FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT

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FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
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                                                                                                                                                                                 Produkte und Projekte z Strom aus dem Betonbehälter
                                                                                                                                                                                 Markt und Umwelt z Grüne Welle für Hase und Igel

Funktional
                                                                                                                                                                                 Kunden und Partner z Panorama aus Beton

              im Sinne der Natur.

                                                                                                                                                                                                                               Das Magazin von HeidelbergCement • Ausgabe 2 • 2006 • 4v

                                                                                                                                                              Ausgabe 2 z 2006
                                                                                                                                                                                 Thema: Grün

                                                                                                                                                                                 Farbe des Lebens

Edle Natursteinvorsätze gepaart mit hoher Versickerungsleistung. Das Trento-Pflaster begeistert nicht nur durch seine einzigartige
Oberflächenstruktur und sein wertiges Aussehen. Anders als die meisten Gestaltungspflaster kann Trento auch beim Thema Ökologie glänzen.
Mit Edelsplitt verfugt, erfüllt es gar die Richtlinien für versickerungsfähige Pflaster! Mehr darüber und über die vielfältigen Gestaltungs-
möglichkeiten mit Trento gibt’s im Netz unter www.trento-set.de und www.lithonplus.de.
                                                                                                                                                              Farbe des Lebens
                                                                                                                                                              Thema: Grün

Lithonplus GmbH & Co. KG | Zentrale Lingenfeld | Schwegenheimer Straße 1 a | 67360 Lingenfeld
Telefon: (0 63 44) 9 49 - 0 | Telefax: (0 63 44) 9 49 - 1 25 | www.lithonplus.de
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Tipps & Termine
                                                                     Die Landesgartenschau liefert Anregungen               Beim HeidelbergCement-Fotowettbewerb
                                                                     für die Gartengestaltung.                              sind 3.000 Euro zu gewinnen.                                           Fotowettbewerb
                                                                                                                                                                                               Ideen für die „Wohlfühlstadt“

Weil Ökologie ökonomisch ist
                                                                                                                                                                                       Die HeidelbergCement AG schreibt 2006
                                                                                                                                                                                       den bundesweiten Fotowettbewerb
                                                                     Für Ihren Terminkalender:                                                                                         „Wohlfühlstadt“ aus, an dem sich Ama-
                                                                     „Forum Zukunft grünes Bauen“                           5. Heidelberger Bauforum                                   teurfotografen beteiligen können. Es sol-
                                                                                                                                                                                       len Aufnahmen von Orten eingesandt
                                                                     auf der Landesgartenschau in                           27. – 29.09.2006 y Heidelberg/Leimen,                      werden, an denen sich Menschen beson-
                                                                     Heidenheim                                             Portland Forum am Herrenberg                               ders wohl fühlen: Das kann ein Raum
                                                                     20.06.2006, 9.00 Uhr y Heidenheim                      Das 5. Heidelberger Bauforum widmet                        sein oder ein Platz, ein Baumhaus oder
                                                                                                                            sich dem Thema „Die Alterspyramide –                       ein Park, ein Karussell im Vergnügungs-
                                                                     Der öffentliche Raum –                                                                                            park, Spiel- und Sportplätze, ein Fußball-
                                                                     Pflaster und Plattenbeläge                             das Neubauprojekt: Schrumpfende Ge-
                                                                                                                            sellschaft als neuer Markt für die Bau-                    stadion oder eine Musikarena. Orte, an
                                                                     Wertsteigerung von Immobilien und                                                                                 denen sich Menschen begegnen, Orte,
                                                                     öffentlichem Raum durch gepflegte                      wirtschaft“. Medien und Öffentlichkeit
                                                                                                                            behandeln die demografische Entwick-                       die gestaltete oder gebaute Umwelt dar-
                                                                     Außenanlagen; Tücken und Lücken                                                                                   stellen. Jeder Einsender darf maximal
                                                                     im Vergaberecht                                        lung mit einer immer älter werdenden
                                                                                                                            Bevölkerung fast ausschließlich als Pro-                   drei Motive einreichen. Das Preisgeld be-
                                                                                                                            blem. Im Kontrast dazu steht die grund-                    trägt 3.000 Euro. Einsendeschluss ist der
                                                                     18.06.2006, 13.00 Uhr y Heidenheim                                                                                30. Juni 2006. Der Rechtsweg ist ausge-
                                                                                                                            legende These des 5. Heidelberger Bau-
                                                                     Modernes Regenwassermanagement                         forums: Der veränderte Altersaufbau                        schlossen.
                                                                     Rückhaltung – Ableitung – Sammlung                     der Bevölkerung birgt nicht nur Risiken,
                                                                                                                            er eröffnet auch handfeste wirtschaft-                     Schicken Sie Ihre Fotos an die
                                                                     21.09.2006, 13.00 Uhr y Heidenheim                     liche Chancen.                                             folgende Anschrift:
                                                                     Freizeitanlagen: Skatinganlagen,                       Weitere Informationen und
                                                                     Kletterwände, Naturschwimmteiche,                                                                                 HeidelbergCement AG
                                                                                                                            Programm unter                                             Abteilung Marketing
                                                                     Trendsportanlagen                                      www.heidelberger-bauforum.de                               Stichwort „Fotowettbewerb“
                                                                     Weitere Informationen und                              oder bei Christiane Bohlmann,                              Berliner Straße 6
                                                                     Anmeldung unter                                        Telefon: 0 62 21/4 81 95 07                                69120 Heidelberg
                                                                     Beton Marketing Süd GmbH,                              christiane.bohlmann@heidelbergcement.com
                                                                     Telefon: 07 11/32 73 22 00                                                                                        Weitere Informationen:
                                                                     info@betonmarketing.de                                                                                            Birgit Michel
                                                                                                                                                                                       Telefon: 0 62 21/48 12 06
                                                                                                                                                                                       birgit.michel@heidelbergcement.com

                                                                     Impressum
                                                                     Herausgeber: HeidelbergCement AG, Marketing Deutschland, Berliner Straße 6, 69120 Heidelberg, Internet: www.heidelbergcement.de
                                                                     Chefredaktion und Kontakt: Elke Schönig (es), Pressestelle, Telefon: +49 (0)62 21/4 81-95 16, Fax: +49 (0)62 21/4 81-95 40,
                                                                     E-Mail: elke.schoenig@heidelbergcement.com Redaktion: Dr. Georg Haiber (gh), E-Mail: haiber@signum-web.de; Conny Schneider (cs),
                                                                     E-Mail: conny.schneider@heidelbergcement.com; Anne-Friederike Wilhelm (afw), E-Mail: wilhelm@signum-web.de Bildredaktion: Steffen Fuchs, E-Mail:
                                                                     steffen.fuchs@heidelbergcement.com Redaktion, Gestaltung und Produktion: Signum, Mannheim, Internet: www.signum-web.de Druck: Colordruck Leimen GmbH,
                                                                     Leimen, Internet: www.colordruck.com Bildnachweise: Getty Images, Iconica: Titel (Jeff Spielman); Gudrun Holde Ortner: Editorial 3; HeidelbergCement (Steffen
       Umweltschutz hat für HeidelbergCement Tradition, da natür-    Fuchs): 4/5, 6 u.l.,6 u.r., 19 u. r., 23, 25, 26, 29, 37, 39; Corbis: 6 o.l. (John und Lisa Merrill), 10 (Adrianna Williams), 11 (Ralph A. Clevenger), 12, 38 (Herbert
       liche Ressourcen die Grundlage unseres Unternehmens bilden.   Spichtinger); Benno Riffel: 7; Getty Images, Imagebank: 8/9 (Rosemary Calvert); Picture-alliance: 13 l., 13 r. (90100/KPA/HIP), 28 (Ingo Wagner); HeidelbergCement:
                                                                     14-17, 27; Getty Images, Photographer‘s Choice: 18/19 (Michael Goldman); Lithonplus: 6 o. r., 20/21, 34/35, 36; BetonMarketing Deutschland GmbH: 22; Signum
       Der schonende Abbau und sparsame Umgang mit diesen            (Ralf Mertzlufft): 24; BetonMarketing Ost (Dr. Thomas Richter): 30/31; DEGES Deutsche Einheit, Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH: 32/33.
       Rohstoffen sind für uns daher eine Selbstverständlichkeit.
                                                                     Beirat: Eckhard Bohlmann, Stephanie Brinkmann, Christian Engelhard, Dr. Klaus Felsch, Dr. Brigitte Fickel, Lutz Heckel, Gabriele Heim, Andreas Heming,
       Durch intensive Rekultivierungs- und Renaturierungsmaß-       Georg Kühling, Günter Leitow, Gerhard Seitz
       nahmen geben wir stillgelegte Steinbrüche der Natur zurück    Auflage und Erscheinungsweise: 7.200 Exemplare; vier Ausgaben pro Jahr. Alle Rechte vorbehalten. Reproduktion nur mit ausdrücklicher Genehmigung
       und schaffen so wichtige Rückzugsgebiete für selten gewor-    des Herausgebers und der Redaktion. Für unverlangt eingesandtes Material übernimmt die Redaktion keine Gewähr.
       dene Pflanzen und Tiere.                                      Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 10. Mai 2006. Die nächste Ausgabe erscheint im August 2006.
                                                                                                                                                                                                              1/2006 context      39
        www.heidelbergcement.de
FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,

nach einem langen und harten Winter hat in Deutschland endlich der Früh-
ling Einzug gehalten. Das erste Grün, die ersten Blätter, Blüten und warmen
Sonnentage sind nach den endlosen Monaten mit Schnee und Eis ein
wahres Fest für die Sinne. Auch context kommt mit dieser Ausgabe ganz
„grün“ daher, und das hat natürlich nicht nur jahreszeitliche Gründe, denn
das Thema ist aus unterschiedlicher Blickrichtung auch für uns als Bau-
stoffhersteller interessant: Da sind zum einen die vielen „grünen“ Anwen-
dungsbereiche, bei denen der Baustoff Beton eingesetzt wird – beispiels-
weise als Pflasterstein bei der Gartengestaltung, als Fertigteil für
Biogasanlagen oder als Bodenbelag in der Landwirtschaft, als Rohstoff für
die Modellierung künstlicher Felsen oder als Baumaterial für so genannte
Grünbrücken. Auf den Seiten 28 und 29 erfahren Sie, was Kalk, auch ein
Produkt von HeidelbergCement, in der Landwirtschaft dafür tut, dass es
grünt und blüht. Ganz besonders beschäftigt uns als rohstoffintensives Un-
ternehmen das Thema Grün natürlich bei der Rekultivierung und Renaturie-
rung unserer Abbauflächen. Allein mit diesem Thema könnte man ein gan-
zes Heft füllen.

Aber auch die Farbe Grün an sich hat viel mit HeidelbergCement zu tun,
denn sie ist weltweit unsere Hausfarbe. Lesen Sie auf den Seiten 14 bis 17,
wie es dazu kam, und auf Seite 19, wie wir mit unseren Fahrzeugen Farbe
auf Deutschlands Straßen bringen. Auf den Seiten 34 und 35 erfahren Sie,
welche Wirkung Pigmente im Beton haben. Noch grüner wird’s beim The-
ma umweltfreundliche Energiegewinnung mit dem „iRoof“, einem Beton-
massivabsorber mit bauteilintegrierten Photovoltaikmodulen und einer
speziellen Kunststoffbahn als Dachhaut (siehe Seite 24/25).

Wir hoffen, dass wir auch mit diesem Heft und der Zusammenstellung der
Themen wieder Ihre Zustimmung finden. An dieser Stelle möchte ich mich
bei allen bedanken, die sich an unserer Leserbefragung in der letzten Aus-
gabe beteiligt haben. Ihre Antworten, die uns zeigen, dass Sie mit context
zufrieden sind, haben uns sehr gefreut und motivieren uns, weiterzumachen.
Die Ergebnisse der Befragung und natürlich die Namen der WM-Ticket-
Gewinner finden Sie auf Seite 38.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe und einen
schönen Bau-Sommer.

Ihr Georg Kühling
Marketingleiter HeidelbergCement AG, Deutschland

                                                                               2/2006 context   
FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
Panorama

On the road: Heidelberger Grün
beim Bau des Lehrter Bahnhofs
im Berliner Regierungsviertel.

   context 2/2006
FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
Panorama

2/2006 context   
FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
8                                                                20

                          oben links: Ausstrahlung in Grün – kleidsam nicht nur
                          für Lobelia bamuseti

                          oben rechts: Beton und Bäume – schöne Mitte Leonbergs

                          unten links: König Kalk – ein Rohstoff wirkt ausgleichend

                          unten rechts: Einfach wunderhübsch – künstliche Landschaft
                          aus Beton

                     28                                                               37

   context 2/2006
FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
03   Editorial
                                                                                         Inhalt
 04   Panorama

 06   Inhalt

 39   Tipps & Termine

 39   Impressum

      thema: grün

      Farbe des Lebens

8
      Bedeutungen einer Farbe
      Von Unschuld, Gift und Hoffnung

      Eine Farbe macht Geschichte
 12   Grün im Spiegel der Kulturen

      Geschichte des HeidelbergCement-Logos
 14   Gut gebrüllt, Löwe

      „Grün“ in der Sprache
 18   Farbe im Wortgewand

      Go grün
                                              Grün ist Hausfarbe und Statement von HeidelbergCement:
 19   Je grüner, desto lieber
                                              Für das Unternehmen hat der Naturschutz hohe Bedeutung.

      produkte und projekte                             Markt und umwelt

20                                            28
      Römergalerie Leonberg                             Tausendsassa Kalk
      Das Grün kehrt in die Stadt zurück                Nährstoff und Neutralisator

      Betonfassaden                                     Bauen für die Landwirtschaft
 22   Nicht nur sauber, sondern rein              30    Tierisch guter Beton

      iRoof                                             Grünbrücken
 24   Intelligentes Energiedach aus Beton         32    Grüne Welle für Hase und Igel

      Tiefgarage Boschwiese
 26   So schön ist Parken nur in Heidelberg
                                                         Kunden und partner
      Biogasanlagen
                                                         Lithonplus
 27   Strom aus dem Betonbehälter
                                                  34     „Wir bringen Farbe in den Stein“

                                                         Golfpark Gut Häusern
                                                  36     Wenn das Grün ruft ...

                                              37
                                                         Künstliche Felslandschaften
                                                         Panorama aus Beton

                                                                                    2/2006 context      
FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
Thema: Grün

Bedeutungen einer Farbe

Von Unschuld, Gift
und Hoffnung

„Es gibt […] nichts Wohltuenderes als Grün, weil es in das Auge
einfliesst mit einer milden Fülle, die nicht etwa bloss ruhig lässt,
sondern positiv beruhigt.“
Konrad Köstlin, deutscher Volkskundler

Ein Tropfen auf das milde Grün:
Lupinenblatt im Morgentau

   context 2/2006
FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
Thema: Grün

Sie wollen nach Hause. Der Bürotag war lang, der Einkauf nervtötend. Gefriergut taut
im Kofferraum, doch die Ampel verwehrt Ihnen das entspannende Grün. Sie sehen rot
und kochen. Grün ist die Hoffnung – nicht nur in diesem Fall. Was wären wir ohne Grün?
Welche Bedeutung hat Grün für uns? Und wie wirkt es auf Herz und Verstand?

                                                                                         2/2006 context   
FUNKTIONAL - HEIDELBERGCEMENT
Thema: Grün

G
         rün ist eine der Grundfarben neben Rot und Blau und       Farbe des Lebens
         die vierte Farbe im Regenbogen. Es kommt in der Na-       Grün spielt in der religiösen Symbolik eine große Rolle: Die
         tur oft vor, denn viele Pflanzen enthalten Chlorophyll,   Farbe des Lebens weist über das Leben hinaus. Das Kreuz Jesu
Blattgrün. Ins Grüne zu schauen ist angenehm und entspannt         beispielsweise wurde früher oft grün dargestellt, denn wie der
die Augen, doch das ist nicht die wichtigste Funktion des Blatt-   Frühling die keimende Hoffnung nach einer Zeit des Mangels
farbstoffs. Während der Photosynthese baut Chlorophyll mit         ist, ist die Auferstehung Jesu eine Erlösung aus der Zeit der
Hilfe von Sonnenlicht das von Menschen und Tieren ausgeat-         Finsternis. Auch Marc Chagalls (1887-1985) Auferstehungs-
mete Kohlenstoffdioxid in Wasser, Traubenzucker und Sauer-         fenster im Züricher Fraumünster zeigt einen grüngoldenen
stoff um. Und Sauerstoff brauchen wir zum Atmen. Ohne              Christus vor grünem Hintergrund, Zeichen für Versöhnung,
Grün funktionieren also nicht nur Ampeln nicht. Ohne Grün          Barmherzigkeit und Wiedergeburt. In Bischofsringen symboli-
wäre kein menschliches Leben möglich.                              siert der grüne Smaragd die Hoffnung auf Auferstehung, und
    Grün symbolisiert Hoffnung, Frische, Kraft und Neuanfang.      im Islam tragen die Propheten einen grünen Turban als Zeichen
Wenn der Winter überhaupt nicht enden will, häufen sich auch       ihrer Verbindung mit dem Grünen, dessen Betrachtung laut
bei Schneefanatikern die Lamenti: „Ich will endlich mal wieder     Mohammed Gottesdienst ist. In Ägypten ist der wiederaufer-
Grün sehen!“ Schließlich platzen Knospen auf und enthüllen         stehende Totengott Osiris grün.
sanftgrüne Blätter. Aufbruch der Natur in den Frühling. Obwohl         Was Grün bedeutet, unterscheidet sich von Epoche zu Epo-
wir Europäer an den Anblick von Grün gewöhnt sind, finden          che und von Kulturkreis zu Kulturkreis (vgl. S. 12/13). Bei der
wir dieses Schauspiel belebend. Noch kostbarer muss Grün           Darstellung des Osiris erinnert die grüne Farbe den Betrachter
Wüstenvölkern erscheinen. Grün ist die Farbe des Paradieses,       erst heute an die Wiederauferstehung, ursprünglich war das
sie steht für Wachstum und Leben. Dieser Zusammenhang liegt        Grün schlicht die Farbe des Todes. Im Altertum, also ab Mitte
schon im Wortursprung: „Grün“ leitet sich vom althochdeut-         des vierten Jahrtausends vor Christus, symbolisierte Grün Kraft­
schen „gruoni“ und mittelhochdeutschen „grüene“ ab, eine           losigkeit und Vergänglichkeit, in Mesopotamien galt es als Far-
Bildung zum untergegangenen Verb „grüejen“, das „wach-             be mit negativer Wirkung. Auch heute weckt Grün durchaus
sen“, „grünen“ bedeutet. Mit dem englischen „to grow“,             negative Assoziationen: Hat jemand ein „grünes Gesicht“,
„wachsen“, ist „grün“ ebenfalls verwandt.                          wirkt er schlapp, krank und kraftlos, und Kinderbücher zeigen

                                     Grün, grün, grün sind alle meine Farben
„Vitamine für die Augen“ hält eine ziemlich grüne Kunstausstellung im Internet bereit. Auf den Seiten sind ästhetische,
witzige und skurrile Bilder und Fotografien zu sehen, die die Farbe Grün kunstvoll in Szene setzen. Initiiert hat die Ausstellung
fotomuseum.de, eine Produktion der Deutsche Fototage gGmbH in Zusammenarbeit mit hr-online.

     www.fotomuseum.de/fotomuseum/gruen

10    context 2/2006
Thema: Grün

                                                                      „Grün müssen wir als eine Gegebenheit der
                                                                      Natur nehmen. Dann verstehen wir auch,
                                                                      dass es […] als sichernde und hegende, das
                                                                      einfache Leben meinende Farbe erscheint.
                                                                      […] Da wir Grün ‚brauchen’, ist es auch so
                                              Smaragdgrüne            eine Art Konsumgut unter den Farben.“
                                              Hundskopfboa            Heinrich Frieling, österreichischer Psychologe

das Gebräu von Hexen oft in blubberndem Giftgrün. In Eng-          nenarchitekten setzten dabei auf eine Farbwirkung, die schon
land und Schottland ist Grün ebenfalls mit Vorsicht zu genie-      Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) in seiner Farben-
ßen. Englische Motorsportler fordern das Schicksal heraus,         lehre beschrieben hat. Er charakterisiert Grün als neutrale Farbe,
wenn sie in einen grünen Rennwagen steigen, es sei denn,           in der „unser Auge […] eine reale Befriedigung“ findet. Auge
das Gefährt ist ein Jaguar. Der ist nicht grün, sondern „British   und Gemüt ruhen, „man will nicht weiter und man kann nicht
racing green“ – dann kann nichts passieren. Wer bei schot-         weiter“. Ähnlich äußert sich Wassily Kandinsky (1866-1944)
tischen Hochzeiten etwas Grünes trägt, begeht einen nicht          in seiner Schrift „Über das Geistige in der Kunst“: „Absolutes
wieder gutzumachenden Fauxpas, denn die Schotten glauben           Grün ist die ruhigste Farbe, die es gibt: Sie bewegt sich nach
fest daran, dass Grün den Elfen vorbehalten ist. Beim Hoch-        nirgend hin und hat keinen Beiklang der Freude, Trauer, Leiden-
zeitsessen sind sogar grüne Speisen wie Brokkoli, Spinat oder      schaft, sie verlangt nichts, ruft nirgend hin. Diese ständige Ab-
Salat gestrichen. In Korea dagegen ist Grün die Farbe der frisch   wesenheit der Bewegung ist eine Eigenschaft, die auf ermüdete
Vermählten. Es steht für aufkeimende Liebe, wie schon bei den      Menschen und Seelen wohltuend wirkt, aber nach einiger Zeit
Minnesängern, und für Fruchtbarkeit, wie bei den Kelten.           des Ausruhens leicht langweilig werden kann.“ Grün sei passiv
                                                                   und bürgerlich, meinte der Künstler, und „wie eine dicke, sehr
Farbe der Frische                                                  gesunde, unbeweglich liegende Kuh, die nur zum Wiederkäuen
„Sie suchen einen erfrischenden Duft? Dann nehmen wir die          fähig mit blöden, stumpfen Augen die Welt betrachtet“.
grüne Serie.“ In Marketing und Werbung ist helles Grün der             Eine ganz andere Wirkung hatte Grün für Kandinskys Ex-
Inbegriff von Spritzigkeit, Frische und Gesundheit, dunkles        pressionistenkollegen Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Max
Grün strahlt Ruhe, Klarheit und Harmonie aus. Schon die Farbe      Pechstein (1881-1955), Karl Schmitt-Rottluff (1884-1976) und
der Verpackung ist eine eindeutige Botschaft ans Unterbe-          den Fauvisten Henri Matisse (1869-1954). Mit klaren, teils
wusstsein des Konsumenten. Auch grüne Kleidung kann ge-            schrillen Farben stellten sie die Wirklichkeit abstrahiert und ver-
zielt eingesetzt werden: Wer beständig, friedvoll, gelassen und    zerrt dar, um den Betrachter aufzurütteln. Nicht Bäume sind
bescheiden wirken möchte, kleidet sich am besten in gedecktes      grün, sondern Straßen, Häuser und Gesichter. Ein Grün, das
Grün. Bevor 2005 entschieden wurde, dass deutsche Polizei-         grell leuchtet, gelblich oder graugrün matt, fast kränklich daher­
uniformen und -fahrzeuge in Zukunft wie im restlichen Europa       kommt und im Bildzusammenhang neben der Kontrastfarbe
blau sein sollen, galt Grün außerdem als „Farbe der Sicherheit“.   Rot immer irritiert. Grün war alarmierend.
Solange die alten Uniformen aufgetragen werden müssen,                 Grün ist die Hoffnung – grün ist das Gift. Grün erfrischt –
wird das wohl auch noch so bleiben. Bei technischen Geräten        Grün beruhigt. Grün nährt – Grün bewahrt. Grün ist die Farbe
signalisiert Grün „freie Fahrt“ oder bestätigt, dass alles ord-    des Todes – und die Farbe der Auferstehung. Was nun? Grün
nungsgemäß funktioniert.                                           ist eben ein Tausendsassa – mit vielen Bedeutungen und hoher
                                                                   Bedeutung.
Farbe der Mitte                                                                                                                 (afw) z
Früher wurden Wohnzimmer oft grün gestrichen oder tape-
ziert, um sie zu Plätzen der Kraft und Ruhe zu machen. Die In-

                                                                                                                   2/2006 context   11
Thema: Grün

Eine Farbe macht Geschichte

Grün im Spiegel
der Kulturen
Ob wir Lindgrün als sanft, Apfelgrün als frisch oder grelles Grün als giftig wahrnehmen, hängt
von der Umgebung und dem Kulturkreis ab, in dem wir leben. Ein Wüstenvolk sieht die Farbe
Grün anders als ein Eingeborenenstamm im Urwald, und ein arabischer Moslem assoziiert
damit andere Gedanken als ein Chinese. Einzelne Kulturen haben während der vergange­nen
Jahrtausende verschiedene Bilder von Grün geprägt. Eine Spurensuche.

                                   I
                                       m Buch Genesis steht: „Gott sprach:    wohl grüne Erden, aus denen man die
                                       ‚Es lasse grünen die Erde Grünes,      Farbe herstellte, bereits damals bekannt
                                       Kraut, das Samen bringt, und Frucht-   waren. Erst mit Beginn des Ackerbaus
                                    bäume, die Früchte auf Erden tragen, in   vor 9.000 bis 10.000 Jahren gab es
                                    denen ihr Same ist.’“ Seit Tausenden      Götter, die mit der Farbe Grün in Ver-
Drache aus Jade: Der grüne          von Jahren ist die Farbe Grün ein Sym­    bindung gebracht wurden.
Edelstein war bereits im zwei-
ten Jahrhundert vor Christus
                                    bol für Leben und Fruchtbarkeit. Das
wegen seiner Härte als              war nicht immer so. Bei den Jägern und    Grün sind die Götter
Schmuckstein geschätzt.             Sammlern der Steinzeit vor mehr als       Im alten Ägypten besingen Hymnen den
                                    10.000 Jahren spielte Grün eine unter-    Nil, der alle Ufer mit Grün, der Farbe des
                                    geordnete Rolle, Rot triumphierte. Das    Lebens, schmückt. Hathor, die älteste der
                                    belegen Höhlenmalereien, auf denen        ägyptischen Göttinnen, galt im dritten
                                    Wälder und Bäume gänzlich fehlen, ob-     Jahrtausend vor Christus als Herrin der

12   context 2/2006
Thema: Grün

Liebe und des Lebens. Sie wurde gele-       Sie symbolisierten die göttliche Macht       beim Auftragen der Farbe giftige Arsen-
gentlich als grüner Baum dargestellt.       der Umwandlung, den Rhythmus der             dämpfe entwickelten. Eben diese Dämpfe
Grün ist auch die Haut des Gottes Osiris,   Natur sowie übernatürliche Weisheit und      wurden Napoleon Bonaparte zum Ver-
dem Gott der Fruchtbarkeit, der Leben       Stärke. Die Farbe Grün steht für den         hängnis. Grün mochte er am liebsten,
zeugt. „Grüne Dinge tun“ bedeutete bei      Frühling und den Anfang neuen Lebens.        deshalb waren die Räume seines Exils in
den alten Ägyptern Gutes hervorbringen.                                                  St. Helena mit Schweinfurter Grün gestri-
Den Ägyptern besonders wichtig war der      Grün ist das Paradies                        chen. Chemiker analysierten nach Napo-
grüne Halbedelstein Malachit. Sie zer-      Grün ist auch die Lieblingsfarbe des Pro-    leons Tod seine Haare und Fingernägel
mahlten ihn und verrührten das Pulver       pheten Mohammed (570-632 n. Chr.).           und fanden darin große Mengen Arsen:
mit Eiweiß, Akazienharz oder Feigen-        Stets trug er einen grünen Mantel und        Der französische Eroberer starb an einer
milch zu einem smaragdgrünen Brei, der      einen grünen Turban. „Das Anschauen          schleichenden Arsenvergiftung.
als Malfarbe und zum Schminken der          des Grünen ist Gottesdienst“, soll Mo-
Augenlider diente.                          hammed gesagt haben. Die Farbe gilt          Grün ist die Freiheit
    Mit der Entstehung des Christentums     bei den Muslimen und allen Wüstenvöl-        Anhänger der Friedens- und Ökologie-
wurde die Farbe Grün zum Hoffnungs-         kern als Sinnbild für das Paradies, für      bewegung gründeten 1980 in Deutsch-
träger und Symbol der Erneuerung. Grün      blühende Landschaften und ewige Oa-          land die Partei „Die Grünen“. Auch für
wurde zur Farbe der Apostel. Heute tra-     sen. Bis heute ist es nur Mohammeds          andere Länder hat die Farbe politische
gen die Bischöfe als Nachfolger der Apos­   Nachfolgern, den Kalifen, gestattet, ei-     Bedeutung. In der Flagge Italiens steht
tel einen grünen Hut. Dieser soll an die    nen grünen Turban zu tragen. Das heili-      das Grün für das Recht des Menschen
Wanderschaft der Apostel erinnern, die      ge Banner Sandschak-i-Scherif, die kost-     auf Freiheit und Gleichheit. In Irland, der

                                            links: Apostel und Heilige werden oft in
                                            grünen Gewändern dargestellt: Decken-
                                            fresko im Bibliothekssaal des Klosters
                                            Schussenried in Oberschwaben

                                            rechts: Erste Seite des Totenbuchpa-
                                            pyrus des Hohenpriesters Panedjem II.,
                                            dargestellt mit grünem Gesicht

Farbe Grün an den Auftrag, das Chris-       barste Reliquie des Islam, ist grün und      grünen Insel, beanspruchen die Katho-
tentum zu verbreiten. Und der grüne         mit Gold bestickt. Heute ist Grün die Far-   liken Grün als Nationalfarbe. Rot, Gelb
Smaragd in ihren Ringen symbolisiert die    be der arabischen Liga, viele islamische     und Grün sind die drei panafrikanischen
Tugend der Hoffnung und die Auferste-       Staaten haben die Farbe in ihrer Flagge.     Farben. Sie sind häufig in den Landes-
hung. Auch Heilige wie Johannes der                                                      flaggen verewigt und stehen für die
Täufer und der heilige Michael tragen       Grün ist das Gift                            Fruchtbarkeit des Heimatbodens.
auf Bildern häufig grüne Kleidung. Auf      Die Alchemisten bezeichneten Lösungs-            In Deutschland wird die Farbe Grün
Albrecht Dürers Wiener Allerheiligenbild    mittel, die Gold lösen konnten, als „Grü-    heute meist mit Frische und ökologi-
sind die meisten der in den Himmel auf-     ner Löwe“ oder „Grüner Drache“. Derar-       schen Produkten in Verbindung ge-
genommenen Heiligen in grüne Gewän-         tige Flüssigkeiten benötigten sie für ihre   bracht. Das Anfügen des Adjektivs grün
der gehüllt. Wo Grün als alltäglich emp-    Experimente zur Herstellung des „Steins      an Begriffe wie Kosmetik oder Chemie
funden wird, nimmt es im Laufe der Zeit     der Weisen“. Das chlorhaltige Gebräu         rückt sie in die Nähe von Natur und Na-
auch die Farbe des Bösen an. Im Mittelal-   war gleichzeitig der Karrierebeginn der      türlichkeit – Attribute, die der Mensch
ter stehen grüne Drachen und Schlan-        Assoziation „Grün gleich Gift“. Förderlich   als angenehm empfindet. Die Farbe
genwesen für Satan und das Böse. Dä-        für diese Karriere war sicherlich die Her-   Grün weckt im Menschen positive Ge-
monen werden meist mit grünen Augen         stellung des „Schweinfurter Grün“ im         fühle. Daran hat sich im Laufe der Zeit
dargestellt. Im alten China besaßen Dra-    Jahre 1800. Diese arsenhaltige Malfarbe      nichts geändert.
chen hingegen positive Eigenschaften.       war äußerst gesundheitsschädlich, da sich                                          (gh) z

                                                                                                                 2/2006 context   13
Thema: Grün

Schon bei den ältesten Logos unverkennbar:
Der kraftvolle Löwe mit dem doppelten Schweif
steht im Mittelpunkt.

14   context 2/2006
Thema: Grün

Geschichte des HeidelbergCement-Logos

Gut gebrüllt, Löwe
Die Gründung von HeidelbergCement geht auf den Bierbrauer Johann
Philipp Schifferdecker zurück. Bier und Zement? Wie geht das zusammen?
context hat ein wenig im Archiv gekramt.

J
     ohann Philipp Schifferdecker wurde 1811 als ältestes von       ten 25.000 fl. mehr dafür geboten wurden, natürlich ohne Er-
     vierundzwanzig Kindern des Mosbacher Bierbrauers Jo-           folg, da die darin in großem Style anzulegende Cementfabrik
     hann Georg Schifferdecker und dessen Ehefrau Eva Maria         noch höheren Gewinn ver­spricht.“ Doch nach zwei Jahren be-
geboren. Wie seine Vorfahren erlernte er das Brauereihand-          fand sich das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten
werk. 1838 überließ ihm ein Onkel seine Brauerei in Königs-         und konnte nur durch den fachkundigen Zementchemiker
berg, wo Schifferdecker mit der Produktion von untergärigem         Friedrich Schott vor dem Ruin bewahrt werden.
bayerischem Bier begann, das seine Brauerei berühmt machte.
Mit 56 Jahren beschloss Schifferdecker, die Brauerei für umge-      Königliches Selbstbewusstsein
rechnet zirka 150.000 Euro an seinen Bruder zu verkaufen,           Die Geschichte des Firmenwappens ist ebenfalls eng mit der
denn seine Kinder hatten kein Interesse an einer Übernahme          Stadt Heidelberg verbunden. „Stets das Beste“ lautete Schif-
der elterlichen Brauerei. 1872 kehrte Schifferdecker in seine       ferdeckers Wahlspruch. Um die Nähe zu Heidelberg zu doku-
badische Heimat zurück. Auf der Zugfahrt von Königsberg             mentieren, fügte er den Wappenlöwen Heidelbergs in das Fir-
nach Heidelberg soll er den Tipp bekommen haben, sein Ver-          menemblem ein. Zwar änderte sich das Markenzeichen häufig,
mögen in eine Portland-Cement-Fabrik zu investieren. Was Le-        die barocke Darstellung des Löwen aber blieb bis heute eine
gende und was Tatsache ist, lässt sich heute nicht mehr bele-       fast unveränderte Konstante. „Warenzeichen, einen doppel-
gen. Es dürfte aber einem umsichtigen Unternehmer wie               geschwänzten Löwen mit Krone darstellend, welcher dazu be-
Schifferdecker nicht entgangen sein, dass damals gerade ein         stimmt ist, beim Verkauf von Waaren/Cement auf die dessel-
Gründungsboom von Portland-Cement-Fabriken eingesetzt               bigen Fässer aufgeklebt zu werden“, ist im Zeichenregister des
hatte. Außerdem gab der gewonnene Krieg gegen Frankreich            Großherzoglichen Badischen Amtsgerichts 1886 notiert. Eine
der Baukonjunktur Auftrieb. Dass sich in dieser Branche Geld        der ältesten Darstellungen findet sich in einer Annonce, in der
verdienen ließ, zeigten die bereits bestehenden Zementwerke         das Löwenmotiv bereits in ein angedeutetes Oktogon einge-
von J. F. Espenschied in Mannheim und Dyckerhoff & Söhne in         passt ist. Dies wird später zum bestimmenden Element im Hei-
Wiesbaden-Biebrich.                                                 delberger Logo.
   Schiffer­deckers Sohn Paul studierte in Heidelberg. Es muss          Neben dem Bezug zu Heidelberg sollte das Firmenemblem
wohl dessen Liebe zu dieser Stadt gewesen sein, die den Aus-        auch auf die technischen Fähigkeiten des Produzenten verwei-
schlag für die Standortwahl des neuen Unternehmens gab. Am          sen. Damals beherrschten englische Zemente den Markt, und
10. Januar 1873 kaufte Schifferdecker die Bergheimer Mühle          es galt, sich sichtbar zu platzieren. Da lag es nahe, sich die sub-
für umgerechnet rund 230.000 Euro. Der Kauf schien zunächst         tile Ausdruckskraft eines herrschaftlichen Symbols zu Nutze zu
ein Glücksfall zu sein. Am 24. Januar 1873 meldete die Karlsru-     machen. Als Sinnbild der Tapferkeit, als Symbol des Herrscher-
her Zeitung: „Als Beweis, wie rasch sich oft der Werth von          hauses und der von ihm ausgehenden Macht ist der Löwe
Liegenschaf­ten erhöht, sei Ihnen mitgeteilt, dass Hrn. Schiffer-   eines der beliebtesten Wappentiere. Und warum ein doppel-
decker, welcher vor kaum 14 Tagen die hiesige Bergheimer            schweifiger Löwe? Da kaum ein Wappenzeichner früherer
Mühle für 150.000 fl. ersteigerte, schon jetzt von einem Drit-      Jahrhunderte einen echten Löwen gesehen hatte, wurde er

                                                                                                                   2/2006 context   15
Thema: Grün

                                                  fantasievoll mit allerlei Beiwerk ausgestattet. Bald gab es ein
                                                  Dutzend Ausprägungen des Heidelberger Stadtwappens mit
                                                  flatternder Mähne, ziselierter Krone und eben doppeltem
                                                  Schweif. Am 20. Februar 1969 legte der Stadtrat eine neue
                                                  Darstellung des Stadtwappens fest. In erster Linie war die
                                                  „Schwanzfrage“ zu klären, denn der alte Pfälzer Löwe hat ei-
                                                  nen Schweif, zwei Schweife hat nur der böhmische Löwe. Der
                                                  doppelschwänzige Heidelberger Löwe wird daher oft als Erb-
                                                  stück des Kurfürsten Friedrich V. angesehen, was historisch
                                                  allerdings nicht zu belegen ist.
                                                      Zum zehnjährigen Bestehen der Firma Portland-Cement-
                                                  Werk Heidelberg, Schifferdecker & Söhne im Jahr 1883 ent-
                                                  stand ein Plakat, das den doppelschweifigen Löwen zeigt. Zum
                                                  fünfzehnjährigen Jubiläum 1887 wurde eine Farblithografie
                                                  als Plakat aufgelegt, in der eine stattliche Fabrik mit rauchen-
                                                  den Kaminen zu sehen ist. Qualmende Schlote galten als Sym-
                                                  bole für Fortschritt – und über allem thront der barocke Löwe.
                                                  Auch in Briefbögen der 1880er Jahre findet sich der Löwe in-
                                                  mitten nach heraldischer Stiltradition angeordneten Auszeich-
                                                  nungen, die auf Gewerbe- und Weltausstellungen errungen
                                                  wurden. Der Löwe ist Sinnbild für Stärke, königliche Macht,
                                                  Glauben und Vertrauen, für Großmut, Erhabenheit und Tapfer-
                                                  keit. In der Baukunst steht der König der Tiere für die Zuverläs-
                                                  sigkeit des Bauwerks und die Tragkraft von Bauelementen. Wie
                                                  im HeidelbergCement-Logo tritt er auch in der Architektur oft
                                                  in Kombination mit einem anderen Symbol auf: dem Achteck
Johann Philipp Schifferdecker: geboren 1811
in Mosbach, gestorben 1877 in Königsberg
                                                  als Grundrissidee für den Zentralraum. Im HeidelbergCement-
                                                  Logo steht das Oktogon zudem symbolisch für die acht
                                                  HeidelbergCement-Werke, die Eckpfeiler des Unternehmens.

                                                  Wie der grüne Löwe ins Achteck kam
                                                  1899 wurde die in Liquiditätsschwierigkeiten geratene Port-
Medaillenregen: Das Portland-Cement-Werk wurde    land-Cement-Fabrik Matthäus Lude in Nürtingen erworben,
in Heidelberg, Sydney, Mannheim, Melbourne,       der Auftakt zu einer Reihe von Firmenübernahmen. 1901 kam
Amsterdam, Chikago und Straßburg ausgezeichnet.   es zur Fusion mit der Mannheimer Portland-Cement-Fabrik AG,
                                                  die Werke in Mainz-Weisenau und Mannheim einbrachte. In
                                                  rascher Folge wurden die Werke in Budenheim am Rhein, Die-
                                                  desheim-Neckarelz, Offenbach und Ingelheim am Rhein in den
                                                  Konzern einbezogen. Ergebnis der beiden Fusionen und der
                                                  zahlreichen Firmenübernahmen war der umständlich lange
                                                  Firmenname „Portland-Cementwerke Heidelberg-Mannheim-
                                                  Stuttgart Aktiengesellschaft“. Im Zuge der Gleichschaltung der
                                                  einzelnen Betriebe verfolgten die Nationalsozialisten das Ziel,
                                                  den Konzern streng auf Heidelberg auszurichten. Am 26. April
                                                  1938 kam es deswegen zu einer erneuten Umbenennung in
                                                  „Portland-Zementwerke Heidelberg Aktiengesellschaft“. Erst-
                                                  mals nahm man auch Abstand von der alten Schreibweise und
                                                  schrieb Zement mit „Z“. Nach dem Ende des Zweiten Welt-
                                                  kriegs waren viele deutsche Marken im In- und Ausland ent-
                                                  weder beschlagnahmt oder unter Ver­mögensaufsicht gestellt.
                                                  1948 erfolgte ein erster Schritt zur Wiedereinführung eines

16   context 2/2006
Thema: Grün

                                                      links: Bunte Vielfalt, unter-
                                                      schiedliche Größe – eine
                                                      Auswahl der Heidelberger
                                                      Zementmarken

                                                      rechts: Kein Bier, sondern
                                                      Zement – die Werkstatt der
                                                      Küfer im Portland-Cement-
                                                      Werk. Zement wurde früher
                                                      in Fässern transportiert.

gesetzlichen Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichen-          den und wurden allmählich Gewohnheit. Erst Ende 1984 ent-
schutzes. Die Portland-Zementwerke Heidelberg meldeten            schloss man sich, den Namen „Heidelberger Zement“ als Wa-
daraufhin ihr altes Warenzeichen, das für alle Heidelberger       renzeichen anzumelden. Zehn Jahre später stellte sich erneuter
Werke einschließlich des Gipswerks Neckarzimmern und des          Veränderungsbedarf durch die Übernahme des belgischen Kon­
Kalkwerks Münsingen gelten sollte, erneut an. Der Löwe im         zerns CBR ein. Die Übernahme des skandinavischen Konzerns
Achteck war in Variationen seit Unternehmensgründung Be-          Scancem und seine Integration machten deutlich, dass diese
standteil des Firmenemblems. Nach einer stürmischen Aufbau-       nicht einfach unter dem Dach „Heidelberger Zement“ und
phase und einer jahrzehntelangen steilen Aufwärtsentwicklung      dem Löwen im Achteck zu vereinigen waren. Zu kompliziert
gab es erneuten Veränderungswillen erst zum 125-jährigen          waren die Strukturen und die Bezüge der historisch gewach-
Firmenjubiläum. Vor allem die Absatzeinbrüche infolge der         senen lokalen Marken der beiden übernommenen Konzerne.
Ölpreiskrise und der rückläufigen Konjunktur verlangten nach          In der Hauptversammlung 2002 wurde deshalb beschlos-
neuen Strategien. Ein erster Einstieg in den französischen        sen, den bisher im Handelsregister eingetragenen Namen der
Markt und Expansionsschritte in den USA waren die Antwor-         Konzernobergesellschaft „Heidelberger Zement Aktiengesell-
ten. Im Inland setzte man dem Zeitgeist entsprechend auf          schaft“ in „HeidelbergCement AG“ zu ändern. Dies setzte den
Diversifikation bei der Produktpalette. Der neue Kurs sollte      juristischen Schlussstein bei der Einführung eines neuen Er-
auch durch einen neuen Namen nach außen sichtbar werden.          scheinungsbilds, das weltweit bereits seit Ende 2001 im ganzen
   Die Hauptversammlung segnete am 17. August 1978 neben          Konzern galt. Als „visuelle Klammer“ verbindet dabei der
der Änderung einiger Paragraphen der Gesellschaftssatzung         Schriftzug „HeidelbergCement“ alle Unternehmen der Kon-
die Änderung des Unternehmensnamens ab. Die seit 1938             zerngruppe. Der in den neunziger Jahren internationalisierte
geltende Firmierung „Portland-Cementwerke Heidelberg              Name entspricht der Konzernsprache Englisch und sollte die
Aktiengesellschaft“ wurde in „Heidelberger Zement Aktien­         globale Tätigkeit des Baustoffproduzenten verdeutlichen. Die
gesellschaft“ umbenannt. Die Modernisierung sollte den            Namen und Logos der weltweit über 500 Mitgliedsunterneh-
zahlreichen Namensgebungen ein Ende bereiten. Mitarbeiter,        men und ihrer Marken blieben erhalten; sie nahmen jedoch
Kunden und Lieferanten hatten verschiedene Begriffe wie           den Zusatz „HeidelbergCement Group“ als Unterzeile in ihr
„Portland-Zement“ oder schlicht „Portland“ in Umlauf ge-          individuelles Logo mit auf.
bracht. Viele Firmen, die im neunzehnten Jahrhundert gegrün-          Heute steht der Name „HeidelbergCement“ in mehr als fünf-
det wurden, trugen die Bezeichnung „Portland“ im Namen,           zig Ländern für Kompetenz im Baubereich. 42.000 Mitarbeiter
um einen Bezug zu den damals führenden englischen Zementen        sind an über 1.500 Standorten tätig. Sie alle verbindet das ge-
herzustellen. 125 Jahre nach der Gründung war es angesichts       meinsame Logo in der grünen Farbe Pantone 355, das weltweit
der normierten Zementqualitäten nicht mehr notwendig, auf         eingesetzt werden kann. Im Ausland verdeutlicht der Zusatz „
den Ursprung zu verweisen. Stattdessen sollte der Firmenname      HeidelbergCement Group“ die Zugehörigkeit eines Unterneh-
enger an Heidelberg gebunden werden.                              mens zum Konzern. Den grünen Löwen im Achteck gibt es nur
                                                                  noch in Deutschland auf Markenebene.
Heidelberg wird grün                                                                                              (Dietmar Cramer) z
Seit 1975 fanden sich in den Firmendruckschriften immer häu-
figer grüne Farbtöne. Sowohl der Name Heidelberger Zement
wie auch die grüne Farbe waren eher beiläufig eingeführt wor-

                                                                                                                2/2006 context   17
Thema: Grün

„Grün“ in der Sprache

Farbe im Wortgewand
„Mein Herz wird grün“, ruft mein Chef und drückt mich an seine grüne Seite. Ach du grüne Neune!
Aber wenigstens ist er mir grün, seit beim neuen Projekt alles im grünen Bereich ist.
Ich Grünschnabel hätte es fast verbockt ... Grüner wird’s nicht – aber haben Sie alles verstanden?
context erklärt Herkunft und Bedeutung einiger „grüner“ Redewendungen.

                                                                                    Grünschnabel – Greenhorn
 Auf keinen grünen
 Zweig kommen                                                                       Ein Grünschnabel oder Greenhorn ist
                                                                                    ein Neuling, jemand, der jung, frisch
 Wer nicht vorwärts kommt, Vorhaben                                                 und unerfahren ist. Grünschnäbel
 nicht zu Ende bringt, von dem sagt                                                 trauen sich in jugendlichem Übereifer
 man, er komme auf keinen grünen                                                    oft zu viel zu und fallen dann auf ihren
 Zweig. Früher glaubten die Menschen,                                               grünen Schnabel. Deshalb hat der Be-
 dass in immergrünen Bäumen die                                                     griff einen negativen Beigeschmack, er
 guten Geister leben. Deshalb holten                                                etikettiert Unerfahrenheit und Unreife.
 sie sich im sechzehnten Jahrhundert      Einander grün sein …                      Auch bei den Redewendungen „grün
 Tannenbäume in ihre Häuser. Wer          oder auch nicht                           hinter den Ohren sein“ und „ein grü-
 sich aber kein Nadelgewächs leisten                                                ner Junge sein“ steht die Farbe Grün
 konnte, kam zu keinem grünen Zweig       Im Mittelalter schmückte man die          für Unreife.
 – und damit auch zu keinem guten         Tür derjenigen, die man liebte oder
 Geist.                                   mochte, mit Maiengrün: ein deut-          Grünes Licht
                                          liches Zeichen der Zuneigung. Das
 Grün ist die Hoffnung                    Laub offenbarte jedem, wem man            In der Technik bezeichnet Grün Funk-
                                          „grün“ war und wem nicht.                 tionsfähigkeit oder freie Fahrt, abge-
 Grün ist die Farbe des Frühlings, die                                              leitet von den Farben der Ampel. Wer
 Farbe jungen, keimenden und sprie-       Komm an meine grüne Seite                 grünes Licht bekommt, hat volle
 ßenden Lebens. Weil junge Triebe                                                   Handlungsfreiheit.
 nach einem langen Winter die Hoff-       Die grüne Seite ist die frische, leben-
 nung auf ein ertragreiches und frucht-   dige Herzensseite. Sie ist die liebens-   Ach, du grüne Neune!
 bares Jahr wecken, wurde Grün schon      würdigste Seite eines Menschen und
 früh als Sinnbild für Hoffnung verwen-   Sitz der jugendlichen Lebenskraft. Wer    Diese Redewendung geht auf das
 det. „Mein Herz wird grün“, sagte        jemanden auffordert, an seine grüne       Tanzlokal „Conventgarten“ zurück,
 man früher, wenn man am Ende einer       Seite zu kommen, meint: „Komm an          das sich im neunzehnten Jahrhundert
 entbehrungsreichen Zeit wieder hoffen    mein Herz, ich bin dir freundlich ge-     in der Berliner Blumenstraße 9 befand.
 konnte. In der religiösen Symbolik       sonnen.“ Populär wurde die Redensart      Der Haupteingang war „Am Grünen
 steht Grün für die Hoffnung auf Wie-     durch das schwäbische Volkslied           Weg“, deshalb hieß das Etablissement
 derauferstehung, in der mittelalter-     „Mädle, ruck, ruck, ruck an meine         im Volksmund nur „die grüne Neun“.
 lichen Liebessymbolik ist Grün das       grüne Seite“ aus Friedrich Silchers       Weil es im Conventgarten immer heiß
 Zeichen für beginnende, hoffende         Volksliedersammlung von 1836, den         herging, hatte das Lokal rasch einen
 Liebe. Heute wird die Redewendung        frühesten Beleg findet man 1548           zwielichtigen Ruf. Der Ausruf „Ach,
 synonym für „Gib die Hoffnung nicht      bei Manuel Weinspiel: „Kum grad zu        du grüne Neune!“ etablierte sich des-
 auf“ oder „Hoffen wir das Beste“         mir, mins Cordelin, sitz an die grüne     halb als Synonym für das erschrocken-
 verwendet.                               siten min.“                               echauffierte „Um Himmels Willen“.

18   context 2/2006
Thema: Grün

                                                   Go grün: Je grüner, desto lieber

                                          HeidelbergCement sorgt mit seinen Fahrzeugen für Farbe im
                                          Straßenverkehr: Das einheitliche Erscheinungsbild in der
                                          Hausfarbe Grün auf den Silozügen, LKW, Betonmischern und
                                          Pumpen hat einen hohen Wiedererkennungswert. Achten Sie
                                          mal darauf, wenn Sie unterwegs sind. „Je grüner, desto lie-
                                          ber“, das ist die Philosophie von Projektleiter Oliver Hopp,
                                          der in der Marketingabteilung bei HeidelbergCement unter
                                          anderem verantwortlich dafür ist, dass fabrikneue Nutzfahr-
                                          zeuge für das Unternehmen in der richtigen Hausfarbe, „Pan-
                                          tone 355 green“, und mit der richtigen Beschriftung lackiert
                                          werden.
                                              HeidelbergCement ist mit seinen Sparten Zement, Trans-
                                          portbeton und Baustoffe bundesweit tätig. So sieht man bei-
                                          spielsweise die Betonmischer im charakteristischen Grün
                                          und mit der Aufschrift „Heidelberger Beton“ auf Baustellen in
                                          Hamburg, Bremen, Berlin oder im Ruhrgebiet genauso wie im
                                          Osten und Süden Deutschlands. Die Zement-Silofahrzeuge
Am grünen Tisch entscheiden               sind ebenfalls von Ost nach West und Nord nach Süd auf den
                                          Straßen des Landes unterwegs. Einen komplett einheitlichen
Wenn Sie sich beim Billard das dritte     Marktauftritt gibt es bisher aber noch nicht. Der Grund sind
Bier bestellen, entscheiden Sie das       die rasanten Veränderungen der letzten Jahre, in denen zahl-
zwar an einem grünen Tisch – das ist      reiche neue Unternehmen hinzugekommen sind oder umfir-
aber mit dieser Redewendung nicht         miert wurden. Tochtergesellschaften oder Unternehmen, die
gemeint. Eine Entscheidung, die am        erst seit kurzem zu HeidelbergCement gehören, fahren daher
grünen Tisch getroffen wird, ist ein      teilweise noch mit unterschiedlich lackierten und beschrifte-
von Schreibtischtätern verzapftes, the-   ten Fahrzeugen zu den Kunden. Die Farbpalette reicht dabei
oretisches Konstrukt, das sich in der     von blau-gelb über rot-weiß bis grau-gelb und türkis. „Wir
Praxis erst bewähren muss. Die Rede-      achten seit etwa einem Jahr stark darauf“, so Oliver Hopp,
wendung geht zurück auf den mit           „dass unser Marktauftritt bundesweit einheitlich wird. Zurzeit
grünem Samt bezogenen Tisch im Re-        sind hierzulande rund 1.300 Fahrzeuge für uns im Einsatz, pro
gensburger Rathaussaal, an dem der        Jahr werden etwa 150 durch neue ersetzt. Da ist es wichtig,
„Immerwährende Reichstag“ verhan-         dass wir klare Gestaltungsvorgaben machen, an die sich von
delte, von 1663 bis 1806 die Stände-      München bis Rostock alle halten.“
vertretung im Heiligen Römischen              Die richtige Lackfarbe für die Neufahrzeuge wird bei Akzo
Reich.                                    Nobel/Nobilias speziell für HeidelbergCement angemischt.
                                          Aber nicht nur die Farbe muss stimmen. So gibt es für jeden
Wer sich grün macht,                      einzelnen Teil eines Fahrzeugs genaue Vorgaben, die den op-
den fressen die Ziegen                    tischen Auftritt festlegen – vom Führerhaus über den Auflie-
                                          ger bis hin zu den Radnaben, die übrigens in Verkehrsrot RAL
„Will mich aber nicht weiter schmie-      3020 lackiert werden. Nach dem Lackieren werden dann die
gen; denn wer sich grün macht, den        Logos und Schriftzüge an die vorgesehenen Stellen aufge-
fressen die Ziegen“, lässt Johann         klebt, ganz gleich ob Betonpumpe oder Silozug. Da immer
Wolfgang von Goethe seinen „Meister       mehr Neufahrzeuge im neuen Design lackiert werden, werden
der ländlichen Schule“ sagen. Goethe      Straße und Baustellen Jahr für Jahr ein wenig grüner.
erzählt in dieser Geschichte von einem                                                             (es) z
Landmann, der sich mit Bücklingen
                                             www.akzonobel.de
bei der feinen Gesellschaft anbiedert.
Doch er eckt an und wird des Salons
verwiesen. Wer sich grün macht, bu-
ckelt und schleimt – ein Verhalten, das
selten Sympathie erzeugt: Wer sich
zum grünen Blättlein macht, den zer-
malmen die Zähne der Ziegen.

                                                                                      2/2006 context   19
Produkte und Projekte

Römergalerie Leonberg

Das Grün kehrt in die
Stadt zurück

                                       E
                                              in grünes Dach für Leonberg“ – so      tungskonzept des beauftragten Architek-
                                              lautete der Titel des Siegerentwurfs   tenteams überzeugte die Stadtplaner
                                              des Stuttgarter Architektenteams       besonders durch die vielfältigen und har-
Mit der umfassenden Neuge­             um Marcus Rommel, der den Realisie-           monisch aufeinander abgestimmten
                                       rungswettbewerb für die Neugestaltung         Details sowie die Flächengestaltung aus
staltung ihres Zentrums hat die
                                       der Stadtmitte gewonnen hatte. Start-         einem Guss. Auch dem Thema „Grün“
Stadt Leonberg nach langen             schuss für das Gesamtprojekt war die          kam eine große Bedeutung zu – und
                                       Neugestaltung der Römerstraße, einer          zwar nicht nur in Form der neu ange-
Planungen im Jahr 2001 ein
                                       belebten Durchgangsstraße, die kaum           pflanzten chinesischen Schnurrbäume,
ehrgeiziges Projekt begonnen:          noch Anziehungskraft und Attraktivität        sondern auch bei der Farbwahl der Bau-
                                       für Fußgänger bot – kein Wunder, rollten      materialien. Die zentrale Idee der Archi-
Es geht darum, die eigene
                                       hier doch täglich bis zu 40.000 Autos und     tekten ist ein „grünes Dach“ für die Le-
Stadtmitte wieder attraktiv und        600 Busse. Die Leonberger Stadtplaner         onberger Stadtmitte, das aus den Blättern
                                       hatten bei der Neugestaltung der Römer-       der neuen Bäume gebildet wird. Dieses
lebenswert zu machen.
                                       straße, die nicht nur geografisch das         Blätterdach soll einerseits dem Auge
                                       Herz der Stadt ist, gleich mehrere Pro-       Ruhe geben und gleichzeitig die akusti-
                                       bleme zu lösen: Der Bereich sollte nach       schen Beeinträchtigungen durch den an-
                                       der Umgestaltung die Lebensqualität im        grenzenden Stadtverkehr reduzieren. Die
                                       Zentrum deutlich verbessern, seiner zen-      Bodenflächen wurden mit großforma-
Die Römergalerie im Herzen Leonbergs   tralen Bedeutung weiter gerecht werden,       tigen Betonplatten und einem klaren
                                       vom motorisierten Individualverkehr ent-      Konzept bei Pollern und Sitzbänken ge-
                                       lastet werden und zudem einen besseren        staltet. Nicht zuletzt sollte auch eine indi-
                                       Anschluss an die öffentlichen Verkehrs-       viduelle Farbgebung aller verwendeten
                                       mittel bieten.                                Beläge und Gestaltungselemente den zu-
                                           Um aus der ehemaligen Verkehrs-           rückhaltenden und beruhigenden Cha-
                                       durchgangszone einen lebendigen und           rakter der Neugestaltung unterstreichen.
                                       grünen Ort der Begegnung zu machen,              Passend zum Farbkonzept entwickelte
                                       war eine ganzheitliche Lösung gefragt.        der beauftragte Betonstein-Hersteller
                                       Mit dem Bau der Römergalerie, eines           Lithonplus eigens für dieses Bauvorhaben
                                       modernen und architektonisch anspre-          einen grün schimmernden Natursteinvor-
                                       chenden Büro-, Gastronomie- und Einzel-       satz namens „Leonberg“, der in allen
                                       handelszentrums, wurde der erste Schritt      Belägen, bei den Gestaltungselementen
                                       für eine größere Attraktivität des Stadt-     und selbst bei den Bord- und Rinnenstei-
                                       zentrums getan. In einem weiteren             nen eingesetzt wurde. Eine weitere wich-
                                       Schritt wurde eine großzügige Fußgän-         tige Anforderung an den Hersteller war,
                                       gerzone entlang der neu errichteten           dass dieser Sondervorsatz auch bei allen
                                       Römergalerie umgebaut. Das Gestal-            zukünftigen Bauabschnitten in gleicher

20   context 2/2006
Produkte und Projekte

                         Farbe erhältlich ist, denn die Neugestal-
                         tung der Innenstadt wird sich über meh-
                         rere Jahre hinziehen.
                             Da die Römerstraße ein öffentlicher
                         Nahverkehrsknoten ist, ging es bei der
                         Gestaltung der Fußgängerzone entlang
                         der neu errichteten Römergalerie auch
                         um die Nutzung von Teilflächen für den
                         Omnibusverkehr. Die Auswahl der Pro-
                         dukte musste diesen funktionalen An-
                         sprüchen ebenso gerecht werden wie
                         den ästhetischen. Mit einer Kombination
                         aus dem Lithonplus-Funktionspflaster
                         „Expo“ in den Formaten 37 x 25 x 12
                         Zentimeter, 25 x 25 x 12 Zentimeter und
                         37 x 25 x 8 Zentimeter sowie den groß-
                         formatigen Platten „Via Espace“ im Son-
                         derformat 150 x 75 Zentimeter wurde
                         eine optimale Kombination von Funktion
                         und Form erreicht. Der grünlich schim-
                         mernde Sondervorsatz „Leonberg“ fin-
                         det sich aber nicht nur in den Großfor-
                         matplatten und Pflasterflächen, sondern
                         passend auch in allen Produkten der in-
                         tegrierten Stadtgestaltung wieder: Unter
                         anderem kamen neben vierzig Pollern
                         auch eigens gefertigte Sitzbänke zum
                         Einsatz. Funktionell verbergen die
                         schlichten Bänke im Format 299 x 74 x
                         55 Zentimeter sowohl Bodenstrahler zur
                         Beleuchtung als auch elektrische An-
                         schlüsse, die für Veranstaltungen auf
                         dem Platz benötigt werden. Abgerundet
                         wird das neue Design durch gleichfar-
                         bige Bord- und Rinnensteine: 727 lau-
                         fende Meter Rollstuhl-Überfahrsteine
                         sorgen für eine behindertengerechte
                         Ausführung. Weiterhin wurden 216 lau-
                         fende Meter Muldenrinnen und 170 lau-
                         fende Meter Tiefbordsteine, hauptsäch-
                         lich entlang der Römerstraße, verbaut.
                         Mit dem Bau des Einkaufs- und Bürozen-
                         trums Römergalerie als Wahrzeichen und
                         der großzügig angelegten Fußgängerzone
Blick vom Dach auf das   in ihrem Umfeld ist der erste Schritt zum
künftige Blätterdach     „neuen“ Leonberg vollzogen. Jetzt müs-
                         sen nur noch die Bäume wachsen.
                                                                (es) z

                            www.lithonplus.de

                                                 2/2006 context    21
Produkte und Projekte                                                                    Strahlender Auftritt: die Kirche
                                                                                         St. Canisius in Berlin

                      Betonfassaden

                      Nicht nur sauber,
                      sondern rein
                      Eine Fassade, die sich selbst reinigt? Darauf hätte vor Jahren niemand
                      gewettet. Dabei sind die Zutaten denkbar einfach: Sonnenlicht und ein
                      Katalysator namens Titandioxid.

                      B
                              eton entwickelt sich mehr und mehr zu einem Multi-         mit dem Bindemittel Zement untersucht,
                              talent. Je nach Rezeptur trotzt er Frost und chemischen    die Zusammensetzung des Betons und
                              Angriffen, im Verbund mit Fasern ist er ultrastabil und    das Verhältnis Zement-Titandioxid op-
                      für Ästheten kommt er farbig daher. Die neueste Errungen-          timiert sowie die Langzeitwirkung des
                      schaft: Enthält der Beton Titandioxid (TiO2), wirkt die Oberflä-   Reinigungseffekts ermittelt“, erläutert
                      che im Tageslicht schmutzabweisend. Und Luftschadstoffe wie        Projektleiter Gerd Bolte vom Heidelberg-
                      etwa Stickoxide (NOx) werden sogar abgebaut. Die Wirkung           Cement Technology Center.
                      ist verblüffend: Fassaden aus titandioxidhaltigem Beton reini-
                      gen sich von selbst. Das ist das Ergebnis des knapp zweijäh-       Titandioxid als stiller Antreiber
                      rigen Forschungsprojekts TiOCEM vom HeidelbergCement               Verantwortlich für die erstaunlichen Ei-
                      Technology Center, an dem Wissenschaftler aus Belgien, den         genschaften des Betons ist eine spezielle
                      Niederlanden, Schweden und Deutschland mitwirkten. „Wäh-           nanokristalline Form des Titandioxids, ei-
                      rend des Projekts haben wir die Wechselwirkungen von TiO2          ner Substanz, die in der herkömmlichen

22   context 2/2006
Produkte und Projekte

Form als Weißpigment beispielsweise          anderthalb Jahren zeigen die im Freien
auch in Kosmetikartikeln enthalten ist.      gelagerten Bauteile immer noch die glei-           Blaue Aussichten: Sichtbeton bleibt
Die Titandioxidkristalle haben in dieser     che photokatalytische Reaktivität wie zu           mit TiOCEM lange schön.
speziellen nanokristallinen Form einen       Versuchsbeginn. Und noch eine andere
Durchmesser von zwanzig Nanometern,          positive Eigenschaft bringt das Titan-
das ist 2.500-mal dünner als ein mensch-     dioxid mit sich: Da der Beton infolge der
liches Haar. Diese winzigen Kristalle wir-   TiO2-Zugabe deutlich mehr Feinstoff-
ken photokatalytisch. Sie können bei Be-     anteile enthält, sind Fassaden gleichzeitig
strahlung die Energie aufnehmen, die im      wesentlich beständiger gegen Frost.
Sonnenlicht steckt. Mit dieser Energie
können sie andere Reaktionen antreiben       Licht als Energiequelle
und Wassermoleküle an sich reißen. Das       Wer auf selbstreinigende Fassaden setzt,
wirkt sich auf die Eigenschaften der Be-     sollte zwei Dinge beachten: Erstens müs-
tonoberfläche aus. Bei Regen überzieht       sen solche Fassaden so konzipiert sein,
sich die Wand mit einem hauchdünnen          dass ausreichend Licht auf die Oberflä-
Wasserfilm, der anhaftende Verunreini-       che fällt, denn erst das Sonnenlicht initi-
gungen, etwa Staub- und Rußteilchen,         iert den Oberflächen-Reinigungseffekt.
von der Oberfläche ablöst und weg-           Dementsprechend sollten Planer und
schwemmt. Dadurch behalten weiße             Bauherren überstehende Teile vermei-
und farbige Betone ihre Farbkraft und        den, die Teile der Fassade vom Licht
Ästhetik. Zudem ist eine photokatalytisch    abschneiden würden. Zweitens sollten
aktive Oberfläche hygienisch, Algen- und     die Flächen möglichst glatt sein. Gegen
Pilzbewuchs wird gehemmt.                    Schmierereien ist allerdings selbst der
    Titandioxid wirkt nicht nur schmutz-     Wunderbeton machtlos. „Graffiti ver-
lösend. Ähnlich wie in photokatalytisch      schwinden nicht von alleine. Die auf-
wirksamem Putz kann es Schadstoffe zu        gesprühte Farbe verhindert, dass Licht
Kohlendioxid und Wasser abbauen (siehe       bis zur Oberfläche durchdringt und den          das Umweltamt Baden-Württemberg,
Artikel S. 18 in context 2/2005). Das        Reinigungseffekt auslöst“, erklärt Bolte.       die Stadt Heilbronn sowie die Bundesan-
Ganze funktioniert ähnlich wie ein Auto-         Er ist mit den Laborergebnissen aus         stalt für Straßenwesen. In Heilbronn soll
katalysator, nur benötigt die Reaktion       dem TiOCEM-Projekt sehr zufrieden.              zu diesem Zweck eine asphaltierte Straße
Licht. „Wir haben ein Prüfverfahren ent-     „Wir wollen die guten Resultate jetzt           mit Beton überzogen werden. Im An-
wickelt, das die photokatalytische Wirk-     in der Praxis bestätigen, am besten mit         schluss werden über einen längeren Zeit-
samkeit nachweist und misst. Dazu wird       Pilotprojekten.“ Ein erstes Projekt ist kürz-   raum Konzentrationen von NOx gemes-
die Oberfläche des Prüfkörpers aus Mör-      lich in Mouscron, Belgien, angelaufen.          sen, und zwar zeitgleich in unmittelbarer
tel oder Beton mit einem organischen         Dort errichtet der Fertigteilhersteller De-     Nähe der betonierten Straße sowie an
Farbstoff bestrichen und mit Tageslicht      como zusammen mit HeidelbergCement              einer herkömmlichen Straße. Auf diese
bestrahlt. Die Geschwindigkeit, mit der      als Kooperationspartner ein Bürogebäude         Weise kann ermittelt werden, wie gut
sich die Prüffläche entfärbt, ist ein Maß    mit selbstreinigender Fassade. Schmutz-         die Betondecke Luftschadstoffe abbaut.
für die photokatalytische Wirksamkeit“,      abweisende Fenster und Aluprofile sind          Inwieweit solche Spezialbetone zur Luft-
erklärt Bolte.                               eingebettet in eine 1.600 Quadratmeter          verbesserung in der Umgebung beitra-
    Auf diese Weise hat das TiOCEM-          große Front, bestehend aus selbsttragen-        gen können, wird künftig auch einer der
Team zahlreiche unterschiedliche             den Elementen aus photokatalytisch              Entwicklungsschwerpunkte bei Heidel-
Zement-Titandioxid-Kombinationen             aktivem Beton.                                  bergCement sein. Bolte ist sich sicher:
untersucht und deren Wirkung Schritt             In einem weiteren Projekt ist geplant,      „Mit diesem neuen Beton bieten wir un-
für Schritt verbessert. Die optimalen        die luftschadstoffabbauende Wirkung             seren Kunden einen echten Mehrwert.“
Mischverhältnisse variieren je nach          von photokatalytisch aktiven Beton-                                                  (gh) z
Zementtyp. Versuche, die eine Alterung       oberflächen zu untersuchen. Beteiligt
von Beton simulieren, belegen vor allem      sind neben HeidelbergCement auch das
                                                                                                gerd.bolte@htc-gmbh.com
eines: Der photokatalytische Effekt ist      Zentrum für Umweltmessungen, Um-
                                                                                                wolfgang.dienemann@htc-gmbh.com
über lange Zeiträume stabil. Selbst nach     welterhebungen und Gerätesicherheit,

                                                                                                                    2/2006 context    23
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