Fnr.de - Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe

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BODENSCHUTZ IM WALD

               NACHHALTIGE
               NUTZUNG
Fnr.de - Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe
IMPRESSUM

Herausgeber
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)
OT Gülzow, Hofplatz 1
18276 Gülzow-Prüzen
Tel.: 03843/6930-0
Fax: 03843/6930-102
info@fnr.de
www.fnr.de

Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Text
Dr. Herbert Borchert, PD Dr. Joachim Brunotte, Dr. Corinna Ebeling, Prof. Dr. Jörn Erler,
Bernd Flechsig, Prof. Dr. Thorsten Gaertig, Martin Grüll, Dr. Jörg Hittenbeck, Friedbert Ritter,
Lennart Rolfes, Karsten Rose, Dr. Udo Hans Sauter, PD Dr. Helmer Schack-Kirchner,
Dr. Thomas Schmidt-Langenhorst, Prof. Dr. Jürgen Schäffer, Thilo Wagner, Thomas Wehner,
Jürgen Weis, Dr. Günther Weise, Werner Wernecke, PD Dr. Klaus v. Wilpert

Redaktion
Rainer Schretzmann (BZL), Prof. Dr. Ute Seeling (bis 31.8.2020 KWF, seitdem BFH-HAFL)
und Dr. Andreas Forbrig (KWF)

Bilder
Titel: Carola Vahldiek/Adobe.Stock
Seite 8, 25, 78: PRILL Mediendesign/Adobe.Stock; Seite 48, 60: zlikovec/Adobe.Stock

Gestaltung/Realisierung
www.tangram.de, Rostock

Druck
www.mkl-druck.de, Ostbevern
Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier mit Farben auf Pflanzenölbasis

Bestell-Nr. 1.118
Erstausgabe
FNR 2021
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BODENSCHUTZ IM WALD

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GRUSSWORT

Sehr geehrte Damen und Herren,                  schaftlichen Gründen allerdings mit dem
Waldböden sind das „Fundament“ unse-            Einsatz von Arbeitsverfahren verbunden,
rer Wälder. Ein gesunder, intensiv durch-       die den Boden schädigen können. Bei der
wurzelter Waldboden bildet die Grundlage        Waldbewirtschaftung kommt es daher da-
für alles ober- und unterirdische Leben im      rauf an, den Waldboden zu schonen und
Wald und ist damit essenziell für die Bereit-   damit seine Funktionen zu erhalten.
stellung des nachwachsenden Rohstoffes
Holz. Waldböden erfüllen zahlreiche öko-        Es freut mich sehr, Ihnen die vorliegende
logische Funktionen. Durch ihre Filter- und     Broschüre präsentieren zu dürfen, die in
Pufferwirkung sorgen sie für eine hohe          kompakter Form die wichtigsten Funktio-
Wasserqualität und ein effizientes Hoch-        nen des Waldbodens vorstellt und auf die
wasserrückhaltevermögen in bewaldeten           Risiken eingeht, die mit der Waldbewirt-
Einzugsgebieten. Der natürliche Aufbau          schaftung zusammenhängen. Handlungs-
des Waldbodens bietet einen optimalen           empfehlungen zur Schadensprävention und
Lebensraum für viele Bodenorganismen,           zur Regeneration geschädigter Waldböden
die eine komplex vernetzte Lebensgemein-        bilden einen Schwerpunkt der Broschüre.
schaft mit unseren Bäumen bilden und so
zur Biodiversität in unseren Wäldern bei-       Die Broschüre ist ein Gemeinschaftswerk.
tragen.                                         Ein besonderer Dank gilt daher Herrn
                                                Rainer Schretzmann vom Bundesinforma-
Waldböden leisten einen wichtigen Beitrag       tionszentrum Landwirtschaft in der BLE
zum Klimaschutz. Über zwei Milliarden Ton-      (BZL) für die Koordinierung sowie Frau
nen Kohlenstoff sind in den deutschen Wäl-      Prof. Dr. Ute Seeling und Herrn Dr. Andreas
dern gespeichert, mehr als die Hälfte davon     Forbrig vom Kuratorium für Waldarbeit und
im Waldboden.                                   Forsttechnik e. V. (KWF) für die inhaltliche
                                                Bearbeitung.
Der Boden ist eine nicht erneuerbare Res-
source, seine Neubildung und Regene-
rierung verlaufen äußerst langsam. Ohne
einen gesunden Waldboden gibt es auch           Dr.-Ing. Andreas Schütte
keinen gesunden Wald. Die nachhaltige           Geschäftsführer Fachagentur
Nutzung des Rohstoffes Holz ist aus wirt-       Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)

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VORWORT

Vorwort der Redaktion                            an den Stoffkreisläufen und an der Entwick-
Zentraler Grundsatz der deutschen Forst-         lung des Waldbodens beteiligt.
wirtschaft ist die nachhaltige Nutzung des
Waldes. Dazu gehört nicht nur der beson-         Der Wald und seine zahlreichen Leistungen
nene Umgang mit den aufstockenden Wald-          hängen direkt oder indirekt vom Zustand
beständen und den Schutzgütern des Na-           des Waldbodens ab. Die Entwicklung von
tur- und Umweltschutzes, sondern auch der        Boden ist ein sehr langsamer Prozess: Es
umsichtige Umgang mit dem Waldboden.             braucht mindestens 100 Jahre, um einen
Anders als die Waldbestände ist der Wald-        Zentimeter Boden zu bilden. Störungen und
boden unauffällig unter einer Lage von Streu     Beeinträchtigungen wirken lange nach. Der
verborgen. Wir stehen und bewegen uns auf        Waldboden „vergisst“ nichts. Jahrhunderte
ihm, verkennen aber leicht seine Dimension       intensiver Streunutzung, Eingriffe in den Bo-
und Bedeutung. Dabei ist der Waldboden           denwasserhaushalt, Säure-, Schwefel- und
ein entscheidender und nicht ersetzbarer         Stickstoffeinträge sowie Blei und organische
Produktionsfaktor für den nachwachsenden         Verbindungen aus Luftverunreinigungen
Rohstoff Holz. Er ist auch weit mehr als nur     und auch der radioaktive Fallout der Nukle-
Wurzelraum für Bäume: Er bietet Lebensraum       arkatastrophe von Tschernobyl sind an den
für Tiere, Pilze und Mikroben, er ist Speicher   Bodenprofilen bzw. der Bodenchemie auch
und Lieferant von Wasser und Nährstoffen         noch nach vielen Jahrzehnten abzulesen.
und ein klimarelevanter CO2-Speicher. Der
Waldboden ist ein komplexes System, in           Die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit ist
dem vielfältige biologische, chemische und       daher ein zentrales Element der forstlichen
physikalische Prozesse wie bei einem gro-        Nachhaltigkeit und einer ordnungsgemä-
ßen Organismus ineinandergreifen.                ßen Forstwirtschaft.

Die Bäume sind Teil dieser Prozesse: Mit         Neue Entwicklungen –
ihren Wurzeln durchdringen sie den Boden         neue Herausforderungen
und spüren Wasser und Nährstoffen nach.          Lange Jahre waren Bodenschäden durch
Aktiv bringen sie Kohlenhydrate in den Wur-      Befahrung im Wald kaum ein Thema. 1955
zelraum ein und versorgen damit ihre Sym-        wurden erst ca. 50 % des Holzeinschlags mit
biosepartner an den Wurzelspitzen. Sie bie-      Schleppern gerückt, meist waren es leichte
ten dem Boden Schutz vor Austrocknung,           landwirtschaftliche Schlepper mit Schmal-
Erosion und Sonneneinstrahlung. Selbst die       spurreifen. 1985 wurden nahezu 100 %
abgestorbenen Wurzeln bieten Struktur, Le-       des Holzes durch Schlepper gebracht, und
bensraum und Nahrung für Bodenorganis-           die Richtung hieß: immer leistungsfähiger,
men. So sind die Waldbäume maßgeblich            geländegängiger und schwerer. Fortschritte

                                                                                            3
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der Maschinentechnologie führten dazu,                      • Maßnahmen für eine dauerhafte Feiner-
dass man Forstmaschinen nun auch auf                          schließung
solchen Standorten einsetzen konnte, die                    • Technisch-biologische Maßnahmen zur
bislang als unbefahrbar galten1.                              Wiederherstellung der Rückegassen
                                                            • Organisatorische Maßnahmen (Ablauf-
Seitdem hat die Bodenbelastung durch                          und Aufbauorganisation) zur Senkung
Forstmaschinen in unseren Waldbeständen                       der Beanspruchung und Belastung der
deutlich zugenommen. Dabei steigen nicht                      Rückegassen
nur die Zahl der Forstmaschinen und der                     • Maschinentechnische Maßnahmen zur
Anteil der unter Maschineneinsatz geern-                      Senkung der Beanspruchung und Belas-
teten Holzmengen, sondern insbesondere                        tung der Rückegassen
auch die Leistungsfähigkeit und Gewichte
dieser Maschinen. Damit werden auch er-                     Inzwischen haben auf dieser Grundlage
hebliche dynamische Kräfte in den Boden                     Forstwirtschaft und Forsttechnik Strategien
eingebracht. Inzwischen ist bekannt, dass                   und technische Lösungen zur Bodenscho-
der Einsatz von schweren Forstmaschinen                     nung entwickelt. Maßnahmen wie Konzen-
auf dem ungeschützten Waldboden schon                       tration der Befahrung auf Rückegassen und
bei der ersten Überfahrt zu gravierenden                    Maschinenwege, die Verwendung breite-
Veränderungen im Oberboden führen kann.                     rer Reifen, Luftdruckabsenkungen, Bogie-
Diese Veränderungen sind teilweise ver-                     bänder, Seilwinden- und Seilkrantechnik
bunden mit einer langfristigen Beeinträch-                  sind einige Beispiele, die Eingang in die Pra-
tigung der Bodenfunktionen.                                 xis gefunden haben.

Vier Stellschrauben bodenschonender                         Gleichzeitig aber haben die letzten Jahr-
Waldbewirtschaftung                                         zehnte für den Wald und die Forstbetriebe
Die im Auftrag der Forstchefkonferenz                       tiefgreifende Veränderungen in anderen
(FCK) eingerichtete Arbeitsgruppe Boden                     Bereichen gebracht. Entwicklungen wie
beim KWF erarbeitete Anfang 2010 einen                      Personalabbau, Umorganisation und die
internen Abschlussbericht. Er enthält die                   Zielvorgabe einer „schwarzen Null“ bei gro-
entscheidenden vier „Stellschrauben“ als                    ßen Forstverwaltungen fallen zusammen
Maßnahmen für eine bodenschonende Be-                       mit dem Übergang zur naturnahen Wald-
wirtschaftung unserer Wälder, deren Rei-                    wirtschaft, großen Sturmwürfen, massiven
henfolge gleichzeitig auch deren Priorität                  Borkenkäferkalamitäten und tiefgreifenden
kennzeichnet:                                               Strukturänderungen in der Holzwirtschaft.

1
    LWF aktuell 39, 2003, S. 33–36, online auf: http://www.waldwissen.net

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Dazu kommen neue Herausforderungen für          Der Waldboden ist die Basis für eine nachhal-
die Holzernte: Ganzjährige Just-in-Time-Lie-    tige Forstwirtschaft. Es ist daher im Interesse
ferverpflichtungen, klimatische Verände-        aller Waldbesitzer, aller im Wald arbeitenden
rungen mit z. B. einem deutlichen Rückgang      Menschen und auch der Allgemeinheit, den
der Wintertage mit Bodenfrost und mitunter      Waldboden gesund zu erhalten und ihn vor
auch eine fachliche und räumliche Entkopp-      Beeinträchtigungen zu schützen. An sie alle
lung der Verantwortlichkeiten für Waldbau       richtet sich diese Broschüre.
und Holzernte.

Diese Entwicklungen hatten und haben
auch für die Waldböden unmittelbare Be-         Rainer Schretzmann
deutung: Wesentliche Rahmenbedingun-            Bundesinformationszentrum
gen für den Forstbetrieb und besonders für      Landwirtschaft in der Bundesanstalt für
die Holzernte und Holzbereitstellung haben      Landwirtschaft und Ernährung
sich grundlegend verändert. Die Kombina-
tion dieser Entwicklungen stellt den Boden-
schutz im forstlichen Betriebsalltag vor gro-   Prof. Dr. Ute Seeling
ße Herausforderungen.                           (bis 31.8.2020 Direktorin des KWF,
                                                seitdem Direktorin der BFH-HAFL)
Die vorliegende Broschüre fasst auf der         Dr. Andreas Forbrig
Grundlage des KWF-Abschlussberichtes die        Kuratorium für Waldarbeit und
aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse       Forsttechnik e. V. (KWF)
mit hilfreichen Hinweisen und Empfehlun-
gen im Sinne einer guten fachlichen Praxis
des Bodenschutzes bei der Holzernte zu-
sammen.

                                                                                             5
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INHALT

TEIL I GRUNDLAGEN

1     Gesetzliche Grundlagen                                                9

2     Natürliche Funktionen und Aufgaben des Waldbodens für
      Baumwachstum und Wasserhaushalt                                      10

3     Einflüsse auf Waldböden durch Umwelteinwirkung und Bewirtschaftung   14
3.1   Bodenversauerung und Kompensationskalkung                            14
3.2   Nährstoffentzug infolge von Kronen-/Reisig-/Vollbaumnutzung          15
3.3   Bodenzustandserhebung (BZE) im Wald                                  17

4     Bodenschäden durch Befahrung – Auswirkungen auf
      Wurzelentwicklung und Baumwachstum                                   19

TEIL II KONZEPT UND UMSETZUNG EINER BODENSCHONENDEN HOLZNUTZUNG

5     Übersicht über Einflussfaktoren und Strategien                       26

6     Regeneration von Waldböden – Sanierung von Bodenschäden,
      die durch Befahrung entstanden sind                                  29
6.1   Was ist Bodenregeneration?                                           29
6.2   Regeneration von Strukturstörungen                                   29
6.3   Optionen zur Regeneration von entstandenen Bodenschäden              30
6.4   Technische Sanierung von Schäden                                     33

7     Vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Begrenzung
      von Bodenschäden auf Rückegassen                                     36
7.0   Einleitung                                                           36
7.1   Maschinentechnische Maßnahmen zur Senkung der Beanspruchung
      und Belastung der Rückegassen                                        37
7.2   Vermeidung von erosionsauslösender Abflussbildung auf Rückegassen    42
7.3   Gassenschonungsgebot – Schadensvermeidung im praktischen Betrieb     44

6
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8     Betriebliche Planung als Grundlage der Befahrungsbegrenzung       50
8.1   Maßnahmen für eine dauerhafte Feinerschließung                    50
8.2   Organisatorische Maßnahmen zur Senkung der Beanspruchung und
      Belastung der Feinerschließung                                    56
8.3   Holzerntesysteme und Bodenpfleglichkeit – Welches Verfahren für
      welchen Standort und welche Bedingungen?                          63

9     Quantifizierung von Befahrungswirkungen und Konsequenzen
      für die betriebliche Umsetzung – ein Ausblick                     73

TEIL III ANLAGEN

10    Prüfschema „optimale“ Holzernte                                   79

11    Glossar                                                           83
      Glossar bodenschutzrelevanter, forsttechnischer Fachbegriffe      83

                                                                        7
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TEIL I

    GRUNDLAGEN

8
1 GESETZLICHE GRUNDLAGEN

Auf nationaler Ebene ist der Bodenschutz ge-   • Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium
regelt im Gesetz zum Schutz vor schädlichen      für stoffliche Einwirkungen auf Grund der
Bodenveränderungen und zur Sanierung             Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigen-
von Altlasten (BBodSchG, 1998) und der           schaften, insbesondere auch zum Schutz
Bundes-Bodenschutz und Altlastenverord-          des Grundwassers,
nung (BBodSchV, 1999). Zusammen mit den        • Standort für die forstwirtschaftliche Nutzung.
Bodenschutzgesetzen der Länder bildet es
den Kern des deutschen Bodenschutzrechts.      Ziel des BBodSchG (§ 1) ist es, die Funktionen
Die in § 3 BBodSchG (Anwendungsbereich)        des Bodens nachhaltig zu sichern, schädliche
gelisteten Rechtsbereiche haben dabei Vor-     Bodenveränderungen abzuwehren (§ 4) und
rang vor den Regelungen des BBodSchG.          Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf
                                               den Boden zu treffen (§ 7). Für den Wald wird
Das BBodSchG wird ergänzt, erweitert und       dabei auf die Waldgesetze verwiesen. Die im
flankiert durch weitere Bestimmungen           Bundeswaldgesetz (§ 1, § 11) benannten
a. in anderen Fachgesetzen, z. B.              Anforderungen an die Bewirtschaftung des
    – Landeswaldgesetze,                       Waldes werden in den Landeswaldgesetzen
    – Bundesnaturschutzgesetz,                 konkretisiert.
    – Gesetz über die Vermeidung und
       Sanierung von Umweltschäden             Internationale Regelungen mit Bezug zum
       (USchadG, 2007),                        Bodenschutz finden sich u. a. in
    – Wasserhaushaltsgesetz und Wasser-        • der World Soil Charta der FAO,
       gesetze der Länder,                     • der World Soils Policy des UN-Umwelt-
b. des Strafgesetzbuches, z. B. § 324a            programms,
     (Bodenverunreinigung) und § 329 (Ge-      • der Vereinbarungen zur Klimarahmen-
     fährdung schutzbedürftiger Gebiete).         Konvention (UNFCCC),
                                               • dem Kyoto-Protokoll bzw. Nachfolgere-
Die Waldböden unterliegen dem Schutz des          gelungen (Quellgruppe „Land-use, Land-
BBodSchG. Die Legaldefinition (§ 2) schließt      use-change and Forestry“, Bereich Boden
Waldböden als „Träger“ folgender Boden-           und Streu) im Sinne des § 9 BBodSchG
funktionen ein:                                   (Gefährdungsabschätzung).
• Lebensgrundlage und Lebensraum für
  Menschen, Tiere, Pflanzen und Boden-         Relevant ist auch das internationale forstli-
  organismen,                                  che Umweltmonitoring im Rahmen der sog.
• Bestandteil des Naturhaushalts, insbe-       Genfer Luftreinhaltekonvention der UNECE
  sondere mit seinen Wasser- und Nähr-         (CLRTAP) und dem entsprechenden wald-
  stoffkreisläufen,                            spezifischen Programm (ICP Forests).

                                                                                             9
2 NATÜRLICHE FUNKTIONEN
  UND AUFGABEN DES WALDBODENS
  FÜR BAUMWACHSTUM UND
  WASSERHAUSHALT
        PD Dr. Helmer Schack-Kirchner

Stellt man sich einen Wald vor, denkt man                            sie das Bodengefüge. Die Waldstreu ernährt
zunächst an die Bäume. Tatsächlich sind es                           die artenreichen Lebensgemeinschaften im
aber erst Bäume und der Boden zusammen,                              Boden, dabei auch die vielleicht bekann-
die den Wald ausmachen. Beide sind un-                               testen Bodentiere, die Regenwürmer. In der
trennbar verbunden: Der Boden ist das Fun-                           Erdgeschichte haben sich die Böden und die
dament der Bäume, und er versorgt sie. Die                           Wälder gemeinsam entwickelt. Spuren der
Bäume aber versorgen ihrerseits den Boden,                           ältesten den heutigen ähnlichen Böden hat
halten ihn fest und entwickeln ihn weiter. Um                        man in ca. 400 Mio. Jahre alten Schichten
dazu nur einige Beispiele zu nennen: Mit ih-                         aus dem Devon entdeckt. In diesem Erdzeit-
ren Ausscheidungen verwittern die Wurzeln                            alter trat erstmals tief wurzelnde, waldähnli-
das Gestein, durch ihr Wachstum schaffen                             che Vegetation aus verholzten Pflanzen auf.

 © Dr. Helmer Schack-Kirchner/Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Professur für Bodenökologie

Abb. 2.1: Bäume und Boden als das System „Wald“: Der Boden verankert die Bäume und versorgt sie
mit Wasser und Nährstoffen. Die Bäume gestalten den Boden mit ihren Wurzeln und durch die Streu.

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Die Formung und Weiterentwicklung des           • Die „hervorstechendste“ Eigenheit der
Bodens vollzieht sich langsam über Jahr-          Bäume ist ihr Höhenwachstum, mit dem
zehnte bis über viele Baumgenerationen,           sie sich gegenüber anderen Pflanzen
jeder einzelne Baum ist aber zu jedem Zeit-       einen Lichtvorteil verschaffen. Zur Veran-
punkt auf „seinen“ Boden angewiesen, da-          kerung ist ein äußerst starkes Fundament
mit er überleben und wachsen kann. Dieses         nötig, bei großen Bäumen fast so massiv,
Zusammenspiel ist in Abbildung 2.1 durch          wie es für ein Windrad nötig wäre. Der Bo-
den Kreis aus Pfeilen symbolisiert.               den spielt hierbei eine zentrale Rolle: Ist
                                                  er zu hart oder fehlt es an Hohlräumen,
Was der Baum von seinem Boden erwartet,           können die Wurzeln nicht eindringen. Ist
kann man folgendermaßen umreißen:                 er zu weich, kann er die auf die Baumkro-
• Auf der Liste der Wachstumsfaktoren ganz        ne einwirkenden großen Kräfte und die
  oben steht die Wasserversorgung, also           dadurch ausgelösten Hebelwirkungen
  der Wasserstrom vom Boden in die Blät-          nicht aufnehmen.
  ter und Nadeln. An jedem Tag im Sommer        • Die Wurzeln, die Wasser und Nährstoffe
  werden in einem Hektar Waldbestand un-          aufnehmen und dem Baum den Halt ge-
  gefähr 30.000 l Wasser abgesaugt und in         ben, sind lebende Gewebe, mit einem ei-
  der Krone verdunstet. Der Boden muss            genen Stoffwechsel und einer intensiven
  diesen Wasserstrom über seine Speicher-         Atmung. Die Wurzeln als Hochleistungs-
  funktion auch über längere Zeiten ohne          organe der Bäume brauchen daher ein
  Regen sicherstellen können.                     gutes Umfeld. Hier ist in erster Linie die
• Zusammen mit dem Wasser nimmt der               Bodenbelüftung zu nennen, die den Aus-
  Wald die lebensnotwendigen minerali-            tausch von Sauerstoff und Kohlendioxid
  schen Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphor,      mit der Außenatmosphäre sicherstellt.
  Kalium, Calcium und Magnesium auf. Die          Und das funktioniert nur über ein intaktes
  Nährstoffe reichern sich zum Teil in den        System an miteinander vernetzten luftge-
  Bäumen an. Erkennbar werden sie als             füllten Bodenporen – von der Bodenober-
  Ascherückstand bei der Verbrennung von          fläche bis in den Wurzelraum der Bäume.
  Holz. Ein anderer, sehr großer Teil wird
  über die Blatt- und Nadelstreu dem Boden      Wie oben gesagt, sind es vor allem die Bäu-
  wieder zugeführt. Der Boden muss ausrei-      me selbst, die den Boden über sehr lange
  chend Nährstoffe bereitstellen, speichern     Zeiträume optimiert haben. Von diesen Bö-
  und an die Wurzeln abgeben. Dazu kommt        den profitieren aber nicht nur die Bäume,
  die wichtige Recyclingfunktion, das ist die   der Nutzen für den Menschen geht weit
  Überführung der in den Blatt- und Nadel-      über die Produktivität der Wälder und die
  resten überwiegend organisch gebunde-         Forstwirtschaft hinaus. Dazu gehört die Ver-
  nen Nährstoffe in pflanzenverfügbare, ein-    minderung von Treibhausgasen durch Spei-
  fachere chemische Formen. Dafür sorgen        cherung von großen Mengen Kohlenstoff
  vor allem Mikroorganismen.                    genauso wie die Aufnahme von Methan aus

                                                                                          11
der Atmosphäre. Und gerade auch im Was-                               schnellen Oberflächenabflüssen und da-
serhaushalt übernehmen Waldböden wich-                                mit auch die Bodenerosion.
tige Funktionen für unsere Umwelt:                                  • Selbst ein kleines Volumen eines intak-
• Die Waldböden können große Mengen                                   ten Waldbodens stellt eine riesige inne-
   Wasser aufnehmen, vor allem dann, wenn                             re Oberfläche bereit, an der Schadstoffe
   der Bodenspeicher durch die Bäume ge-                              zurückgehalten oder durch mikrobielle
   leert wurde. Damit wirken sie als wichtige                         Prozesse abgebaut werden. Das Sicker-
   Puffer im Gebietswasserhaushalt und tra-                           wasser wird weitgehend entkeimt und
   gen zur Hochwasservermeidung bei.                                  bildet die für uns so wichtigen sauberen
• Die gute Strukturierung der Waldböden                               Trinkwasserressourcen. In Wäldern wird
   und die Streuauflage lassen auch Stark-                            gegenüber anderen Landnutzungen das
   niederschläge in den Boden einsickern                              Trinkwasser mit der höchsten Qualität ge-
   und verhindern die Entstehung von                                  wonnen.

 © Dr. Helmer Schack-Kirchner/Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Professur für Bodenökologie

Abb. 2.2: Gegenseitige Rückwirkungen Baum – Boden
(rot: Nährstoffe blau: Wasser)

12
© Siria Wildermann/FNR
Abb. 2.3: Boden erfüllt eine Vielzahl von Aufgaben im Ökosystem Wald

Gefährdet sind diese Bodenfunktionen in            tionen gehen jedoch auch von der Forst-
unseren Waldböden zum einen durch ver-             wirtschaft selbst aus. Hier ist beispielsweise
änderte Umweltbedingungen, wie z. B. die           die Bodenverformung bei der mechanisier-
Einträge von Säuren und von Stickstoff. Ab-        ten Holzernte oder die Unterbrechung der
wehrmöglichkeiten für den Waldbesitzer             Nährstoffkreisläufe durch überhöhte Bio-
sind hier meist begrenzt, eine Erhaltung           massenutzung zu nennen. Hier erweisen
der Bodenfunktionen kann in manchen Fäl-           sich die Standorte als unterschiedlich ver-
len durch eine angepasste Baumartenwahl            letzlich (vulnerabel). Beim Bodenschutz im
oder durch die Zufuhr von Puffersubstanzen         Wald sind somit Gesellschaft, Politik und
wie dolomitischem Kalk erreicht werden.            Waldbesitzer gleichermaßen gefordert.
Manche der Gefährdungen der Bodenfunk-

                                                                                             13
3 EINFLÜSSE AUF WALDBÖDEN
  DURCH UMWELTEINWIRKUNG
  UND BEWIRTSCHAFTUNG
      PD Dr. Klaus v. Wilpert , PD Dr. Helmer Schack-Kirchner

Wälder sind naturnahe Ökosysteme und           zehnten zu einer Erhöhung der Säurestärke
sollen durch Waldbewirtschaftung oder          in nicht kalkhaltigen Waldböden um den
Umwelteinflüsse in ihrer natürlichen Aus-      Faktor 100 bis 250 geführt hat. In extrem
stattung grundsätzlich nicht so verändert      kurzer Zeit erfolgte in diesen Böden eine
werden, dass die natürlichen Ökosystem-        Versauerung bis in den pH-Bereich zwi-
leistungen wie die Filter- und Pufferfunk-     schen 3 und 4. Dies ist weit unterhalb der
tion für Wasser, die Ernährungsfunktion        Grenze, die für die für Bodenstruktur und
für Waldbäume und die Habitatfunktion für      Bodenbelüftung so wichtigen tiefgraben-
seltene naturnahe Lebensgemeinschaften         den Regenwurmarten noch erträglich wäre.
über ihren natürlichen Schwankungsbe-          (siehe Abbildung 3.1)
reich hinaus verändert und langfristig ge-
schädigt werden.                               Wenn in Waldböden der Optimalbereich
                                               des pH-Wertes z. B. durch Säureeinträge
                                               eindeutig verlassen wird, werden die oben
3.1 Bodenversauerung und                       dargestellten Bodenfunktionen drastisch
    Kompensationskalkung                       eingeschränkt oder in den betroffenen Bo-
                                               denpartien vollständig zerstört. Letztend-
Saurer Regen hat besonders im 20. Jahrhun-     lich bleibt ein Restboden übrig, der seine
dert den Zustand der Waldböden nachhaltig      Filtereigenschaften und Pufferkapazitäten
verschlechtert. Er hat aus dem Boden sehr      sowie die Eigenschaft als Lebensraum zum
viele Nährstoffe ausgewaschen und ein für      größten Teil eingebüßt hat.
viele Bodenlebewesen zu saures Milieu ge-
schaffen. Als Folge sind viele Waldböden in    Zum Schutz der Bodenqualität und zur
ihrer Funktion als Pflanzenstandort, Lebens-   Sicherung der Bodenfunktionen wurden
raum und Filter für Trinkwasser gefährdet.     deshalb in zahlreichen Bundesländern seit
                                               1983 Kalkungen durchgeführt, um die ak-
Hauptursache für die Schädigung von Wäl-       tuellen Säureeinträge zu neutralisieren.
dern und ihren Funktionen waren und sind
Einträge von Säuren und Stickstoff mit dem     Gleichzeitig konnten in den vergangenen
Regen. Diese sind die Ursache einer Boden-     Jahren die Säureeinträge auf einem Großteil
versauerung, die in den vergangenen Jahr-      der Landesfläche so weit verringert werden,

14
dass eine weitere Bodenversauerung nur           Bodenschutz und Naturschutz vertreten
noch sehr langsam verläuft. Damit wurde          gleichermaßen berechtigte Vorsorgeaspek-
der Bodenzustand seit 1983 zwar nicht ver-       te. Mögliche Konflikte lassen sich dadurch
bessert, aber immerhin wurden die Böden          vermeiden, dass kalkungsempfindliche Na-
vor einer weiteren Zunahme der Bodenver-         turschutzflächen bei der Bodenschutzkal-
sauerung geschützt. Tatsächlich verbleibt        kung konsequent ausgespart werden.
jedoch in den Böden durch die Bodenver-
sauerung eine über viele Jahrzehnte an-
gehäufte „Säure-Altlast“, die die Waldöko-       3.2 Nährstoffentzug infolge
systeme und ihre Funktionen nach wie vor             von Kronen-/Reisig-/
beeinträchtigt. Es besteht also trotz der Ver-       Vollbaumnutzung
minderung der Säurefracht ein Sanierungs-
bedarf, um die natürlichen Funktionen der        In natürlichen, nicht genutzten Waldöko-
Waldböden wiederherzustellen.                    systemen zirkulieren Nährelemente nahezu
                                                 verlustfrei, mit minimalen Umsatzraten. Die
Hauptziel der Kalkung ist die Wiederherstel-     niedrigen Verluste werden durch die „nach-
lung der natürlichen, vorindustriellen Nähr-     schaffende Kraft des Bodens“ nahezu voll-
stoffausstattung.                                ständig ersetzt.

Zur effizienten und dauerhaften Wiederher-       Durch Versauerung und Eutrophierung der
stellung grundlegender Bodenfunktionen           Waldböden in den vergangenen Jahrzehn-
ist ein zeitlich befristetes Kalkungskonzept     ten wurden lebensnotwendige Nährele-
erforderlich. Mit ihm können nicht nur die       mente in großem Umfang aus den Böden
immer noch anhaltenden Säureeinträge             ausgewaschen. Holzernte und der Nähr-
neutralisiert, sondern auch die im Boden         stoffexport mit der geernteten Biomasse
gespeicherten und schädlichen Säuremen-          können den Stoffhaushalt von Waldökosys-
gen langfristig abgebaut werden.                 temen zusätzlich belasten.

Das Regenerationskonzept muss sich na-           Deutlich wird dies bei der Erstellung von
türlich streng am standortsspezifischen          Nährstoffbilanzen. Für Baden-Württemberg,
Basendefizit orientieren. Der kleinflächig       Rheinland-Pfalz und andere Bundesländer
differenzierte Kalkungsbedarf lässt sich auf     wurden derartige Nährstoffbilanzen anhand
der Basis von bodenchemischen Daten ab-          der Daten der Umweltmessnetze und der
schätzen. Von besonderer Bedeutung ist           Bundeswaldinventur erstellt. Dazu wurden
dabei das pflanzenverfügbare Aluminium           die Gewinne (Einträge mit Deposition und
im Unterboden. Es ist überwiegend durch          Mineralverwitterung) den Verlusten (Stoff-
menschliche Einflüsse entstanden und             austräge mit dem Sickerwasser und der
kann zur Vergiftung und Schwächung der           Holzernte) gegenübergestellt.
Pflanzen führen (v. Wilpert et al. 2013).

                                                                                         15
© v. Wilpert/Hartmann/Schäffer, 2013: Regenerationsorientierte Bodenschutzkalkung,
   verändert (FVA-Merkblatt 54/2013, S.2)

Abb. 3.1: Veränderung der Säurestärke von Waldböden (Oberboden) verschiedener Ausgangsgestei-
ne innerhalb von 65 Jahren (von Wilpert et al. 2013, verändert); rot eingefärbt ist der pH-Bereich, in
dem die für Bodenstruktur und Bodenfunktionen essentiellen Regenwurmarten kaum oder nicht mehr
lebensfähig sind.

pH 6,0 = schwach sauer, pH 3,0 = stark sauer (1.000fache Säurefracht gegenüber pH 6,0)

Als Ergebnis lassen sich für die Nährstoffver-                    • Kritisch ist auf vielen Standorten die
sorgung der Waldbäume folgende Schluss-                             Verfügbarkeit von Kalium und auch von
folgerungen ziehen:                                                 Phosphor. Diese beiden Elemente sind
• Durch die „Versauerungsaltlast“ sind die                          in ihrer Mobilität im Boden stark einge-
   Böden so verarmt, dass auf manchen                               schränkt, da sie stark fixiert werden.
   Waldflächen selbst ohne Holznutzung                            • Nährelementrückführung (zum Beispiel –
   die Nährstoffbilanzen nicht mehr ausge-                          soweit zulässig – mit Holzasche) ist er-
   glichen sind (hervorgerufen besonders                            gänzend zur regenerationsorientierten
   durch verstärkte Lösung und Auswa-                               Bodenschutzkalkung notwendig, wenn
   schung mit dem Niederschlagswasser).                             die aktuelle Nutzungsintensität erhalten
• Nutzungsverzichte als alleiniger Aus-                             bleiben soll.
   gleich von Nährelementdefiziten wären                          • Dazu reicht aber in vielen Fällen eine
   hier unvertretbar hoch; die Versauerung                          einmalige Ausbringung von 4 t/ha Kalk/
   der Waldböden würde aber selbst dann                             Holzasche je Umtriebszeit aus, um nut-
   über Jahrhunderte weiter wirken.                                 zungsbedingte Nährelementverluste aus-

16
zugleichen. Die Intensität dieser Maß-         gung und Bodenversauerung beeinträch-
  nahmen ist damit sehr niedrig.                 tigt. Anfang der 1990er Jahre wurde die
• Vor allem auf ärmeren Standorten muss          Bodenzustandserhebung im Wald (BZE)
  zur Sicherung der Nährstoffvorräte das         konzipiert, um diese Störungen zu erfassen.
  Nichtderbholz bei Holzerntemaßnahmen           Bei der ersten Wiederholung (BZE 2) nach
  im Bestand belassen werden.                    15 Jahren wurde die Fragestellung der BZE
                                                 deutlich ausgeweitet, unter anderem zur
3.3 Bodenzustandserhebung                        Erfolgskontrolle der Bodenschutzkalkung
    (BZE) im Wald                                oder zur Bewertung der Nährstoffnachhal-
                                                 tigkeit von Holzerntemaßnahmen. Außer-
Böden sind räumlich hochdifferenzierte           dem wurde in der „Testregion“ Baden-
Naturgebilde, die aufgrund ihrer Struktur        Württemberg die Flächenbedeutung von
vielfältige, auch sich entgegenstehende          Bodenstrukturstörungen durch Befahrung
Funktionen wie z. B. Luft-, Wasserversor-        mit Maschinen untersucht.
gung gleichzeitig auf kleinstem Raum erfül-
len können. Dies gilt besonders im Wald, da      So ist die BZE zu einem unverzichtbaren
sich dort die Böden und ihre Struktur über       Steuerungsinstrument zum Erhalt und zur
lange Zeiträume ohne ständige Bodenbe-           Wiederherstellung der natürlichen Boden-
arbeitung entwickeln können. Dennoch ist         vielfalt geworden: eine wesentliche Voraus-
die Funktionalität von Böden auch im Wald        setzung für den nachhaltigen Erhalt einer
durch die Einflüsse von Stickstoffübersätti-     standortsangepassten Biodiversität.

                                                                                               © Dr. Otto Ehrmann

Abb. 3.2: Bodenzustandserhebung im Wald (BZE II) ergab wichtige Hinweise zum Zustand und zur
Entwicklung der Waldböden.

                                                                                               17
Die wichtigsten Ergebnisse der BZE 2 sind                                   lenstoff-Vorräte von 0,75 t je Hektar von
(Wellbrock et al., 2016):                                                   BZE 1 zu BZE 2 beobachtet. Positive Än-
• Die Geschwindigkeit der Bodenversaue-                                     derungsraten fanden sich besonders im
  rung hat sich verlangsamt.                                                Auflagehumus und im Oberboden. Ins-
• Auf natürlicherweise besser basenver-                                     besondere im Norddeutschen Tiefland
  sorgten Standorten schreitet sie aber                                     lagen hohe Kohlenstoff-Zunahmen vor.
  weiter fort.                                                              Die C-Speicherung im Auflagehumus ist
• Die Bodenschutzkalkung hat die Basen-                                     für Nadelbaumarten höher als für Laub-
  ausstattung der Oberböden nachweisbar                                     baumarten.
  erhöht und die Nährstoffversorgung der                                  • Mit der Kalkung erhöht sich der im Mi-
  Bäume stabilisiert.                                                       neralboden gespeicherte Kohlenstoff,
• Die Stickstoffsättigung der Waldböden ist                                 während der Auflagehumus Kohlenstoff
  noch hoch, hat aber zwischen BZE 1 und                                    verliert. Bezogen auf das Gesamtprofil
  2 abgenommen.                                                             führt die Kalkung zu einer stärkeren Koh-
• Kohlenstoffvorräte: Für das Gesamtprofil                                  lenstoff-Zunahme als auf ungekalkten
  wurde eine jährliche Zunahme der Koh-                                     Standorten.

Literatur/Quellen:

[1]   Wilpert v., K.; Bösch, B.; Bastian, P.; Zirlewagen, D.; Hepperle, F.; Holzmann, S.; Puhlmann, H.; Schäffer, J.; Kändler, G.; Sauter, U.H.
      (2011): Biomasse-Aufkommensprognose und Kreislaufkonzept für den Einsatz von Holzaschen in der Bodenschutzkalkung in
      Oberschwaben. Freiburger Forstliche Forschung, Berichte, Heft 87.155 S.
[2]   Wilpert v., K.; Hartmann, P.; Schäffer, J. (2013): Regenerationsorientierte Bodenschutzkalkung, FVA Merkblatt 54, 39 S.
[3]    Wellbrock, N.; Bolte, A.; Flessa, H. (Hrsg.) (2016): Dynamik und räumliche Muster forstlicher Standorte in Deutschland:
       Ergebnisse der Bodenzustandserhebung im Wald 2006 bis 2008, Thünen-Report 43

18
4 BODENSCHÄDEN DURCH BEFAHRUNG –
  AUSWIRKUNGEN AUF WURZELENTWICK-
  LUNG UND BAUMWACHSTUM
      Prof. Dr. Jürgen Schäffer, Prof. Dr. Thorsten Gaertig

Die natürliche, durch ein reich gegliedertes      Durch diese Merkmale werden der Boden-
Porensystem charakterisierte Lagerung von         wasserhaushalt und der Bodenlufthaushalt
Waldböden ist das Ergebnis eines kontinu-         maßgeblich bestimmt, was wiederum für das
ierlichen, dynamischen und energieaufwän-         Baumwachstum von zentraler Bedeutung ist.
digen Prozesses. Auf der einen Seite ent-
stehen Bodenporen durch biogene Aktivität         Durch das Befahren von Waldböden mit
und physikalische Kräfte. Auf der anderen         schweren Forstmaschinen wird dieser
Seite geht Porenraum durch die Eigen- und         Gleichgewichtszustand massiv gestört.
Auflast der Bodenbestandteile sowie durch
die Energie des strömenden Sickerwassers          Wie entstehen Befahrungsschäden?
verloren (Hildebrand 1987). Durch die natür-      Forstmaschinen sind darauf ausgelegt,
lichen, vor Ort stattfindenden Prozesse ent-      schwere Lasten auf einem ungeschützten
steht ein Gleichgewichtszustand, der für den      Waldboden zu bearbeiten und zu bewegen.
jeweiligen Standort typisch ist. Er stellt sich   Dabei wird oft die Eigenstabilität des Bodens
ein, wenn die Porenneubildungsrate und die        überschritten und der Waldboden verformt.
Porenverlustrate gleich groß sind.
                                                  Beim Befahren geht Porenraum durch die
In Bezug auf die Bodenporen ist der Gleich-       Verdichtung, das heißt durch den nach
gewichtszustand des Bodens charakterisiert        unten wirkenden Druck, verloren. Zusätzlich
durch                                             bewirken die parallel zur Bodenoberfläche
• die Anzahl der Poren                            wirkenden Scherkräfte der Räder und Ket-
• den Anteil der kleinen, mittleren und gro-      ten eine Verringerung der Wasser- und Luft-
   ßen Poren                                      durchlässigkeit in den noch verbliebenen
• die Verbindung zwischen den Poren               Poren (siehe Abbildung 4.1).

                                                                                            19
© Prof. Dr. Thorsten Gaertig, Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst, Fakultät Ressourcenmanagement/nach Yong und
 Ossler 1966, verändert

Abb. 4.1: Bei der Befahrung wirken vertikale und horizontale Kräfte auf den Boden. Die Bodenver-
formung führt zu einem Verlust an Porenraum und zusätzlich zu einer reduzierten Vernetzung der
verbleibenden Poren.

Bei der Entstehung von Befahrungsschäden                          befahrungsbedingte Störungen der Boden-
tritt die maximale Krafteinwirkung an der                         struktur auf nahezu 30 % der Waldflächen
Bodenoberfläche ein. Da die Bodenoberflä-                         außerhalb von Fahrwegen und Rückegassen.
che die Grenzschicht zwischen Atmosphäre                          Angesichts der Dauerhaftigkeit dieser Schä-
und Bodenluft ist, kann der Gasaustausch                          den ist dieser Befund alarmierend.
nur hier erfolgen. Infolge der Störungen im
Wasser- und Lufthaushalt des Bodens nimmt                         Bodenverformung und
die Eignung des Bodens als Lebensraum für                         Wurzelentwicklung
Bodenlebewesen sowie für Wurzeln dras-                            Bereits in den 1980er Jahren wurden die
tisch ab. Dies hat negative Auswirkungen                          Auswirkungen befahrungsbedingter Boden-
auf die Vitalität der Waldbäume (Gaertig et                       strukturveränderungen auf die Funktion des
al. 2001).                                                        Waldbodens als Wurzelraum untersucht (Hil-
                                                                  debrand 1987). In der Forstpraxis wurde da-
Über diese bodenökologischen Störungen                            mals ein Ausbleiben der Naturverjüngung auf
hinaus übersteigen die Spannungseinträge                          produktiven Lehmstandorten beobachtet,
der Holzerntemaschinen die Eigenstabilität                        die zuvor befahren worden waren. Topfver-
des Bodens häufig so stark, dass nicht nur                        suche zeigten, dass Buchenkeimwurzeln bei
das Baumwachstum beeinträchtigt wird.                             Überschreitung kritischer Lagerungsdichten
Durch vertiefte Fahrspuren und Gleisbil-                          nicht mehr in den Boden eindringen konn-
dung geht auch die technische Befahrbar-                          ten. Neben der wichtigen Bodenfunktion als
keit verloren.                                                    Keimbett ist in verformten Böden zusätzlich
                                                                  die Wurzelraumerschließung beeinträchtigt.
Für die Testregion Baden-Württemberg zeig-                        Dies äußert sich in zweierlei Hinsicht: einer-
ten sich im Rahmen der BZE 2 (s. Kapitel 3)                       seits in einer Abnahme an neu gebildeter

20
Wurzelbiomasse und andererseits in einer       verformten Boden in der Fahrspur: Abbil-
Konzentration der für das Baumwachstum         dung 4.2 zeigt das Ergebnis einer Feinwur-
wichtigen Feinwurzeln in den besser belüfte-   zelaufnahme über einer bestockungsfreien
ten Porenbereichen.                            Fahrtrasse von 4 m Breite und 60 cm Tiefe.
                                               Die Aufnahme erfolgte sechs Jahre nach der
Wenn die Luft zum Atmen fehlt …                Befahrung (Schäffer 2015). Wie zu erwarten,
Vergleichbar dem Aufbau der mensch-            wurden die geringsten Feinwurzeldichten
lichen Lunge mit ihrem weit verzweigten        und Durchwurzelungstiefen unter der Fahr-
Bronchialsystem stellen die entwässerten       spur nachgewiesen. Unter der Verformungs-
Poren die Belüftung des Bodens sicher. Sie     zone setzte die Wurzelraumerschließung
sind dadurch ein entscheidender Faktor für     teilweise komplett aus. Eine eingeschränkte
die Wurzelraumerschließung. Werden die         Durchwurzelung ist aber auch weit über den
Poren durch die Befahrung zerstört, kön-       verformten Fahrspurbereich hinaus zu beob-
nen die Wurzeln den benötigten Sauerstoff      achten. Erst in einer horizontalen Entfernung
nicht mehr aus der Atmosphäre beziehen.        von ca. 1 m zum Fahrspurrand erreicht die
Eine Beeinträchtigung der Gasdurchlässig-      Durchwurzelung wieder eine dem unbefah-
keit an der Bodenoberfläche durch Befah-       renen Boden vergleichbare Intensität und
rung hat zwangsläufig Auswirkungen auf die     Tiefenerschließung.
Sauerstoffversorgung des gesamten Wur-
zelraums: Auch die tieferen Bodenschichten     Aufgrund dieser Beobachtung kann gefol-
werden aufgrund der Schleusenfunktion          gert werden, dass die gesamte Fahrtrasse
dieser Grenzschicht von der Sauerstoffver-     im Hinblick auf die Wurzelraumerschließung
sorgung „abgehängt“. Gleichzeitig reichert     eine Beeinträchtigung erfahren hat.
sich im Boden CO2 an.

Dieser Zusammenhang konnte in einer Viel-
zahl von Untersuchungen bestätigt werden:
War die Gasdurchlässigkeit nahe der Boden-
oberfläche durch Befahrung eingeschränkt,
so zeigte sich in Eichenbeständen eine Ver-
ringerung von Feinstwurzeldichten bis in
Bodentiefen von 70 bis 80 cm (Gaertig et al.
2001). Umgekehrt nahm das Wachstum von
Fichtenfeinwurzeln nach einer künstlichen
Sauerstoffanreicherung im tieferen Mineral-
boden zu (Murach et al. 1993).

Einschränkungen in der Durchwurzelung
zeigen sich nicht nur unter dem unmittelbar

                                                                                         21
© Prof. Dr. Jürgen Schäffer, Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg

Abb. 4.2: Verteilungsmuster der Feinwurzeldichten, aufgenommen an einer Fahrtrasse in Weil im
Schönbuch (links). Rechts dargestellt ist die unbefahrene Kontrolle. Die obere Linie entspricht dem
Grenzwert für eine intensive Feindurchwurzelung (20 Feinwurzeln pro 100 cm2), die feinere Linie einer
extensiveren Durchwurzelung (10 Feinwurzeln pro 100 cm2).

Heute erfolgt die Befahrung überwiegend                                  Untersuchungen in einem Eichenbestand
auf systematisch angelegten Rückegassen.                                 in der Vorbergzone des Schwarzwalds zeig-
Flächige Bodenstrukturschäden und einge-                                 ten, dass dort der Boden seine Funktion als
schränkte Durchwurzelung weisen häufig                                   Wurzelraum auf mehr als 25 % der Fläche
auf eine früher ungeregelte Befahrung hin.                               nicht mehr erfüllte (Gaertig et al. 2000).

 © Prof. Dr. Thorsten Gaertig, Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst, Fakultät Ressourcenmanagement

Abb. 4.3: Verteilung der CO2-Konzentration in einem Eichenbestand

22
© Prof. Dr. Thorsten Gaertig, Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst, Fakultät Ressourcenmanagement

Abb. 4.4: Feinwurzeldichte im gleichen Eichenbestand. Der Einfluss der Verdichtung im Bereich des
Rückeweges und abseits der Erschließungslinien ist deutlich erkennbar.

Bodenstrukturschäden und                                          Unterschiede: Untersuchungen von Stadt-
Baumwachstum                                                      bäumen belegen, dass die Gasdurchläs-
Die Auswirkungen von Bodenstrukturstö-                            sigkeit von Böden ein zentraler Steuerfak-
rungen auf das Baumwachstum sind häu-                             tor für Wachstum und Vitalität von Bäumen
fig nicht direkt erkennbar: Randbäume an                          ist. An 231 Beuys-Eichen in Kassel, die
Rückegassen haben die Möglichkeit, das                            zwischen 1982 und 1987 auf 22 verschie-
Lichtraumprofil der Gasse als zusätzlichen                        denen Standorten mit unterschiedlichem
Produktionsraum für ihre Photosynthese                            Versiegelungsgrad gepflanzt wurden, lie-
zu erschließen. Sie werden dadurch ge-                            ßen sich die Wachstums- und Vitalitätsver-
genüber Bäumen im Innern des Bestandes                            luste quantifizieren: Während die Eichen
gefördert und wachsen tendenziell besser.                         auf den unversiegelten Standorten im Mit-
Diese Förderung kann sich auf das Baum-                           tel 16 m hoch waren und Stammumfänge
wachstum sogar stärker auswirken als die                          in 1 m Höhe von über 130 cm aufwiesen,
negativen Effekte, die durch die Boden-                           waren die Bäume auf den vollversiegelten
strukturstörungen ausgelöst werden.                               Standorten 3 m niedriger und hatten etwa
                                                                  ca. 25 cm geringere Stammumfänge (Gaer-
Dort, wo Solitärbäume verglichen werden                           tig & Schönemann 2015).
können, zeigen sich allerdings eindeutige

                                                                                                                 23
© Rainer Schretzmann
Abb. 4.4: Befahrungsbedingte Strukturstörungen des Bodens zeigen sich oft an einer veränderten
Vegetation, hervorgerufen durch Änderungen des Wasserhaushalts und der Sauerstoffversorgung.

In jedem Fall führen befahrungsbeding-                                einer erhöhten Schadensdisposition ge-
te Bodenstrukturveränderungen zu einer                                rechnet werden. Höhere Ausfallraten und
Beeinträchtigung der Vitalität und Stabili-                           längere Phasen der Regeneration sind Fol-
tät von Wäldern. Besonders bei Extrem-                                gen, die ursächlich aber oftmals nicht mehr
ereignissen wie z. B. längeren Trocken- oder                          mit dem länger zurückliegend eingetrete-
Nässephasen muss in Beständen mit ein-                                nen Bodenschaden in Verbindung gebracht
geschränkter Wurzelraumerschließung mit                               werden.

Literatur/Quellen:

[4]  Gaertig, T.; Puls, Ch; Schack-Kirchner, H.; Hildebrand, E. E. (2000): Die Beurteilung der Bodenstruktur in Waldböden.
     Feldbodenkundliche Merkmale und ihre Relevanz für die aktuelle Bodenbelüftung auf Lösslehm-Standorten.
     In: Allg. Forst- u.J.-Ztg. 171 (12), S. 227–234.
[5] Gaertig, T.; Schack-Kirchner, H.; Hildebrand, E. E. (2001): Steuert Gasdurchlässigkeit im Boden Feinstwurzeldichte
     und Vitalität bei Eiche? In: AFZ-Der Wald 56 (25), S. 1344–1347.
[6] Gaertig, T. und Schönemann, H.: (2015): Wachstum und Vitalität der „Beuys-Eichen“ in Kassel auf unterschiedlich
     versiegelten Standorten. In: DUJESIEFKEN, D. (Hrsg.): Jahrbuch der Baumpflege 2015. Haymarket Media, Braunschweig, 262–266.
[7] Hildebrand, E. E. (1983): Der Einfluss der Bodenverdichtung auf die Bodenfunktionen im forstlichen Standort.
     In: Forstwissenschaftl. Cbl. 102 (2), S. 111–125.
[8] Hildebrand, E. E. (1987): Die Struktur von Waldböden – ein gefährdetes Fließgleichgewicht. In: Allgemeine Forstzeitschrift (16/17),
     S. 424–426.
[9] Murach, D.; Ilse, L.; Klaproth, F.; Parth, A.; Wiedemann, H. (1993): Rhizotron-Experimente zur Wurzelverteilung der Fichte
     (Forstarchiv).
[10] Schäffer, J. (2005): Befahrung von Waldböden – Strategien zur Schadensminimierung. In: Bodenschutz 10 (4), S. 76–83.

24
TEIL II

KONZEPT UND
UMSETZUNG EINER
BODENSCHONENDEN
HOLZNUTZUNG

                  25
5 ÜBERSICHT ÜBER EINFLUSSFAKTOREN UND
  STRATEGIEN
      PD Dr. Joachim Brunotte, Lennart Rolfes

Moderne hochmechanisierte Waldbewirt-           und Fahrzeugparameter. Hochspezialisierte
schaftung beinhaltet einen nachhaltigen         Holzerntemaschinen wie Harvester und
Bodenschutz mit dem Hauptziel der Erhal-        Forwarder fordern durch ihre hohen Inves-
tung und Förderung der Bodenfruchtbarkeit.      titionskosten hohe Auslastungsgrade. Dies
Dabei sind die wichtigsten Bodenfunktionen      kann zu Lasten einer bodenschonenden
(Kap. 2) Filter- und Pufferfunktion, Lebens-    Holzernte gehen.
raumfunktion, Archivfunktion und Nutzungs-
funktion nachhaltig zu sichern und wieder-      Folge sind dann Bodenverdichtungen und
herzustellen (Kap. 4).                          Änderungen des Porensystems, die zu einer
                                                Schädigung der Bodenfunktionalität und
Bezogen auf die mechanisierte Holzernte         somit zu einer Schädigung der Bodenstruk-
sind schädliche Bodenveränderungen auf          tur und des Baumwachstums führen und
der Fläche zu verhindern, indem ein Höchst-     in hängigen Lagen der Bodenerosion Vor-
maß an Vorsorge realisiert wird (Kap. 7). Das   schub leisten.
Feinerschließungssystem mit permanenten
Rückegassen ist von zentraler Bedeutung         Aus der Forderung des BBodSchG § 7 hat
für die Schonung der Bodenstruktur, die         eine Bewirtschaftung der natürlichen Res-
Förderung des Wurzelwachstums und die           source Boden nachhaltig zu erfolgen. Dieser
Erhaltung weiterer Waldfunktionen. In den       Zielsetzung folgt das Konzept einer „Boden-
Rückegassen müssen eine dauerhafte Be-          schonenden Holzernte“. Wichtige Grundla-
fahrbarkeit sowie die Minderung von Boden-      gen dieses Konzeptes wurden von einer bun-
erosion gewährleistet sein.                     desweiten Expertengruppe erarbeitet und
                                                im internen KWF-Abschlussbericht „Boden-
Der Grad der Bodenschädigungen durch Be-        schonende Holzernte“ zusammengeführt.
fahrung wird durch verschiedene Einfluss-       Inhalte dieses Konzeptes sind auch in den
faktoren verursacht (Kap. 4). Die Standort-     Forsttechnischen Informationen (FTI) 1&2
bedingungen wie Bodenart, Humusgehalt,          2009 S. 4–17 veröffentlicht worden und
Skelettanteil und Niederschlagsverteilung       waren zentrales Thema der 1. KWF-Themen-
bestimmen die potenzielle/aktuelle Ver-         tage Das Konzept beinhaltet die in Abb. 5.1
dichtungsempfindlichkeit des jeweiligen         dargestellten drei wesentlichen Strategien/
Standortes und entscheiden damit über die       Lösungsansätze:
Auswahl der einzusetzenden Arbeitsketten

26
Befahrbarkeit von Waldböden bei der Holzernte

 © Dr. Joachim Brunotte, Institut für Agrartechnologie, Johann Heinrich von Thünen-Institut

Abb. 5.1: Befahrbarkeit von Waldböden bei der Holzernte – Einflussfaktoren und Strategien zur Ver-
meidung von Bodenschäden (Brunotte, 2010; AG Bodenschutz, 2016, verändert).

1. Zu der Strategie „Organisation/Logistik“                           2. Die Strategie „Technikausstattung“ be-
   gehören eine Reihe von Lösungsansät-                                  fasst sich vor allem mit der Reduzierung
   zen, wie dauerhafte Feinerschließung                                  der mechanischen Belastung von Wald-
   (Kap. 8.1), Planung und Dokumentation,                                böden bei der Holzernte (Kap. 7) und ist
   Risikomanagement Bodenschutz (Kap.                                    vor allem im Bereich der Vorsorge an-
   8.2), Auftragsgestaltung Bodenschonung,                               gesiedelt. Leitmotiv ist die „Anpassung
   Auslastungsgrade der Erntemaschine.                                   der mechanischen Belastung an die

                                                                                                              27
© Marcus Kühling/FNR
Abb. 5.2: Auch bei starken Eingriffen, z. B. nach Sturmereignissen, ist auf eine bodenschonende Holzernte
zu achten.

     Verdichtungsempfindlichkeit von Böden“                         3. In der Strategie „Waldbau“ sind die
     (Kap. 8.2 und 9). Der Standort bestimmt                           Handlungsanweisungen im Bereich der
     im Wesentlichen die Auswahl der Holz-                             Vorsorge und im Bereich der Sanierung
     ernteverfahren, ob z. B. Seilanlage oder                          von Bodenschäden (Kap. 6) angesie-
     Harvester + Forwarder eingesetzt werden.                          delt, wie Regeneration der Bodenstruk-
     Die Feinabstimmung der ausgewählten                               tur (Kap. 6.2), Waldkalkung, Hilfspflan-
     Maschine auf die Einsatzbedingungen                               zenanbau, Anpflanzung wurzelaktiver
     erfolgt vor Ort: Reifen, Bänder, Traktions-                       Baumarten (Kap. 6.3).
     winde etc.

Literatur/Quellen:

[11] AG Bodenschutz (2016): Bodenschutz bei der Holzernte in den Niedersächsischen Landesforsten.
     Merkblatt der Niedersächsischen Landesforsten, S. 16.
[12] Brunotte, J. (2010): Bodenschäden bei der Holzernte – Vermeidungsstrategien durch Einsatzplanung und Erfolgskontrolle.
     In: Forsttechnische Informationen (FTI) 3&4 2010, S. 10–11.
[13] KWF (2010): „Bodenschonende Holzernte“, Abschlussbericht zum Auftrag der FCK an das KWF, 40 S.

28
6 REGENERATION VON WALDBÖDEN –
  SANIERUNG VON BODENSCHÄDEN, DIE
  DURCH BEFAHRUNG ENTSTANDEN SIND

6.1 Was ist Bodenregeneration?                              Kapiteln vorgestellt. Über das Ausmaß und
                                                            die Wirkung der Belastungen in den Wald-
Prof. Dr. Thorsten Gaertig,                                 ökosystemen weiß man recht gut Bescheid.
Dr. Corinna Ebeling, Prof. Dr. Jürgen Schäffer,             Dagegen gibt es nur wenige, meist neuere
PD Dr. Helmer Schack-Kirchner                               Untersuchungen zu den Prozessen, die zur
                                                            Wiederherstellung eines Gleichgewichts-
Auch für den Boden gilt die für den Men-                    zustandes im Boden führen und damit die
schen beschriebene Definition zum Begriff                   Regeneration von Bodenschäden themati-
„Regeneration (Sport)“:                                     sieren (z. B. Ebeling et al., 2016, Goutal et
                                                            al., 2012; Meyer et al., 2014; v. Wilpert und
    „Unter Regeneration werden Prozesse ver-                Schäffer, 2006).
    standen, die zur Wiederherstellung eines
    (physiologischen) Gleichgewichtszustan-
    des führen. Sie stehen immer in Bezug zu                6.2 Regeneration von
    einer vorausgehenden Belastung und ha-                      Strukturstörungen
    ben (wieder)versorgende Funktion.“
    (Wikipedia)                                             Prof. Dr. Thorsten Gaertig,
                                                            Dr. Corinna Ebeling, Prof. Dr. Jürgen Schäffer,
                                                            PD Dr. Helmer Schack-Kirchner
Auch für den Boden kann man also sagen:
                                                            Regeneration benötigt Energie
Bei der Regeneration geht es um die Wieder-                 Zur Regeneration verdichteter und struktur-
herstellung eines Zustandes, wie er vor einer               gestörter Böden ist Energie erforderlich2.
Belastung bestand.                                          Die Porenneubildungsrate muss massiv er-
                                                            höht werden. Die dazu nötige Energie kann
Die überwiegend vom Menschen hervor-                        auf unterschiedliche Weise in den Boden
gerufenen Belastungen der Böden in Wald-                    eingebracht werden:
ökosystemen wurden in den vorherigen

2
     Vgl. das Gleichgewichtsmodell zur Bodenstruktur von Hildebrand (1987).

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1. Energie-Input durch Bodenlebewesen           • Bodenchemische Merkmale (Redoxpo-
   und Wurzelwachstum:                            tenzial, pH-Wert)
   – Energie kann auf bodenbiologische          • Bodenbiologisch gesteuerte Merkmale
      Weise durch Tiere über die Grabtä-          wie Durchwurzelung, Enzymaktivität der
      tigkeit von Bodentieren wie Regen-          Bodenorganismen, Regenwurmaktivität
      würmern und Maulwürfen oder durch           sowie die Bodenatmung und die CO2-
      das Wachstum von Wurzeln in das             Konzentration der Bodenluft.
      „System Boden“ gebracht werden.           • Zusammensetzung der Bodenvegetation
2. Energie-Input durch bodenphysikalische         sowie Zuwachs und Vitalität der Bäume.
   Prozesse:
   – Auch bodenphysikalische Prozesse
      wie das Quellen und Schrumpfen von        6.3 Optionen zur Regeneration
      Tonmineralen sowie das Gefrieren              von entstandenen Boden-
      oder Verdunsten von Bodenwasser               schäden
      (Austrocknung und Trockenrisse) im
      Boden führen zu einem Energieeintrag.     PD Dr. Klaus v. Wilpert, Dr. Udo Hans Sauter,
3. Energie-Input durch Bodenbearbeitung:        PD Dr. Helmer Schack-Kirchner,
   – Mechanisch, also durch Bodenbe-            Prof. Dr. Thorsten Gaertig,
      arbeitung, kann man Energie – ähn-        Dr. Corinna Ebeling, Prof. Dr. Jürgen Schäffer
      lich wie in der Landwirtschaft – durch
      Grubbern, Mulchen oder Spatenbe-          Aufgrund der sehr langen natürlichen Re-
      arbeitung in den Boden einbringen         generationszeiten der Bodenstruktur ist es
      und so den Boden lockern.                 wichtig, dass zukünftig eine Befahrung aus-
                                                schließlich auf Fahrwegen, Maschinenwe-
Woran erkennt man eine erfolgreiche             gen und permanenten Rückegassen erfolgt –
Regeneration?                                    auch nach Windwurfereignissen.
Eine erfolgreiche Regeneration strukturge-
störter Böden ist schwierig direkt zu messen.   Abseits permanenter Feinerschließungsnet-
                                                ze können allerdings auch künftig Schäden
Man erkennt sie daran, dass sich folgende       auftreten – zum Beispiel, wenn nicht mehr
Merkmale des ungestörten und des befahre-       benötigte Fahrtrassen aufgegeben werden.
nen Bodens wieder angleichen:
• Bodenphysikalische Merkmale:                  Bei der Einrichtung permanenter Fein-
   – Lagerungsdichte bzw. Porenvolumen,         erschließungssysteme sollte deshalb
     Porengrößenverteilung, Wasser- und         grundsätzlich vermieden werden, ohne
     Gasdurchlässigkeit sowie das (feld-        Rücksicht auf bestehende Fahrspuren und
     bodenkundlich anzusprechende) Bo-          Rückegassen ein neues Rückegassensys-
     dengefüge.                                 tem anzulegen.

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