400 JAHRE PLUS - UNI:PRESS STUDIERENDENZEITUNG DER ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHÜLERINNENSCHAFT DER UNIVERSITÄT SALZBURG - ÖH SALZBURG
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UNI:PRESS STUDIERENDENZEITUNG DER ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHÜLERiNNENSCHAFT DER UNIVERSITÄT SALZBURG — 400 JAHRE PLUS — #707 MÄRZ 2022
EDITORIAL ACHTUNG! ATTENTION! PAŽNJA! DIKKAT! FIGYELEM! Geschätzte* r Leser* in! In Österreich, dem fürchterlichsten aller Länder, wie wir seit Thomas Bernhard wissen, ist das mit dem Zählen so eine Sache. 1000 Jahre sind oft nur 12 am Ende und wenn man von 100 Jahren Republik Deutschösterreich schwadroniert, wie es 2018 Land auf Land ab der Fall war, vergisst man auch geflissentlich, dass man eigentlich mindestens elf Jahre subtrahieren müsste. Aber wer will schon einen 89er groß feiern? In Salzburg hält man sich mit derlei kleingeistigen Überlegungen gar nicht erst auf. Noch ehe irgendein impertinenter Pedant monieren konnte, dass die Universität zwar 1622 gegründet wurde - das schon - aber eben zwischenzeitlich lange brach lag, war die Jubiläums-Maschinerie schon auf Hochtouren. Festkalender, Ausstellung im Domquartier, Sonder-Magazin „Wissensräume“ der Salzburger Nachrich- Du hast eine Ideen für einen Artikel? Oder Talent für ten und und und. Das volle Geburtstags-Klimbim eben. Gerade, dass der sehr verehrte Landeshauptmann Cartoons, Comics oder Grafik? Du würdest gerne Deine und der Rektor nicht zum Topfschlagen und Mehlschneiden in die Große Universitätsaula laden. Stilsicher literarischen Versuche irgendwo publizieren? Du warst und artig richten die wichtigsten Persönlichkeiten aus Stadt und Land der altehrwürdigen PLUS ihre zu kritisch für den Community-Blog der Uni? Dann ab Glückwünsche aus. Harry Preuner, Fahrschulbesitzer aus Salzburg, gab im Geleitwort der oben erwähnten zur uni:press! Hagiographie „Wissensräume“ andächtig zu Protokoll, dass die PLUS eine „junge, lebendige und Die Redaktion der uni:press freut sich immer über innovative Universität“ ist. Die Feingeister von der Industriellenvereinigung fühlten sich von diesem Zusendungen jedweder Art und hilft Dir auch dabei, Adjektiv-Feuerwerk scheinbar motiviert und schalteten an selber Stelle ein Gratulations-Inserat, in dem Deine Ideen bestmöglich auf Papier zu bringen. Das gilt sie feierlich festhielten, dass „der Wirtschaftsstandort Salzburg auf 400 Jahre Unterstützung durch eine ebenso, wenn Du Interesse hast, Dich in der Redaktion hervorragende Universität zurückblicken kann“. Wären Marx und Engels bloß mal nach Salzburg gefah- der uni:press zu engagieren. Melde Dich einfach unter: ren, um die Anfänge der Industrialisierung zu studieren und nicht nach Manchester. presse@oeh-salzburg.at Genug der Stichelei. Die Redaktion der uni:press will diesen runden Geburtstag ebenso wenig ungenutzt verstreichen lassen und sich quasi in die Riege der Gratulant*innen einreihen. Aus diesem Anlass hältst Bis vielleicht bald, Du – liebe*r Leser*in – eine extra starke Ausgabe der uni:press in den Händen – eine Art Jubiläumsaus- die Redaktion der uni:press gabe mit 80+Seiten, wenn man so will. Anders als die SN setzt aber die uni:press nicht auf biedere Bauchpinselei mit der mantra artigen Wiederholung der immergleichen Managementfloskeln (Innova- tion, Dynamik, Zukunft, konkurrenzfähig), sondern will (zumindest ein klein wenig) in die Parade fahren und dort Kritik üben, wo Kritik dringend angebracht ist. Euch erwarten deshalb Artikel, die der Uni mal ein wenig genauer auf die Finger schauen. So wird etwa der IMPRESSUM Instagram-Auftritt der Uni einer genauen Analyse unterzogen, es gibt einen longread über das Thema Medieninhaberin: Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Paris Lodron Universität Salzburg (ÖH Salzburg), Kaigasse 28, sexuelle Belästigung an der PLUS, einen Artikel, der sich mit dem naiven Anbiedern an deutschnationale 5020 Salzburg, www.oeh-salzburg.at, sekretariat@oeh-salzburg.at / Herausgeber: HochschülerInnenschaft / Pressereferent: David Burschenschafter seitens der Uni auseinander setzt und eine Aufforderung an die Bibliothek, endlich diese Mehlhart / Layout: Soja Hack, Johanna Eisl / Anzeigen und Vertrieb: David Mehlhart unsäglichen Öffnungszeiten wieder auszuweiten. Aber auch über den Tellerrand der PLUS hinausgehend hat die vorliegende Ausgabe einiges zu bieten: Filmreviews, die alten Bekannten von den Lorettos tauchen Redaktion (Kontakt: presse@oeh-salzburg.at): David Mehlhart, Hannah Wahl wieder auf, Einsparungen am Mozarteum, eine Bilderstrecke über die Funktionsweise von PCR-Tests und Autor*innen: Karl Mags, David Mehlhart, Georg Pidner, Anna Stein, Markus Stöckl, Benjamin Remmelberger, STV des Department 12 ein Bericht von den menschenunwürdigen Zuständen an der europäischen Außengrenze in Bosnien. für Bildnerische Erziehung und Gestaltung, Doktorandin an der Uni Salzburg, Friedrich Niedermeier, Christian Veichtlbauer, Hans Elas, Hasan Mahir Ulukısa, Michaela Stainer, Alica Diem, Bernhard Landkammer, Hannah Wahl, Referat für feministische Politik der Viel Freude beim Lesen wünscht die Redaktion der uni:press! ÖH Salzburg, Laura Reppmann, Lara Simonitsch und Manuel Gruber – Vorsitzteam der ÖH Uni Salzburg Wie immer gilt: Fragen, Anregungen, Kritik, Ideen für Artikel Druckerei: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H. / www.berger.at / Auflage: 4.500 Stück. Für Verbesserungsvorschläge und kritische Hinweise sind wir sehr dankbar. Namentlich gekennzeichnete und Schmiergeldzahlungen bitte an diese Adresse: presse@oeh-salzburg.at Beiträge geben die Meinung des jeweiligen Autors/der Autorin und nicht immer die Sichtweise der Redaktion wieder. Die uni:press kann auch ganz einfach über meine.oeh-salzburg.at abonniert werden oder per Mail an die oben angegeben Adresse.
INHALT INHALT INHALT INHALT INHALT UNI & LEBEN 28 Führt ein mangelhaftes Wähler:innenverzeichnis zur Neuwahl? 29 Deine psychische Gesundheit Kein Problem ist zu klein oder zu unwichtig 33 Liebe Uni, wir müssen reden! Sexualisierte Belästigung an der Uni Salzburg 40 Unialltag nach fast zwei Jahren Pandemie 44 Es Könnte alles so einfach sein. Ist es aber nicht. 47 Wer braucht heute noch Kunstunterricht? 49 Mit Mitte Dreißig kannst du gehen Ein offener Brief an mein Ich von vor einem Jahr 70 52 Freude schöner Öffnungszeiten POLITIK & 33 GESELLSCHAFT 55 Leeres Salzburg 400 JAHRE PLUS 58 Der Georg, sein Jesus und die Kartonagen 62 Eine Absage der Mönchsberggaragen- 8 Glückwünsche an die PLUS Erweiterung als lokaler Klimaschutz 10 PLUS-Gottesdienst auf Instagram 66 Info zu sexualisierter Gewalt Eine Analyse der Öffentlichkeitsarbeit zum 400-Jahr-Jubiläum 70 Humanitäre Krise an der EU-Außengrenze 18 Heil Deutschland und andere 74 Drei Spezialfragen aus Scheußlichkeiten dem Pandemie-Testalltag Mit Fotostrecke 24 PLUS-Gespräche Umbauarbeiten UNI & LEBEN 62 80 80 Einfach mal nichts tun 82 Filmschmankerl Zombie
Happy Birthday 400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS Lieber Hendrik, u Ätsch, wir in Linz u alles Gute Dir und der Uni zum Dear Lehnert, h bekommen die TU und ihr Ju Geburtstag. Ich hoffe, Du weißt, wem du das zu verdanken nicht! Trotzdem noch ein fabolous what you’ve reached so far. I watch all die start up-ifi- hast? Die ersten Umbaumaßnah- besinnliches Jubiläum, caton with great joy. All this mental health stuff – just awesome. men finden ich und der Wirt- mein Lieber, und viele Maybe you as an experienced physician can implement some schaftsstandort schonmal sehr Grüße aus der Stahlstadt. lsd microdosing prgramms for students, to open their 3rd eye. gut. Bissi Start-Up da, bissi Anyways, if you need some money, just let me know. Otherwise Fakultäten zusammenlegen dort. Beste Grüße, i ask dr. haslauer für some commercial space in salzburg an then Herrlich, wenn du mich fragst. Meinhard Lukas i will build a humongous tesla giga factory on top of all this Dass wir die schöne TU nicht shitty baroque houses and churches, including your office. bekommen haben, sondern die Literally no on lives in there as dr. Willi has told me. rote Bagage aus Linz, ist zum Anyways, keep start upping, Haare Raufen. Jedenfalls ist yours Elon anbei noch ein bereits ausgefüll- tes Formular für einen ÖVP- Beitritt. Zeit wird’s! Kann man aus der Hauptbibliothek Liebe Grüße, notfalls eine große Garage bauen? Dr. Willi LG der BGM Harry Preuner Party Die SPÖ wünscht der PLUS alles Gute zum Geburtstag! Wahrscheinlich hat der Dr. Willi schon so ein Beitrittsformular mitgeschickt, aber wir schicken trotzdem auch eines von uns. Hilft’s nix, so schadet’s auch nix, sagen wir Genossen. Freundschaft, David Egger 6 7
Ha pp y 400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS Liewä Plus, d ay i siag do, dass bei eich a wos weitergeht mit den Start-Up Zeigs t h und so. Oiso Folgendäs: I steig do ein bei eich Burschen – bissi Po- B i r tenzial siag i do scho – und donn moch ma a Investment – Haus- nummer 2 Mille – und donn sama im Gschäft? Na, wie schauts aus Händrik? Wär des wos? Donn frag ma nu den Florian Gschwandtner den Lauf-Guru und donn werd des scho pfeiffn. Bis dahin alles Gute meine Liewän, euer Leo Hillinger Deutscher Volksgenosse Lehnert, liebe PLUS! Wir danken sehr herzlich, dass Sie uns zu ihrem Geburtstag eine u u h doppelseitige Werbung in diesem NS- ähhh SN-Magazin ermöglicht Ju haben. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen, zumal es ja Ihr Freu- dentag sein sollte - so wurde es halt auch unserer. Mitgliederakquise ist in degenerierten Zeiten wie diesen besonders schwer, da hochgeistige Ideen wie Antisemitismus, biologistischer Rassismus und Deutschnati- Alles onalismus ein wenig in Verruf geraten sind. Mit stolzer Brust sagen wir Danke für diese Schützenhilfe und wünschen der Universität Salzburg das Beste für die kommenden 600 GUTE!!! !! Jahre und hören uns dann wieder zum 1000-jährigen Bestehen! Heil Deutschland, deine Gothen Lieber Hendrik, Redaktion uni:press auch wenn du womöglich ein Protestant bist, wünschen ich und meine Loretto-Bande Dir und der Uni Salzburg alles Gute zum 400er. Es wäre wirklich sehr schön, wenn du Dir wieder ein wenig Auch wir als uni:press wollen der PLUS sehr mehr den christlich-KATHOLISCHEN Wurzeln dieser Einrichtung bewusst werden würdest. Konkret herzlich zum 400er gratulieren. Schließlich ist es würd’ ich anregen – so ein freier Christenmensch bin ich – so garstige Sachen wie Biologie und die Uni samt ihrem Personal selbst, die für einen generell Naturwissenschaften eher ein wenig einzuschränken. beständigen Nachschub an kleinen, mittleren und Stattdessen könnte man ja an der Theologie noch paar Professuren stiften? Ich kann da sicher mit manchmal auch großen Skandalen sorgt. Dafür dem Franzi Lackner mal ein Wörtchen reden, dass der das was springen lässt. Eine Professur für danke, denn sonst würden wir uns wohl mit dem katholische Pop-Propaganda würde mir da zum Beispiel einfallen. Abdrucken von Rezepten, Meditationsanleitungen Wie dem auch sei, weiterhin alles Gute und Gottes Segen und falls du dich ordentlich taufen und dergleichen Schabernack begnügen müssen. lassen willst, weißt du, wo du dich melden kannst. Auf weitere 400 erfolgreiche Jahre! Herzlichst dein, Redaktion uni:press GMM 8 9
400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS PLUS-GOTTES- DIENST AUF INSTAGRAM Eine Analyse der Öffentlichkeitsarbeit zum 400-Jahr-Jubiläum Zum 400. Geburtstag der Paris Lodron Universität Salzburg ist es an der Zeit, auch einmal einen Blick auf ihren Instagram-Auftritt (Username: plus_1622) zu werfen. Dieser verrät weniger über die Vergangenheit, die ja gar nicht aus 400 Jahren besteht, aber dafür viel- mehr über die Gegenwart und die Zukunft, also die ohnehin wichtigere Zeit. Die Zeichen verdichten sich, dass die Uni – ganz ohne Spaß – auf Paris London Universität umbe- nannt werden müsste, da sie mittlerweile der City of London nähersteht, als dem Grün- dervater. Von Karl Mags I nstagram ist die phantastische Ver- ca. 180 Jahren für die Beschreibung eines stagram beleuchtet werden kann, müssen wirklichung des menschlichen We- neuen sozialen Feldes nur minimal um- einige Gedanken über das Feld der Uni- sens, weil das menschliche Wesen formuliert werden muss, der irrt sich. Es versität und das Feld der (a)sozialen Me- keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der stammt von Karl Marx, der statt Instag- dien, v.a. Instagram, angestellt werden. Es Kampf gegen Instagram ist also mittelbar ram noch die Religion kritisiert hat. Aber stellt sich dabei die Frage, ob diese zwei der Kampf gegen jene Welt, deren geisti- neue Ideologien knechten die Menschheit gesellschaftlichen Felder überhaupt kom- ges Aroma Instagram ist. Instagram ist unserer Tage – unter anderem die der Di- patibel sein können. der Seufzer der bedrängten Kreatur, das gitalisierung und Technologisierung im Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Allgemeinen und als deren Auswuchs die Das Feld der Universitäten Geist geistloser Zustände ist. Die Platt- (a)sozialen Medien respektive Instagram Spätestens ab der Moderne (damit ist hier form ist das neue Opium des Volkes.1 im Besonderen. Die PLUS als Universi- die Zeit ab der französischen und indus- tät agiert ebenfalls in diesem über weite triellen Revolution gemeint) lassen sich Wer glaubt, ich hätte die geistige Größe Strecken geistlosen Kosmos. Bevor aber Universitäten als Motoren und Zentren für ein solch visionäres Zitat, das nach überhaupt der Auftritt der PLUS auf In- des Fortschritts begreifen. Und natürlich 10 11
400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS Nachdem der Fetisch der Religion und der Waren von einer oder einem der wenigen Inte- fetisch nicht mehr erfolg- ressierten (abgelesen an den schwachen „Gefällt“-Zahlen, 208 bei nicht einmal 8000 Follower*innen der Seite, und den reich genug waren, musste auch sonst wenigen Kommentaren, so- fern es überhaupt welche gibt), ob es da ein neuer Fetisch her, der auch Frauen im Team (des Gesellschafts- rechts; Anm. des Autors) gebe, brauchte die Administration des Instagram-Ac- den Kapitalismus rettet. counts scheinbar so lange, bis die ur- sprünglich fragende Person noch einmal nachgehakt hatte. Ehrlich gesagt wirken die Anzugträger im Bild – froh über ihren tollen Preis – auch nicht so, als ob sie die Frage interessiere. waren auch schon die universitären Hochschu- Idee ist die der Autonomie der Unis, die auch in len der frühen Neuzeit und insbesondere die der der Verfassung der Republik Österreich festge- Das Feld der (a)sozialen Aufklärung maßgeblich an den Zivilisationsschü- schrieben ist. Im Artikel 81c (1) steht wörtlich: Medien und Instagram ben beteiligt, die erst zur Moderne geführt haben „Die öffentlichen Universitäten sind Stätten freier Es war nun schon kurz vom Instagram- – egal, ob durch die Natur- oder die Geisteswis- wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Er- Auftritt der PLUS die Rede. Keine Sorge: senschaft. Nachdem die sakrale Benediktiner-Uni schließung der Künste. Sie handeln im Rahmen Es gibt auch etwas erfreulichere Posts als Salzburg ja 1810 aufgelöst und erst 1962 als weltli- der Gesetze autonom und können Satzungen er- solche von einem Reproduktionswettbe- che Institution neugegründet wurde, könnte diese lassen. Die Mitglieder universitärer Kollegialor- werb des Kapitals und des Patriarchats. – wenn überhaupt – erst seit knapp über einem gane sind weisungsfrei.“ Es handelt sich hier na- Aber vorerst ist noch die Frage interes- halben Jahrhundert als modernes Zentrum gelten. türlich um Idealismus (zu finden z.B. bei Schelling, sant, was dieses Instagram überhaupt Man müsste sich also die Frage stellen, ob die PLUS dem deutschen Idealisten, nicht dem ehemaligen ist? Im Grunde wird mit (a)sozialen Me- je eine Institution im Sinne der modernen Ideen Finanzminister), der aber Niederschlag im Gesetz dien ortsungebunden das menschliche von Unis war, wenn man bedenkt, dass vor 1810 findet. Ohne dieses Ideal zu bewerten, soll es hier Grundbedürfnis nach sozialen Kontak- die Kirche großen Einfluss geübt hat und seit Neu- so stehenbleiben. Die Frage, wie autonom die PLUS ten und Kommunikation befriedigt. Es estem die Digitalisierung/Technologisierung und wirklich ist (und überhaupt sein kann), soll aber ist den globalisierten Menschen möglich, damit die kapitalistische Wirtschaft diese Position später an der Verstrickung mit (a)sozialen Medien des soll natürlich im Sinne der Autono- Gegenseitigkeit. Dass nämlich einer der zu kommunizieren, egal wo sie sich be- einnimmt, wie man noch sehen wird. Es lässt sich zumindest ansatzweise beantwortet werden. Viel- mie geschehen, also unabhängig davon, wenigen Instagram-Posts, wo es um eine finden. Das konnten auch schon andere ohne Probleme für jede beliebige Epoche ein ge- leicht zeigen sich ja Widersprüche zwischen Ideal ob andere soziale Akteur*innen Inter- Auszeichnung der genannten Kerntätig- Kommunikationskanäle, aber neu ist die genseitiges materialistisches Abhängigkeitsver- und Wirklichkeit. esse daran haben, dass dieses oder jenes keiten der Uni geht, einer vom „renom- multimediale und synästhetische Kom- hältnis zwischen Gesellschaft und Uni nachwei- Wissen nach ihren Vorstellungen gene- mierten“ Bankenverbandspreis fürs Salz- munikation: Text, Ton, Bild, Video; das sen. Die beiden genannten großen Revolutionen, Die zweite Idee, die möglicherweise schon nä- riert bzw. gelehrt wird. burger Unternehmensrecht ist, schlägt in teilweise alles in Kombination. Auch die welche spätestens unsere Zeit des modernen Ka- her an einem tatsächlichen Wesen (wenn man so dieselbe Kerbe (Posting vom 15.12.2021). Geschwindigkeit ist im Vergleich zu an- pitalismus eingeleitet haben, sind nur zwei ext- will) einer universitären Hochschule dran ist, ist Nun stellt sich die Frage, ob die PLUS Auf umgekehrte Weise dankt die Finanz deren Kommunikationsmitteln revolu- reme Beispiele dafür. Das Feld wird also stets von jene von der Funktion der Forschung und Lehre diesen beiden Idealen entspricht. Man der Uni hier mit Preisen für ihre „gute tionär. Es findet also eine multimedi- anderen gesellschaftlichen Faktoren (etwa der (siehe auch in der Verfassung oben). Eine Uni hat braucht nur auf die neu designte Web- Zusammenarbeit“ und die Uni zeigt ih- ale und digitale Vernetzung rund um den Wirtschaft oder der Politik) mitbeeinflusst. also zwei wesentliche Aufgaben, nämlich erstens, site gehen und wird verblüfft feststellen, ren Stolz. Interessant ist hierbei aber Globus statt, wobei sich Menschen über Wissen durch Forschungsprozesse zu generieren dass die Uni der Industriellenvereini- nicht nur der Inhalt, sondern auch die ihre Wirklichkeit austauschen. Facebook Zwei moderne Ideen von der Universität sollen und zweitens, generiertes oder sich in der Erar- gung Salzburg für die gute Zusammen- (a)soziale Interaktion. Auf die öffent- etwa war hier der erste namhafte global aber auch mit ins Spiel gebracht werden. Die erste beitung befindliches Wissen weiterzugeben. Bei- arbeit dankt. Der Dank basiert sicher auf liche Frage in Form eines Kommentars agierende Anbieter. 12 13
400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS lich wird, Desinformation und Fake- sammenhang jedenfalls die Digitalisie- Lebenswelt der jungen Menschen errei- News sind jedem bekannte und extrem rung, die ja auch eines der Leitmotive, chen will. Information könnte nämlich bedrohliche Ausprägungen dieser (a)so- nämlich „Digital Life“, darstellt. Sichtbar streng genommen auch ohne eine be- zialen Netzwerke. ist das insbesondere durch ein Posting sondere Form auskommen. Genau das vom 26.1.2022. Zu sehen ist eine Foto- ist bei den Instagram-Postings der Uni Die PLUS als Instagram-User montage vom mittleren und oberen Teil aber nicht der Fall. Es geht hier also auch Die Universität als Motor des Fortschritts des sogenannten Salzburger kaiserlichen sehr stark um Marketing. Hinsichtlich spielt also ganz allgemein auf diesem Szepters. Auf der linken Seite sieht man des Jubiläums-Postings wurde schon ein Feld eine entscheidende Rolle, die PLUS das Wappentier des Universitätsgrün- durchdesigntes Beispiel näher erläutert. konkret wirkt auch als postender User ders Paris Lodron (Löwe mit brezenför- Insgesamt ist das Profil im Zuge einer so- mit. Die Frage, die sich jetzt noch stellt, migem Schweif), in der Mitte unten das genannten Corporate Identitiy mit einem ist, wie sie das tut, in welcher Form und Wappen des genannten Erzbischofs und Corporate Design durchgestylt (gutes wozu? Oben wurde ja nur die Plattform in der Mitte oben eine barocke Krone. Auf Bsp.: der Biergarten-Löwe im mittler- mit ihren vulgärsten Auswüchsen kurz der rechten Seite fügt sich ein hochmo- weile nicht mehr so neuen Logo, das aber Mit Instagram tritt dann eine anfangs umrissen – als Pflichtlektüre für alle derner Roboter in nachdenklicher Philo- in fast jedem Posting irgendwo zu sehen insbesondere auf Fotos spezialisierte kritischen Geister genauer nachzule- sophen-Pose mit der Hand am Kinn halb ist). Auch die vier Farben der seit kurzem Plattform ins Feld ein. „Instant“ (also: sen übrigens bei Nymoen und Schmitt in das Szepter. Bezeichnend für das Digi- eingeführten vier Leitmotive strukturie- sofort) sollte den User*innen die Mög- vor allem in Hinblick auf die Ideologie talisierungs-Framing der Uni ist dabei, ren die Seite formal. Dafür, dass hier of- lichkeit zur Verfügung stehen, Momente der Influencer 3. Die Uni Salzburg kann dass der Roboter die Krone aufhat. Dieser fensichtlich viel (finanzieller) Aufwand ihres Lebens zu teilen. Ein weiterer ent- in diesem Feld als unauffälliger Mitläu- blickt in Richtung eines goldenen Bild- betrieben wird, um wie ein erfolgreicher scheidender Unterschied zu bisherigen fer betrachtet werden. Sie postet vor al- randes, der die durch neue Technologien Influencer zu wirken, sieht der gesamte Netzwerken ist die Möglichkeit der soge- lem praktische Informationen rund um geprägte goldene Zukunft der PLUS dar- Auftritt aber eher amateurhaft aus (zum nannten Filter, die den Fotos spezielle Ef- den Unibetrieb, was bei instagram-af- stellen soll. Die Zukunft kann nur dann Beispiel auch in Form der vielen i-Stock- fekte hinzufügen. So entstand eine ganz finen Student*innen – auf Nachfrage golden sein, wenn der Schulterschluss Fotos). Soviel zum Leitmotiv „Art in Con- neue Wirklichkeit, ein digitaler Kosmos, des Autors – als sehr positiv angesehen mit der Kapitalistenklasse weiterhin be- text“: Viel hat das nicht mit Kunst zu tun. der von vielen Nutzer*innen als irdi- wird. Die Informationsfunktion stellt stehen bleibt. Die Uni stellt Wissen zur Na ja: damit wird vielleicht wenigstens sche Wirklichkeit rezipiert wird, tatsäch- also eine zentrale Säule des Auftritts dar Verfügung, die Technologiekonzerne das erreicht, dass sich junge Leute wegen der lich aber eine für die meisten unerreich- und kommt zumindest bei Student*in- Kapital, Wert wird akkumuliert und es eigentlichen Funktionen der Uni für ihr bare jenseitige Wirklichkeit darstellt. Die nen auch gut an. Zum Beispiel wird so das entsteht ein neues, doppeltes Knecht- Instagram-Profil interessieren und nicht destruktiven Folgen reichen so weit, dass Einzahlen des ÖH-Beitrags nicht verges- schaftsverhältnis, anstatt das eine alte zu wegen dem Pseudo-Corporate-Design – Menschen Schönheitschirurgen konsul- sen – Stichwort: Die Maschine nimmt überwinden. Wo nach Vorstellung der ge- oder auch nicht. Insgesamt ist aber das tieren und ihnen als Schönheitsideal sich dem Menschen das Denken ab. nannten Aufgaben der Uni eigentlich der Motiv unübersehbar, sich wie ein moder- selbst, aufgewertet mit Instagram-Fil- (rationale) Mensch mit seinem mit Wis- nes Unternehmen zu positionieren. tern, präsentieren (eigentlich abgewer- Interessierte werden etwa über das Stu- sen angereicherten Gehirn die Krone auf- tet, weil verdinglicht durch ein Foto)2. dienangebot inkl. der ständig neuen, in- haben sollte, steht zum 400-jährigen Ju- An dieser Stelle stellt sich die Frage nach Diese hochgradig konstruierte Realität der Religion und der Warenfetisch nicht merksamkeit zu erzeugen und viele nicht flationären Studiengänge, Lehrveran- biläum ein Roboter, der nach und nach der Autonomie der universitären Hoch- wird natürlich unmittelbar wirtschaftlich mehr erfolgreich genug waren, musste privaten Akteure verknüpfen dies mit staltungsangebote, Öffnungszeiten der das Denken zersetzen sollte – die tech- schule und der Erfüllung ihrer beiden als Werbemotor erkannt und genutzt. ein neuer Fetisch her, der den Kapitalis- Werbung und Marketing. So könnte man Bibliotheken oder Mensen sowie über die nologische Singularität naht, wie man Hauptaufgaben noch einmal. Man fügt mus rettet. Den Menschen musste fortan vor dem Hintergrund dieser Ausführun- aktuellen Covid-Regularien uvm. an der z.B. auch im Kleinen an der Abhängig- sich einer Plattform aus dem Silicon Val- Und somit kann man im Horizont der gesagt werden, was sie kaufen müssen, gen meinen, Unis, die sich selbst auf In- Uni informiert. Es besteht kein Anspruch keit von Instagram für das Einzahlen des ley, die vorwiegend auf Profit aus ist, Überlegungen zum dialektischen Ver- und was eignet sich besser als eine Platt- stagram präsentieren, agieren mithilfe auf Vollständigkeit dieser Liste und es ÖH-Beitrags sieht. Somit ist die katho- dessen eine Seite der Akteure auch auf hältnis zwischen Uni und Gesellschaft form, die diese Funktion auf subtilste einer der eigenen Institution angehöri- kann hier auch nicht das vollständige lische Vergangenheit und Zukunft der Profit aus ist, während die andere Seite, sagen, dass die Instagram-Welt ein Re- Weise durch personalisierte Werbung er- gen, menschenverachtenden Disziplin Profil wiedergegeben werden. In letzter Einrichtung in einem Bild vereint und nämlich die Mehrheit der privaten Nut- sultat der wechselseitigen Beeinflussung füllt – die klassische Werbung hat aus- (Marketing) wie auf Gewinn ausgerich- Zeit sind jedenfalls die wiederkehrenden damit die Idee einer angeblich humanis- zer, davon weitgehend manipuliert und ist. Als jüngere Erscheinung der digita- gedient. Es sei hier im Sinne des Auto- tete Unternehmen. Im Sinn von Ador- Themen 400-Jahr-Jubiläum oder die Zu- tischen Einrichtung bzw. die Autonomie verblödet wird. Natürlich gibt es Aus- len Revolution ist dieses (a)soziale Me- nomiebegriffs daran erinnert, dass so nos Dialektik der Aufklärung schlägt eine kunft der Uni mit den Unterthemen Di- weiterhin in Frage gestellt. Was gibt es nahmen, zum Beispiel Künstler*innen, dium eine neue Form des Opiums für das etwas wie Marketing (also die gezielte im weitesten Sinne von der Aufklärung versität und Digitalisierung auffällig. da zu feiern? welche die Plattform für ihre Ansprü- Volk. Menschen geilen sich gegensei- Manipulation von Menschen, die ihnen selbst hervorgebrachte Technologie in Postings zu den Inhalten von Forschung che einnehmen und versuchen, etwas Ei- tig an geposteten Inhalten durchzogen zum Teil künstlich erzeugte Bedürfnisse absolute Gegenaufklärung, nämlich zum und Lehre (den Kernaufgaben) sind eher Damit ist schon ein bisschen was zur genes, und zwar im Sinne ihrer Aufgabe von versteckter Werbung auf und fin- aufzwingt) als universitäre Disziplin gilt Teil in absolute Barbarisierung um: Hass, rar. Es wäre spannend, hier genauer zu Form gesagt und es wird schnell klar, (etwa zu unterhalten), zu produzieren. den in dieser geistlosen Kontemplation (natürlich auch an der PLUS). Es geht also der ja im Falle der genannten Verdingli- untersuchen, welche Themen die Uni dass man sich hier dem oben beschrie- Aber wie wird die PLUS ihren Aufgaben ihren neuen Gott. Nachdem der Fetisch in erster Linie für alle User darum, Auf- chung des Menschen viel leichter mög- framed. Augenfällig wird in diesem Zu- benen Zeitgeist fügt und vor allem die als Uni durch ihren Instagram-Auftritt 14 15
400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS corona schon vorbei? was ist 1 kettenvertrag juwelier salzburg minister werden österreich biographie Martin Polaschek wer ist wolfgang fellner gerecht? Was macht sie insbesondere gegen die wird nichts außer eine allseits bekannte morali- PLUS inseratenbudget Flut an Desinformation und Fake-News oder ge- sche Forderung promotet, obwohl wir seit Brechts gen Hass im Netz? Dem könnte sie ja auch etwas Dreigroschenoper wissen, dass das Fressen vor der 400 kerzen auf torte wie ausblasen entgegenhalten, die Plattform auch für eigene Moral komme.4 Alles, was man findet, sind also Zwecke (autonome Forschung und Lehre) verein- Hinweise auf ohnehin herrschende, nicht zu Ende sekretär*innen am besten ausbeuten wie? nahmen. Was unternimmt die Uni in Hinblick auf gedachte Diskurse, die keinem weh tun. Sich da- elon musk aktuell polarisierende Themen, wie zum Beispiel ran reibende, Widerstand leistende und Alterna- die Klimaerwärmung oder die Covid-Pandemie. tiven vorschlagende Beiträge ganz im Sinne einer was hat elon musk studiert? Diese Themen würden sogar unter die Leitmotive autonomen Uni, die auch fundierte Kritik an ge- elon musk keynote preis „Development & Sustainability“ bzw. „Health & sellschaftlichen Schieflagen auszudrücken ver- Mind“ fallen. Was wird unter den Farben grün und mag, sucht man vergeblich. Das gilt in noch grö- burschenschaften rechtsextrem? blau gepostet? Nicht viel (Eigenes). Die PLUS ruft ßerem Ausmaß als für die Klimakrise auch für die zwar zum „Fridays for Future“-Streik auf (Pos- Covid-Pandemie, in welcher die Verschränkung seit wann? ting vom 24. September 2021), was liefert sie dazu von Wissen und Wirtschaft im Zuge der Impfstoff- liederbuchaffäre 1 Minimal umgeändert nach: Marx, Karl: Zur Kritik aber im Bereich der Forschung und Lehre für Kon- entwicklung und dem gewinnorientierten Vertrieb der Hegelschen Rechtsphi- zepte, um diesem bedrohlichen Szenario der Kli- der Vakzine überhaupt am deutlichsten hervor- losophie. In: Florian Butollo und Oliver Nachtwey (Hrsg.): maerwärmung entgegenzuwirken. Gibt es insbe- tritt. Die PLUS schafft es nicht, einen ihren Aufga- Karl Marx. Kritik des Kapita- lismus. Suhrkamp 2018. sondere auch beforschte und gelehrte Alternativen ben gerechten Auftritt hinzubekommen, der wirk- zu den herrschenden Ideen, die auch nur auf dem lich innovativ ist und die Verblödungsmaschinerie 2 Nymoen, Ole; Schmitt, Wolfgang M.: Influencer. Die mittlerweile offensichtlich gescheiterten Wirt- Instagram in einen Ort des Wissens umwandeln Ideologie der Werbekörper. Suhrkamp 2021. S. 76-96. schaftssystem, dem diese Krise ja erst zu verdan- kann. Ganz im Gegenteil: Man positioniert sich ken ist, aufbauen. Diesbezüglich wird man auf In- auch noch, wie zum Jubiläums-Posting gezeigt, 3 Ebd. stagram nicht fündig. „Menschen, die sich vegan als offensichtlicher Handlanger der herrschenden 4 Brecht, Bertold: Die Dreig- roschenoper. In: Ders.: Ber- oder vegetarisch ernähren oder wenig Fleisch es- Ordnung. Was vor 400 Jahren die Religion für die told Brech. Ausgewähl- sen, stellen oft das Gemeinwohl über den Eigen- PLUS war, ist heute die herrschende Wirtschafts- te Werke in sechs Bänden. 1. Band. Hrsg. v. Werner nutz: ,Umwelt‘ und ,Tierwohl‘ sind ihnen wichti- ordnung und ihr digitalisierter Gottesdienst in Hecht, Wolfgang Jeske & Jan Knopf. Suhrkamp 2005. ger als ,individuelle Gesundheit‘ und ‚Gewicht‘“ Form von (a)sozialen Medien. S. 246. heißt es in einem Posting vom 28.1.2021. Hier 16 17
400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS HEIL DEUTSCH- Woher kommen dann aber immer diese regelmäßigen Völlig frei von Vorurteilen und mit dem nötigen kritischen Blick, den man von der Salzburger Vorwürfe, Burschenschaften Nachricht’schen Journalisterei gewohnt ist, wird seien rechtsextrem und deutsch- man sachte an der Hand genommen und einge- national oder es bestehe LAND führt in diese Welt der aufrechten Mannsbilder. Denn wie soll durch bloßes Hinschauen auch er- zumindest ein Näheverhältnis? fahren, ob der Herr mit der schrulligen Paradeuni- form und dem toten Fuchs auf der Schulter ein Verbindungsstudent ist oder ob er mit seinen LARP2-Freunden gleich Napoleon am Walserfeld daß [sic] die Gesellschaft zunehmend degeneriert? zur Schlacht entgegentritt. – Dann geh’ mit eigenem Beispiel!“ lautete die UND ANDERE Caption unter einem Post und man ist fast dank- Beflissen werden den Leser*innen die wichtigsten bar, dass sich junge Männer freiwillig dieser Auf- SCHEUSSLICHKEITEN Bruchlinien erläutert, an denen sich das Verbin- gabe annehmen, die Gesellschaft von ihrer Dege- dungswesen spaltet und organisiert. In Österreich neration zu befreien. Gerne werden solche Posts (bei der ein oder anderen Verbindung nach wie vor auch mit „Heil Deutschland“ beendet. unter „Ostmark“ bekannt) existieren im Grunde, in bester sozialpartnerschaftlicher Tradition, zwei Bei der Landsmannschaft Salzburg spielt Heimat Die Salzburger Nachrichten (SN) nahmen den 400er der PLUS zum Anlass, der eher Lager, die sich lediglich in der Frage, ob man sei- eine wichtige Rolle (mehr erfährt man an dieser nach rechts geneigte Leser*innenschaft mit einem wohlfeilen Hochglanzmagazin die nem Bundesbruder mit einem scharfen Säbel das Stelle nicht) und beim Corps Frankonia gilt angeb- Gesicht zerhacken darf/soll/muss, uneins sind. lich das Toleranzprinzip. „Das bedeutet, dass jeder Aufwartung zu machen. Allerhand lässt sich darin erfahren, etwa wie es um das Salz- Mann, egal welcher Herkunft, Religion oder poli- burger Verbindungswesen samt Burschenschaften bestellt ist. Dieser Artikel gerät Zum einen wären das die katholischen Verbindun- tischer Orientierung, aufgenommen wird. Dort dabei so unkritisch-naiv, dass einem beinahe der Säbel1 aus der Hand fällt. gen, bei denen man nur mitmachen darf, wenn steht also das Individuum als solches im Vorder- man getauft, gefirmt oder wie Hiob getestet ist. grund“. So richtig klug wird man aus diesen Zeilen Von David Mehlhart Solcherlei gibt es in Salzburg drei Mal, erfährt dann aber auch nicht. Wenn die Frankonia dezi- man in dem Artikel. Namentlich sind das die Ru- diert sagt, dass die Herkunft der potenziellen Mit- pertina, die Lodronia und Rheno-Juvavia. Er- glieder egal ist, heißt das im Umkehrschluss dann, gänzt wird diese Riege durch die einzig weibliche dass man bei der Germania und der Gothia so et- Verbindung in Salzburg, die Erentrudis. Diese was wie einen Herkunftsnachweis erbringen M Verbindungen, die im sogenannten Cartellver- muss? Wenn ja, welche Herkunft ist dann genehm it dem Vorsatz, dass man „die nen und internationaler Positionierung die feuchtfröhlichen Umtriebe der Herren band (CV) organisiert sind, sind klassisches Per- und welche nicht? Diese Unklarheit konnte die Au- Vergangenheit, die Gegenwart zu lesen war. Typisches Mittleres-Ma- (aber auch Damen!) mit den kleinen sonalreservoir der ÖVP. torin leider nicht beseitigen. Den Abschluss in die- und Zukunft der Universität nagement-Geschwafel halt. Hüten, der treuen Gesinnung und den ser illustren Runde bildet die Sängerschaft Ho- Salzburg aufzeigt“ beglückten die SN die dicken Schmissen informieren konnte. Den Gegenpol bilden die schlagenden Verbindun- hensalzburg, ein Männerchor, der sich selbst die hiesige Leser*innenschaft mit einem Zugegeben, es ist eine etwas trockene Denn schließlich weisen diese in Salz- gen, derer es in Salzburg fünf gibt. Diese sortieren Aufgabe aufgebürdet hat, „deutsche Volks-, Kunst knapp 150 Seiten starken Magazin, das Angelegenheit, bis bei so Jubiläums- burg „eine enge Verbindung zum aka- sich wiederum in vier Typen. Entgegen den Ver- und Studentenlieder zu pflegen.“ Danke dafür, ir- mit „Wissensräume“ betitelt wurde. Weit Hagiografien feuchtfröhliche Stimmung demischen Leben auf“, wie man im Un- bindungen aus dem CV, bei denen die Bibelkennt- gendjemand muss es ja tun. vorne im Heft doziert etwa der letzte aufkommt, zieht es sich oft gehörig in die tertitel lesen kann. Dringend nötig ist nis im Vordergrund steht, darf bei den Schlagen- 1 Der Autor der Zeilen ist Universalgelehrte Doktorius Conradius Länge. Ab Seite 110 hatte dann aber das das, denn die Welt der korporierten den nur mitspielen, wer sich zu deren Prinzipien Der restliche Artikel fährt genau in diesem Duktus sich bewusst, dass die Be- zeichnung „Säbel“ die An- Liessmann darüber, dass Wissenschaft höchst unfidele Dahinsiechen ein Ende: Student*innen ist erstens eine sehr bekennt. Bei der Gothia und der Germania etwa, so fort. Mit positivistischem Eifer wird erklärt, wel- gelegenheit grob verein- aber auch wirklich keine Dogmen kennen „Zwischen Bier, Tradition und Couleur“ verworrene mit ihren zig Verbindun- erfährt man von der Autorin, steht die politische che Hierarchien herrschen, wie Feste ablaufen und facht und es im Jargon „Schläger“ heißt. Wir hof- dürfe. Auch der Rektor und seine nächs- lautet die Überschrift eines Artikels, der gen, Dachverbänden und ideologischen Bildung der einzelnen Mitglieder im Vordergrund, dass Mensuren sowohl Tradition und Brauch sind, fen, die Satisfaktionsfähig- keit der Redaktion ist ob ten Untergebenen, die Vizerektor*innen, sich anschickt, dem Salzburger Verbin- Ausrichtungen, und zum anderen eine ganz egal, welcher Partei diese sich verbunden aber auch den Charakter stärken sollen. Nachfra- dieser Anmerkung weiter- reichten pflichtschuldig ihre Aufsätze dungsunwesen ein wenig nachzuspüren. voller leidiger Missverständnisse und fühlen. Auf dem Instagram-Account der Gothia gen, warum genau das Aufeinandereinschlagen hin aufrecht. ein, in denen – erwartbar – von Zukunft Eine vollmundige Doppelseite räumt die vorschneller Verurteilungen. Zeit also, formuliert man ein wenig präziser, was man von mit einer scharfen Waffe den Charakter nun festigt 2 kurz für: Live Action Ro- le Playing und Wettbewerb und breiten Diskussio- SN der Autorin frei, damit diese dort über Licht in dieses Dunkel zu bringen. zukünftigen Mitgliedern erwartet. „Findest Du, oder gar, welche Auffassung von Stärke dahinter- 18 19
400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS stehen mag: Fehlanzeige. Was verstehen jetzt steht, wird es in Salzburg auch keinerlei nämliche Und tatsächlich ist dem so. Nicht nur gen Namibia entspricht. Von 1894 bis fen lässt. An vorderster Front beteiligen diese schlagenden Verbindungen unter Tradition burschenschaftliche Umtriebe geben, kann man wissen die Gothen, was dem deutschen 1914 beutete das Deutsche Kaiserreich sich die Gothen an den Corona-Demons- und Brauchtum, wenn sie sich schon bei wirklich schlussfolgern. Zumal man auch bei einem re- Jüngling guttut, sondern es sind schein- diese Kolonie nach allen Regeln der Kunst trationen in Salzburg wie in Wien. Stolz jeder Gelegenheit darauf berufen? Kann ein Kom- nommierten Blatt wie den SN gewisse Mindest- bar auch begnadete Geografen unter den aus. Als sich die Herero und Nama, zwei schwingt man dort die schwarz-rote munist Mitglied bei der Gothia werden? Das wä- standards hinsichtlich kritischer Recherche er- Mitgliedern, die mindestens einen, viel dort lebende Volksgruppen, gegen die Fahne der Urburschenschaft und führt ren allesamt spannende Fragen gewesen, die die warten kann. Dort ist man, ob der waltenden eher fünf Schritte der konventionellen koloniale Unterdrückung auflehnten, den Demozug mit einem Transparent an, Autorin des Artikels aber scheinbar nicht stellte journalistischen Sorgfalt, gefeit davor, Rechten Lehrmeinung voraus sind. Denn besucht wurden diese Aufstände mit unvorstell- auf dem „Noch sitzt ihr da oben…“ ge- oder stellen wollte. Was bleibt, ist das Bild einer auf den Leim zu gehen. Niemals würde man dort man die Webseite der Verbindung, so fin- barer Brutalität niedergeschlagen. Dabei schrieben steht. Auch die Landeschefin Szene, so einträchtig und friedliebend wie das Ti- mit einen rechtsextremen Jungpolitiker der FPÖ det sich dort ein Foto einer Reisegesell- wurden zwischen 50.000 und 70.000 He- der FPÖ, Marlene Svazek, ist bei solchen telbild des Propagandablattes „Wachturm“ der ein Interview führen, in dem dieser dann ohne schaft vor einer dicken Palme. Vor allem rero und Nama durch Soldaten des Deut- Anlässen gerne mit von der Partie, wie Zeugen Jehovas. Punkt und Komma seinen völkischen Schmafu die Herren tun sich dabei mir eleganten schen Kaiserreiches ermordet oder bis ein Foto vom Dezember 2021 zeigt. Jetzt zum Besten geben kann. Undenkbar erschiene so Uniformen in beige hervor: Safarijacken, zum Tod durch die wasserlose Omahe- kann man natürlich niemandem verbie- Woher kommen dann aber immer diese regelmä- etwas. Was höre ich, so ein Interview wurde am 14. Cargohosen und Schlapphüte – das volle ke-Wüste gehetzt. Weiters errichteten ten, auf eine Demo zu gehen. Noch dazu, ßigen Vorwürfe, Burschenschaften seien rechts- Dezember 2020 tatsächlich in den SN publiziert? Programm eben. Untertitelt ist dieses Foto die Deutschen Konzentrationslager zur wenn es sich dabei um Burschenschafter extrem und deutschnational oder es bestehe zu- Achso, na dann. mit: „Mit der akad. B! Gothia in ‚Deutsch- Internierung von Herero und Nama, in handelt, die ja, wie sie nur zu gerne vor mindest ein Naheverhältnis? Sind hier wieder Südwest‘ 2/2005“. Wie es scheint, kennen denen Zwangsarbeit verrichtet werden sich hindozieren, zuerst eigenhändig einmal feige Nestbeschmutzer und pedantische Womöglich wäre es dann doch nicht so schlecht, die Gothen Länder, die man so nicht am musste und Ärzte teils sadistische Expe- Deutschland geeinigt haben und 1848 Vernaderer am Werk, die jedem rechtsschaffenden wenn die uni:press kurz mal nachschaut, was bei Globus findet. Jeder Geograf der Uni Salz- rimente an den Häftlingen durchführten. dann auf den Barrikaden standen, um für Bürger ans Bein pissen wollen? Kleingeistige Men- den Burschen – vor allem inhaltlich und ideolo- burg dürfte rot vor Verlegenheit werden, Was auf der Webseite der Gothen als lus- alle das Bürgerglück zu erstreiten. Im schen, die in Liedzeilen wie „Da trat in ihre Mitte gisch – so los ist. Das wurde ja im Artikel großzü- ob dem Geheimwissen das die Burschen- tige Verbindungsreise daherkommt, ist „Heckerlied“, ein Lied das die Badische der Jude Ben Gurion: „Gebt Gas, ihr alten Germa- gig umschifft. Wie wär’s zum Beispiel mit der Bur- schafter der Gothia pflegen. vielmehr deutschnationaler Geschichts- Revolution von 1848/49 besingt, lautete nen, wir schaffen die siebte Million‘“, die bei den schenschaft Gothia. Im Artikel preist ja immerhin revisionismus in Reinform. ein Vers Ja, dreiunddreißig Jahre / Währt Germanen aus Wiener Neustadt gesungen werden, ein Gothe die Mensur als ein probates Mittel, um Bevor die Geografie affine Leser*innen- die Knechtschaft schon / Nieder mit den augenblicklich Antisemitismus erkennen wollen? die studentische Persönlichkeit nach vorne zu schaft sich auf den Globus stürzt: Mit Auch will man sich nicht nachsagen las- Hunden / Von der Reaktion! bringen. Wo solch erbauliche Lebensratschläge „Deutsch-Südwest“ dürften die Gothen sen, dass man den politischen Bildungs- Im Artikel werden solche garstigen Sachen jeden- herkommen, gibt sicher noch allerhand Spannen- die ehemalige Kolonie „Deutsch-Süd- auftrag, von dem im Artikel vollmundig Nun sind aber einige Jahrzehnte ins falls nicht erwähnt. Und wenn es nicht im Artikel des zu lernen. westafrika“ meinen, die etwa dem heuti- die Rede ist, in irgendeiner Weise schlei- Deutsche Reich gezogen und aus jenen, 20 21
400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS Wieder einmal steigt die Uni Salzburg, die stets so bemüht ist, ein gutes Bild von sich abzugeben, von einem Fettnäpfchen in nächste. burschenschaftliche Milieu nahezu un- Schönerer und seine Alldeutsche Vereini- halber sei aber an dieser Stelle noch er- deren in die Arme. (Erwähnt sei an dieser trennbar mit der FPÖ verflochten. Das gung ein „historisches Erbe“, dem ge- wähnt, dass auch der CV sich nicht lum- Stelle der Artikel „Das wird man ja wohl gilt auch für die Salzburger Gothen: Ei- dacht werden muss. pen lässt. Auf der Webseite findet man noch sagen dürfen!“ aus der letzten Aus- ner ihrer Aktiven ist nämlich im Vor- eine Datenbank mit den Biografien ihrer gabe der uni:press, in dem von einem stand des hiesigen Rings Freiheitlicher Schönerer war es übrigens auch, der 1885 berühmten und berüchtigten Bundes- Professor die Rede war, der ein gehöriges Jugend (RFJ). Dieser scheint bestens einen der ersten belegten „Arierparagra- brüder. Zu findet ist dort eine ausführli- Problem mit Israel hat). Internes Quali- vernetzt zu sein, wie Fotos von Besuchen phen“ verfasste („Linzer Programm“). che Darstellung von Leben und Werk des tätsmanagement? Fehlanzeige. Auch nur in einem rechtsextremen Hausprojekt in Jener dürfte diese Idee mit großer Wahr- Dr. Engelbert Dollfuß, dem charismati- eine Sekunde einen Gedanken daran ver- Wie sich hier abzeichnet, sind Oberösterreich zeigen. In den Schlagzei- scheinlichkeit im Burschenschafts-Mi- schen Alpenautokraten mit dem Theo- schwenden, wen man hier vor den Vor- len war diese prononciert rechtsextreme lieu aufgegriffen haben. Es war nämlich kratiefimmel. Nicht nur war er in den hang holt? Ebenfalls Fehlanzeige. Burschenschaften wie die Gothia Vorfeldorganisation, die sich sehr von seine Verbindung, die Burschenschaft Augen der CVler ein begnadeter Agrarpo- ein wichtiger Knotenpunkt im öster- der „Identitären Bewegung“ inspiriert zeigt, weil ein Funktionär von seinem Libertas in Wien, die schon 1878 eine entsprechenden Aufnahmeregelung ver- litiker, sondern vielmehr ein „Märty- rer“, der im Kampf gegen den National- Abgerundet wird die ganze Causa durch die letzte „Rectors Column“ von Lehnert. reichischen Rechtsextremismus. Amt abberufen wurde, nachdem er auf ankerte. Ein solcher Paragraph fußte auf sozialismus sein Leben ließ. Für den Salbungsvoll salbadert er dort unter der einer Coronademo einen Rauchtopf in der rassistischen Vorstellung von der Dachverband ist dies nach wie vor ein Überschrift „Diversity“ davon, dass „Di- Richtung Polizei kickte. Zuvor gab es Überlegenheit der „arischen Rasse“ ge- „Trauma“, wie man auf der Webseite le- versitätsstrategie ein zentraler Bestand- die damals vielleicht für Republikanis- Ende September 2021 das Pastoralamt in schon Kritik von Seiten der Stadtpartien genüber sogenannten Untermenschen. sen kann. Marginalien wie die Verfolgung teil einer zukunftsgewandten Universi- mus, Abschaffung der Monarchie usw. Linz stürmten und Flugblätter verteilten. ÖVP und Grüne, die im Zusammenhang In realiter zielte der Paragraph vor allem und Ermordung von Sozialdemokrat*in- tät“ sind, um „unsere Universität noch stritten, ist selbst die Reaktion geworden. mit der oben erwähnten Stürmung des darauf ab, Juden und Jüdinnen, Sinti und nen, Kommunist*innen und Gewerk- mehr als bisher zu einem Ort des respekt- Burschenschaften wie die Gothia legen Wie sich hier abzeichnet, sind Burschen- Pastoralamtes, diese Personalie als Roma zu stigmatisieren und diskrimi- schafter*innen kann man da auch dann vollen und diskriminierungsfreien Um- eindrucksvoll Zeugnis davon ab, auch schaften wie die Gothia ein wichtiger grenzüberschreitend und „jenseitig“ nieren. Im weiteren Verlauf nahmen etli- mal gerne unter den Tisch fallen lassen. gangs zu machen.“ Wer weiß, vielleicht wenn sie bei jeder sich bietenden Gele- Knotenpunkt im österreichischen Rechts- bezeichneten. che deutschnationale Vereine ähnliche Am Ende waren es ja die „radikalen Kräfte ist es eine höhere Form dialektischen genheit einen davon überzeugen wollen. extremismus. Zum einen ist man dafür Satzungen in ihre Statuten auf. Darüber auf beiden Seiten“, die den Bürgerkrieg Denkens, die dem durchschnittlich Be- Konkret für Salzburg äußert sich das so, zuständig, antisemitischen und rassisti- Garniert werden diese Umtriebe dann mit hinaus bereitete diese strukturelle Dis- im Februar 1934 vom Zaun brachen. Je gabten schlicht nicht begreiflich ist, wenn dass es, wie man auf Instagram auch schen Ideologien einen seriösen Anstrich dem gewöhnlichen deutschnationalen kriminierung den Boden für den Ver- mehr man weiß… man mit reaktionären Deutschnationalen selbst postet, personelle Überschneidun- zu geben, wie etwa Besuche von Götz Ku- Klimbim, etwa einer Gedenkfeier zum nichtungsantisemitismus der Nazis. Es an Board Richtung Zukunft zu schreiten gen mit der rechtsextremen Organisation bitschek beim sogenannten Institut für 100. Todestag von Georg von Schönerer, ist davon auszugehen, dass Burschen- Wieder einmal steigt die Uni Salzburg, die will. Wenn dem aber nicht so ist, wofür „Aktives Wien“ gibt. Dabei handelt es Staatspolitik nahelegen. Dieser tritt vor seines Zeichens ein Antisemit der übels- schaften bis heute diesen Standpunkt stets so bemüht ist, ein gutes Bild von sich doch einiges spricht, dann hat man sich um ein Nachfolgeprojekt der „Iden- allem als Verleger von Literatur hervor, ten Sorte. Hannah Arendt bezeichnete vertreten, denn Deutschnationalismus abzugeben, von einem Fettnäpfchen in schlicht Rechtsextremen einen publizis- titären Bewegung“. Medial in Erschei- die man der Neuen Rechten zurechnen Schönerer später als „geistigen Vater“ und Antisemitismus sind zwei Seiten nächste. Blind vor Publicity-Liebe läuft tischen roten Teppich ausgerollt. nung trat diese Organisation etwa, als sie kann. Zum anderen ist in Österreich das Hitlers. Für die Gothen hingegen ist derselben Medaille. Der Vollständigkeit man einem Love-Scammer nach dem an- 22 23
P 400 JAHRE PLUS 400 Jahre PLUS L PLUS-GESPRÄCHE UMBAU ARBEITEN Fachbereichen zu verteilen wie Jesus die Fische, ist aus den Fingern gesaugt habe, ganz zu schwei- einfach famos. Ich persönlich wär’ da niemals gen. Ist das jetzt alles vergebens gewesen? draufgekommen. Apropos Katholen: Ein gewisser Georg Meyr-Melnhof hat sich genau wegen die- Martin Weichbold. Sein Anliegen war konkreter, sem neuen Studiengang bei mir gemeldet… Herr Rektor. Dr. Willi hat gemeint, wir müssen da- für sorgen, dass die Künstliche Intelligenz nicht Hendrik Lehnert (lächelt schmal ob des Lobes intelligenter als der intelligenteste ÖVPler, Harry für seine Umbenennungspolitik). Soso, schein- Preuner, wird. Salzburg, Kapitelgasse 4. Büro von Rektor Lehnert. Der Rektor selbst steht am Fenster bar ein einflussreicher Mann, wie mir zu Ohren und blickt nachdenklich hinaus, in seiner rechten Hand lässt er nachdenklich eine gekommen ist. Unterbreite ihm bitte folgendes Hendrik Lehnert (sichtlich nervös). Angebot von mir: Er hat bei der inhaltlichen Ge- Martin, bekommen wir das hin? Mozartkugel von Fürst durch die Finger gleiten. Die Umstrukturierungspläne haben zu staltung des Studienganges freie Hand und der tumultähnlichen Zuständen an den einzelnen Fakultäten geführt. Von draußen her hört soll sich da seine reaktionäre Jünger-Armee he- Martin Weichbold (ist verlegen und will nicht so man immer wieder das Donnern von Kanonen. Die hölzerne Flügeltür geht auf. ranzüchten, wie er will. Solange er unseren recht antworten). Wenn wir diese Order befolgen Spendenstock immer vollmacht, ist mir das Herr Rektor, können wir den Fachbereich zusper- Blutwurst – oder wie sagt ihr da, Martin? Jeden- ren, bevor er überhaupt eröffnet wurde. falls soll er sich davor noch meine Kolumne zu Diversity durchlesen. Hendrik Lehnert. Wie dem auch sei jetzt. Eine Frage hab’ ich noch kurz, mein lieber Martin. Ir- M Martin Weichbold. Einen zweiten Punkt noch, gendwer hat da ja auch diesen Studiengang Ernäh- artin Weichbold (außer Atem, weil er die Hendrik Lehnert. Nana, da brauchen die werten Herr Rektor, bevor ich an die Front zurückkehren rung, Bewegung, Gesundheit zusammengeschus- Stufen zum Büro raufgesprintet ist). Rek- Herren Gottes sich mal keine Sorgen machen. De- muss, um die Wogen beim Personal zu glätten. Der tert. Was genau ist das jetzt eigentlich? Als gütiger tor, schlechte Nachrichten, sehr schlechte nen drücken wir lediglich den Studiengang Christ- Dr. Willi Haslauer hat mir geschrieben. Er ist jetzt Rektor verfolge ich das Ideal, zumindest Interesse Nachrichten. liche Kultur, Transformation & Kommunikation auch nimmer so bös’ wegen der TU, die wir nicht zu heucheln. (Christian Culture, Change & Communication) bekommen haben. Er hat aber Bedenken hinsicht- Hendrik Lehnert. Mein Lieber, wie oft hab’ ich es auf’s Auge. Ich denk, so viel Modernisierung kann lich des neuen Studiengangs Artificial Intelligence. Martin Weichbold. Nun ja, Sie müssen sich das so schon gesagt, dass meinem hanseatischen Gemüt man diesen Kuttenbr…bru… – Martin, wie sagt ihr vorstellen: Wissen Sie, was Instagram ist? Oder solcherlei Aufregung nicht gut bekommt. Aber da in Österreich dazu? – schon zumuten. Zum an- Hendrik Lehnert (er zerquetscht die Mozartku TikTok? Naja, auch egal. Jedenfalls gibt es dort was ist los, Minjung? deren ist es unabdingbar, dass man da auch ein gel fast zwischen seinen Fingern). Was will die- viele, die sich dabei filmen, wie sie Liegestütze wenig Schwung in die PR bringt. Immer nur von ser Mönchsberg-Olm denn jetzt wieder? Ich mach machen und Rinderfaschiertes essen. Martin Weichbold. Mehrere Fraktionen innerhalb Sakramenten, heiligen Geistern und der Erbsünde wirklich alles – das musst du mir glauben, lieber der Uni planen den Aufstand. Einige Fakultäten zu reden, das interessiert doch keinen, wenn wir Martin –, damit die ÖVP mich zumindest ein we- Hendrik Lehnert. Faschiertes? Hat das etwas mit drohen sogar damit, sich abzuspalten, wenn die uns ehrlich sind. nig ins schwarze Herz schließt und mir eine diesem Faschismus zu tun, von dem hin und wie- von dir angedachten Umstrukturierungen durch- zweite Periode im Rektorat ermöglicht. Sogar auf der die Rede ist? gesetzt werden. Allen voran die Katholen, die ver- Martin Weichbold. Gewiss, Herr Rektor. Ihre Idee, diesem komplett absurden Rupertikirtag hab’ ich barrikadieren sich mittlerweile in der KHG und ha- aus dem Handbuch des mittleren Managements einen Liter Bier in mich hineingeschüttet. Von Martin Weichbold. Nein, aber das ist jetzt auch ben Angst, dass sie auch noch zerschlagen werden. wahllos Begriffe rauszusuchen und sie unter den diesen hanebüchenen Leitmotiven, die ich mir egal. Jedenfalls haben wir einfach ein Jahr lang 24 25
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