BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION

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BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
BOKU
DAS MAGAZIN DER UNIVERSITÄT DES LEBENS
                                                Nr. 4 | Dezember 2015
                                                        ISSN: 2224-7416

 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN

IM PORTRÄT:          KOOPERATION:             ÖSTERREICHERIN
WALDBAUER               BOKU-                    DES JAHRES:
RUPERT SEIDL       UMWELTBUNDESAMT       MARION HUBER-HUMER
BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
INHALT                                                                                                                                       EDITORIAL

                                                      Fotos: Yonas Worku, Thinkstock, Haroun Moalla, Martin Gerzabek, Peter Hietz, Reuters

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Robert Newald
3   Rektor Gerzabek: Leistungsvereinba-
    rung 2016–2018

4   Waldbauer Rupert Seidl im Porträt

9   Die Praxis leben: Lehrforst der BOKU
                                                                                                                                             u PERSPEKTI VEN                                                                                     MARTIN H. GERZABEK
                                                                                                                                                                                                                                                                          Rektor
10 Gefahren für den Wald

12 Der Waldwachstumsforscher Hubert
    Sterba blickt zurück
                                                                                                                                             Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde der BOKU!
14 Ein Tag mit dem Forstwirt und
    Departmentleiter Karl Stampfer

                                            4    9
                                                                                                                                             D
16 25 Jahre Pflanzenbiotechnologie                                                                                                                  as Jahr 2015 war ein wichtiges Jahr für die BOKU. Mit                        Die Novelle des Universitätsgesetzes stößt einige neue Ent-
                                                                                                                                                    der Akkordierung der Leistungsvereinbarung 2016–                             wicklungen im Bereich der Professuren an, die die BOKU in
17 Biotechnologie: Wie sich Hefe von                                                                                                                2018 wurden wesentliche Weichen gestellt. Aufgrund                           den nächsten Jahren aufgreifen wird. Gleichzeitig wird mit der
    Methanol ernährt                                                                                                                         der budgetären Rahmenbedingungen im Universitätsbereich                             Entwicklung eines Karrieremodells für Drittmittelwissenschaft-
                                                                                                                                             insgesamt waren die Verhandlungen alles andere als einfach.                         lerInnen eine weitere Steigerung der Attraktivität der BOKU als
18 BOKU-Delegation in Kanada                                                                                                                 Trotzdem ist es durch intensive Bemühungen auf beiden Seiten                        Arbeitgeberin angestrebt.
    und den USA                                                                                                                              gelungen, mit dem BMWFW ein Ergebnis zu erzielen, welches
                                                                                                                                             eine zukunftsorientierte und strategisch ausgerichtete Weiter-                      Ebenfalls von enormer Bedeutung war der Abschluss des Bau-
22 Nachhaltigkeit: CO2-Kompensations-                                                                                                        führung der BOKU in den Kernaufgaben Forschung und Lehre                            kapitels der Leistungsvereinbarung. Dabei wurde ein gemein-
    system                                                                                                                                   sowie in der Interaktion mit Wirtschaft und Gesellschaft erlaubt.                   sames Verständnis über den prinzipiellen Infrastrukturbedarf
                                                                                                                                                                                                                                 der sich dynamisch entwickelnden BOKU festgehalten. Darü-
23 Danube:Future                                                                                                                             Das wichtigste Ziel, nämlich die Berufungspolitik und die For-                      ber hinaus konnte der Beitrag des BMWFW zum Wasserbau-
                                            16   18                                                                                          schungsschwerpunkte der BOKU für die kommenden Jahre zu                             labor abgesichert werden. Die Realisierungschancen für ein
24 Österreicherin des Jahres:                                                                                                                sichern, konnte erreicht werden. Darüber hinaus wird die BOKU                       Forschungszentrum mit internationaler Strahlkraft sind damit
    Marion Huber-Humer                                                                                                                       in begrenztem Ausmaß auch Akzente setzen können, die sie                            deutlich gestiegen.
                                                                                                                                             als Forschungs- und Lehreinrichtung noch attraktiver machen
26 Ethik-Charta für die BOKU                                                                                                                 wird. Ein ganz wichtiger Punkt ist die maßvolle Investition in                      Mit diesen und weiteren Vorhaben wird es möglich sein, die po-
                                                                                                                                             eine strukturierte Doktoratsausbildung an der BOKU durch                            sitive Entwicklung der BOKU weiterzuführen.
28 Flüchtlinge: Universitäten helfen                                                                                                         Gründung von Doktoratskollegs. Dabei können wir von den be-
                                                                                                                                             stehenden, sehr erfolgreichen Kollegs lernen und jene Elemen-                       Herzlich bedanke ich mich an dieser Stelle bei allen Departments
30 Der BOKU Ball von A–Z                                                                                                                     te, die auch budgetär umsetzbar sind und qualitätssteigernd                         und Servicestellen, dem Senat und dem Universitätsrat sowie
                                                                                                                                             wirken, umsetzen.                                                                   dem gesamten Rektorat, die die Vorbereitung der Leistungsver-
31 Splitter                                                                                                                                                                                                                      einbarung wesentlich mitgestaltet und unterstützt haben!
                                                                                                                                             In der Lehre wird es in den kommenden Jahren vor allem um

                                            22   24
34 Kooperation BOKU–Umweltbundesamt                                                                                                          die Qualitätsverbesserung und Konsolidierung gehen. Die Wei-                        Allen BOKU-Angehörigen und -FreundInnen wünsche ich an
                                                                                                                                             terbildung soll mit der BOKU-Weiterbildungsakademie stärker                         dieser Stelle im Namen des ganzen Rektorates frohe Festtage
41 Menschen an der BOKU                                                                                                                      sichtbar positioniert werden. Ein Prozess zur Erarbeitung einer                     und viele gemeinsame Erfolge im kommenden Jahr!          
                                                                                                                                             langfristigen Strategie zur Entwicklung der Studierendenzah-
42 Forschung FAQ                                                                                                                             len der BOKU wird mit dem BMWFW gemeinsam durchgeführt
                                                                                                                                             werden.
43 intercultural snapshots @ boku

44 Technologietransfer: Reise nach Israel                                                                                                    IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien. Chefredaktion: Michaela Klement,
                                                                                                                                             Redaktion: Hermine Roth, Ingeborg Sperl AutorInnen: Martin Gerzabek, Gertrud Haidvogl, Hubert Hasenauer, Peter Hietz, Lisa Jöchlinger, Svenja Kleinschmidt, Bernhard
                                                                                                                                             Koch, Margit Laimer, Friedrich Leisch, Horst Mayr, Eva Ploss, Hermine Roth, Georg Sachs, Dominik Schmitz, Susanne Schneider-Voss, Ingerborg Sperl, Rosemarie Stangl,
45 Ein neuer Regenwald!                                                                                                                      Verena Winiwarter, Julian Wudy, Lektorat: Susanne Hartmann Grafik: Patricio Handl Coverfoto: Thinkstock / Alberto Masnovo Druck: Druckerei Berger Auflage: 7.000

                                            28
                                                                                                                                             Erscheinungsweise: 4-mal jährlich • Blattlinie: Das BOKU Magazin versteht sich als Informationsmedium für Angehörige, AbsolventInnen, Freundinnen und Freunde der

46 Wir bauen um!                                 45                                                                                          Universität für Bodenkultur Wien und soll die interne und externe Kommunikation fördern. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des
                                                                                                                                             Autors wieder und müssen mit der Auffassung der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten.
                                                                                                                                             Beiträge senden Sie bitte an michaela.klement@boku.ac.at

                                                                                                                                                      BOKU Magazin 4 2015
                                                                                                                                                                                                                                                                                                               3
BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
I
                                                                                                                                                                                                                                     n der Forstwirtschaft wird in großen
                                                                                                                                                                                                                                     Zeiträumen gedacht. Wer Wälder
                                                                                                                                                                                                                                     aufforstet, pflegt oder abholzt, arbei-
                                                                                                                                                                                                                               tet in Zyklen, die meist über ein einzelnes
                                                                                                                                                                                                                               Menschenleben hinausgehen. Ein solcher
                                                                                                                                                                                                                               Horizont im Denken und Handeln wirft
                                                                                                                                                                                                                               eine Frage auf, die Rupert Seidl, Assozi-
                                                                                                                                                                                                                               ierter Professor am Institut für Waldbau
                                                                                                                                                                                                                               der BOKU, schon seit langer Zeit faszi-
                                                                                                                                                                                                                               niert: Auf welcher Grundlage ist es mög-
                                                                                                                                                                                                                               lich, Entscheidungen zu treffen, die für die

 EIN WALD VOLL ZAHLEN
                                                                                                                                                                                                                               nächsten 100 Jahre Wirkung haben? „Das
                                                                                                                                                                                                                               herkömmliche Paradigma der Forstwirt-
                                                                                                                                                                                                                               schaft hatte damit kaum Probleme“, er-
 Rupert Seidl bildet die Komplexität von Waldökosystemen in quantitativen Modellen ab.                                                                                                                                         klärt Seidl. „Man ging davon aus, dass ein
                                                                                                                                                                                                                               Standort und seine klimatischen Verhält-
 Besonders interessiert ihn dabei, wie der Klimawandel in das Gefüge eines Waldes eingreift.
                                                                                                                                                                                                                               nisse auch über lange Zeiträume als stabil
                                                                                                                                                                                                                               betrachtet werden können. Diese Annah-
                                                                                                                                                                                                                               me ist aufgrund unseres Wissens über
 Von Georg Sachs                                                                                                                                                                                                               den Klimawandel nicht mehr haltbar.“ In
                                                                                                                                                                                                                               seiner Arbeit versucht Seidl, der langfris-
                                                                                                                                                                                                                               tigen Bewirtschaftungsperspektive der
                                                                                                                                                                                                                               Forstwirtschaft eine solide, quantitative
                                                                                                                                                                                                                               Grundlage zu geben. Er baut an Modellen,
                                                                                                                                                                                                                               die die Komplexität des Systems Wald
                                                                                                                                                                                                                               abbilden können und auch unter sich än-
                                                                                                                                                                                                                               dernden Rahmenbedingungen eine lang-
                                                                                                                                                                                                                               fristige Prognose ermöglichen sollen.

                                                                                                                                                                                                                               Die Nähe zum Wald wurde Seidl gleich-
                                                                                                                                                                                                                               sam in die Wiege gelegt. Schon sein Va-
                                                                                                                                                                                                                               ter arbeitete als Förster, bald hegte auch
                                                                                                                                                                                                                               Seidl selbst diesen Berufswunsch und
                                                                                                                                                                                                                               besuchte die fünfjährige Försterschu-
                                                                                                                                                                                                                               le in Bruck an der Mur. „Die Ausrichtung
                                                                                                                                                                                                                               auf die Praxis, die ich dort gelernt habe,
                                                                                                                                                                                                                               nützt mir noch heute oft“, erzählt Seidl.
                                                                                                                                                                                                                               Zunächst hatte er gar nicht geplant, die

140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN
Die Entwicklung sogenannter                                     DIE MEISTER-        DAS K. K. PROVISORISCHE              DIE FORSTLEHRANSTALT MARIABRUNN                                                                                                DIE FORSTAKADEMIE
„forstlicher Meisterschulen“, in denen                          SCHULE IN           FORSTINSTITUT 1807–1813                                                          Im Mai 1813 Gründung der ersten                                                    MARIABRUNN
die Grund- und Hilfswissenschaften                              PURKERSDORF         Die Meisterschule wird 1807 zu                                                   öffentlichen Forstlehranstalt Öster-                                               Die Hochschule für
in theoretischem und praktischem                                BEI WIEN            einem provisorischen Forstinsti-                                                 reichs. 1864 gelingt es Rudolf Ritter                                              Bodenkultur wird 1872
Unterricht vermittelt wurden.                                   1805–1807           tut erhoben und Johann Anton                                                     von Feistmantel, mit dem Lehrkörper                                                gegründet, vorerst
                                                                Auf Veran-          Schmitt zum ersten Professor                                                     Beratungen über die Gründung einer                                                 allerdings nur mit
                                                                lassung des         der Forstwissenschaft ernannt.                                                   Forstakademie zu führen. Ein ent-                                                  einer landwirtschaft-
                                                                Oberstjäger-        Danach Umwandlung der Privat-                                                    sprechendes Statut wird ausgearbei-     lichen Sektion – die Akademie Mariabrunn soll zu gegebener
                                                                meisters Franz      schule in ein öffentliches Forst-                                                tet, das Kaiser Franz Josef I. am       Zeit als forstliche Sektion der Hochschule angegliedert werden.
                                         Graf zu Hardegg-Glatz wird eine forstli-   lehrinstitut mit eigenem Lehrplan,                                               7. November 1866 genehmigt.             Der Kaiser genehmigt die Auflösung der Forstakademie, und so
                                         che Meisterschule errichtet.               der von Kaiser Franz I. am                                                                                               schließt mit 30. September 1875 die älteste staatliche Forstschule
                                                                                    19. Juli 1812 sanktioniert wird.     Gemeinsamer Plan der Professoren Schmitt und Höß, 1827                              Österreichs für immer ihre Pforten.

                                                                                          BOKU Magazin 4 2015                     BOKU Magazin 4 2015
4                                                                                                                                                                                                                                                                             5
BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
Ausbildung mit einem Studium fortzuset-            zen (wie Photosynthese oder Atmung) im
Rupert Seidl

                                                                                                                                                                                                 zen. Doch als die Neugier einmal geweckt           Maßstab ganzer Habitate zu betrachten
                                                                                                                                                                                                 war, verlockte sie zu einer vertieften Aus-        und in Modellen zu erfassen. Biogeoche-
                                                                                                                                                                                                 einandersetzung mit dem Thema Wald.                mische Zusammenhänge fließen darin
                                                                                                                                                                                                 „Im Laufe der Ausbildung wurde mir klar:           ebenso ein wie populationsökologische
                                                                                                                                                                                                 Da muss es noch mehr geben. Das Stu-               Mechanismen. Die auf diese Weise aufge-
                                                                                                                                                                                                 dium der Forstwirtschaft an der BOKU               bauten Modelle sind Grundlage von Com-
                                                                                                                                                                                                 war daher der logische nächste Schritt“,           putersimulationen, in denen verschiedene
                                                                                                                                                                                                 so Seidl. Dabei gelang ihm etwas, was vor          Szenarien durchgespielt werden können.
                                                                                                                                                                                                 ihm noch niemand geschafft hatte: Als              „Beispielswiese kann damit simuliert wer-
                                                                                                                                                                                                 erster Student der Universität für Boden-          den, wie sich eine Erhöhung der Tempe-
                                                                                                                                                                                                 kultur absolvierte er das gesamte Studi-           raturen um 2 oder um 4 Grad Celsius auf
                                                                                                                                                                                                 um mit Bestnoten und promovierte 2008              das Ökosystem Wald auswirken würde“,
                                                                                                                                                                                                 „sub auspiciis praesidentis rei publica“.          so Seidl.
                                                                                                                                                                                                 „Im Vordergrund stand bei mir immer das
                                                                                                                                                                                                 Interesse an der Sache und nie die Noten“,         Dem Modellieren am Computer steht da-
                                                                                                                                                                                                 sagt er heute dazu, „aber ich bin extrem           bei aber auch stets die Verifizierung an-
                                                                                                                                                                                                 schlecht im Auswendiglernen, ich muss              hand realen Datenmaterials gegenüber.
                                                                                                                                                                                                 den Dingen auf den Grund gehen, um sie             „Wir können dafür Daten der Österreichi-
                                                                                                                                                                                                 zu verstehen.“                                     schen Waldinventur heranziehen, die vom
                                                                                                                                                                                                                                                    Bundesforschungszentrum für Wald er-
                                                                                                                                                                                                 KOMPLEXITÄT,                                       hoben werden, aber auch Daten von Kol-
                                                                                                                                                                                                 MATHEMATISCH GEFASST                               legen, die zum Beispiel Kohlenstoffflüsse
                                                                                                                                                                                                 Im Zuge seiner Diplomarbeit schnupperte            an realen Waldsystemen messen“, erklärt
                                                                                                                                                                                                 Seidl erstmals die Luft der akademischen           Seidl. Ein Modellieren ohne eine solche
                                                                                                                                                                                                 Forschung. Am Institut für Waldbau hat-            Anbindung an reale Systeme wäre nicht
                                                                                                                                                                                                 te man damals begonnen, den Effekt,                denkbar.
                                                                                                                                                                                                 den klimatische Veränderungen auf das
                                                                                                                                                                                                 Ökosystem Wald haben, mathematisch zu              Seidl fing Feuer für diese Art der wissen-
                                                                                                                                                                                                 beschreiben. Eine solche Vorgehensweise            schaftlichen Arbeit, schloss an seine Dip-
                                                                                                                                                                                                 traf sich gut mit Seidls Interessen: „Ich bin      lomarbeit noch eine Dissertation an und
                                                                                                                                                                                                 ein quantitativ orientierter Mensch. Mich          absolvierte anschließend Postdoc-Auf-
                                                                                                                                                                                                 hat es schon in der Schule interessiert, Zu-       enthalte in Oregon im Westen der USA
                                                                                                                                                                                                 sammenhänge in Zahlen auszudrücken.“               sowie in Schweden – beides Gegenden,
                                                                                                                                                                                                 Die Modelle, die dabei verwendet werden,           die ein besonderes Verhältnis zum Wald
                                                                                                                                                                                                 sind nicht statistischer Natur – schließen         haben. „Das war eine wichtige und span-
                                                                                                                                                                                                 also nicht aus Daten der Vergangenheit             nende Zeit für mich“, erzählt der Forscher,
                                                                                                                                                                                                 auf die weitere Entwicklung in der Zu-             der damit auch den internationalen For-
                   Die Häufigkeit von Störungen wie Windwurf oder Borkenkäferbefall nimmt durch klimatische Veränderungen zu.                                                                    kunft. Vielmehr versucht man, die grund-           schungsbetrieb kennenlernte. Seit 2012
                                                                                                                                                                                                 legenden Stoffwechselprozesse der Pflan-           ist Seidl wieder an der BOKU und hat sich

               DIE K. K. HOCHSCHULE FÜR BODENKULTUR IN WIEN                                                                                                                                                 Adolf von Guttenberg-Haus
                                                                                                                                                                                                                                                    Seit dem Studien-
                                                                                                                                                                                                            Der Forstwirt Prof. Julius Marchet,     jahr 1919/20 dürfen
                                         Im Oktober 1875 nimmt die                                           Im ersten Studienjahr sind an der forstlichen Sek-    Rudolf Jugoviz , Direktor
                                                                                                                                                                                                            der für die Studienjahre 1908/09        Frauen als ordentliche
                                         forstliche Sektion der Hoch-                                        tion 68 Hörer – davon 50 ordentliche – inskribiert.   der Höheren Forstlehran-
                                                                                                                                                                                                            und 1909/10 zum Rektor gewählt          Hörerinnen studieren.
                                         schule für Bodenkultur in ei-                                       29 Hörer wurden von Mariabrunn übernommen.            stalt in Bruck/Mur, erlangt
                                                                                                                                                                                                            wird, trägt 1909 bei seiner Inaugu-     Die erste weibliche
                                         nem Mietshaus in der heutigen                                       Der 1894 bewilligte und im Sommer 1896 beendete       als erster Forstwirt am
                                                                                                                                                                                                            ration als Erster die noch heute ver-   Forststudentin, die ihr
                                         Skodagasse ihre Tätigkeit auf.                                      Bau des heutigen Gregor-Mendel-Hauses kann das        18. Mai 1907 den Titel Dok-
                                                                                                                                                                                                            wendete goldene Rektorskette.           Studium abschließt,
                                         Erster Dekan der forstlichen                                        auftretende Raumproblem vorübergehend lösen.          tor der Bodenkultur.
                                                                                                                                                                                                            1912 wird ein Neubau, das heutige       ist Frau Helwig Schüt-
                                         Sektion ist Prof. Wilhelm Franz                                                                                           Er verfasst seine Disserta-
                                                                                                                                                                                                            Adolf von Guttenberg-Haus, mit          te (verehelichte Habs-
                                         Exner. Die Hochschule für                                           Am 3. Juli 1906 wird eine Rigorosenordnung er-        tion aus dem Gebiet der
                                                                                                                                                                                                            seinem für 260 Hörer eingerichte-       burg) – Abschluss am
                                         Bodenkultur untersteht dem                                          lassen und der Hochschule für Bodenkultur damit       forstlichen Produktions-
                                                                                                                                                                                                            ten Großen Hörsaal bezogen.             6. November 1936.
                                         Ackerbauministerium.                                                das Recht zur Verleihung des Titels „Doktor der       lehre bei Prof. Cieslar.
               Wilhelm Franz Exner                                                                           Bodenkultur“ zuerkannt.                                                                        Adolf von Guttenberg                                              Helwig Schütte

                                                                                                                                   BOKU Magazin 4 2015                     BOKU Magazin 4 2015
               6                                                                                                                                                                                                                                                                               7
BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
DER LEHRFORST DER BOKU
2014 hier habilitiert. Dass er eine solche     Betrachtungen wie diese wichtig: „Es ist
wissenschaftliche Laufbahn einschlug,          nicht nur alles schwarz oder weiß. Der
war zwar zunächst gar nicht geplant, hat       Wald erfüllt zahlreiche Funktionen für den
sich für Seidl aber als goldrichtige Ent-      Menschen: Holzlieferant, Klimafaktor, Er-                                                                                                                                                                            Von Hubert Hasenauer

                                                                                                                                               D
scheidung erwiesen: „Ich hab’ einfach ge-      holungsraum, Habitat für verschiedenste                                                                 er Lehrforst der Universität für Bo-                                                     und deren Auswirkungen auf das Klima.
merkt, wie sehr mir das Spaß macht. Man        Arten – man muss ihn in seiner ganzen                                                                   denkultur Wien umfasst 950 ha,                                                           Ebenso findet sich eine neu eingerichtete
hat die Freiheit, sich zu entscheiden, mit     Vielfalt erhalten.“                                                                                     gehört der Republik Österreich und                                                       Intensivbeobachtungsfläche, auf der mi-
welchen Themen man sich beschäftigt.“                                                                                                          wird derzeit von den Österreichischen Bun-                                                       krobielle Bodenaktivitäten sowie die Stoff-
                                               Nichtsdestotrotz ist Seidl der Ansicht, dass                                                    desforsten (ÖBf AG) als Teil der Försterbe-                                                      flüsse in einem Buchenbestand in Abhän-
ZWEI SEITEN DERSELBEN MEDAILLE                 die Nutzung des Waldes noch viel unge-                                                          zirke Ternitz, Revierteil Ofenbach, und des                                                      gigkeit von den klimatischen Bedingungen
Ein Thema, dem er sich in den vergan-          nutztes Potenzial birgt, um der stetigen Er-                                                    Forstbetriebes Wienerwald bewirtschaftet.                                                        untersucht werden. Weiters gibt es eine
genen Jahren verstärkt zugewandt hat,          höhung des CO2-Gehalts der Atmosphäre          RUPERT SEIDL                                                                                                                                      Erdbeben- und Pollenmessstelle, und der
sind abrupt auftretende Störungen des          entgegenzuwirken. „In Österreich wächst        Rupert Seidl ist Assoziierter Professor am       Der „Ofenbacher Forst“ (im Volksmund                                                             Lehrforst ist auch als einer der Standorte
                                                                                              Institut für Waldbau, Department für Wald-
Systems Wald wie Windwurf, Borkenkäfer         derzeit mehr Wald nach, als wir nutzen“,                                                        noch immer „Kaiserwald“ genannt), wur-                                                           im weltweiten ökologischen Langzeitver-
                                                                                              und Bodenwissenschaften der Universität
oder Waldbrand. „Die Häufigkeit solcher        sagt der Wissenschaftler. Doch nicht nur       für Bodenkultur Wien.                            de von Kaiserin Maria Theresia 1755 in das                                                       bund (LTER) etabliert.
Ereignisse nimmt durch den Klimawan-           die Waldbestände selbst stehen als Koh-                                                         Staatseigentum übertragen. Bis 1972 war
del zu – das führt aber auch dazu, dass        lenstoffspeicher zur Verfügung. Wird Holz      WERDEGANG                                        er in zwei Försterdienstbezirke – Ofen-                                                          LEHRE IM LEHRFORST
sich der Wald schneller an die veränder-       geschlägert und etwa im Bauwesen ver-          2015 Assoziierter Professor, Institut            bach und Heuberg – unterteilt; die BOKU                                                          Eine besondere Aufgabe des Lehrforstes
                                                                                                                                                                                                Dr. Josef Gasch, Leiter des Lehrforstzentrums
ten Verhältnisse anpassen kann“, erklärt       wendet, bleibt das Element für die gesam-            für Waldbau, Universität für               hat seit dem Jahre 1972 ein Nutzungsab-          und Waldbaustudierenden bei einer Exkursion     ist es, das Üben von theoretischem Wis-
Seidl. Denn die Wechselwirkung zwi-            te Nutzungsdauer des entsprechenden                  Bodenkultur Wien                           kommen mit den Bundesforsten. Im Lehr-                                                           sen im Gelände zu ermöglichen. Da sich
                                                                                              2015 Gastwissenschaftler, University of          forstzentrum, das Teil des Departments           Lehrforst ermöglicht diese integrative          ein Großteil unserer forstlichen Fächer mit
schen Wald und Klima ist ein komplexes         Bauteils gespeichert und wird nicht als CO2
                                                                                                    Wisconsin, Madison, USA
Geschehen: Das Klima beeinflusst den           an die Atmosphäre abgegeben. „Wenn                                                              für Wald- und Bodenwissenschaften                Forschung und Ausbildung. Auch wenn             der Anwendung von Wissen auf konkrete
                                                                                              2014 Habilitation für das Fach
Wald, umgekehrt nimmt dieser aufgrund          man mehr auf Holzbau als Ersatz für Ge-              Waldökosystemmanagement,                   (WABO) ist, gibt es einen Seminarraum,           derzeit Großflächenversuche nicht mög-          Fragen im Wald beschäftigt, braucht es
seiner Möglichkeiten, Kohlenstoff aus der      bäude aus Beton setzen würde, hätte das              Universität für Bodenkultur Wien           Labors und Unterkünfte für etwa 50–60            lich sind, da daraus resultierende Ein-         hier viel Übung im Gelände. Der Lehrforst
Atmosphäre zu assimilieren, aber auch          in jedem Fall einen für das Klima relevan-     2013 Assistenzprofessor, Institut für            Personen. Die natürlichen Waldgesell-            kommensverluste finanziell ausgeglichen         ist dafür besonders geeignet, weil hier
auf das Klima Einfluss. Erhöht sich durch      ten Effekt“, so Seidl. Dennoch wäre es zu            Waldbau, Universität für Boden-            schaften, die sich aus den Boden- und            werden müssten, ist der Lehrforst ideal,        aufgrund seiner Lage fast alle wichtigen
klimatische Veränderungen die Zahl der         kurz gegriffen, hierin ein Allheilmittel zu          kultur Wien                                Klimabedingungen ergeben, sind Bu-               um die forstbetriebliche Planung und            Waldgesellschaften zu finden sind. Durch
Störereignisse, so sinkt die Aufnahmeka-       sehen: „Wir können nicht so weitermachen       2012 Senior Scientist, Institut für 		           chenwaldgesellschaften. In den höheren           Bewirtschaftung zu üben. Für Waldwis-           die leichte Erreichbarkeit, die verfügbaren
                                                                                                    Waldbau, Universität für Boden-
pazität des Waldes für Kohlenstoff, und        wie bisher und dafür alle Hoffnungen auf                                                        Lagen und an den kühleren Nordhängen             senschaftlerInnen ist der Wald das Labor,       Unterkünfte und die hervorragende Be-
                                                                                                    kultur Wien
der CO2-Gehalt der Atmosphäre steigt           den Wald setzen. Der Wald allein wird das                                                       finden sich Fichten-Tannen-Buchenwälder.         um Wissen über die Zusammenhänge im             treuung unter der Leitung von Dr. Gasch ist
                                                                                              2011  Gastwissenschaftler an der
weiter an. Doch das ist nur die eine Sei-      Klimaproblem nicht lösen.“                           Sveriges Lantbruksuniversitet              Im Bereich der Grabeneinhänge wachsen            Wald zu verstehen, aber auch, um unsere         der Lehrforst eine der wichtigsten Einrich-
te der Medaille. „Durch Borkenkäfer oder                                                            (SLU), Alnarp, Schweden                    Bergahorn-Eschen-Wälder und in den Tal-          Studierenden auf die zukünftigen Auf-           tungen unserer forstlichen Ausbildung an
Windwurf entstehen Öffnungen im Wald,          Einem Umstand hat all die wissenschaft-        2009– Postdoc an der Oregon State                böden Eschen und Schwarzerlen.                   gaben im Berufsleben vorzubereiten. Zu          der BOKU.
in denen sich spezielle Pflanzengemein-        liche Beschäftigung mit der Forstwirt-         2011  University (OSU), Corvallis,                                                                diesem Zweck wurden im Lehrforst eine
schaften und Insekten ansiedeln können,        schaft nicht geschadet: Seidls Liebe zum             Oregon, USA                                FORSCHUNG IM LEHRFORST                           Reihe waldbaulicher Langzeitversuche            LEHRFORST IN ZAHLEN
                                                                                              2008 Promotion „sub auspiciis                                                                     und eine permanente Waldinventur eta-
was wiederum Vögel anlockt.“ Der gleiche       Wald ist ungebrochen. „Ich habe im Laufe                                                        Die forstliche Forschung und Ausbildung                                                          Waldfläche:                   950 ha
                                                                                                    praesidentis“ zum Doktor der
Effekt, der die klimatische Erwärmung          meines Lebens den Wald mehrmals neu                                                             basiert auf den drei Säulen (i) forstliche       bliert, um die Veränderungen des Waldes         Holzvorrat:                   236.000 m³
                                                                                                    Bodenkultur (Forstwirtschaft)
weiter anheizt, könnte andererseits also       entdeckt. Aber er ist immer noch mein          2004 Sponsion zum Diplomingenieur                Produktion, (ii) Technik und (iii) Sozio-        untersuchen zu können. Weiters gibt es          Vorrat/ha:                    248 m³
zu einer Erhöhung der biologischen Di-         ‚happy place‘, an dem ich mich auch in der           der Forstwirtschaft                        ökonomie, wie dies für eine Bewirtschaf-         hydrologische Einzugsgebietsstudien so-         Jährliche Nutzung             3.500 m³
versität führen. Seidl sind differenzierte     Freizeit gerne entspanne.“                                                                      tung von Waldflächen notwendig ist. Der          wie Untersuchungen von Großkalamitäten          Forststraßen                  56 lfm/ha

140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN
                                                                                                           1960 bringt eine erfreuliche        Das „Allgemeine Hochschulstudiengesetz“ aus                                                                  Ein im Jahr 1972 abgeschlosse-
                        Die nationalsozialistische
                                                                                                           Raumerweiterung durch den Kauf      dem Jahre 1966 bildet die Grundlage für das                                                                  nes Lehrforstübereinkommen si-
                        Machtergreifung an der
                                                                                                           des Krankenhauses der Wiener        1969 erlassene Gesetz über die Studienrichtun-                                                               chert der Studienrichtung Forst-
                        BOKU ist gekennzeichnet
                                                                                                           Kaufmannschaft in der Peter-        gen der Bodenkultur.                                                                                         und Holzwirtschaft einen zwar
                        durch einen Machtverlust
                                                                                                           Jordan-Straße 82. Das Gebäu-                                                                                                                     weiterhin den Österreichischen
                        der Professoren mit einem
                                                                                                           de erhält in Erinnerung an den                                                                                                                   Bundesforsten gehörenden, aber
                        Machtgewinn der Dozen-
                                                                                                                                               In der Studienrichtung „Forst-Holzwirtschaft“                                                                zu Lehr- und Versuchszwecken
                        tenschaft. Die enthobenen                                                          seinerzeitigen forstlichen Lehrer
                                                                                                                                               bestehen drei Studienzweige: Forstwirtschaft,                                                                überlassenen Lehrforst von 930
                        Professoren und Dozenten                                                           Wilhelm Exner dessen Namen.
                                                                                                                                               Holzwirtschaft und Wildbach- und Lawinenver-                                                                 Hektar Größe.
                        werden durch „politisch
                                                                                                           Wilhelm Exnerhaus – ursprüng-       bauung.
                        zuverlässige“ Wissen-
                                                                                                           lich ein Krankenhaus der Wiener
                        schaftler ersetzt.                                                                 Kaufmannschaft
                                                                                                                                                                                                                                                            Lehrforst

                                                                                                                BOKU Magazin 4 2015                    BOKU Magazin 4 2015
8                                                                                                                                                                                                                                                                                          9
BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
Forstwirtschaft sind aufgrund der hohen                                                                               bringt. Die Esche, immerhin die zweithäu-

                                                                                                                                       Wikipedia

                                                                                                                                                                                                                                                        Ingeborg Sperl
                                                                                                                                                   Schadholzmengen enorm.                                                                                                figste Laubbaumart in Österreichs Wäl-
                                                                                                                                                                                                                                                                         dern, ist durch diese Krankheit stark ge-
                                                                                                                                                   Kirisits’ bunte (und hier nicht vollständige                                                                          fährdet. Allerdings besteht die Hoffnung,
                                                                                                                                                   Aufzählung) des „Who’s Who“ der Baum-                                                                                 dass einzelne Bäume eine hohe Krank-
                                                                                                                                                   schädlinge: Der Kiefernprozessionsspin-                                                                               heitsresistenz aufweisen. Im Sommer hat
                                                                                                                                                   ner, dessen Raupenhaare beim Menschen                                                                                 das Waldforschungszentrum BFW in Zu-
                                                                                                                                                   schwere allergische Reaktionen hervorru-                                                                              sammenarbeit mit der BOKU das Projekt
                                                                                                                                                   fen, ist nur mehr ein paar Kilometer von                                                                              „Esche in Not“ initiiert, das darauf abzielt,
                                                                                                                                                   Österreichs Grenze entfernt. Da helfen                                                                                Samenplantagen resistenter Eschen anzu-
                                                                                                                                                   keine Zäune. Einziger Schutz ist der Al-                                                                              legen, die in 20 Jahren erstes Saatgut zur
                                                                                                                                                   penhauptkamm, der aufgrund der tiefen                                                                                 Pflanzenanzucht liefern könnten.
                                                                                                                                                   Wintertemperaturen von den Insekten
                                                                                                                                                   (noch) nicht überschritten werden kann.                                                                               Kirisits: „Trotz teilweise strenger gesetz-
                                                                                                                                                                                                                                                                         licher Bestimmungen, Kontrollen und
                                                                                                                                                   Der asiatische Laubholzbockkäfer wurde                                                                                thermischer oder chemischer Behandlung
                                                                                                                                                   über Verpackungsholz aus China einge-                                                                                 bestimmter Handelsgüter ist nicht damit
                                                                                                                                                                                                         Thomas Kirisits
                                                                                                                                                   schleppt, er bringt viele verschiedene                                                                                zu rechnen, dass der während der letzten
                                                                                                                                                   Laubbaumarten zum Absterben. In den                                                                                   Jahrzehnte rasant ansteigende Trend der

                                                                                                                                                                                                                                                        Wikipedia
                                                                                                                                                   zwei Befallsgebieten in Oberösterreich                                                                                Einschleppung von Schadorganismen an
                                                                                                                                                   versucht man ihn derzeit mit hohem Ar-                                                                                Bäumen und Pflanzen zukünftig zurück-
                                                                                                                                                   beits- und Kostenaufwand wieder auszu-                                                                                gehen wird.“ Die gegenwärtigen Verein-
                                                                                                                                                   rotten. Die Tannentrieblaus wurde schon                                                                               barungen zum internationalen Pflanzen-
                                                                                                                                                   in der 1840er Jahren aus dem Kaukasus                                                                                 schutz bauen auf der Prämisse auf, dass

GEFAHREN FÜR DEN WALD
                                                                                                                                                   eingeschleppt und gefährdet seither Tan-                                                                              die globale Handelsfreiheit möglich wenig
                                                                                                                                                   nenverjüngungen. Die Rosskastanienmi-                                                                                 eingeschränkt werden dürfe.
                                                                                                                                                   niermotte stellt dagegen eher ein ästhe-              Borkenkäfer (Buchdrucker)
Die Zukunft des österreichischen Waldes wird nicht allein vom Klima beeinflusst werden. Neu eingeschlepp-                                          tisches Problem dar, da die Blätter schon                                                                             „Pflanzengesundheit hat keine Lobby“,
te Schadinsekten und Krankheitserreger (Pilze, Bakterien, Viren …) sind Gefahren, mit denen gerechnet                                              im Sommer braun werden und abfallen.                                                                                  meint Kirisits, der keine Katastrophenstim-
werden muss. Und auch heimische Schaderreger können aufgrund des Klimawandels an Bedeutung gewin-                                                  Mindestens ebenso gefährlich wie diver-                                                                               mung verbreiten will. Es hat ja sich immer
                                                                                                                                                   se Insekten sind eingeschleppte Pilze und                                                                             etwas verändert im Wald. „Die mensch-
nen. Thomas Kirisits, Forstpathologe am Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz,
                                                                                                                                                   Bakterien. Kirisits: „In Österreich sind rund                                                                         liche Erinnerung ist kurzlebig. Man muss
kennt eine lange Liste von Übeltätern.                                                                                                             30 eingeschleppte Krankheitserreger an                                                                                damit rechnen, dass alle 12 bis 20 Jahre ein
                                                            Von Ingeborg Sperl
                                                                                                                                                   unseren Waldbäumen dokumentiert, da-                                                                                  neuer gefährlicher Schädling oder Krank-

G
      enerell gilt: Höhere Temperaturen       meren Klima: Sie entwickeln sich schneller   nen Befall. Es sind zwei Arten, die Fich-               von verursachen mindestens sechs wirt-                                                                                heitserreger auftaucht.“ Die Forstpatholo-
      werden die Einschleppung von            und können in vielen Gebieten zwei Ge-       ten gefährlich werden: der Buchdrucker,                 schaftliche Schäden.“ Jüngstes Beispiel                                                                               gie scheint ein Beruf mit Zukunft zu sein …
      Neobiota begünstigen. Aber auch         nerationen ausbilden. Zusätzlich werden      der ältere Bäume befällt, und der Kup-                  ist das Falsche Weiße Stengelbecher-
die alteingesessenen Borkenkäfer, vor         Bäume durch Hitze- und Dürreperioden         ferstecher, der jüngere Bäume bevorzugt.                chen, der Erreger des Eschensterbens,                                                                                 Weitere Informationen zum Projekt „Esche
allem an der Fichte, profitieren vom wär-     gestresst und dadurch anfälliger für ei-     Die Auswirkungen auf den Wald und die                   der Eschen allen Alters zum Absterben                 Falsche Weiße Stengelbecherchen                                 in Not“: http://www.esche-in-not.at/  

DIE BOKU WIRD UNIVERSITÄT                                                                                                                          Mit 1. 1. 2004 wird die BOKU, wie alle österreichi-
                                                                                                                                                   schen Universitäten, aufgrund des Universitäts-
                                                                                                                                                                                                                                     Ab dem Studienjahr 2004/05 werden alle Studien der BOKU auf
                                                                                                                                                                                                                                     Bachelor- und Masterstudien umgestellt:
1975 wird die Hochschule für Bodenkultur                                                      Nach Übersiedlung des Frauenhospi-                   gesetzes 2002 (UG 02) in die Vollrechtsfähigkeit                                  Bachelorstudium Forstwirtschaft
wurde zur „Universität für Bodenkultur“. Am                                                   zes in das Hanusch-Krankenhaus 1984                  entlassen. Die alten Fachsenate werden aufgelöst                                  Bachelorstudium Holz- und Naturfasertechnologie
29. Jänner 1981 promoviert die erste Frau -                                                   kommt es zu einer Erweiterung des                    und die 40 Institute zu heute 15 Departments                                      Masterstudium Wildtierökologie und Wildtiermanagement
Aino-Marjatta Pöytäniemi - im Studienzweig                                                    Standortes Türkenschanze. Die BOKU                   zusammengeführt.                                                                  Masterstudium Forstwissenschaften
Forstwirtschaft am Institut für forstliche                                                    kann ab 1984 das Gebäude in der                      Die forstlichen Institute werden folgenden                                        Masterstudium Holztechnologie und Management
Ertragslehre bei Prof. Hubert Sterba.                                                         Peter-Jordan-Straße 70, das heutige                  Departments zugeteilt:                                                            Masterstudium Alpine Naturgefahren/Wildbach- u. Lawinenverbauung
                                                                                              Adolf-Cieslar-Haus, für universitäre                 Department für Wirtschafts- und Sozial-                                           Masterstudium Mountain Forestry
                                                                                              Zwecke nutzen.                                       wissenschaften                                                                    Masterstudium DDP MSc European Forestry
                                                                                                                                                   Department für Integrative Biologie und Biodiver-
                                                                                                                                                   sitätsforschung                                                                   Im November 2013 eröffnet das Institut für Waldbau das
                                                                                              Postkarte des Cieslarhauses,
                                                                                                                                                   Department für Bautechnik und Naturgefahren                                       Seminargebäude Gustav-Hempel-Haus am Areal des
                                                                                              damals noch ein Frauenhospitz
                                                                                                                                                   Department für Wald- und Bodenwissenschaften                                      forstlichen Versuchsgartens Knödelhütte.

                                                                                                             BOKU Magazin 4 2015                           BOKU Magazin 4 2015
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BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
Ingeborg Sperl

                 FESTMETER SIND KEIN ERLEBNIS
                                                                                                                                                   eingreifen, sonst bekommt man Probleme,       auch vom Boden aus betrachten. Kleinere      Anfangs haben Sie die Ansprüche der Ge-
                                                                                                                                                   zum Beispiel vermehrten Schneebruch.“         Bäume und Stammschäden sind nur so zu        sellschaft an den Wald erwähnt ...
                                                                                                                                                                                                 entdecken. Die österreichische Waldin-       „Die Ansprüche der Öffentlichkeit korrelie-
                 Die Forstwirtschaft feiert ihr 140-jähriges Bestehen – manch ein Baum wird genauso alt. Hubert Sterba hat                         Wie hat man über die langen Zeiträume         ventur wird von der Forstlichen Versuchs-    ren nicht immer mit der Ökonomie. Fest-
                 den Wald beim Wachsen beobachtet. Nicht ganz so lang, doch eine geraume Zeit. Ein Gespräch über Para-                             die Daten – das Um und Auf –gesammelt?        anstalt durchgeführt, auch Versuchsflä-      meter sind kein Erlebnis. Man muss Holz
                                                                                                                                                   „An der BOKU zuerst ohne jede Elektronik,     chen werden dort schon besonders lange       nutzen, bevor es verfault. Es gibt eben ver-
                 digmenwechsel, Moden und Daten.
                                                                                                                                                   mit kleinen Kurbelmaschinen, dann mit ei-     beobachtet und die Daten evident gehal-      schiedene Zugänge. An den Besitzstruktu-
                                                                      Von Ingeborg Sperl                                                           ner alten Rechenanlage und Lochkarten,        ten. Im Rahmen von Kooperationen kann        ren hat sich viel geändert. Es gibt viel mehr
                                                                                                                                                   die via Boten auf die TU gebracht wurden.     man unter bestimmten Bedingungen             urbane WaldbesitzerInnen – DentistInnen,
                 Sterba: „Als ich mein Studium 1968 be-     war ein Symptom für die kommenden         Die Waldfläche nimmt in Österreich zu,       Prof. Krapfenbauer schickte mich auf einen    auch solche Daten bekommen.“                 JournalistInnen ... Was mir Sorge macht, ist,
                 endet habe, war die Forstwirtschaft        Veränderungen. Ah ja, dazwischen: das     wie muss man sich das vorstellen?            Programmierkurs an die TU. Von den Loch-                                                   dass diese Leute von Bewirtschaftung oft
                 noch primär holzorientiert, obwohl es      Waldsterben“, umreißt Sterba kurz und     „Die Nutzung des Holzes liegt unter dem      karten wurden die Daten später auf Bänder     Was versteht ein Waldwachstumsforscher       keine Ahnung haben. Manchmal sind die
                 ja auch schon eine starke ökologische      knackig die Highlights.                   Zuwachs, es gibt mehr Wald und auch je       gespeichert. 1961 hat man mit der österrei-   unter Qualität?                              Waldflächen durch Erbteilungen kleinteili-
                 Komponente gegeben hat. Man denke                                                    Hektar mehr Holzvorräte. Dass wir viel       chischen Waldinventur begonnen, die Aus-      „Im ökonomischen Sinne: Geradschaf-          ger geworden – oder wurden verkleinert,
                 nur an Hannes Mayers ‚Waldbau auf so-      Zunächst ging es also vor allem um die    höhere Zuwächse haben als angenom-           wertung der Waldstandsaufnahme davor          tigkeit, kein Drehwuchs, astfreie Schäfte,   um die Pflicht zur Anstellung einer Person,
                 ziologisch-ökologischer Grundlage‘; die    Produktion ...                            men, hat man zunächst nicht geglaubt.        hat schon Hollerith-Maschinen eingesetzt.“    Furnierqualität. In der Ökologie hingegen    die die Wirtschaft führt, zu umgehen.“
                 Umwelt und das Ökosystem in seiner         „Die Kostenschere hatte sich aufgetan,    Jetzt schon. Natürlich werden nutzungs-                                                    geht es etwa um Arten- und Strukturviel-
                 Gesamtheit waren also durchaus schon       und die Holzbetriebe mussten Personal     begünstigte Lagen, also jene, die leichter   Sich mit den unterschiedlichsten Daten-       falt. Laubholz und Mischbestände haben       Zwei bis drei Tage kommt Sterba noch
                 ein Thema. Und der Begriff ‚Nachhaltig-    reduzieren und mechanisieren. Letzteres   zu erreichen sind, stärker genutzt.“         trägern herumzuschlagen war früher si-        zugenommen, aber die muss man mehr           ins Büro, um mit DissertantInnen und
                 keit‘, der heutzutage auf fast alles an-   ergab Kontroversen mit dem Umwelt-                                                     cher mühsamer?                                pflegen als das Nadelholz, damit es sich     DiplomandInnen an Projekten zu arbei-
                 gewendet wird, kommt ja auch aus der       schutz. Heutzutage werden Forststra-      Mehr Wald, das ist doch positiv?             „Die Technik beim Messen ist im perma-        rechnet. Am meisten bringt die Eiche,        ten, die klären sollen, ob Mischwald wirk-
                 Forstwissenschaft. Andere Aspekte sind     ßen nicht mehr so exzessiv ausgebaut.     „Das kann man nicht so einfach sagen.        nenten Entwicklungsstadium. Die Men-          wenn sie Furnierqualität hat. Ästhetik und   lich mehr bringt als Reinbestände – und
                 neu hinzugekommen. Wir hatten nicht        Bei Ernte und Bringung verwendet man      Wenn etwa im Salzkammergut Wiesen            gen, die man heute auf einem Computer         Ökonomie sind nicht das Gleiche. Wenn        wenn ja, warum. Es sieht nicht so aus, als
                 die Nutzung durch die BürgerInnen im       jetzt eher kleinere Maschinen statt der   zuwachsen, ist das nicht mehr so attraktiv   speichert, waren früher unvorstellbar. La-    man die Kiefern auf den Bildern von van      ob das auf die Schnelle erledigt werden
                 Fokus. 1978 gab es die Zwentendorf-Ab-     großen, die zu viel Bodendruck erzeugt    für den Tourismus. Wenn Bäume schnel-        ser-Scanner und Drohnen sind das Aller-       Gogh anschaut – die sind schön, aber ich     könnte. Die Natur lässt sich eben nicht
                 stimmung, dann die Aubesetzung … das       haben.“                                   ler wachsen, muss man früher und stärker     neueste. Dennoch muss man die Bäume           möchte von ihnen nicht leben müssen.“        hetzen.                                

                                                                                                                       BOKU Magazin 4 2015                BOKU Magazin 4 2015
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BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
Ein Tag mit Departmentleiter Prof. DI Dr. Karl Stampfer

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Der Arbeitstag beginnt früh, nämlich um 5:30 Uhr. Mails werden gecheckt, Diplomarbeiten korrigiert, Termine vereinbart ...

                                                                                                                                      Dann bekommt die IFSA (International Forestry     13:30 Abfahrt nach Tulln zur Eröffnung der Core Facility & Forschungsplattform
8:00 Ein Termin mit Assistentin Eleonore Rader.        9:00 Wichtige Besprechungen, die das gesamte Department betreffen,             Students’ Association) die Möglichkeit, sich zu   BiMM (Bioactive Microbial Metabolites).
Der Tagesablauf wird geplant.                          stehen an. Etwa die mit dem Senatsvorsitzenden Hubert Hasenauer.               präsentieren.

                                                                                                        9:30 Projekte für Horizon
                                                                                                        2020. Geklärt werden die
                                                                                                        Einreichungen mit den Kol-
                                                                                                        legen Franz Holzleitner und
                                                                                                        Gernot Erber.

                                                                                                                                                                                                                 18:30 Bevor es zurück auf die BOKU und gegen 20:00
                                                                                                                                      Von links nach rechts: Joseph Strauss, wissenschaftlicher Leiter des BiMM, Uhr weiter nach Hause geht, darf der wissenschaftliche
                                                                                                                                      BOKU-Rektor Martin Gerzabek, Karl Stampfer, Hermann Schultes,              Austausch mit Professorenkollege Hans-Peter Kaul nicht
                                                                                                                                      Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich.                            fehlen.

                                                                                                           BOKU Magazin 4 2015               BOKU Magazin 4 2015
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BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
25 JAHRE PBU IN DER MUTHGASSE

                                                                                                                                                                                                                                                                                   Thinkstock
                                                                                                                  Von Margit Laimer

2
       015 beging die Pflanzenbiotech-
       nologie Unit (PBU) des DBT gleich
       zwei bauliche Jubiläen: 25 Jahre
am Standort Muthgasse und 20 Jahre Sa-
ranhaus. Bereits 1988 stellte uns Instituts-
vorstand Prof. Katinger die herausfordern-
de Frage: „Wo seht ihr eure Arbeitsgruppe
in zehn Jahren?“ Spontane Antwort: „In
einem modernen Pflanzenbiotechnolo-
gie-Labor mit Glashaus auf dem Dach.“
Planung und Umsetzung verliefen rasch
und zügig, waren in technischer Hinsicht
aber durchaus fordernd. In lebhafter Erin-
nerung ist die Diskussion um die Aufhän-
gung der Lampen im Glashaus, sodass

                                                                                                                                        WIE ERNÄHRT SICH HEFE
„Vorbeifahrende am Donaukanal einen
Sternenhimmel wahrnehmen“. „Wir stellen
dort Pflanzen auf!“, war unser Einwand.
Oder unser vergeblicher Hinweis auf die
notwendige Breite der Lifttüren – worauf
die Brutschränke mit einem Klavierkran auf
                                                                                                                                        VON METHANOL ?
                                                                                                                                        Besonderer Stoffwechsel funktioniert ähnlich wie Verwertung von Kohlendioxid durch Pflanzen
das Dach und durch das Glashaus in den

                                                                                                                                        B
Laborraum verbracht werden mussten.                                                                                                              estimmte Hefestämme ernähren                                                        vollständig in einer Zellorganelle namens
                                                                                                                                                 sich nicht nur von Zucker – der in                                                  Peroxisom um, was die Wiener Forsche-
                       1990 übersiedelten      und Medizin veröffentlicht. „Plant Tissue   der genetischen Diversität, funktionaler              der Biotechnologie häufig verwen-                                                   rInnen erstmals beschreiben konnten.
                       wir in das neue La-     Culture: 100 Years since Gottlieb Haber-    Genomik und Phytopathologie wurde auf        deten Hefe Pichia pastoris schmeckt auch                                                     Denn bisher war nicht klar, wo in der Zelle
                       bor samt Glashaus       landt“ (Laimer und Rücker, 2003) wird       die subtropische Energiepflanze Jatropha     Methanol. Hefe, wie sie der Mensch seit                                                      und mittels welcher Gene diese Umlage-
                       im 6. Stock der         weltweit als Lehrbuch eingesetzt.           curcas übertragen, die in vielen Regionen    Jahrtausenden etwa zur Erzeugung von                                                         rungen ablaufen.
                       Nussdorfer     Län-                                                 der Welt einen wichtigen Beitrag zur Er-     Brot, Bier oder Wein einsetzt, verwertet
                       de 11. Das Resultat     Die „Vienna Collection“ – eine In-vitro-    reichung der „Millennium Goals“ leisten      Zucker sehr effizient, indem sie diesen                                                      Pichia pastoris wird in der pharmazeuti-
                       kann sich sehen         Genbank zur Erhaltung und Nutzung von       kann. Derzeit enthält die In-vitro- und      z. B. in Alkohol umsetzt, wie Diethard Mat-                                                  schen Industrie zur Erzeugung von Wirk-
                       lassen und hat 25       Genressourcen – umfasst derzeit Herkünf-    In-vivo-Genbank ca. 1.300 Herkünfte aus      tanovich von der BOKU und vom Austrian         Hefe Pichia pastoris                          stoffen oder zur Produktion von Chemi-
Margit Laimer
                       Jahre einwandfrei       te von über 100 Obstgehölzen (Kern- und     54 Regionen in 15 Ländern. Über 20 Pu-       Centre of Industrial Biotechnology (acib)                                                    kalien eingesetzt. Das letztere Anwen-
funktioniert. Internationale Besucher be-      Steinobst, Rebe), über 50 Heidelbeeren      blikationen erschienen mit internationa-     erklärt. Pichia pastoris oder verwandte        noch nicht bekannt. Mattanovich: „Man         dungsgebiet stecke aber noch „in den
wundern uns noch heute: „You created a         (von acht Arten) und über 30 Himbeeren      len Partnern.                                Stämme sind aber eher nährstoffarme            hat früher angenommen, dass hier Reak-        Kinderschuhen“, so Mattanovich. „Wir
fantastic place to work.“                      (von vier Arten).                                                                        Umgebungen gewöhnt. „Methanol wird da          tionen stattfinden, die eigentlich in allen   denken, dass die Aufklärung des Stoff-
                                                                                           1995 wurde im Rahmen eines For-              als ganz spezielle Quelle für Kohlenstoff      Organismen ablaufen können. Wir haben         wechsels sehr wichtig sein wird, um zu-
In dieser Umgebung konnten zahlreiche          Virusfreie Mutterpflanzen erhalten wir      schungsprojektes das Saranhaus als ers-      und Energie genutzt“, so Mattanovich.          aber gezeigt, dass diese Hefe in der Evo-     künftig effizient Biochemikalien herstel-
Forschungsprojekte durchgeführt wer-           nach der Eliminierung von Viren und         tes Forschungsgebäude dieser Art in                                                         lution ihr eigenes Enzymset entwickelt        len zu können.“ Abseits der Anwendung
den, Studierende auf dem Gebiet der            Phytoplasmen. Auch In-vitro-Sprosse mit     Österreich errichtet. Benannt nach dem       Das sei interessant, da dazu nur wenige        hat und die Umwandlung in die verwert-        sei auch interessant, dass alle wichtigen
Pflanzenbiotechnologie und Virologie           genau definierten Virus-Isolaten finden     insektensicheren Sarangewebe der dop-        Bakterien und eben Hefestämme fähig            baren Moleküle in speziellen Organellen       Gene für den Methanol-Stoffwechsel
ausgebildet, 2 Habilitierende, 8 Post-         international als Referenzmaterial Ver-     pelt bespannten Wände, erlaubt es die        sind. Durch diese spezielle Fähigkeit wird     (vergleichbar mit kleinen Organen inner-      doppelt vorhanden sind. Solche Duplika-
Docs, 18 DissertantInnen und 35 Mas-           wendung. Unser wissenschaftliches Inter-    vor boden- und luftbürtiger Reinfektion      Pichia pastoris jedenfalls flexibler, da sie   halb der Zelle, Anm.) stattfindet.“           tionen würden zwar relativ häufig entste-
ter-StudentInnen, 20 Austausch-Studen-         esse gilt der Suche nach Resistenzmecha-    geschützte Aufbewahrung von Elitepflan-      sich dadurch andere Lebensräume, etwa                                                        hen, gingen in der Regel aber auch schnell
tInnen und 40 GastwissenschaftlerInnen         nismen gegen eben diese Pathogene und       zen. Heute werden dort v. a. virusfreie      im Saft von Bäumen, wo es Methanol gibt,       Das Team um Projektleiterin Brigitte Gas-     wieder verloren, wenn sie keinen Nutzen
betreut werden. Die Arbeiten mit mehr-         deren Einfluss auf gesunde Nahrung, etwa    Mutterpflanzen alter und neuer Obstsor-      erschließen kann. Den ersten Teil des Ab-      ser entdeckte erstaunliche Ähnlichkeiten      bringen. Da das hier anders ist, sei davon
jährigen Nutzpflanzen wurden in über 100       die Bildung von Allergenen.                 ten gehalten. Die Publikation der Genex-     laufs dieses Stoffwechselvorganges kennt       mit Pflanzen, die ja Kohlendioxid (CO2)       auszugehen, dass es einen großen evo-
Publikationen in renommierten Fachzeit-                                                    pressionsdaten über neun Jahre (Maghuly      man bereits seit etwa 30 Jahren. Was           in Biomasse umwandeln. Sie verarbeiten        lutionären Druck gegeben haben müsse,
schriften der Fachgebiete Pflanzen- und        Das an den Obstgehölzen gesammelte          et al., 2007) wurde in den Top 10 der „Fa-   dann mit dem mittels spezieller Enzyme         CO2 in Organellen namens Chloroplas-          diesen Methanol-Stoffwechsel effizienter
Gartenbau, Biochemie, Biotechnologie           Wissen zu Erhaltung und Bestimmung          culty of 1000 – Biology“ angeführt.        umgewandelten Zucker passiert, war aber        ten. Die Hefe wiederum setzt Methanol         zu machen.                              

                                                                                                            BOKU Magazin 4 2015                BOKU Magazin 4 2015
16                                                                                                                                                                                                                                                                           17
BOKU - 140 JAHRE FORSTWISSENSCHAFTEN KOOPERATION
BOKU GOES FAR WEST                                                                                                                                       W
                                                                                                                                                                   enn es um die Lebensquali-
                                                                                                                                                                   tät geht, liegt Wien weltweit
                                                                                                                                                                   ganz vorne. Eine weitere Stadt
                                                                                                                                                         taucht in den Rankings aber immer
          Von Martin H. Gerzabek
                                                                                                                                                         ebenfalls auf – Vancouver, eine Stadt,
                                                                                                                                                         eingerahmt vom Pazifik und den Colum-
                                                                                                                                                         bia Mountains. Es waren aber nicht die
                                                                                                                                                         prachtvolle Szenerie und der seit einigen
                                                                                                                                                         Jahren ausgezeichnete Wein vom Oka-
                                                                                                                                                         nagan Valley, die eine BOKU-Delegation
                                                                                                                                                         (Astrid Forneck, Margarita Calderon-Pe-
                                                         Gerzabek, Stampfer, Forneck und Calderon-Peter   Dean Prof. Rickey Yada, UBC, Faculty of Land   ter, Dietmar Haltrich, Karl Stampfer,
                                                         am Hafen von Vancouver nach langer Reise         and Food Systems                               Christoph Winckler, Martin Treberspurg
                                                                                                                                                         und Martin Gerzabek) nach Vancouver
                                                                                                                                                         und dann weiter nach Sacramento bzw.
                                                                                                                                                         Davis/USA führten, sondern der Be-
                                                                                                                                                         such von Spitzenuniversitäten und der
                                                                                                                                                         Wunsch, die bestehenden individuellen
                                                                                                                                                         Kooperationen auszuweiten und BOKU-
                                                                                                                                                         Studierenden den Aufenthalt an der Uni-
                                                                                                                                                         versity of British Columbia, der Simon

                                                                                                                                                          Dietmar Haltrich,
                                                         Forstfakultät der UBC                            Stampfer und Haltrich im Nachhaltigkeits-       Lebensmitteltechnologie
                                                                                                          Forschungshaus der UBC
                                                                                                                                                          Das jetzige Department of Food Science and
                                                                                                                                                          Technology der UC Davis (http://foodscien-
                                                                                                                                                          ce.ucdavis.edu) geht auf ein Department
                                                                                                                                                          of Viticulture am Standort Berkeley und ein
                                                                                                                                                          Department of Dairy Industry am Standort
                                                                                                                                                          Davis zurück. Dementsprechend ist der Be-
                                                                                                                                                          reich Milch und Milchtechnologie an der UC
                                                                                                                                                          Davis stark präsent – die UC Davis ist etwa
                                                                                                                                                          weltweit führend im Bereich der Analytik
                                                                                                                                                          und Funktionalität von Milcholigosacchari-
                                                                                                                                                          den. Dekan Michael McCarthy, mit dem wir
                                                         Wasseraufbereitung im Nachhaltigkeits-           Vortrag von Prof.in Forneck in der Önologie-
                                                         Forschungshaus der UBC                           Forschungsgruppe der UBC                        bei diesem Treffen diskutierten und der sich
                                                                                                                                                          an Kooperationen sehr interessiert zeigte,
                                                                                                                                                          erläuterte, dass weitere Schwerpunkte des
                                                                                                                                                          Departments in den Bereichen Milchtech-
                                                                                                                                                          nologie, nachhaltige Prozesse in der LM-In-
                                                                                                                                                          dustrie und LM-Sicherheit (hier soll ein
                                                                                                                                                          neues Programm im Bereich ‚community
                                                                                                                                                          food safety’ aufgebaut werden) etabliert
                                                                                                                                                          sind bzw. werden. Ein zusätzlicher Anknüp-
                                                                                                                                                          fungspunkt zur BOKU liegt im Bierbrauen –
                                                                                                                                                          das Department der UC Davis kann auf ein
                                                                                                                                                          eigenes, 1.000 m2 großes Brauereitechnikum
                                                                                                                                                          zurückgreifen (die Brauanlagen wurden von
                                                                                                                                                          Anheuser-Busch gesponsert) und bietet ein
                                                                                                                                                          spezielles Extension Programme im Bereich
                                                                                                                                                          Brautechnologie an.
                                                         im universitätseigenen Museum der UBC            Abendausklang in einer Gasthausbrauerei

                                   BOKU Magazin 4 2015          BOKU Magazin 4 2015
18                                                                                                                                                                                                   19
der Outgoing-Studierenden zu erhöhen.
 Martin Treberspurg,                                                                                                                                   Christoph Winckler,                             Am Dienstag stand der Besuch der Si-              Astrid Forneck,
 Konstruktiver Ingenieurbau                                                                                                                            Nutztierwissenschaften                          mon Frazer Universität am Programm.               Wein- und Obstbau
                                                                                                                                                                                                       Diese heuer 50 Jahre alt gewordene Uni-
 In Kanada ist Kreuzlagenholz oder Brettsperr-                                                                                                         Exzellente Forschungsmöglichkeiten im           versität ist deutlich kleiner als die UBC         Weinbauimpulse aus der neuen Welt
 holz/Cross Laminated Timber (CLT) noch we-                                                                                                            Bereich der Milchviehhaltung. UBC: Das          (ca. 10.000 Studierende), entwickelt sich         Nordamerikas Westküste ist Heimat welt-
                                                                                                                                                                                                       aber sehr dynamisch und bietet für die            weit führender WeinbauforscherInnen und
 nig bekannt, in Österreich ist es fast schon                                                                                                          Animal Welfare Program verfügt mit dem
                                                                                                                                                                                                       BOKU ebenfalls sehr interessante An-
 Standard. Treberspurg hat für das Austria                                                                                                             UBC Dairy Research and Education Center                                                           innovativer Konzepte wie zum Beispiel „Late
                                                                                                                                                                                                       knüpfungspunkte. Aus der Einführung
 House bei den Olympischen Winterspielen                                                                                                               in Agassiz über einzigartige experimentel-                                                        Harvest Hanging“, neuesten Bewässerungs-
                                                                                                                                                                                                       durch President Andrew Petter wurde
 2010 in Whistler – auch das erste zertifizier-                                                                                                        le Einrichtungen für Milchkühe, Kälber und                                                        techniken und der aktivsten Unterlagsre-
                                                                                                                                                                                                       klar, dass die SFU bezüglich der Interak-
 te Passivhaus in Kanada – den Woodworks                                                                                                               Jungvieh. Vor wenigen Wochen wurden au-                                                           benzüchtung. Universitäten in Kalifornien,
                                                  Architektur der Simon Fraser Universität Vancouver                                                                                                   tion mit der Gesellschaft sehr ähnliche
 Award 2010 der Holzindustrie in British Co-                                                                                                           ßerdem neue Unterbringungsmöglichkei-           Zielsetzungen wie die BOKU verfolgt.              Oregon, Washington State und British Co-
 lumbia (BC) in der Kategorie „Wood Innova-                                                                                                            ten für Studierende und Gastwissenschaft-       In einem sehr produktiven Gespräch                lumbia (Kanada) sind hier die ersten Adres-
 tion Award“ für den erstmaligen Einsatz von                                                                                                           lerInnen eröffnet. Geplante gemeinsame          mit Dekanin Stefanovic (Faculty of En-            sen. Unser Besuch galt der UBC und dessen
 CLT in BC bekommen.                                                                                                                                   Forschungsaktivitäten, z. B. auch im Rah-       vironment) und KollegInnen am Burnaby             Wine Research Center. Mit Prof. Simone
                                                                                                                                                       men gemeinsam betreuter Master-Arbeiten         Campus zeigte sich hohe Kooperations-             Castellarin, der auf dem Gebiet der Stress-
                                                                                                                                                       umfassen Untersuchungen zum Ruhe- und           bereitschaft und auch die Komplemen-              physiologie der Rebe forscht, konnten wir
                                                                                                                                                       Schlafverhalten von Rindern sowie die An-       tarität der Studienangebote von BOKU              eine gemeinsame Basis für den Austausch
Frazer University bzw. der University of                                                                                                                                                               und SFU.
                                                                                                                                                       wendung der Sozialen Netzwerkanalyse.                                                             von Masterstudierenden festlegen. An der
California, Davis zu ermöglichen. Gesprä-
                                                                                                                                                       UCD: Der Schwerpunkt der wissenschaftli-                                                          UCD, Department of Viticulture and Enology,
che mit VertreterInnen der University of                                                                                                                                                               Der Mittwochvormittag wurde für bilate-
                                                                                                                                                       chen Kooperation liegt derzeit auf Arbeiten                                                       konnten gleich drei Forschungsfelder für BO-
California, Berkeley, mit der es ein be-                                                                                                                                                               rale Gespräche genutzt, der Nachmittag
stehendes Kooperationsabkommen gibt,                                                                                                                   zur Tierschutzrelevanz von Hautverände-                                                           KU-Studierende eröffnet werden: Im Bereich
                                                                                                                                                                                                       zur Weiterreise über Seattle nach Sacra-
standen auch auf der Tagesordnung.                                                                                                                     rungen bei Milchkühen und zum On-farm                                                             der Sensorik/Önologie wird Prof. Hildegarde
                                                  Kulisse von Vancouver                                Schwimmende Häuser in Vancouver
                                                                                                                                                                                                       mento und letztlich Davis.
                                                                                                                                                       Welfare Assessment. Forschungsaufenthal-                                                          Heymann heuer einen Master-WÖW-Stu-
Nach den Flügen am 13.9. blieb noch et-                                                                                                                te in Davis ermöglichen einen Einblick in die                                                     dierenden betreuen, die Forschungsfelder
                                                                                                                                                                                                       Der Donnerstag war wohl der intensivs-
was Zeit, um die faszinierende Szenerie                                                                                                                (intensive) kalifornische Milcherzeugung        te Tag der Reise, er startete mit fachli-         Rebenzüchtung (Prof. Dr. M. Andrew Walker)
Vancouvers, den intensiven Wasserflug-                                                                                                                 und die Betreuung durch das international       chem Austausch an der UC Davis, u. a. zu          und Bodenforschung im Weinbau (Prof. Dr.
zeugverkehr und ein riesiges Kreuzfahrt-                                                                                                               renommierte Tucker/Mench Lab im Depart-         Themen des Weinbaus, der Bodenkunde,              David Smart) stehen den BOKU-Studie-
schiff zu bestaunen. Am Montag begann                                                                                                                  ment of Animal Science.                         Nachhaltigkeit, Lebensmitteltechnologie,          renden ebenfalls für Kooperationspartner-
ein intensives Besuchsprogramm an der                                                                                                                                                                  Lebensmittelsicherheit und Bioenergie.            schaften offen. Die neue Versuchskellerei am
University of British Columbia. Die UBC                                                                                                                                                                Eine wichtige Entscheidung wurde am               Robert Mondavi Institute of Wine and Food
wurde vor 100 Jahren gegründet, hat                                                                                                                   BOKU bestehen, ebenso am Austausch               Vortag unseres Besuches getroffen, näm-           Sciences ist die modernste weltweit und bie-
knapp 60.000 Studierende, etwas mehr                                                                                                                  von Masterstudierenden und an Praktika.          lich der Beitritt zum OENOVITI-Netzwerk           tet für Studierende großartige Möglichkei-
als 15.000 Bedienstete, 2,1 Mrd. Kanadi-                                                                                                              Die Faculty of Applied Sciences beschäf-         der weltweit führenden Universitäten im           ten, auch für Praktika.
sche Dollar operatives Budget und ca.                                                                                                                 tigt sich mit zahlreichen „BOKU-Themen“          Weinbau. Dies war, wie auch die Gesprä-
8.300 laufende Forschungsprojekte. Mit                                                                                                                (Landschaftsplanung, Environmental En-           che mit Prof. Heumann und Prof. Water-
der UBC existiert ein unbefristetes Ab-           University of California, Davis: das Önologie-       Die Weinsammlung der UCD                       gineering) und zeigte sich hoch interes-                                                       mittag die University of California, Ber-
                                                  Forschungslabor                                                                                                                                      house, den für den Weinbau zuständigen
kommen. Wichtigster Besuchsgrund war                                                                                                                  siert an einem Studierendenaustausch.            KollegInnen, sehr positiv. Provost und        keley – College of Natural Resources. Mit
vor allem, neben den bestehenden wis-                                                                                                                 Sehr beeindruckt waren wir auch von              Executive Vice Chancellor Ralph Hexter        der UCB existiert ein Kooperationsab-
senschaftlichen Beziehungen die Mög-                                                                                                                  einem Modell- und Forschungsgebäude              zeigte sich sehr interessiert an einem ver-   kommen. Besonders interessant war das
lichkeiten des Studierendenaustausches                                                                                                                mit höchsten Nachhaltigkeitsstandards            stärkten Austausch. Beeindruckend die         Angebot der UCB mitzuhelfen, ihr sehr
zu diskutieren. Die BOKU-Delegation be-                                                                                                               und eigener Abwasseraufbereitung mit-            nackten Zahlen der UCD: Bei 35.400 Stu-       erfolgreiches und weltweit bekanntes
suchte die Faculty of Land and Food Sys-                                                                                                              tels Pflanzenkläranlage. Das universitäts-       dierenden verfügt die Universität über        Environmental Leadership Program an
tems (Dean Prof. Rickey Yada). Mit dieser                                                                                                             eigene anthropologische Museum eröff-            ca. 3,4 Mrd. Dollar jährliches Budget, 104    der BOKU als Top-Weiterbildungsange-
bestehen intensive Forschungsbezie-                                                                                                                   nete uns einen Einblick in das Leben der         Bachelor-Curricula und 96 weiterführen-       bot zu implementieren. Mit dem ersten
hungen, insbesondere mit dem Animal                                                                                                                   „First Nations“ in Canada und vermittelte        de Programme und Rang 1 weltweit im           Fulbright Professor der BOKU, Slav Her-
Welfare Program. Das Viticulture Centre                                                                                                               auch einen Eindruck von moderner Mu-             Fachgebiet Land- und Forstwirtschaft.         manowicz, UCB und seiner Frau klang
ist ein weiterer konkreter Anknüpfungs-                                                                                                               seumsgestaltung, die dort ein eigenes            Die UCD war 1905 als Expositur der UC         der Tag für die Delegation dann im Napa
punkt (siehe Insert). Die Faculty of Fo-                                                                                                              Forschungs- und Lehrthema darstellt.             Berkeley gegründet worden.                    Valley aus.
rest Sciences stand als nächste am Pro-                                                                                                               Die Treffen mit den FachkollegInnen und
gramm. Interessant war es, über das neu                                                                                                               Vice President Prof. John Hepburn an der         Nach einer Stärkung in einem Super-           Konkrete Ansatzpunkte für Kooperati-
eingerichtete Masterstudium „Urban Fo-                                                                                                                UBC lassen berechtigte Hoffnung auf ei-          markt in Davis mit ausschließlich aus         onsmöglichkeiten sind aus den Kurzbe-
                                                                                                     Ganz links Prof. Slav W. Hermanowicz als Gast-
restry“ zu erfahren – hier würde Interesse                                                           geber an der UCB; Prof. Hermanowicz war erster   nen intensiveren Austausch zu, zumal es          biologischer Landwirtschaft stammen-          richten der DelegationsteilnehmerInnen
für ein Double-Degree-Programm mit der            Besuch an der University of California, Berkeley   Fulbright Distinguished Professor an der BOKU.   auch an der UBC Strategie ist, die Zahl          den Produkten besuchten wir am Nach-          zu entnehmen.                       

                                                                                                                        BOKU Magazin 4 2015                  BOKU Magazin 4 2015                                                                     .
20                                                                                                                                                                                                                                                                                                  21
D IE       N ACH H A LT I G E                 B O KU
                                                                                                                                                      Danube:Future „White Paper on
DAS BOKU CO2-KOMPENSATIONSSYSTEM                                                                                                                      Integrated Sustainable Development
„Durch das BOKU CO2-Kompensationssystem bekommt jede/r die Möglichkeit, seine unvermeidbaren
CO2-Emissionen zu kompensieren und so ein Statement für den Klimaschutz zu setzen. Das BOKU Kom-
                                                                                                                                                      of the Danube River Basin“                                                                          Von Gertrud Haidvogl und Verena Winiwarter

                                                                                                                                                      D
pensationssystem unterstützt mit den Kompensationsgeldern innovative BOKU-Klimaschutzprojekte in
                                                                                                                                                               er Donauraum ist einer der zen-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Aleksandra Terzic
Entwicklungsländern. Welche Projekte gibt es aktuell und welche Vorteile hat ein BOKU-eigenes Kompen-                                                          tralen Entwicklungsräume Euro-
sationssystem?                                                            Von Dominik Schmitz und Julian Wudy                                                  pas, der auf ein vielfältiges Poten-
                                                                                                                                                      zial aufbauen kann, gleichzeitig aber auch

J
     eder Einzelne, jede Firma und Or-                                                                  WARUM EIN EIGENES                             mit großen Herausforderungen konfron-

                                                                                          Yonas Worku
     ganisation kann durch die Reduzie-                                                                 BOKU-KOMPENSATIONSSYSTEM?                     tiert ist. Ein im Juli 2015 von der Netzwer-
     rung seiner/ihrer CO2-Emissionen                                                                   Gerade das COPE-Projekt zeigt, dass das       kinitiative Danube:Future veröffentlichtes
einen wichtigen Beitrag zum Klima-                                                                      BOKU-Kompensationssystem mehr bietet          White Paper stellt den Beitrag interdiszip-
schutz leisten. Die BOKU fördert über                                                                   als Treibhausgasemissionen kosteneffizi-      linärer Forschung und Ausbildung für eine
ein CO2-Kompensationssystem eigene                                                                      ent zu kompensieren. Die BOKU-Klima-          nachhaltige Entwicklung des Donauraums
innovative BOKU-Klimaschutzprojekte in                                                                  schutzprojekte sollen nicht nur effektiven    in den Mittelpunkt. Das White Paper wur-
Entwicklungsländern.                                                                                    Klimaschutz, sondern auch einen nachhal-      de von einer interdisziplinären Gruppe von
                                                                                                        tigen Wandel vor Ort erzielen. Die Fokus-     Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
WARUM CO2-EMISSIONEN                                                                                    sierung auf Projekte in wenig entwickelten    lern aus dem Donauraum gemeinsam
                                                                                                                                                                                                      Abb. 1: Eine interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Do-
KOMPENSIEREN?                                                                                           Ländern garantiert nicht nur einen Wis-       erarbeitet (Abb. 1). Es berücksichtigt die      nauraum hat das White Paper während eines Workshops in Klagenfurt im April 2015 diskutiert.
Rund 9,8 Tonnen an CO2-Äquivalenten                                                                     senstransfer, sondern die Projekte können     Herausforderungen und Chancen des Do-
emittiert jeder Österreicher/jede Öster-                                                                auch Impulse in anderen Bereichen – wie       nauraums und betont die Integration einer
reicherin pro Jahr. Damit liegt Österreich                                                              beispielsweise Wasser- und Bodenschutz        Langzeitperspektive für eine nachhaltige
bei seinen Pro-Kopf-Emissionen über                                                                     oder Gendergerechtigkeit – setzen. Diese      Zukunft (Abb. 2). Diese kann zeigen, wel-
dem europäischen Durchschnitt. Wollen                                                                   vielfältige Zielverfolgung ist möglich, da    che Prozesse der Interaktion und Koevo-
wir das Zwei-Grad-Ziel erreichen, müssen                                                                auf bestehende Partnerschaften und For-       lution die Gesellschaften an der Donau
wir durch eine Änderung unserer Lebens-                                                                 schungsaktivitäten aufgebaut wird und         und deren Umwelt in der Vergangenheit
gewohnheiten unsere CO2-Emissionen                                                                      mehr Zeit für die Umsetzung und Beglei-       geprägt haben, wie die Entwicklung bis
drastisch reduzieren. Doch nicht jede                                                                   tung des Projektes eingeräumt wird. Durch     zur Gegenwart verlief und welche Hand-
CO2-Emission lässt sich vermeiden, daher                                                                die Einbindung verschiedener BOKU-In-         lungsräume künftig zur Verfügung stehen.
kann man an der BOKU seit 2012 seine                                                                    stitute ist ein hoher Qualitätsstandard ga-
CO2-Emissionen durch eine Spende von                                                                    rantiert, und gleichzeitig wird Nachwuchs-    Der Weg zur Nachhaltigkeit erfordert inter-
25 Euro je Tonne CO2 kompensieren. Das                                                                  forscherInnen die Chance gegeben, sich        disziplinäre Forschung in einem wesentlich
CO2-Kompensationssystem wird nicht nur                                                                  mit konkreten Klimaschutzprojekten zu         stärkeren Ausmaß, als das derzeit der Fall
von BOKU-Departments, Studierenden           wurden zuvor in einem umfangreichen                        beschäftigen. Das BOKU CO2-Kompensa-          ist. Das White Paper hebt entsprechend
und Angestellten genutzt, sondern vor al-    partizipativen Prozess mit der lokalen                     tionssystem bietet mit seinen Einnahmen       den Hauptzielen von Danube:Future vor
lem auch von öffentlichen Einrichtungen      Bevölkerung diskutiert und festgelegt.                     damit ein wichtiges Werkzeug, um inno-        allem die Einbindung der Geisteswissen-
und Unternehmen in Anspruch genom-           So haben sich die 260 beteiligten Haus-                    vative Forschungsideen im Klimaschutz-        schaften hervor. Die Autorinnen und Auto-
men. So konnten bereits 127.000 Euro         halte aus zwei Dörfern auch auf spezielle                  bereich zur Umsetzung zu bringen und          ren des White Papers sehen die Integrati-
gesammelt werden, die aktuell zu 100         Regelungen für die spätere Nutzung der                     BOKU-Forschungsergebnisse sichtbar zu         on des reichen Natur- und Kulturerbes in
                                                                                                                                                                                                      Abb. 2: Herausforderungen und Chancen im Donauraum
Prozent in das äthiopische BOKU-Auffor-      als gemeinsame Ressource charakterisier-                   machen. Durch die positive Einnahmen-         Zukunftspläne sowie einen vorsorglichen
                                                                                                                                                                                                      © Verena Winiwarter & Gertrud Haidvogl, nach Fischer-Kowalski et al. 1995
stungsprojekt COPE fließen.                  ten Aufforstungsfläche geeinigt. Strenge                   situation sollen demnächst drei weitere       Umgang mit den vielen kulturellen und
                                             Nutzungs- und Zutrittsrechte, die Ernen-                   BOKU-Klimaschutzprojekte in Nepal, Cos-       ökologischen Altlasten als den erfolgver-       Empfehlungen an die Politik auf nationaler              Wissensgesellschaft. Die BOKU ist neben
WAS TUT SICH?                                nung von Wächtern sowie klare Verein-                      ta Rica und Äthiopien starten.                sprechendsten Weg zu einer nachhaltigen         und europäischer Ebene. Letztere umfas-                 der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Dank der Einnahmen konnten im COPE-          barungen, wie mit den Einnahmen umge-                                                                    Entwicklung des Donauraums. Inter- und          sen entsprechende Studienpläne, bessere                 und den Universitäten Triest und Novi Sad
Projekt im Juli 2015 10.000 Baumsetzlin-     gangen wird, garantieren, dass die lokale                  Mehr Infos dazu auf der Website des Zen-      transdisziplinäre Ansätze in Verbindung         Vernetzung der unterschiedlichen Kultu-                 eine der vier Kernpartnerinnen, die das
ge gepflanzt werden. Die Bäume wurden        Gemeinschaft langfristig vom Projekt pro-                  trums für globalen Wandel und Nachhal-        mit einer Langzeitperspektive führen            ren oder inter- und transdisziplinäre Erfor-            Projekt betreiben.                     
auf einer Fläche von 30 Hektar gepflanzt     fitiert. Das BOKU Centre for Development                   tigkeit http://www.boku.ac.at/nachhaltig-     zu einem besseren Verständnis der Ge-           schung von Biodiversität, Naturschutzge-
und sollen über die nächsten 30 Jahre        Research und das Waldökologie-Institut                     keit/ oder bei den Autoren (gWN).           genwart – und damit zu einer besseren           bieten oder Ökosystemleistungen.                             Download: www.danubefuture.eu/sites/
mindestens 5.200 Tonnen CO2 speichern.       begleiten das Projekt durch intensive For-                                                               Planung der Zukunft. Das White Paper                                                                         default/files/DanubeFuture_
                                                                                                        Literatur: (Artikel COPE)
Das Klimaschutzprojekt, die Auswahl der      schung und überwachen die tatsächlich                      Habermann, B et al. (2015). Community-        formuliert Kernthemen und Prinzipien            Danube:Future ist ein Flagship-Projekt                       WhitePaper.pdf
Aufforstungsflächen und die Baumarten        erzielte CO2-Speicherung.                                  based carbon offsetting                       für Wissenschaft und Ausbildung sowie           des EUSDR-Schwerpunktbereichs 7 –                            Webpage: www.danubefuture.eu

                                                                                                                         BOKU Magazin 4 2015                 BOKU Magazin 4 2015
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