Elements41 - Neun Mitarbeiterteams nominiert Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum Transparenz im Kessel - Evonik Industries

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Elements41 - Neun Mitarbeiterteams nominiert Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum Transparenz im Kessel - Evonik Industries
elements41
Quarterly Science Newsletter              Ausgabe 4|2012

Evonik-Innovationspreis 2012

Neun Mitarbeiterteams nominiert
Biotechnologie

Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum
Gesundheit

Transparenz im Kessel
Elements41 - Neun Mitarbeiterteams nominiert Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum Transparenz im Kessel - Evonik Industries
2    Inhalt

                             		Titelmotiv
     6
                             		 Biotechnologielabor von Evonik in Halle-Künsebeck

                             		NEWS
                                   4 Mit Rat und Tat – Neuer wissenschaftlicher Beirat für elements
                                   4 A.SPIRE – Eine neue Partnerschaft für Innovation
                                   5 Investment in nordamerikanischen Technologiefonds
                                   5	Partnerschaft bei Katalysatoren für nachhaltige
                                      Chemieprodukte aus biobasierter Bernsteinsäure

                             		COATING & BONDING TECHNOLOGIES
                                   6 	Polyesterpolyole aus nachwachsenden Rohstoffen
     18                                ermöglichen „grüne“ Klebstoffe

                             		NEWS
                                  11 Erste MMA-Produktionsanlage nach dem AVENEER®-Verfahren
                                  11 	Viskosefaser-verstärkte Biopolyamide: Hoher Biogehalt und
                                       gutes Verstärkungspotenzial

                             		       BIOTECHNOLOGIE
                                  12 	30 Jahre Biotechnologieforschung bei Evonik:
                                        Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum

                             		       Evonik-Innovationspreis 2012
     38                           18 	Neun Mitarbeiterteams für den Innovationspreis 2012 nominiert
                                  19 	Kategorie neue Produkte/neue Systemlösungen
                                  22 	Kategorie neuer oder verbesserter Prozess
                                  25 	Kategorie kreatives Kommunikationsmedium

                             		       Biokraftstoffe
                                  28 	Bio-MTBE – Retter der Biokraftstoffquote?

                             		NEWS
                                  33 Grundsteinlegung für neue Chemieanlage in Marl
                                  33 	Erdgaspipeline aus VESTAMID® NRG in Südamerika

                             		Innovationsmanagement
                              34 	Erste Innovationskonferenz von Evonik für
                             		 Top-Führungskräfte: Innovation führen

                             		NEWS
                                  37 Dr. Peter Nagler zum Gastprofessor in China ernannt
                                  37 	Erster Spatenstich für Methioninkomplex in Singapur

                             		Gesundheit
                                  38 	Maßgeschneiderte Herstellung funktioneller Pharmapolymere:
                                        Transparenz im Kessel

                             		NEWS
                                  43 Dr. Thomas Haeberle auf der ProcessNet
                                  43 	Neues Projekthaus Composites geplant

                             		Kommunikation
                                 44 	Agrarwirtschaft, wie sie wirklich ist

                             		NEWS
                                  47 	S2B Bio an „Roadmap Bioraffinerien“ beteiligt
                                  47 Ausbau der Produktion für Vernetzungsverstärker in Wesseling

                                  47 	Impressum

elements 41 Ausgabe 4|2012
Elements41 - Neun Mitarbeiterteams nominiert Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum Transparenz im Kessel - Evonik Industries
Editorial          3

Kommunikation
„Mathe und Chemie – das brauchst du doch nie wieder.“ Dieser Satz stammt von
einem angehenden Philosophiestudenten, der soeben die Schule beendet hat.
Gelesen habe ich ihn in einer Reportage über die Probleme von Erstsemestern an
deutschen Hochschulen angesichts überfüllter Hörsäle und teurer Studentenzimmer.
Aus dem Artikel ging übrigens auch hervor, dass dieser Student Laptop und Handy
besitzt. Beides wäre ohne Mathe und Chemie wohl kaum möglich.
    Dass jemand, der einen Hochschulabschluss in Philosophie anstrebt, Mathe und
Chemie für überflüssig hält, stimmt nachdenklich. Welchen Anteil haben wir als
Chemieunternehmen daran? Kommunizieren wir zu wenig? Oder zu kompliziert?
Was macht gute Kommunikation aus?
                                                                                      Patrik Wohlhauser
    Eine mögliche Antwort darauf werden wir mit unserem Innovationspreis geben,       Mitglied des Vorstandes der
mit dem wir immer kurz vor Weihnachten unsere Forscher für herausragende Leis­        Evonik Industries AG
tungen auszeichnen. In diesem Jahr loben wir auch einen Spezialpreis für kreative
Kommunikation aus. Damit würdigen wir die Kreativität unserer Mitarbeiter, die auf
der Suche nach wissenschaftlichem Nachwuchs oder bei der Vermarktung unserer
Produkte sehr erfolgreich ungewöhnliche Wege gehen.
    Wir wollen mit dem Preis aber auch deutlich machen, wie wichtig Kommuni­
kation im Innovationsprozess ist. Die Art, wie wir kommunizieren, wie wir mit
Querdenken umgehen, Mitarbeiter motivieren und Führungsverantwortung für
Innovation übernehmen, hat einen wesentlichen Einfluss darauf, wie innovativ wir
sind. Wir haben deshalb im September mit den Top-Führungskräften von Evonik
zwei Tage lang unsere Innovationskultur kritisch hinterfragt. Denn Innovation ist
eine Daueraufgabe, die wir nur dann optimal erfüllen können, wenn wir alle an
einem Strang ziehen und ein gemeinsames Verständnis von Innovation und Innova­
tionskultur haben. Dies zu entwickeln und zusätzlichen Schwung zu erzeugen
war Ziel dieser sehr interaktiven Veranstaltung. Und es ist uns gelungen. Wir haben
mehrere Themen auf den Weg gebracht, mit denen wir die Innovationskraft von
Evonik weiter schärfen werden.
    Davon wird auch der oben erwähnte Philosophiestudent profitieren: in Form
von neuen Produkten und Technologien, die der Gesundheit, der Ernährung oder
der Ressourceneffizienz dienen. Vermutlich wird er es nicht zu schätzen wissen,
aber auch dieser Kommunikationsaufgabe stellen wir uns – zum Beispiel mit dem
Evonik Cyber-Classroom, einem interaktiven 3-D-Lernsystem, das wir jetzt auch auf
der Frankfurter Buchmesse vorgestellt haben. Mit dem Cyber-Classroom unterstützen
wir Schulen dabei, komplexe Chemiethemen leichter erlernbar zu machen.
Und die Jugendlichen lernen ganz nebenbei, dass Wissenschaft und Technik nicht
nur nützlich sind, sondern sogar auch Spaß machen können.

                                                                                                    elements41 Ausgabe 4|2012
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4    News

    Mit Rat und Tat – Neuer wissenschaftlicher Beirat für elements
    32 Ausgaben lang, und damit fast genau acht            Dr. Norbert Finke
                                                                 (links) und
    Jahre, begleitete Dr. Norbert Finke vom
                                                            Dr. Felix Müller
    Be­reich Corporate Innovation Strategy &
    Manage­ment von Evonik den Newsletter
    elements als wissenschaftlicher Beirat. Er
    beriet die Redaktion bei der Auswahl der
    Themen ebenso wie bei ihrer Aufbereitung
    für ein fachkundiges Publikum und hat so
    maßgeblich dazu beigetragen, elements in-
    tern wie extern zu einem gern gelesenen
    Newsletter zu machen. Finke wird sich künf-       Wie verstehen Sie Ihre neue Rolle?               Hochschulkontakten und die Organisation
    tig stärker auf seine Tätigkeit als Controller    Meine Rolle sehe ich unter anderem darin,        von Innovationsveranstaltungen in Europa,
    bei Corporate Innovation Strategy & Manage­       mithilfe unseres Netzwerks an einer weiteren     den USA und Asien, zum Beispiel unsere be-
    ment konzentrieren. Deshalb hat Dr. Felix         Verbreitung von elements im Hochschul­           reits seit vielen Jahren etablierte Veranstaltung
    Müller im Sommer 2012 die Aufgabe des             bereich zu arbeiten. Der Newsletter ist gut      „Evonik Meets Science“. Das erfordert die
    wissenschaftlichen Beirats übernommen, die        dazu geeignet, uns im wissenschaftlichen         häufige Präsenz an unseren Partneruniver­
    gut zu seiner Zuständigkeit für International     Um­feld zu positionieren – als innovatives       sitäten, etwa an der Jiao Tong University
    Scien­tific Relations innerhalb von Corporate     Unter­nehmen, als interessanter Partner, als     Schan­ghai oder der University of Minnesota.
    Innovation passt.                                 potenzieller Arbeitgeber. Ich nehme elements     Dort halte ich Vorträge, nehme an Hoch­
                                                      bereits jetzt immer mit, wenn ich Hoch­schu­     schul­veranstaltungen teil und halte unter an-
    Herr Dr. Müller, welchen Bezug haben Sie          len besuche, und biete meinen Gesprächs­         derem Ausschau nach geeigneten Gemein­
    zu elements?                                      partnern und deren Studenten an, das Heft        schaftsprojekten. Darin fügt sich die neue
    Ich lese elements seit vielen Jahren und habe     zu bestellen. Umgekehrt weiß ich durch mei-      Aufgabe für elements sehr gut ein.
    die Zeitschrift immer als wichtigen Bestand­      ne Kontakte, welche Themen die Hoch­­-
    teil der wissenschaftlichen Kommunikation         s­chulen besonders interessieren, und kann       Was möchten Sie mit und für elements
    unseres Konzerns wahrgenommen – intern            die Redak­tion bei der Zusammenstellung der      erreichen?
    wie extern. Anders als vergleichbare Zeit­        Themen entsprechend beraten.                     Ich möchte dazu beitragen, elements als qua-
    schriften hat sich elements trotz der journa-                                                      litätsvolle wissenschaftliche Zeitschrift und
    listischeren Aufmachung einen gewissen wis-       Wie fügt sich die Aufgabe in Ihre sonstige       als wichtige Plattform für Innovationsthemen
    senschaftlichen Anspruch bewahrt. Das be-         Tätigkeit ein?                                   zu erhalten. Da wir fast immer gemeinsam mit
    grüße ich, und aus vielen Gesprächen mit          Neben der Lobbyarbeit in Sachen Innovation       Partnern forschen, läge es nahe, diese stärker
    Hochschulprofessoren weiß ich, dass das Heft      bei der EU-Kommission in Brüssel gehören         als bisher als Autoren einzubinden. Ich werde
    auch an den Universitäten gut ankommt.            zu meinen Hauptaufgaben die Pflege von           unser Netzwerk in diese Richtung nutzen.

    A.SPIRE – Eine neue Partnerschaft für Innovation
    Evonik ist Gründungsmitglied von A.SPIRE          den Bereichen Chemie, Stahl, Maschinenbau,       mission. Ziel von A.SPIRE ist die Beschäf­-
    aisbl, einer internationalen Non-Profit-          Minerale, Zement, Keramik und Wasser aus         ­­ti­gung mit den großen sozialen Heraus­­­­-
    Organisation. A.SPIRE vertritt die Privat­wirt­   rund zwölf europäischen Ländern. Evonik war      for­derungen, die die EU-Kommission in der
    schaft als Partner der Europäischen Kommis­       bei der Ein­weihungszeremonie im Juli in Brüs­   Agen­da EUROPA 2020 definiert hat. A.SPIRE
    sion in der neuen Public-private-Partner-         sel durch Dr. Felix Müller von Corporate In­     soll sicherstellen, dass Technologien und Best
    ship(PPP)-Initiative „Sustainable Process         no­vation Strategy & Management vertreten.       Practices entlang aller Stadien der industriel-
    Industry through Resource and Energy                  Die neue innovationsgetriebene Part­-        len Wertschöp­fungs­kette entwickelt werden,
    Efficiency“. Die Plattform umfasst 45 führen-     ner­schaft ist Teil von Horizon 2020, dem        die zu einer ressourceneffizienten Prozess­
    de Akteure aus Industrie und Forschung in         For­schungsprogramm der Europäischen Kom­        industrie beitragen. Konkret strebt die Initia­
                                                                                                       tive die Redu­zierung des Verbrauchs fossiler
                                                                                                       Energie in der Industrieproduktion um bis zu
                                                                                                       30 Prozent und eine gesteigerte Nutzung
                                                                                                       erneuerbarer Roh­stoffe um bis zu 20 Prozent
                                                                                                       im Vergleich zum heutigen Verbrauch an.
                                                                                                             A.SPIRE hat vor kurzem die Beratungen
                                                                                                       zum Vorgehen der PPP aufgenommen.

                                                                                                       Die Teilnehmer der A.SPIRE
                                                                                                       Gründungsveranstaltung in Brüssel

elements 41 Ausgabe 4|2012
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News        5

Investment in nordamerikanischen Technologiefonds
Evonik Industries stärkt seine Corporate-           nalisierungsstrategie unserer Corporate-Ven­    Partner von Pangaea Ventures, erläutert:
Ve­n­­­turing-Aktivitäten mit einem Investment      turing-Aktivitäten.“                            „Wir freuen uns, dass Evonik als ein führen-
in den nordamerikanischen „Pangaea Ven­-                Evonik erhält mit dieser Beteiligung        des Unternehmen der Spezialchemie nun in
t­ures Fund III“ mit Sitz im kanadischen Van­       Zugang zu Partnerschaften mit jungen, inno-     un­seren Fonds investiert. Die Portfolio­­-
couver. Der Fonds investiert in junge Tech­         vativen Technologieunternehmen in indust-       un­ternehmen von Pangaea profitieren von
no­logie­unternehmen mit Fokus auf neue             rieübergreifenden Segmenten mit den Merk­       der Zusam­menarbeit mit Evonik bei der
Materialien und Spezialchemie, einschließlich       malen Energie- und Ressourceneffizienz          Er­schlie­ßung neuer Märkte und der Entwick­
neuer Ener­gie- und Umwelttechnologien              sowie Nachhaltigkeit. Chris Erickson, General   lung neuer Technologien.“
sowie Nanotechnologie. Mit Corporate Ven­
turing will Evonik mittelfristig ein Gesamt­                                                                    Evonik beteiligt sich am Pangaea
                                                                                                                Ventures Fund III, der in junge
volumen von bis zu 100 Millionen € in viel-
                                                                                                                Technologieunternehmen mit Fokus
versprechende Start-ups und führende spe-                                                                       auf neue Materialien und Spezial­
zialisierte Venture-Capital-Fonds investieren.                                                                  chemie investiert
    „Mit dem Investment in den Pangaea
Ventures Fund III haben wir einen starken
Partner in einem der weltweit dynamischsten
Venture-Capital-Märkte mit unmittelbarem
Bezug zu unseren eigenen Geschäfts­ak­ti­
vitäten“, erläutert Dr. Bernhard Mohr, Leiter
Corporate Venturing von Evonik. „Diese
Investition ist für uns ein wichtiger Schritt bei
der konsequenten Umsetzung der Interna­tio­

Partnerschaft bei Katalysatoren für nachhaltige
Chemieprodukte aus biobasierter Bernsteinsäure
Das Geschäftsgebiet Catalysts von Evonik            zeitig haben BioAmber und Evonik damit          Generation Katalysatoren entwickelt“, fügt
Industries hat mit dem US-amerikanischen            begonnen, eine neue Generation von BDO-         Huc hinzu.
Unternehmen BioAmber Inc. eine langfris­            Katalysatoren zu entwickeln.                        Evonik ist weltweit führend in der Her­
tige Zusammenarbeit für die Entwicklung                 BioAmber betreibt die weltweit einzige      stellung und Entwicklung von Kata­lysatoren
und Herstellung von Katalysatoren zur               Produktionsanlage für biobasierte Bernstein­    für ein weites Feld von Reaktionen und
Pro­duktion von BDO (1,4-Butandiol), THF            säure in Pomacle (Frankreich) mit einem         Prozessen in der Industrie-/Petrochemie
(Tetra­­hydrofuran) und GBL (Gamma–Buty­            350.000-Liter-Fermenter. Das Unter­neh­         sowie in den Marktbereichen Life Sciences/
rol­ac­tone) aus biobasierter Bernstein­säure       men hat zusammen mit Mitsui & Co. in Sar­       Feinchemie. Das Unternehmen bietet ein
vereinbart. BDO, THF und GBL sind Indus­            nia (Ka­nada) den Grundstein für eine Anlage    breites Katalysatorensortiment aus einer
trie­che­mi­kalien, die in einer Vielzahl von       für Bio-Bernstein­säure gelegt, die Ende 2013   Hand sowie integrierte Dienstleistungen für
Anwendungen zum Einsatz kommen, zum                 mit einer Kapazität von 17.000 Tonnen in        seine Kunden. „Chemikalien aus erneuer­
Beispiel in Polymeren, Lösungs­mitteln, Far­        Betrieb gehen wird. Die Ausweitung der          baren Rohstoffen für die Produkte des tägli-
ben und Klebern. Der welt­weite Markt für           Kapazität auf 34.000 Tonnen Bernsteinsäure      chen Lebens werden als Ersatz für rohöl­
diese Pro­­dukte, die derzeit aus petroche­         ist bereits geplant, genauso wie eine BDO-      basierte Produkte immer wichtiger“, erläutert
mischen Roh­stoffen hergestellt werden, be-         Anlage mit 23.000 Tonnen Kapazität bis          Dr. Wilfried Eul, Senior Vice President und
trägt 4 Mil­liar­den US-Dollar.                     Ende 2014. BioAmber plant den Bau weite-        Leiter des Geschäftsgebiets Catalysts von
     BioAmber ist ein führender Hersteller von      rer Bern­steinsäure- und BDO-Anlagen            Evonik. „Zur Herstellung solcher Chemikalien
biobasierter Bernsteinsäure aus erneuerbaren        zusammen mit Mitsui & Co. „Durch unsere         gehören oft biotechnologische Prozesse und
Rohstoffen. Bio-Bernsteinsäure ist eine Platt­      Zusammenarbeit mit Evonik bekommen wir          katalytische Umwandlungsschritte. Kataly­-
formchemikalie, die für zahlreiche Produkte         nun die Kata­lysekompetenz und die Produk­      sa­toren gibt es aber nicht von der Stange,
verwendet werden kann, die derzeit noch aus         tions­mög­lichkeiten für Katalysatoren, die     sie müssen für jede einzelne Synthesereak-
petrochemischen Rohstoffen hergestellt wer-         wir brauchen, um eine wettbewerbsfähige         tion und die jeweiligen Prozessbedingungen
den. BioAmber hat die Katalysatortechnologie        BDO- und THF-Technologie zügig auf den          maßangefertigt werden. Evonik ist stolz dar-
zur BDO-Hydrierung 2010 von DuPont in               Markt zu bringen“, so Jean-François Huc,        auf, zusammen mit BioAmber als führendes
Lizenz übernommen und sie dann mit den              CEO von BioAmber. „Wir sind froh, einen         Unter­­nehmen im Bereich biobasierte Bern­
Partnern Evonik und dem Center for Applied          Partner vom Format von Evonik zu haben,         stein­säure Innovationen voranzutreiben, was
Catalysis (Zentrum für Angewandte Katalyse)         der nicht nur unseren unmittelbaren Bedarf      unsere Wachstumsstrategie auf der Grund­
an der Seton Hall University in South Orange        an Kata­ly­satoren optimieren und decken        lage von Ressourceneffizienz unterstützt“,
(New Jersey, USA) weiterentwickelt. Gleich­         kann, sondern der mit uns auch eine neue        so Eul.

                                                                                                                             elements41 Ausgabe 4|2012
Elements41 - Neun Mitarbeiterteams nominiert Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum Transparenz im Kessel - Evonik Industries
Evonik hat reaktive PUR-Hotmelts
auf Grundlage der neuen biobasierten
Polyesterpolyole umfangreichen
anwendungstechnischen Tests unter­
zogen. Das Ergebnis: Mit den
neuen Polyesterpolyolen lassen sich
Hotmelts mit verbesserten Eigen­
schaftsprofilen formulieren
Elements41 - Neun Mitarbeiterteams nominiert Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum Transparenz im Kessel - Evonik Industries
COATING & BONDING TE CHNOLOGIE S                      7

                        Polyesterpolyole aus nach-
                        wachsenden Rohstoffen
                        ermöglichen „grüne“ Klebstoffe

Polyesterpolyole auf der Basis von nachwach­                               Das Kleben gewinnt als Füge- und Verbindungs­
                                                                           technik in immer mehr Anwendungsbereichen an
senden Rohstoffen eröffnen den Formulierern                                Bedeutung. Die Hersteller können dadurch Produkte
von einkomponentigen feuchtigkeitshärten-                                  häufig kostengünstiger und flexibler fertigen. Auch
den Schmelzklebstoffen neue Optionen in der                                Gewicht lässt sich durch Kleben einsparen. Und durch
Produktpalette. Evonik hat entsprechende                                   das Kaschieren von Sichtflächen mit geeigneten
                                                                           Folien werden ganz neue Oberflächenbeschaffen­
maßgeschneiderte hydroxylgruppenhaltige                                    heiten möglich. Bei der Fertigung von Türen, Fens­
Polyes­ter­­polyole entwickelt und damit begon-                            tern und Möbeln, bei der Innenauskleidung von
nen, wie bei den auf Petrochemie beruhenden                                Automobilen, aber auch bei Funktionskleidung oder
Polyo­len ein Baukastenprinzip für die Formu­                              Buchrücken spielen einkomponentige feuchtigkeits­
                                                                           härtende Schmelzklebstoffe eine wichtige Rolle.
lierer zu verwirklichen. Schon jetzt ist klar,                                 Solche Schmelzklebstoffe sind bei Raumtempe­
dass sich die Eigenschaften petrochemischer                                ratur fest und lassen sich nach dem Aufschmelzen
Produkte nicht nur nachbilden lassen, sondern                              verarbeiten. Nachdem die Schmelze auf ein Bauteil
auch Polyole synthetisierbar sind, die die For­                            aufgebracht ist, lässt sich die damit zu verklebende
                                                                           Komponente während der offenen Zeit ohne zusätz­
mulierungsviel­falt vergrößern.                                            liche Fixierung fügen, weil der Klebstoff eine sehr
                                                                           hohe Anfangsfestigkeit hat. Kühlt der Klebstoff ab
[ text Sabine Thüner, Gabriele Brenner, Dr. Christina Diehl ]
                                                                           und verfestigt sich, ist die Verbindung zwischen den
                                                                           beiden Teilen sofort funktionsfähig. Daher eignen
                                                                           sich feuchtigkeitshärtende Schmelzklebstoffe für
                                                                           Produktionsprozesse mit schnellen Taktzeiten. Mit
                                                                           diesen kurzen Taktzeiten geht nicht nur hohe Pro­
                                          Folien- und Furnierlaminierung
                                                                           duktivität, sondern auch Energieeffizienz einher.
                                                                               Evonik hat mit der Entwicklung von maß­­­ge­
                                                                           schneiderten hydroxylgruppenhaltigen Polyester­
                                                                           polyolen diese Klebetechnologie bereits vor vielen
                                                                           Jahren maßgeblich geprägt. Nicht umsonst ist das
                                                                           Spezialchemieunternehmen Marktführer im Bereich
                                                                           Poly­esterpolyole für reaktive PUR-Hotmelts, die in
                                          Profilummantelung
                                                                           der Kleb- und Dichtstoffindustrie Anwendung finden.
                                                                           Den Weltmarkt für reaktive Hotmelts insgesamt
                                                                           schätzen Experten auf mehrere 10.000 Tonnen pro
                                                                           Jahr.
                                                                               Die auf Polyesterpolyolen beruhenden PUR-
                                                                           Hotmelts haften auf sehr unterschiedlichen Substra­
                                                                           ten, sind sehr temperatur- und chemikalienbeständig,
                                                                           erreichen eine hohe Endfestigkeit und lassen sich
 Anwendung von reaktiven Hotmelts                                          bei relativ niedrigen Temperaturen verarbeiten –
 am Beipiel einer Küche
                                                Kantenumleimung            typisch sind 100 bis 140 °C. Sie sind langlebig 333

                                                                                                            elements41 Ausgabe 4|2012
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8    COATING & BONDING TE CHNOLOGI E S

                             333 und – systembedingt – lösemittelfrei. Moderne         erbaren Quellen gewinnen lassen. Das ist durchaus
                             Polyesterpolyole, wie die Produktreihe DYNACOLL®          eine Herausforderung für die Polymerdesigner, weil
                             7000 von Evonik, sind maßgeschneiderte, aus unter­        eine einfache Substitution der Monomere nicht rea­
                             schiedlichen Monomeren aufgebaute Funktions­              lisierbar ist. Vielmehr sind die in der Herstellung von
                             bausteine. Sie zeichnen sich durch ein mittleres          Polyesterpolyolen eingesetzten petrochemisch
                             Molekulargewicht, eine lineare Struktur und Hydro­        basierten aromatischen und aliphatischen Diester,
                             xylendgruppen aus.                                        Dicarbonsäuren und Diole aus biologischen Quellen
                                Die Herstellung der reaktiven Hotmelts erfolgt in      bisher nicht verfügbar.
                             der Schmelze durch Umsetzung der Polyolgemische               Es galt also, einen völlig neuen Baukasten für die
                             mit einem Isocyanat. Durch die Kombination von            reaktiven Hotmelts zu entwickeln. Diese Aktivitäten
                             amorphen, flüssigen und kristallinen Copolyestern         fügen sich nahtlos in das Bestreben von Evonik ein,
                             kann Evonik den Kunden Richtformulierungen für            bei den eigenen Produkten durch einen verstärkten
                             sehr unterschiedliche Anwendungen vorschlagen.            Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen den Fokus
                             Verschiedene Eigenschaften der Gemische resultie­         stärker auf die Megatrends Ressourceneffizienz und
                             ren aus der Morphologie der Funktionsbausteine:           Nachhaltigkeit zu legen (Abb. 1).
                             Amorphe Polyester verkürzen zum Beispiel die                  Für Polyester geeignete biobasierte Dicarbon­
                             offene und die Abbindezeit der reaktiven Hotmelts,        säuren und Diole müssen ausreichend stabil sein, um
                             während flüssige Produkte die Formulierung von            die hohen Temperaturen einer Schmelzkondensation
                             Klebstoffen sehr flexibel machen. Die kristallinen        bei 200 bis 250 °C überstehen zu können. Zudem
                             Bausteine schließlich steuern das Abbindeverhalten        müssen sie in der Polykondensationsreaktion eine
                             und erhöhen die Kohäsion des Klebstoffs. Das ange­        ausreichende Reaktivität zeigen, um sich in den
                             botene Baukastensystem des Unternehmens umfasst           Polyester einbauen zu lassen. Umfangreiche Unter­
                             daher rund 25 Polyesterpolyole.                           suchungen waren hierfür erforderlich.
                                                                                           Doch nicht nur die Chemie, auch der Markt
                             Umstieg auf biobasierte                                   bestimmte die Identifikation geeigneter Bausteine:
                                                                                       Gibt es das Ausgangsprodukt in ausreichender Menge
                             Polyesterpolyole nur mit neuen                            zu einem akzeptablen Preis? Und lässt die Marktent­
                             Monomeren möglich                                         wicklung dies auch für die Zukunft erwarten? Ein
                             Als Ausgangsprodukt der etablierten Polyester dien­       umfassendes und noch immer andauerndes Markt-
                             ten bislang Erdöl und Erdgas. Doch seit rund zwei         Screening lieferte hierzu die erforderlichen Informa­
                             Jahren untersuchen Mitarbeiter des Geschäfts­             tionen. Bisher fiel die Wahl für die Ausgangsprodukte
                             bereichs Coatings & Additives, bedingt durch das          der Dicarbonsäuren und Diole auf gängige Pflanzen
                             steigende Marktinteresse, ob sich die Polyole außer       wie Hirse, Mais oder Zuckerrübe. Der neue Bau­
                             auf dem petrochemischen Weg nicht auch aus erneu­         kasten für die Kunden von Evonik musste zwei

     Abbildung 1
     Konventionelle
     Poly­esterpolyole        Petrochemische                   Petrochemisch                        Konventionelle
     im Vergleich zu          Rohstoffe                        basierte Monomere                    Polyesterpolyole
     biobasierten
     Polyesterpolyolen        Erdgas, Erdöl                    Aromatische und                      Nicht biobasiert,
                                                               aliphatische Diester,                möglicherweise
                                                               Dicarbonsäuren                       aber bioabbaubar
                                                               und Diole

                              Nachwachsende                    Biobasierte                          Biobasierte
                              Rohstoffe                        Monomere                             Polyesterpolyole

                              Hirse, Mais, Rizinusöl           Aliphatische                         Möglicherweise
                                                               Dicarbonsäuren                       zusätzlich
                                                               und Diole                            bioabbaubar

elements 41 Ausgabe 4|2012
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COATING & BONDING TECHNOLOGIE S                             9

                                                                                                                     Da die Bausteine für
                                                                                                                     die klassischen petro­
                                                                                                                     chemischen Polyester­
                                                                                                                     polyole aus biologi­
Vorgaben erfüllen: Erstens durfte er den Handlungs­       Die neu entwickelten Polyesterpolyole wurden in            schen Quellen nicht
                                                                                                                     verfügbar sind, musste
spielraum der Klebstoffformulierer nicht einschrän­       Modellformulierungen in vielfältigen Mischungs­
                                                                                                                     Evonik ein neues
ken, was die Entwicklung von amorphen, flüssigen          verhältnissen kombiniert und die physikalischen und        Bau­kastensystem aus
und kristallinen Polyestern erforderte. Zweitens          klebetechnischen Eigenschaften der reaktiven Hot­          Polyesterpolyolen
                                                                                                                     für reaktive Hotmelts
sollte der Anteil biobasierter Monomere im Polyester      melts anwendungstechnisch geprüft. Dazu wurden
                                                                                                                     entwickeln
mindestens 30 Prozent ausmachen.                          zunächst die Eigenschaften von Hotmelts mit einem
    Viskosität, Schmelzpunkt und Glasübergangstem­        einzelnen Polyesterpolyol ermittelt und diese Unter­
peratur bestimmen maßgeblich die Eigenschaften            suchungen dann auf Gemische aus zwei und drei
eines Polyesterpolyols und damit auch des formulier­      Komponenten ausgeweitet.
ten PUR-Hotmelts, also Kenngrößen wie offene Zeit,
Abbindezeit und Anfangsfestigkeit. Unter dem Mar­         Biobasierte Polyesterpolyole
kennamen DYNACOLL® Terra hat Evonik inzwischen
                                                          erweitern das Eigenschaftsspektrum
eine breite Palette an Polyesterpolyolen aus erneu­
erbaren Rohstoffen auf den Markt gebracht. Es gibt        der reaktiven Hotmelts
sie wie bei den petrochemischen Produkten als Bau­        So wurde deutlich, dass sich mit den biobasierten
kastensystem – drei kristalline, zwei flüssige und vier   Formulierungen nicht nur reaktive Hotmelts mit
amorphe. Der Anteil der biobasierten, erneuerbaren        vergleichbaren Eigenschaften wie bei petrochemisch
Monomere liegt dabei je nach Polyol zwischen 30 und       erzeugten Schmelzklebstoffen herstellen lassen,
100 Prozent (Abb. 2).                                     sondern dass sogar verbesserte Produkte mög­ 333

Abbildung 2
Unter dem Marken­                                                                              Anteil an
namen Dynacoll®                                                                            erneuerbaren     Erweichungs-         Schmelz-
Terra gibt es aktuell                                                                        Rohstoffen     punkt (R&K)          viskosität
drei kristalline,                                                                                  [%]              [°C]             [Pa s]
zwei flüssige und vier
amorphe Polyester­                                         Amorphe Typen            A1             > 30               85        35 (130 °C)
polyole von Evonik                                                                  A2             > 30               85       32 (130 °C)
                                                                                    A3              > 35              90        17 (130 °C)
                                                                                   A4              > 30               95        15 (130 °C)
                                                           Flüssige Typen           L1              > 85               –        4 (80 °C)
                                                                                    L2              > 75               –        4 (80 °C)
                         DYNACOLL® Terra                   Kristalline Typen        C1              100               65        2 (80 °C)
                                                                                    C2              100               75        3 (80 °C)
                                                                                    C3             > 60               80        2 (80 °C)

                                                                                    Hydroxylzahl ca. 30 mg KOH/g und Säurezahl < 2 mg KOH/g

                                                                                                                     elements41 Ausgabe 4|2012
Elements41 - Neun Mitarbeiterteams nominiert Der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum Transparenz im Kessel - Evonik Industries
10 COATING & BONDING TE CHNOLOGI E S

                                                                                                          Reaktive Hotmelts sind vielseitig
                                                                                                          einsetzbar. Beispiele sind die
                                                                                                          Fertigung von Fenster­pro­filen (links)
                                                                                                          und die Flächen­kaschierung von
                                                                                                          Türen und Möbeln (rechts)

                                                                                                          333 lich werden. Ein Beispiel ist ein reaktiver Hot­
                                                                                                          melt für die Flächenkaschierung: Bei dieser An­­wen­
                                                                                                          dung sind lange offene Zeiten bei hoher Anfangs­
                                                                                                          festigkeit erwünscht. So konnte bei vergleichbar lan­
                                                                                                          ger offener Zeit die Abbindezeit der biobasierten im
                                                                                                          Vergleich zu konventionellen Formulierungen deut­
     Abbildung 3
     Flächenkaschierung mit einem reaktiven Hot­melt (RHM) aus petro­chemischen                           lich verkürzt werden (Abb. 3).
     und aus biobasierten Polyes­terpolyolen. Letzterer zeigt eine längere offene                             Eine besondere Herausforderung ist auch die Ent­
     Zeit – das ist wichtig für die Appli­kation – und eine verkürzte Abbindezeit
                                                                                                          wicklung von reaktiven Hotmelts – zum Beispiel für
        Offene Zeit      Abbindezeit                                                                      die Kantenanleimung –, die sehr schnell abbinden
                                                                                                          müs­­sen. Dafür wird ein hochkristalliner Anteil in der
                                                                                                          Formulierung benötigt, was allerdings zu Unverträg­
     RHM mit petrochemischen                                                                              lichkeiten mit den amorphen Polyesterpolyolen füh­
     Polyes­terpolyolen                                                                                   ren kann. Auch für dieses Problem fand man eine
                                                                                                          Lösung: Es wurden zwei neue amorphe Polyester­
     RHM mit biobasierten
     Polyes­terpolyolen                                                                                   polyole entwickelt, die dank eines neu identifizierten
                                                                                                          biobasierten Monomers eine bessere Verträglichkeit
                                   0                 200             400         600         800          aufweisen. Zusätzlich sorgt das Monomer dafür, dass
                                   [sec]                                                                  die entwickelten Polyesterpolyole selbst bei hohen
                                                                                                          Glasübergangstemperaturen niedrigere Viskositäten
                                                                                                          besitzen. Diese sind sogar niedriger als der bisherige
     Abbildung 4                                                                                          Standard. Letztlich bedeutet dies eine größere Viel­
     Reaktive Hotmelts (RHM)
                                           Viskosität [Pa s]                                              falt bei der Formulierung reaktiver Hotmelts. In der
     mit biobasierten Polyester­
     polyolen besitzen eine                150                                                            Kantenanleimung können so niedrigere Auftragstem­
     niedrigere Viskosität als                                                                            peraturen bei sonst gleichen Eigenschaften erzielt
     solche mit petrochemisch
                                                                                                          werden (Abb. 4).
     basierten Polyester­
     polyolen. Damit sind zum              100                                                                Auch wenn die Entwicklung von biobasierten
     Beispiel in der Kanten­                                                                              Polyesterpolyolen weitergeht, hat die Vermarktung
     anleimung niedrigere
                                                                                                          der neuen Produkte bereits begonnen. Produktions­
     Auftragstemperaturen
     möglich                               50                                                             technisch sind dafür keine nennenswerten Anpassun­
                                                                                                          gen an den vorhandenen Anlagen erforderlich, weil
         HM aus petro­
        R
        chemischen Polyes­ter­                                                                            die Synthesen mit denen von petrochemisch basier­
        polyolen                            0                                                             ten Produkten vergleichbar sind. Evonik kann die
                                                 0             110         120         130                Herstellung der biobasierten Produkte also kurz­
         HM aus biobasierten
        R
        Polyes­terpolyolen                       Temperatur [°C]                                          fristig skalieren – und Klebstoffformulierer können
                                                                                                          ihren Kunden erstmals reaktive Hotmelts anbieten,
                                                                                                          die aus nachwachsenden Ressourcen stammen. 777

                                 Sabine Thüner ist im                                        Gabriele Brenner leitet                                Dr. Christina Diehl
                                 Geschäftsbereich                                            im Geschäfts­bereich                                   leitet im Geschäftsbereich
                                 Coatings & Additives von                                    Coatings & Additives die                               Coatings & Additives das
                                 Evonik verantwortlich                                       Anwendungstechnik                                      Innovation Management
                                 für das Marketing der                                       Reaktive Hotmelts.                                     Adhesive Polyesters.
                                 Hotmelts.                                                   telefon +49 2365 49-4534                               telefon +49 2365 49-9193
                                 telefon +49 2365 49-7693                                    gabriele.brenner@                                      christina.diehl@
                                 sabine.thuener@                                             evonik.com                                             evonik.com
                                 evonik.com

elements 41 Ausgabe 4|2012
News 11

Erste MMA-Produktionsanlage nach dem AVENEER® Verfahren
Evonik Industries startet die Basisplanung für   dem neuen AVENEER® Prozess arbeiten               ausbeute von 95 Prozent die eingesetzten
eine neue Produktionsanlage für Methyl­          wird, ist für Mobile (USA) gefallen. „Als         Ressourcen deutlich besser.
methacrylat (MMA) nach dem AVENEER®              größter nordamerikanischer Standort von                Evonik hat in einer Pilotanlage in Worms
Verfahren am Standort Mobile (Alabama,           Evonik bietet Mobile die Vorteile einer leis-     in den letzten fünf Jahren das innovative Ver­
USA). Das Investitionsvolumen wird einen         tungsfähigen Infrastruktur sowie einer opti-      fahren zur technischen Reife gebracht. Ein
dreistelligen Millionen-€-Betrag umfassen.       malen Verfügbarkeit aller Rohstoffe und           wesentlicher Vorteil ist, dass in einer Anlage
Die Großanlage mit einer Produktions­ka­pa­      Energien“, erläutert Gregor Hetzke, Leiter        gleichzeitig Methylmethacrylat wie auch
zität von 120.000 Tonnen soll Mitte 2015 in      des Evonik-Geschäftsbereichs Performance          Methacrylsäure produziert werden können.
Betrieb gehen und bis zu 100 Arbeitsplätze       Polymers. Zudem ermöglicht die Lage des           „Das Verhältnis beider Produkte ist in weiten
in Mobile schaffen. Das Gesamtprojekt be-        Standorts am Golf von Mexiko eine weltwei-        Grenzen einstellbar, was uns eine hohe Flexi­
darf noch der Zustimmung der Gremien.            te Versorgung der Kunden auf dem See­weg.         bilität bietet“, so Dr. Hans-Peter Hauck, Leiter
Methacrylatmonomere und deren Folge­             Bisher produziert Evonik MMA an den deut-         des Geschäftsgebiets Acrylic Mono­mers von
produkte sind die Basis innovativer Produkte     schen Standorten Worms und Wesseling              Evonik.
für ressourceneffiziente Lösungen etwa für       sowie im US-amerikanischen Fortier und in              Methylmethacrylat ist als Ausgangs­pro­
den Leichtbau in der Automobilindustrie.         Schanghai (China).                                dukt der Methacrylatplattform von Evonik
    „Mit der AVENEER® Technologie und                AVENEER® basiert wie der traditionelle        Basis für viele Produkte und ein bedeutendes
unserer Entscheidung für Mobile bauen wir        ACH-Sulfo-Prozess auf den Einsatzstoffen          Monomer des Konzerns. Mit mehr als 100
konsequent unsere globale Methacrylat­           Ammoniak, Methan, Aceton und Methanol,            Jahren Erfahrung in der Methacrylatchemie
plattform und unsere führende Marktposition      kommt allerdings ohne den Einsatz von             produziert und vermarktet Evonik unter der
weiter aus“, so Dr. Dahai Yu, Vorstands­mit­     Schwe­felsäure aus. Das von Evonik entwi­-        Marke VISIOMER® neben MMA mehr als 50
glied von Evonik Industries, verantwortlich      ckel­te AVENEER® Verfahren ist sehr ressour-      Monomere, die aus MMA hergestellt werden
für das Segment Specialty Materials.             ceneffizient und damit besonders umwelt-          bzw. dem MMA verwandt sind, und stellt der
    Die Entscheidung für den künftigen           schonend. Im Vergleich zum bisherigen             chemischen Industrie damit das umfassends-
Standort der ersten MMA-Anlage, die nach         Ver­fahren nutzt AVENEER® mit einer Ge­­samt­     te Produktportfolio zur Verfügung.

Viskosefaserverstärkte Biopolyamide:
Hoher Biogehalt und gutes Verstärkungspotenzial
Evonik hat eine neuartige Kom­bination aus                                                                                  Leistungsstark und
                                                                                                                            biobasiert – die
biobasierten Hochleis­tungs­polyamiden und
                                                                                                                            Produktfamilie
biobasierten Hochleistungs­fasern entwickelt                                                                                VESTAMID® Terra
und auf den Markt gebracht.
    Um die mechanischen Eigenschaften
eines Kunststoffs zu erhöhen, werden oft
Verstärkungsfasern, insbesondere Schnitt-
Glasfasern, beigemischt. Bei biobasierten
Polymeren bedeutet dies aber gleichzeitig,
dass der Biogehalt sinkt und der ökologische
Vorteil schwindet. Die Verwendung von
Naturfasern als Alternative führte bisher hin-
gegen zu einer deutlichen Senkung des
Verstärkungspotenzials. Außerdem kommt           vollständig aus Holzderivaten bzw. Faserstoff     kungs­fasern: Je nach Fasergehalt bieten die
es beim Endprodukt zu einer unangenehmen         gewonnen und basieren somit ebenfalls auf         mit Viskosefasern verstärkten Bio­polyamide
Geruchsbildung. VESTAMID® Terra mit              nachwachsenden Rohstoffen. Damit ergibt           eine Gewichtsreduktion von bis zu zehn
Viskosefasern behält hingegen seinen hohen       sich ein insgesamt hoher Biogehalt zwischen       Prozent – und das bei gleicher Ver­stär­kungs­
Biogehalt – und das bei einem sehr guten         67 und hundert Prozent.                           leistung.
Verstärkungspotenzial.                               Gerade im Vergleich mit glasfaserver­               „Mit dieser Produktentwicklung wollen
    Zwei Polyamidtypen der Produktfamilie        stärkten Systemen bietet die Kombination aus      wir unseren Kunden eine kompromisslose
VESTAMID® Terra bilden die Polymermatrix:        Viskosefasern und Polymermatrix eine deut-        Erweiterung für den Einsatz von biobasierten
Terra HS und Terra DS. Diese Polyamide wer-      lich bessere CO2-Bilanz. Ein Beispiel: Die        Produkten in technisch anspruchsvollen
den teilweise oder komplett aus der              CO2-Ersparnis beträgt mehr als 57 Prozent         Anwendungen ermöglichen“, so Dr. Benjamin
Rizinuspflanze gewonnen. Handelsübliche          bei einem Viskosefasersystem aus PA1010           Brehmer, Business Manager Biopolymers
Schnitt-Viskosefasern bilden das Verstär­        mit 30 Prozent Füllgrad gegenüber einem           bei Evonik. Evonik bietet VESTAMID® Terra
kungsfasersubstrat. Viskosefasern sind unter     um 30 Pro­zent glasfaserverstärkten PA66.         Typen mit unterschiedlichem Fasergehalt
dem englischen Name „Rayon“ oder auch als        Zu­­dem weisen Viskosefasern eine deutlich        an, um die verschiedensten mechanischen
synthetische Zellulose bekannt. Sie werden       geringere Dichte auf als mineralische Ver­stär­   An­­­sprüche zu erfüllen.

                                                                                                                             elements41 Ausgabe 4|2012
12 BIOTECHNOLOGIE

                             30 Jahre Biotechnologieforschung bei Evonik

                             Der Schlüssel für
                             nachhaltiges Wachstum
                             Der Geschäftsbereich Health & Nutrition hat vergangenen
                             Oktober eine Tagung zur aktuellen und künftigen Rolle
                             der Biotechnologie bei Evonik veranstaltet. Dabei standen
                             die Herausforderungen der Anwendungsmärkte und
                             die Frage, welche Antworten die Biotechnologie darauf
                             liefern kann, im Mittelpunkt.

                             [ text Dr. Karin Aßmann ]

elements 41 Ausgabe 4|2012
B IOTE CHNOLOGIE 13

                                                                               „Bringt man etwas erfolgreich an
                                                                               den Markt, ist es Innovation,
                                                                               ansonsten nur eine Erfindung.“

Gut Ding will Weile haben. Das gilt auch für die Biotechno­                    An der Veranstaltung nahmen mehr als 150 Experten teil – Ver­
logie. Als das Vorgängerunternehmen von Evonik am Standort                     treter von Hochschulen, von der Pharma- und Ernährungsindus­
Halle-Künsebeck in Ostwestfalen im Jahr 1982 mit den For­                      trie, von Fördereinrichtungen und von Evonik. „Pharma- und
schungsarbeiten für die fermentative Herstellung der Amino­                    Ernährungsindustrie spüren beide einen großen Veränderungs­
säure L-Lysin und weiterer essentieller Aminosäuren begann,                    druck“, so Kelle, „und die Biotechnologie kann in beiden Fällen
ahnten wohl auch die damaligen Verantwortlichen nicht, vor                     dabei helfen, ihn erfolgreich zu meistern.“ Siehe Evonik.
welche Herausforderungen die Industrie in der industriellen                        Patrik Wohlhauser, Mitglied des Vorstandes der Evonik In­
Biotechnologie gestellt wird. Heute, 30 Jahre später, mit mehr                 dustries AG, geht davon aus, dass „wir bis zum Jahr 2020 allein
als 300 Millionen € Umsatz pro Jahr, einem global aufgestellten                im Geschäftsbereich Health & Nutrition mit biotechnologisch
Produktionsnetzwerk und global aufgestelltem Verkauf, sieht                    hergestellten Produkten eine Milliarde € umsetzen werden“.
man klarer. Halle-Künsebeck, mit derzeit 100 Mitarbeitern die                  Die Biotechnologie biete in diversen Geschäftsfeldern interes­
biotechnologische Forschung für den Geschäftsbereich Health                    sante Chancen für künftiges profitables Wachstum und ermög­
& Nutrition und eine Technologieplattform für Evonik zur Un­                   liche die verstärkte Ausrichtung der Wachstumsstrategie von
terstützung weiterer Geschäftsbereiche bei der Entwicklung                     Evonik auf eine nachhaltige Entwicklung.
von fermentativen Prozessen, bildet die Keimzelle für das heu­
tige erfolgreiche Biotechnologiegeschäft des Spezialchemie­
anbieters.
    „Die Biotechnologie hat für Evonik inzwischen weltweite
Bedeutung. Wir stehen am Anfang eines umfassenden Wachs­
tumsprozesses mit existierenden Produkten und gleichzeitig vor
dem Einstieg in neue Produkte und Problemlösungen mittels
Biotechno­logie“, betont Dr. Ralf Kelle, Forschungsleiter des
Geschäftsgebiets Bioproducts. Grund genug für das Unter­
nehmen, das Jubiläum mit einer zweitägigen Tagung Anfang
Oktober 2012 zu würdigen.

                                                                               Patrik Wohlhauser, Mitglied des Vorstandes von Evonik

                                                                               Als Unternehmen und Industrie habe man in der Vergangenheit
                                                                               lernen müssen, dass „neue biotechnologische Entwicklungen
                                                                               lange brauchen. Aber wenn es dann funktioniert, dann funkti­
                                                                               oniert es wirklich“, so Wohlhauser mit einem Augenzwinkern.
                                                                               Aufgrund dieser Erfahrungen wähle Evonik einen selektiven
                                                                               Ansatz bei der Biotechnologie, indem sich das Unternehmen auf
                                                                               die meistversprechenden Bereiche konzentriere. Denn: „Inno­
                                                                               vationen erfordern viel Zeit.“
Dr. Ralf Kelle, Forschungsleiter des Geschäftsgebiets Bioproducts von Evonik       Diesen Ball nahm Dr. Peter Nagler, Chief Innovation Officer
                                                                               bei Evonik, in seinem Überblick über die Innovationsstrategie
                                                                               von Evonik auf: „Bringt man etwas erfolgreich an den Markt, ist
                                                                               es Innovation, ansonsten nur eine Erfindung.“ Damit aus Erfin­
                                                                               dung Innovation wird, hat Evonik die Forschungs- und Entwick­
                                                                               lungsaktivitäten auf zwei Säulen gestellt: Bezogen auf das Ge­
                                                                               schäftsjahr 2011 entfielen etwa 80 Prozent des Etats in Höhe von
                                                                               365 Millionen € auf die hauptsächlich markt- und anwendungs­
                                                                               orientierte Forschung der Geschäftsbereiche, während die 333

                                                                                                                                  elements41 Ausgabe 4|2012
14 BIOTECHNOLOGIE

                                                                       hat seit 2012 eine Jahreskapazität von 280.000 Tonnen. In Bra­
                                                                       silien und Russland befinden sich zusätzliche Anlagen im Auf­
                                                                       bau, sodass die Kapazitäten sich dadurch um fast 200.000 Ton­
                                                                       nen pro Jahr erhöhen. Insgesamt investiert Evonik in die Anlagen
                                                                       in den USA, Brasilien und Russland rund 350 Millionen €. „Aus
                                                                       dieser starken technologischen und wirtschaftlichen Position
                                                                       wird Evonik weitere Futtermitteladditive entwickeln, die die
                                                                       Effizienz der Futterverwertung und die Gesundheit der Tiere
                                                                       erhöhen, bis hin zu integrierten Lösungen für eine nachhaltige
                                                                       Tierernährung“, kündigte Beste an.
                                                                           Neben den klassischen Anwendungsmärkten in der Schweine-
                                                                       und Geflügelzucht engagiert sich Evonik auch in neuen Märkten
                                                                       für seine Aminosäuren. Einer ist der der Aquakulturen. „Der
   Dr. Peter Nagler, Chief Innovation Officer von Evonik               Fisch­verbrauch steigt, während die natürlichen Fischbestände
                                                                       des Meeres rückläufig sind“, umreißt Beste das Problem. „Daher

   333 restlichen 20 Prozent der zentralen strategischen For­
   schungseinheit Creavis zur Verfügung standen. Die Creavis kon­
   zentriert sich auf langfristige und disruptive Innovationsziele
   auf einer Zeitskala von zehn oder gar 15 Jahren. In ihr sind Pro­
   jekthäuser und Science-to-Business-Center angesiedelt, unter
   anderem das S2B Center Biotechnology, das sich auf die Biopro­
   dukt- und Prozessentwicklung mit den Schwerpunkten erneu­
   erbare Rohstoffe und synthetische Stoffwechselwege konzen­
   triert.
       Gerade für den Erfolg mit biotechnologischen Produkten ist
   in Naglers Augen auch die Prozessoptimierung rund um die Fer­
   mentation wichtig: „Aus der Zusammenarbeit der Konzernfor­
   schung mit der Forschung in den Geschäftsbereichen und mit
   der Verfahrenstechnik entsteht der maximale Erfolg.“ Daneben        Dr. Reiner Beste, Leiter des Geschäftsbereichs Health & Nutrition
   betreibt Evonik intensiv Forschung mit Partnern in verschiede­
   nen Clustern oder Kooperationen und unterstützt seit diesem
   Jahr junge, vielversprechende Unternehmen mit Risikokapital –       gehen Marktforscher davon aus, dass der Bedarf an Fisch aus
   auch im Bereich der Biotechnologie.                                 Aquakulturen wächst.“ Deren Ernährung sei bislang aber nicht
       „Die Biotechnologie ist für Evonik eine Schlüsseltechnologie,   sonderlich nachhaltig, wie das Beispiel der Lachsaufzucht zeige:
   eine maßgebliche Technologieplattform“, unterstrich Dr. Reiner      „Für ein Kilogramm Lachs sind bislang einige Kilogramm Futter
   Beste, Leiter des Geschäftsbereichs Health & Nutrition bei Evo­     erforderlich, das vorrangig aus Fischmehl besteht, das wiede­
   nik, in seinem Vortrag. „Sie ermöglicht eine einzigartige Pro­      rum aus den Fischbeständen des Meeres gewonnen wird.“ Die
   dukt-Performance und Best-in-Class-Prozesse, durch die wir          Aminosäuren von Evonik verbessern die Nachhaltigkeitsbilanz
   eine vorteilhafte Kostenposition erreichen.“                        deutlich, indem sie den Einsatz von Fischmehl minimieren, und
       Was das bedeutet, erläuterte Beste am Beispiel der Amino­       erschließen dem Unternehmen diesen Markt.
   säuren als Futtermitteladditive. In diesem Bereich ist Evonik          Welche Bedeutung die Biotechnologie in den Kundenmärk­
   Marktführer und die Nachfrage steigt weiter. Neben der führen­      ten des Geschäftsbereichs Health & Nutrition hat, verdeutlich­
   den Marktposition bei dem chemisch hergestellten DL-Methionin       ten mehrere Redner aus diesen Branchen. So beschrieb Dr. Peter
   ist die fermentativ hergestellte Aminosäure Biolys® mengen­
   mäßig bereits das wichtigste biotechnologisch hergestellte Pro­
   dukt des Unternehmens. Die Produktionsstätte in Nordamerika

elements 41 Ausgabe 4|2012
B IOTECHNOLOGIE 15

                                      „Aus der Zusammenarbeit der Konzernforschung
                                      mit der Forschung in den Geschäftsbereichen und mit
                                      der Verfahrenstechnik entsteht der maximale Erfolg.“

                                                                     personalisierte Medizin schließlich berücksichtigt genetische
                                                                     Unterschiede der Patienten und kombiniert Diagnostik und The­
                                                                     rapie. „Aus Sicht des Patienten bedeutet dies eine passgenaue
                                                                     Behandlung, aus Sicht des Herstellers eine größere Vielfalt an
                                                                     Produkten mit kleinerem Produktionsvolumen pro Produkt.“

Dr. Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender von BIO Deutschland, dem
Branchenverband der Biotechnologieindustrie

Heinrich, Vorstandsvorsitzender von BIO Deutschland, dem
Branchenverband der Biotechnologieindustrie, die Umbruch­
situation in der Pharmawelt anhand von Marktzahlen. „Bei
vielen Blockbuster-Medikamenten läuft der Patentschutz aus,          Prof. Dr. Uwe Bücheler, Senior Vice President Global Biopharmaceuticals
aber Ersatzprodukte kommen nicht so schnell auf den Markt,           Operations bei Boehringer Ingelheim

dass sie diese Umsatzeinbußen ausgleichen können“, sagte
Heinrich. Allein in den USA belaufen sich die Verluste dadurch       Wie die Lebensmittelindustrie das Thema Verbrauchervertrauen
auf 74 Milliarden US-Dollar seit dem Jahr 2009. Viele der heuti­     nach der BSE-Krise adressiert hat, schilderte Oliver Thelen, stell­
gen Innovationen bei der Wirkstoffentwicklung gingen auf             vertretender Geschäftsführer und Prokurist bei der QS Qualität
die Biotechnologie zurück. Heinrich erwartet daher, dass die         und Sicherheit GmbH. Auch auf Betreiben des Einzelhandels,
Biotechnologie in der Pharma­branche weiter an Bedeutung             der im Krisenfall über die Zuverlässigkeit und Unbedenklichkeit
zunehmen wird und dass Biotech- und Pharmafirmen enger               der verkauften Produkte Klarheit haben will, baute die Branche
zusammenarbeiten werden.                                             im vergangenen Jahrzehnt eine durchgehende Qualitätssiche­
    Deutlich wurde dieser Wandel der Branche im Vortrag von          rung auf, die alle in den Prozess der Lebensmittel­herstellung
Prof. Dr. Uwe Bücheler. Er ist Senior Vice President Global Bio­     und -verteilung Involvierten einschloss: vom Futtermittelpro­
pharmaceuticals Operations bei Boehringer Ingelheim und zeigte       duzenten über die Landwirtschaft und Tierhaltung bis hin zu
die Bedeutung der Biotechnologie anhand von drei Trends auf,         Schlachtbetrieben, Weiterverarbeitern und dem Lebensmittel­
die sich in der Pharmabranche abzeichnen: die Kombination mo­        handel. „Inzwischen nehmen am QS-System 130.000 Unterneh­
noklonaler Antikörper mit Toxinen, neuartige therapeutische          men teil, die schwerpunktmäßig in Europa angesiedelt sind“, so
Proteine und Scaffolds sowie die personalisierte Medizin.            Thelen. „Jedes mitwirkende Unternehmen weiß, dass seine Lie­
    Monoklonale Antikörper mit Toxinen zu kombinieren ist eine       feranten und seine Kunden ebenfalls zertifiziert sind.“
alte Idee, die inzwischen erste Erfolge zeigt. „So lassen sich To­      Dieses Prinzip bringt Verlässlichkeit und Transparenz in
xine spezifisch zu Tumoren bringen, was Chancen für viele neue       die Prozesskette. Zertifizierte Unternehmen erfüllen definierte
Produkte besonders in der Onkologie eröffnet“, sagte Bücheler.       Anforderungen etwa in Bereichen wie Hygiene, tierärztliche
Der zweite Trend beruht auf dem Ansatz, nur Teile monoklona­         Befunde oder allergieauslösende Substanzen; Audits sollen für
ler Antikörper oder auch andere Proteine bzw. Peptide, soge­         die Einhaltung sorgen. Zwischen 2005 und 2011 gab es mehr als
nannte Scaffolds, zu verwenden, um mit diesen Molekülen zum          263.000 reguläre Audits. „QS arbeitet mit einem risiko­
Beispiel Gewebe leichter zu durchdringen oder sie spezifischer       orientierten Ansatz. Betriebe, die im Audit gut abschneiden, 333
zum Ziel führen zu können. „Auch Moleküle mit verbesserten
chemisch-physikalischen Eigenschaften wären damit denkbar“,
so Bücheler weiter, „zum Beispiel Moleküle, denen hohe Tem­
peraturen oder extreme pH-Wer­te nichts anhaben können.“ Die

                                                                                                                          elements41 Ausgabe 4|2012
16 BIOTECHNOLOGIE

                                                                               Arbeitsbedingungen, verantwortungsvolle Community-Bezie­
                                                                               hungen, Verantwortung für die Umwelt sowie gute landwirt­
                                                                               schaftliche Praktiken.
                                                                                  „Verhandlungen und Konsensfindung sind nicht leicht“, ge­
                                                                               stand Oskam ein, trotzdem ist er optimistisch, dass RTRS eine
                                                                               Entwicklung einleitet, die letztlich allen Beteiligten dient. Nut­
                                                                               reco zum Beispiel will bis 2020 seinen Sojabedarf zu 100 Prozent
                                                                               aus nachhaltigen Quellen decken, die Schweiz bereits ab 2015
                                                                               und Unilever hat einen 50-Prozent-Anteil bis 2015 angekündigt.

   Oliver Thelen, stellvertretender Geschäftsführer und Prokurist bei der QS
   Qualität und Sicherheit GmbH

   333 werden seltener kontrolliert als Betriebe, die nicht so gut
   dastehen“, erläuterte Thelen.
       Zusätzlich zu den Audits führt QS Monitoring-Programme
   durch, die Tierfutter auf Umweltgifte, Pestizide und Mikroor­
   ganismen, Fleisch im tierhaltenden Betrieb und im Schlachthof
   auf Salmonellen und Obst sowie Gemüse auf Rückstände unter­
   suchen. Zudem bietet QS seit diesem Jahr ein Überwachungs­
   programm für Antibiotika in der Geflügel- und Schweinemast                  Jaap Oskam, Chief Procurement Officer des Futtermittelherstellers Nutreco N.V.
   an. „Zunächst geht es hier um die Erhebung verlässlicher Daten,
   weil die eben auch bei den zuständigen Behörden nicht oder nur
   sehr spärlich vorliegen. Aus diesen Daten sollen dann konkrete              Zwei Vorträge schließlich widmeten sich nochmals den Aktivi­
   Maßnahmen zur Reduzierung des Antibiotikaein­satzes abgelei­                täten von Evonik, um künftige Geschäftsfelder und neue An­
   tet werden“, so Thelen.                                                     wendungsmärkte zu identifizieren. Zunächst gewährte Dr. Bern­
       Auch Jaap Oskam befasste sich in seinem Vortrag mit nach­               hard Schleich, Leiter Corporate Foresight bei Creavis Techno­
   haltigeren Prozessen: Der Chief Procurement Officer des Fut­                logies & Innovation, den Teilnehmern einen Blick auf die Ar­
   termittelherstellers Nutreco stellte die Bemühungen der Branche             beitsweise des Foresight-Teams im Konzern, um neue, disruptive
   vor, neue Nachhaltigkeitsstandards für die Sojaproduktion zu                Technologien und Trends rechtzeitig zu erkennen und für das
   erarbeiten, die von möglichst vielen Beteiligten – Herstellern,             eigene Geschäft zu nutzen. Die Perspektive ist mit zehn bis
   Bauern, Nichtregierungsorganisationen, Staaten – akzeptiert                 15 Jahren dabei eher langfristig, und das Team agiert holistisch:
   und eingehalten werden. „In den kommenden Jahren muss es                    Neben Technologie und Ökonomie spielen immer auch Politik,
   gelingen, die Futtermittelproduktion zu verdoppeln und den                  Ökologie und Gesellschaft eine wichtige Rolle in den Untersu­
   ökologischen Footprint dabei zu halbieren – eine Herausfor­                 chungen. „Methodisch nutzen wir dazu Szenariotechniken und
   derung“, so Oskam mit Blick auf die wachsende Weltbevölke­                  innovative Workshop-Tools“, so Schleich.
   rung. Die dazu 2006 gegründete Round Table on Responsible                       Corporate Foresight könne nicht jederzeit alles beobachten,
   Soy Association (RTRS) zählt inzwischen mehr als 160 Mit­                   weshalb man Fokusthemen festgelegt habe. „Bei Evonik konzen­
   glieder, darunter auch China und Indien.                                    trieren wir uns derzeit auf Megacitys, weil sie die Hotspots des
       Vor zwei Jahren hat RTRS den ersten Standard veröffentlicht,            wirtschaftlichen Wachstums sein werden und dort gleichzeitig
   der künftig die Basis für nachhaltiges Wirtschaften bilden soll.            die Zukunftsprobleme der Menschheit zu Tage treten“, erklärte
   Im Kern umfasst er fünf Prinzipien: Einhaltung der Rechts­
   vorschriften und gute Geschäftspraktiken, verantwortungsvolle

elements 41 Ausgabe 4|2012
B IOTECHNOLOGIE 17

                                                      „... denn letztlich geht es um die nachhaltige
                                                      Erzeugung qualitativ hochwertiger und
                                                      gesunder Nahrungsmittel für den Menschen.“

Schleich. Diese Herausforderungen gilt es zunächst auf den        Darüber hinaus sprach Kaufmann auch neue Wachstumsfelder
Geschäftskontext herunterzubrechen und dann die Implika­          an. So sieht Evonik zum Beispiel bei der landwirtschaftlichen
tionen für Evonik daraus abzuleiten.                              Nutztierfütterung und -haltung im Management von Nähr­
                                                                  stoffen, Krankheitserregern und Darmgesundheit noch viele
                                                                  ungelöste Probleme – etwa das Erkennen von Infektionen,
                                                                  die noch keine veterinärmedizinische Indikation erforderlich
                                                                  machen. „Hierfür entsprechende Lösungen zu entwickeln, ist

Dr. Bernhard Schleich, Leiter Corporate Foresight bei Creavis
Technologies & Innovation

Ganz wichtig ist Input von außen: Zu den Workshops lädt das
Unternehmen Architekten, Stadtplaner und Nichtregierungs­         Dr. Thomas Kaufmann, Leiter New Business Development im
organisationen ein. Dem Foresight-Kernteam, das fünf Voll­        Geschäftsbereich Health & Nutrition

zeitstellen umfasst, stehen dazu dedizierte Kollegen aus allen
Geschäftsbereichen zur Seite. Der übergeordnete Lenkungs­
ausschuss tagt unter der Leitung von Evonik-Vorstandsmitglied     eine komplexe, aber wichtige Aufgabe, denn letztlich geht es um
Patrik Wohlhauser.                                                die nachhaltige Erzeugung qualitativ hochwertiger und gesun­
    Das Bild der Megacitys und das damit verbundene Thema der     der Nahrungsmittel für den Menschen“, so Kaufmann. Aber auch
Nachhaltigkeit diente auch Dr. Thomas Kaufmann, Leiter New        hierbei – und damit schließt sich der Kreis – setzt Evonik große
Business Development im Geschäftsbereich Health &                 Hoffnungen in die Biotechnologie.
Nutrition, als Einstieg in seinen Vortrag. Da sein Arbeitsfokus       In einem Rundgang durch die Labore mit vielfältigen Präsen­
aber auf die nähere Zukunft gerichtet ist, ging er am Beispiel    tationen und Demonstrationen sowie direkter Interaktion mit
der Tier­ernährung der Frage nach, was Nachhaltigkeit in diesem   den Mitarbeitern in Künsebeck konnten sich die Besucher davon
Kontext bedeuten kann und welche Impli­kationen sich daraus       überzeugen, dass Evonik sowohl über die technologische Kom­
für den Geschäftsbereich Health & Nutrition ergeben. „Die         petenz als auch über die Begeisterung verfügt, die notwendig
Nachhaltigkeit von Futtermitteladditiven muss besser kommu­       ist, die Zukunft erfolgreich zu gestalten. 777
niziert werden“, so seine These, „selbst an Hochschulen gibt es
dazu falsche Vorstellungen.“
    Evonik hat in Life Cycle Assessments, die vom TÜV zerti­                              Dr. Karin Aßmann ist seit Mitte 2012 im Bereich
fiziert wurden, bereits mehrfach nach­gewiesen, dass Amino­                               Corporate Inno­vation Strategy & Mana­gement verant-
                                                                                          wortlich für wissenschaftliche Kommunikation. Nach
säuren als Futtermitteladditive den Bedarf an Rohstoffen und                              Chemiestudium und Promotion in makromo­lekularer
die Abgabe von Schadstoffen senken. „Das ist kein Green-                                  Chemie an der Albert-Ludwigs-Univer­sität Freiburg
Washing“, bekräftigte Kaufmann. Der Geschäftsbereich will                                 stieg sie über ein Stipen­dium des Fonds der chemischen
                                                                                          Indus­trie in den Wissenschaftsjournalismus ein. 1996
diese Argumente nun verstärkt gegenüber seinen Kunden kom­                                kam sie zu Evonik Industries, wo sie seither im Bereich
munizieren und diesen auch Tools an die Hand geben, damit sie                             Kom­mu­ni­ka­tion unterschiedliche Aufgaben wahr­ge­
selbst ermitteln können, wie sich eine veränderte Zusammen­                               nommen hat; unter anderem ist sie seit zehn Jahren für
                                                                                          die Redaktion der Zeitschrift elements verantwortlich.
setzung des Tier­f utters auf die Nachhaltigkeit des eigenen                              telefon +49 6181 59-12230
Geschäfts auswirkt.                                                                       karin.assmann@evonik.com

                                                                                                                        elements41 Ausgabe 4|2012
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