Das Wirtschaftsmagazin Nr. 2/2018 - Bürokratie lähmt Unternehmergeist Diktierte Löhne und deren negative Folgen Peter Spenger gibt IHK-Präsidium ...

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Das Wirtschaftsmagazin Nr. 2/2018 - Bürokratie lähmt Unternehmergeist Diktierte Löhne und deren negative Folgen Peter Spenger gibt IHK-Präsidium ...
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SC HWER PU NK T BÜ ROK R AT I E

Bürokratie lähmt
Unternehmergeist

SC HWER PU NK T BÜ ROK R AT I E
                                  Das Wirtschaftsmagazin   Nr. 2/2018
Diktierte Löhne und
deren negative Folgen

IHK

Peter Spenger gibt
IHK-Präsidium ab
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 2/2018 - Bürokratie lähmt Unternehmergeist Diktierte Löhne und deren negative Folgen Peter Spenger gibt IHK-Präsidium ...
NATUR
STEIN
WUNDER

Nicht nur der Rorschacher
Sandstein ist ein Wunder
der Natur. Seit 1890 bauen
wir ihn in unserem Stein-
bruch oberhalb des Boden-
sees ab. Seit 2006 tun wir
dies auch mit dem Bündner
San-Bernardino-Gneis.
Dazu kommen viele andere
charakterstarke Natursteine.
Wir lieben diese Steine und
bearbeiten sie für Architektur,
Innenausbau und Garten-
bau. Wir denken regional,
aber durchaus auch global.
In Zusammenarbeit mit
unserer Tochterfirma Fiorini
beschaffen, bearbeiten und
verbauen wir Natursteine
aus aller Welt.

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EDITORIAL

Mit der bevorstehenden Generalversammlung der IHK St. Gallen-Ap-
penzell wird sich viel verändern: Wir wählen einen neuen Präsidenten
und sieben neue Vorstandsmitglieder. Diese personelle Erneuerung ist
nicht die Folge von Amtsmüdigkeit oder fehlendem Interesse. Viel-
mehr ist es die vor sechs Jahren beschlossene Amtszeitbeschränkung,
die hinter allen Rücktritten steht. Selbstverständlich geht damit auch
ein weinendes Auge einher. Wir verlieren Persönlichkeiten, die sich
ohne Ausnahme mit viel Engagement und Verantwortungsbewusst-
sein für unsere Aufgabe einsetzten. Und dies nicht aus persönlichen
oder politischen Interessen. Vielmehr ging und geht es immer um die
Sache. Uns interessiert, in welche Richtung sich die Ostschweiz verän-
dern muss, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu wer-
den. Entgegen der medialen Wahrnehmung versteht sich die IHK
St. Gallen-Appenzell nicht als Lobby-Organisation im engeren Sinne.
Wir dienen weder Brancheninteressen noch einzelnen Unternehmen.
Unsere Analysen, Lösungsvorschläge und Veranstaltungen orientieren        Dr. Kurt Weigelt
                                                                          Direktor IHK St. Gallen-Appenzell
sich am wirtschaftlichen Gesamtinteresse. Dies in der Überzeugung,
dass es unseren eigenen Unternehmen nur gut geht, wenn es der
Wirtschaft insgesamt gut geht.

Vergleichbar mit politischen Institutionen bewegt sich ein Wirtschafts-
verband wie die IHK St. Gallen-Appenzell in einem von den Herausfor-
derungen des Marktes mehr oder weniger abgekoppelten Umfeld.
Und genau deshalb braucht es institutionelle Voraussetzungen, die
einen permanenten Wandel sicherstellen. Dazu gehört die Amtszeit-
beschränkung. Uns allen ist klar, dass niemand unersetzbar ist und
jede Veränderung zahllose Chancen mit sich bringt. Dies gilt auch für
die Geschäftsleitung. Eine Erkenntnis, die auch dem politischen Per-
sonal gut tun würde. Und dies nicht nur im fernen China.
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 Leben. Als Käufer oder Verkäufer.
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INHALT

                                                                    BLITZLICHT                                06

Bürokratie als legale Herrschaft                                    SCHWERPUNKT
Vorschriften und Regulierungen hemmen den Unternehmergeist          BÜROKRATIE                                08

Facts & Figures zur Bürokratie
Die wachsende Gesetzesflut und deren erfolglose Eindämmung         ((Titelbild wiederholen))

Lohnregulierung überall
Diktierte Löhne und deren negative Folgen

Zertifizierung von Entsendebetrieben
Alternative zur bürokratischen Acht-Tage-Frist

60 Jahre Parkinsons Gesetz
Was der Soziologe heute zum Bürokratiewachstum zu sagen hat

Häggenschwils privat geführte Oberstufenschule
Innovationen und tiefere Kosten statt Bildungsbürokratie

IHK-Cockpit – Wirtschaftskennzahlen aus der Ostschweiz              WIRTSCHAFT UND POLITIK 22
Starke Industrie, Fragezeichen bei Dienstleistungen

Abstimmung zur St. Galler Pensionskasse                            ((Bild vom Artikel ISC wiederholen))
IHK-Vorstand beschliesst Stimmfreigabe

St. Galler Dialog-Plattform mit weltweiter Ausstrahlung
Public Forum des St. Gallen Symposiums

18. Ostschweizer Technologiesymposium                               KNOW-HOW                                  28
Nutzen maximieren – Risiken beherrschen

IHK-Präsident Peter Spenger tritt zurück                            IHK                                       30
«Die Politik ist zu stark auf die nächste Wiederwahl fokussiert»

3. ICT-Konferenz «Digitrends 2018»                                 ((Bild von Peter Spenger auf der Treppe,
Impressionen vom Anlass                                            Bild das ursprünglich für Interview benutzt
                                                                   wurde))
«Wir laufen Gefahr, den Blick fürs Ganze zu verlieren»
Was abtretende IHK-Vorstandsmitglieder der Ostschweiz wünschen

Tourismusdestination Ostschweiz – wie weiter?
2. EcoOst-Arena am 29. August 2018

IHK-Neumitglieder
Schweizer Nachfolge-Experten AG

                                                                    AKTUELLE FIRMENNEWS                       40

                                                                    AGENDA                                    42
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BLITZLICHT

                                                                                      «Influencerin» beim WTT Young
Neuer Vorstand für                                                                    Leader Award
«IT St.Gallen rockt!»                                                                 Julia Graf hält am 17. September 2018 das Referat am WTT
Der Verein IT St.Gallen hat Ende März seine                                           Young Leader Award 2018. Einfluss zu haben, ist im Web
vierte ordentliche Mitgliederversammlung                                              kein Leichtes: Was die Wirtschaft seit Gedenken tut, folgt
bei der Namics AG durchgeführt. Nach ei-                                              im Netz anderen Regeln. Gewiefte Internet-Protagonisten
nem Einführungsreferat von Namics-Mitar-                                              mauserten sich in den letzten Jahren zu Influencern. Sie be-
beiter Heinz Beutler über die Digitalisierung                                         herrschen jenes Geschäft, in dem sich renommierte Unter-
der alpinen Rettung führte der Vorstand un-                                           nehmen oft schwertun: Grosse Communities aufzubauen
ter der Leitung seines Präsidenten Paul E.                                            und zu pflegen. Die Social-Media-Pionierin Julia Graf
Sevinç durch den offiziellen Teil der Mitglie-   kommt auf 180 Millionen Youtube-Views und 800 000 Subscribers. Sie zeigt auf, wie sie in so-
derversammlung. Während für 2019 Neu-            zialen Medien Menschen bewegt. «Trends kennen, kreativ sein, technologisch mithalten», nennt
heiten angedacht sind, blieb und bleibt es       sie als Rezepte – das ist aber nur ein Teil ihres Erfolgs. Was geht, was floppt? Julia Graf bringt
2017 und 2018 inhaltlich noch beim Alten.        Beispiele aus zehnjähriger Erfahrung. Die IHK ist Patronatspartnerin des Events und erhält für
Grössere Veränderungen gab es hingegen           ihre Mitglieder jeweils ein Kontingent an Tickets. Infos unter www.fhsg.ch/praxisprojekte
im Vorstand: Zurückgetreten sind Hermann
Arnold (VR, Haufe-umantis, Mitgründer
und Alt-Präsident des Vereins) und Erik
Schmidt (CEO, Zoot International AG, Vize-
präsident des Vereins). Beide wurden unter
grossem Applaus persönlich verabschiedet
und verdankt.
Dafür konnten drei Persönlichkeiten neu für
die ehrenamtliche Vorstandstätigkeit ge-
wonnen werden: Michèle Mégroz (CEO,
CSP AG), Roman Hänggi (Leiter DigitalLab@
HSR & Dozent für Produktionsmanagement
HSR Hochschule für Technik Rapperswil)
und Reto Rutz (Geschäftsführer, valantic
CEC Schweiz AG).                                                                                             YouTube-Kanal der IHK:
Wiedergewählt wurden Isabel Schorer (Lei-
terin Standortförderung/Kantonsrätin), Jac-
queline Gasser-Beck (Head Teaching Inno-         Was sind die Digitrends?
vation Lab, Universität St.Gallen), Martin       Gehören Sie nicht zu den rund 100 Teilnehmenden der dritten Ostschweizer ICT-Konferenz von
Pulfer (Head HR, Namics AG), Bruno Grob          Ende April? Kein Problem. Die Referate über verschiedene Digitrends können im YouTube-Kanal
(Business Engineer und Mitgründer von            der IHK angeschaut werden. Impressionen vom Anlass finden Sie weiter hinten in diesem Heft.
GemDat Informatik AG) und als Präsident
Paul E. Sevinç (CTO und Gründer von
Squeng AG).
                                                                                                   Un-Dress – Forum für
                                                                                                   nachhaltige Mode-Ideen
                                                                                                   Über 400 Mode-Interessierte strömten Ende
                                                                                                   April zur achten Ausgabe von «Un-Dress». 26
                                                                                                   Designer präsentierten eine breite Palette an
                                                                                                   nachhaltiger Mode und in Workshops wur-
                                                                                                   den verschiedene Textil- und Modethemen
                                                                                                   unter dem Aspekt Nachhaltigkeit behandelt.
                                                                                                   80 freiwillige Helferinnen, Helfer und Models,
                                                                                                   darunter viele Studierende der Universität
                                                                                                   St.Gallen, sorgten für einen reibungslosen
                                                                                                   Anlass. So wagten 20 HSG-Studierende ihre
                                                                                                   ersten Schritte auf dem Laufsteg.

6               Nr. 2/2018
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 2/2018 - Bürokratie lähmt Unternehmergeist Diktierte Löhne und deren negative Folgen Peter Spenger gibt IHK-Präsidium ...
BLITZLICHT

Paganini wandert nach Bern
Im IHKfacts 4/2017 haben wir es in der «Halb-
zeitbilanz im Bundeshaus» vermutet und kurz
danach wurde es Realität. Mit Olma-Direktor
Nicolo Paganini ist es in der St.Galler Natio-
nalratsdelegation zu einem Wechsel gekom-
men. Er löste im März den bisherigen CVP-
Nationalrat Jakob Büchler ab.                                          Golfspielen und Töfffahren
In den Wahlkampf zog Paganini damals wan-                              Die Veranstaltungsreihe «Time Out» steht bei der IHK für Spass und
dernd und «füllte seinen Rucksack» mit Wün-                            Sport statt für Politik und Wirtschaft. Am 8. Juni 2018 findet bereits
schen und Anliegen der Bevölkerung. Wir                                zum siebten Mal das IHK-Golfturnier auf dem Golfplatz Gonten statt.
wünschen uns, dass er die Ostschweiz seinen                            Schon zum achten Mal wird am 6. Juli (Verschiebedatum: 24. August)
neuen «Gspänli» in Bern nicht nur mit feinen                           die IHK-Töfftour durchgeführt. DIeses Jahr führt die eintägige Tour un-
Bratwürsten, sondern auch als starken Wirt-                            ter der Leitung von Gallus Hasler und Marco Aebi ins benachbarte
schaftsstandort schmackhaft machen kann.                               Ausland nach Vorarlberg und Bayern.

tunOstschweiz war wieder ein voller Erfolg
Elektronische Würfel löten, Badebomben kneten oder eine App pro-
grammieren: Die von der IHK mitinitiierte Erlebnisschau «TunOst-
schweiz» an der OFFA weckte bei rund 4000 Kindern und Jugend-
lichen wieder auf spielerische Weise das Interesse für Mathematik,
Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Und in zwei Jahren soll
es eine Fortsetzung geben: «Wir freuen uns auf die Teilnahme an der
OFFA 2020», so Alfred A. Lichtensteiger, Präsident des Vereins «tun-
Ostschweiz.ch».

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Das Wirtschaftsmagazin Nr. 2/2018 - Bürokratie lähmt Unternehmergeist Diktierte Löhne und deren negative Folgen Peter Spenger gibt IHK-Präsidium ...
SCHWERPUNKT

Vorschriften und Regulierungen hemmen den unternehmerischen Geist

Bürokratie als legale
Herrschaft
                            Bürokratie kostet: Allein die Regulierungskosten bei der Mehrwertsteuer werden auf
                            knapp 1,8 Milliarden Franken pro Jahr geschätzt. Zwar werden viele Regulierungen mit
                            allgemeinen Entwicklungen wie Globalisierung oder Umweltschutz gerechtfertigt. Trotz-
                            dem bestehen grosse kantonale Unterschiede bei der Regulierungsdichte. Die West-
                            schweizer Kantone sind stärker reguliert als die deutsche Schweiz – mit Ausnahme von
                            Zürich und St. Gallen. Schwerer wiegt aber der immaterielle Schaden der Regulierung:
                            Sie beschädigt die intrinsische Motivation der Unternehmerinnen und Unternehmer.

Dr. Kurt Weigelt
IHK-Direktor
                            Die Fakten sind bekannt: Anfang 2016 waren in der             tonen zu einer höchst unterschiedlichen Regulierungs-
                            Schweiz 4 900 Bundeserlasse mit insgesamt 69 000 Rege-        dichte führen. Gemäss einer von den Universitäten Luzern,
                            lungen in Kraft. Dazu kamen rund 17 000 kantonale Er-         Freiburg und Zürich im Jahre 2015 publizierten Studie
                            lasse. Nach Schätzungen des Staatssekretariates für Wirt-     funktioniert der Kanton Appenzell Ausserrhoden mit nur
                            schaft Seco verursachten alleine die geltenden Lebensmit-     330 Erlassen. Der Kanton Neuenburg dagegen bringt es
                            telhygiene-Vorschriften Kosten von 1,3 Milliarden Franken     als unrühmlicher Spitzenreiter auf rund 1 100 Erlasse. No-
                            pro Jahr. Die Regulierungskosten bei der Mehrwertsteuer       tabene der Kanton mit der höchsten Arbeitslosigkeit. We-
                            beziffert das Seco auf 1,76 Milliarden Franken. Eine Bau-     nig überraschend sind die Westschweizer Kantone stärker
                            bewilligung für einen durchschnittlichen Umbau einer          reguliert als die Kantone der deutschen Schweiz. Mit zwei
                            durchschnittlichen Wohnliegenschaft umfasst mehr als          Ausnahmen: Zürich und St. Gallen. Der Kanton St. Gallen
                            90 Auflagen, Bestimmungen und Bedingungen. Und                ändert zudem seine Erlasse am häufigsten. Für einmal sind
                            ebenso bekannt sind all die gescheiterten Versuche, die       wir ganz vorne mit dabei. Bürokratie ist kein Naturgesetz,
                            überbordende Bürokratie zu stoppen. 2004 stellte Natio-       sondern hat sehr viel mit politischer Kultur zu tun.
                            nalrat Arthur Loepfe dem Bundesrat die Frage, ob man
                            nicht bei jeder neuen Regelung eine alte Regelung mit den     Vollzugsperfektionismus
                            gleichen Kosten wegstreichen könnte. Der Bundesrat            Die Regulierungen an sich sind nur die eine Seite der Me-
                            lehnte ab. Die Bürokratiestopp-Initiative der FDP schei-      daille. Nicht weniger folgenreich ist der Vollzugsperfektio-
                            terte bereits bei der Unterschriftensammlung. 2015 for-       nismus. Dazu gehört beispielsweise, dass der Wechsel ei-
                            derte der bürgerliche Schulterschluss zur Stärkung des        nes Lebensmittelinspektors dazu führt, dass in einer neu-
                            Standortes Schweiz einen Kurswechsel bei wettbewerbs-         wertigen Gastroküche für drei Mitarbeitende plötzlich
                            schädlichen Regulierungsprojekten. Der Schulterschluss ist    nicht mehr nur drei, sondern neu fünf spezielle Hand-
                            Geschichte, die Regulierungsprojekte sind geblieben.          waschmöglichkeiten installiert werden müssen. Und dies
                                                                                          nicht bei einem nächsten Umbau, sondern innerhalb we-
                            Kantonale Unterschiede                                        niger Wochen, mit massiven Eingriffen in die Bausubstanz,
                            Üblicherweise wird die sich drehende Bürokratiespirale        zulasten der Arbeitsläufe und mit beträchtlichen Kosten-
                            mit der Globalisierung, Fragen der Sicherheit und des Um-     folgen. Vollends fragwürdig wird dieser Vollzugsperfektio-
                            weltschutzes begründet. Tatsache ist jedoch, dass die glei-   nismus, wenn man der Verfügung des Amtes für Verbrau-
                            chen gesetzlichen Anforderungen in den einzelnen Kan-         cherschutz und Veterinärwesen des Kantons St. Gallen den

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Das Wirtschaftsmagazin Nr. 2/2018 - Bürokratie lähmt Unternehmergeist Diktierte Löhne und deren negative Folgen Peter Spenger gibt IHK-Präsidium ...
SCHWERPUNKT

Die unterschiedliche
Regulierungsdichte in
den Kantonen im Jahr
2013: Die beiden Appen-
zell sind gering reguliert,
der Kanton St.Gallen
hingegen stark.

                              Verordnungstext gegenüberstellt: Dieser verlangt lediglich,    ternehmen. Zahllose Untersuchungen zeigen, dass das
                              dass an geeigneten Standorten genügend Handwasch-              Streben nach Unabhängigkeit und das Bedürfnis nach
                              becken vorhanden sein müssen. Nicht mehr und nicht we-         Selbstbestimmung zu den wesentlichen Motiven gehören,
                              niger. Selbstverständlich kann man sich als Betroffener mit    in einem kleineren Unternehmen zu arbeiten. Die Motiva-
                              rechtlichen Mitteln gegen diese Behördenwillkür zur Wehr       tion macht den Unterschied. Erfolgreiche kleinere und
                              setzen. Nur, dies geschieht auf eigene Kosten und mit dem      mittlere Unternehmen brauchen keine Subventionen,
                              Risiko, endgültig ins Visier der staatlichen Kontrolleure zu   keine Förderprogramme und keine geschützte Marktstel-
                              geraten. Und dies kann sich niemand leisten.                   lung. Sie sind aber auf ein wirtschaftspolitisches Umfeld
                                                                                             angewiesen, das ihrem Wesen gerecht wird und sie in
                              Immaterieller Schaden                                          ihren informellen Strukturen stärkt. Dazu gehört ein radi-
                              Regulierungskosten werden üblicherweise in Franken und         kaler Abbau von bürokratischen Vorschriften. Auch in der
                              Rappen berechnet. Nicht weniger schädlich sind jedoch          Politik gilt das Pareto-Prinzip: Die meisten Aufgaben las-
                              die immateriellen Folgen staatlicher Eingriffe. Bruno S.       sen sich mit einem Mitteleinsatz von 20 % so erledigen,
                              Frey, Universitätsprofessor und Glücksforscher, hat in sei-    dass 80 % aller Probleme gelöst werden. Oder negativ
                              nen bemerkenswerten Arbeiten aufgezeigt, dass von aus-         formuliert – 20 % Perfektionismus kosten 80 % des Auf-
                              sen kommende Vorschriften, Regulierungen und Kontrol-          wandes. Aber machen wir uns nichts vor: Politik und Ver-
                              len die intrinsische Motivation der Betroffenen beschädi-      waltung definieren sich nicht über Abbau, sondern über
                              gen. Intrinsisch bedeutet, dass jemand etwas aus reiner        Aktivismus. Und so wird man uns auch in Zukunft mit
                              Freude an der Sache unternimmt. Dieser negative Effekt         neuen Gesetzen, Verordnungen und staatlichen Förder-
                              gilt besonders dann, wenn staatliche Regulierungen aus         programmen beglücken. Bürokratie ist und bleibt, so Max
                              Befehlen und Strafandrohungen bestehen. Die Art und            Weber, die rationale Form legaler Herrschaft.
                              Weise, wie sich die Einzelnen durch die staatlichen Behör-
                              den behandelt fühlen, beeinflusst die Bereitschaft, sich
                              zugunsten der Allgemeinheit zu engagieren. Eine staatli-
                              che Ordnung, die auf einem grundlegenden Misstrauen
                              gegenüber dem Bürger basiert und diesen zu disziplinie-
                              ren versucht, verdrängt den Gemeinsinn.

                              Die Motivation macht den Unterschied
                              Besonders betroffen machen bürokratische Vorschriften
                              die Entscheidungsträger von kleineren und mittleren Un-

                                                                                                                                          Nr. 2/2018   9
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 2/2018 - Bürokratie lähmt Unternehmergeist Diktierte Löhne und deren negative Folgen Peter Spenger gibt IHK-Präsidium ...
SCHWERPUNKT

Facts & Figures zur Bürokratie

Von Mehrkosten und einem
Rekord an Gesetzesseiten
 Wer trägt Schuld?                                                                                 10% des BIP gehen für Regu-
 Stetig nimmt die Regulierungsdichte zu. Doch wer trägt die Hauptschuld an diesem                  lierungen verloren
 Wachstum und wie ist es einzudämmen? Meistens sind die Hauptschuldigen schnell in                 Die jährlichen Kosten, die bei Unterneh-
 der Verwaltung und in der Politik gefunden. Doch auch die Wirtschaft sorgt immer wie-             men, Gesellschaft und Verwaltung an-
 der für einen Schub an neuen Gesetzen und Vorschriften. So kämpfen nicht selten ein-              fallen, um die gesetzliche Regulierung
 zelne Branchenverbände an vorderster Front für neue Regulierungen, um eigene Pfründe              einzuhalten, belaufen sich auf rund 60
 zu zementieren und unliebsame Konkurrenz zu verhindern. Zudem scheint ein grosser Teil            Milliarden Franken pro Jahr. Zu diesem
 der Bevölkerung Eigenverantwortung nicht mehr so hoch einzuschätzen wie früher. So                Schluss kam vor einigen Jahren eine Stu-
 nimmt man durch die erhöhte Sensibilität in Umwelt- oder Gesundheitsfragen verstärkte             die von KPMG im Auftrag des Schweize-
 Regulierung eher in Kauf oder verlangt sogar danach. Zumal die Kostenfolgen bei neuen             rischen   Gewerbeverbandes.        Diese
 Regulierungen für den Einzelnen meistens kaum ersichtlich sind.                                   Summe entspricht rund einem Zehntel
                                                                                                   des Bruttoinlandproduktes – und damit
                                                                                                   mehr als der Beitrag der Maschinen-
                                                                                                   industrie zum BIP.
 5 vor 12 für Regulierungen?                                                                       Im Auftrag des Bundesrates schätzt auch
 «5vor12» heisst der neu lancierte Preis für schlaue De-Regulierung und wurde vom Swiss            das SECO die jährlich anfallenden Regu-
 Venture Club und StrategieDialog21 initiiert. Der Preis wird vergeben für das beste Gesetz        lierungskosten für die Wirtschaft: So
 («Gesetzesabschaffungsgesetz»), die beste Vollzugsmassnahme bei der Rechtsanwendung               schlagen die Vorschriften zur Lebensmit-
 (effizient und kostensenkend) oder für den besten Regulierungs- oder Deregulierungsvor-           telhygiene mit 1,3 Milliarden Franken
 schlag. Gemessen wird der Impact auf die Wirtschaft und die Freiheit sowie die Selbstbe-          Mehrkosten zu Buche, die Bauregulierung
 stimmung jeder Bürgerin und jedes Bürgers. Vom 21. Mai bis zum 1. August 2018 werden              rund 1,6 Milliarden, beim Umweltrecht
 Vorschläge für schlaue Deregulierung gesammelt. Ideen können unter der Webadresse                 1,8 Milliarden oder bei der Arbeits- und
 https://www.5-vor-12.ch/wettbewerb-mitmachen eingebracht werden.                                  Unfallsicherheit 1,2 Milliarden Franken.

 Neuer Rekord an Gesetzesseiten
 Im vergangenen Jahr wurde ein unrühmlicher Rekord aufgestellt:         neue Seiten an Gesetzestexten – und das allein auf Bundesebene.
 Noch nie wurden in einem Jahr auf Bundesebene mehr Gesetzes-           Umgerechnet benötigt man fast 200 Bundesordner, um die Gesetze
 seiten produziert wie 2017. Die amtliche Sammlung der Eidgenos-        der letzten 20 Jahre ablegen zu können. Die untenstehende Ordner-
 senschaft wuchs um ganze 7796 Seiten an neuen und revidierten          Grafik zeigt also nur die Relationen der Zunahme; eigentlich hätten
 Erlassen an. Damit entstanden in den letzten 20 Jahren 112 889         mehr als doppelt so viele Ordner gezeigt werden müssen ...

10            Nr. 2/2018
SCHWERPUNKT

Was kann dagegen unternommen werden?                                  Das Wirtschaften wird in der Schweiz immer
Deregulierungsbemühungen gibt es in der Schweiz viele und seit        schwieriger
Jahren werden im Parlament immer wieder neue Versuche ge-             Die Weltbank veröffentlicht
startet, leider ohne Erfolg. Einer der ersten der neueren Zeit        jährlich den «Doing Business»-
stammt von Arthur Löpfe: 2004 schlug der damalige Innerrhoder         Report und vergleicht darin die
CVP-Nationalrat (und ehemaliges IHK-Vorstandsmitglied) in einer       Wirtschaftsregulierungen in
Interpellation eine «one in – one out»-Regelung vor: Für jedes        190 Ländern. Untersucht wer-
neue Gesetz sollte ein altes gestrichen werden. Der Bundesrat         den verschiedene Kriterien wie
lehnte die Idee ab.                                                   Regulierungen bei Firmen-
In anderen Ländern wendet man dieses Prinzip jedoch an. So            gründungen, der Marktzu-
kennen England, Frankreich, Deutschland oder auch Kanada ähn-         gang, die Steuersituation oder
liche Regelungen. 2013 hat England sogar «one in – two out»           die Stromversorgung. Die Ge-
eingeführt: Pro neue Regulierung müssen alte Normen mit dop-          samtwertung gibt Auskunft, in
pelt so hohen Regulierungskosten abgeschafft werden.                  welchen Ländern es einfacher
                                                                      ist, Geschäfte zu machen.
                                                                      Die Schweiz verliert bei dieser Untersuchung von Jahr zu Jahr an
                                                                      Boden. 2014 lag unser Land noch auf Rang 20. Ein Jahr später
Preis fürs dümmste Gesetz                                             reichte es noch für Platz 26. 2016 verloren wir weitere fünf Ränge
Positiv ist, dass ein Preis wie «5vor12» (siehe Kasten auf der lin-   und im neusten Ranking fielen wir mittlerweile auf Position 33
ken Seite) Aufmerksamkeit auf die Bürokratie-Thematik lenkt.          zurück. In der Einzelwertung «starting a business» liegt die
Allerdings gibt es seit Längerem ähnliche Aktionen – mit offen-       Schweiz sogar nur auf Platz 73.
sichtlich geringem Erfolg. So zeichnet die IG Freiheit jedes Jahr
das «dümmste, unnötigste Gesetz» mit dem «Rostigen Paragra-
phen» aus. Gewinner des letzten Jahres war das Gesetz für Grill-
und Ofenhandschuhe. Es regelt die Anforderungen und Voraus-           Regulierte Finanzbranche
setzungen für den Gebrauch                                            Die Zusammenschlüsse von Banken haben deutlich zugenom-
von Ofen- und Grillhandschu-                                          men. Dies nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Regulierung
hen. Darin heisst es, dass sie                                        im Finanzsektor. 2002 reichten noch 30 Seiten, um die Eigenmit-
eine «angemessene thermi-                                             telfinanzierung zu regeln. Nur zwei Jahre später waren bereits
sche Isolierungskraft und me-                                         347 Seiten notwendig und mit den neuen Vorschriften «Basel III»
chanische Festigkeit» besit-                                          wuchs das Regelwerk auf 616 Seiten an. Um Regulierungen kon-
zen müssen.                                                           trollieren zu können, müssen selbstverständlich auch die zustän-
Auch die FDP des Kantons Zü-                                          digen Behörden ausgebaut werden. So erhöhte sich der Perso-
rich verleiht mit ihrem «Gahts                                        nalbestand der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA in-
no?»-Preis seit einigen jahren                                        nert fünf Jahren um 44% auf 481 Mitarbeitende.
eine Auszeichnung mit ähnli-                                          Gerade für kleinere, regional tätige Banken ist die Entwicklung
chem Ziel, allerdings mit dem                                         besonders leidig: Sie trifft die Regulierungszunahme, die durch
Fokus auf die Zürcher Kanto-                                          das Fehlverhalten in grossen internationalen Banken ausgelöst
nalpolitik.                                                           wurde, besonders hart.

                                                                                                                            Nr. 2/2018   11
SCHWERPUNKT

Lohnregulierung: aktuelles Beispiel für Bürokratiewachstum

Diktierte Löhne und deren
negative Folgen
                                                                    Der Staat greift immer stärker in die Lohnfindung ein. Die Eingriffe
                                                                    basieren auf diversen Gleichstellungsgeboten, welche im Prinzip als
                                                                    wenig problematisch erscheinen. Problematisch wird es bei der Um-
                                                                    setzung. Basis bildet eine Auswertung der Lohnstrukturerhebung,
                                                                    welche unvollständig ist und die angeblichen Folgerungen in keiner
                        Dr. Frank Bodmer                            Weise rechtfertigt. Diese Eingriffe in die Lohnstruktur werden nega-
                        Leiter IHK-Research
                                                                    tive Auswirkungen auf die Beschäftigung haben.

Kosten der Lohnstrukturerhebung                                     Lohnstrukturerhebung als Basis                     Diese bilden die effektiv beobachteten Varia-
Die Lohnstrukturerhebung (LSE) basiert auf ei-                      für Lohnregulierung                                tionen bei Weitem nicht ab. Und liegen die
ner Befragung von 35 000 Unternehmen mit                            Eigentlich ist die Lohnstrukturerhebung eine       effektiv bezahlten Löhne unter den Werten
rund 1,6 Millionen Beschäftigten, welche alle                       rein statistische Erhebung und unterliegt da-      des Lohnrechners, so liegt offensichtlich nicht
zwei Jahre durchgeführt wird. Neben dem                             mit der Verordnung über die Durchführung           automatisch Lohndiskriminierung vor. Viel-
Lohn werden Ausbildung, Beruf, Stellung, Ein-                       von statistischen Erhebungen. Artikel 8 dieser     mehr gibt es eine Vielzahl von anderen mög-
trittsdatum in das Unternehmen, Art des Ver-                        Verordnung sagt klar, dass Erhebungen nur          lichen Gründen.
trags, Arbeitszeit und Ferientage der Beschäf-                      für statistische Zwecke verwendet werden
tigten erfasst. Personenspezifische Charakte-                       dürfen. Diese rein statistische Verwendung         Flankierende Massnahmen
ristiken wie Alter und Geschlecht werden auf                        wurde aber im Falle der LSE inzwischen weit        Trotz der offensichtlichen Mängel benutzt
Basis der AHV-Nummer ermittelt. Auf Seite                           übertroffen. Zunehmend dient die Lohnstruk-        auch das Staatssekretariat für Wirtschaft
des Unternehmens werden die Anzahl der Be-                          turerhebung als Basis für Lohnregulierungen.       (SECO) solche Lohnberechnungen zur Bestim-
schäftigten und die Art der Lohnvereinbarung                        Von den erfassten Löhnen wird damit auf            mung der branchenüblichen Löhne im Rah-
abgefragt, Branche und Arbeitsort werden                            «korrekte» Löhne geschlossen, wie diese            men der flankierenden Massnahmen. Wo kein
über die Betriebs- und Unternehmensregister-                        auch immer definiert sein könnten. Das über-       GAV besteht, kann bei neu in der Schweiz tä-
nummer bestimmt. Die Teilnahme an der Be-                           schreitet die Möglichkeiten einer solchen Be-      tigen Beschäftigten der effektiv bezahlte Lohn
fragung ist obligatorisch und insbesondere für                      fragung aber ganz klar.                            mit dem «Üblichen» verglichen werden. Wird
KMU mit erheblichem Aufwand verbunden.                                                                                 der «übliche» Lohn unterschritten, so können
Dabei ist oft nicht klar, welche Angaben für                        Mangelhafter Lohnrechner                           die tripartiten Kommissionen eine Erhöhung
die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-                        Für Lohnvergleiche hat der Bund den indivi-        verfügen. Zusätzlich werden in der Regel eine
ter korrekt wären.                                                  duellen Lohnrechner «Salarium» bereitge-           Busse, eine Konventionalstrafe und das Tra-
                                                                    stellt, welcher auf Daten der LSE beruht. Da-      gen der Verfahrenskosten fällig. Dies stellt ins-
                                                                    mit lässt sich mithilfe der obengenannten          besondere im Entsendebereich ein grosses fi-
                                                                    persönlichen Merkmale ein «üblicher» Lohn          nanzielles Risiko für die Entsendebetriebe und
                                                                    berechnen. Die grössten Probleme dieser            damit eine hohe Hürde dar.
                                                                    Rechnung sind die grobe Einteilung von Re-
                                                                    gionen (die sieben Grossregionen des Bun-          Geschlechterdiskriminierung
                                                                    des), der Branchen (Pharma ist nicht gleich        Die Lohnstrukturerhebung dient auch als Ba-
                                                                    Pharma) und die fehlenden persönlichen             sis für Aussagen zur Lohndiskriminierung von
                                                                    Merkmale (insbesondere die Leistung). Be-          Frauen. Insgesamt verdienen Frauen laut dem
                                              Zerbor, fotolia.com

                                                                    nutzt man den Lohnrechner im Selbsttest und        erläuternden Bericht des Bundesrates zum
                                                                    variiert Merkmale wie Branche oder Arbeits-        Gleichstellungsgesetz rund 20 % weniger als
                                                                    ort, so resultieren nur sehr kleine Variationen.   Männer, unter Berücksichtigung von Branche

12             Nr. 2/2018
Arbeitszeiten und
                                                    Spesen mobil erfassen
und den erfassten persönlichen Merkmalen
immer noch rund 10 % weniger. Aus der
Sicht des Bundesrates stellt dieser Unter-
schied Lohndiskriminierung dar. Wiederum ist
eine mangelhafte statistische Analyse Basis
für diese Aussage. Bei Frauen fehlt insbeson-
dere der Effekt der unterbrochenen Karrieren,
welcher sich auf den Lohn über den gesam-
ten Karriereverlauf auswirkt. Trotzdem schlägt
der Bundesrat als «Gegenmassnahme» für
alle Betriebe mit über 50 Angestellten regel-
mässige betriebsinterne Lohnanalysen vor,
mit externen Kontrollen der Resultate sowie
der allenfalls fälligen Korrekturmassnahmen.

Staat als Richter über die Löhne?
Auf Basis des Gleichstellungsgesetzes soll da-
mit eine neue Bürokratie geschaffen werden,
welche die Löhne in der Schweiz flächen-
deckend kontrollieren soll. Dem liegt die Vor-
stellung zugrunde, dass der Staat den «ge-
rechten» Lohn bestimmen kann. Der Staat
masst sich dabei eine Allwissenheit an, wel-
che höchst realitätsfremd ist. Es soll ein ange-
nommenes Marktversagen korrigiert werden,
das auf Basis einer mangelhaften statistischen
Analyse ermittelt wurde. Die negativen Fol-
gen einer solchen fehlgeleiteten Regulierung
können dramatisch sein.

Kosten des Politikversagens
Falls der Eingriff in die Lohnstruktur ein effek-
tives Marktversagen korrigieren würde, wäre
nicht mit negativen Auswirkungen auf die Be-        Beschleunigen Sie Ihre Arbeitsprozesse mit der
schäftigung zu rechnen. Angesichts der Gren-        Business-App AbaCliK und vermeiden Sie
zen der Lohnanalyse wäre das Gegenteil der          Mehrfacherfassungen dank der Synchronisation
Fall. Staatlich festgesetzte Löhne für Frauen       mit der Abacus Business Software:
oder für Zuwanderer werden in vielen Fällen         • Präsenz- oder Arbeitszeiten
zu diktierten Löhnen führen, welche eine Be-        • Leistungen, Spesen, Quittungen
schäftigung als nicht mehr attraktiv erschei-       • Persönliche Daten, Ferientage oder Absenzen (ESS)
nen lassen. Eine Verschlechterung der Aus-
sichten auf dem Arbeitsmarkt wäre die Folge.        www.abaclik.ch
Welche drastischen negativen Auswirkungen
staatliche Eingriffe in die Lohnstruktur auf die    Jetzt kostenlos bei App Store oder Google Play
Beschäftigung haben können, muss eigent-            herunterladen
lich nicht näher diskutiert werden. Das ist aus
stark regulierten europäischen Arbeitsmärk-
ten hinlänglich bekannt.
                                                                                                          Ecknauer+Schoch ASW
4. St.Galler Forum für
Finanzmanagement und Controlling
Folge dem Trend! Die St.Galler Fachtagung für Fach- und
Führungskräfte aus Finanzmanagement und Controlling.

Freitag, 15. Juni 2018, 8.30 bis 17 Uhr.
Fachhochschulzentrum, Rosenbergstrasse 59, 9000 St.Gallen

Details und Anmeldung: www.fhsg.ch/forum-finanzen-controlling

Hauptsponsoren                                                                          eiz
                                                                               stschw
                                                                 s   chule O
                                                          chhoch
                                                   FHO Fa

Sponsoren

            Erfolgreich tagen. Kulinarisch geniessen. Erholsam schlafen.
                                       Im Einstein St.Gallen ****S
       mit Einstein Congress, Einstein Gourmet, Bistro St.Gallen, Einstein Bar und Davidoff Cigar Lounge

                                       Es freuen sich auf Sie
                            Michael Vogt, General Manager & das E.Team
                                      Einstein St.Gallen | Hotel Congress Spa
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SCHWERPUNKT

Zertifizierung von Entsendebetrieben als Alternative zur bürokratischen Acht-Tage-Frist

Acht Tage warten für
eine Reparatur?
                           Die bürokratische Acht-Tage-Regelung des Entsendungsgesetzes behindert den grenz-
                           nahen Dienstleistungsverkehr und führt zu einem stark regulierten und kontrollierten
                           Arbeitsmarkt. Mit der heutigen Regelung werden der liberalisierte Arbeitsmarkt zerstört
                           und kurzfristig auszuführende Arbeiten wie eine Reparatur verunmöglicht. Die Einfüh-
                           rung zertifizierter Entsendebetriebe könnte ein Lösungsansatz sein, der praxistaugli-
                           cher ist.

                           Das Entsendegesetz schreibt vor, dass alle Betriebe, die      kommen im Kanton St. Gallen nur 2,5 % der entsandten
Michael Götte              Arbeitskräfte aus der EU zur Ausführung einer Dienstleis-     Arbeitnehmer und der selbstständigen Dienstleistungs-
Leiter kant. Politik IHK
                           tung in die Schweiz entsenden, die hier geltenden mini-       erbringer aus den neueren EU-Mitgliedstaaten wie Est-
                           malen Arbeits- und Lohnbedingungen einhalten müssen.          land, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Un-
                           Mit dieser Bestimmung schützt der Gesetzgeber die an-         garn oder Slowenien. Deshalb ist es angebracht, den Voll-
                           sässigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor einem mög-          zug der flankierenden Massnahmen der Wirklichkeit
                           lichen Sozial- und Lohndumping.                               anzupassen und Verfahren zu finden, die den grenznahen
                           Damit die kantonalen Vollzugsbehörden genügend Zeit           Dienstleistungsverkehr nicht unnötig behindern.
                           zur Anordnung von Kontrollen haben, müssen die auslän-
                           dischen Arbeitgeber den Behörden acht Tage vor Arbeits-       Zertifizierung als Alternative
                           einsatz schriftlich Angaben über Tätigkeit, Arbeitsbedin-     Ziel einer Reform muss es sein, die Acht-Tage-Frist im Ein-
                           gungen und Arbeitsort der betroffenen Arbeitnehmer mit-       zelfall zu verkürzen, ohne die grundsätzliche Zielsetzung
                           teilen. Das Verfahren ist insbesondere im grenznahen          der flankierenden Massnahmen in Frage zu stellen. Dies
                           Dienstleistungsverkehr untauglich. Kurzfristig auszufüh-      könnte zum Beispiel durch die Einführung von zertifizier-
                           rende Arbeiten, wie sie bei Reparaturen von Maschinen         ten Entsendebetrieben mit einer auf ein Jahr befristeten
                           und Anlagen regelmässig vorkommen, können nicht kun-          Pauschalbewilligung für im Voraus gemeldete Mitarbei-
                           denfreundlich erledigt werden. Die Acht-Tage-Frist ist eine   tende erreicht werden.
                           rein administrative Vorschrift, welche die wirtschaftliche    Voraussetzungen der Zertifizierung sind der Nachweis,
                           Entwicklung behindert.                                        dass die Angestellten der ausländischen Unternehmung
                                                                                         in unbefristeten Vertragsverhältnissen arbeiten, die den
                           Respektierte Arbeitsbedingungen                               im Entsendegesetz geforderten minimalen Arbeits- und
                           Die Erfahrungen zeigen, dass die vor Einführung der Per-      Lohnbedingungen entsprechen, sowie die namentliche
                           sonenfreizügigkeit geäusserten Befürchtungen unbegrün-        Voranmeldung aller für den Arbeitseinsatz in der Schweiz
                           det waren. Die entsandten, meldepflichtigen Kurzaufent-       vorgesehenen Mitarbeitenden. Ein zertifizierter Entsende-
                           halter leisten lediglich rund 0,4 % des jährlichen Arbeits-   betrieb kann die Arbeit vor Ablauf der achttägigen Frist
                           volumens der Schweiz. Dabei halten sich praktisch alle der    beginnen, frühestens jedoch am Tag der Meldung.
                           kontrollierten Entsendebetriebe an die Schweizer Lohn-        Von den mit einer Pauschalbewilligung verbundenen Er-
                           und Arbeitsbedingungen. Es ist nicht überraschend, dass       leichterungen in der administrativen Abwicklung profitie-
                           der grösste Teil der Unternehmen aus Staaten mit ver-         ren nicht nur die Betriebe, sondern auch die kontrollieren-
                           gleichbaren wirtschaftlichen Verhältnissen stammen. So        den Vollzugsorgane in der Schweiz.

                                                                                                                                     Nr. 2/2018   15
SCHWERPUNKT

Was uns Cyril Northcote Parkinson heute noch zum Bürokratiewachstum zu sagen hat

Das Gesetz der
Bürokratie
                             Nichts ist beständiger als die wuchernde Bürokratie. Das wusste schon der britische
                             Soziologe Cyril Northcote Parkinson, der vor 60 Jahren ein Buch voll trockenem Humor
                             veröffentlichte: «Parkinsons Gesetz» zeigt auf, weshalb Verwaltungen ausweichlich
                             wachsen müssen. Anhand von Beispielen und Statistiken wies er nach, dass zwischen
                             einem bestimmten Arbeitspensum und der Anzahl damit beschäftigter Personen kaum
                             ein Zusammenhang besteht. Je mehr Zeit für eine bestimmte Aufgabe vorhanden ist,
                             desto länger braucht man auch dafür.
Robert Stadler
Stv. Direktor / Leiter
Kommunikation IHK
                             Der öffentliche Sektor wächst in der Schweiz überdurch-       Er goss seine Beobachtungen in mehrere einprägsame Ge-
                             schnittlich – eine Tatsache, die wir an dieser Stelle schon   setze und Leitsätze und veröffentlichte diese im vor 60
                             öfters festgestellt haben. So stieg die Beschäftigung in      Jahren erstmals auf Deutsch erschienenen Buch «Parkin-
                             den öffentlichen Verwaltungen in den letzten 25 Jahren        sons Gesetz». Das zentrale Gesetz darin lautet:
                             um 33 Prozent. Zählt man das Gesundheits- und Sozial-
                             wesen sowie Bildung und Erziehung dazu, betrug die Zu-
                             nahme des öffentlichen Sektors sogar 65 Prozent. In der        Arbeit lässt sich wie Gummi dehnen, um
                             gleichen Zeit wuchs die Gesamtbeschäftigung allerdings           die Zeit auszufüllen, die für sie zur
                             lediglich um 12 Prozent. Eine beunruhigende Tatsache.                       Verfügung steht.

                             Weniger Kriegsschiffe, mehr Beamte
                             Da ist auch wenig tröstlich, dass diese Entwicklung keine     Als Beispiel führt er eine alte Dame ins Feld, die einen gan-
                             neue Zeiterscheinung darstellt. Nichts ist beständiger als    zen Tag dafür aufwenden kann, eine einzige Postkarte zu
                             die wuchernde Bürokratie in Verwaltungen und Konzer-          verschicken. Bei ihr vergehen die Stunden wie im Flug –
                             nen. Zu diesem Schluss kam schon der britische Soziologe      mit der Suche nach einer geeigneten Postkarte, dem Tex-
                             Cyril Northcote Parkinson, als er nach dem Zweiten Welt-      ten der Karte, der Suche nach der Postadresse und einer
                             krieg bei der englischen Marine eine paradoxe Feststel-       Briefmarke mit der richtigen Frankatur, dem Anziehen der
                             lung machte: Zwischen 1914 und 1928 stieg die Zahl der        passenden Kleidung und letztlich dem Einwerfen der
                             Beamten in der Admiralität um fast 80 Prozent. Gleichzei-     Karte im Briefkasten. Während die alte Dame mehrere
                             tig nahm aber die zu bewältigende Arbeit deutlich ab, da      Stunden investiert, beschränken sich andere auf das We-
                             zwei Drittel weniger Schlachtschiffe und ein Drittel weni-    sentliche und wenden für die gleiche Tätigkeit nur wenige
                             ger Seeoffiziere und Matrosen im Einsatz waren. Ähnliche      Minuten auf.
                             Entwicklungen stellte er beim Kolonialministerium fest.
                             Obwohl immer mehr britische Kolonien Selbstverwaltun-         Wundersame Arbeitsvermehrung
                             gen einrichteten und das ehemalige Weltreich schrumpfte,      Dieses Beispiel lässt sich auf jede andere Tätigkeit und
                             wuchs die Zentralverwaltung an. Anhand solcher Beispiele      ganz besonders auf Büroarbeit anwenden. Zwischen ei-
                             wies Parkinson nach, dass Beamtenapparate stetig wach-        nem bestimmten Arbeitspensum und der Anzahl Perso-
                             sen, selbst wenn es immer weniger zu tun gibt.                nen, die dieses Pensum bewältigen sollen, besteht nur

16                  Nr. 2/2018
SCHWERPUNKT

                         Cyril Northcote Parkin-
                         son (1909–1993) auf ei-
                         ner Aufnahme aus dem
                         Jahre 1961.

eine geringe oder sogar gar keine Beziehung. Es ist auch       Da nun mehr Mitarbeitende für das Gleiche zur Verfügung
gar nicht so, dass die eigentlich unterbeschäftigten Mit-      stehen, müssen die Akten auch alle Schreibtische passie-
arbeitenden die Beine hochlagern würden. In den aller-         ren. Soll ein Brief geschrieben werden, verfasst C einen
meisten Fällen geben sie tatsächlich vollen Einsatz. Entwe-    ersten Entwurf und reicht diesen an D, der sich zuerst in
der wenden sie für ihre Arbeit eine Perfektion an, die nicht   die Materie einlesen muss, für Ergänzungen weiter. Dann
nötig wäre, oder erledigen Arbeit, die kaum jemandem           wird der Brief an A zur Kontrolle vorgelegt. Dieser ist aber
etwas nützt. Wer ehrlich ist, erkennt das wohl auch aus        mit dem Ergebnis nicht zufrieden und schreibt den Brief
dem eigenen Alltag. Die Triebfedern seines Gesetzes            teilweise neu. C verpasst dem Schreiben noch den Fein-
fasste Parkinson in zwei Lehrsätzen zusammen. Der erste        schliff und D liest den Brief noch Korrektur – schliesslich
bezieht sich darauf, dass die Zahl der Unterstellten in bü-    befolgt man das Vier-Augen-Prinzip. Nach mehreren Ar-
rokratischen Strukturen ein Ausdruck der Bedeutung einer       beitsgängen unterzeichnet A den Brief dann endlich. Ei-
Führungsperson ist:                                            nen Brief, wie er ihn selbst geschrieben hätte – nur in ei-
                                                               nem Bruchteil der Zeit.

  Jeder Beamte oder Angestellte wünscht                        Ineffiziente Sitzungen und andere Gesetze
 die Zahl seiner Untergebenen, nicht aber                      Parkinson widmete sich noch anderen interessanten Fra-
  die Zahl seiner Rivalen zu vergrössern.                      gen, zum Beispiel dem Ablauf von Sitzungen. Hierzu for-
                                                               mulierte er folgendes Gesetz: «Die auf einen Tagesord-
                                                               nungspunkt verwendete Zeit ist umgekehrt proportional
Wenn sich Person A überarbeitet fühlt, kann er erstens         zu den jeweiligen Kosten.» Gemäss Parkinson werden die
den Dienst quittieren, zweitens sich seine Arbeit mit einer    einfachsten Themen am ausführlichsten diskutiert, weil
Person B teilen oder drittens die Arbeit an zwei Unterge-      die meisten Sitzungsteilnehmer sich einbringen können.
bene C und D delegieren. Mit grösster Wahrscheinlichkeit       Komplexe Traktanden mit grosser Tragweite hingegen
wird sich Person A für die dritte Variante entscheiden, weil   werden schnell abgehandelt, was zu verheerenden Fehl-
so sein Einfluss steigt. Das Arbeitspensum ist zwar noch       entscheidungen führen könne. Dies nur eines der weite-
gleich wie bisher, aber es arbeiten nun mehr Personen da-      ren Gesetze, die der britische Soziologe «entdeckte».
ran. Das wiederum führt zum zweiten Lehrsatz:                  Eines ist klar: Auch nach 60 Jahren ist Cyril Northcote Par-
                                                               kinson mit seinem trockenen britischen Humor nicht nur
                                                               witzig zu lesen, sondern bietet nach wie vor interessante
   Beamte oder Angestellte schaffen sich                       Erkenntnisse, die sich mit der eigenen Erfahrung überprü-
           gegenseitig Arbeit.                                 fen lassen.

                                                                                                            Nr. 2/2018   17
SCHWERPUNKT

Wie Häggenschwil von seiner privat geführten Oberstufenschule profitiert

Innovationen und tiefere Kosten
statt Bildungsbürokratie
                                                   Die SBW Secundaria Häggenschwil ist die erste privat geführte Ober-
                                                   stufenschule der Schweiz. Sie zeigt, welche positiven Effekte private
                                                   Angebote im Bildungsbereich haben können. SBW arbeitet mit inno-
                                                   vativen neuen Lernmethoden und betreibt die Schule zu vergleichs-
                                                   weise tiefen Kosten. Innovationen sind auch auf den anderen Bil-
                          Dr. Frank Bodmer         dungsstufen nötig. Die Mediamatikerlehre von SBW ist ein weiteres
                          Leiter IHK-Research
                                                   Beispiel für die positiven Impulse durch private Anbieter.

Aufgrund sinkender Schülerzahlen verlangte         auch den Übertritt an weiterführende Schu-       Fista-Statistik des Kantons. Im Vergleich zu
der Kanton von der Gemeinde Häggenschwil,          len gewährleistet.                               vorher spart die Gemeinde damit Geld; dies,
die eigene Sekundarschule zu schliessen. Ab                                                         obwohl die Schülerzahlen weiter gesunken
2012 sollten die Häggenschwiler Schüler            SBW Secundaria Häggenschwil                      sind. Auch im Vergleich zu anderen Oberstu-
nach Waldkirch oder nach Wittenbach gehen.         Die SBW betreibt die Oberstufe im Auftrag        fen des Kantons sind die Kosten tief. Für
Die Gemeinde suchte nach Alternativen und          der Gemeinde Häggenschwil als eine private       2015 weist die Fista für die Oberstufe des
fand sie in Form einer Kooperation mit dem         Schule. Für Kinder aus der Gemeinde ist der      Kantons St. Gallen durchschnittliche Ausga-
privaten Bildungsanbieter «SBW Haus des            Schulbesuch gratis, die Eltern von auswärti-     ben von etwa 23 500 Franken aus (siehe Ab-
Lernens».                                          gen Kindern müssen ein Schulgeld bezahlen.       bildung). Unter den reinen Oberstufen waren
                                                   Die Rahmenvereinbarung wurde 2015 auf-           die Ausgaben 2015 in der Oberstufe Mittel-
Neue Lernkonzepte                                  grund der guten Erfahrungen vorzeitig er-        rheintal am tiefsten, mit rund 21 000 Franken
«SBW Haus des Lernens» wurde 1980 vom              neuert. In der neuen Rahmenvereinbarung          pro Schüler. Dabei handelt es sich um eine
Bildungsreformer Peter Fratton gegründet. Er       wurde bis 2021 ein Schulgeld von pauschal        relativ grosse Schule mit rund 500 Schülern.
ersetzte die traditionelle Rollenverteilung von    900 000 Franken festgelegt. Häggenschwil         Auch Altstätten ist mit rund 400 Schülern re-
Schüler und Lehrer mit einer neuen von Lern-       erhält dazu noch die Miete für das Gebäude.      lativ gross. Weesen-Amden mit rund 85 Schü-
partnern und Lernbegleitern, welche durch          Bei den aktuellen Schülerzahlen ergibt das für   lern weist dagegen Kosten pro Schüler von
eine grössere Rolle der Kinder und beidseiti-      Häggenschwil Kosten pro Schüler von rund         über 30 000 Franken aus. Und auch Witten-
ges Lernen charakterisiert ist. Ziel ist es, auf   21 500 Franken brutto und 20 000 Franken         bach, eine der vom Kanton für Häggenschwil
die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten      netto. Angesichts eines erwarteten Anstiegs      vorgesehenen Alternativen, liegt mit Kosten
der Kinder und Jugendlichen einzugehen.            der Schülerzahlen dürften diese Kosten in den    von knapp 25 000 Franken deutlich über dem
Diese Konzepte bilden auch die Basis für den       nächsten Jahren noch sinken. Dank der Ver-       von Häggenschwil bezahlten Betrag.
Unterricht in der Secundaria. Der Unterricht       einbarung mit SBW konnte Häggenschwil da-
findet in altersdurchmischten Klassen auf Ba-      mit nicht nur die Oberstufe im Dorf halten.      Private Angebote fördern
sis von Leistungsniveaus statt. Die Zeit, wel-     Vielmehr stellt es für die Gemeinde eine kos-    Innovationen …
che traditionellen Unterrichtsreformen ge-         tengünstige Lösung dar, und die innovativen      Wettbewerb fördert Innovation und erhöht
widmet wird, ist reduziert. Die Lernpartner re-    Lernkonzepte stellen eine Bereicherung für       die Qualität. Was in der Wirtschaft allgemein
spektive Schüler eignen sich einen erheblichen     Schule und Dorf dar.                             anerkannt ist, gilt auch für Bildungsangebote.
Teil des Stoffs mit schulinternen Lernpro-                                                          In der Schweiz wird das Schulsystem durch
grammen autonom auf ihren Tablets an und           Im Vergleich tiefe Kosten                        staatliche Anbieter dominiert, von den Kin-
bereiten sich selbstständig auf die Prüfungen      In den letzten Jahren mit der alten von der      dergärten bis zu den Hochschulen. Die öf-
vor. Die Lernbegleiter respektive Lehrer unter-    Gemeinde geführten Oberstufe lagen die           fentliche Finanzierung dieser Angebote lässt
stützen diesen Prozess. Der kantonale Lehr-        Kosten pro Schüler in Häggenschwil zwischen      nur wenig Raum für private Anbieter. Eine
plan stellt dabei weiterhin die Basis dar, was     22 000 und 25 000 Franken, dies gemäss der       Folge der öffentlichen Dominanz sind die ge-

18              Nr. 2/2018
SCHWERPUNKT

                                                                         Kosten pro Schüler in CHF (2015)

                                               Weesen-Amden OS

                             Oberbüren-Niederbüren-Niederwil OS

                                                     Bütschwil OS

                                                   Wittenbach OS

                                              Kanton St.Gallen OS

                                            Rebstein-Marbach OS

                                            Niederhelfenschwil OS

                                                Oberriet-Rüthi OS

                                                     Altstätten OS

                                               Häggenschwil/SBW

                                                 Mittelrheintal OS

                                                                     0        5000          10000        15000        20000        25000       30000      35000
Die privat geführte
Oberstufe Häggenschwil
weist tiefere Kosten pro     Quelle: FISTA Kanton St.Gallen; eigene Berechnungen. Die Kosten für Häggenschwil beruhen auf der Vereinbarung
Schüler aus als vergleich-   zwischen Häggenschwil und SBW bis 2021 und einer Schülerzahl von 42.
bare Schulen.

ringen Unterschiede zwischen den verschie-           intern in der Schule in Romanshorn absol-                 jahre sind eine Lösung für ein oft genanntes
denen Angeboten. Der Schulunterricht läuft           viert. Im dritten und vierten Lehrjahr arbeiten           Problem in der Informatikausbildung, dem
in der ganzen Schweiz nach mehr oder weni-           die Lernenden dann in Betrieben, in denen sie             anfänglich ungenügenden Wissen der Lehr-
ger dem gleichen Muster ab. Bildungsverord-          ihre schulischen Kenntnisse in die Praxis um-             linge. Informatiklehrlinge benötigen im Be-
nungen, Lehrpläne und traditionelle Metho-           setzen können und weiter ausgebildet wer-                 trieb auch für einfache Arbeiten Kenntnisse,
den wie Frontalunterricht oder Auswendig-            den. Das Angebot wird über einen Leistungs-               welche sie in der Schule oft erst viel später
lernen des Schulstoffs dominieren. Eine              auftrag des Kantons Thurgau und über Bei-                 erwerben. Verschiedene Lehrbetriebe sind
spezielle Bildungsbürokratie wacht über die          träge der Firmen finanziert, bei welchen die              deshalb dazu übergegangen, ihre Lehrlinge
Einhaltung der Vorschriften. Es ist bekannt,         Lernenden im dritten und vierten Jahr arbei-              zuerst ein Basislehrjahr absolvieren zu lassen.
dass diese Uniformität gerade für Schüler mit        ten. Die Nachfrage für das Ausbildungsange-               Das private Angebot stellt zudem sicher, dass
speziellen Bedürfnissen oder besonderen Ta-          bot ist hoch, sowohl auf Seite der Lernenden              sich Qualität und Inhalte des Unterrichts an
lenten zu unbefriedigenden Resultaten führt.         als auch auf Seite der Betriebe.                          den Bedürfnissen von Lernenden und Lehrbe-
Und auch bei den anderen Schülern leiden                                                                       trieben ausrichten. Wettbewerb erhöht die
Motivation und Freude am Lernen. Resultat            Neue Lösung für Informatiklehre                           Qualität und fördert Innovationen, auch in
ist ein teures System, welches das Potenzial         Das Angebot trifft nicht nur auf grosse Nach-             der Bildung.
der Schüler bei Weitem nicht ausschöpft.             frage, sondern wird auch inhaltlich als sehr
                                                     gut beurteilt. So wurde die Mediamatikeraus-
…auch in der Berufsbildung                           bildung von «SBW Neue Medien» von ICT
                                                                                                               1 Dokumentiert in «Informatik: Handlungsbedarf
Neben einer Reihe von allgemeinbildenden             Switzerland 2017 mit dem 1. Platz des «ICT                  in der Berufsbildung», IHK-Research Zoom vom
Schulen bietet die inzwischen von Reto Am-           Education & Training Awards» in der Katego-                 4.12.2017.
mann geleitete SBW auch eine Berufsausbil-           rie Bildungsinstitution ausgezeichnet. Das
dung für Mediamatiker an. Die «SBW Neue              Angebot von «SBW Neue Medien» steht auch
Medien» in Romanshorn bildet seit 1999 Me-           den anderen Ostschweizer Kantonen offen.
diamatiker mit EFZ und BMS aus. Die ersten           Es wäre eine Antwort auf die vielfältigen He-
beiden Lehrjahre decken vor allem den schu-          rausforderungen und Schwierigkeiten in der
lischen Teil der Ausbildung ab und werden            Informatikausbildung.¹ Die beiden Basislehr-

                                                                                                                                                  Nr. 2/2018    19
PUBLIREPORTAGE

Erfolgsrezepte für den
Detailhandel
Zehn Jahre Shopping Arena. Zehn Jahre, in denen die Bran-
che durch Einkaufstourismus, Onlinehandel und Franken-
schocks förmlich durchgerüttelt wurde. Wieso sich das
grösste Einkaufszentrum der Ostschweiz in diesem Um-
feld bestens behaupten konnte und mit welchen Strate-
gien auch die Zukunft gesichert sein dürfte, erklärt Cen-
terleiter Marc Schäfer im Interview.

Marc Schäfer, als die Shopping                      von verschiedenen Shops verstan-
Arena vor zehn Jahren erstmals                      den. Wir wollen Erlebnisse bieten
ihre Türen öffnete, galt es in ers-                 und schaffen. Oder mit anderen Wor-
ter Linie, das Center mit Leben zu                  ten: positive Freizeiterinnerungen. Das ist
füllen. Wie rasch ist Ihnen das ge-                 nur möglich, wenn alle Beteiligten eine ge-
lungen?                                             meinsame Vision verfolgen. Würden nicht
Man kann diese Fragestellung unter drei ver-        sämtliche Mieter sowie Mitarbeiterinnen und        blikumsmagnete. Wie entschei-
schiedenen Gesichtspunkten angehen. Einer-          Mitarbeiter am selben Strick ziehen, wären         dend sind diese beiden Faktoren?
seits ist es uns gelungen, von Beginn an die        wir zum heutigen Zeitpunkt nicht so gut auf-       Vor allem zu Beginn, als die Shopping Arena
gesamte Ladenfläche mit attraktiven und auch        gestellt, wie wir es sind.                         noch keine bekannte Marke war, profitierten
namhaften Shops zu besetzen. Das wirkte sich                                                           wir natürlich stark von ihnen. Mittlerweile ha-
auf den zweiten Aspekt aus: die Besucherfre-        Einkaufszentren auf der grünen                     ben wir uns aber etabliert, und alle drei Part-
quenz, die vom Start weg hoch war – und sich        Wiese werden von Marktbeobach-                     ner befruchten sich gegenseitig. Die Kombi-
fast jährlich steigerte. In den zehn Jahren durf-   tern schon lange als Auslaufmo-                    nation ist in der Schweiz einzigartig. Und wir
ten wir total weit über 40 Millionen Besuche-       dell abgetan. Die Shopping Arena                   sind etwas stolz, dass wir eine solche in der
rinnen und Besucher zählen.                         St. Gallen kann sich aber bestens                  Ostschweiz geschaffen haben.
                                                    behaupten. Worauf führen Sie das
Und der dritte Aspekt?                              zurück?                                            Sie haben den Mietermix ange-
Der beinhaltet die Emotionen. Die Shopping          Das Fundament hierfür bildet natürlich in ers-     sprochen. Insgesamt finden sich
Arena hat sich nie als reines Sammelsurium          ter Linie der attraktive Mietermix. Sie finden     60 verschiedene Anbieter unter
                                                    bei uns exklusiv in der Ostschweiz grosse Na-      einem Dach. Wie schwer ist es,
                                                    men wie IKEA, Mango, Zara, Calzedonia oder         eine bunte Vielfalt zu erreichen?
Fakten                                              Douglas – daneben aber auch mehrere An-            Die Shopping Arena ist aufgrund ihrer Aus-
Eröffnung: 6. März 2008                             bieter aus der Region. Umrahmt wird das            richtung, der geografischen Lage und dem
Besucher (2017): 4,2 Mio.                           Ganze von einem vielfältigen Gastronomie-          Parkplatzangebot sehr attraktiv für Mieter.
Umsatz (2017): 216 Mio. CHF                         angebot. Entscheidend ist letztlich aber, dass     Wir sind in der komfortablen Lage, über eine
Ranking: Nr. 9 der umsatzstärksten                  man nicht stillsteht und stets innovativ bleibt.   Interessentenliste mit namhaften Unterneh-
Einkaufszentren der Schweiz                         Es ist ein Spagat zwischen Beständigkeit und       men zu verfügen, die gerne bei uns vertreten
Parkplätze: 1100                                    Weiterentwicklung.                                 wären. Ich orientiere mich bei der gesamten
Anzahl Shops: 60                                                                                       Zusammenstellung gerne an meiner aktiven
Mitarbeitende: 600                                  Mit der IKEA und dem Fussballsta-                  Zeit als Fussballspieler beim FC St. Gallen.
Fläche: 50 000 m2                                   dion haben Sie zwei perfekte Pu-                   Eine Mannschaft ist dann erfolgreich, wenn

20               Nr. 2/2018
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