Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2020 - Sackgasse Alters vorsorge - Wir sollten es besser wissen Bröckelt der Generationenvertrag? Ohne Europa geht ...

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Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2020 - Sackgasse Alters vorsorge - Wir sollten es besser wissen Bröckelt der Generationenvertrag? Ohne Europa geht ...
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SC HWER PU NK T ALTERSVO RSO RG E:

Sackgasse Alters­
vorsorge – Wir sollten
es besser wissen

SC HWER PU NK T ALTERSVO RSO RG E:
                                     Das Wirtschaftsmagazin   Nr. 3/2020
Bröckelt der
Generationenvertrag?

W I R T SC HAF T & P OL I T I K :

Ohne Europa
geht es nicht
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2020 - Sackgasse Alters vorsorge - Wir sollten es besser wissen Bröckelt der Generationenvertrag? Ohne Europa geht ...
CH/01/305

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EDITORIAL

Was wäre, wenn Vorsorgen Spass machen würde? Ein Blick auf die re­
gelmässig publizierten Sorgenbarometer verschiedener Finanzinstitute
zeigt: Dem ist nicht so. Die Altersvorsorge belegt jährlich einen Spit­
zenplatz in diesen Rankings. Der demografische Wandel und die Angst,
ob bei der Pensionierung noch Geld vorhanden sein wird, verunsichern
die Bevölkerung stark. Genoss das Schweizer Dreisäulensystem über
viele Jahre hinweg international einen hohen Stellenwert, ist es mitt­
lerweile in die Jahre gekommen. Es besteht Handlungsbedarf und Kor­
rekturen sind dringend nötig. Doch die Politik tut sich nicht erst heute
ziemlich schwer damit.

Mit dem Schwerpunktthema Altersvorsorge analysieren wir die ak­
tuellen politischen Vorstösse in der AHV, der beruflichen Altersvorsorge
und der Dritten Säule. Neben dieser kurzen, pointierten und sachlichen
Analyse werfen wir aber bewusst einen anderen Blick auf die Alters­
vorsorge und fragen uns: Bröckelt der Generationenvertrag? Ist dieses      Alessandro Sgro
                                                                           Chefökonom IHK St. Gallen-Appenzell
gesellschaftlich wichtige Bündnis überhaupt noch zukunftsfähig? Wie
gut weiss die Bevölkerung überhaupt über die Altersvorsorge Bescheid,
und welche Rolle spielt dieses Wissen für die persönliche Vorsorge?
Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, um die Altersvorsorge zu
stärken? Wir setzen einen Impuls in verschiedene Richtungen.

Um Bündnisse geht es auch in der Rubrik «Wirtschaft und Politik». Am
27. September 2020 stimmt das Schweizer Stimmvolk über verschie­
dene Vorlagen ab – insbesondere über die Kündigungsinitiative der SVP.
Das Bündnis mit Europa ist für die stark exportorientierte Ostschweizer
Wirtschaft zentral. Ein Wegfall der bilateralen Verträge hätte erhebli­
che Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit. Der Abstimmungs­
kampf ist lanciert. Die Debatte ebenfalls. Wir liefern Fakten zum Ver­
hältnis (Ost-)Schweiz – EU für die anstehenden Diskussionen, weil wir
der Meinung sind, diese Abstimmung muss auf Basis von Fakten ge­
schehen, und nicht am Stammtisch.

Zuletzt darf der Blick auf die bereits begonnene neue Legislatur nicht
fehlen. Es stehen viele zentrale Geschäfte an, und es gilt, die Weichen
zu stellen. Attraktive Rahmenbedingungen sind gefragt – für eine po­
sitive Entwicklung der Kernregion Ostschweiz – ganz im Sinne unserer
Zukunftsagenda «Softurbane Ostschweiz».

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre. Lassen Sie
sich von den Texten inspirieren, und hoffentlich macht Ihnen Vorsorgen
nach dieser IHKfacts-Ausgabe ein bisschen mehr Spass.
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INHALT

                                                                      BLITZLICHT06

Sackgasse Altersvorsorge                                              SCHWERPUNKT08
Wir sollten es besser wissen

Schwerpunkt Altersvorsorge
Die AHV sieht rot

Der externe Standpunkt
Höchstleistungen zulasten der Jungen

Privates Sparen
Freiwillige Vorsorge gewinnt noch stärker an Bedeutung

Internationaler Vergleich
Aufholbedarf bei der Altersvorsorge

Flexibles Rentenalter
AHV 21 – Möglichkeiten und Grenzen der neuen Reform

SNB-Gewinne für die AHV?
«Mit Zweckbindungen streuen wir uns selber Sand in die Augen»

Vollversicherung: Modell der Vergangenheit?
«Auch wenn wir uns in der beruflichen Vorsorge in einer System-
krise befinden, sollten unsere Kunden die Wahl haben»

Finanzieller Analphabetismus
Verstehen Sie «Vorsorgerisch»?

Generationenvertrag
Bröckelt das Bündnis zwischen Erwerbstätigen und Pensionierten?

Ziemlich beste Nachbarn                                               WIRTSCHAFT UND POLITIK 38
Ohne Europa geht es nicht

Herausfordernder Legislaturstart
Gleich doppelt gefordert

Statements zum Metropolitanraum Bodensee aus Wirtschaft und Politik
Metropolitanraum Bodensee – eine Grosschance für die Ostschweiz

Familien- und schulergänzende Kinderbetreuung
Wie viel Staat in der Kinderbetreuung?

Bleibt dem IHK-Vorstand erhalten: Andreas Schmidheini                 IHK48
«Risikobereitschaft, Mut und Verantwortung gehen einher mit
Unternehmertum»

IHK-Neumitglieder
Pius Schäfler AG

WTT Young Leader Award 2020 – online und offline
Wirtschaft stärkt neues Hybrid-Eventmodell

                                                                      AKTUELLE FIRMENNEWS      52

                                                                      AGENDA54
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BLITZLICHT

                                                Charta legt Grundstein für Metropolitanraum Bodensee
Rückblick ICT-Konferenz 2020                    Der Metropolitanraum Bodensee spannt sich        das Raumkonzept eine Neuevaluation der
                                                über die zusammenhängenden Agglomera-            Metropolitanräume durch. In dieser Evalua-
                                                tionen zwischen Wil, St. Gallen-Bodensee,        tion soll der Metropolitanraum Bodensee als
                                                Rheintal und Werdenberg-Liechtenstein so-        sechster Metropolitanraum der Schweiz aner-
                                                wie die Agglomerationen Lindau (DE) und          kannt werden und dadurch ein stärkeres Ge-
                                                Bludenz (AT). Dieser bedeutende, internatio­     wicht im Raumkonzept Schweiz erhalten.
                                                nale Wirtschafts- und Lebensraum beheima-
                                                tet über 750 000 Einwohnerinnen und Ein-
                                                wohner und kommt auf ein BIP von über
Sollen ICT-Lösungen von den Unternehmen         30 Milliarden Franken.
selbst erarbeitet oder extern eingekauft        Mit der Unterzeichnung der Charta wird der
werden? Die fünfte ICT-Konferenz im Fe­         Grundstein für die Anerkennung des Metro-
bruar 2020, gemeinsam durchgeführt von          politanraums Bodensee als Metropolitanraum
der IHK St. Gallen-Appenzell und vom Verein     im Raumkonzept Schweiz gelegt. 2022 führt
IT St. Gallen, widmete sich im Sinne von        der Bund mit der Standortbestimmung für
«Back to the Basics» einer Thematik, die
KMU in ihrem Geschäftsalltag immer stärker
beschäftigen wird. Visionäre Perspektiven       Ausblick: OTS, WTT und KMU-Tag
kamen auch nicht zu kurz: Zwei Experten­        Aufgrund der Tatsache, dass wegen der Corona-Krise viele Veranstaltungen in den Herbst 2020
referate sorgten für Einblicke in die zukünf-   verschoben werden, hat der PTV als Organisator zusammen mit dem OK beschlossen, das
tigen Entwicklungen in den Bereichen Arti-      nächste OTS am 24. September 2021 – als Jubiläumsveranstaltung – durchzuführen.
ficial Intelligence und Machine Learning mit    Jährlich werden die besten Praxisprojektteams des Fachbereichs Wirtschaft mit dem WTT
spannenden Anwendungsmöglichkeiten für          YOUNG LEADER AWARD ausgezeichnet – als Ehrung und Dank für die grossartigen Leistungen
KMU.                                            der Studierenden in den Praxisprojekten. Die Preisverleihung wurde dieses Jahr auf den 8. De-
                                                zember 2020 verschoben. Das Award-Referat hält der neue Rektor der OST – Ostschweizer
Markus Bänziger in Interreg-                    Fachhochschule, Prof. Dr. Daniel Seelhofer: Was darf die Wirtschaft vom
Lenkungsausschuss gewählt                       Zusammenschluss der Hochschulen erwarten? Die persönlichen Einladun-
Die Partner des Interreg-Programmes «Alpen-     gen werden im Oktober 2020 versendet.
rhein-Bodensee-Hochrhein» wählten am            Der Schweizer KMU-Tag stellt die Klein- und Mittelunternehmen (KMU) ins
10. Juli 2020 Markus Bänziger, Direktor der     Zentrum und ist einer der bedeutendsten KMU-Anlässe mit schweizweiter
Industrie und Handelskammer St. Gallen-­        Ausstrahlung. Dieses Jahr findet er am 23. Oktober in der Halle 9 der Olma
Appenzell (IHK), zum stimmberechtigten          Messen unter dem Motto «KMU und Überraschungen – Knall auf Fall!» statt.
Mitglied des Lenkungsausschusses. Ab der
neuen Interreg-Förderperiode von 2021 bis
2027 vertritt Markus Bänziger die Anliegen      Michael Götte wird in den                        100 000ste Beglaubigung
der Arbeitgeber im Programmgebiet. Das          Universitätsrat gewählt                          via e-origin
Gebiet umfasst neun Schweizer Kantone,          Die IHK St. Gallen-Appenzell gratuliert Mi-      Bereits seit 2008 besteht die Möglichkeit, Ur-
Baden-Württemberg, Bayern, Vorarlberg           chael Götte herzlich zur Wahl in den Univer-     sprungszeugnisse, Rechnungen, Atteste, Be-
und Liechtenstein.                              sitätsrat der HSG. Als Leiter der kantonalen     scheinigungen und weitere Exportdokumente
                                                Politik bei der IHK ist er Bindeglied zwischen   über das Internet abzuwickeln. Damit wird
                                                Wirtschaft und Politik und bringt seinen Er-     der Zeitbedarf für die Beschaffung der zu be-
                                                fahrungsschatz in den Universitätsrat mit ein.   glaubigenden Dokumente erheblich verrin-
                                                                                                 gert, da via «e-origin» die Beglaubigung der
                                                                                                 Dokumente beantragt wird. Die IHK prüft
                                                                                                 und stempelt die Dokumente elektronisch
                                                                                                 und retourniert diese anschliessend online.
                                                                                                 Die beglaubigten Dokumente werden vom
                                                                                                 Unternehmen selbst ausgedruckt und können
                                                                                                 sofort benutzt werden. Am 31. Juli 2020 hat
                                                                                                 die IHK St. Gallen-Appenzell die 100 000ste
                                                                                                 Beglaubigung via e-Origin ausgestellt.

6             Nr. 3/2020
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2020 - Sackgasse Alters vorsorge - Wir sollten es besser wissen Bröckelt der Generationenvertrag? Ohne Europa geht ...
BLITZLICHT

Exportregion Ostschweiz mit Bundesrat Cassis                                                     Innovative Bestrebungen zur
Ob Handelskrieg zwischen den USA und China oder die ungeklärten Fragen zum Verhältnis            Unterstützung der Berufsbildung
mit der EU: Ostschweizer Exportunternehmen sehen sich mit vielen Unsicherheiten konfron-
tiert. Dabei wären sie auf stabile und berechenbare Beziehungen zum Ausland angewiesen.
Welche Rolle dabei die Aussenpolitik spielt, diskutierten Bundesrat Ignazio Cassis sowie be-
deutende Ostschweizer Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Forschung unter der Leitung von
Pascal Hollenstein, Leiter Publizistik bei CH Media. Im Rahmen des «IHK Business Outlooks»
am 10. Februar 2020 im Pfalzkeller vertraten Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident der Stad-
ler Rail AG, sowie Stefan Scheiber, CEO der Bühler-Gruppe, die Ostschweizer Exportwirtschaft.
Es sei gut, wenn man klar wisse, wohin der Weg führt, so Peter Spuhler. Rechtssicherheit sei
deshalb eine Grundvoraussetzung, um international wirken zu können. Ähnlicher Meinung
war Stefan Scheiber. Zugleich betonte er die konkrete Umsetzung der aussenpolitischen Ziele:
Die Unternehmen – vor allem auch kleinere Betriebe – seien darauf angewiesen, dass Handels-
abkommen Türen öffnen und nicht zusätzliche bürokratische Hürden verursachen.

                                                                                                 Die Massnahmen zur Eindämmung des Co-
                                                                                                 ronavirus beeinflussen auch die Rekrutierung
                                                                                                 von Lernenden und die Weiterbeschäftigung
                                                                                                 von Lehrabgängern. Die Videokonferenz
                                                                                                 «Good Morning Ostschweiz» thematisierte
                                                                                                 die Lage der Ostschweizer Wirtschaft und die
                                                                                                 Lehrstellensituation in der Ostschweiz. Die
                                                                                                 IHK St. Gallen-Appenzell lud dafür die regio-
                                                                                                 nalen Arbeitgeberverbände zur Videokonfe-
                                                                                                 renz «Good Morning Ostschweiz» ein. Der
                                                                                                 persönliche Austausch konnte durch die
                                                                                                 ­Videokonferenz zwar nicht ersetzt werden,
                                                                                                 dennoch stiessen die traktandierten Themen
                                                                                                 auf grosses Interesse. Der Austausch fokus-
                                                                                                 sierte sich auf die Lage der Ostschweizer
                                                                                                 Wirtschaft und die Lehrstellensituation in der
                                                                                                 Ostschweiz.

matriq AG gewinnt Jung­
unternehmerpreis der
St. Galler Kantonalbank
Gewinnerin des «Startfeld Diamant 2020» ist
die matriq AG. Das Unternehmen aus St. Gal-
len ist Spezialist für Codier- und Markier­
lösungen für Kunststoffprodukte. Der Jung-
unternehmerpreis der St. Galler Kantonal-
bank wurde zum neunten Mal verliehen.
Aufgrund der Corona-Einschränkungen fand
die für den 3. Juni 2020 geplante Preisverlei-
hung nicht statt. Zwischen dem 25. und dem
29. Mai 2020 wurden jeden Abend die ein-
zelnen Finalisten im Regionalfernsehen TVO
porträtiert. In der Abschlusssendung vom
29. Mai 2020 wurde die Gewinnerin bekannt
gegeben.

                                                                                                                                  Nr. 3/2020  7
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2020 - Sackgasse Alters vorsorge - Wir sollten es besser wissen Bröckelt der Generationenvertrag? Ohne Europa geht ...
SCHWERPUNKT

Sackgasse Altersvorsorge

Wir sollten es
besser wissen
                          Bei der Altersvorsorge besteht Handlungsbedarf, dies ist unbestritten. Die im Raum
                          stehenden Reformentwürfe lassen jedoch daran zweifeln, ob man damit in der
                          Lage ist, die künftigen Herausforderungen konsequent anzugehen. Dabei gäbe es
                          durchaus griffige Massnahmen, um das Sorgenkind Altersvorsorge auf den
                          richtigen Weg zu bringen.

                          Im Rahmen von Zukunft Ostschweiz 2019 haben wir uns          wurde gar auf 62 reduziert, dann in langwierigen politi-
                          dem Schwerpunktthema Vereinbarkeit Familie und Beruf         schen Prozessen wieder auf 64 erhöht. Das System funk-
Markus Bänziger           gewidmet. Im Vordergrund stand dabei der Fachkräfte-         tioniert jedoch nur so lange, wie sich die arbeitstätige
IHK-Direktor
                          mangel. Wir haben aufgezeigt, dass das Näherrücken der       Generation sicher sein kann, dass die nächste Generation
                          geburtenstärksten Jahrgänge der 1960er-Jahre, der soge-      für sie dasselbe tun wird; der Generationenvertrag ent-
                          nannten Babyboomer, an das Pensionierungsalter den           steht. 1948 finanzierten 100 Personen im erwerbstätigen
                          ­ohnehin schon bestehenden Mangel an Fachkräften noch        Alter rund 15 im Ruhestand. Heute finanziert die Er-
                          verstärken wird. Durch eine bessere Vereinbarkeit von        werbsbevölkerung doppelt so viele Rentner, 2050 werden
                          ­Familie und Beruf kann die Erwerbsbeteiligung erhöht und    es mehr als dreimal so viele sein. Denn wir werden nicht
                          somit auch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt              nur immer älter, gleichzeitig zeugen wir auch immer we-
                          werden. Doch die bevorstehende Pensionierung der
                          ­                                                            niger Kinder. Am deutlichsten zeigt sich diese Entwick-
                          Babyboomer hat auch eine andere Seite: Immer weniger         lung wiederum an der Generation der Babyboomer: Als
                          Personen im erwerbsfähigen Alter stehen einer noch stark     diese zwischen 1985 und 1994 in den Arbeitsmarkt ein-
                          steigenden Gruppe von Menschen im Pensionsalter ge-          trat, traten jährlich rund 31 000 Personen mehr in den
                          genüber. Damit diese ihren verdienten Lebensabend in         Arbeitsmarkt ein als aus, was die Finanzierung der AHV
                          Würde verbringen können und damit auch künftige Ge-          garantierte. Wenn dieselbe Generation nun 2025 bis
                          nerationen dies noch können, braucht es wesentliche Kor-     2034 in den Ruhestand geht, so wird die Schweiz das Ge-
                          rekturen bei der selbst etwas in die Jahre gekommenen        genteil erleben: Per Saldo verlassen über 30 000 Personen
                          Schweizer Altersvorsorge. Die Politik weiss dies, handelt    den Arbeitsmarkt pro Jahr. Wie finanziert eine kleiner
                          aber nicht.                                                  werdende Anzahl Erwerbspersonen eine rasant anstei-
                                                                                       gende pensionierte Bevölkerung und hält damit den
                          Die Rechnung geht nicht mehr auf …                           ­Generationenvertrag ein? Die Rechnung geht, unter den
                          Doch was ist genau passiert? Die AHV wurde 1948 ein-         statischen Annahmen der 1948 eingeführten AHV, nicht
                          geführt und bildet die erste der drei Säulen der Schweizer   mehr auf.
                          Altersvorsorge. Ihre Idee ist bestechend einfach: Die je-
                          weils arbeitende Generation zahlt über Lohnbeiträge die      … nicht nur bei der AHV
                          Renten der Pensionierten – das Umlageverfahren. Ren-         Die Entwicklung der Lebenserwartung ist durchaus erfreu-
                          tenalter war damals 65 für beide Geschlechter. Weder an      lich: Wir leben länger, wir leben besser und gesünder. Wir
                          die steigende Lebenserwartung noch an den allgemeinen        arbeiten bezogen auf unsere Lebenszeit deutlich weniger
                          gesundheitlichen Zustand wurde das Rentenalter ange-         lang und geniessen das Leben deutlich länger: Momentan
                          passt. Im Gegenteil: Das Renteneinstiegsalter für Frauen     werden wir pro Jahr etwa zwei Monate älter. Doch wenn

8            Nr. 3/2020
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2020 - Sackgasse Alters vorsorge - Wir sollten es besser wissen Bröckelt der Generationenvertrag? Ohne Europa geht ...
SCHWERPUNKT

Bild: Adobe Stock

wir immer weniger arbeiten im Vergleich zum Ruhestand,       Das Ruder selbst in die Hand nehmen?
dann zahlen wir relativ gesehen auch weniger in die Pen-     Bei der ersten und der zweiten Säule besteht also ziemlich
sionskasse ein – die zweite Säule der Schweizer Altersvor-   unbestritten Handlungsbedarf. Es vermag nicht zu über-
sorge. Diese wurde 1985 als obligatorisch erklärt, man       raschen, dass angesichts der oben skizzierten Problemfel-
rechnete damals mit 15 Jahren Ruhestand pro Rentner,         der der Zustand der Altersvorsorge eine der Hauptsorgen
heute sind es im Schnitt 20. Im Gegensatz zur AHV basiert    der Schweizer Bevölkerung ist. Es verbleibt jedoch neben
die 2. Säule auf dem Kapitalverfahren: Das Geld wird nicht   AHV und beruflicher Vorsorge noch die dritte Säule: das
umverteilt, sondern für jeden Einzelnen im Kollektiv an-     private Sparen. Hier hat jede Schweizerin und jeder
gelegt, und das Kapital wirft Zinsen ab. Nun definiert je-   Schweizer das Ruder selbst in der Hand und kann sich in-
doch das Gesetz, dass bei Rentenantritt pro Jahr 6,8% des    dividuell auf den Ruhestand vorbereiten. Nur muss man
obligatorisch einbezahlten Pensionskassenkapitals als        sich dessen bewusst sein. Dass dies nur begrenzt der Fall
Rente ausbezahlt werden müssen. Für eine Pensionskasse       ist, führt Alessandro Sgro, Chefökonom der IHK, in sei-
impliziert dies, dass sie mit dem Kapital eine Rendite von   nem Artikel (S. 30–31) aus: Das Wissen um die finanziel-
rund 4,8% erwirtschaftet. Doch seit der Finanzkrise wirft    len Möglichkeiten, gerade im Rahmen der Angebote zur
Kapital nicht mehr so ohne Weiteres Zinsen ab: Es ist das    Säule 3a, ist in der Schweizer Bevölkerung nach wie vor
Zeitalter der Tief- und Negativzinsen angebrochen. Als die   sehr begrenzt. Gerade wenn aber die Probleme der ersten
Politik 2004 den Mindestumwandlungssatz auf eben jene        und zweiten Säule nicht rechtzeitig gelöst werden, so
6,8% festlegte, konnte natürlich noch niemand ahnen,         müssten sich auch jüngere Menschen ziemlich schnell
dass ein paar Jahre später eine Schweizer Bundesobliga-      Gedanken zur privaten Vorsorge machen. Eine weitere
tion negative Erträge liefern würde. Doch auch hier gilt:    Problematik hier: Normalerweise steigt das Erwerbsein-
Mit den damals getroffenen Annahmen lässt sich heute         kommen mit zunehmendem Alter an; während der Aus-
nicht mehr viel anfangen, weder mit der Verzinsung noch      bildung oder in den ersten Berufsjahren dürfte es vielen
der Lebenserwartung.                                         schwerfallen, etwas auf die Seite zu legen, das sie ein paar

                                                                                                           Nr. 3/2020  9
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2020 - Sackgasse Alters vorsorge - Wir sollten es besser wissen Bröckelt der Generationenvertrag? Ohne Europa geht ...
SCHWERPUNKT

                     Jahrzehnte später benötigen werden, geschweige denn           nächste Generation derer annehmen muss. Dabei sollte
                     den Höchstbetrag von aktuell CHF 6826 pro Jahr. Rück-         Folgendes beachtet werden:
                     wirkend kann man diese ausgebliebenen Zahlungen, an-          – AHV: Wie oben festgestellt, ist das Rentenalter 65 seit
                     ders als bei der AHV und der Pensionskasse, jedoch nicht        der Einführung der AHV 1948 unverändert geblieben,
                     mehr nachholen.                                                 ja gar für Frauen reduziert worden. Dies widerspiegelt
                                                                                     schon längst nicht mehr die Realität unserer Lebens-
                     Reformversuche stimmen                                          dauer. Eine Erhöhung des Rentenalters bietet erwiese-
                     wenig optimistisch                                              nermassen eine der effektivsten Massnahmen zur
                     Der Anspruch einer umfassenden Problemanalyse der               Verbesserung des Umlageergebnisses der AHV. Damit
                     Schweizer Altersvorsorge wird mit den bis hierhin aufge-        politische Stillstände in diesem Belang in Zukunft ver-
                     führten Punkten sicherlich nicht erfüllt. Ein Zwischenfazit     mieden werden können, sollte das Rentenalter zudem
                     lässt sich dennoch ziehen: Jede der drei Säulen der Alters-     an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Wie der in-
                     vorsorge entwickelt sich nicht optimal, und das seit Jah-       ternationale Vergleich zeigt (vgl. Artikel S. 22–23), ist
                     ren und Jahrzehnten. Der Politik vorzuwerfen, sie habe          eine solche Korrektur in anderen westeuropäischen Staa-
                     dies nicht erkannt, greift zu kurz: Die Politik konnte sich     ten längst Tatsache. Weiterhin ist eine Flexibilisierung des
                     nicht über die richtigen Massnahmen einigen. Grössere           Rentenalters, wie sie die AHV 21 vorsieht, zwar grund-
                     Revisionen wurden angestrebt, scheiterten jedoch seit           sätzlich begrüssenswert. Damit einher­gehen müssen je-
                     1997 (AHV) und 2004 (berufliche Vorsorge) spätestens            doch Anreize zu einer längeren, an die stark gestiegene
                     an der Urne, zuletzt 2017 die «Altersvorsorge 2020». Er-        Lebenserwartung angepassten Lebensarbeitszeit.
                     neut arbeitet Bundesbern fieberhaft an neuen Reform-          – Berufliche Vorsorge: Bei der beruflichen Vorsorge ist
                     vorschlägen und präsentierte solche unlängst mit der            zwar die Korrektur des Mindestumwandlungssatzes,
                     «AHV 21» und einer neuen BVG-Reform. Vielleicht ist es          wie sie die aktuelle BVG-Reform vorsieht, ein Schritt in
                     gerade das bisherige Scheitern, welches erklärt, dass           die richtige Richtung. Auch die Senkung des Koordina-
                     diese Reformvorschläge nicht gerade überzeugend wir-            tionsabzugs sowie die Glättung der Altersgutschriften
                     ken – vielmehr wecken sie Zweifel, ob man überhaupt in          sind begrüssenswert. Stossend ist jedoch die unbefris-
                     der Lage sei, damit die Herausforderungen in der Alters-        tete und bedingungslose Natur der Rentenzuschläge.
                     vorsorge anzugehen. Wie Jan Riss in seinem Artikel              Dass Menschen mit geringerem Einkommen in der
                     aufzeigt (S. 12–13), ist die AHV 21 weit davon entfernt,        Übergangsgeneration eine zeitlich begrenzte Kompen-
                     die finanziellen Probleme der AHV ernsthaft anzugehen.          sation erstattet wird, ist einleuchtend; weniger jedoch
                     Bis 2030 muss auch mit der Reform bereits wieder mit            die Tatsache, dass auch jeder Grossverdiener auf unbe-
                     Verlusten im Umlageverfahren der ersten Säule gerechnet         fristete Zeit davon profitieren soll.
                     werden. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der BVG-Reform:     – Dritte Säule: Die private Vorsorge muss und wird
                     Das Hauptproblem, nämlich dass durch den zu hohen               durch die schwierige Lage der anderen beiden Säulen
                     Mindestumwandlungssatz die aktuellen Renten mit dem             an Bedeutung gewinnen. Dies bedingt ein besseres Ver-
                     gesparten Kapital der aktiven Erwerbsbevölkerung quer-          ständnis für diese Vorsorgeformen in der Bevölkerung
                     finanziert werden, wird nicht gelöst. Vielmehr wird es          sowie eine Flexibilisierung der Einzahlungsmodalitäten.
                     noch zementiert, indem unbefristete und einkommens­             Die im Parlament angenommene Motion zur nachträg-
                     unabhängige Zuschläge für alle vorgesehen sind. Dieses          lichen Einzahlung ist hierbei ein Schritt in die richtige
                     Fazit ziehen Dr. Roger Baumann und Silvan Gamper von            Richtung. Sie akzeptiert die Realität von Erwerbsunter-
                     c-alm (S. 15–16). Etwas Mut macht immerhin die Situa-           brüchen, etwa bei Weiterbildungen, und ermöglicht es,
                     tion bei der dritten Säule: Das nationale Parlament hat         diese später zu kompensieren.
                     die zunehmende Bedeutung zuletzt anerkannt und eine
                     Motion angenommen, die nachträgliche Einzahlungen in          Die Zeit drängt
                     die Säule 3a ermöglichen soll.                                Das Schweizer Vorsorgesystem ist herausgefordert. Das
                                                                                   Zeitfenster, um nachhaltig zu handeln, schliesst sich dabei
                     Wie weiter?                                                   zusehends. Lösungen stehen im Raum, die Politik geht
                     Die Schweizer Altersvorsorge ist auf allen Ebenen he­         ­jedoch die Altersvorsorge ohne Mut oder Vision an – dies
                     rausgefordert. Dennoch tat sich die Politik bislang           illustrieren nicht zuletzt die aktuellen Reformbestrebun-
                     schwer, substanzielle Besserungen herbeizuführen. Un-         gen. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Tatsache schnellst-
                     angenehme Tatsachen müssen konsequent angegangen              möglich ändert – ansonsten wird die Schweizer Alters­
                     werden, statt dass man mit wenig nachhaltigen Refor-          vorsorge zur Hypothek für die jetzigen und kommenden
                     men die Probleme vor sich herschiebt, bis sich die            Generationen.

10          Nr. 3/2020
PUBLIREPORTAGE

Eigenverantwortlich fürs Alter
vorsorgen
In der Ausgestaltung von 1e-Plänen geniessen Versicherte viele Freiheiten und die so angelegten Gelder
sind vor einer Umverteilung geschützt.

Splitting Modell                                                                                                  Geschäftsleitungsmitgliedern, Kadermitarbeitern und spe-
                                                                                                                  zialisierten Fachkräften stehen im Rahmen sogenannter
Diversifikation                                                                                                   1e-Pläne maximal zehn Anlagestrategien pro Vorsorge-
Umhüllende Vorsorge   Gesplittete Vorsorge
                                                                                                                  werk offen. So können sie individuell auf ihre Risikobereit-
                                                                                                                  schaft und -fähigkeit abgestimmt anlegen. Es kann also
                                              Gestaltungsmöglichkeiten                                            nicht nur in Aktien und Obligationen investiert werden,
                                                 Freie Anlagestrategiewahl                                       sondern auch in alternative Anlagen und Immobilien. Wer
                                                 Volle Gutschrift des Anlageerfolgs. Keine Umverteilung.
                                                 Steuerliche Optimierung dank freiwilligen Einkäufen             in Anlagefonds investiert, dem stehen, vereinfacht gesagt,
                                                 Kadervorsorgepläne, abgestimmt auf den Basisplan
                                                 Diversifikation                                                 zwei Umsetzungsvarianten offen: kostengünstige passive
                                                 Bei der Pensionierung: Alterskapital oder Option Altersrente
 Pensionskasse                                                                                                    und etwas teurere, aktiv verwaltete Fonds.
                                                                                                                  Bei grösserem Vorsorgevermögen sind Vermögensverwal-
                       Pensionskasse
                                                                                                                  tungsmandate denkbar. In diesem Fall kann die private Ver-
                                               Anlagestrategie gemäss Stiftung
                                               Zinssatz                                                          mögenssituation auf die Vorsorgelösung abgestimmt wer-
                                               Im Zeitpunkt der Pensionierung: Rente, wahlweise (Teil)-Kapital
                                                                                                                  den. Ein Beispiel zur Illustration: Sogenannte Wachstums-
                                                                                                                  aktien zahlen oft keine oder nur eine kleine Dividende. Es
                                                                                                                  bietet sich daher an, diese Titel im Privatvermögen zu hal-
                              Wird die Schweizer Bevölkerung gefragt, worüber sie sich                            ten, während Dividendentitel besser im Vorsorgevermögen
                              Sorgen macht, landet die Antwort «Altersvorsorge» Jahr                              gehalten werden, denn dort sind die Dividendenzahlungen
                              für Jahr auf dem Spitzenplatz. Das erstaunt nicht, denn in                          von der Einkommenssteuer befreit und Vermögenssteuern
                              der beruflichen Vorsorge sind in den vergangenen zehn                               sind ebenfalls keine zu entrichten.
                              Jahren mehr als 90 Milliarden Franken von Erwerbstätigen                            Durch freiwillige BVG-Einkäufe in den 1e-Plan kann zu-
                              zu den Rentnern transferiert worden. Diese Umverteilung                             sätzlich ein Steuervorteil generiert werden. Das Potenzial
                              widerspricht zwar dem Ursprungsgedanken der Finanzie-                               der maximalen Einkaufssumme wurde durch den Wegfall
                              rung von Altersleistungen innerhalb der 2. Säule via Ka-                            der Aufzinsungsmöglichkeit von 2 Prozent allerdings ein-
                              pitaldeckungsverfahren. Doch sie ist eine Tatsache, die                             geschränkt. Diese Änderung erfolgte im Zuge der 1e-
                              von der Bevölkerung hingenommen wird – unter anderem                                Neuordnung im Jahr 2017. Die maximale Einkaufsumme
                              deshalb, weil der aktiv tätige Versicherte nicht genau                              kann aber unverändert durch Lohnerhöhungen, höhere
                              weiss, wie viel seiner Ersparnisse an die Pensionäre fliesst.                       Sparbeiträge bis durchschnittlich 25 Prozent, eine Ver-
                              Die beliebter werdenden 1e-Kadervorsorgelösungen schüt-                             ringerung oder durch Weglassen des Basiskoordinations-
                              zen Versicherte immerhin vor der Umverteilung der Spar-                             abzugs und den Einschluss bis anhin nicht versicherter,
                              einlagen oberhalb der Lohngrenze von 127 980 Franken.                               variabler Lohnbestandteile vergrössert werden.
                              Doch noch ist lediglich ein halbes Prozent des Schweizer
                              Vorsorgekapitals – konkret handelt es sich um rund 3,5 Mil-                         Ralf Tertulliani, Kundenverantwortlicher, PensExpert AG
                              liarden Franken – in 1e-Pläne investiert. Dieser Anteil dürfte
                              sich deutlich ausweiten, denn 1e-Pläne haben klare Vorteile
                              gegenüber den klassischen Pensionskassenlösungen.
                              Eine Analyse und Neuausrichtung der Pensionskasse eines
                              Unternehmens ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll. Vor                             PensExpert AG
                              allem eine Optimierung der beruflichen Vorsorge für Füh-                             Bankgasse 8, 9000 St. Gallen
                              rungskräfte steigert die Attraktivität als Arbeitgeber und                           Tel. +41 71 226 68 68
                              schützt die aktiv tätigen Versicherten vor der Umverteilung.                         www.pens-expert.ch

                                                                                                                                                               Nr. 3/2020  11
SCHWERPUNKT

Schwerpunkt Altersvorsorge

Die AHV sieht rot
                            Die AHV läuft, demografisch bedingt, auf ein strukturelles Defizit zu. STAF und
                            AHV 21 können temporär eine Entlastung herbeiführen. Die AHV kann indes nur mit
                            einer erhöhten Erwerbstätigkeit der über 65-Jährigen nachhaltig finanziert werden.

                            Die Bevölkerung altert. Die Lebenserwartung steigt, die       höhung der Bundesbeiträge und aus höheren Lohnbeiträ-
                            Geburtenrate stagniert seit 40 Jahren auf tiefem Niveau.      gen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
                            Das bedeutet für die Altersvorsorge, dass immer weniger
Jan Riss                    Beitragszahler immer mehr Bezügern gegenüberstehen.           STAF bringt nur kurze Verschnaufpause
wissenschaftlicher          Im vergangenen Jahr betrug das Umlagedefizit der Al-          Die Mehreinnahmen dank Umsetzung der STAF verschaf-
Mitarbeiter IHK
                            ters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) über eine         fen der AHV eine Verschnaufpause. Der Zeitpunkt eines
                            Milliarde Franken. Diese Situation wird sich mit der Pen-     negativen Betriebsergebnisses der AHV wird um sechs
                            sionierung der geburtenstarken Jahrgänge weiter ver-          Jahre aufgeschoben. Bereits ab 2025 müsste aber somit
                            schärfen. Das Umlageverfahren als Kernstück der AHV           wieder auf das angesparte K
                                                                                                                    ­ apital im AHV-Fonds zurück-
                            kann ohne Gegenmassnahmen nicht aufrechterhalten              gegriffen werden, und zwar mit jährlich steigenden Be­
                            werden.                                                       trägen. Zusätzliche Massnahmen sind deshalb nötig. In
                                                                                          der aktuellen Vorlage des Bundesrates «Stabilisierung der
                            Reformstau bei der AHV                                        AHV (AHV 21)» sind weitere Zusatzeinnahmen geplant.
Der Altersquotient wi-
                            Die Politik hat das Problem schon lange erkannt. Uneinig-     Erhöht werden soll dieses Mal die Mehrwertsteuer. Der
derspiegelt das Verhält-
nis der 65-Jährigen und     keit besteht allerdings seit Jahren bei den zu ergreifenden
Älteren zu den 20- bis
                            Gegenmassnahmen. Grob gesagt, können diese Mass-
64-jährigen Personen –
und somit das Verhältnis    nahmen auf der Einnahmen- oder auf der Ausgabenseite                   Das Umlageverfahren als
der Anzahl Menschen in
einem Alter, in dem man
                            erfolgen. Die einzige nennenswerte ausgabenseitige Ent-                Kernstück der AHV kann
im Allgemeinen wirt-        lastung der letzten vier Jahrzehnte war die schrittweise             ohne Gegenmassnahmen nicht
schaftlich nicht mehr ak-
tiv ist, zur Anzahl der
                            Erhöhung des Frauenrentenalters auf 64 Jahre nach der                  aufrechterhalten werden.
Personen im erwerbsfä-      Jahrtausendwende. Doch dabei handelte es sich lediglich
higen Alter. Zur Zeit der
                            um eine Korrekturmassnahme, nachdem das Frauenren-
Einführung der AHV im
Jahr 1948 lag der Alters-   tenalter in den 50er- und 60er-Jahren von ursprünglich        Normalsatz würde um 0,7 Prozentpunkte von 7,7 % auf
quotient bei rund einem
                            ebenfalls 65 auf 62 Jahre gesenkt worden war. Eine allge-     8,4 % erhöht werden. Dies würde die AHV-Einnahmen ab
Sechstel. Heute beträgt
dieses Verhältnis eins zu   meine Erhöhung des Rentenalters oder gar eine Koppe-          2022 um rund zwei Milliarden Franken jährlich erhöhen.
drei, 2040 voraussicht-
                            lung an die steigende Lebenserwartung wird zwar oft dis-
lich noch eins zu zwei.
Da das Rentenalter noch     kutiert, bildete aber seit der Gründung der AHV im Jahr       Rentenalter kein Tabuthema mehr
nie allgemein angeho-
                            1948 noch nie Teil einer AHV-Vorlage.                         Neben der Erhöhung der Mehrwertsteuer sieht AHV 21
ben wurde und die Hin-
terbliebenen- und Zu-       Angenommen wurde im Mai 2019 dagegen das Bundes-              die Angleichung des Frauenrentenalters an jenes der Män-
satzrenten lediglich rund
                            gesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung         ner vor. Dadurch sollen die Ausgaben jährlich um rund
5 % der ausbezahlten
AHV-Renten ausmachen,       (STAF), das der AHV jährlich rund 2 Milliarden Franken an     1 Milliarde Franken sinken und die Einnahmen um rund
entspricht dies auch an-
                            Zusatzeinnahmen beschert. Diese stammen aus einer Er-         150 Mil­lionen Franken steigen. Indem beide Massnahmen
näherungsweise dem
Verhältnis zwischen den
Rentenbezügern und                                            Einführung AHV:
-zahlern.                                                     1948
*gemäss Referenz­
szenario des Bundes
Quelle: IHK Research,
Bundesamt für Statistik          1920                                            1950                          1970

12                Nr. 3/2020
SCHWERPUNKT

       mit zusätzlichen Ausgaben sozialpolitisch abgefedert wer-                          Entwicklungsszenarien anstelle eines einzigen prognosti-
       den sollen, resultieren insgesamt aber kaum Verbesserun-                           zierten Pfades zu publizieren.
       gen für das Betriebsergebnis der AHV. Allein die Aus-
       gleichsmassnahmen für Frauen kosten etwa 600 Millio-                               Weiterer struktureller Handlungsbedarf
       nen Franken pro Jahr. Insgesamt negativ zu Buche schlägt                           Wie entscheidend die Betrachtung über einen längeren
       auch die Flexibilisierung des Rentenalters, welche die AHV                         Zeitraum ist, offenbart sich auch mit Blick auf den Kapi-
       schätzungsweise jährlich rund 400 Millionen Franken kos-                           talbestand der AHV. Dieser beträgt aktuell rund 44 Milli-
       ten dürfte. Es ist somit keine Überraschung, dass AHV 21                           arden Franken. Die zu erwartenden Defizite bei einer Um-
       weit davon entfernt bleibt, die finanziellen Probleme der                          setzung von AHV 21 können somit noch einige Jahre aus-
       AHV längerfristig zu lösen. Auch bei einer Annahme von
       AHV 21 wäre ab 2030 wieder mit einem negativen Be-
       triebsergebnis zu rechnen (siehe Abbildung).1                                             Es ist somit keine Überraschung,
                                                                                              dass AHV 21 weit davon entfernt bleibt,
                  Betriebsergebnis AHV bis 2030                                                 die finanziellen Probleme der AHV
        4000
        3000
                                                                                                       längerfristig zu lösen.
        2000
        1000
           0
                2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030
                                                                                          geglichen werden. Das BSV berechnete im vergangenen
        -1000
                                                                                          Jahr, dass die entstehenden Defizite noch während zehn
        -2000
        -3000
                                                                                          Jahren aus der Kapitalreserve finanziert werden können
        -4000                                                                             und diese erst in rund zwanzig Jahren negativ wird. Da-
                              Status quo (inkl. STAF)      mit AHV 21
                                                                                          nach entsteht jedes Jahr eine zusätzliche Schuld von 10
                               Quelle: IHK Research, Bundesamt für Sozialversicherungen
                                                                                          bis 15 Milliarden Franken, Tendenz steigend. Selbst aber-
       Das Betriebsergebnis resultiert aus der Summe von Umlageergebnis                   malige Erhöhungen der Mehrwertsteuer könnten nicht
       und Kapitalertrag aus dem AHV-Ausgleichsfonds, welcher kurzfristige
                                                                                          nachhaltig Abhilfe verschaffen. Strukturelle Reformen tun
       Einnahmeschwankungen ausgleicht und so die Liquidität der Ver­
       sicherung gewährleistet.                                                           ganz offenkundig not.

       Systematische Beschönigung?                                                        Stabilisierung dank Erhöhung der Erwerbs-
       Dabei muss beachtet werden, dass diese Projektionen                                tätigkeit
       wohl gar zu optimistisch sind. Das Bundesamt für Sozial-                           Die AHV kann somit nur auf eine dauerhaft solidere Basis
       versicherungen (BSV) stützt sich dazu nämlich nicht auf                            gestellt werden, wenn das Verhältnis von Erwerbstätigen
       die offiziellen Wirtschaftsprognosen des Bundes. Statt den                         zu Rentnern verbessert wird. Die demografischen Trends
       Experten des SECO und der Finanzverwaltung zu ver-                                 allein lassen eine Stagnation bei der Anzahl der Personen
       trauen, traf das BSV kurzerhand eigene, weitaus optimis-                           zwischen 20 und 64 Jahren und eine markante Zunahme
       tischere Annahmen über zentrale Grössen wie das Wirt-                              bei der Anzahl der Personen über 64 erwarten. So rechnet
       schaftswachstum oder die Entwicklung der Löhne. Aus-                               das Referenzszenario des Bundes zwischen 2020 und
       serdem wurde der Prognosezeitraum gegenüber früheren                               2045 und ohne Anpassung des Pensionierungsalters mit
       Publikationen von zwanzig auf zehn Jahre reduziert. Dies                           einer Zunahme bei den Aktiven von weniger als 5 %, bei
       ist insofern relevant, als die Ausgaben der AHV in den                             den Rentnern dagegen mit 60 %. Dabei ist eine erhebliche
       2030er-Jahren wegen der weiterhin hohen Zahl von Neu-                              Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen bereits mit
       rentnern ebenso steil ansteigen dürften wie im laufenden                           eingerechnet. Die Probleme können deshalb nicht mit
       Jahrzehnt. Auch wenn Prognosen zur wirtschaftlichen                                Massnahmen gelöst werden, welche vor allem die dann-
       Entwicklung in Zeiten von Corona schwierig sind – eine                             zumal aktive Bevölkerung treffen. Eine erhöhte Erwerbs­
       systematisch verzerrte und verkürzte Sicht behindert den                           tätigkeit der Personen über 65 ist deshalb unumgänglich –
       dringend notwendigen, sachlich fundierten Diskurs über                             einerseits über eine Erhöhung des Rentenalters, anderer-
       die künftige Ausgestaltung der ersten Säule. Eine sinn-                            seits über verbesserte Anreize für die Erwerbstätigkeit
       volle Alternative wäre es deshalb, mittel- bis langfristige                        auch nach Erreichen des Rentenalters.

                                                                                          1
                                                                                               SV (2020). Finanzperspektiven der AHV bis 2030. Bern, Bundesamt
                                                                                              B
                                                                                              für Sozialversicherungen.
                                                                                          2
                                                                                               SV (2019). Botschaft AHV 21: Massnahmen im Detail. Hinter-
                                                                                              B
2000   2020                                      2040*                                        grunddokument. Bern, Bundesamt für Sozialversicherungen.

                                                                                                                                               Nr. 3/2020  13
PUBLIREPORTAGE

Seit 20 Jahren
Versicherung und Bank
Wir sind Versicherer und Hausbank in einem. Dieses Modell ist in der Schweiz einzigartig. Wir kombinie-
ren die Vorteile beider Welten und schaffen so für unsere Kunden einfache, individuelle Lösungen in den
Bereichen Sicherheit, Vorsorge und Vermögen.

Basler Versicherungen
Als Basler Versicherungen haben wir es zu
­unserer Aufgabe gemacht, das Leben un­
serer Kunden «simply safe» – zu Deutsch:
einfach sicher – zu machen. Dies erreichen
wir durch flexible Versicherungsmodelle, die
auf die Bedürfnisse unserer Kunden abge­
stimmt sind.

Beispiele für
Kombinationslösungen
Zur Veranschaulichung, wie eine solche Kom­
bination von Versicherung und Bank konkret
aussieht, hier ein paar Beispiele.
• Modul-Hypothek: Baukastensystem mit
  flexibler Festhypothek und Versicherungs­
  schutz, persönlich auf Sie abgestimmt.
• Säule 3a: Kombination von Bank- und
  Versicherungslösung für mehr Flexibilität
  bei der privaten Vorsorge. Sie profitieren
  von den Vorteilen beider Vorsorgelösun­      Zu unseren Kunden zählen Privatpersonen          Berater auch für das jeweils andere Geschäft
  gen.                                         sowie kleinere und mittlere Unternehmen.         anfragen. Dieser bezieht bei Bedarf weitere
• Pensionsplan: Umfassende Beratung                                                             Fachpersonen für die Beratung mit ein. Sie
  und Ausarbeitung eines individuell auf       Baloise Bank SoBa                                erhalten keine isolierte Lösung nur für Bank
  Ihre Wünsche und Möglichkeiten abge­         Als Baloise Bank SoBa kümmern wir uns um         oder Versicherung, sondern profitieren von
  stimmten Massnahmenplans für die Pen­        die finanziellen Anliegen unserer Kunden –       den Vorteilen aus beiden Welten. So können
  sionierung.                                  vorwiegend Privatpersonen. Das Portfolio         Sie zum Beispiel Ihre gesamte Vorsorge­
                                               umfasst Anlagemöglichkeiten, Hypotheken,         planung mit Ihrem Ansprechpartner bei der
Basler Versicherung AG und                     Vorsorgeprodukte und alle gängigen Konti.        Baloise besprechen.
Baloise Bank SoBa AG                                                                            Als Versicherung und Bank bieten wir das
Kornhausstrasse 26                              Und was bringt mir diese                        Beste aus zwei Welten. Damit Sie einen um­
9001 St. Gallen                                ­Zusammenarbeit?                                 fassenderen Überblick und einfachere Lösun­
058 285 19 18                                  Mit der Baloise bekommen Sie einen An­           gen erhalten.
group.ch_ga19@baloise.ch                       sprechpartner, der den Überblick hat. Als Ver­
www.baloise.ch                                 sicherungs- oder Bankkunde können Sie Ihren      www.baloise.ch/zusammen

14               Nr. 3/2020
SCHWERPUNKT

Der externe Standpunkt

Höchstleistungen zu Lasten
der Jungen
                                                       Das BVG ist eine Erfolgsgeschichte. In der Vergangenheit wurde das
                                                       sozialpolitische Leistungsziel deutlich übertroffen. Dieser Erfolg
                          Dr. Roger Baumann            wird aber zunehmend mit einer massiven Umverteilung zulasten der
                          Gründungspartner c-alm       jüngeren Generationen erkauft. Die aktuellen Reformen müssen
                          AG, Lehrbeauftragter an
                          der Universität St. Gallen   deshalb in erster Linie diese Umverteilung reduzieren. Aber genau an
                          und Vorstandsmitglied
                          der Schweizerischen Ak-      diesem Ziel scheitert der aktuelle Vorschlag des Bundesrats und der
                          tuarvereinigung (SAV)
                                                       Sozialpartner kläglich.

                                                       Langlebigkeitsrisiko, was ermöglicht, dass je-        nes (Ersatzquote). Die realisierte Ersatzquote
                                                       der Rentner seine Rente bis ans Lebensende            ist seit 20 Jahren bereits über 40%, stetig an-
                                                       erhält. Zusammen bilden die Versicherten              steigend. Die «goldene Regel» hat sich trotz
                                                       aber auch eine generationenübergreifende              gesunkener Zinsen als zu konservativ heraus-
                          Silvan Gamper                Risikogemeinschaft in der Vermögensanlage.            gestellt, die Altersguthabenverzinsung über-
                          Consultant c-alm AG
                                                       Generationen mit hohen Renditen an den Fi-            traf das Lohnwachstum. Gleichzeitig wurden
                                                       nanzmärkten stützen dabei Generationen mit            diese Renten aufgrund der tieferen Sterblich-
                                                       tiefen Renditen. Dadurch werden die Risiken           keit auch immer länger ausbezahlt. Lag die
Als 1985 die berufliche Vorsorge für alle ob-          für die einzelnen Versicherten geglättet, und         durchschnittliche Lebenserwartung eines
ligatorisch wurde, hatte der Gesetzgeber ein           die berufliche Vorsorge kann deutlich mehr            65-jährigen Mannes 1985 noch bei rund
klares Ziel im Sinn. Sie soll zusammen mit der         Anlagerisiko tragen als eine private Versiche-        15 Jahren, so waren es 2019 schon 20 Jahre.
AHV die Fortsetzung der gewohnten Lebens-              rung oder eine durchschnittliche private Per-         Die Altersrenten werden nun also bereits fünf
haltung in angemessener Weise ermöglichen.             son. Ein höheres Anlagerisiko führt langfristig       Jahre länger ausbezahlt als bei Einführung des
In Zahlen übersetzt bedeutet diese Verfas-             zu höheren Renditen. Der Preis für diese hö-          BVG. Die berufliche Vorsorge hat die Erwar-
sungsbestimmung, dass AHV- und minimale                here Leistung ist eine tiefere Flexibilität für die   tungen in der Vergangenheit also gleich in
Pensionskassenrente zusammen mindestens                Versicherten. Für einen effizienten Risikoaus-        zwei Dimensionen übererfüllt.
60% des letzten Lohnes betragen sollten. Vo-           gleich zwischen den Generationen braucht es
rausschauend war dabei, dass dieses Leis-              ein angemessenes Mass an Kollektivität und            Anhaltender Reformstau
tungsziel mithilfe von zwei ganz unterschied-          Langfristperspektive.                                 wiegt schwer
lichen Säulen erreicht werden soll. Diese Di-                                                                Aber die berufliche Vorsorge kommt zuneh-
versifikation über die Finanzierungsarten hat          Leistungsziel übertroffen                             mend an ihre Grenzen. Veraltete Parameter
sich bewährt und das System weist insgesamt            Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Das Bun-        führen dazu, dass im Tiefzinsumfeld mit zu-
eine hohe Leistungsfähigkeit auf.                      desgesetz über die berufliche Alters-, Hinter-        nehmender Lebenserwartung diese Leistun-
                                                       lassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) hat             gen nur dank einer massiven Umverteilung er-
Kapitaldeckung mit erwünschten                         seine Aufgabe hervorragend erfüllt. Als die be-       bracht werden können. Ein Versicherter mit
Solidaritäten                                          rufliche Vorsorge 1985 für obligatorisch erklärt      einem Altersguthaben von Fr. 300 000 erhält
Die berufliche Vorsorge ist nach dem Kapital-          wurde, hat der Gesetzgeber mit der sogenann-          bei einem Umwandlungssatz von 6,8% eine
deckungssystem aufgebaut. Jeder spart für              ten «goldenen Regel» gerechnet. Diese Regel           Rente von Fr. 20 400. Eine durchschnittliche
sich. Das bedeutet aber nicht, dass jeder Ver-         besagt, dass die Verzinsung der Sparguthaben          Pensionskasse muss für diese Rente aber
sicherte für sich alleine dasteht. Die Versicher-      dem Lohnwachstum entsprechen soll. Ist die            ­einen Betrag von Fr. 430 000 zurückstellen.
ten bilden zusammen eine Solidargemein-                «goldene Regel» erfüllt, resultiert eine Rente        Die Differenz zum angesparten Guthaben von
schaft im Risiko. Sie tragen gemeinsam das             von 34% des letzten im BVG versicherten Loh-          Fr. 130 000 trägt die Kasse und damit alle an-

                                                                                                                                             Nr. 3/2020  15
SCHWERPUNKT

 7,0 %

 6,0 %

 5,0 %

 4,0 %

 3,0 %

 2,0 %

 1,0 %

 0,0 %

-1,0 %
         1985
         1986
         1987
         1988
         1989
         1990
         1991
         1992
         1993
         1994
         1995
         1996
         1997
         1998
         1999
         2000
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         2003
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         2006
         2007
         2008
         2009
         2010
         2011
         2012
         2013
         2014
         2015
         2016
         2018
         2019
                                                                                                       Stetig sinkendes Zins­niveau und sinkende Zinsen
           BVG Mindestzins     Zinsniveau (10 J Bundesobligation)    Implizite Verzinsung Rentner      für aktive Versicherte. Der implizite Zins im BVG-­
                                                                                                       Umwandlungssatz bleibt hoch.

deren Versicherten. Anders ausgedrückt wird          schlag senkt den Umwandlungssatz auf das          eine Milliarde Franken ausgebaut und zemen­
bei einem Umwandlungssatz von 6,8% jedem             tatsächlich versicherungstechnisch korrekte       tiert wird. Auch sämtliche Pensionskassen, die
Neurentner lebenslang ein Zins von 4,8% ga­          Niveau. Eine Umverteilung bleibt deshalb im­      mit dem Arbeitgeber ihre Umverteilung be­
rantiert. Gleichzeitig wurden den Versicherten       mer übrig, politisch scheint dies im Moment       reits reduziert haben, werden wieder zu einer
auf ihren Altersguthaben im Jahr 2019 und            nicht anders möglich.                             Umverteilung gezwungen. Es steht deshalb
2020 «nur» 1,0% Zins garantiert (vgl. Grafik).       Grössere Diskussionen gibt es, wie immer,         die Frage im Raum, ob ein Scheitern eines sol­
Allein im vergangenen Jahr wurden so gemäss          wenn es um die Entschädigung der aktuellen        chen Vorschlages für die Pensionskassen am
Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge          Versicherten geht. Unter Anwendung der            Ende nicht besser wäre. Ausserdem belastet
7,2 Milliarden Franken von Aktiven an Rentner        «goldenen Regel» gibt es bei allen diskutier­     er die Wirtschaft zusätzlich mit mindestens
umverteilt! Diese planmässige Umverteilung           ten Vorschlägen Jahrgänge mit Rentenein­          700 Millionen Franken mehr als alle anderen
ist – im Unterschied zur oben beschriebenen          bussen zwischen 3% und 5% beim Maximal­           Vorschläge.
Risikogemeinschaft – nicht vorgesehen.               lohn. Entgegen der populistischen Doktrin
Der anhaltende Reformstau wiegt hier schwer.         «keine Verlierer» ist das auch legitim. Wie be­   Spielraum für Pensionskassen und
Trotz mehrerer Anläufe wurde das BVG seit            schrieben, ist das sozialpolitische Leistungs­    Rentenaltererhöhung
mehr als 15 Jahren nicht mehr grundlegend            ziel bei den anstehenden Rentnern weit über­      Grundlegende Reformen scheinen im BVG
reformiert und an die aktuellen Gegebenhei­          troffen und wird auch bei kleineren Renten­       politisch im Moment nicht möglich. Langfris­
ten angepasst. Es darf aber nicht vergessen          kürzungen immer noch eingehalten. Kommt           tig müsste aber das Ziel sein, dass nur noch
gehen, dass die aktuelle Reform gar nicht            hinzu, dass jeder Franken, der beim Umwand­       das Leistungsziel einer Minimalrente im Ge­
mehr viele betrifft. Die meisten Pensionskas­        lungssatz eingespart wird, wieder für eine hö­    setz festgeschrieben wird und die Pensions­
sen mit etwa 85% aller Versicherten in der           here Verzinsung eingesetzt werden kann.           kassen die Parameter selbst bestimmen kön­
Schweiz haben unter Mithilfe der Arbeitgeber         Die Anforderungen eines bedarfsgerechten          nen, zumal bereits 85% der Pensionskassen
ihre Hausaufgaben bereits gemacht. Sie ha­           Kompensationsmodells werden am besten             nach diesem Muster funktionieren. Dazu
ben ihre Umwandlungssätze und damit die              durch die Vorschläge des «Mittelwegs» oder        führt auch kein Weg daran vorbei, den Ele­
Umverteilung deutlich reduziert. Das gesetzli­       des Schweizerischen Pensionskassenverbands        fanten im Raum zu adressieren. Das Ren­
che Minimum übertreffen sie dabei trotzdem           ASIP erfüllt. Der Vorschlag des Bundesrates       tenalter muss erhöht werden. Jedes Vorsor­
weiterhin, deshalb ist ihnen der gesetzliche         hingegen, welcher Ende 2019 in die Ver­           gesystem ist irgendwann nicht mehr finan­
Umwandlungssatz gleichgültig.                        nehmlassung kam und den gewerkschaftlich          zierbar, wenn trotz immer weiter steigender
                                                     geprägten Sozialpartnerkompromiss über­           Lebenserwartung am bestehenden Renten­
Bundesratsvorschlag zementiert                       nommen hat, installiert den umlagefinanzier­      alter bei gleichbleibenden Leistungen fest­
Umverteilung                                         ten Rentenzuschlag. Dieser kann gegenüber         gehalten wird.
Im Raum stehen nun diverse Reformvor­                den erwähnten Vorschlägen die stärksten
schläge. Alle Vorschläge halten das aktuelle         Rentenreduktionen um ein bis zwei Prozent­
Leistungsniveau ein, berücksichtigen die tie­        punkte mindern – bewirkt aber, dass die Um­
                                                                                                       1
                                                                                                            VG 2015 Generationentafeln, technischer Zins
                                                                                                           B
fen Löhne und Teilzeitpensen besser und sen­         verteilung in der 2. Säule von Jung zu Alt            1,88% (Ø technischer Zins der Vorsorgeeinrichtungen
ken den Umwandlungssatz. Aber kein Vor­              nicht reduziert, sondern noch um mindestens           ohne Staatsgarantie gemäss OAK-Bericht 2019).

16             Nr. 3/2020
PUBLIREPORTAGE

Rente oder Kapital?

Entscheidungshilfe bei der
schwierigsten Fragestellung
bei der Pensionierung
Wer kurz vor der Pensionierung steht, muss für sich entscheiden, ob das angesparte Pensionskassen­
vermögen in eine Rente umgewandelt oder als Kapital ausbezahlt werden soll. Der Entscheid beruht auf
einer Abwägung zwischen Sicherheit, Flexibilität und steuerlicher Belastung.

Im Idealfall zehn Jahre vor der angestrebten    Person bis zum 85. Lebensjahr etwa 20% an        zahlungssteuer und Einkommenssteuern auf
Pensionierung empfiehlt es sich, sich Gedan-    Wert.                                            die Kapitalerträge erhoben. Die als Kapital-
ken über die zukünftige finanzielle Situation                                                    verzehr ausbezahlten Beträge sind steuerfrei.
zu machen. Die Frage «Rente oder Kapital?»      Vererbung im Todesfall                           Welche der beiden Optionen steuerlich vor-
stellt einen vor eine der schwierigsten Ent-    Die freie Anlage des Kapitalbezugs bietet In-    teilhaft ist, hängt jeweils vom Wohnort und
scheidungen.                                    flationsschutz und ermöglicht die Realisierung   von weiteren Einkommensquellen ab.
Während unten stehende Tabelle eine umfas-      von Renditen am Kapitalmarkt. Ein weiterer       Bei der Entscheidung «Rente oder Kapital?»
sende Übersicht über die Vor- und Nachteile     entscheidender Unterschied zur Rente ist die     müssen die Aspekte Sicherheit, Flexibilität
beider Optionen gibt, möchten wir die be-       volle Freiheit beim Zugriff auf das Vermögen.    und steuerliche Belastung abgewogen wer-
deutendsten Faktoren hervorheben.               Im Todesfall geht das ausbezahlte Kapital im     den. Welche Option am besten passt, hängt
                                                vollen Umfang an die Erben über. Bei der         von der persönlichen Lebenssituation ab.
Inflationsschutz                                Rente erhält der hinterbliebene Ehepartner
Für die Rente spricht insbesondere die          60% der zuletzt bezahlten Rente, während
Sicher­heit und Planbarkeit der Einkünfte bis   die übrigen Erben leer ausgehen.                  PSS – Die clevere Anlagelösung
ans L­ebensende. Jedoch ist zu beachten,                                                          beim Kapitalbezug
dass die Rente nach heutiger Gesetzeslage       Steuerliche Unterschiede                          Um Ihre persönlichen Ziele zu erreichen,
nicht der Inflation angepasst wird. Bei einer   Während die Rente fortlaufend als Einkom-         können Sie mit PSS Ihren Kapitalbezug so
durchschnittlichen Inflationsrate von 1% ver-   men besteuert wird, werden beim Kapital­          professionell anlegen wie Schweizer Pen­
liert die feste Rente einer heute 65-jährigen   bezug eine einmalige, reduzierte Kapitalaus-      sions­kassen.

Vor- und Nachteile
                                                                                                                     Kostenlosen Ratgeber
  Rente                                                                                                              bestellen:
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  ✓ Maximale Sicherheit                ✘   Kein Inflationsschutz
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  ✓ Garantiertes Einkommen             ✘   Einkommenssteuern
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                                       ✘   60% Witwenrente
                                                                                                  pssplattform.ch/kapitalbezug
                                       ✘   Keine Vererbung

  Kapital
  ✓ Maximale Flexibilität              ✘ Sicherheit abhängig von Anlagestrategie
  ✓ Freie Vererbung                    ✘ Eigenverantwortung                                                            Jöri Gujan
  ✓ Inflationsschutz                   ✘ Langlebigkeitsrisiko                                                          joeri.gujan@pss.swiss
                                                                                                                       +41 71 230 0802

                                                                                                                                  Nr. 3/2020  17
SCHWERPUNKT

Privates Sparen

Freiwillige Vorsorge
gewinnt noch stärker
an Bedeutung
                        Mit der AHV und der obligatorischen beruflichen Vorsorge verfügt die Schweiz über
                        ein solides, gesetzlich vorgeschriebenes Fundament bei der Altersvorsorge. Beide dieser
                        Vorsorgewerke sehen sich jedoch inzwischen einem erheblichen Finanzierungsdruck
                        ausgesetzt. Bei den Diskussionen um eine mögliche Reform geht gerne vergessen, dass
                        ein wesentlicher Anteil der Schweizer Altersvorsorge davon nicht betroffen ist: das
                        private Sparen.

                        Drei Säulen mit unterschiedlichen Finanzierungsmethoden        (Noch) keine Nachzahlung möglich
Alessandro Sgro         tragen dazu bei, dass nach der Pensionierung für den drit­     Auffallend an der Säule 3a ist, dass Einzahlungen jeweils
Chefökonom IHK
                        ten Lebensabschnitt genügend Kapital vorhanden ist. Die        nur für das laufende Jahr möglich sind. Ist es also einer
                        erste Säule bildet die AHV und soll das Existenzminimum        Person in einem Jahr nicht möglich, diesen Betrag auf­
                        sichern. Die zweite Säule, die berufliche Vorsorge (also die   zubringen, so besteht keine Möglichkeit, diese Zahlun­
                        Pensionskasse), zielt auf die Weiterführung des gewohn­        gen später nachzuholen. Dies steht im Gegensatz zur
                        ten Lebensstandards ab. Gemeinsam sollen die erste und         AHV und der Pensionskasse, wo solche nachträglichen
                        zweite Säule 60% des zuletzt bezogenen Salärs sicherstel­      Zahlungen möglich sind. Gerade während der Aus- oder
                        len. Diese Schwelle wird als gesetzliches Leistungsziel de­    Weiterbildung ist es schwierig, noch zusätzlich für die
                        finiert, die Lohnbeiträge dazu sind obligatorisch.             Altersvorsorge zu sparen. Eine Erhebung des Bundes­
                                                                                       amts für Statistik (BFS) aus dem Jahr 2015 zeigt denn
                        Freiwilliges Sparen                                            auch, dass bei den 25- bis 39-Jährigen deutlich weniger
                        Die dritte Säule, das private Sparen, ist demgegenüber         Einzahlungen in die Säule 3a getätigt werden als etwa
                        freiwillig. Sie dient dazu, die Einkommenslücke zu             bei den 55- bis 64-Jährigen (57% gegenüber 66,6%).
                        schliessen, die trotz optimaler Ausschöpfung der Renten        Gewiss, dafür kann auch die mangelnde Kenntnis im
                        aus den ersten beiden Säulen entstehen kann. Bei selbst­       Umgang mit der eigenen Altersvorsorge eine Rolle spie­
                        ständig Erwerbstätigen kommt ihr eine erhöhte Bedeu­           len (vgl. Artikel «Verstehen Sie ‹Vorsorgerisch›?»). Insge­
                        tung zu. Selbstverständlich kann jede Person in der Theo­      samt widerspiegeln jedoch solche starren Einzahlungs­
                        rie so viel für ihr Alter sparen, wie sie möchte: Gesetzlich   modalitäten kaum mehr die Realität einer modernen
                        geregelt ist jedoch die Säule 3a, jener Teil der privaten      ­Arbeitswelt, wo die Grenzen zwischen Ausbildung und
                        Vorsorge, welcher steuerlich abgezogen werden kann.            Erwerbstätigkeit nicht mehr so klar definiert sind, wie
                        Der jährliche Höchstbetrag für unselbstständig Erwerbs­        dies einst der Fall war.
                        tätige beträgt aktuell CHF 6826. Dieser Betrag wird lau­
                        fend angepasst und beträgt 8% des höchstmöglichen              Die Politik reagiert
                        Lohns, welcher in der obligatorischen beruflichen Vor­         Erfreulich ist, dass die Politik anders als beim Reformstau
                        sorge versichert ist.                                          bei der 1. und 2. Säule der Altersvorsorge hier eine Lö­

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