Eine Branche im Aufwind - KINOMARKETING 2/2017 - Horizont
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37 REPORT HORIZONT 31/2017 3. August 2017 www.horizont.net/report KINOMARKETING 2/2017 FOTO: EOFT / BERT WILLER Eine Branche im Aufwind N A C H E I N E M S C H W A C H E N J A H R 2 016 Z E I G T S I C H D I E K I N O W I R T S C H A F T W I E D E R E R H O LT – U N D S T E U E R T Z U R H A L B Z E I T A U F E I N S TA R K E S J A H R E S E N D E R G E B N I S Z U . D I E G U T E F I L M - AU S WA H L B I S W E I H N AC H T E N S T I M M T W E I T E R O P T I M I S T I S C H SEITE 40 STREAMING Netflix & Co haben den TV-Markt revolutioniert. Ist als Nächstes die Kino- und Filmwirtschaft dran? SEITE 41 TRENDS Influencer Marketing ist so etwas wie das Gebot der Stunde – auch die Kinobranche mischt mit SEITE 44 KO O P E R AT I O N E N Das 2. Halbjahr hält einige Block- buster bereit, für die sich auch Marken sehr interessieren SEITE 46/47 MEDIEN Nicht nur Gratis- und Nischentitel kümmern sich um Kinothemen, auch Tageszeitungen schauen hin SEITE 48
38 REPORT KINOMARKETING HORIZONT 31/2017 3. August 2017 ZUM THEMA Der Countdown läuft: Am 26. Oktober startet der dritte und INHALT letzte Teil von „Fack ju Göhte“ (Constantin), dem deutschen Kinohit Konjunktur: Die Kinovermarkter sind mit Groß denken der letzten Jahre schlechthin. Teil 1 sahen 2013 sensationelle 7,4 Millionen Besucher, die Fortsetzung zwei Jahre später sogar 7,7 dem 1. Halbjahr 2017 zufrieden – und erwar- ten bis Weihnachten weitere Blockbuster. 40 Für Kinobetreiber und -vermarkter bleibt Streaming: Netflix und Amazon sind in- das Geschäft mit der großen Leinwand eine Achterbahnfahrt. Wieder einmal Millionen. Kann das als „#FinalFack“ beworbene Ende der Trilogie zwischen dick im Filmgeschäft. Was das für die Verwertungskette bedeutet. 41 scheint sich die Regel zu bewahrheiten: Ein ungerades Jahr bedeutet gute Zahlen, um Aushilfslehrer Zeki Müller (Elyas M’Barek) an den Erfolg seiner Kreation: Werbung im Kino kann mehr als ein gerades Jahr hingegen schlechte. So war es in den vergangenen fünf Saisons Vorgänger anknüpfen? Die Kinobranche hofft darauf. M’Barek, Eis verkaufen. Fünf aktuelle Cases, die auf der großen Leinwand glänzen. 42 immer. Auch im Rekordjahr 2015, als so viele Besucher wie nie für so viel Umsatz sonst eher im Comedy-Fach zu Hause, hat in diesem Winter Special Interest: Alternative Filmfestivals wie nie gesorgt hatten. Klar, das liegt na- türlich auch an der Absenz von Fußball- übrigens noch einen zweiten, ungewöhnlichen, weil seriösen bedienen nischige Zielgruppen, doch die Marken lassen hier noch Chancen aus. 43 EM oder -WM in ungeraden Jahren. Aber wie jede andere Mediengattung ist das Kinoauftritt: Er spielt die Hauptrolle in der Bestseller-Verfilmung Influencer Marketing: Das Hypethema be- Kino abhängig von seinen Inhalten. Und deren Qualität bleibt volatil. Für 2017 sag- „Dieses bescheuerte Herz“, ebenfalls im Verleih von Constantin. schäftigt auch die Filmverleiher. Wo die Chancen und Risiken liegen. 44 ten die Experten zu Jahresbeginn ein star- kes Programm voraus, selbst wenn sich Kinostart ist der 21. Dezember – eine Woche nach der Premiere Kooperationen: Wie Marken mit Produkt- dieses zumeist aus Fortsetzungen und Prequels erfolgreicher Franchises speist. der mit Spannung erwarteten achten Episode der Star-Wars-Saga und Promotionlizenzen von aktuellen Kino- Blockbustern profitieren wollen. 46 Zwischenfazit: Zwar fehlt der alles über- ragende Blockbuster, die Zahlen aber pas- (Disney/Lucasfilm). Kinobetreiber und -vermarkter frohlocken Medien: Nicht nur Special-Interest- und sen. Und die im 2. Halbjahr startenden Filme lassen beim Umsatz auf das Durch- bereits ob des vielversprechenden Jahresendspurts. FAM Gratistitel bewegen sich im Kinoumfeld, sondern auch Tageszeitungen. 48 brechen der Milliarden-Marke hoffen. Man denkt groß – in Deutschland, nicht Vermarktung: Das Kino ist keine internet- nur in Hollywood. Apropos: Dort befin- freie Zone mehr. Werbe Weischer experi- det sich die Filmwirtschaft in einer mentiert unter anderem mit Shazam. 49 schwierigen Phase. Bei einigen Top-Ver- leihern stimmen die Ergebnisse nicht. Facts & Figures: Kino kann mehr als bunte Und dann ist da auch noch Netflix: Der Bilder – interessante Daten und kuriose Fak- Streaming-Dienst denkt ebenfalls groß ten aus der Branche. 50 und will in diesem Jahr insgesamt 40 Ei- genproduktionen auf der VoD-Plattform debütieren lassen – und macht sich so vom Kino ein Stück weit unabhängig. HORIZONTREPORT ist ein Sonderteil von HORIZONT, Zeitung für Marketing, Werbung und Medien Fabian Müller Chefredaktion: Dr. Uwe Vorkötter (V.i.S.d.P.), Ressort Marketing Volker Schütz, Jürgen Scharrer Ressortleitung: Dr. Jochen Zimmer Telefon 069/7595-2695 E-Mail: zimmer@horizont.net Redaktion: Fabian Müller, Tim Theobald, Bettina Sonnenschein „Fack ju Göhte 3“ ist einer der Blockbuster, der für Marken besonders interessant ist 46 IM FOKUS: Werbewirkung bei Facebook Ein neues Werk von Harry-Potter-Schöpferin J. K. Die Kombination macht’s Rowling? Klingt fast wie ein Selbstläufer. Vor dem Welchen Einfluss die verschiedenen Werbekanäle Start von „Phantastische Tierwesen und wo sie zu auf die Zahl der Kinobesuche haben finden sind“ im November 2016 stand Verleiher Warner Bros. aber vor einer Herausforderung: Auf der einen Seite war ein Großteil der Zielgruppe +57% noch gar nicht geboren, als die Harry-Potter- Bücher um die Jahrtausendwende ihren Durch- bruch feierten. Auf der anderen Seite mussten die +38% Potter-Fans reaktiviert werden. Warner entschied sich bei der Bewerbung des Spin-offs daher für eine Kampagne im TV, bei Facebook und Ins- tagram. Und schürte so das Interesse: Um 38 +20% Prozent stiegen die Ticketverkäufe, wenn die User zuvor die Facebook-Kampagne gesehen hatten. Noch besser performte die Kombination aus TV und Facebook (plus 57 Prozent), wie eine Werbe- wirkungsanalyse der GfK belegt. Warner will die Erkenntnisse weiter nutzen: „Wir konnten durch den Einsatz von TV und Facebook die Awareness und den inkrementellen ROI signifikant steigern und werden auch zukünftig die Kombination der + Kanäle weitererkunden“, bilanziert Jonathan Pawlas, Director Media & Digital Strategy. Quellen: GfK / GXL Solutions / Warner HORIZONT 31/2017
40 REPORT KINOMARKETING HORIZONT 31/2017 3. August 2017 Voll auf Kurs Das Kinogeschäft meldet sich frisch erholt aus dem Mittelmaß zurück. Die Zahlen für das 1. Halbjahr und die Vorschau bis Weihnachten lassen auf ein starkes Jahr hoffen zahlen, haben wir gerade das erfolg- 620000 Cineasten sehen wollten. Mit ei- mismus ist der Start von „Fack ju Göhte Von André Gärisch reichste 1. Halbjahr der Kinogeschichte nem Umsatz von 71 Millionen Euro stieg 3“ im Oktober, der auch die deutsche Ge- W hinter uns – mit einer Steigerungsrate das deutsche Halbjahresergebnis um 10 samtbilanz voraussichtlich deutlich auf- ürde man die Kinokon- von über 30 Prozent im Vergleich zum Prozent. Nach Erlösen beträgt der Markt- polieren wird. Bereits die ersten beiden junktur für das 1. Halb- Vorjahr.“ Relativiert werden muss diese anteil des deutschen Films allerdings le- Teile der Trilogie lockten 2013 und 2015 jahr als Wetterlage be- Aussage freilich vor dem Hintergrund, diglich 14 Prozent. jeweils mehr als sieben Millionen Besu- schreiben – die Branche dass 2017 als ungerades Jahr eines ist ohne Bernd Zickert, Geschäftsführer des cher in die deutschen Kinos. könnte sich über sonnige 26 Grad, nur sportliche Großereignisse wie die Fuß- von Comscore übernommenen Box-Of- Ebenfalls bei Heranwachsenden und wenige Wolken und eine angenehme ball-Europameisterschaft im Juni 2016. fice-Analyseinstituts Rentrak, spricht Twens punktet die kürzlich gestartete Brise freuen. Den einen Leuchtturm gab Das wirkt sich entsprechend auch auf die dennoch von einer recht ordentlichen Universal-Animation „Ich – Einfach un- es nicht – der Erfolg verteilte sich gleich- Werbeeinbuchungen aus: „Beim Booking Performance. Er wirft den Blick voraus, verbesserlich 3“. Voraussichtlich wird der mäßig. So übertrafen die fünf beliebtes- beobachten wir eine interessante Ent- betont, dass das 2. Halbjahr traditionell Film, der schon zum Premierenwochen- ten Filme „Die Schöne und das Biest“, wicklung – gab es 2016 noch einige hoch- um drei bis vier Prozentpunkte besser ab- ende starke 850000 Besucher begeisterte, „Fifty Shades of Grey – Gefährliche Lie- karätige Kunden, die großvolumige Kam- schneide als die ersten sechs Monate. die Zuschauermarke von vier Millionen be“, „Fast & Furious 8“, „Guardians of pagnen umgesetzt haben, wird der Um- Demgemäß steuert die Kinowirtschaft knacken. Kuhlow verweist auf weitere the Galaxy 2“ und „Pirates of the Carib- satz 2017 bisher sehr breit getragen“, sagt auf ein hervorragendes Ergebnis zu – Starts, die dem Gesamtergebnis einen ge- bean 5 – Salazars Rache“ alle die Marke Kuhlow. Traditionell seien Blockbuster- dem zweitbesten nach dem Rekordjahr waltigen Schub verleihen könnten: Im von zwei Millionen Zuschauern, mehr Kandidaten bereits früh im Jahr gut ge- 2015, als der Halbjahresumsatz 533000 August kehrt Michael „Bully“ Herbig mit als 3,5 Millionen aber waren nicht drin. bucht: „Das ist erfreulicherweise auch Milli- onen Euro, der Jahresumsatz der „Bullyparade“ ins Kino zurück, im Dass der Umsatz letztlich doch die diesmal der Fall.“ 1,1 Milliarden be- September folgt „Cars 3“. Im November Ein Hoffnungsträger für das 2. Halbjahr: 500-Millionen-Euro-Marke übersprang, Der mit Abstand erfolgreichste deut- trug. Ein vereinen sich Superman, Batman und Das Kino-Comeback der TV-Kultsendung dafür sorgten allein im 1. Halbjahr 385 sche Film, gleichzeitig im Gesamtranking Grund für Wonder Woman zur Fortsetzung „Justice „Bullyparade“ startet am 17. August Neustarts – Rekord für die vergangenen nur auf Platz 11, war „Bibi & Tina – Tohu- Zickerts League 2“, bevor im Dezember in „Star fünf Jahre – sowie leicht gestiegene Ein- wabohu total!“ mit 1,6 Millionen Besu- Opti- Wars: Die letzten Jedi“ wieder Laser- trittspreise auf durchschnittlich 8,79 Eu- chern. Dahinter folgen „Mein Blind schwerter geschwungen werden. Robert ro. Das weisen die Overnight-Daten von Date mit dem Leben“ mit Goralski, Director Operations beim Ver- Comscore aus. Die Besucherzahlen stie- 750000 Zuschauern so- markter Red Carpet Cinema, ist ob der gen im Jahresvergleich um 5 Prozent. wie die bereits im De- Filmauswahl ebenfalls optimistisch: Knapp 58 Millionen Menschen entschie- zember gestartete „Nach unserer Einschätzung starten al- den sich für das Lichtspieltheater. Krimikomö- lein ab jetzt noch 15 Filme, die die Milli- Stefan Kuhlow, CEO des größten die „Vier onengrenze sprengen werden. Vielver- deutschen Kinovermarkters Werbe Wei- gegen die sprechende inländische Werke, die 2016 scher, äußert sich erfreut über die ak- Bank“, produziert wurden, kommen nun in die tuellen Potenziale des Marktes: „Be- die Häuser. Hierdurch wird sich das deutsche trachtet man den Verlauf der Umsatz- Ergebnis erheblich verbessern.“ Keine EM oder WM, keine Olympi- Erfolgreiche Neu- schen Spiele, bestenfalls noch die Bundes- Disney und Universal dominieren auflage: „Die tagswahl droht an den Duell- und Wahl- Schöne und das Die nach Umsatz 25 erfolgreichsten Filme im 1. Halbjahr 2017 Biest“ ist der nach tagen zur echten Kino-Konkurrenz zu Umsatz in Umsatz bislang werden. Für die Branche ist der Weg also Rang Titel Verleiher Besucher erfolgreichste Film geebnet, um die Umsatzmilliarde deut- Mio. Euro des Jahres lich zu überschreiten und so das zweit- 1 Die Schöne und das Biest Disney 32,5 3366478 2 Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe Universal 30,7 3433229 stärkste Ergebnis der Geschichte ein- 3 Fast & Furious 8 Universal 30,2 3222526 zufahren. Doch wie sieht es in der Zu- 4 Guardians of the Galaxy 2 Disney 27,0 2468380 kunft mit dem Stellenwert des Kinos 5 Pirates of the Caribbean 5 Disney 23,6 2234891 aus? Schließlich schießen Streaming- 6 The Boss Baby Fox 14,1 1901550 Anbieter wie Amazon und Netflix unent- 7 La La Land Studiocanal 14,1 1652882 wegt mit Qualitätsserien und inzwischen 8 Passengers Sony 12,8 1259708 auch -filmen aus der Hüfte (siehe Seite 9 Baywatch Paramount 12,6 1516901 41). Der Kundenstamm beider Anbieter 10 Rogue One: A Star Wars Story Disney 12,2 1108020 wächst kontinuierlich an – für viele Ex- 11 Bibi & Tina – Tohuwabohu total! DCM 10,4 1620922 perten sind „Breaking Bad“, „House of 12 Split Universal 10,4 1211397 Cards“ oder „Transparent“ das neue gro- 13 Vaiana Disney 10,1 1372237 ße Kino. Wie also positionieren? Kuhlow 14 Logan - The Wolverine Fox 9,5 1039496 sieht ein großes Alleinstellungsmerk- 15 Kong: Skull Island Warner Bros 9,1 875213 mal: „Ich bin großer Kino-Fan, 16 Schlümpfe Sony 8,9 1244094 denn dort erlebe ich Filme, wie 17 Plötzlich Papa! Tobis 7,5 923158 ich sie auch bei On-Demand- 18 John Wick: Kapitel 2 Concorde 7,1 813552 Anbietern nicht erleben 19 The Lego Batman Movie Warner Bros 6,9 897700 kann – in Gemein- 20 Transformers: The Last Knight Paramount 6,6 571071 schaft mit anderen. 21 xXx: Die Rückkehr des Xander Cage Paramount 6,6 603701 Das klingt immer FOTO: DISNEY 22 Sing Universal 6,5 903218 so banal, aber set- 23 Ghost in the Shell Paramount 6,4 582291 zen Sie sich mal zu 24 Mein Blind Date mit dem Leben Studiocanal 6,0 750262 Hause vor Ihr Tablet und lachen Sie ganz 25 Die Mumie Universal 5,8 532199 laut.“ Außerdem sollten Kinos vor dem deutsche Produktionen Hintergrund einer „Erlebnisgesellschaft“, Quelle: Comscore HORIZONT 31/2017 die emotionale Involvierung wünscht, ih- re Inszenierungskompetenz ausbauen, Starke erste Jahreshälfte lässt hoffen wie Zickert erläutert. Gefragt seien Un- Die wichtigsten Fakten zur Kinokonjunktur im 1. Halbjahr 2017 terhaltungsangebote, die über die reine Filmpräsentation hinausgehen, einen Jahr Anzahl Filme Anzahl Neustarts Umsatz in Mio. Euro Besucher Ansatz stellten Sitze mit 2017 701 385 507,3 57686269 multisensorischen 2016 736 377 470,0 54956705 Funktionen dar. Ziel 2015 743 338 533,0 64174909 müsse sein, durch 2014 800 330 439,3 53997301 ganzheitliche Wahr- 2013 805 279 485,9 60563810 nehmung einen Quelle: Comscore HORIZONT 31/2017 Mehrwert zu schaffen.
HORIZONT 31/2017 3. August 2017 REPORT KINOMARKETING 41 FOTO: NETFLIX Hollywood-Star Tilda Swinton spielt die Hauptrolle im Netflix- Film „Okja“ des koreanischen Regisseurs Bong Joon-ho Streaming vs. Leinwand Netflix, Amazon und Von Fabian Müller „Day-and-Date“-Variante mit parallelem Start im Kino und im Netz scheint denk- Premiere im Pay-TV statt und die Erst- ausstrahlung im frei empfangbaren Fern- wertungskette leben kann. Von den wei- teren großen Verleihern hört man andere Co könnten nach dem A bar. Die Online-Nutzer müssten dafür al- sehen läuft etwa eineinhalb, eher zwei Töne – wenn auch selten so offen wie von TV auch das Kino ngesichts seines filmischen Werks (und auch seiner opti- lerdings tief in die Tasche greifen, in den USA machen Beträge von 30 bis 50 US- Jahre nach der Kinopremiere. Die nach wie vor junge Gattung Streaming rangiert Sue Kroll, weltweite Marketing- und Ver- triebschefin von Warner. Bei der US- revolutionieren – mit schen Erscheinung) würde Dollar pro Film die Runde. Für einen ein- irgendwo zwischen DVD und Pay-TV. Fachmesse Cinemacon im April konsta- Auswirkungen auf die man den Regisseur Pedro Al- modóvar vielleicht so charakterisieren: zelnen viel, für eine mehrköpfige Familie angesichts teurer Ticket- und Verzehr- Was das Für und Wider von PVoD anbelangt, ist sich die Branche uneins. tierte sie einen Wandel der Nutzerwün- sche und damit auch des eigenen Ge- Filmverwertungskette schräg, schrill, kitschig und extravagant. preise aber wieder ein vertretbarer Deal. Produzenten und Regisseure sprechen schäftsmodells. Logische Folge: „Wo eine Im Frühsommer saß der Spanier nun der Nachfrage ist, wird sie auch immer je- Jury bei den 70. Internationalen Filmfest- Anzeige mand befriedigen. Wir müssen daher spielen von Cannes vor – und erwies sich kreativ und innovativ sein“, so Kroll. dort vor allem als konservativer Tradi- Ist es also wirklich ein Cultural Clash tionalist. Die Größe des Bildschirms soll- zwischen großem (Kino-) und kleinerem te nicht kleiner sein als der Stuhl, auf dem (VoD-)Screen, wie ihn Pedro Almodóvar man sitzt, philosophierte Almodóvar bei befürchtet? Vermutlich werden beide Va- der Pressekonferenz und schoss damit in rianten des Filmkonsums ihre Zielgruppe Richtung neue Welt, der Netflix-Welt. finden und behalten. Die Verleiher sollten „Okja“ und „The Meyerowitz Stories“, aber gewarnt sein: So wie Netflix bereits die zwei größtenteils von Netflix finan- das Serien-Erlebnis mit dem gleichzeiti- zierten Wettbewerbsbeiträge, hatten da- gen Launch aller Folgen einer kompletten mit schon vor der ersten Jurysitzung Staffel revolutionierte und damit den praktisch keine Chance mehr auf die Gol- DVD-Absatz in diesem Segment dras- dene Palme. Beide Filme sind nicht in tisch reduzierte, steht auch dem Kino eine französischen Lichtspielhäusern zu se- neue Zeitrechnung bevor. Und mit „Ok- hen, was die dortigen Kinobetreiber auf ja“ und „The Meyerowitz Stories“, den die Barrikaden brachte. Die Folge: Ab beiden Netflix-Beiträgen in Cannes, hört 2018 ist genau das die Bedingung für eine es nicht auf. Amazon hatte dort mit Nominierung. Und damit Ausschlusskri- „Wonderstruck“ auch einen Film im terium für die künftige Teilnahme des Wettbewerb, am mehrfach Oscar-nomi- Anbieters am Wettbewerb in Cannes. Die nierten Drama „Manchester by the Sea“ französischen Gesetze besagen, dass zwi- hält das Unternehmen ebenfalls die Rech- schen Kino- und Streaming-Premiere te. Allerdings lief der Film ab Ende 2016 mindestens 36 Monate liegen müssen. auch im Kino, hierzulande im Verleih von Aber ist das mitten in der digitalen Universal Pictures. Amazon glaube an die Transformation, angesichts dramatisch Exklusivzeit des Kinos, ehe ein Film auf sinkender DVD-Verkäufe und aufstre- die Streaming-Plattform wandere, er- bender Streamingdienste, noch zeitge- klärte Jason Ropell, Chef der Amazon- mäß? Nein, sagt natürlich Netflix-Boss Filmsparte, bei der Messe Cinemacon. Die Netflix-Produktion „The Meyerowitz Stories“ mit Ben Stiller, Adam Sandler und Dustin Hoffman lief Reed Hastings, der sich vom Establish- Es geht also auch anders. Und die Zeit parallel zum Streaming-Start in ausgewählten Kinos ment in Cannes ausgebremst sieht. Nein, zur Einigung ist geboten, denn die Lust sagen aber auch viele der Streaming-Konzerne am Film wird Filmverleiher, die an nicht geringer. Laut einer von Goldmedia FOTO: NETFLIX Modellen tüfteln, Anfang 2017 durchgeführten Studie im um sich der neuen Auftrag des Bundesministeriums für Konkurrenz aus Wirtschaft und Energie glauben 84 Pro- dem Netz nicht zent der befragten deutschen Filmverlei- kampflos zu erge- her, dass die Nachfrage der VoD-Anbieter ben. Eine denkbare Sind die Kunden dazu auch in Europa sich mehrheitlich gegen eine Verkürzung nach Exklusivrechten in den nächsten Lösung ist das soge- bereit, wird die jahrelang etablierte Ver- des „Kino-Fensters“ aus, um das von ih- fünf Jahren weiter zunehmen wird. Allein nannte „Premium wertungskette durch PVoD auf den Kopf nen kreierte Erlebnis auf der großen Lein- Netflix plant in diesem Jahr insgesamt Video-on-De- gestellt werden – nicht nur im diesbezüg- wand nicht zu torpedieren. Ihren größten mindestens 40 eigenproduzierte Filme – mand“-Modell lich sehr konservativen Frankreich mit Fürsprecher unter den Verleihern finden und wird damit massiven Einfluss auf die (PVoD). Dabei lägen seiner 36-Monats-Frist. Hierzulande er- sie in Disney, dem einzigen unter den Kinowirtschaft haben. Nach Schätzungen die Fristen zwischen folgt der Einstieg in den Home-Video- großen Studios, das mit seinen Töchtern des amerikanischen Analyseinstituts Kino- und Strea- Markt durch die DVD-Veröffentlichung Marvel, Pixar und Lucasfilm im vergan- Moffett Nathanson dürfte der Gewinn ming-Start bei 30 bis in der Regel vier bis sechs Monate nach genen Jahr deutlich gewachsen ist und der Kinobetreiber deswegen um bis zu 45 Tagen. Selbst eine Kinostart. Nach einem Jahr findet die nach wie vor mit der momentanen Ver- 900 Millionen US-Dollar zurückgehen.
42 REPORT KINOMARKETING HORIZONT 31/2017 3. August 2017 BILDQUELLE: YOUTUBE Ganz Die Videonutzung auf dem kleinen Screen steigt großes und steigt – so ein- drucksvoll wie die Kino- leinwand wirkt auf die Zuschauer aber kein Bewegtbildmedium. Das gilt auch für das Kino Marketing: 5 Beispiele für die kreative Kraft der Kinowerbung Von Johanna Christner Hersteller funktionaler Berufsbekleidung gehören nicht per se zu den Werbungtreibenden, denen man besonders kreative Inszenierungen im Kino zutraut. Engelbert Strauss hingegen hat sich inzwischen vom klassischen Kataloggeschäft verabschiedet und gehört nun bereits seit einiger Zeit zu den eifrigsten Werbern auf der großen Leinwand. Im jüngsten Auftritt der Kampagne „Stretch your limits“ setzt das hessische Unternehmen auf handwerkende Akrobaten, die spektakulär inszeniert werden. Da bringt ein Elektriker-Duo in luftiger Höhe einen Kronleuchter zum Strahlen und ein Zimmerer-Trio schraubt eine schwebende Wand mit reiner Muskelkraft fest – jede Sequenz des 70-Sekünders zeigt eine andere Arbeitswelt der Marke. Das alles spielt sich in einem roten Würfel ab, auf dem das Firmen-Logo prangt. Die kreativen Meriten darf sich aber keine Agentur auf die Fahne schreiben: Über die Zusammen- arbeit mit externen Dienstleistern will sich Engelbert Strauss grundsätzlich nicht äußern. Edeka, Rewe, dazu die Discounter-Fehde zwischen Aldi, Penny und Dauerrivale Lidl: Der deut- sche Lebensmitteleinzelhandel ist kommunikativ gehörig in Bewegung und gehört derzeit zu den größten Treibern der Werbespendings. Einen Gutteil dazu bei trägt die gemeinsame Marke- Im vergangenen November löste Fluent den tingoffensive von Aldi Nord und Aldi Süd. Teil der im Herbst 2016 implementierten bisherigen Betreuer BBDO als Leadagentur beim Strategie ist der 90-sekündige Kinospot „Die Götter“. Der opulent inszenierte Werbefilm zeigt Versicherer Arag ab. Der erste Coup der neuen diverse Gottheiten rund um Göttervater Zeus bei einer dekadenten Orgie im Olymp. Die aus- Zusammenarbeit ließ nicht lange auf sich warten: gelassene Stimmung ist jedoch schnell passé, nachdem hoch oben über den Wolken der Strom Unter dem Motto „Bereit für alles“ startete im abgestellt wird und erhebliche Sparmaßnahmen ergriffen werden müssen. Die Lösung: Künftig Mai 2017 ein spektakulär inszenierter Kinospot, erledigt Zeus seine Einkäufe auf der Erde – beim Discounter Aldi. Natürlich stilecht in Unterhose der sich vor den sonstigen Machwerken auf der und Glitzerjackett. Kreiert hat den Film, der vor allem jüngere Zielgruppen erreichen soll, die großen Leinwand kaum verstecken muss. In den Agentur Oliver Voss. Der im Kino eingesetzte Werbeslogan setzt stärker auf Polarisierung als die 45 Filmsekunden sind zahlreiche Menschen auf Hauptkampagne. Statt „Einfach ist mehr“ heißt es im Olymp „Wirklich Aldi kann nur Aldi“. den Straßen einer Großstadt zu sehen, die alle vor etwas Neuem stehen: einem neuen Job, dem Führerschein oder dem ersten Kind. Sie alle eint zudem, dass sie ihr Vorhaben lauthals in die Welt schreien – und dafür größten Beifall und Zu- stimmung erhalten. Inspiriert hat Fluent dabei das sogenannte Haka-Ritual der neuseelän- dischen Maori, was dem Versicherer in den sozialen Netzwerken aber auch heftige Kritik und Empörung einbrachte. Arag entgegnete in einem Statement, um der „Ernsthaftigkeit des Tanzes gerecht zu werden“, habe man beim Dreh mit einem Haka-Experten zusammengearbeitet. Mit ihren naturgemäß schnellen Bildern und raschen Umschnitten ist die Formel 1 auf der Kinoleinwand durchaus gut aufgehoben. Das dachte sich auch die international tätige Entwick- lungshilfeorganisation Right to Play und startete jüngst einen aufrüttelnden Kino-Spot in 18 Ländern gleichzeitig. Star der Kampagne ist Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg, der während seiner Fahrt Botschaften in Funksprüche ver- packt, die auch der Zuschauer hört – so wie es Immer wieder wird Fast-Food-Gigant McDonald’s mit Gerüchten rund um ungewollte Formel-1-Fans aus den Fernseh-Live-Über- Extra-Zutaten konfrontiert – so auch mit dem Mythos, die Pommes frites des Schnellrestaurants tragungen kennen. Hülkenberg formuliert dabei bestünden aus Holz und Sägespänen. Mit einigem Augenzwinkern und einer ordentlichen Sprüche im Duktus bekannter „Alle Kinder“- Portion Selbstironie reagiert das Unternehmen im Rahmen seiner Wahrheitskampagne auf Witze, in denen jedoch Tabuthemen rund um das diesen Vorwurf – und zwar ausschließlich auf der großen Leinwand. Im Spot „Pommeswald“, Leiden junger Menschen angesprochen werden. kreiert von Leo’s Thjnk Tank und Salt Works, gibt Förster Josef Ritte Einblicke in die liebevolle Hierzulande läuft der spektakuläre 45-Sekünder Herstellung der handgefertigten, hölzernen Fritten für den Systemgastronomen. Spätestens bei seit Mitte Juli für insgesamt vier Wochen auf rund Rittes bedauerlicher Erinnerung an frühere Dürreperioden („Es hat schon mal Zeiten gegeben, 2200 deutschen Kinoleinwänden. Right to Play da war das mit der Produktion schwierig mit Nachschub. Da haben die Leute Pommes aus arbeitete bei Konzeption und Kreation mit der Kartoffeln gemacht“) ist den allermeisten Kinobesuchern klar, dass es sich um Fake News Hamburger Agentur Jung von Matt/Sports handelt. Ziel der kreativen Kampagne im Mockumentary-Stil: Die Verbraucher sollen sich mit zusammen und zählt zudem den Kinovermarkter der Qualität und den Inhaltsstoffen der McDonald’s-Produkte auseinandersetzen. Werbe Weischer zu seinen Unterstützern.
HORIZONT 31/2017 3. August 2017 REPORT KINOMARKETING 43 Ein Fest für Fans Die Zahl der Events rund um Film-Genres und einzelne Herkunftsländer wächst kontinuierlich. Doch Marken entdecken nur selten das in Nischen-Festivals schlummernde Zielgruppen-Potenzial Anzeige patible Filme zu bieten hat, aber in ihrer Von Santiago Campillo-Lundbeck Außenwahrnehmung selbst im „Walking E Dead“-TV-Zeitalter immer noch über ih- ine genaue Zahl kann niemand re blutigeren Beiträge definiert wird. wirklich nennen, aber zumindest Einen solchen Ballast hat der Münche- diese Einschätzung lässt sich der ner Veranstalter Moving Adventures Me- freundliche Herr von der Presse- dien nicht zu tragen und kann daher auf stelle der Berliner Filmförderungsanstalt eine langjährige und höchst erfolgreiche (FFA) entlocken: „Praktisch täglich findet Zusammenarbeit mit den Festivalpartnern irgendwo in Deutschland ein Filmfestival Mammut und Gore zurückblicken. Die statt, das sich einem besonderen Thema ideellen Ursprünge des Ausrichters der Eu- widmet.“ Das Besondere daran: Während ropean Outdoor Filmtour liegen wie bei so sich die Festivals alter Schule wie die Ber- vielen Genrefestivals in der persönlichen linale, das Internationale Filmfestival Leidenschaft eines Gründers: Geschäfts- Mannheim-Heidelberg oder die Interna- führer Joachim Hellinger hatte in den tionalen Kurzfilmtage Oberhausen meist 1980er Jahren als Schüler in Frankreich die als Bühne für unterschiedliche Aspekte „Nuit de la Glisse“ kennengelernt, ein des Filmhandwerks verstehen, hat die Filmfestival über „Gleitsportarten“. neue Festival-Generation die Interessen In Lizenz brachte er die Filme nach des Publikums fest im Blick und definiert Deutschland und Österreich. Seine per- dabei stets ein konkretes Thema. sönliche Filmleidenschaft kombinierte Der Phantasie sind hier keine Grenzen Hellinger 2001 mit der Expertise des gesetzt: Von der höchst respektablen Nip- Hamburger Werbefachmanns Thomas pon Connection, dem Frankfurter Festi- Witt und gründete die European Out- val der japanischen Filmkunst, bis zu Ku- door Filmtour, explizit auch als Handels- riositäten wie dem Festival des gescheiter- marketing-Tool für die Outdoor-Bran- ten Films, dem Fußballfilm-Festival, dem che. Dass die European Outdoor Film- Berliner Pornofilmfestival oder dem tour mittlerweile europaweit 250000 Teil- Punkfilm-Festival ist alles dabei. Die Lei- nehmer erreicht, hat allerdings nicht nur denschaft der Macher kommt dabei zwar mit professionellem Festival-Manage- einerseits den geänderten Sehgewohnhei- ment zu tun. Denn in den vergangenen ten des Publikums entgegen. Denn ähn- Jahren habe sich der Outdoorsport von lich wie vor dem Fernsehen das Binge- einem Nischenthema zum Lifestyle-Phä- Watching zum immer wichtigeren Phä- nomen entwickelt, sagt Hellinger: „Wir nomen wird, schätzen viele Kinobesu- erreichen eben nicht nur die Hardcore- cher die Chance, intensiv in Genrefilme fans, sondern auch Menschen, die die Na- eintauchen zu können, die im normalen tur lieben und einfach eine kleine Flucht Kinoalltag eher zu kurz kommen. aus dem Alltag suchen.“ Es gehe um In- Doch andererseits machen es diese spiration und um das Gemeinschaftser- sehr persönlichen Entstehungsgeschich- lebnis: „Diese Community ist für viele ein ten der Festivals nicht leicht, Vermark- wesentlicher Punkt.“ tungsansätze zu finden, die für werbung- Diese hohe Zielgruppenaffinität ist für treibende Markenunternehmen attraktiv die Filmtour Segen und Fluch zugleich. wären. So ist die Festival-Vermarktung Einerseits kann Hellinger sagen: „Wir beim deutschen Kinowerbungs-Markt- sind nicht nur eine Veranstaltung, wir führer Werbe Weischer derzeit kein The- sind auch das größte Zielgruppenmedi- ma: „Natürlich haben wir uns mit diesen um für die Outdoorbranche überhaupt.“ beschäftigt, haben aber auch festgestellt, Andererseits weiß der Moving-Adventu- dass sich nationale Pakete aufgrund der res-Chef auch nur zu gut, dass den Ver- Uneinheitlichkeit der Festivals für uns marktungsmöglichkeiten im Rahmen des nicht vermarkten lassen.“ Events angesichts seiner überdurch- An der mangelnden Attraktivität der schnittlich gebildeten Fans enge Grenzen erreichbaren Zielgruppe kann das eigent- gesetzt sind: „So haben wir auch bei den lich nicht liegen. „Aus Umfragen wissen Interessenten aus der Automobilbranche wir, dass sich mehr als zwei Drittel derer, gewartet, bis das Produkt in den Lifestyle- die das Programmheft in die Hand neh- Kontext unserer Tour passte.“ men, nicht nur bezüglich des Festivalpro- Und darin könnte das entscheidende gramms informieren, sondern auch die Erfolgsgeheimnis im Festival-Marketing Anzeigen wahrnehmen“, sagt etwa An- back gibt: „Wie wir von Sponsoren der Mit Besucherzahlen im sechsstelligen es immer wieder den Glücksfall, dass Un- liegen. Wer die Leidenschaft der Filmfans dreas Bernauer, Marketing- und Werbe- letzten Jahre immer wieder gehört haben, Bereich und einer Präsenz in sieben deut- ternehmen auf uns zukommen, aber lei- für die eigene Marke nutzen will, darf verantwortlicher bei Rosebud Entertain- ist es keine Seltenheit, dass unsere Be- schen Großstädten wäre das Fantasy der verhält es sich nach wie vor so, dass nicht mit Standardformaten werben, ment, dem Ausrichter des Fantasy Film- sucher sie kontaktieren, um ihnen ein- Filmfest theoretisch ein ideales Umfeld wir aktiv werden müssen.“ Der Filmtour sondern muss das Event mit eigenen Ge- fests. Dabei gehe der positive Imageeffekt fach nur mitzuteilen, dass sie es gut fin- für kontextrelevante Markeninszenierun- wird dabei wahrscheinlich bei vielen po- schichten bereichern. Und an möglichen so weit, dass das Festivalpublikum den den, dass sie das Fantasy Filmfest unter- gen. Aber die Praxis sieht immer noch tenziellen Partnern zum Verhängnis, dass Themen hat die deutsche Festival-Land- Werbungtreibenden auch direktes Feed- stützen.“ anders aus, sagt Bernauer: „Natürlich gibt sie zwar durchaus auch Arthouse-kom- schaft nun wirklich keinen Mangel. FOTOS: MOVING ADVENTURES Die European Outdoor Filmtour macht jährlich 250000 Besucher und ihre langjährigen Sponsoren glücklich. Seit 2013 will Moving Adventures mit der Ocean Film Tour ein zweites Event zu ähnlicher Größe bringen.
44 REPORT KINOMARKETING HORIZONT 31/2017 3. August 2017 Neue Botschafter auf dem roten Teppich Die Hype-Disziplin Von Fabian Müller gefragt“, sagt Kinoexperte Philipp Senk- beil vom Publisher Webedia. Zu dem Un- sind näher an ihrer Zielgruppe und haben daher einen größeren Einfluss auf poten- Verleiher immer die gleiche Zielgruppe –, sondern kann je nach Film auf Influencer Influencer Marketing Z ternehmen gehören unter anderem die zielle Kinogänger als klassische Medien. aus der Beauty- (etwa bei Disneys „Die ist im Kino angekom- wei Jahre ist es her, dass deut- sche Youtuber erstmals großflä- Portale Moviepilot.de und Filmstarts.de sowie die Influencer-Agentur Allyance, „Sofern man mit der richtigen Influen- cer-Auswahl die für jeden Film individu- Schöne und das Biest“) oder der Auto- Szene („Fast & Furious 8“) zutreffen. men – sollte bei allem chig über die große Leinwand deren Chef Senkbeil ist. Der Gedanke ist ell unterschiedliche Zielgruppe bedient“, Was die Einbindung von Influencern Potenzial aber nicht hergefallen sind. In der Zombiekomödie „Kartoffelsalat. Nicht folgender: Influencer – oder wie es im Branchenjargon auch heißt: „Talents“ – so Senkbeil. Das müssen keine Kino-Mei- nungsführer sein – sonst erreichten die in Kinokampagnen komplexer und damit weniger planbar macht als bei Konsum- überschätzt werden fragen“ waren alle Haupt- und die meis- gütern: Mit bloßem Placement oder Nen- ten Nebenrollen mit Internet-Stars und nung des Titels ist es in der Regel nicht -Sternchen besetzt. Ergebnis: 370000 Ki- getan. „Es reicht nicht, wenn der Influen- nobesucher, ein Einspielergebnis von et- cer nur einen Hinweis auf den Film gibt. wa 2,5 Millionen Euro – und eine der Vielmehr braucht es eine Story und eine schlechtesten Bewertungen in der Film- sinnvolle thematische Einbindung“, ur- datenbank IMDB aller Zeiten. Aber ist teilt Julian Mohr, Mitgründer der Influ- die potenzielle Liaison zwischen tradi- encer-Agentur Nqyer Media, die seit ei- tionellem Kino und den Bewegtbild- nem Jahr zur Weischer-Gruppe gehört. Stars der neuen Generation damit schon Stattfinden kann eine solche Integration auserzählt? beispielsweise über den Zugang zu ex- Die Antwort muss lauten: nein. Der klusiven Inhalten: Die Verleiher laden In- Hype um die Disziplin Influencer Mar- fluencer zu den Drehorten ein, diese be- keting macht vor der Kinobranche nicht richten darüber auf ihren Kanälen. Für halt. Denn dass Youtuber, Blogger und die Social-Media-Stars LeFloid und Ni- andere Influencer für die Gattung mehr notaku sprang im Frühjahr sogar eine zu leisten imstande sind, als einen mä- Rolle als Synchronsprecher beim Science- ßigen Film auf die Leinwand zu bringen, Fiction-Film „Ghost in the Shell“ (Pa- ist inzwischen auch zu Produzenten und ramount) heraus – begleitet vom entspre- Verleihern vorgedrungen. Die meisten chenden Buzz in sozialen Netzwerken. sind sich der Kraft der Influencer als Eine andere, häufiger genutzte Mög- neue Testimonials bewusst. „Auch wenn lichkeit sind die bereits erwähnten Influ- man das Thema nicht überbewerten encer-Screenings. Diese Happenings ver- darf: Influencer Marketing ist im Mo- sprechen im Prinzip das, wofür früher ment ein extrem wichtiges Instrument, Pressevorführungen und Filmpremieren das uns viele Möglichkeiten bietet“, sagt standen: Sie schaffen Aufmerksamkeit in etwa Thorsten Mühl, bei Walt Disney für den zielgruppenrelevanten Medien und Digitalmarketing und CRM verantwort- sorgen für den gewissen Glamour-Faktor. lich. Nur, dass die Kanäle heute nicht mehr Der Medienkonzern hinter Filmstu- primär TV und Print, sondern Youtube dios wie Marvel, Pixar und Lucasfilm ge- und Instagram sind und die Stars dort neriert mit Influencern Aufmerksamkeit Gronkh, Dru oder Julien Bam heißen. im Social Web, baut neue Markenbot- Während Disney solche Veranstaltun- schafter auf und erschließt so neue Ziel- gen selbst durchführt, setzen viele Ver- gruppen. Das Tool ist aber immer nur leiher auf Unterstützung aus der Ziel- Teil einer Gesamtmarketingkampagne, gruppe. Seit fast vier Jahren organisiert die Disney um einen Film aufbaut. Um der Kino-Youtuber Robert Hofmann mit in regelmäßigem Austausch und Kon- der PR-Agentur Pure Online die „Social takt mit den Social-Media-Akteuren zu Movie Night“ – bereits über 50-mal. Ge- bleiben, hat das Unternehmen eine neue meinsam mit den Verleihern wählt das Stelle geschaffen – die der Influencer Re- Team Filme aus, die sich im Rahmen ei- lationship Managerin. „Will man Influ- ner exklusiven Vorabpremiere für die Ge- encer Marketing ernsthaft betreiben, ist neration Youtube eignen – manchmal so- es sehr zeitintensiv“, begründet Mühl. gar mit den Regisseuren oder Darstellern. Das zeigt bei aller Skepsis dem Thema Die bis dato letzte „Social Movie gegenüber auch, welche Relevanz Disney Night“ gab es Ende Juli zu Christopher dem Einsatz von Influencern einräumt. Nolans Blockbuster „Dunkirk“ (Warner Der Micky-Maus-Konzern gehört da- Bros.). Die Tickets wurden wie immer mit sicherlich zu den Vorreitern in der ausschließlich verlost, Aufmerksamkeit Branche. Der Mechanismen des Influen- erzeugt Hofmann über seinen eigenen cer Marketings bedienen sich aber auch Channel sowie über die Kanäle wechseln- die meisten anderen Verleiher – von To- der Co-Gastgeber – bei „Dunkirk“ war bis Film und Constantin bis Universal das beispielsweise LeFloid. Hofmanns und Warner. „Wo früher Printanzeigen So kann Influencer Marketing rund um Kinofilme aussehen: Universal Pictures und Pure Online Credo: „Wichtig ist dabei, dass die Ziel- gebucht wurden, sind heute Content-In- laden Social-Media-Stars wie Flying Uwe zum Social-Screening von „Fast & Furious 8“ (oben), gruppe der Co-Hosts und ihre Art, Con- Warner und Allyance schicken Influencerin Fräulein Chaos nach Wales auf die Spuren von „King tegrationen und Influencer-Screenings Arthur“ (Mitte). Und bei der „Social Movie Night“ geben sich regelmäßig Hollywood- und You- tent zu machen, auch zum Film passen.“ tube-Stars die Klinke in die Hand (unten). Berliner Polizei als Kino-Influencer Gemeinsam mit der PR-Agentur Frandly schickte Disney zum Start von „Rogue One: A Star Wars Story“ im November 2016 diverse Influencer auf die Suche nach Darth Vader. Unter dem Hashtag #BerlinSuchtVader erhielten sie Hinweise von Fans sowie eingeweihten Medien und Institutio- nen – etwa von der Berliner Polizei, die per Twit- ter zur Fahndung nach einem maskierten Mann undefinierbaren Alters mit „Atembeschwerden und Jähzorn“ aufrief. Die Gewinner der Challenge Mit der Kampagne „#BerlinSuchtVader“ zum jüngsten erhielten Tickets für die Deutschland-Premiere Star-Wars-Film verknüpfte Disney sinnvoll die und konnten ihre Follower dorthin einladen. On- und Offline-Welt der Influencer miteinander
46 REPORT KINOMARKETING HORIZONT 31/2017 3. August 2017 Große Bühne für Marken FOTO: UNIVERSAL PICTURES Cross-Promotions im Kino-Umfeld sind für Marken „Ich, einfach unverbesserlich 3“: und Filmverleiher eine Win-win-Situation – vier aktuelle Universal/Leibniz, Müller und Co Beispiele aus dem Kinosommer 2017 I ch, einfach unverbesserlich“ ist ne. Wichtiger als die bloße Präsenz für Universal Pictures aus Ver- von Figuren aus dem „Minions“-Uni- marktungsperspektive das wich- versum auf Verpackungen, Werbeflä- tigste Objekt: Nach den ersten beiden chen am PoS und in den Online-Ka- Von Tim Theobald Teilen des Animationsfilms und nälen ist, dass die Marken das Story- S einem eigenen „Minions“-Spin-off telling des Films fortführen. „Speziell ie sind so etwas wie das Salz in der 2015 läuft seit Anfang Juli bereits der bei einem Film wie ‚Ich, einfach un- Suppe vor dem Kinostart großer dritte Teil des Franchise und konnte verbesserlich 3‘ ist die Symbiose von Produktionen: die Kooperationen in weniger als vier Wochen rund 3,26 Kino-Produkt und gebrandeten zwischen Werbungtreibenden Millionen Menschen in die deutschen Cross-Promotion-Produkten von und den Filmproduktionen sowie -ver- Kinos locken. Und auch diesmal sind Kleidung bis Lebensmitteln gut sicht- leihern, mit denen beide Parteien in der heißen Promotionphase die Werbetrom- „Spider-Man: wieder zahlreiche Markenpartner mit an Bord, um vom Hype um die „Mi- bar“, sagt Jens Eberth, Marketing Di- rector bei Universal Pictures. „Mit mel rühren. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Unternehmen das Homecoming“: nions“-Saga zu profitieren. Im Fokus der Kooperationen stehen dabei wie den Minions haben wir eine Marke geschaffen, die in der Popkultur ange- Potenzial solcher Cross-Promotions er- Sony Pictures/Audi schon bei den Vorgängern Licensing- Deals mit Marken wie Molkerei Mül- kommen ist und deren Inhalte Men- schen aktiv konsumieren wollen.“ A kannt – und binden Handlungselemente und beliebte Figuren aus den jeweiligen udi versteht es wie kaum eine andere Automarke, ler, Leibniz, Puma und Zewa. Mit de- Und das schlägt sich auch für die Filmen in ihre eigene Markenwelt ein. seine Karossen im Umfeld großer Blockbuster, Co- nen sollen dann möglichst alle Zu- Marken positiv im Abverkauf und in Philipp Hergarden, Marketingleiter mic-Verfilmungen und Science-Fiction-Streifen schauergruppen angesprochen wer- der Generierung zusätzlicher Kon- bei Constantin Film, hebt dabei vor allem zu inszenieren. Neben Product Placement verlängert der den – Kinder genauso wie Erwachse- takte nieder. eine Voraussetzung in der Zusammen- Ingolstädter Hersteller seine Kinoauftritte in Storytelling- arbeit mit Kooperationspartnern hervor: Kampagnen, um seine Autos in der Zielgruppe positiv in „Für uns ist es besonders wichtig, dass wir Szene zu setzen – und gleichzeitig für die Filme zu trom- mit Marken arbeiten, die unsere Message meln. Die aktuelle Kooperation mit Sony Pictures und perfekt transportieren und unsere Ziel- Marvel zu dem Comic-Helden-Epos „Spider-Man: gruppen ansprechen.“ Homecoming“ ist dabei selbst für Audi ein Novum. Denn FOTO: LUFTHANSA/SONY PICTURE ANIMATION Besonders beliebt sind in diesem Zu- erstmals zeigte die Marke mit dem neuen A8 ein Modell sammenhang Kampagnen am Point of auf der Leinwand, noch bevor es seine offizielle Welt- Sale, die nicht selten auf Microsites im premiere feierte. Während „Spider-Man“ bereits am 28. Internet und Online-Gewinnspiele ver- Juni in den USA startete (in Deutschland ist der Film seit weisen, sowie damit verbunden Aktions- 13. Juli zu sehen), präsentierte der Autobauer den A8 der packungen, die – wie im Falle von Univer- Weltöffentlichkeit erst am 11. Juli auf seinem ersten Audi- sals „Ich, einfach unverbesserlich 3“ und Summit in Barcelona. Zudem füllt die Marke mit dem Constantins „Fack ju Göhte 3“ – insbe- Placement auch ihren Claim „Vorsprung durch Technik“ sondere Familien zum Kauf der Produkte mit Leben – und demonstriert innerhalb der Filmhand- animieren sollen. lung die Vorzüge des pilotierten Fahrens in Stausituatio- Auch für Jens Eberth, Marketing Di- nen: Die Figur „Happy Hogan“ chauffiert in einer Szene rector von Universal Pictures Deutsch- Peter Parker aka Spider-Man und nimmt dabei während land, spielen Cross-Promotions, Koope- der Fahrt die Hände vom Steuer. Dank aktiviertem Audi- rationen und nicht-traditionelle Integra- AI-Staupilot übernimmt der Audi A8 die Fahraufgabe tionen von Marken eine immer bedeu- und bewegt sich autonom durch den Verkehr. Schließlich tendere Rolle im Media-Mix: „So fuhr Hauptdarsteller Tom Holland in dem Die Lufthansa will den Hype um Emojis für sich nutzen erreichen wir Zielgruppen nicht nur an Modell auch bei der Filmpremiere in anderen, unerwarteten Touchpoints, Los Angeles vor. Audi verdeckte das En- sondern auch auf einem anderen emo- de Juni noch geheime Design des Autos tionalen Level. Hier können wir tieferes Involvement und Interaktion mit unse- dabei mit einer Tarn-Beklebung im pas- senden Spinnennetz-Look. „Emoji – Der Film“: Sony ren Marken schaffen und somit noch nachhaltiger unsere Botschaft platzie- Picture Animation/Lufthansa O ren.“ HORIZONT zeigt vier aktuelle Bei- spiele von Markenkooperationen aus b Jung, Alt, Nerd oder Bord einer Lufthansa-Maschine, dem 2. Kinohalbjahr 2017. konservativer Mobile- am Abflug-Gate am Flughafen oder FOTO: AUDI Muffel – im Smartphone- zu Hause – an allen Touchpoints Zeitalter ist praktisch jeder mit sollen die Passagiere auf Emojis Emojis vertraut. Es war deshalb treffen. Herzstück des Auftritts ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis eine interaktive Kampagnen-Mi- jemand auf die Idee kam, den fröh- crosite, die Kinder und Erwachsene lichen Smileys und Zeichen einen in die bunte Welt der Emojis sowie eigenen Animationsfilm zu wid- deren Heimatstadt „Textopolis“ men. Am 3. August läuft „Emoji – entführt und in erster Linie Spaß Der Film“ hierzulande in den Ki- machen soll. Dort gibt es fünf Wo- nos an und entführt die Zuschauer chen lang Gewinnspiele. Mit dem in die geheime Welt in einem „Emoji Creator“ können die Nut- Smartphone. Sony Picture Anima- zer ihrer Kreativität beim Erstellen tion nutzt die heiße Promotion- eines individuellen Emojis freien Phase dabei unter anderem für eine Lauf lassen und dieses anschlie- Markenkooperation mit Deutsch- ßend downloaden. Ein Psychotest lands größter Fluggesellschaft Luft- verrät den Usern zudem, welcher hansa. Im Mittelpunkt steht seit spezifische Reisetyp sie sind – wo- Der neue Audi A8 war auch bei Anfang Juli eine Kampagne, mit mit die Verbindung der Marken- der Weltpremiere des Films der der die beiden Partner die ganze welt von Emojis und der Lufthansa Star am roten Teppich Familie erreichen wollen. Ob an hergestellt ist.
HORIZONT 31/2017 3. August 2017 REPORT KINOMARKETING 47 „Fack ju Göhte 3“: Constantin Film/Langnese, Orangina & Co D as „Fack ju Göhte“-Franchise Schoko. Im Falle von Orangina und gehört zu den erfolgreichsten Müller-Milch gibt es zudem Sonder- deutschen Kinoproduktio- werbemittel am PoS. Die Molkerei nen, die jemals gedreht wurden. Klar, Müller bringt anlässlich des Films so- dass bei Constantin Film die Wer- gar die Sondereditionen „Popcorn“ bungtreibenden Schlange stehen, um und „Schokokeks“ in den Handel, auf im Promotion-Zeitraum des Kassen- deren Verpackungen ebenfalls promi- schlagers mit von der Partie zu sein. nent für „Final Fack“ getrommelt Zum Start von „Fack ju Göhte 3“ Denn schließlich ist es die letzte Chan- wird. Zum Filmstart kommen mit bringt Müller-Milch die Sondereditio- ce: Am 26. Oktober kommt mit „Fack Media-Markt, McDonald’s und Es- nen „Popcorn“ und „Schokokeks“ in ju Göhte 3“ der letzte Teil der Komödie sence drei weitere Partner hinzu. den Handel um Hauptdarsteller Elyas M’Barek in die Kinos. Constantin Film begeht „Fi- FOTO: CONSTANTIN FILM nal Fack“ (unter diesem Motto wird der Film vor allem in den sozialen Netzwerken beworben) einmal mehr mit einer Reihe von Kooperationen, die die Geschichte um Aushilfslehrer Zeki Müller im Handel, im Netz und nicht zuletzt im Kino-Umfeld weiter- drehen. Die prominentesten Partner anno 2017 sind Langnese, das einen Sonder-Kinospot mit den Stimmen der Darsteller Elyas M’Barek und Jella Haase schaltet, Orangina und die Mol- kerei Müller. Bei allen stehen On- Pack-Promotions im Mittelpunkt. Das heißt: Auf den Verpackungen der Langnese-Produkte „Nogger“ und Der Point of Sale im Fokus: Das Packaging „Flutschfinger“ wird genauso für Design der Aktionspackungen von Müller, „Fack ju Göhte 3“ geworben wie auf Leibniz und Zewa Orangina-Dosen und -Flaschen sowie den Verpackungen von Müller-Milch Anzeige
48 REPORT KINOMARKETING HORIZONT 31/2017 3. August 2017 FOTO: MERCEDES-BENZ Nicht nur Fastfood Online-Themen- portale ziehen Millionen von Filmfans an. Wie Printmedien Ina-Christin Schliep ist versuchen, für Direktorin Beratung Media bei Pilot Hamburg Kinogänger trotz- dem relevant zu bleiben „Ab ins Netz“ Mediaexpertin Ina-Christin Schliep über Medien für Cineasten und deren Informationsverhalten Frau Schliep, wie hat sich das In- formationsverhalten von Kino- gängern verändert? Die deutlichste Veränderung hat Social Media gebracht. Filmverlei- her wie Warner Bros. sind hier sehr aktiv, sie promoten Filme erfolg- reich über Facebook und Youtube – und die Kinogänger nehmen es gut an. Über die bezahlte Distribution von Trailern bis hin zu buzzgetrie- benen Inhalten, etwa Diskussionen über Protagonisten oder die Pro- duktion, verbreiten Filmverleiher ihre Inhalte überwiegend im Netz. dern bedienen bewusst ihr Kernpubli- Auflage beträgt 795718 Exemplare, laut Von Roland Karle kum. „Bewegungen wie der enorm ge- AWA 2017 erreicht der Titel 1,8 Millionen Welche Rolle spielen Magazine wie D wachsene Anteil der Golden Ager am Art- Leser – meist kurz vor Beginn eines Films, „Cinema“? as Onlinevotum fiel klar aus: house-Kinosegment scheinen uns da wenn sie für Kinothemen aufgeschlossen „Cinema“ ist als Special-Interest- Fast jeder vierte Leser der recht zu geben“, sagt der Kulturredakteur. sein dürften. Der Anzeigenpreis falle mit Titel nicht maßgeblich für die Pro- „Stuttgarter Zeitung“ (StZ) Es stimmt schon: Die Mehrheit der rund 33000 Euro brutto stattlich aus, fin- gramm-Information der breiten entschied sich unter zehn Mu- Kinogänger ist deutlich jünger ist als der det Mediaexpertin Ina Schliep (siehe In- Kinogänger-Masse. Es bietet viel- sikfilmen für die „Blues Brothers“ (23 durchschnittliche Zeitungsleser – und terview). Sie lobt aber die Möglichkeit mehr ein Angebot für jene, die sich Prozent) vor der „Rocky Horror Picture kann sich längst über viel mehr Quellen von Teilbelegungen: „Das ist für eher re- aufgrund ihrer Kino- und Filmaf- Show“ (15 Prozent) und „Dirty Dancing“ informieren als in vordigitaler Zeit. Im gional agierende Kunden attraktiv.“ finität gern in einer entspannten (13 Prozent). Gezeigt wird der Siegerfilm Internet braucht es dazu nur ein paar Nutzungssituation mit Hinter- D am 16. August im Open-Air-Kino beim Klicks. Davon profitieren Portale wie er einzige Kauftitel von Rang für grundinfos versorgen. Und der Mercedes-Museum. Bereits zum vierten Ströers Kino.de sowie Moviepilot und Cineasten ist „Cinema“. Das vor Online-Auftritt übernimmt die Mal kooperieren die Tageszeitung und die Filmstarts von Webedia, die im Juni laut 32 Jahren vom früheren Milch- Rolle des schnellen Infogebers. Automarke bei diesem Kino-Event, für IVW zusammen auf über 25 Millionen straßen-Verleger Dirk Manthey gegrün- die 600 Plätze konnten sich Interessierte Besucher kamen (siehe Tabelle). In den dete Monatsmagazin kostet 4,60 Euro. Ist die Film- und Kinobericht- auf der Website der Zeitung bewerben. kinostärkeren Wintermonaten sind es Der printtypische Auflagenschwund hält erstattung in Zeitungen noch rele- Auch auf den gedruckten Seiten der noch mehr. Wobei der Trend eindeutig an: 2016 verkaufte sich eine Ausgabe vant? „Stuttgarter Zeitung“ und ihrer Schwes- zur überwiegend mobilen Nutzung geht. durchschnittlich 61572-mal, davon wa- Für manche Zielgruppe und be- ter „Stuttgarter Nachrichten“ (StN) sind Zudem vernetzen sich die Websites ren rund 58 Prozent harte Auflage (Abo stimmte Filme ist sie sicher interes- Kino und Film fest verankert. Jeden Don- immer stärker mit Social Media. So er- plus Einzelverkauf). Zehn Jahre zuvor lag sant, allerdings deckt sich die Kino- nerstag gibt es eine komplette Filmseite, reichte Filmstarts zuletzt laut eigenen An- der Absatz noch doppelt so hoch; Abos Kernzielgruppe der 14- bis 29-Jäh- freitags die Filmtipps, jeden Samstag die gaben monatlich rund 16 Millionen Nut- und Einzelverkauf, etwa gleichgewichtig, rigen grundsätzlich so gar nicht mit Rubrik „Cinemascope“ mit Rezensionen. zer und registrierte 27 Millionen Video- brachten es zusammen auf über 68000 der der Zeitungsleser. Das schmä- „Die Filmberichterstattung hat traditio- Views. „Anfang dieses Jahres haben wir Hefte. Was bleibt, ist die Alleinstellung. lert ihre Bedeutung. nell in beiden Titeln einen hohen Stellen- zusätzlich bewusst Bereiche neu designt, „Niemand geht das Thema in Tiefe und wert“, sagt Kulturredakteur Thomas die für Kinogänger besonders relevant Umfang so an wie wir“, sagt Chefredak- Dafür werden Onlineportale, die Klingenmaier. Der Bereich Film sei aber sind“, sagte Julien Drouais, Operations teur Artur Jung. Die Marke „Cinema“ be- über Film und Kino berichten, im- auch das älteste Musterbeispiel für Selbst- Director Cinema von Webedia Deutsch- diene den Markt auf zwei Ebenen. Hin- mer stärker? „Cinema“ ist der wichtigste Printtitel organisation von Fans im Netz, für alle land, anlässlich der Auszeichnung zum tergründe und Insiderstorys gibt es in Portale wie Kino.de, Filmstarts.de im Kinosegment, das „Computer Bild“ Arten von Laien-, ehrenamtlichem und besten deutschen Kinoportal durch den Print, die schnellen News und zuneh- oder Cinema.de erfreuen sich gro- vor allem über Heftbeilagen bedient Start-up-Journalismus. „Wir bleiben da- Sender N-TV und das Deutsche Institut mend Bewegtbild auf Cinema.de, das ge- ßer Beliebtheit: So hat Ströer bei- von nicht unberührt.“ Die bei manchen für Service-Qualität (DISQ). rade einem Relaunch unterzogen wird. spielsweise mit Kino.de eine Enter- Kollegen lange vorhandene Idee, über An die großen Online-Only-Portale rei- tainment-Plattform im Portfolio, W Filmberichterstattung Teenie-Leser bin- as aber nicht heißt, dass Ge- chen die Visits zwar nicht heran, aber in die die kinoaffine Zielgruppe über den zu können, sei hingegen ad absur- drucktes zur Mangelware ge- den kinostarken Wintermonaten kom- alle Kanäle von Desktop über mo- dum geführt. „Die erreichen wir in Teilen worden ist. Dazu genügt ein men fast immer mehr als eine Million bile inklusive App bis hin zu Social online mit Bildergalerien und Trailer- Blick in die Filialen der Fastfood-Ketten Besucher monatlich auf die Website. Media wirklich gut erreicht. clips, in Print gar nicht“, so Klingenmaier. McDonald’s und Burger King. Dort lie- „Computer Bild“ und Kino mag auf Allerdings haben sich die beiden Tages- gen die „Kino News“, laut IVW II/2017 in den ersten Blick wenig verbinden – aber Und wie attraktiv sind kostenlose zeitungen auch nie darauf versteift, son- einer verbreiteten Auflage von 788993 sie passen gut zusammen. „Kinofilme als Foyer-Magazine wie „Kino & Co“? Stück, und das „King Magazin“ (500000 Heftbeilagen sind Mehrwerte, die genau Die Reichweite ist über eine groß- Exemplare) aus. Die beiden Monatstitel den Nerv unserer Leser treffen“, sagt Ver- flächige Verbreitung zwar gesi- Millionen Fans im Netz liefern zudem bewegte Bilder. „Kino lagsleiter David Löffler. Eine Ausgabe gibt chert, über das Involvement der Le- IVW-geprüfte Film- und Kinoportale im Internet (Auswahl) News TV“ sendet nicht nur im Web, son- es in drei Varianten: Nackt für 2,50 Euro, serschaft sagt das jedoch relativ we- Internet- Visits gesamt dern wöchentlich aktuell bei über 20 Lo- mit CD-ROM für 3,90 und mit DVD für nig aus. Meist wird der Titel in ei- Anbieter davon Mobile Facebook-Likes angebot 6/2017 kal-, Regional- und Ballungsraumsen- 4,90 Euro. Die teuerste läuft am Kiosk am ner Wartesituation genutzt – hier Kinode Ströer 9273686 6630596 726917 dern im ganzen Bundesgebiet. Der „King besten und macht nahezu die Hälfte des wissen wir wenig über das Lesever- Moviepilot.de Webedia 8355503 5960215 2253056 Channel“ flimmert auf mehr als 1000 Einzelverkaufs aus. „Der jeweilige Film ist halten und die Nutzungsdauer. Ein Filmstarts.de Webedia 7687954 346230 687837 Monitoren während der Öffnungszeiten eines der entscheidenden Kaufargumen- Vorteil ist: Markenartikler können Cinema Cinema Verlag/Burda 836370 316572 40430 in den Burger-King-Filialen. Noch näher te“, so Löffler. Besonders erfolgreiche Ki- die heiß begehrte junge Kinoziel- Moviejones Moviejones 800790 483055 78400 dran am Publikum ist „Kino & Co“. Das nostreifen beflügeln die Auflage umso gruppe zusätzlich erreichen und ei- CinemaXXL Sven Henning XXL Marketing Solution 539008 0 0 monatliche Gratismagazin liegt im Foyer mehr. Als im vergangenen Jahr beispiels- nen weiteren Kontakt neben der Kino-Zeit.de Kurz & Spiegel 515289 0 15076 der großen Kinoketten und weiteren 900 weise „The Expendables 3“ oder „Drive“ Kino- oder Foyerwerbung setzen. Stichtag: 28. Juli 2017, Angaben gerundet Kinos und Partnern wie Fitnessstudios die Hefte schmückten, „stieg der Anteil ROL Quelle: IVW HORIZONT 31/2017 und Gastronomie aus. Die verbreitete der Käufer des DVD-Hefts deutlich an“.
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