofahrzeugen ist eine gigantische Auf- für Technische Elektrochemie, Prof. ner rein disziplinären Betrachtung gabe, die weit über die traditionelle Rolle der Inge- Alois Knoll (stellv.), Ordinarius für weitestgehend entzieht, erfolgen nieurwissenschaften hinausgeht. Der Exzellenzclus- Echtzeitsysteme und Robotik »Risiko-Ausbildung« und »Risiko- ter Elektromobilität geht diese Herausforderungen Forschung« meist isoliert innerhalb »Risk and Security«: mit einem multi- und interdisziplinären Forschungs- der jeweiligen Fachdisziplinen. Ziel Prof. Claudia Klüppelberg, Ordina- konzept an. Neben der TUM beteiligen sich die Uni- der Graduiertenschule »Risk and ria für Mathematische Statistik, versität der Bundeswehr München, das Deutsche Security« ist es, ein international Prof. Isabell Welpe (stellv.), Ordi- Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Oberpfaffenhofen) sichtbares, interdisziplinäres Zent- naria für Betriebswirtschaftslehre – und 17 Industriepartner, darunter die wichtigsten rum aufzubauen und zu einer ersten Strategie und Organisation Automobilhersteller Deutschlands. Einen outreach- Adresse der Doktorandenausbil- Effekt besonderer Art hat das Konzept der TUM in TUMcampus 2/11 17
Politik Singapur: Dort hat sie den Zuschlag der Singapore National versität, an den Exzellenclustern »Center for Integrated Protein Foundation für das Projekt »Electromobility for Mega-Cities« er- Science Munich«, »Munich Center for Advanced Photonics« und halten (rund 35 Millionen Euro). »Nanosystems Initiative Munich« ist sie maßgeblich beteiligt. In der ersten Phase der Exzellenzinitiative war die TUM 2006 auf- Graduiertenschulen fördern international zusammengesetzte grund ihres Zukunftskonzepts »TUM – The Entrepreneurial Uni- Nachwuchsforschergruppen, die an hochkarätigen, fächerüber- versity« als Exzellenzuniversität ausgezeichnet worden. Erfolg- greifenden Projekten arbeiten. Exzellenzcluster ermöglichen Spit- reich war sie damals zudem mit der »International Graduate zenwissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen und Institu- School of Science and Engineering (TUM-IGSSE)«. Bei den Ex- tionen gemeinsame Forschung auf internationalem Spitzenniveau. zellenzclustern »Cognition for Technical Systems (CoTeSys)« und »Origin and Structure of the Universe« ist die TUM Sprecheruni- Andreas Battenberg Bauen der Zukunft: energieeffizient und nachhaltig Gartenseite des Plus-Energie-Hauses, mit dem sich der Lehrstuhl ENPB an einem Wettbewerb beteiligt hat. Die komplexen interdisziplinären Herausforderungen im Bereich Um die Idee des energieeffizienten und des nachhaltigen Bauens erfordern neue ganzheitliche Lö- nachhaltigen Planens und Bauens zu sungsansätze. Deshalb hat die TUM 2010 das Zentrum für ener- gieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen gegründet. stärken, hat die TUM das gleichnamige Wesentlich an der Gründung beteiligt waren die Lehrstühle für Zentrum gegründet. Bauphysik, für Bauklimatik und Haustechnik, für Energiewirt- 18 TUMcampus 2/11
Politik schaft und Anwendungstechnik sowie für energieeffi- zientes und nachhaltiges Planen und Bauen (ENPB). Masterstudiengang für Der vom Verein für Bauforschung und Berufsbildung das Bauen der Zukunft des Bayerischen Bauindustrieverbands gestiftete Lehrstuhl ENPB koordiniert das neue Zentrum. Es ver- Erstmals zum Wintersemester 2011/12 bietet die TUM eint die Kompetenzen der TUM im Bereich des ener- den interdisziplinären und fakultätsübergreifenden Mas- gieeffizienten Bauens – im Besonderen aus den Fakul- terstudiengang für energieeffizientes und nachhaltiges täten für Architektur, für Bauingenieur- und Vermes- Bauen an. Federführend sind die Fakultäten für Bau- sungswesen, für Elektrotechnik und Informationstech- ingenieur- und Vermessungswesen sowie für Architektur; nik, für Maschinenwesen und für Wirtschaftswissen- beteiligt sind darüber hinaus die Fakultäten für Elektro- schaften. Darüber hinaus bietet das Zentrum die Basis technik und Informationstechnik und für Maschinenwesen für einen umfassenden wissenschaftlichen Austausch sowie die Studienfakultät für Landschaftsarchitektur und sowohl zwischen den Fakultäten als auch zwischen Landschaftsplanung. der TUM und internationalen Universitäten sowie Partnern aus Industrie und Wirtschaft. Zudem ist das Der neue Masterstudiengang soll umfassendes Wissen Zentrum organisatorisch und inhaltlich in die Munich rund um das Thema Energieeffizienz und Nachhaltigkeit School of Engineering (MSE) eingebettet und beteiligt in der gebauten Umwelt vermitteln. Zielgruppe sind sich in diesem Rahmen am Querschnittsforschungs- Bachelor-Absolventen der Fachrichtungen Architektur, thema TUM∙Energy. Bauingenieurwesen, Umweltingenieurwesen sowiebei geeigneter Qualifikation – gleichwertiger Studiengänge. Die Zielsetzung des Zentrums besteht darin, die Ener- Die Besonderheit ist die fachübergreifende, interdiszipli- gieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien im näre Lehre, die Zusammenhänge erkennbar werden lässt Bauwesen nachhaltig zu optimieren. Die Expertise der und Synergieeffekte nutzbar macht. Unter Berücksichti- beteiligten Wissenschaftler reicht von der großräumi- gung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte gen Betrachtung der nachhaltigen Stadtentwicklung vermittelt das Studium fächerübergreifend ingenieur- und Infrastruktur über die Entwicklung nachhaltiger wissenschaftliche Kenntnisse und Kompetenzen. So Gebäude bis hin zur Detailplanung energieeffizienter beeinflussen etwa Entscheidungen aus städtebaulichen Fassadenbestandteile und Gebäudetechnik. Erwägungen das Mikroklima eines Gebäudes, was sich wiederum auf die Funktionsfähigkeit bestimmter Kon- Mark Windeknecht struktions- und Energiekonzepte auswirkt. Gleichzeitig sind Energie- und Stoffkreisläufe über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie zu beachten, da- mit das Bauen unter ganzheitlichen Aspekten verstanden werden kann. Dies ist für eine ganzheitliche Betrach- Master für energieeffizientes und nachhaltiges Bauen Credits FS Architektur, Stadt Gebäudetechnik Bauphysik und Bautechnik Immobilienent- 80 1– 3 und Landschaft und Erneuerbare Energieeffizienz und Life Cycle wicklung, Wert- Energien Engineering ermittlung und Lebenszyklus Interdisziplinäres Projekt 10 2+3 Master’s – Thesis (theoretisch/praktisch) 30 4 Aufbau des neuen Masterstudiengangs für energieeffizientes und nachhaltiges Bauen TUMcampus 2/11 19
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