Ausgabe 18 - Herzlich willkommen ...
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Liebe Leserinnen und liebe Leser, INHALT ich freue mich, Ihnen Überblick 3 zum Ende des Winter- semesters 2018/2019 Projekte 4 die 18. Ausgabe des Vorträge, Konferenzen, Workshops 18 Newsletters unserer News vom IMKR 38 Fakultät präsentieren Prof. Dr. Volker Wulf zu dürfen. Zum Semes- Kooperation mit dem IfM Bonn 40 Dekan terwechsel möchten Lehre und Forschung 43 wir Sie erneut über spannende Ereignisse und Personalien 53 die Neuigkeiten des vergangenen halben Jah- res informieren. Ehrungen 55 Sonstiges 58 Auch diesmal gilt unser Dank in erster Linie den Lehrstühlen und Instituten, die uns diese Publikationen 65 interessanten und vielfältigen Beiträge zuge- sandt haben und mit deren Hilfe die Erstellung dieses Newsletters erst gelingen konnte. Freuen können Sie sich in dieser Ausgabe auf IMPRESSUM die Vorstellung neuer und laufender Projekte und auf viele interessante Beiträge in den Herausgeber: Rubriken Forschung und Lehre sowie Vor- Der Dekan der Fakultät III träge, Konferenzen und Workshops. Redaktion: Lesen Sie auch über die zahlreichen Ergeb- PD Dr. Michael Gail nisse, die durch die Kooperation mit dem re- Nico Bläser nommierten Bonner Institut für Mittelstands- Layout und Satz: forschung (IfM) erzielt werden konnten. Nico Bläser Im Weiteren präsentiert das Institut für Me- Anschrift: dien- und Kommunikationsrecht (IMKR) ihre Universität Siegen, Fakultät III Arbeit erneut in einer eigenen Rubrik. Unteres Schloß 3 Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern viel 57072 Siegen Freude bei der Lektüre. Tel: +49 271 740-3139 E-Mail: dekanat@wiwi.uni-siegen.de Redaktionsschluss: 01.03.2019 Ihr Volker Wulf Erscheinungsdatum: 05.04.2019 Ausgabe 18 Seite 3
Projekte Rechtsdidaktikzentrum "INTLL" erfolg- EU-Geldern finanziert wurde. Auf dem Ab- reich gestartet schluss-Summit am 26.09.2018 blickte das DFW-Team zurück auf die vier durchgeführten Das Institute Fallstudien, aber auch auf die entwickelten for Teaching Methoden und Werkzeuge und den gemein- and Learning sam entwickelten Innovationsprozess. Law (INTLL) wurde am Bei der interaktiven Panel-Diskussion mit Ver- 16.04.2018 an tretern aus der Industrie (Braun/Delonghi, der Professur Lufthansa Innovation HUB, Procter and für Öffentliches Recht und Internationales Gamble, etc.) und der Kreativ-Branche wurde Wirtschaftsrecht von Prof. Dr. Jörn Griebel ge- deutlich, dass sich die langjährige Arbeit ge- gründet. Seitdem hat das INTLL seine Tätigkeit lohnt hat: Gestaltung für subjektives Wohlbe- offiziell aufgenommen und stellt ein breites finden ist möglich und deshalb auch vermarkt- Portfolio an Angeboten rund um das juristi- bar. sche Studium bereit. So wurden bereits zahl- Ein DFW-Handbuch in digitaler Form steht un- reiche Workshops zum Verfassen juristischer ter der unten angegebenen Webseite zur Ver- Themenarbeiten und zum juristischen Lernen, fügung. ein Klausurtraining im Öffentlichen Recht, ein Weitere Informationen finden Sie unter: Klausurtraining im Zivilrecht sowie die ersten www.design-for-wellbeing.org Lernberatungen erfolgreich durchgeführt. Zu- dem fand auch erstmals ein Workshop zur Beteiligte: Prof. Marc Hassenzahl, Holger Klapperich Lehre in den juristischen Arbeitsgemeinschaf- Kooperationspartner: noto (Köln), ixdp. (Essen), HRO ten statt, welcher für alle AG-Leitenden geöff- (Düsseldorf) net war. Alle weiteren Informationen und Neuigkeiten Auftaktveranstaltung und Kreativ- rund um das INTLL können auf der Homepage workshop zum Projekt „NoStress“ (http://intll.recht.uni-siegen.de/) abgerufen werden oder Sie registrieren sich direkt für Das Projekt NOSTRESS verbindet Smartphone- den INTLL-Newsletter (https://listserv.uni-sie- gestützte multimodale VR-Technologien mit gen.de/mailman/listinfo/intll), der Sie über automatisierter harmonischer Klanggenerie- alle Tätigkeiten des INTLL auf dem Laufenden rung mittels 3D-Sound und einer mit der virtu- hält. ellen Welt synchronisierten Massagetechnik. Diese innovative Kombination verschiedener Beteiligte: Prof. Dr. Jörn Griebel, RAin Stefanie Stanka, Technologien wird genutzt, um Menschen Dr. Patrick Stockebrandt, Stefan Schelhass, LL.M., Do- beim Erlernen und Praktizieren insbesondere minik Schmidt, LL.B., Christian Schäfer, LL.M. „imaginativer“ Entspannungstechniken (z.B. Fantasiereise) im Alltag zu unterstützen. Eine Projektabschluss und Summit des Pro- eigens entwickelte körpernahe Sensorik er- laubt es zusätzlich, physiologisch messbare jekts „Design for Wellbeing.NRW“ Stressindikatoren (Puls, Atmung, Hautleit- Vor circa drei Jahren starte das Forschungs- wert, Blutdruck) aufzunehmen und die Ent- projekt “Design for Wellbeing.NRW” (Förder- spannungstechnik individuell an Nutzer und kennzeichen: EFRE 0800005), welches durch Situation anzupassen. NOSTRESS verknüpft so das Land NRW bzw. die Leitmarktagentur und in innovativer Weise VR-Technologie, Smart Wearables und „Empathic Computing“ und Ausgabe 18 Seite 4
Projekte wendet dies praxistauglich auf ein dringendes Auftaktveranstaltung des Projekts gesundheitliches Alltagsproblem an. HIVE-Lab In dem Projekt sollen folgende Kernfragen im Moderne Technologien für Gesundheitsan- Bezug auf die Einbettung dieser Entwicklung wendungen sollen die Lebensqualität der Nut- in einen wohlbefindensorientierten, nutzer- zerinnen und Nutzer erhalten und ihr Wohlbe- zentrierten Gestaltungsprozess beantwortet finden verbessern. Virtual und Augmented Re- werden: ality (VR/AR) bieten dabei neue Möglichkeiten (1) Wie können aktuelle Entspannungstechni- der Mensch-Technik-Interaktion durch multi- ken erfolgreich durch Technik bereichert wer- modale und immersive Nutzererfahrungen. den, um so von den Benutzern akzeptiert und Im HIVE-LAB soll evaluiert werden wie und ob als freudvoll erlebt zu werden? erfolgreiche Gestaltung und Realisierung technischer Innovationen erfolgt und hierbei (2) Wie wird Entspannung im Alltag praktiziert durch die kontextsensible Einbettung in den und wie können neue Formen der technolo- Alltag der Nutzenden unterstützt wird. giegestützten Entspannung erfolgreich in den Alltag ihrer Nutzer eingebettet werden? Der Forschungsverbund HIVE-Lab baut zwei sich ergänzende „Living-Labs“ in Düsseldorf (3) Kann die neue Technologie die gewünsch- und München auf. Ziel ist es dabei andere For- ten Effekte erzeugen, d.h. Reduktion von schungs- und Entwicklungsprojekte bei tech- Stress bei gleichzeitigem Senken der Hürde nischen Fragestellungen wie der Auswahl ge- zum Erlernen und regelmäßigen, alltäglichen eigneter Algorithmen zu beraten. Zugleich Anwenden technologiegestützter Entspan- werden technische Innovationen in realen nung. und simulierten Alltagsumgebungen evaluiert Das Vorhaben GINA wird im Rahmen des Pro- sowie methodisch und technisch unterstützt. gramms "Technik zum Menschen bringen" Außerdem wird eine allgemein zugängliche vom Bundesministerium für Bildung und For- Wissensbasis entwickelt. Diese Wissensbasis schung gefördert. wird den Transfer des wissenschaftlichen Bisher konnte die Forschungsgruppe Know-hows in wirtschaftlichen und gesell- "Ubiquitous Design" in einer design-ethnogra- schaftlichen Bereiche befördern. Dies ge- phischen Untersuchung erste Entspannungs- schieht durch öffentliche Veranstaltungen praktiken untersuchen und davon Design-Im- und frei zugängliche Publikationen (Open Ac- plikationen ableiten. In einem Kreativ-Work- cess). Gestalterische, ethische und soziale Be- shop wurden nun erste Konzepte entwickelt, ratungsleistungen für wissenschaftliche, wirt- wovon eine auf dem diesjährigen Zukunfts- schaftliche und gesellschaftliche Kooperati- grongress in Bonn ausgestellt wird. onspartner sind beim HIVE-Lab ebenfalls mög- lich. Beteiligte: Prof. Marc Hassenzahl, Holger Klapperich Als Perspektive biete das HIVE-Lab den For- Kooperationspartner: Hochschule Düsseldorf (Düssel- dorf), LAVAlabs Moving Images GmbH & Co. KG (Düs- schungsverbünden aus Wissenschaft und seldorf), Medisana Space Technologies GmbH (Düssel- Wirtschaft alltagszentrierte und gestaltungs- dorf), tro GmbH (Düsseldorf), IOX GmbH (Düsseldorf) orientierte Evaluierungsmöglichkeiten mit der die VR/AR-Technik sensibel in den Nutzerall- tag eingebettet wird. Unter anderem wird auch das Forschungspro- jekt „NoStress“ durch die Begleitforschung Ausgabe 18 Seite 5
Projekte von HIVE unterstützt und im Rahmen des Pro- auch komplexe Situationen und Beweggründe gramms "Technik zum Menschen brin- des Nutzers, einen anderen Hörfokus zu legen gen" vom Bundesministerium für Bildung und als den, der durch das Gerät automatisch fest- Forschung gefördert. gelegt wurde. Da diese Situationen dynamisch und in natürlichen Gesprächen entstehen, Das Projekt HIVE startete im Dezember letzten liegt es nahe, hier mittels Gesten mit dem Ge- Jahres, bei der Auftaktveranstaltung wurden rät zu interagieren. In einem Workshop haben die Kooperationen der einzelnen Projektpart- wir einen Schauspieler mit 11 Szenarien kon- nerInnen besprochen und festgelegt. Die Uni- frontiert, in denen er mittels einer Geste sei- versität Siegen arbeitet zunächst eng mit der nen Hörfokus verändern sollte. Dabei haben Uni Tübingen an den Elsi-Kriterien in Bezug auf wir eine große Bandbreite an Gesten zusam- VR/AR am Beispiel des Projektes "NoStress". mentragen können. Nach Auswertung der ver- Beteiligte: Prof. Marc Hassenzahl, Holger Klapperich schiedenen Gesten ist eine Anschlussstudie Kooperationspartner: Hochschule Düsseldorf, Universi- geplant. tät Tübingen, LMU München Projekt „mEEGaHStim“ - Workshop mit einem Schauspieler Im Projekt mEEGaHStim geht es darum Hörge- schädigten wieder zu ermöglichen gerichtet, sprich fokussiert zu hören. Zu diesem Zweck kommt über unsere Projektpartner allerlei Technik zum Einsatz, die beispielsweise Hirn- ströme misst und so eine Sprechererkennung Der Schauspieler in einem der Szenarien - er guckt zwar ermöglicht. Am Lehrstuhl für Ubiquitous De- eine Person an, möchte aber viel lieber der Person sign wurde in den letzten Monaten ein Design- rechts davon seine volle Aufmerksamkeit schenken, um prototyp entwickelt, der die verschiedenen Bemerkungen von ihr unbedingt mit zu bekommen. technischen Anforderungen vereint. Beteiligte: Prof. Marc Hassenzahl, Tim zum Hoff Projektstart „GINA“ und Vernetzungs- treffen Das Projekt GINA star- tete im Oktober 2018 und beschäftigt sich mit der Frage „guter“ Mensch-Roboter-Inter- aktion. Während Robo- Der 3D gedruckte Designprototyp des Hörsystems ter in Fabrikhallen gang In einem weiteren Schritt setzen wir uns nun und gäbe sind, findet mit der Interaktion mit dem Gerät auseinan- man sie im Privaten der. Wir sind der Ansicht, dass es Situationen noch kaum. Eines ist al- gibt, in denen eine automatische Sprecherer- lerdings klar: Roboter sind in vielerlei Hinsicht kennung funktioniert. Genauso gibt es aber ganz anders, als die anderen Geräte, die wir Ausgabe 18 Seite 6
Projekte tagtäglich nutzen. Sie können sich selbststän- seln und den Historikern zur weiteren For- dig bewegen und aktiv auf ihre Nutzer*innen schung zugänglich zu machen. Prof. Esslinger zugehen. Einige können sogar Gespräche füh- ist mit einem Vollzeit-Postdoc im Bereich ren und sich um soziale Bedürfnisse kümmern. Kryptoanalyse daran beteiligt. Die „Mensch-Roboter-Interaktion“ muss da- bei so gestaltet sein, dass der Umgang mit ei- Studenten, die sich für Kryptoanalyse interes- nem Roboter nicht nur möglichst reibungslos sieren, sind sowohl für Projektarbeiten als ist, sondern auch langfristig Freude bereitet. auch als Hiwis und wissenschaftliche Mitarbei- Wie sollten Roboter aussehen und was müs- ter in diesen Projekten gern gesehen. Die Stu- sen sie können, um mit Menschen zusammen- denten können gerne auch aus den Fachrich- zuleben? Wie bindet man zukünftige Nut- tungen Mathematik oder Informatik kommen. zer*innen frühzeitig in die Entwicklung von Die Aufgaben reichen nicht nur ins aktuelle Se- Robotern ein? Welche ethischen und rechtli- mester hinein, sondern auch noch in die chen Aspekte muss man bedenken? nächsten 12 Semester. Als Begleitprojekt unterstützt GINA mit seiner Forschung acht Forschungsprojekte der För- Digitale Grundschule dermaßnahme Mensch-Technik-Interaktion des Bundesministeriums für Bildung und For- Eine studentische Projektgruppe der Univer- schung im Förderschwerpunkt “Roboter für sität Siegen hat die Michaelgrundschule in Assistenzfunktionen; Interaktionsstrategien”. Kirchen in Sachen Digitalisierung unterstützt, Im November 2018 gestaltete GINA das erste um sie fit für die Zukunft zu machen. Vernetzungstreffen am Fraunhofer IAO und Wie schnell muss die Internetverbindung in damit den Austausch zwischen den acht Pro- der Schule sein, damit 32 Kinder gleichzeitig jekten. Wir organisierten Workshops für eine ein Video auf ihren Tablets abspielen können? projektübergreifende Vernetzung. Und wie können wir die Digitalisierung der Schule vorantreiben, ohne hohe Summen da- Beteiligte: Prof. Dr. Marc Hassenzahl, Dr. Diana Löffler, für auszugeben? Mit Fragen wie diesen haben Judith Dörrenbächer, Peter Kubior Kooperationspartner: Universität Stuttgart, Ludwig- sich acht Lehramtsstudierende im Fach Infor- Maximilians-Universität München, Deutsches Zentrum matik der Universität Siegen ein Semester für Luft- und Raumfahrt e.V., Hochschule Düsseldorf, lang beschäftigt – vor Ort in der Michael- LAVAlabs Moving Images GmbH & Co. KG, User Inter- grundschule in Kirchen. face Design GmbH „Damit Digitalisierung erfolgreich ist, brau- chen Schulen ausgebildete LehrerInnen und Beteiligung von Prof. Esslinger am For- die nötige Infrastruktur“, erklärt Dr. Michael schungsprojekt DECRYPT Schuhen vom Zentrum für ökonomische Bil- dung Siegen (ZöBiS). Gemeinsam mit dem Die schwedische Forschungsgesellschaft hat Lehrstuhl für Betriebssysteme und verteilte Ende 2018 bekannt gegeben, ein interdiszipli- Systeme leitete Schuhen das Projekt. „Kein näres Forschungsprojekt namens DECRYPT Lehrer lässt sich auf Digitalisierung ein, wenn mit rund 3 Mio. Euro für 6 Jahre zu fördern. An er nicht sicher sein kann, dass der Unterricht dem Projekt arbeiten Kryptologen, Computer- zum Beispiel mit Tablets auch funktioniert. Linguisten, Historiker und Image-Processing- Stattdessen greifen sie im Zweifelsfall lieber Experten zusammen, um verschlüsselte histo- auf Stift und Papier zurück. Das ist völlig ver- rische Dokumente automatisiert zu entschlüs- ständlich.“ Ausgabe 18 Seite 7
Projekte Um genau das zu vermeiden, beleuchtete die sagt Kirchens Bürgermeister Maik Köhler. „Da- Projektgruppe das Thema Digitalisierung aus mit dies strategisch, wirtschaftlich und insbe- drei Perspektiven: Aus der pädagogischen, der sondere nachhaltig erfolgt“, so Dr. Michael technischen und der ökonomischen. Zuerst in- Schuhen, „ist es bedeutsam, dass Schulträger terviewten die Studierenden die LehrerInnen: mögliche Digitalisierungsschritte künftig bei Wie sieht die Lage momentan aus? Was benö- ihrer Schulentwicklung mitbedenken.“ tigen sie, um besser zu arbeiten? Danach tes- teten die Studierenden mit Messinstrumen- ten die Ausstrahlung des Netzes. Wo verlau- fen die Leitungen, wo sind die Router ange- bracht und wie viel Belastung hält das Netz aus? Durch die Belastungstests und die Mes- sungen konnten die Studierenden herausfin- den, was bereits möglich ist und welche Ver- bindungsrate vorhanden sein müsste, um op- timale Ergebnisse zu erzielen. Den perspekti- vischen Maßnahmenplan klopften die Studie- renden dann aus wirtschaftlicher Sicht ab. „Di- gitalisierung kostet sehr viel. Uns war deshalb Besuch der Michaelgrundschule in Kirchen besonders wichtig, wie wir eine nachhaltige Entwicklung unterstützen und die Kosten in den Griff bekommen können“, sagt Schuhen. Wie kompetent kaufen Kinder ein? Aus allen Überlegungen erstellten die Studie- WissenschaftlerInnen der Universität Siegen, renden gemeinsam mit den Lehrkräften und der Privatuniversität Schloss Seeburg (Öster- der Schulleitung dann einen Fahrplan für künf- reich) und des DIPF | Leibniz-Institut für Bil- tige Digitalisierungsschritte. „Dieser digitale dungsforschung und Bildungsinformation un- Fahrplan bietet neben Lösungsansätzen zum tersuchen gemeinsam Kaufkompetenz, Kauf- Ausbau des Schulnetzes auch Einsatzempfeh- verhalten und Kaufentscheidungen von lungen für vorhandene Geräte“, erklärt Dr. Grundschulkindern. Andreas Hoffmann vom Lehrstuhl für Be- „Mama, Papa, darf ich das haben?“ Ein Satz, triebssysteme und Verteilte Systeme. den alle Eltern kennen, die mit Kindern in den Die Michaelgrundschule in Kirchen nimmt seit Supermarkt gehen. Schon ab einem Alter von diesem Schuljahr am Projekt „Medienkompe- etwa einem Jahr beeinflussen Kinder die Kau- tenz macht Schule“ des Landes Rheinland- fentscheidungen von Erwachsenen. Eigene Pfalz teil. Dabei erhalten die LehrerInnen Fort- Kaufentscheidungen treffen sie in der Regel bildungen, lernen zum Beispiel Apps für den ab dem sechsten Lebensjahr. Zahlreiche Unterricht kennen und entwickeln ein lang- Händler und Hersteller sprechen mit ihrer Pro- fristiges Konzept zur Digitalisierung. „Deshalb duktwerbung gezielt Kinder an. Auch die Ver- freuen wir uns sehr, dass die Studierenden der packungen und Namen vieler Produkte sind Universität Siegen für unsere Schule einen Di- auf diese sehr junge Zielgruppe zugeschnitten. gitalisierungsfahrplan entworfen haben“, sagt Doch wie steht es um die Kaufkompetenz von Schulleiter Lars Lamowski. „Für uns als Schul- Grundschulkindern? Auf welches Hinter- träger ist es wichtig, unsere Schulen bei ihrem grundwissen können sie zurückgreifen – und Weg in die Digitalisierung zu unterstützen“, wie wenden sie dieses Wissen bei Kaufent- scheidungen praktisch an? Ausgabe 18 Seite 8
Projekte In dem Projekt „Modellierung der Kaufkompe- Im Rahmen früherer Studien haben die Wis- tenz von Kindern“ möchten Wirtschaftswis- senschaftlerInnen für diesen Part bereits ei- senschaftlerInnen der Uni Siegen und der Pri- nen virtuellen Supermarkt entwickelt. Auf ei- vatuniversität Schloss Seeburg (Österreich) nem Tablet führen die Kinder durch Tippen sowie Bildungsforschende des DIPF | Leibniz- und Wischen mit dem Finger einen Einkaufs- Institut für Bildungsforschung und Bildungsin- wagen durch die virtuellen Regalreihen. Ihre formation gemeinsam die Kaufkompetenz, Aufgabe: Eine Einkaufsliste mit zehn verschie- das Kaufverhalten und die Kaufentscheidun- denen Produkten abarbeiten – und dabei so gen von Grundschulkindern untersuchen. Das wenig Geld ausgeben wie möglich. Projekt läuft bis Mitte 2020 und wird von der „Der virtuelle Supermarkt stellt die Kinder vor Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit die gleichen Herausforderungen wie ein realer rund 400.000 Euro gefördert. Supermarkt“, sagt Dr. Michael Schuhen. „Kaufkompetenz ist ein sehr komplexer Be- „Auch in dieser simulierten Kaufsituation gibt griff, der jede Menge einzelne Fähigkeiten be- es ein großes Warenangebot, spezielle Son- inhaltet. Beispielsweise müssen Kinder ein derangebote und Werbebotschaften.“ Halten Grundverständnis für Zahlen, Preis-Mengen- sich die SchülerInnen trotzdem an die Ein- Relationen, Budgetplanung oder die Bedeu- kaufsliste? Wie effizient gehen sie vor? Und tung von Werbebotschaften in Geschäften schaffen sie es, sparsam einzukaufen – zum mitbringen. Gleichzeitig spielen persönliche Beispiel, wenn Produkte in verschiedenen Fähigkeiten eine Rolle, etwa, inwiefern ein Verpackungsgrößen zu unterschiedlichen Kind in der Lage ist, sich selbst zu kontrollieren Preisen angeboten werden? „Von der Auswer- und eigene Wünsche zu reflektieren“, erklä- tung versprechen wir uns Hinweise darauf, in ren Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein, die an der welchen Bereichen Kinder in Konsumsituatio- Uni Siegen die Professur für Betriebswirt- nen stärker geschützt werden müssen und wie schaftslehre, insbesondere Marketing und ihre Kaufkompetenz noch besser gefördert Handel innehat und Dr. Michael Schuhen vom werden kann“, sagt der Wirtschaftspsycho- Zentrum für ökonomische Bildung (ZöBiS). Ge- loge Prof. Dr. Gunnar Mau von der Privatuni- meinsam mit ihren KollegInnen aus Österreich versität Schloss Seeburg. WissenschaftlerIn- und vom DIPF möchten sie einen computerba- nen haben hier in früheren Untersuchungen sierten Test entwickeln, mit dem die Kaufkom- bereits Testsituationen entwickelt, um Aussa- petenz von Schulkindern erfasst werden kann. gen über die Bedeutung von Werbung oder Anhand der erhobenen Daten möchten die von Verboten zu treffen und den Einfluss von Forschenden außerdem den Zusammenhang LehrerInnen, Eltern oder Gleichaltrigen auf die zwischen Theorie und Praxis analysieren – also Kaufentscheidungen von Kindern zu untersu- dem abrufbaren Wissen einerseits und dem chen. Die Ergebnisse sollen in das aktuelle Entscheidungsverhalten von Kindern in Kon- Projekt mit einfließen. sumsituationen andererseits. In der ersten Phase des Forschungsprojektes „Der Test besteht aus zwei Teilen. Im ersten geht es darum, den Test samt praktischer Auf- Teil müssen die Kinder Wissens- und Einstel- gabe sowie die Testumgebung zu entwickeln. lungsfragen rund um das Thema ‚Kaufent- Grundschullehrkräfte überprüfen, ob die kon- scheidungen‘ beantworten. Im zweiten Teil zipierten Fragen und Aufgaben verständlich geht es darum, in einer realitätsnahen Ein- formuliert sind. Anschließend sollen rund kaufssimulation eine Aufgabe zu bewältigen“, 1.600 Grundschulkinder aus Nordrhein-West- erläutert Prof. Dr. Johannes Hartig vom DIPF. falen und Hessen an der Haupterhebung teil- nehmen. 80 dritte und vierte Klassen werden Ausgabe 18 Seite 9
Projekte dazu Besuch von den Forschenden bekom- Im fachwissenschaftlichen Teil referierte un- men. Die Auswertung der gewonnenen Daten ter anderem Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, und die Veröffentlichung der Ergebnisse bil- Präsident des ifo-Instituts, über aktuelle Fra- den den Abschluss des Projektes. „Unser Ziel gen der Weltwirtschaft. Im Workshop stellten ist es, konkrete Empfehlungen und anwend- die Siegener Wissenschaftler Prof. Dr. Nils bare Hinweise für Politik, Eltern und Lehr- Goldschmidt und Dr. Marco Rehm unter- kräfte zu formulieren“, erklärt Prof. Schramm- schiedliche Fallstudien in Form von Lern- und Klein. als Leistungssituationen vor und der ehema- lige ZöBiS-Mitarbeiter und jetzige Juniorpro- Aktuell werden noch Grundschulen gesucht, fessor für Bildungsmanagement an der PH die an dem Forschungsprojekt teilnehmen Ludwigsburg, Prof. Dr. Michael Weyland, möchten. Weitere Informationen zum Projekt führte ein umfangreiches ökonomisches (Un- sowie die Möglichkeit, sich anzumelden, fin- terrichts-)Experiment durch. Abgerundet den Sie unter: wurde der Workshop durch das wirtschaftspo- https://umfrage.zoebis.de/umfrage/in- litische Planspiel MACRO der Aktionsgemein- dex.php/345134? schaft Soziale Marktwirtschaft, das Martin Weidner von der GIZ vorstellte. "Es geht für Beteiligte Personen: Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein, Dr. Michael Schuhen mich in der ökonomischen Bildung nicht da- rum, dass die Schülerinnen und Schüler jede Einzelheit von Wechselkursmechanismen ifo-Institut lud das ZöBiS zu "ifo-Pra- oder des Zinstenderverfahrens kennen. Viel xistage für modernen Wirtschaftsun- wichtiger sind Grundmuster des ökonomi- schen Denkens und Handelns, die die Schüle- terricht" ein rinnen und Schüler exemplarisch im Unter- "Wer profitiert vom internationalen Han- richt durchführen. Diese befähigen sie dann in del?", "Ist ein Außenhandelsüberschuss gut allen möglichen zukünftigen Situationen, öko- für Deutschland?" - an solchen Fragen mü- nomisch kompetent zu urteilen und zu han- hen sich Schülerinnen und Schülern oft im deln", so Prof. Dr. Nils Goldschmidt in seinem Unterricht. Wie kann man also solche Fra- Rahmenvortrag zum Workshop. gen der Wirtschaftspolitik kompetent an Aufgrund des positiven Feedback des in die- Schülerinnen und Schüler vermitteln und sie sem Jahr zum ersten Mal durchgeführten zu einem eigenen Urteil gelangen lassen? Workshops zur unterrichtlichen Umsetzung Diese Frage stellt sich nicht nur das Zentrum verständigte sich Prof. Dr. Nils Goldschmidt für ökonomische Bildung in Siegen (ZöBiS), mit Dr. Wolfgang Auer und Anette Marquardt, sondern mit dem Münchener ifo-Institut auch den Verantwortlichen für die Fortbildung am eines der führenden Wirtschaftsforschungsin- ifo-Institut, auf eine Fortführung der Koopera- stitute in Deutschland. So lag eine Koopera- tion in den nächsten Jahren. tion nahe: Für die alljährliche Lehrerfortbil- dung "ifo-Praxistage für modernen Wirt- schaftsunterricht" am 15. und 16. Februar 2019 lud das ifo-Institut das ZöBiS ein, einen Workshop zu gestalten, in dem es um die un- terrichtliche Umsetzung von aktuellen wirt- schaftspolitischen Themen ging. Ausgabe 18 Seite 10
Projekte Forschungsprojekt „CareComLabs“ Digitale Beratung auf der Verkaufsfläche Neues Forschungsprojekt in Kooperation mit richtig eingesetzt der Forschungseinrichtung der Zürcher Im Zuge der Analyse von Point-of-Sale Techno- Careum Hochschule Gesundheit: „CareCom- logien initiierte die Professur für Marketing Labs: Innovative Home Care Models for Pe- und Handel im Rahmen des Einzelhandelsla- ople with Comprehensive Care Needs: Caring bor-Projektes im Zeitraum zwischen Oktober Community Living Labs“. 2018 und Januar 2019 umfangreiche Studien zum Thema der Wirksamkeit von digitalen Be- Das Projekt CareComLabs erforscht und setzt ratungstools als Ergänzung zu der zwischen- innovative und gemeinschaftsbasierte Versor- menschlichen Interaktion von Verkaufsperso- gungsmodelle für die Langzeitpflege zu Hause nal und Kunden am Point of Sale. Dieses Pro- um. Das Projekt wird vom Schweizer National- jekt wurde in Kooperation mit „Feinbier unter- fond (SNF) über drei Jahre mit 375.000 EUR wegs“ aus Siegen, einem Ladenlokal für Out- gefördert und startete am 1. Februar 2019. doorbedarf, und mit dem „Score Shop“ aus „Aktuelle Ansätze der Langzeitpflege sind Neheim, einem Einzelhändler für Textilien, nicht nachhaltig, denn sie überfordern Ange- Schuhe und Accessoires, durchgeführt. Die Er- hörige meist oder basieren auf teilweise prob- gebnisse der Studien zeigen, dass die aktive lematischen Arbeitssituationen von Pflege- Einbindung von digitalen Beratungstools in Migrantinnen und -Migranten“, erklärt Junior- das Beratungsgespräch nicht immer vorteil- professorin Dr. Claudia Müller, die das Projekt haft ist. Notwendig ist es, dass die Kunden ak- von Siegener Seite leitet. tiv in die Nutzung und Einbindung der digita- Sie und ihr Team erforschen technologische len Elemente einbezogen werden. Nutzen die Unterstützungsmöglichkeiten im Bereich der Verkäuferinnen und Verkäufer im Laden die häuslichen Pflege. „Die Bedarfe an IT-Unter- digitalen Medien hingegen lediglich zur Infor- stützung in solchen sensiblen Situationen wie mationsunterstützung, kann sich dies proble- in der häuslichen Langzeitpflege sind sehr spe- matisch auf die Wahrnehmung der Kompe- zifisch und individuell. Der Markt bietet be- tenz des Verkaufspersonals auswirken und die reits viele Möglichkeiten, vom Notrufsystem Beratungsqualität wird eher negativer einge- über die Medikamenteneinnahme-Erinnerung schätzt als ohne die Nutzung von digitalen Be- bis zur Quartiersplattform. Aber in den Haus- ratungstools. Zudem zeigen sich auch Auswir- halten ist bisher wenig angekommen. Dies kungen auf die Zahlungsbereitschaft der Kun- liegt zu einem Großteil daran, dass diese An- den. wendungen ohne den Blick auf die sozialen Gemeinschaften entwickelt werden, inner- halb derer Techniknutzung, Kommunikation und Austausch stattfinden“, sagt Müller. Um passgenaue Lösungen zu finden, sei es wich- tig, mit der IT-Forschung und -Entwicklung Damit bestätigen und vertiefen die Ergebnisse nah an der realen Praxis, in den Haushalten dieser Studien vorherige Forschungsarbeiten, und im Wohnquartier, anzusetzen. die von der Professur für Marketing und Han- del erarbeitet wurden. Dort hatte sich bereits gezeigt, dass die reine Präsenz von Tablets als Tool zur Beratungsunterstützung vor allem im kleineren, stationären Einzelhandel dazu führt, dass das Verkaufspersonal im Vergleich Ausgabe 18 Seite 11
Projekte zum Beratungspersonal, das keine Technolo- passiven Verkaufsunterstützung durch Tech- gieunterstützung nutzt, weniger kompetent nologien zu bedeuten. eingeschätzt wird. Dies gilt selbst dann, wenn Neben diesem Aspekt sind vor allem auch die überhaupt keine Interaktion zwischen Kunden Ergebnisse im Hinblick auf den Einfluss des und Verkaufspersonal stattgefunden hat. Die Technologieeinsatzes auf die Zahlungsbereit- Beratungskompetenz im Rahmen der zwi- schaft interessant: Unterstützung des Bera- schenmenschlichen Interaktion zwischen Kun- tungsprozesses durch digitale Technologien den und Händler ist eine von genau den Fak- erhöht die Zahlungsbereitschaft im Vergleich toren, anhand derer sich kleine und mittel- zu klassischen, analogen Beratungsprozessen große Händler von ihrer Konkurrenz, insbe- ohne Technologieeinsatz. Dabei konnte im sondere dem Online-Handel, unterscheiden Rahmen dieser Studie gezeigt werden, dass können. Vor allem die Zufriedenheit der Kun- die Kunden die höchste Zahlungsbereitschaft den mit der Beratung ist ein entscheidender zeigen, wenn eine Beratung mit Technologie- Faktor, der die allgemeine Einstellung gegen- unterstützung unter aktivem Einbezug der über dem Händler bestimmt. Kunden in die Technologienutzung erfolgt. Die Ergebnisse der Vielzahl der Studien aus dem Projekt des Einzelhandelslabors werden unter anderem auch im Beisein des NRW-Mi- nisters für Wirtschaft, Innovation, Digitalisie- rung und Energie, Prof. Dr. Andreas Pinkwart, auf der Abschlussveranstaltung des EFRE-För- derprojektes „Einzelhandelslabor Südwestfa- len“, in welches die Professur für Marketing und Handel der Universität Siegen aktiv drei Jahre eingebunden war, am 25.03.2019 in So- est vorgestellt. Deutlich wird anhand des gemeinsam mit „Feinbier unterwegs“ und dem „Score Shop“ realisierten Experiments, welchen Einfluss un- terschiedliche Formen der Einbindung digita- ler Technologien zur Beratungsunterstützung in das Beratungsgespräch haben können. An- hand mehrerer Studien mit rd. 1.400 Teilneh- merinnen und Teilnehmern zeigt sich, dass Kunden, die eine aktive Beratung mit digitaler Technologieunterstützung erfahren haben, die MitarbeiterInnen nicht nur deutlich kom- petenter einschätzen, als Kunden, die eine passive Beratung mit digitaler Technologieun- terstützung erfahren haben, sondern auch zu- friedener mit der Beratung insgesamt sind. Für die Kunden scheint folglich der Einbezug in die Nutzung der digitalen Technologien, die vom Verkaufspersonal eingesetzt werden, ei- nen tatsächlichen Mehrwert im Vergleich zur Ausgabe 18 Seite 12
Projekte Beeinflussen unterschiedliche Fakto- ten, wurden die Daten aus zwei verschiede- ren deutsche und chinesische Verbrau- nen Ländermärkten mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund, nämlich China und cher beim grenzüberschreitenden On- Deutschland, betrachtet. line-Shopping? Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Risiken Grenzüberschreitendes Online-Shopping be- für das grenzüberschreitende online Einkaufs- schreibt das Phänomen, dass Verbraucher On- verhalten für deutsche Verbraucher eine line-Einkäufe im Ausland tätigen, anstatt in ih- wichtigere Rolle als für chinesische Verbrau- rem Heimatmarkt online einzukaufen. Laut ei- cher spielen. Dies liegt nicht nur darin begrün- ner aktuellen Studie von McKinsey (2017) det, dass die deutschen Verbraucher risiko- wachsen grenzüberschreitende Online-Shop- averser sind, sondern macht v.a. deutlich, ping-Transaktionen mit einer Rate von 25% dass sie potenzielle Risiken in ihrer Abwägung pro Jahr und sollen bis zum Jahr 2020 ein Fünf- und Gegenüberstellung mit dem wahrgenom- tel der weltweiten Online-Shopping-Transak- menen Nutzen stärker gewichten. Chinesische tionen ausmachen. Allerdings zeigt eine glo- Verbraucher hingegen gewichten den Nutzen bale Umfrage von Payvision (2017), dass der stärker als die Risiken. Darüber hinaus deuten Anteil der grenzüberschreitenden Online- die Daten darauf hin, dass chinesische und Shopping-Aktivitäten in einzelnen Länder- deutsche Verbraucher unterschiedliche Vor- märkten unterschiedlich hoch ausfällt, z.B. teile als am relevantesten für den grenzüber- aufgrund verschiedener politischer und wirt- schreitenden Online-Einkauf betrachten, wo- schaftlicher Situationen. Daher können län- bei die Gewichtung der jeweiligen wahrge- derspezifische Unterschiede beim grenzüber- nommenen Risiken dafür in allen Ländern schreitenden Online-Shopping-Verhalten eine recht ähnlich ausfällt. wichtige Rolle spielen. Im Gegensatz zum On- line-Shopping auf dem Heimatmarkt sind bei Demgegenüber hat das Vertrauen der chinesi- grenzüberschreitenden Käufen eine Reihe von schen Verbraucher einen stärkeren positiven Bedingungen anders, weil die Verbraucher für Einfluss auf die Kaufintention als das der deut- eine Transaktion (digital) die Landesgrenze schen Verbraucher. Ein Erklärungsgrund hier- überschreiten. Das führt im Vergleich zum On- für ist, dass chinesische Verbraucher ihren line-Shopping auf dem Heimatmarkt zu zu- Markt als den gefährlichsten der Welt ein- sätzlichen Vorteilen, jedoch auch zu zusätzli- schätzen. Dies könnte sie zu der Annahme ver- chen Risiken. Gerade die steigenden Risiken in anlassen, dass ausländische Händler mehr Si- der digitalen Welt sind es, welche die Wahr- cherheit bieten könnten, als die Händler aus scheinlichkeit einer Gefährdung der Verbrau- dem eigenen, chinesischen Markt. So sind chi- cher erhöhen – und damit die sog. Verbrau- nesische Verbraucher gegebenenfalls weniger cherverletzlichkeit. Daher analysiert die Pro- gut über potenzielle Risiken informiert, kau- fessur für Marketing und Handel in einer län- fen aber trotzdem grenzüberschreitend online derübergreifenden Studie, welche spezifi- ein, wenn sie dem ausländischen Händler ver- schen Nutzen und Risiken den wahrgenom- trauen. Darüber hinaus hat Vertrauen, da es in menen Wert des grenzüberschreitenden On- der chinesischen Kultur erst durch große An- line-Shoppings beeinflussen und welchen Ein- strengung gewonnen werden muss, eine stär- fluss dieser Wert, sowie das Vertrauen auf die kere Gewichtung im Entscheidungsprozess Kaufintention der Verbraucher ausüben. Um chinesischer Verbraucher. die gestellten Forschungsfragen zu beantwor- Ausgabe 18 Seite 13
Projekte Aus dieser Studie lässt sich als Implikation ab- nach Südwestfalen hierin klar bestärkt. In die- leiten, dass in Unternehmensentscheidungen sem Rahmen wurde die „Gemeinsame Initia- und auch in der Verbraucherpolitik zu berück- tive Digitalisierung“ Siegen-Wittgenstein, be- sichtigen ist, dass die deutschen Verbraucher stehend aus den Kommunen des Kreises Sie- beim grenzüberschreitenden Online-Shop- gen-Wittgenstein, dem Kreis Siegen-Wittgen- ping rationaler handeln, während chinesische stein, dem regionalen IT Dienstleister SIT und Verbraucher affektivere Entscheidungsträger dem Forschungskolleg der Universität Siegen, sind, die Vertrauen als starken Indikator nut- gegründet. Sie versucht, Antworten auf zent- zen. Generell müssen Online-Händler aber bei rale Fragen der kommunalen Digitalisierung der Entwicklung ihrer internationalen Ver- zu finden: Wie können einzelne Kreise, Städte kaufsstrategien überlegen, wie sie die Risiken und Gemeinden – im Zusammenspiel mit der und damit die Verbraucherverletzlichkeit re- gesamten Region – von der Digitalisierung duzieren können. Beispielsweise könnten Gü- profitieren? Welche konkreten Initiativen soll- tesiegel, transparente Transaktions- und Lie- ten vor Ort prioritär angegangen werden? Wie ferprozesse und der Aufbau eines guten, ver- können Behörden das hierfür erforderliche, trauenswürdigen Rufs geeignete Strategien in knappe Personal gewinnen oder entwickeln? Schwellenländern wie China darstellen, in de- Wie können stark nachgefragte Digitalisie- nen Vertrauen eine entscheidende Rolle zu rungsexperten in konkrete kommunale Pro- spielen scheint. Besonders für Industrieländer jekte eingebunden werden? Wie kann die teils wie Deutschland sollte hingegen, um das sehr große Last digitaler Initiativen gemein- wahrgenommene Risiko zu reduzieren, eine sam mit anderen geschultert werden? Diese Informationsbereitstellung z.B. durch die Re- und weitere Fragen gilt es im Rahmen der gierung, Verbraucherschutzorganisationen „Gemeinsamen Initiative Digitalisierung“ auch und die Einzelhändler selbst erfolgen, indem für Siegen-Wittgenstein und die Region zu ad- diese einen einfachen Zugang zu Informatio- ressieren und gemeinsam zu beantworten. nen gewährleisten und die Verbraucher über Zur Zeit wird im Rahmen der Gemeinsamen mögliche Risiken sowie über deren Vermei- Initiative eine kreisweite Digitalisierungssrate- dung und Handhabung aufklären. Auch könn- gie erarbeitet. ten direkte Schutzmaßnahmen (z.B. Garan- tien, Gesetze und Rechtssicherheit) dieser In- Für Nachfragen zu diesem Projekt steht Ihnen stitutionen helfen, das Risiko für die Verbrau- Frau Kristina Röding (Lehrstuhl für Wirt- cher zu minimieren. schaftsinformatik) zur Verfügung. Kooperationspartner: SIT GmbH, Kommunen im Kreis Siegen-Wittgenstein, Kreis Siegen-Wittgenstein, For- Gemeinsame Initiative Digitalisierung schungskolleg der Universität Siegen Siegen-Wittgenstein Zukunft ist ohne Digitalisierung kaum denk- bar, und dies gilt auch für die Entwicklung von Digitalisierungsstrategien für Kommu- Städten, Gemeinden und gesamten Regionen. nen Nahezu alle politischen, wirtschaftlichen und Die Studie leistet einen Beitrag zur inhaltli- universitären Akteure in Südwestfalen haben chen und institutionellen Vorbereitung des genau dies mit ihrer Bewerbung um die REGI- Projekts „Digitale Modellregionen Nordrhein- ONALE 2025 zum Ausdruck gebracht und wur- Westfalen“. Dies wird durch die fachliche Auf- den durch die Vergabe des Strukturförderpro- bereitung des Themas (inkl. der Darstellung gramms durch die NRW-Landesregierung Ausgabe 18 Seite 14
Projekte und Entwicklung praxistauglicher Handlungs- zu analysieren. Dabei liegt der Fokus auf fol- ansätze) und durch den Einbezug und Aktivie- genden Untersuchungsschwerpunkten: rung nordrhein-westfälischer Akteure er- 1. Identifikation wichtiger Stakeholder und reicht. modellhafte Analyse charakterisierender Ziel der Studie ist es, den Status Quo nord- Strukturen und Prozesse mit Patientenkontakt rheinwestfälischer Kommunen in Bezug auf 2. Identifikation von Digitalisierungspotentia- die Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie len und technischen Interventionsmöglichkei- zu erfassen. ten Um die Kommunen dabei bestmöglich bera- 3. Untersuchung von Akzeptanzfaktoren hin- ten zu können, wurde 22 Beispielkommunen, sichtlich der Nutzung und Integration digitaler internationaler und nationaler Natur, ausge- Technologien im Arzt- sowie Patientenalltag wählt, welche näher betrachtet wurden, um daraus Best Practices für die Entwicklung von 4. Ableitung von Handlungsempfehlungen Digitalisierungsstrategien abzuleiten. und Akzeptanztreibern für künftige Digitalisie- rungsprozesse in weiteren ländlichen Arztpra- Die Studie ist abrufbar unter: xen https://www.wiwi.uni-siegen.de/is/stu- dien/studien/wissen_02_digitalisierungsstra- 5. Exemplarische Umsetzung und Evaluation tegienfuerkommunen_web.pdf ausgewählter (telemedizinischer) Ansätze Für Nachfragen zu diesem Projekt steht Ihnen Das Projekt DIPRA verfolgt hierbei einen em- Frau Kristina Röding (Lehrstuhl für Wirt- pirischen Methodenansatz. Im Mittelpunkt schaftsinformatik) zur Verfügung. des Projektes stehen somit zielgruppenspezi- fische Befragungen, Workshops und Inter- Kooperationspartner: Ministerium für Wirtschaft, Inno- views, die auf die Eigenschaften und Anforde- vation, Digitalisierung und Energie des Landes Nord- rungen im ländlichen Raum eingehen. Dabei rhein-Westfalen, Forschungskolleg der Universität Sie- gen bilden bestehende akzeptanztheoretische An- sätze sowie neue wissenschaftliche Impulse (z.B. aus der Verhaltensökonomik) die theore- Projekt zur Verbesserung der Versor- tischen Grundpfeiler. gung im ländlichen Raum Für Nachfragen zu diesem Projekt steht Ihnen Das Vorhaben DIPRA verfolgt das Ziel, elemen- Herr Marius Müller (Lehrstuhl für Wirt- tare Grundlagen hinsichtlich der Digitalisie- schaftsinformatik) zur Verfügung. rung landärztlicher Prozesse sowie damit ein- Beteiligte Personen und Kooperationspartner: Univ.- hergehender Erfolgsfaktoren zu schaffen Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves, Gemeinschaftspraxis, For- (exemplarisch im Kreis Siegen-Wittgenstein). schungskolleg der Universität Siegen Vor dem Hintergrund aktueller Technologie- trends in der Medizin und neuer Interven- tions- und Interaktionsmöglichkeiten (z.B. Te- Forschungsprojekt ANTARES lemedizin) werden im Projekt DIPRA digitale Im Forschungsprojekt ANTARES, an dem der Konzepte empirisch erarbeitet und exempla- Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik von Prof. risch im Praxisalltag evaluiert, mit dem Ziel, Dr. Dr. Björn Niehaves seit einem Jahr forscht, arzt- sowie patientenseitige Prozesse in der wurde zuletzt ein Designexperiment zur Un- Kommunikation und Behandlung grundlegend Ausgabe 18 Seite 15
Projekte tersuchung der Effekte verschiedener Gamifi- kennung, der Lehrstuhl für Medizinische Infor- cationelemente auf die Motivation durchge- matik und Mikrosystementwurf und das Cen- führt. ter for Responsible Innovation & Design (CRID). Als externe Partner waren die Soft- Das Designexperiment fand bei den Proban- ware AG und die Limbic Entertainment GmbH den großen Anklang, so dass erste Ergebnisse vertreten. ausgewertet werden konnten. Im Mittelpunkt des Projekts stand die Ent- Hierbei wurde eine Version des Approach wicklung, Erforschung und Evaluation eines Avoidance Tasks verwendet, bei dem die Pro- emotionssensitiven und interaktiven Virtual banden einen Avatar von Bildern mit Pizza, Reality (VR) Lernsystems, das zur Übermitt- Pommes & Co. wegbewegen müssen, wäh- lung von Kompetenzen im Bereich des Ge- rend sie sich an Bilder mit Obst und Gemüse schäftsprozessmanagements dient. So wurde annähern. Diese Aufgabe wurde um verschie- ein Virtual Reality-Demonstrator entwickelt, dene Gamificationelemente ergänzt. der Geschäftsprozesse innerhalb des Lernsys- Erste Ergebnisse des Experiments deuten da- tems erlebbar und erfahrbar macht. rauf hin, dass die Motivation durch an die Auf- Die Forschungsgruppe zur Mustererkennung gabe und den User angepasste Gamification- (Prof. Dr. Grzegorzek) und der Lehrstuhl für elemente erhöht werden kann. Die nächsten medizinische Informatik (Prof. Dr. Brück) be- Schritte bestehen in der Übertragung der Ele- schäftigten sich mit der Entwicklung und Eva- mente in die virtuelle Realität und auf das luation von Hardware- und Softwarekompo- Rauchen, so dass digitale Therapieunterstüt- nenten zur Emotionserkennung und Gesten- zung für verschiedene Suchtbereiche zukünf- steuerung innerhalb von Virtual Reality. Hier- tig noch effektiver gestaltet werden kann. für wurde eine Maske entwickelt, die sich un- Wenn Sie bei zukünftigen Designexperimen- ter einem Virtual Reality Head-Mounted Dis- ten auch einmal in eine virtuelle Realität ein- play (HMD) anbringen lässt, mithilfe dessen tauchen möchten, können Sie sich gerne bei sich verschiedene physiologische Parameter Frau Jahn melden. messen lassen, die sich zur Bestimmung von Für Nachfragen zu diesem Projekt steht Ihnen Emotionen eines Lernenden nutzen lässt. Frau Katharina Jahn (Lehrstuhl für Wirt- schaftsinformatik) zur Verfügung. Beteiligte Personen und Kooperationspartner: Univ.- Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves, Forschungskolleg der Uni- versität Siegen Projektabschluss ELISE Im Februar 2019 wurde das vom BMBF geför- derte Drittmittelprojekt ELISE nach drei Jah- ren erfolgreich beendet. Auf Seiten der Fakul- Von Links: Dr. Florian Mehm und Maximilian Jensen (Limbic Entertainment), Vildan Salikutluk (Wirt- tät war der Lehrstuhl für Wirtschaftsinforma- schaftsinformatik), Klotilda Muca (Software AG), tik (Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves) beteiligt. Frédéric Li (Mustererkennung), Matthias Hippler und Weitere universitätsinterne Projektpartner Marc Dorchain (Software AG), Henrik Freude (Wirt- waren die Forschungsgruppe für Musterer- schaftsinformatik), Dr. Armin Grünewald und Jonas Pöhler (Medizinische Informatik). Ausgabe 18 Seite 16
Projekte Der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik ver- Einflussfaktoren für die Beschäftigung junger antwortete im Projekt die Arbeitspakete zur Frauen in MINT-Berufen beauftragt. Konzeption und Evaluation des VR-Lernsys- Es zeigte sich, dass YWMP stark unterreprä- tems. Anhand des entwickelten Demonstra- sentiert sind – in Kleinst- und Großbetrieben tors forschte der Lehrstuhl zu Themen wie Ler- jedoch etwas weniger als in den Klein- und nen, Immersion und Gamification und führte Mittelbetrieben. Wie stark sie vertreten sind, zahlreiche empirisch geleitete Studien durch. hängt auch von der Branchenzugehörigkeit Während des Projektverlaufs haben der Lehr- der Betriebe, dem ausgeübten Beruf und dem stuhl für Wirtschaftsinformatik und das CRID geforderten Qualifikationsniveau ab. Günstig ethische und soziale Aspekte gestaltungswirk- sind die Beschäftigungschancen von YWMP, sam im Technologieentwicklungsprozess be- wenn Frauen einen hohen Anteil an der Beleg- rücksichtigt. schaft stellen, Frauen in der Geschäftsführung Am Projektabschlusstreffen bei Limbic Enter- vertreten sind und der Betrieb Gleichstel- tainment nahmen neben dem Projektträger lungsmaßnahmen durchführt. YWMP verdie- VDI-VDE Innovation + Technik GmbH auch alle nen weniger als ihre männlichen Pendants. Projektpartner teil. Der Gender-Pay-Gap ist allerdings geringer als in der Privatwirtschaft insgesamt und in den Für Nachfragen zu diesem Projekt steht Ihnen kleineren Betrieben nicht stärker ausgeprägt Herr Henrik Freude (Lehrstuhl für Wirt- als in den größeren. schaftsinformatik) zur Verfügung. Das Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundes- Beteiligte Personen: Univ.-Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves ministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01FP1620 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Ver- Die Beschäftigungs- und Einkommens- öffentlichung liegt bei den Autorinnen und situation von Young Women MINT Autoren. Professionals im Mittelstand Im Rahmen des am Lehrstuhl für Management Kay, R.; Nielen, S. (2018): Die Beschäftigungs- kleiner und mittlerer Unternehmen und Ent- und Einkommenssituation von Young Women repreneurship (Prof.in Dr. Friederike Welter) MINT Professionals im Mittelstand, in: IfM durchgeführten Vorhabens "MINTdabei – Bonn: Daten und Fakten Nr. 22, Bonn. Stärkung der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Young Women MINT Professionals (YWMP) beim Berufseinstieg und -aufstieg in berufliche Selbstständigkeit und Mittelstand" wurde eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse im Dezember 2018 in der IfM- Reihe "Daten und Fakten" veröffentlicht wur- den. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn wurde im Zuge dessen mit der Aus- wertung vorhandener Statistiken und sonsti- ger Datenquellen zu aktuellen Beschäftigungs- und Einkommensstrukturen in den MINT-Be- rufen im Mittelstand sowie zu betrieblichen Ausgabe 18 Seite 17
Vorträge, Konferenzen, Workshops KMU im Fokus der internationalen, po- ökonomische Voraussetzungen geschaffen litischen Diskussion werden, den langfristigen Erfolg von KMUs weiterhin zu gewährleisten. KMU – kleine und mittelständische Unterneh- men standen am Freitag, den 1. Februar 2019 Nach der Eröffnung durch Helmut Siekmann im Mittelpunkt des Policy Forums zu Small and (Goethe Universität Frankfurt und COSMERP) Medium Sized Enterprises in Brüssel. Unter diskutierten internationale hochrangige Ver- der Schirmherrschaft der Universität Siegen, treter und Vertreterinnen aus OECD, Welt- des „Council of SME Research and Policy“ bank, KfW und EU-Kommission auf verschie- (COSMERP) und des Instituts für Mittelstands- denen Panels zu den drei Fokus-Themen. forschung (IfM) Bonn trafen nationale und in- ternationale Vertreter aus Wissenschaft, Poli- tik und Wirtschaft zusammen, um die zentra- len Herausforderungen der Zukunft für KMUs und ebenso mögliche Lösungsansätze zu dis- kutieren. Zunächst wurden auf einem ersten Panel, mo- deriert durch Petra Moog (Universität Siegen) Herausforderungen und Chancen für KMU im Zuge der Digitalisierung erörtert. Dabei wurde deutlich, dass die Heterogenität der Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen kein Da das Wirtschaftsministerium Nordrhein- einheitliches Lösungskonzept zulässt, da sich Westfalens das SME Policy Forum unterstützt, auch die Digitalisierung an sich sehr facetten- konnte die Veranstaltung in der EU-Landes- reich und unterschiedlich nach Branchen und vertretung Nordrhein-Westfalens stattfinden. Ländern darstellt. Vielmehr sind die individu- Hier konzentrierten sich die Debatten auf die ellen Bedürfnisse der einzelnen Unternehmen drei Themenkomplexe: Digitalisierung, Finan- und Branchen zu berücksichtigen. Unter- zierung und Internationalisierung. Jene Prob- schiedliche Voraussetzungen und Internatio- lemfelder, mit denen sich in der Europäischen nalisierungspotentiale wurden als bedeutsam Union ansässige KMUs gegenwärtig und zu- im Zusammenhang mit der Auseinanderset- künftig konfrontiert sehen, die aber auch glo- zung und Bewältigung des Themas Digitalisie- bal im Fokus der Diskussion im Kontext von rung sowie auch der Künstlichen Intelligenz KMU stehen. Dies entspricht der Zielsetzung genannt. David Audretsch (Indiana State Uni- des SME Policy Forums „Der Sensibilisierung versity) verglich die Situation mit den Umbrü- für ebendiese Themen, die die speziellen Be- chen zu Zeiten der Computerisierung und In- dürfnisse von KMUs abbilden, deren Analyse dustrialisierung, dass vorrangig derzeit Unsi- und kreative Ansätze zum Umgang mit diesen cherheit besteht, welche Auswirkungen zu er- Herausforderungen. Entsprechend sollen auf warten sind, wo Arbeitsplätze wegfallen, und Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen“ wo sich neue Chancen eröffnen. Hans-Peter im Austausch mit der Praxis- politische und Klös vom IW zeigte die Herausforderungen Ausgabe 18 Seite 18
Vorträge, Konferenzen, Workshops aber auch Chancen der Digitalisierung in Be- stellung wurden angesprochen und als Mög- zug auf Qualifizierung und Fachkräftemangel lichkeit zur Verbesserung der Finanzierungssi- auf. Und schließlich berichtete Max Lemke tuation angesehen. von der Europäischen Kommission, Generaldi- Die dritte Paneldiskussion moderierte Frie- rektion Kommunikation über die "Digital Inno- derike Welter (Universität Siegen und IfM vation Hubs" der Europäischen Union. "Die Bonn). Diese griff die Thematik „Internatio- KMU sind das Rückgrat der europäischen nale Veränderungen für KMUs in einem global Wirtschaft. Um auf den globalen Märkten be- unsicheren Umfeld“ auf. Robert Blackburn stehen zu können, müssen sie die digitale (Kingston University) ging in seinem Vortrag Transformation umsetzen. Das geplante Digi- über die Internationalisierung der KMU insbe- tal Europe Programm wird die Vorteile der di- sondere auf die fehlende Beachtung von KMU gitalen Zukunft wie beispielsweise die künstli- in der Verflechtung der Wertschöpfungsket- che Intelligenz an alle KMUs vermitteln." ten großer multinationaler Konzerne ein. Am Die nächste Paneldiskussion war mit Rogier Beispiel des Brexits verdeutlichte er zudem, van den Brink (World Bank), Uwe Burkert inwieweit die Verflechtung von KMU in Eu- (LBBW), Joachim Nagel (KfW), Hans-Helmut ropa bereits vorangeschritten ist und welchen Kotz (SAFE und Center for European Studies, Einfluss der Austritt Großbritanniens aus der Harvard University) sowie Helmut Kraemer- EU auf KMUs haben wird. Die unmittelbaren Eis (European Investment Fund) besetzt und Folgen zeigte Kristin Schreiber, Direktorin in wurde von Günter Beck (Universität Siegen) der Generaldirektion Internationale Märkte, eröffnet. Der Zugang zu Finanzierungsmög- auf, indem sie hervorhob, dass die Internatio- lichkeiten stellt zahlreiche KMU weiterhin vor nalisierung von KMU einen positiven Einfluss Probleme. Alternative Finanzierungsmöglich- auf das Wirtschaftswachstum in Europa aus- keiten wie Crowdfunding, Venture Capital, übt. Dementsprechend ist es von großer Be- mezzanine debt funds und micro-finance- deutung, dass sich innerhalb und außerhalb funds bieten zahlreiche neue Optionen, dieser der EU für offene Märkte eingesetzt wird. Herausforderung zu begegnen. In der Diskus- Nach Ansicht von Joaquim Oliveira Martins sion kristallisierte sich heraus, dass Diskrepan- (OECD, Centre for Entrepreneurship, SMEs, zen in den Finanzierungsanforderungen für Regions and Cities) hängt die Leistungsfähig- die Investitionslücken in KMU verantwortlich keit der KMU sehr stark von den regionalen gemacht werden können. Entsprechend bleibt Rahmenbedingungen ab, wie (digitaler) Infra- das Innovationspotential der KMU oftmals un- struktur, Logistik, Kultur, Regulierung und genutzt. Die Risikoaversion von Banken ver- dem Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. schärft die Situation und kann nicht von euro- Als Fazit des ersten SME Policy Forums kann päischen Institutionen wie dem Europäischen das Zitat von Hans H. Stein, Leiter der Vertre- Investmentfonds aufgefangen werden. Die tung des Landes Nordrhein-Westfalen in Brüs- USA können in diesem Bereich als Vorbild die- sel, herangezogen werden: „Das SME Policy nen, jedoch wurde darauf verwiesen, dass die Forum ist ein wichtiger Beitrag, um die Her- Risiken in Bezug auf Verluste eher durch gere- ausforderungen und Chancen aktueller mittel- gelte Institutionen als durch private Kapitalbe- standspolitischer Themen mit den relevanten schaffung abzudecken seien. Auch die Digitali- Akteuren auf europäischer Ebene zu diskutie- sierung in Bezug auf Kreditwürdigkeitsprüfun- ren.“ Aufgrund des positiven Anklangs wird gen und neue, schnellere Systeme zur Bereit- das SME Policy Forum in Zukunft als Diskussi- Ausgabe 18 Seite 19
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