BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
BOKU DAS MAGAZIN DER UNIVERSITÄT DES LEBENS Nr. 4 | Dezember 2015 ISSN: 2224-7416 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN IM PORTRÄT: KOOPERATION: ÖSTERREICHERIN WALDBAUER BOKU- DES JAHRES: RUPERT SEIDL UMWELTBUNDESAMT MARION HUBER-HUMER
INHALT EDITORIAL Fotos: Yonas Worku, Thinkstock, Haroun Moalla, Martin Gerzabek, Peter Hietz, Reuters Robert Newald 3 Rektor Gerzabek: Leistungsvereinba- rung 2016–2018 4 Waldbauer Rupert Seidl im Porträt 9 Die Praxis leben: Lehrforst der BOKU u PERSPEKTI VEN MARTIN H. GERZABEK Rektor 10 Gefahren für den Wald 12 Der Waldwachstumsforscher Hubert Sterba blickt zurück Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde der BOKU! 14 Ein Tag mit dem Forstwirt und Departmentleiter Karl Stampfer 4 9 D 16 25 Jahre Pflanzenbiotechnologie as Jahr 2015 war ein wichtiges Jahr für die BOKU. Mit Die Novelle des Universitätsgesetzes stößt einige neue Ent- der Akkordierung der Leistungsvereinbarung 2016– wicklungen im Bereich der Professuren an, die die BOKU in 17 Biotechnologie: Wie sich Hefe von 2018 wurden wesentliche Weichen gestellt. Aufgrund den nächsten Jahren aufgreifen wird. Gleichzeitig wird mit der Methanol ernährt der budgetären Rahmenbedingungen im Universitätsbereich Entwicklung eines Karrieremodells für Drittmittelwissenschaft- insgesamt waren die Verhandlungen alles andere als einfach. lerInnen eine weitere Steigerung der Attraktivität der BOKU als 18 BOKU-Delegation in Kanada Trotzdem ist es durch intensive Bemühungen auf beiden Seiten Arbeitgeberin angestrebt. und den USA gelungen, mit dem BMWFW ein Ergebnis zu erzielen, welches eine zukunftsorientierte und strategisch ausgerichtete Weiter- Ebenfalls von enormer Bedeutung war der Abschluss des Bau- 22 Nachhaltigkeit: CO2-Kompensations- führung der BOKU in den Kernaufgaben Forschung und Lehre kapitels der Leistungsvereinbarung. Dabei wurde ein gemein- system sowie in der Interaktion mit Wirtschaft und Gesellschaft erlaubt. sames Verständnis über den prinzipiellen Infrastrukturbedarf der sich dynamisch entwickelnden BOKU festgehalten. Darü- 23 Danube:Future Das wichtigste Ziel, nämlich die Berufungspolitik und die For- ber hinaus konnte der Beitrag des BMWFW zum Wasserbau- 16 18 schungsschwerpunkte der BOKU für die kommenden Jahre zu labor abgesichert werden. Die Realisierungschancen für ein 24 Österreicherin des Jahres: sichern, konnte erreicht werden. Darüber hinaus wird die BOKU Forschungszentrum mit internationaler Strahlkraft sind damit Marion Huber-Humer in begrenztem Ausmaß auch Akzente setzen können, die sie deutlich gestiegen. als Forschungs- und Lehreinrichtung noch attraktiver machen 26 Ethik-Charta für die BOKU wird. Ein ganz wichtiger Punkt ist die maßvolle Investition in Mit diesen und weiteren Vorhaben wird es möglich sein, die po- eine strukturierte Doktoratsausbildung an der BOKU durch sitive Entwicklung der BOKU weiterzuführen. 28 Flüchtlinge: Universitäten helfen Gründung von Doktoratskollegs. Dabei können wir von den be- stehenden, sehr erfolgreichen Kollegs lernen und jene Elemen- Herzlich bedanke ich mich an dieser Stelle bei allen Departments 30 Der BOKU Ball von A–Z te, die auch budgetär umsetzbar sind und qualitätssteigernd und Servicestellen, dem Senat und dem Universitätsrat sowie wirken, umsetzen. dem gesamten Rektorat, die die Vorbereitung der Leistungsver- 31 Splitter einbarung wesentlich mitgestaltet und unterstützt haben! In der Lehre wird es in den kommenden Jahren vor allem um 22 24 34 Kooperation BOKU–Umweltbundesamt die Qualitätsverbesserung und Konsolidierung gehen. Die Wei- Allen BOKU-Angehörigen und -FreundInnen wünsche ich an terbildung soll mit der BOKU-Weiterbildungsakademie stärker dieser Stelle im Namen des ganzen Rektorates frohe Festtage 41 Menschen an der BOKU sichtbar positioniert werden. Ein Prozess zur Erarbeitung einer und viele gemeinsame Erfolge im kommenden Jahr! langfristigen Strategie zur Entwicklung der Studierendenzah- 42 Forschung FAQ len der BOKU wird mit dem BMWFW gemeinsam durchgeführt werden. 43 intercultural snapshots @ boku 44 Technologietransfer: Reise nach Israel IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien. Chefredaktion: Michaela Klement, Redaktion: Hermine Roth, Ingeborg Sperl AutorInnen: Martin Gerzabek, Gertrud Haidvogl, Hubert Hasenauer, Peter Hietz, Lisa Jöchlinger, Svenja Kleinschmidt, Bernhard Koch, Margit Laimer, Friedrich Leisch, Horst Mayr, Eva Ploss, Hermine Roth, Georg Sachs, Dominik Schmitz, Susanne Schneider-Voss, Ingerborg Sperl, Rosemarie Stangl, 45 Ein neuer Regenwald! Verena Winiwarter, Julian Wudy, Lektorat: Susanne Hartmann Grafik: Patricio Handl Coverfoto: Thinkstock / Alberto Masnovo Druck: Druckerei Berger Auflage: 7.000 28 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich • Blattlinie: Das BOKU Magazin versteht sich als Informationsmedium für Angehörige, AbsolventInnen, Freundinnen und Freunde der 46 Wir bauen um! 45 Universität für Bodenkultur Wien und soll die interne und externe Kommunikation fördern. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und müssen mit der Auffassung der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge senden Sie bitte an michaela.klement@boku.ac.at BOKU Magazin 4 2015 3
I n der Forstwirtschaft wird in großen Zeiträumen gedacht. Wer Wälder aufforstet, pflegt oder abholzt, arbei- tet in Zyklen, die meist über ein einzelnes Menschenleben hinausgehen. Ein solcher Horizont im Denken und Handeln wirft eine Frage auf, die Rupert Seidl, Assozi- ierter Professor am Institut für Waldbau der BOKU, schon seit langer Zeit faszi- niert: Auf welcher Grundlage ist es mög- lich, Entscheidungen zu treffen, die für die EIN WALD VOLL ZAHLEN nächsten 100 Jahre Wirkung haben? „Das herkömmliche Paradigma der Forstwirt- schaft hatte damit kaum Probleme“, er- Rupert Seidl bildet die Komplexität von Waldökosystemen in quantitativen Modellen ab. klärt Seidl. „Man ging davon aus, dass ein Standort und seine klimatischen Verhält- Besonders interessiert ihn dabei, wie der Klimawandel in das Gefüge eines Waldes eingreift. nisse auch über lange Zeiträume als stabil betrachtet werden können. Diese Annah- me ist aufgrund unseres Wissens über Von Georg Sachs den Klimawandel nicht mehr haltbar.“ In seiner Arbeit versucht Seidl, der langfris- tigen Bewirtschaftungsperspektive der Forstwirtschaft eine solide, quantitative Grundlage zu geben. Er baut an Modellen, die die Komplexität des Systems Wald abbilden können und auch unter sich än- dernden Rahmenbedingungen eine lang- fristige Prognose ermöglichen sollen. Die Nähe zum Wald wurde Seidl gleich- sam in die Wiege gelegt. Schon sein Va- ter arbeitete als Förster, bald hegte auch Seidl selbst diesen Berufswunsch und besuchte die fünfjährige Försterschu- le in Bruck an der Mur. „Die Ausrichtung auf die Praxis, die ich dort gelernt habe, nützt mir noch heute oft“, erzählt Seidl. Zunächst hatte er gar nicht geplant, die 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN Die Entwicklung sogenannter DIE MEISTER- DAS K. K. PROVISORISCHE DIE FORSTLEHRANSTALT MARIABRUNN DIE FORSTAKADEMIE „forstlicher Meisterschulen“, in denen SCHULE IN FORSTINSTITUT 1807–1813 Im Mai 1813 Gründung der ersten MARIABRUNN die Grund- und Hilfswissenschaften PURKERSDORF Die Meisterschule wird 1807 zu öffentlichen Forstlehranstalt Öster- Die Hochschule für in theoretischem und praktischem BEI WIEN einem provisorischen Forstinsti- reichs. 1864 gelingt es Rudolf Ritter Bodenkultur wird 1872 Unterricht vermittelt wurden. 1805–1807 tut erhoben und Johann Anton von Feistmantel, mit dem Lehrkörper gegründet, vorerst Auf Veran- Schmitt zum ersten Professor Beratungen über die Gründung einer allerdings nur mit lassung des der Forstwissenschaft ernannt. Forstakademie zu führen. Ein ent- einer landwirtschaft- Oberstjäger- Danach Umwandlung der Privat- sprechendes Statut wird ausgearbei- lichen Sektion – die Akademie Mariabrunn soll zu gegebener meisters Franz schule in ein öffentliches Forst- tet, das Kaiser Franz Josef I. am Zeit als forstliche Sektion der Hochschule angegliedert werden. Graf zu Hardegg-Glatz wird eine forstli- lehrinstitut mit eigenem Lehrplan, 7. November 1866 genehmigt. Der Kaiser genehmigt die Auflösung der Forstakademie, und so che Meisterschule errichtet. der von Kaiser Franz I. am schließt mit 30. September 1875 die älteste staatliche Forstschule 19. Juli 1812 sanktioniert wird. Gemeinsamer Plan der Professoren Schmitt und Höß, 1827 Österreichs für immer ihre Pforten. BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 4 5
Ausbildung mit einem Studium fortzuset- zen (wie Photosynthese oder Atmung) im Rupert Seidl zen. Doch als die Neugier einmal geweckt Maßstab ganzer Habitate zu betrachten war, verlockte sie zu einer vertieften Aus- und in Modellen zu erfassen. Biogeoche- einandersetzung mit dem Thema Wald. mische Zusammenhänge fließen darin „Im Laufe der Ausbildung wurde mir klar: ebenso ein wie populationsökologische Da muss es noch mehr geben. Das Stu- Mechanismen. Die auf diese Weise aufge- dium der Forstwirtschaft an der BOKU bauten Modelle sind Grundlage von Com- war daher der logische nächste Schritt“, putersimulationen, in denen verschiedene so Seidl. Dabei gelang ihm etwas, was vor Szenarien durchgespielt werden können. ihm noch niemand geschafft hatte: Als „Beispielswiese kann damit simuliert wer- erster Student der Universität für Boden- den, wie sich eine Erhöhung der Tempe- kultur absolvierte er das gesamte Studi- raturen um 2 oder um 4 Grad Celsius auf um mit Bestnoten und promovierte 2008 das Ökosystem Wald auswirken würde“, „sub auspiciis praesidentis rei publica“. so Seidl. „Im Vordergrund stand bei mir immer das Interesse an der Sache und nie die Noten“, Dem Modellieren am Computer steht da- sagt er heute dazu, „aber ich bin extrem bei aber auch stets die Verifizierung an- schlecht im Auswendiglernen, ich muss hand realen Datenmaterials gegenüber. den Dingen auf den Grund gehen, um sie „Wir können dafür Daten der Österreichi- zu verstehen.“ schen Waldinventur heranziehen, die vom Bundesforschungszentrum für Wald er- KOMPLEXITÄT, hoben werden, aber auch Daten von Kol- MATHEMATISCH GEFASST legen, die zum Beispiel Kohlenstoffflüsse Im Zuge seiner Diplomarbeit schnupperte an realen Waldsystemen messen“, erklärt Seidl erstmals die Luft der akademischen Seidl. Ein Modellieren ohne eine solche Forschung. Am Institut für Waldbau hat- Anbindung an reale Systeme wäre nicht te man damals begonnen, den Effekt, denkbar. den klimatische Veränderungen auf das Ökosystem Wald haben, mathematisch zu Seidl fing Feuer für diese Art der wissen- beschreiben. Eine solche Vorgehensweise schaftlichen Arbeit, schloss an seine Dip- traf sich gut mit Seidls Interessen: „Ich bin lomarbeit noch eine Dissertation an und ein quantitativ orientierter Mensch. Mich absolvierte anschließend Postdoc-Auf- hat es schon in der Schule interessiert, Zu- enthalte in Oregon im Westen der USA sammenhänge in Zahlen auszudrücken.“ sowie in Schweden – beides Gegenden, Die Modelle, die dabei verwendet werden, die ein besonderes Verhältnis zum Wald sind nicht statistischer Natur – schließen haben. „Das war eine wichtige und span- also nicht aus Daten der Vergangenheit nende Zeit für mich“, erzählt der Forscher, auf die weitere Entwicklung in der Zu- der damit auch den internationalen For- Die Häufigkeit von Störungen wie Windwurf oder Borkenkäferbefall nimmt durch klimatische Veränderungen zu. kunft. Vielmehr versucht man, die grund- schungsbetrieb kennenlernte. Seit 2012 legenden Stoffwechselprozesse der Pflan- ist Seidl wieder an der BOKU und hat sich DIE K. K. HOCHSCHULE FÜR BODENKULTUR IN WIEN Adolf von Guttenberg-Haus Seit dem Studien- Der Forstwirt Prof. Julius Marchet, jahr 1919/20 dürfen Im Oktober 1875 nimmt die Im ersten Studienjahr sind an der forstlichen Sek- Rudolf Jugoviz , Direktor der für die Studienjahre 1908/09 Frauen als ordentliche forstliche Sektion der Hoch- tion 68 Hörer – davon 50 ordentliche – inskribiert. der Höheren Forstlehran- und 1909/10 zum Rektor gewählt Hörerinnen studieren. schule für Bodenkultur in ei- 29 Hörer wurden von Mariabrunn übernommen. stalt in Bruck/Mur, erlangt wird, trägt 1909 bei seiner Inaugu- Die erste weibliche nem Mietshaus in der heutigen Der 1894 bewilligte und im Sommer 1896 beendete als erster Forstwirt am ration als Erster die noch heute ver- Forststudentin, die ihr Skodagasse ihre Tätigkeit auf. Bau des heutigen Gregor-Mendel-Hauses kann das 18. Mai 1907 den Titel Dok- wendete goldene Rektorskette. Studium abschließt, Erster Dekan der forstlichen auftretende Raumproblem vorübergehend lösen. tor der Bodenkultur. 1912 wird ein Neubau, das heutige ist Frau Helwig Schüt- Sektion ist Prof. Wilhelm Franz Er verfasst seine Disserta- Adolf von Guttenberg-Haus, mit te (verehelichte Habs- Exner. Die Hochschule für Am 3. Juli 1906 wird eine Rigorosenordnung er- tion aus dem Gebiet der seinem für 260 Hörer eingerichte- burg) – Abschluss am Bodenkultur untersteht dem lassen und der Hochschule für Bodenkultur damit forstlichen Produktions- ten Großen Hörsaal bezogen. 6. November 1936. Ackerbauministerium. das Recht zur Verleihung des Titels „Doktor der lehre bei Prof. Cieslar. Wilhelm Franz Exner Bodenkultur“ zuerkannt. Adolf von Guttenberg Helwig Schütte BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 6 7
DER LEHRFORST DER BOKU 2014 hier habilitiert. Dass er eine solche Betrachtungen wie diese wichtig: „Es ist wissenschaftliche Laufbahn einschlug, nicht nur alles schwarz oder weiß. Der war zwar zunächst gar nicht geplant, hat Wald erfüllt zahlreiche Funktionen für den sich für Seidl aber als goldrichtige Ent- Menschen: Holzlieferant, Klimafaktor, Er- Von Hubert Hasenauer D scheidung erwiesen: „Ich hab’ einfach ge- holungsraum, Habitat für verschiedenste er Lehrforst der Universität für Bo- und deren Auswirkungen auf das Klima. merkt, wie sehr mir das Spaß macht. Man Arten – man muss ihn in seiner ganzen denkultur Wien umfasst 950 ha, Ebenso findet sich eine neu eingerichtete hat die Freiheit, sich zu entscheiden, mit Vielfalt erhalten.“ gehört der Republik Österreich und Intensivbeobachtungsfläche, auf der mi- welchen Themen man sich beschäftigt.“ wird derzeit von den Österreichischen Bun- krobielle Bodenaktivitäten sowie die Stoff- Nichtsdestotrotz ist Seidl der Ansicht, dass desforsten (ÖBf AG) als Teil der Försterbe- flüsse in einem Buchenbestand in Abhän- ZWEI SEITEN DERSELBEN MEDAILLE die Nutzung des Waldes noch viel unge- zirke Ternitz, Revierteil Ofenbach, und des gigkeit von den klimatischen Bedingungen Ein Thema, dem er sich in den vergan- nutztes Potenzial birgt, um der stetigen Er- Forstbetriebes Wienerwald bewirtschaftet. untersucht werden. Weiters gibt es eine genen Jahren verstärkt zugewandt hat, höhung des CO2-Gehalts der Atmosphäre RUPERT SEIDL Erdbeben- und Pollenmessstelle, und der sind abrupt auftretende Störungen des entgegenzuwirken. „In Österreich wächst Rupert Seidl ist Assoziierter Professor am Der „Ofenbacher Forst“ (im Volksmund Lehrforst ist auch als einer der Standorte Institut für Waldbau, Department für Wald- Systems Wald wie Windwurf, Borkenkäfer derzeit mehr Wald nach, als wir nutzen“, noch immer „Kaiserwald“ genannt), wur- im weltweiten ökologischen Langzeitver- und Bodenwissenschaften der Universität oder Waldbrand. „Die Häufigkeit solcher sagt der Wissenschaftler. Doch nicht nur für Bodenkultur Wien. de von Kaiserin Maria Theresia 1755 in das bund (LTER) etabliert. Ereignisse nimmt durch den Klimawan- die Waldbestände selbst stehen als Koh- Staatseigentum übertragen. Bis 1972 war del zu – das führt aber auch dazu, dass lenstoffspeicher zur Verfügung. Wird Holz WERDEGANG er in zwei Försterdienstbezirke – Ofen- LEHRE IM LEHRFORST sich der Wald schneller an die veränder- geschlägert und etwa im Bauwesen ver- 2015 Assoziierter Professor, Institut bach und Heuberg – unterteilt; die BOKU Eine besondere Aufgabe des Lehrforstes Dr. Josef Gasch, Leiter des Lehrforstzentrums ten Verhältnisse anpassen kann“, erklärt wendet, bleibt das Element für die gesam- für Waldbau, Universität für hat seit dem Jahre 1972 ein Nutzungsab- und Waldbaustudierenden bei einer Exkursion ist es, das Üben von theoretischem Wis- Seidl. Denn die Wechselwirkung zwi- te Nutzungsdauer des entsprechenden Bodenkultur Wien kommen mit den Bundesforsten. Im Lehr- sen im Gelände zu ermöglichen. Da sich 2015 Gastwissenschaftler, University of forstzentrum, das Teil des Departments Lehrforst ermöglicht diese integrative ein Großteil unserer forstlichen Fächer mit schen Wald und Klima ist ein komplexes Bauteils gespeichert und wird nicht als CO2 Wisconsin, Madison, USA Geschehen: Das Klima beeinflusst den an die Atmosphäre abgegeben. „Wenn für Wald- und Bodenwissenschaften Forschung und Ausbildung. Auch wenn der Anwendung von Wissen auf konkrete 2014 Habilitation für das Fach Wald, umgekehrt nimmt dieser aufgrund man mehr auf Holzbau als Ersatz für Ge- Waldökosystemmanagement, (WABO) ist, gibt es einen Seminarraum, derzeit Großflächenversuche nicht mög- Fragen im Wald beschäftigt, braucht es seiner Möglichkeiten, Kohlenstoff aus der bäude aus Beton setzen würde, hätte das Universität für Bodenkultur Wien Labors und Unterkünfte für etwa 50–60 lich sind, da daraus resultierende Ein- hier viel Übung im Gelände. Der Lehrforst Atmosphäre zu assimilieren, aber auch in jedem Fall einen für das Klima relevan- 2013 Assistenzprofessor, Institut für Personen. Die natürlichen Waldgesell- kommensverluste finanziell ausgeglichen ist dafür besonders geeignet, weil hier auf das Klima Einfluss. Erhöht sich durch ten Effekt“, so Seidl. Dennoch wäre es zu Waldbau, Universität für Boden- schaften, die sich aus den Boden- und werden müssten, ist der Lehrforst ideal, aufgrund seiner Lage fast alle wichtigen klimatische Veränderungen die Zahl der kurz gegriffen, hierin ein Allheilmittel zu kultur Wien Klimabedingungen ergeben, sind Bu- um die forstbetriebliche Planung und Waldgesellschaften zu finden sind. Durch Störereignisse, so sinkt die Aufnahmeka- sehen: „Wir können nicht so weitermachen 2012 Senior Scientist, Institut für chenwaldgesellschaften. In den höheren Bewirtschaftung zu üben. Für Waldwis- die leichte Erreichbarkeit, die verfügbaren Waldbau, Universität für Boden- pazität des Waldes für Kohlenstoff, und wie bisher und dafür alle Hoffnungen auf Lagen und an den kühleren Nordhängen senschaftlerInnen ist der Wald das Labor, Unterkünfte und die hervorragende Be- kultur Wien der CO2-Gehalt der Atmosphäre steigt den Wald setzen. Der Wald allein wird das finden sich Fichten-Tannen-Buchenwälder. um Wissen über die Zusammenhänge im treuung unter der Leitung von Dr. Gasch ist 2011 Gastwissenschaftler an der weiter an. Doch das ist nur die eine Sei- Klimaproblem nicht lösen.“ Sveriges Lantbruksuniversitet Im Bereich der Grabeneinhänge wachsen Wald zu verstehen, aber auch, um unsere der Lehrforst eine der wichtigsten Einrich- te der Medaille. „Durch Borkenkäfer oder (SLU), Alnarp, Schweden Bergahorn-Eschen-Wälder und in den Tal- Studierenden auf die zukünftigen Auf- tungen unserer forstlichen Ausbildung an Windwurf entstehen Öffnungen im Wald, Einem Umstand hat all die wissenschaft- 2009– Postdoc an der Oregon State böden Eschen und Schwarzerlen. gaben im Berufsleben vorzubereiten. Zu der BOKU. in denen sich spezielle Pflanzengemein- liche Beschäftigung mit der Forstwirt- 2011 University (OSU), Corvallis, diesem Zweck wurden im Lehrforst eine schaften und Insekten ansiedeln können, schaft nicht geschadet: Seidls Liebe zum Oregon, USA FORSCHUNG IM LEHRFORST Reihe waldbaulicher Langzeitversuche LEHRFORST IN ZAHLEN 2008 Promotion „sub auspiciis und eine permanente Waldinventur eta- was wiederum Vögel anlockt.“ Der gleiche Wald ist ungebrochen. „Ich habe im Laufe Die forstliche Forschung und Ausbildung Waldfläche: 950 ha praesidentis“ zum Doktor der Effekt, der die klimatische Erwärmung meines Lebens den Wald mehrmals neu basiert auf den drei Säulen (i) forstliche bliert, um die Veränderungen des Waldes Holzvorrat: 236.000 m³ Bodenkultur (Forstwirtschaft) weiter anheizt, könnte andererseits also entdeckt. Aber er ist immer noch mein 2004 Sponsion zum Diplomingenieur Produktion, (ii) Technik und (iii) Sozio- untersuchen zu können. Weiters gibt es Vorrat/ha: 248 m³ zu einer Erhöhung der biologischen Di- ‚happy place‘, an dem ich mich auch in der der Forstwirtschaft ökonomie, wie dies für eine Bewirtschaf- hydrologische Einzugsgebietsstudien so- Jährliche Nutzung 3.500 m³ versität führen. Seidl sind differenzierte Freizeit gerne entspanne.“ tung von Waldflächen notwendig ist. Der wie Untersuchungen von Großkalamitäten Forststraßen 56 lfm/ha 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN 1960 bringt eine erfreuliche Das „Allgemeine Hochschulstudiengesetz“ aus Ein im Jahr 1972 abgeschlosse- Die nationalsozialistische Raumerweiterung durch den Kauf dem Jahre 1966 bildet die Grundlage für das nes Lehrforstübereinkommen si- Machtergreifung an der des Krankenhauses der Wiener 1969 erlassene Gesetz über die Studienrichtun- chert der Studienrichtung Forst- BOKU ist gekennzeichnet Kaufmannschaft in der Peter- gen der Bodenkultur. und Holzwirtschaft einen zwar durch einen Machtverlust Jordan-Straße 82. Das Gebäu- weiterhin den Österreichischen der Professoren mit einem de erhält in Erinnerung an den Bundesforsten gehörenden, aber Machtgewinn der Dozen- In der Studienrichtung „Forst-Holzwirtschaft“ zu Lehr- und Versuchszwecken tenschaft. Die enthobenen seinerzeitigen forstlichen Lehrer bestehen drei Studienzweige: Forstwirtschaft, überlassenen Lehrforst von 930 Professoren und Dozenten Wilhelm Exner dessen Namen. Holzwirtschaft und Wildbach- und Lawinenver- Hektar Größe. werden durch „politisch Wilhelm Exnerhaus – ursprüng- bauung. zuverlässige“ Wissen- lich ein Krankenhaus der Wiener schaftler ersetzt. Kaufmannschaft Lehrforst BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 8 9
Forstwirtschaft sind aufgrund der hohen bringt. Die Esche, immerhin die zweithäu- Wikipedia Ingeborg Sperl Schadholzmengen enorm. figste Laubbaumart in Österreichs Wäl- dern, ist durch diese Krankheit stark ge- Kirisits’ bunte (und hier nicht vollständige fährdet. Allerdings besteht die Hoffnung, Aufzählung) des „Who’s Who“ der Baum- dass einzelne Bäume eine hohe Krank- schädlinge: Der Kiefernprozessionsspin- heitsresistenz aufweisen. Im Sommer hat ner, dessen Raupenhaare beim Menschen das Waldforschungszentrum BFW in Zu- schwere allergische Reaktionen hervorru- sammenarbeit mit der BOKU das Projekt fen, ist nur mehr ein paar Kilometer von „Esche in Not“ initiiert, das darauf abzielt, Österreichs Grenze entfernt. Da helfen Samenplantagen resistenter Eschen anzu- keine Zäune. Einziger Schutz ist der Al- legen, die in 20 Jahren erstes Saatgut zur penhauptkamm, der aufgrund der tiefen Pflanzenanzucht liefern könnten. Wintertemperaturen von den Insekten (noch) nicht überschritten werden kann. Kirisits: „Trotz teilweise strenger gesetz- licher Bestimmungen, Kontrollen und Der asiatische Laubholzbockkäfer wurde thermischer oder chemischer Behandlung über Verpackungsholz aus China einge- bestimmter Handelsgüter ist nicht damit Thomas Kirisits schleppt, er bringt viele verschiedene zu rechnen, dass der während der letzten Laubbaumarten zum Absterben. In den Jahrzehnte rasant ansteigende Trend der Wikipedia zwei Befallsgebieten in Oberösterreich Einschleppung von Schadorganismen an versucht man ihn derzeit mit hohem Ar- Bäumen und Pflanzen zukünftig zurück- beits- und Kostenaufwand wieder auszu- gehen wird.“ Die gegenwärtigen Verein- rotten. Die Tannentrieblaus wurde schon barungen zum internationalen Pflanzen- in der 1840er Jahren aus dem Kaukasus schutz bauen auf der Prämisse auf, dass GEFAHREN FÜR DEN WALD eingeschleppt und gefährdet seither Tan- die globale Handelsfreiheit möglich wenig nenverjüngungen. Die Rosskastanienmi- eingeschränkt werden dürfe. niermotte stellt dagegen eher ein ästhe- Borkenkäfer (Buchdrucker) Die Zukunft des österreichischen Waldes wird nicht allein vom Klima beeinflusst werden. Neu eingeschlepp- tisches Problem dar, da die Blätter schon „Pflanzengesundheit hat keine Lobby“, te Schadinsekten und Krankheitserreger (Pilze, Bakterien, Viren …) sind Gefahren, mit denen gerechnet im Sommer braun werden und abfallen. meint Kirisits, der keine Katastrophenstim- werden muss. Und auch heimische Schaderreger können aufgrund des Klimawandels an Bedeutung gewin- Mindestens ebenso gefährlich wie diver- mung verbreiten will. Es hat ja sich immer se Insekten sind eingeschleppte Pilze und etwas verändert im Wald. „Die mensch- nen. Thomas Kirisits, Forstpathologe am Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz, Bakterien. Kirisits: „In Österreich sind rund liche Erinnerung ist kurzlebig. Man muss kennt eine lange Liste von Übeltätern. 30 eingeschleppte Krankheitserreger an damit rechnen, dass alle 12 bis 20 Jahre ein Von Ingeborg Sperl unseren Waldbäumen dokumentiert, da- neuer gefährlicher Schädling oder Krank- G enerell gilt: Höhere Temperaturen meren Klima: Sie entwickeln sich schneller nen Befall. Es sind zwei Arten, die Fich- von verursachen mindestens sechs wirt- heitserreger auftaucht.“ Die Forstpatholo- werden die Einschleppung von und können in vielen Gebieten zwei Ge- ten gefährlich werden: der Buchdrucker, schaftliche Schäden.“ Jüngstes Beispiel gie scheint ein Beruf mit Zukunft zu sein … Neobiota begünstigen. Aber auch nerationen ausbilden. Zusätzlich werden der ältere Bäume befällt, und der Kup- ist das Falsche Weiße Stengelbecher- die alteingesessenen Borkenkäfer, vor Bäume durch Hitze- und Dürreperioden ferstecher, der jüngere Bäume bevorzugt. chen, der Erreger des Eschensterbens, Weitere Informationen zum Projekt „Esche allem an der Fichte, profitieren vom wär- gestresst und dadurch anfälliger für ei- Die Auswirkungen auf den Wald und die der Eschen allen Alters zum Absterben Falsche Weiße Stengelbecherchen in Not“: http://www.esche-in-not.at/ DIE BOKU WIRD UNIVERSITÄT Mit 1. 1. 2004 wird die BOKU, wie alle österreichi- schen Universitäten, aufgrund des Universitäts- Ab dem Studienjahr 2004/05 werden alle Studien der BOKU auf Bachelor- und Masterstudien umgestellt: 1975 wird die Hochschule für Bodenkultur Nach Übersiedlung des Frauenhospi- gesetzes 2002 (UG 02) in die Vollrechtsfähigkeit Bachelorstudium Forstwirtschaft wurde zur „Universität für Bodenkultur“. Am zes in das Hanusch-Krankenhaus 1984 entlassen. Die alten Fachsenate werden aufgelöst Bachelorstudium Holz- und Naturfasertechnologie 29. Jänner 1981 promoviert die erste Frau - kommt es zu einer Erweiterung des und die 40 Institute zu heute 15 Departments Masterstudium Wildtierökologie und Wildtiermanagement Aino-Marjatta Pöytäniemi - im Studienzweig Standortes Türkenschanze. Die BOKU zusammengeführt. Masterstudium Forstwissenschaften Forstwirtschaft am Institut für forstliche kann ab 1984 das Gebäude in der Die forstlichen Institute werden folgenden Masterstudium Holztechnologie und Management Ertragslehre bei Prof. Hubert Sterba. Peter-Jordan-Straße 70, das heutige Departments zugeteilt: Masterstudium Alpine Naturgefahren/Wildbach- u. Lawinenverbauung Adolf-Cieslar-Haus, für universitäre Department für Wirtschafts- und Sozial- Masterstudium Mountain Forestry Zwecke nutzen. wissenschaften Masterstudium DDP MSc European Forestry Department für Integrative Biologie und Biodiver- sitätsforschung Im November 2013 eröffnet das Institut für Waldbau das Postkarte des Cieslarhauses, Department für Bautechnik und Naturgefahren Seminargebäude Gustav-Hempel-Haus am Areal des damals noch ein Frauenhospitz Department für Wald- und Bodenwissenschaften forstlichen Versuchsgartens Knödelhütte. BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 10 11
Ingeborg Sperl FESTMETER SIND KEIN ERLEBNIS eingreifen, sonst bekommt man Probleme, auch vom Boden aus betrachten. Kleinere Anfangs haben Sie die Ansprüche der Ge- zum Beispiel vermehrten Schneebruch.“ Bäume und Stammschäden sind nur so zu sellschaft an den Wald erwähnt ... entdecken. Die österreichische Waldin- „Die Ansprüche der Öffentlichkeit korrelie- Die Forstwirtschaft feiert ihr 140-jähriges Bestehen – manch ein Baum wird genauso alt. Hubert Sterba hat Wie hat man über die langen Zeiträume ventur wird von der Forstlichen Versuchs- ren nicht immer mit der Ökonomie. Fest- den Wald beim Wachsen beobachtet. Nicht ganz so lang, doch eine geraume Zeit. Ein Gespräch über Para- die Daten – das Um und Auf –gesammelt? anstalt durchgeführt, auch Versuchsflä- meter sind kein Erlebnis. Man muss Holz „An der BOKU zuerst ohne jede Elektronik, chen werden dort schon besonders lange nutzen, bevor es verfault. Es gibt eben ver- digmenwechsel, Moden und Daten. mit kleinen Kurbelmaschinen, dann mit ei- beobachtet und die Daten evident gehal- schiedene Zugänge. An den Besitzstruktu- Von Ingeborg Sperl ner alten Rechenanlage und Lochkarten, ten. Im Rahmen von Kooperationen kann ren hat sich viel geändert. Es gibt viel mehr die via Boten auf die TU gebracht wurden. man unter bestimmten Bedingungen urbane WaldbesitzerInnen – DentistInnen, Sterba: „Als ich mein Studium 1968 be- war ein Symptom für die kommenden Die Waldfläche nimmt in Österreich zu, Prof. Krapfenbauer schickte mich auf einen auch solche Daten bekommen.“ JournalistInnen ... Was mir Sorge macht, ist, endet habe, war die Forstwirtschaft Veränderungen. Ah ja, dazwischen: das wie muss man sich das vorstellen? Programmierkurs an die TU. Von den Loch- dass diese Leute von Bewirtschaftung oft noch primär holzorientiert, obwohl es Waldsterben“, umreißt Sterba kurz und „Die Nutzung des Holzes liegt unter dem karten wurden die Daten später auf Bänder Was versteht ein Waldwachstumsforscher keine Ahnung haben. Manchmal sind die ja auch schon eine starke ökologische knackig die Highlights. Zuwachs, es gibt mehr Wald und auch je gespeichert. 1961 hat man mit der österrei- unter Qualität? Waldflächen durch Erbteilungen kleinteili- Komponente gegeben hat. Man denke Hektar mehr Holzvorräte. Dass wir viel chischen Waldinventur begonnen, die Aus- „Im ökonomischen Sinne: Geradschaf- ger geworden – oder wurden verkleinert, nur an Hannes Mayers ‚Waldbau auf so- Zunächst ging es also vor allem um die höhere Zuwächse haben als angenom- wertung der Waldstandsaufnahme davor tigkeit, kein Drehwuchs, astfreie Schäfte, um die Pflicht zur Anstellung einer Person, ziologisch-ökologischer Grundlage‘; die Produktion ... men, hat man zunächst nicht geglaubt. hat schon Hollerith-Maschinen eingesetzt.“ Furnierqualität. In der Ökologie hingegen die die Wirtschaft führt, zu umgehen.“ Umwelt und das Ökosystem in seiner „Die Kostenschere hatte sich aufgetan, Jetzt schon. Natürlich werden nutzungs- geht es etwa um Arten- und Strukturviel- Gesamtheit waren also durchaus schon und die Holzbetriebe mussten Personal begünstigte Lagen, also jene, die leichter Sich mit den unterschiedlichsten Daten- falt. Laubholz und Mischbestände haben Zwei bis drei Tage kommt Sterba noch ein Thema. Und der Begriff ‚Nachhaltig- reduzieren und mechanisieren. Letzteres zu erreichen sind, stärker genutzt.“ trägern herumzuschlagen war früher si- zugenommen, aber die muss man mehr ins Büro, um mit DissertantInnen und keit‘, der heutzutage auf fast alles an- ergab Kontroversen mit dem Umwelt- cher mühsamer? pflegen als das Nadelholz, damit es sich DiplomandInnen an Projekten zu arbei- gewendet wird, kommt ja auch aus der schutz. Heutzutage werden Forststra- Mehr Wald, das ist doch positiv? „Die Technik beim Messen ist im perma- rechnet. Am meisten bringt die Eiche, ten, die klären sollen, ob Mischwald wirk- Forstwissenschaft. Andere Aspekte sind ßen nicht mehr so exzessiv ausgebaut. „Das kann man nicht so einfach sagen. nenten Entwicklungsstadium. Die Men- wenn sie Furnierqualität hat. Ästhetik und lich mehr bringt als Reinbestände – und neu hinzugekommen. Wir hatten nicht Bei Ernte und Bringung verwendet man Wenn etwa im Salzkammergut Wiesen gen, die man heute auf einem Computer Ökonomie sind nicht das Gleiche. Wenn wenn ja, warum. Es sieht nicht so aus, als die Nutzung durch die BürgerInnen im jetzt eher kleinere Maschinen statt der zuwachsen, ist das nicht mehr so attraktiv speichert, waren früher unvorstellbar. La- man die Kiefern auf den Bildern von van ob das auf die Schnelle erledigt werden Fokus. 1978 gab es die Zwentendorf-Ab- großen, die zu viel Bodendruck erzeugt für den Tourismus. Wenn Bäume schnel- ser-Scanner und Drohnen sind das Aller- Gogh anschaut – die sind schön, aber ich könnte. Die Natur lässt sich eben nicht stimmung, dann die Aubesetzung … das haben.“ ler wachsen, muss man früher und stärker neueste. Dennoch muss man die Bäume möchte von ihnen nicht leben müssen.“ hetzen. BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 12 13
Ein Tag mit Departmentleiter Prof. DI Dr. Karl Stampfer 10:00 Die nächsten 2½ Stunden gehören der Vorlesung „Forstliches Ingenieurwesen“. Der Arbeitstag beginnt früh, nämlich um 5:30 Uhr. Mails werden gecheckt, Diplomarbeiten korrigiert, Termine vereinbart ... Dann bekommt die IFSA (International Forestry 13:30 Abfahrt nach Tulln zur Eröffnung der Core Facility & Forschungsplattform 8:00 Ein Termin mit Assistentin Eleonore Rader. 9:00 Wichtige Besprechungen, die das gesamte Department betreffen, Students’ Association) die Möglichkeit, sich zu BiMM (Bioactive Microbial Metabolites). Der Tagesablauf wird geplant. stehen an. Etwa die mit dem Senatsvorsitzenden Hubert Hasenauer. präsentieren. 9:30 Projekte für Horizon 2020. Geklärt werden die Einreichungen mit den Kol- legen Franz Holzleitner und Gernot Erber. 18:30 Bevor es zurück auf die BOKU und gegen 20:00 Von links nach rechts: Joseph Strauss, wissenschaftlicher Leiter des BiMM, Uhr weiter nach Hause geht, darf der wissenschaftliche BOKU-Rektor Martin Gerzabek, Karl Stampfer, Hermann Schultes, Austausch mit Professorenkollege Hans-Peter Kaul nicht Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. fehlen. BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 14 15
25 JAHRE PBU IN DER MUTHGASSE Thinkstock Von Margit Laimer 2 015 beging die Pflanzenbiotech- nologie Unit (PBU) des DBT gleich zwei bauliche Jubiläen: 25 Jahre am Standort Muthgasse und 20 Jahre Sa- ranhaus. Bereits 1988 stellte uns Instituts- vorstand Prof. Katinger die herausfordern- de Frage: „Wo seht ihr eure Arbeitsgruppe in zehn Jahren?“ Spontane Antwort: „In einem modernen Pflanzenbiotechnolo- gie-Labor mit Glashaus auf dem Dach.“ Planung und Umsetzung verliefen rasch und zügig, waren in technischer Hinsicht aber durchaus fordernd. In lebhafter Erin- nerung ist die Diskussion um die Aufhän- gung der Lampen im Glashaus, sodass WIE ERNÄHRT SICH HEFE „Vorbeifahrende am Donaukanal einen Sternenhimmel wahrnehmen“. „Wir stellen dort Pflanzen auf!“, war unser Einwand. Oder unser vergeblicher Hinweis auf die notwendige Breite der Lifttüren – worauf die Brutschränke mit einem Klavierkran auf VON METHANOL ? Besonderer Stoffwechsel funktioniert ähnlich wie Verwertung von Kohlendioxid durch Pflanzen das Dach und durch das Glashaus in den B Laborraum verbracht werden mussten. estimmte Hefestämme ernähren vollständig in einer Zellorganelle namens sich nicht nur von Zucker – der in Peroxisom um, was die Wiener Forsche- 1990 übersiedelten und Medizin veröffentlicht. „Plant Tissue der genetischen Diversität, funktionaler der Biotechnologie häufig verwen- rInnen erstmals beschreiben konnten. wir in das neue La- Culture: 100 Years since Gottlieb Haber- Genomik und Phytopathologie wurde auf deten Hefe Pichia pastoris schmeckt auch Denn bisher war nicht klar, wo in der Zelle bor samt Glashaus landt“ (Laimer und Rücker, 2003) wird die subtropische Energiepflanze Jatropha Methanol. Hefe, wie sie der Mensch seit und mittels welcher Gene diese Umlage- im 6. Stock der weltweit als Lehrbuch eingesetzt. curcas übertragen, die in vielen Regionen Jahrtausenden etwa zur Erzeugung von rungen ablaufen. Nussdorfer Län- der Welt einen wichtigen Beitrag zur Er- Brot, Bier oder Wein einsetzt, verwertet de 11. Das Resultat Die „Vienna Collection“ – eine In-vitro- reichung der „Millennium Goals“ leisten Zucker sehr effizient, indem sie diesen Pichia pastoris wird in der pharmazeuti- kann sich sehen Genbank zur Erhaltung und Nutzung von kann. Derzeit enthält die In-vitro- und z. B. in Alkohol umsetzt, wie Diethard Mat- schen Industrie zur Erzeugung von Wirk- lassen und hat 25 Genressourcen – umfasst derzeit Herkünf- In-vivo-Genbank ca. 1.300 Herkünfte aus tanovich von der BOKU und vom Austrian Hefe Pichia pastoris stoffen oder zur Produktion von Chemi- Margit Laimer Jahre einwandfrei te von über 100 Obstgehölzen (Kern- und 54 Regionen in 15 Ländern. Über 20 Pu- Centre of Industrial Biotechnology (acib) kalien eingesetzt. Das letztere Anwen- funktioniert. Internationale Besucher be- Steinobst, Rebe), über 50 Heidelbeeren blikationen erschienen mit internationa- erklärt. Pichia pastoris oder verwandte noch nicht bekannt. Mattanovich: „Man dungsgebiet stecke aber noch „in den wundern uns noch heute: „You created a (von acht Arten) und über 30 Himbeeren len Partnern. Stämme sind aber eher nährstoffarme hat früher angenommen, dass hier Reak- Kinderschuhen“, so Mattanovich. „Wir fantastic place to work.“ (von vier Arten). Umgebungen gewöhnt. „Methanol wird da tionen stattfinden, die eigentlich in allen denken, dass die Aufklärung des Stoff- 1995 wurde im Rahmen eines For- als ganz spezielle Quelle für Kohlenstoff Organismen ablaufen können. Wir haben wechsels sehr wichtig sein wird, um zu- In dieser Umgebung konnten zahlreiche Virusfreie Mutterpflanzen erhalten wir schungsprojektes das Saranhaus als ers- und Energie genutzt“, so Mattanovich. aber gezeigt, dass diese Hefe in der Evo- künftig effizient Biochemikalien herstel- Forschungsprojekte durchgeführt wer- nach der Eliminierung von Viren und tes Forschungsgebäude dieser Art in lution ihr eigenes Enzymset entwickelt len zu können.“ Abseits der Anwendung den, Studierende auf dem Gebiet der Phytoplasmen. Auch In-vitro-Sprosse mit Österreich errichtet. Benannt nach dem Das sei interessant, da dazu nur wenige hat und die Umwandlung in die verwert- sei auch interessant, dass alle wichtigen Pflanzenbiotechnologie und Virologie genau definierten Virus-Isolaten finden insektensicheren Sarangewebe der dop- Bakterien und eben Hefestämme fähig baren Moleküle in speziellen Organellen Gene für den Methanol-Stoffwechsel ausgebildet, 2 Habilitierende, 8 Post- international als Referenzmaterial Ver- pelt bespannten Wände, erlaubt es die sind. Durch diese spezielle Fähigkeit wird (vergleichbar mit kleinen Organen inner- doppelt vorhanden sind. Solche Duplika- Docs, 18 DissertantInnen und 35 Mas- wendung. Unser wissenschaftliches Inter- vor boden- und luftbürtiger Reinfektion Pichia pastoris jedenfalls flexibler, da sie halb der Zelle, Anm.) stattfindet.“ tionen würden zwar relativ häufig entste- ter-StudentInnen, 20 Austausch-Studen- esse gilt der Suche nach Resistenzmecha- geschützte Aufbewahrung von Elitepflan- sich dadurch andere Lebensräume, etwa hen, gingen in der Regel aber auch schnell tInnen und 40 GastwissenschaftlerInnen nismen gegen eben diese Pathogene und zen. Heute werden dort v. a. virusfreie im Saft von Bäumen, wo es Methanol gibt, Das Team um Projektleiterin Brigitte Gas- wieder verloren, wenn sie keinen Nutzen betreut werden. Die Arbeiten mit mehr- deren Einfluss auf gesunde Nahrung, etwa Mutterpflanzen alter und neuer Obstsor- erschließen kann. Den ersten Teil des Ab- ser entdeckte erstaunliche Ähnlichkeiten bringen. Da das hier anders ist, sei davon jährigen Nutzpflanzen wurden in über 100 die Bildung von Allergenen. ten gehalten. Die Publikation der Genex- laufs dieses Stoffwechselvorganges kennt mit Pflanzen, die ja Kohlendioxid (CO2) auszugehen, dass es einen großen evo- Publikationen in renommierten Fachzeit- pressionsdaten über neun Jahre (Maghuly man bereits seit etwa 30 Jahren. Was in Biomasse umwandeln. Sie verarbeiten lutionären Druck gegeben haben müsse, schriften der Fachgebiete Pflanzen- und Das an den Obstgehölzen gesammelte et al., 2007) wurde in den Top 10 der „Fa- dann mit dem mittels spezieller Enzyme CO2 in Organellen namens Chloroplas- diesen Methanol-Stoffwechsel effizienter Gartenbau, Biochemie, Biotechnologie Wissen zu Erhaltung und Bestimmung culty of 1000 – Biology“ angeführt. umgewandelten Zucker passiert, war aber ten. Die Hefe wiederum setzt Methanol zu machen. BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 16 17
BOKU GOES FAR WEST W enn es um die Lebensquali- tät geht, liegt Wien weltweit ganz vorne. Eine weitere Stadt taucht in den Rankings aber immer Von Martin H. Gerzabek ebenfalls auf – Vancouver, eine Stadt, eingerahmt vom Pazifik und den Colum- bia Mountains. Es waren aber nicht die prachtvolle Szenerie und der seit einigen Jahren ausgezeichnete Wein vom Oka- nagan Valley, die eine BOKU-Delegation (Astrid Forneck, Margarita Calderon-Pe- Gerzabek, Stampfer, Forneck und Calderon-Peter Dean Prof. Rickey Yada, UBC, Faculty of Land ter, Dietmar Haltrich, Karl Stampfer, am Hafen von Vancouver nach langer Reise and Food Systems Christoph Winckler, Martin Treberspurg und Martin Gerzabek) nach Vancouver und dann weiter nach Sacramento bzw. Davis/USA führten, sondern der Be- such von Spitzenuniversitäten und der Wunsch, die bestehenden individuellen Kooperationen auszuweiten und BOKU- Studierenden den Aufenthalt an der Uni- versity of British Columbia, der Simon Dietmar Haltrich, Forstfakultät der UBC Stampfer und Haltrich im Nachhaltigkeits- Lebensmitteltechnologie Forschungshaus der UBC Das jetzige Department of Food Science and Technology der UC Davis (http://foodscien- ce.ucdavis.edu) geht auf ein Department of Viticulture am Standort Berkeley und ein Department of Dairy Industry am Standort Davis zurück. Dementsprechend ist der Be- reich Milch und Milchtechnologie an der UC Davis stark präsent – die UC Davis ist etwa weltweit führend im Bereich der Analytik und Funktionalität von Milcholigosacchari- den. Dekan Michael McCarthy, mit dem wir Wasseraufbereitung im Nachhaltigkeits- Vortrag von Prof.in Forneck in der Önologie- Forschungshaus der UBC Forschungsgruppe der UBC bei diesem Treffen diskutierten und der sich an Kooperationen sehr interessiert zeigte, erläuterte, dass weitere Schwerpunkte des Departments in den Bereichen Milchtech- nologie, nachhaltige Prozesse in der LM-In- dustrie und LM-Sicherheit (hier soll ein neues Programm im Bereich ‚community food safety’ aufgebaut werden) etabliert sind bzw. werden. Ein zusätzlicher Anknüp- fungspunkt zur BOKU liegt im Bierbrauen – das Department der UC Davis kann auf ein eigenes, 1.000 m2 großes Brauereitechnikum zurückgreifen (die Brauanlagen wurden von Anheuser-Busch gesponsert) und bietet ein spezielles Extension Programme im Bereich Brautechnologie an. im universitätseigenen Museum der UBC Abendausklang in einer Gasthausbrauerei BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 18 19
der Outgoing-Studierenden zu erhöhen. Martin Treberspurg, Christoph Winckler, Am Dienstag stand der Besuch der Si- Astrid Forneck, Konstruktiver Ingenieurbau Nutztierwissenschaften mon Frazer Universität am Programm. Wein- und Obstbau Diese heuer 50 Jahre alt gewordene Uni- In Kanada ist Kreuzlagenholz oder Brettsperr- Exzellente Forschungsmöglichkeiten im versität ist deutlich kleiner als die UBC Weinbauimpulse aus der neuen Welt holz/Cross Laminated Timber (CLT) noch we- Bereich der Milchviehhaltung. UBC: Das (ca. 10.000 Studierende), entwickelt sich Nordamerikas Westküste ist Heimat welt- aber sehr dynamisch und bietet für die weit führender WeinbauforscherInnen und nig bekannt, in Österreich ist es fast schon Animal Welfare Program verfügt mit dem BOKU ebenfalls sehr interessante An- Standard. Treberspurg hat für das Austria UBC Dairy Research and Education Center innovativer Konzepte wie zum Beispiel „Late knüpfungspunkte. Aus der Einführung House bei den Olympischen Winterspielen in Agassiz über einzigartige experimentel- Harvest Hanging“, neuesten Bewässerungs- durch President Andrew Petter wurde 2010 in Whistler – auch das erste zertifizier- le Einrichtungen für Milchkühe, Kälber und techniken und der aktivsten Unterlagsre- klar, dass die SFU bezüglich der Interak- te Passivhaus in Kanada – den Woodworks Jungvieh. Vor wenigen Wochen wurden au- benzüchtung. Universitäten in Kalifornien, Architektur der Simon Fraser Universität Vancouver tion mit der Gesellschaft sehr ähnliche Award 2010 der Holzindustrie in British Co- ßerdem neue Unterbringungsmöglichkei- Zielsetzungen wie die BOKU verfolgt. Oregon, Washington State und British Co- lumbia (BC) in der Kategorie „Wood Innova- ten für Studierende und Gastwissenschaft- In einem sehr produktiven Gespräch lumbia (Kanada) sind hier die ersten Adres- tion Award“ für den erstmaligen Einsatz von lerInnen eröffnet. Geplante gemeinsame mit Dekanin Stefanovic (Faculty of En- sen. Unser Besuch galt der UBC und dessen CLT in BC bekommen. Forschungsaktivitäten, z. B. auch im Rah- vironment) und KollegInnen am Burnaby Wine Research Center. Mit Prof. Simone men gemeinsam betreuter Master-Arbeiten Campus zeigte sich hohe Kooperations- Castellarin, der auf dem Gebiet der Stress- umfassen Untersuchungen zum Ruhe- und bereitschaft und auch die Komplemen- physiologie der Rebe forscht, konnten wir Schlafverhalten von Rindern sowie die An- tarität der Studienangebote von BOKU eine gemeinsame Basis für den Austausch Frazer University bzw. der University of und SFU. wendung der Sozialen Netzwerkanalyse. von Masterstudierenden festlegen. An der California, Davis zu ermöglichen. Gesprä- UCD: Der Schwerpunkt der wissenschaftli- UCD, Department of Viticulture and Enology, che mit VertreterInnen der University of Der Mittwochvormittag wurde für bilate- chen Kooperation liegt derzeit auf Arbeiten konnten gleich drei Forschungsfelder für BO- California, Berkeley, mit der es ein be- rale Gespräche genutzt, der Nachmittag stehendes Kooperationsabkommen gibt, zur Tierschutzrelevanz von Hautverände- KU-Studierende eröffnet werden: Im Bereich zur Weiterreise über Seattle nach Sacra- standen auch auf der Tagesordnung. rungen bei Milchkühen und zum On-farm der Sensorik/Önologie wird Prof. Hildegarde Kulisse von Vancouver Schwimmende Häuser in Vancouver mento und letztlich Davis. Welfare Assessment. Forschungsaufenthal- Heymann heuer einen Master-WÖW-Stu- Nach den Flügen am 13.9. blieb noch et- te in Davis ermöglichen einen Einblick in die dierenden betreuen, die Forschungsfelder Der Donnerstag war wohl der intensivs- was Zeit, um die faszinierende Szenerie (intensive) kalifornische Milcherzeugung te Tag der Reise, er startete mit fachli- Rebenzüchtung (Prof. Dr. M. Andrew Walker) Vancouvers, den intensiven Wasserflug- und die Betreuung durch das international chem Austausch an der UC Davis, u. a. zu und Bodenforschung im Weinbau (Prof. Dr. zeugverkehr und ein riesiges Kreuzfahrt- renommierte Tucker/Mench Lab im Depart- Themen des Weinbaus, der Bodenkunde, David Smart) stehen den BOKU-Studie- schiff zu bestaunen. Am Montag begann ment of Animal Science. Nachhaltigkeit, Lebensmitteltechnologie, renden ebenfalls für Kooperationspartner- ein intensives Besuchsprogramm an der Lebensmittelsicherheit und Bioenergie. schaften offen. Die neue Versuchskellerei am University of British Columbia. Die UBC Eine wichtige Entscheidung wurde am Robert Mondavi Institute of Wine and Food wurde vor 100 Jahren gegründet, hat BOKU bestehen, ebenso am Austausch Vortag unseres Besuches getroffen, näm- Sciences ist die modernste weltweit und bie- knapp 60.000 Studierende, etwas mehr von Masterstudierenden und an Praktika. lich der Beitritt zum OENOVITI-Netzwerk tet für Studierende großartige Möglichkei- als 15.000 Bedienstete, 2,1 Mrd. Kanadi- Die Faculty of Applied Sciences beschäf- der weltweit führenden Universitäten im ten, auch für Praktika. sche Dollar operatives Budget und ca. tigt sich mit zahlreichen „BOKU-Themen“ Weinbau. Dies war, wie auch die Gesprä- 8.300 laufende Forschungsprojekte. Mit (Landschaftsplanung, Environmental En- che mit Prof. Heumann und Prof. Water- der UBC existiert ein unbefristetes Ab- University of California, Davis: das Önologie- Die Weinsammlung der UCD gineering) und zeigte sich hoch interes- mittag die University of California, Ber- Forschungslabor house, den für den Weinbau zuständigen kommen. Wichtigster Besuchsgrund war siert an einem Studierendenaustausch. KollegInnen, sehr positiv. Provost und keley – College of Natural Resources. Mit vor allem, neben den bestehenden wis- Sehr beeindruckt waren wir auch von Executive Vice Chancellor Ralph Hexter der UCB existiert ein Kooperationsab- senschaftlichen Beziehungen die Mög- einem Modell- und Forschungsgebäude zeigte sich sehr interessiert an einem ver- kommen. Besonders interessant war das lichkeiten des Studierendenaustausches mit höchsten Nachhaltigkeitsstandards stärkten Austausch. Beeindruckend die Angebot der UCB mitzuhelfen, ihr sehr zu diskutieren. Die BOKU-Delegation be- und eigener Abwasseraufbereitung mit- nackten Zahlen der UCD: Bei 35.400 Stu- erfolgreiches und weltweit bekanntes suchte die Faculty of Land and Food Sys- tels Pflanzenkläranlage. Das universitäts- dierenden verfügt die Universität über Environmental Leadership Program an tems (Dean Prof. Rickey Yada). Mit dieser eigene anthropologische Museum eröff- ca. 3,4 Mrd. Dollar jährliches Budget, 104 der BOKU als Top-Weiterbildungsange- bestehen intensive Forschungsbezie- nete uns einen Einblick in das Leben der Bachelor-Curricula und 96 weiterführen- bot zu implementieren. Mit dem ersten hungen, insbesondere mit dem Animal „First Nations“ in Canada und vermittelte de Programme und Rang 1 weltweit im Fulbright Professor der BOKU, Slav Her- Welfare Program. Das Viticulture Centre auch einen Eindruck von moderner Mu- Fachgebiet Land- und Forstwirtschaft. manowicz, UCB und seiner Frau klang ist ein weiterer konkreter Anknüpfungs- seumsgestaltung, die dort ein eigenes Die UCD war 1905 als Expositur der UC der Tag für die Delegation dann im Napa punkt (siehe Insert). Die Faculty of Fo- Forschungs- und Lehrthema darstellt. Berkeley gegründet worden. Valley aus. rest Sciences stand als nächste am Pro- Die Treffen mit den FachkollegInnen und gramm. Interessant war es, über das neu Vice President Prof. John Hepburn an der Nach einer Stärkung in einem Super- Konkrete Ansatzpunkte für Kooperati- eingerichtete Masterstudium „Urban Fo- UBC lassen berechtigte Hoffnung auf ei- markt in Davis mit ausschließlich aus onsmöglichkeiten sind aus den Kurzbe- Ganz links Prof. Slav W. Hermanowicz als Gast- restry“ zu erfahren – hier würde Interesse geber an der UCB; Prof. Hermanowicz war erster nen intensiveren Austausch zu, zumal es biologischer Landwirtschaft stammen- richten der DelegationsteilnehmerInnen für ein Double-Degree-Programm mit der Besuch an der University of California, Berkeley Fulbright Distinguished Professor an der BOKU. auch an der UBC Strategie ist, die Zahl den Produkten besuchten wir am Nach- zu entnehmen. BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 . 20 21
D IE N ACH H A LT I G E B O KU Danube:Future „White Paper on DAS BOKU CO2-KOMPENSATIONSSYSTEM Integrated Sustainable Development „Durch das BOKU CO2-Kompensationssystem bekommt jede/r die Möglichkeit, seine unvermeidbaren CO2-Emissionen zu kompensieren und so ein Statement für den Klimaschutz zu setzen. Das BOKU Kom- of the Danube River Basin“ Von Gertrud Haidvogl und Verena Winiwarter D pensationssystem unterstützt mit den Kompensationsgeldern innovative BOKU-Klimaschutzprojekte in er Donauraum ist einer der zen- Aleksandra Terzic Entwicklungsländern. Welche Projekte gibt es aktuell und welche Vorteile hat ein BOKU-eigenes Kompen- tralen Entwicklungsräume Euro- sationssystem? Von Dominik Schmitz und Julian Wudy pas, der auf ein vielfältiges Poten- zial aufbauen kann, gleichzeitig aber auch J eder Einzelne, jede Firma und Or- WARUM EIN EIGENES mit großen Herausforderungen konfron- Yonas Worku ganisation kann durch die Reduzie- BOKU-KOMPENSATIONSSYSTEM? tiert ist. Ein im Juli 2015 von der Netzwer- rung seiner/ihrer CO2-Emissionen Gerade das COPE-Projekt zeigt, dass das kinitiative Danube:Future veröffentlichtes einen wichtigen Beitrag zum Klima- BOKU-Kompensationssystem mehr bietet White Paper stellt den Beitrag interdiszip- schutz leisten. Die BOKU fördert über als Treibhausgasemissionen kosteneffizi- linärer Forschung und Ausbildung für eine ein CO2-Kompensationssystem eigene ent zu kompensieren. Die BOKU-Klima- nachhaltige Entwicklung des Donauraums innovative BOKU-Klimaschutzprojekte in schutzprojekte sollen nicht nur effektiven in den Mittelpunkt. Das White Paper wur- Entwicklungsländern. Klimaschutz, sondern auch einen nachhal- de von einer interdisziplinären Gruppe von tigen Wandel vor Ort erzielen. Die Fokus- Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- WARUM CO2-EMISSIONEN sierung auf Projekte in wenig entwickelten lern aus dem Donauraum gemeinsam Abb. 1: Eine interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Do- KOMPENSIEREN? Ländern garantiert nicht nur einen Wis- erarbeitet (Abb. 1). Es berücksichtigt die nauraum hat das White Paper während eines Workshops in Klagenfurt im April 2015 diskutiert. Rund 9,8 Tonnen an CO2-Äquivalenten senstransfer, sondern die Projekte können Herausforderungen und Chancen des Do- emittiert jeder Österreicher/jede Öster- auch Impulse in anderen Bereichen – wie nauraums und betont die Integration einer reicherin pro Jahr. Damit liegt Österreich beispielsweise Wasser- und Bodenschutz Langzeitperspektive für eine nachhaltige bei seinen Pro-Kopf-Emissionen über oder Gendergerechtigkeit – setzen. Diese Zukunft (Abb. 2). Diese kann zeigen, wel- dem europäischen Durchschnitt. Wollen vielfältige Zielverfolgung ist möglich, da che Prozesse der Interaktion und Koevo- wir das Zwei-Grad-Ziel erreichen, müssen auf bestehende Partnerschaften und For- lution die Gesellschaften an der Donau wir durch eine Änderung unserer Lebens- schungsaktivitäten aufgebaut wird und und deren Umwelt in der Vergangenheit gewohnheiten unsere CO2-Emissionen mehr Zeit für die Umsetzung und Beglei- geprägt haben, wie die Entwicklung bis drastisch reduzieren. Doch nicht jede tung des Projektes eingeräumt wird. Durch zur Gegenwart verlief und welche Hand- CO2-Emission lässt sich vermeiden, daher die Einbindung verschiedener BOKU-In- lungsräume künftig zur Verfügung stehen. kann man an der BOKU seit 2012 seine stitute ist ein hoher Qualitätsstandard ga- CO2-Emissionen durch eine Spende von rantiert, und gleichzeitig wird Nachwuchs- Der Weg zur Nachhaltigkeit erfordert inter- 25 Euro je Tonne CO2 kompensieren. Das forscherInnen die Chance gegeben, sich disziplinäre Forschung in einem wesentlich CO2-Kompensationssystem wird nicht nur mit konkreten Klimaschutzprojekten zu stärkeren Ausmaß, als das derzeit der Fall von BOKU-Departments, Studierenden wurden zuvor in einem umfangreichen beschäftigen. Das BOKU CO2-Kompensa- ist. Das White Paper hebt entsprechend und Angestellten genutzt, sondern vor al- partizipativen Prozess mit der lokalen tionssystem bietet mit seinen Einnahmen den Hauptzielen von Danube:Future vor lem auch von öffentlichen Einrichtungen Bevölkerung diskutiert und festgelegt. damit ein wichtiges Werkzeug, um inno- allem die Einbindung der Geisteswissen- und Unternehmen in Anspruch genom- So haben sich die 260 beteiligten Haus- vative Forschungsideen im Klimaschutz- schaften hervor. Die Autorinnen und Auto- men. So konnten bereits 127.000 Euro halte aus zwei Dörfern auch auf spezielle bereich zur Umsetzung zu bringen und ren des White Papers sehen die Integrati- gesammelt werden, die aktuell zu 100 Regelungen für die spätere Nutzung der BOKU-Forschungsergebnisse sichtbar zu on des reichen Natur- und Kulturerbes in Abb. 2: Herausforderungen und Chancen im Donauraum Prozent in das äthiopische BOKU-Auffor- als gemeinsame Ressource charakterisier- machen. Durch die positive Einnahmen- Zukunftspläne sowie einen vorsorglichen © Verena Winiwarter & Gertrud Haidvogl, nach Fischer-Kowalski et al. 1995 stungsprojekt COPE fließen. ten Aufforstungsfläche geeinigt. Strenge situation sollen demnächst drei weitere Umgang mit den vielen kulturellen und Nutzungs- und Zutrittsrechte, die Ernen- BOKU-Klimaschutzprojekte in Nepal, Cos- ökologischen Altlasten als den erfolgver- Empfehlungen an die Politik auf nationaler Wissensgesellschaft. Die BOKU ist neben WAS TUT SICH? nung von Wächtern sowie klare Verein- ta Rica und Äthiopien starten. sprechendsten Weg zu einer nachhaltigen und europäischer Ebene. Letztere umfas- der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Dank der Einnahmen konnten im COPE- barungen, wie mit den Einnahmen umge- Entwicklung des Donauraums. Inter- und sen entsprechende Studienpläne, bessere und den Universitäten Triest und Novi Sad Projekt im Juli 2015 10.000 Baumsetzlin- gangen wird, garantieren, dass die lokale Mehr Infos dazu auf der Website des Zen- transdisziplinäre Ansätze in Verbindung Vernetzung der unterschiedlichen Kultu- eine der vier Kernpartnerinnen, die das ge gepflanzt werden. Die Bäume wurden Gemeinschaft langfristig vom Projekt pro- trums für globalen Wandel und Nachhal- mit einer Langzeitperspektive führen ren oder inter- und transdisziplinäre Erfor- Projekt betreiben. auf einer Fläche von 30 Hektar gepflanzt fitiert. Das BOKU Centre for Development tigkeit http://www.boku.ac.at/nachhaltig- zu einem besseren Verständnis der Ge- schung von Biodiversität, Naturschutzge- und sollen über die nächsten 30 Jahre Research und das Waldökologie-Institut keit/ oder bei den Autoren (gWN). genwart – und damit zu einer besseren bieten oder Ökosystemleistungen. Download: www.danubefuture.eu/sites/ mindestens 5.200 Tonnen CO2 speichern. begleiten das Projekt durch intensive For- Planung der Zukunft. Das White Paper default/files/DanubeFuture_ Literatur: (Artikel COPE) Das Klimaschutzprojekt, die Auswahl der schung und überwachen die tatsächlich Habermann, B et al. (2015). Community- formuliert Kernthemen und Prinzipien Danube:Future ist ein Flagship-Projekt WhitePaper.pdf Aufforstungsflächen und die Baumarten erzielte CO2-Speicherung. based carbon offsetting für Wissenschaft und Ausbildung sowie des EUSDR-Schwerpunktbereichs 7 – Webpage: www.danubefuture.eu BOKU Magazin 4 2015 BOKU Magazin 4 2015 22 23
Sie können auch lesen