Gemeinsamer Präventionskongress - BVPG
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bvpg Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. 9. gemeinsamer Präventionskongress des Bundesministeriums für Gesundheit und der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung D O K U M E N TAT I O N Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege 2. Dezember 2019 | Berlin | Hotel Aquino – Tagungszentrum
INHALT Prävention und Gesundheitsförderung Grußwort und Impulsvortrag 4 in der Pflege Birgit Naase | Leiterin der Abteilung »Pflegesicherung, Prävention« im Bundesministerium für Gesundheit 9. gemeinsamer Präventionskongress des Bundesministeriums für Gesundheit und der Grußwort 6 Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Ute Bertram | Präsidentin der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. 2. Dezember 2019 | Berlin | Hotel Aquino – Tagungszentrum Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege – 7 Stand und Perspektiven Prof. Dr. habil. Martina Hasseler | Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Wolfsburg Impulsforum: Prävention und Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen Präventionspotenziale im hohen Alter 9 Prof. Dr. Martin Dietrich | Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen 10 Ulrike Bode | GKV-Spitzenverband Prävention und Gesundheitsförderung in 11 Pflegeeinrichtungen aus der Sicht der Pflegeberufe und der Institution Dr. h. c. Franz Wagner | Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. Fachforen zu wirksamer und nachhaltiger Prävention und Gesundheitsförderung Fachforum 1 | … für pflegebedürftige Menschen 12 Gesundheitsfördernde Pflegeeinrichtung: Stärkung der Gesundheitspotenziale von pflegebedürftigen Menschen durch partizipative Organisationsentwicklung Ulrike Pernack | Verband der Ersatzkassen e.V. Das Förderprojekt »QualiPEP«: Qualitätsorientierte Prävention und Gesundheitsförderung für Bewohner/innen stationärer Pflegeeinrichtungen Anke Tempelmann | AOK-Bundesverband Moderation: Prof. Dr. Corinna Petersen-Ewert | Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg 2 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
INHALT Fachforum 2 | … für Pflegekräfte 14 PFLEGEprevent — Präventiv der Arbeitsbelastung von Pflegekräften begegnen Dr. Dieter Frisch | Ludwig-Maximilians-Universität München Pflege-Prävention 4.0: Verhältnis- und Verhaltens- prävention in der Altenpflege partizipativ gestalten Dr. Paul Fuchs-Frohnhofen | MA&T Sell & Partner GmbH MEHRWERT:PFLEGE – Betriebliche Gesundheitsförderung in der Pflege als Unternehmensstrategie Stefanie Thees | Verband der Ersatzkassen e.V. Moderation: Univ.-Prof. Dr. Hermann Brandenburg | Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar Fachforum 3 | … in Einrichtungen 17 Präventionsprogramm »Gesunde Pflegeeinrichtung« Tim Gerold | AOK Rheinland/Hamburg Digitalisierung im Betrieblichen Gesundheits- management – ein Praxisbeispiel Nadiia Glock und Nathalie Wezel | WGfS GmbH Moderation: Prof. Dr. Gudrun Faller | Hochschule für Gesundheit Bochum Fachforum 4 | … zur Konzertierten Aktion Pflege (KAP) 19 Vorstellung des Stands der Umsetzung der Ergebnisse der AG 2 der KAP Heike Hoffer | Bundesministerium für Gesundheit Stand der Umsetzung aus Sicht der Krankenkassen Dr. Michael Drupp | AOK-Bundesverband Stand der Umsetzung aus Sicht der Leistungserbringer Joachim Görtz | Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V., Landesgeschäftsstelle Bayern Moderation: Dr. Christian Berringer | Bundesministerium für Gesundheit Fazit 22 Teilnehmende Organisationen 24 Impressum 26 Gesamtmoderation: Dr. Beate Grossmann | Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 3
GRUSSWORT | IMPULSVORTRAG Sehr geehrte Damen und Herren, Prävention und Gesundheitsförderung sind in der Pflege sowohl für Birgit Naase, Leiterin der Abteilung »Pflegesicherung, Pflegebedürftige als auch für Pflegende von großer Bedeutung. Prävention« im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Denn Pflegekräfte werden täglich körperlich und seelisch stark gefordert. Prävention und Gesundheitsförderung sind aber auch entscheidend, wenn es um die Schaffung attraktiver Arbeitsbedin- gungen geht und sie sind wichtig, um in einem enger gewordenen Ein sicheres und gesundheitsförderlich gestaltetes Arbeitsumfeld Arbeitsmarkt junge Menschen für die Ausbildung und Arbeit in der trägt dazu bei, die Beschäftigungsfähigkeit von Pflegekräften Pflege zu gewinnen und zu halten. langfristig zu fördern, zu erhalten und Anreiz für einen Quer- bzw. Wiedereinstieg zu bieten. Bei Teilzeitbeschäftigten soll eine Auf- Um die Arbeitsbedingungen in der Pflege attraktiver zu gestalten, stockung der wöchentlichen Arbeitszeit attraktiv werden. Insbeson- wurde von den Partnerinnen und Partnern der Konzertierten Aktion dere in der Pflege arbeiten viele Teilzeitbeschäftigte und es liegen Pflege (KAP) ein umfangreiches Maßnahmenbündel vereinbart. Arbeitsbedingungen vor, die zu einer hohen Fluktuation und einem Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) wurden konkre- hohen Krankenstand führen. te Verbesserungen angestoßen – dies vor allem durch bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen für Pflege- Krankenkassen können mit ihren Leistungen zur betrieblichen Ge- kräfte in der Kranken- und Altenpflege. Die Krankenhäuser können sundheitsförderung (BGF) Krankenhäuser und Pflegeeinrichtun- nun mehr Pflegekräfte einstellen und in der Altenpflege haben wir gen bei der Verbesserung der gesundheitlichen Situation und der ein Sofortprogramm mit 13.000 zusätzlichen Stellen auf den Weg Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen ihrer Beschäftigten gebracht. unterstützen. Deshalb wurden die Krankenkassen mit dem PpSG verpflichtet, zusätzlich mehr als 70 Millionen Euro jährlich speziell Darüber hinaus wurde in der KAP beschlossen, dass – sobald das für Leistungen zur BGF in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtun- wissenschaftliche Gutachten Anfang des Jahres 2020 dazu vor- gen aufzuwenden. Damit erhält BGF in Krankenhäusern und Pflege liegt – das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit den relevanten einrichtungen einen Schub, der mit gesunden und motivierten Akteurinnen und Akteuren aus der Pflege eine Roadmap entwickelt, Beschäftigten letztlich auch den Patientinnen und Patienten und wie das neue Personalbemessungsverfahren in der stationären pflegebedürftigen Menschen zugutekommt. Altenpflege stufenweise umgesetzt werden kann. Dazu werden wir auf Grundlage des Koalitionsvertrags auch eine gesetzliche Rege- Für eine Stärkung der BGF sind nicht nur gesetzliche Maßnahmen, lung schaffen. sondern auch bessere Rahmenbedingungen auf Ebene der Selbst- verwaltung notwendig, ebenso wie mehr Impulse der Einrichtungs- Für die benötigte höhere Anzahl an Fachkräften beinhaltet die KAP träger. Deshalb hat die KAP hier auch an beidem angesetzt. auch eine Ausbildungsoffensive und klare Maßnahmen zur Verein- fachung der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. Die Lassen Sie mich dazu konkrete Beispiele für Vereinbarungen der Arbeitsbedingungen sollen durch gezielten Technikeinsatz und ver- Partnerinnen und Partner der KAP geben: stärkte Digitalisierung verbessert werden. Zugleich muss der Beruf durch eine bessere Bezahlung attraktiver werden. Die Träger der Nationalen Präventionskonferenz vereinbaren dem- nach eine zielgruppenspezifische Prävention und Gesundheits Mit der Förderung innovativer, pflegegeleiteter Versorgungsansätze förderung für beruflich Pflegende als einen Schwerpunkt für die und einem Strategieprozess zur interprofessionellen Zusammen- Jahre 2020 bis 2023. 2023 berichten sie über die Umsetzung und arbeit, der auch die Prüfung erweiterter Verordnungskompetenzen Ergebnisse im 2. Präventionsbericht. Sie setzen sich auch dafür für Pflegefachkräfte beinhaltet, zielen wir darauf ab, Pflegekräften ein, die gemeinsam vereinbarten Ziele zur Erhaltung und Förde- künftig neue Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten und die Fachlich- rung der Gesundheit und der Beschäftigungsfähigkeit der beruflich keit der Pflegefachkräfte weiter zu stärken. Pflegenden voranzutreiben. 4 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
GRUSSWORT | IMPULSVORTRAG Die Pflegeeinrichtungsträger wiederum haben sich z. B. verpflich- das im BMG nach – im nächsten Jahr wird dazu ein erster Bericht tet, Ausfallkonzepte (z. B. Springerpools) zu entwickeln, damit nicht vorgelegt. Und wir steuern nach, wenn wir den Eindruck haben, dass immer wieder Pflegekräfte aus dem »Frei« in die Arbeit zurück noch zu wenig geschieht. Denn das sind wir den Pflegekräften, aber geholt werden müssen. Auch Konzepte für mitarbeiterorientierte, auch den Pflegebedürftigen schuldig. flexible und verlässliche Dienstpläne sowie lebensphasengerechte Arbeitszeitmodelle sollen entwickelt werden. Natürlich müssen Ich wünsche Ihnen nun einen regen und interessanten Austausch. diese Konzepte folglich in der Praxis umgesetzt werden. Wir sind gespannt auf Ihre wertvollen Anregungen aus der Praxis. Denn wir brauchen Akteurinnen und Akteure wie Sie, die sich vor Darüber hinaus wird das BMG in Kürze eine Studie zur »Arbeits- Ort engagieren! platzsituation in der Akut- und Langzeitpflege und Ermittlung s owie modellhafte Implementierung von Indikatoren für gute Arbeits Vielen Dank! bedingungen in der Langzeitpflege« in Auftrag geben. Damit w ollen wir wichtige Erkenntnisse über die tatsächliche Situation in den Ein- richtungen, aber auch über weitere konkrete Möglichkeiten und gute Birgit Naase Beispiele für Verbesserungen gewinnen. Seit 2018 Leiterin der Abteilung »Pflegesicherung, Prävention« im Bundesministerium für Gesundheit Vereinbart wurde auch, dass der heutige Kongress unter dem Motto »Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege« steht. U nsere heutige Veranstaltung ist also der KAP geschuldet! Hier können und sollen auch Lösungsansätze entwickelt werden, wie Gesundheits- förderung und Prävention für beruflich Pflegende praktisch wirksam und nachhaltig umgesetzt werden können. Sie können heute Ihren Beitrag dazu leisten. Die Vereinbarungen für gute Arbeitsbedingungen, auch zur Präven tion und Gesundheitsförderung, die von den Akteurinnen und Akteuren der KAP unterstützt werden, müssen nun von allen Betei- ligten, also nicht nur von Regierung und Parlament, sondern auch von Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen unterstützt, ein geführt und umgesetzt werden. Der Gesetzgeber hat hier mit dem Präventionsgesetz und dem PpSG wichtige Rahmenbedingungen geschaffen. Die KAP hat diese geschärft und weitergeführt. Jetzt sind insbesondere die Einrich- tungen selbst – Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste – gefordert. Sie haben meines Erachtens nicht nur die Möglichkeit, sondern geradezu die Pflicht, Maßnahmen der BGF und der Prävention umzusetzen, um für ihre Beschäftigten gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Ich darf Ihnen versichern, dass wir uns genau ansehen, wie die gesetzlichen Fördertatbestände für die Weiterbildung von Pflege- helferinnen und -helfern und die Umschulung zu Pflegefachkräften sowie die Vereinbarungen der KAP umgesetzt werden. Wir halten Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 5
GRUSSWORT bvpg Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Sehr geehrte Damen und Herren, fast schon in alter Tradition folgt die Fachöffentlichkeit dem Ruf Ute Bertram, Präsidentin der Bundesvereinigung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und der Bundes- Prävention und Gesundheitsförderung e.V. vereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG) zum gemeinsamen Präventionskongress, der dieses Jahr zum 9. Mal ausgerichtet wird. üssen dahingehend weiterentwickelt werden? Auf die Antworten m »Pflege« ist als Thema der Prävention und Gesundheitsförderung darauf dürfen wir gespannt sein! nicht neu. Das BMG und die BVPG haben bereits 2015 auf dem 7. gemeinsamen Präventionskongress »Prävention und Pflege« Die Beiträge widmen sich u. a. den Potenzialen sowie Risiken der die präventiven Potenziale der Pflege aufgezeigt. Damals wurde gesetzlichen Rahmenbedingungen, den P räventionspotenzialen von Bundesgesundheitsminister Gröhe das nur w enige Tage zuvor im Alter, aktuellen Erkenntnissen zur Umsetzung des Leitfadens beschlossene Präventionsgesetz hervorgehoben, von welchem wir Prävention sowie der Sicht der Akteurinnen und Akteure der heute u. a. in Form des Leitfadens Prävention in stationären Pflege Umsetzungsebene, also der Pflegeeinrichtungen. einrichtungen profitieren. Prävention in der Pflege muss von allen Beteiligten verhaltens- und Zwei Jahre später wurde auf der BVPG-Statuskonferenz »Gesund- verhältnisorientierter gedacht und umgesetzt werden und die Pfle- heitsförderung und Prävention in der stationären Pflege« resümiert, genden sowie das Pflegepersonal adressieren und einbeziehen. dass dieser Leitfaden einer Überarbeitung bedarf. Diese Überarbei- tung hat 2018 stattgefunden. Die vier praxisbezogenen Fachforen ermöglichen uns, diesbezüglich Beispiele zu nachhaltiger und wirksamer Prävention und Gesund- Auf Basis der Ergebnisse dieser Veranstaltungen und der aktuellen heitsförderung kennenzulernen. Entwicklungen wurde das heutige Kongressprogramm konzipiert. Zu den aktuellen Entwicklungen zählt neben der Überarbeitung Das Wohl von Pflegebedürftigen und Pflegenden liegt in vielen des Leitfadens auch die im Juli vom Gesundheits- , A rbeitsminister Händen und kann nur gemeinsam gemeistert werden – in diesem sowie der Familienministerin gestartete Konzertierte Aktion Pflege Sinne freue ich mich, dass so viele den Weg nach Berlin gefunden (KAP), durch die sich die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften ver- haben und wünsche uns allen einen spannenden Austausch! bessern sollen und die Ausbildung in der Pflege gestärkt wird. Die Bundesregierung leistet hierbei ihren Beitrag, indem sie einen Ute Bertram gesetzlichen Rahmen setzt. Diese neuen Rahmenbedingungen ver- Präsidentin der Bundesvereinigung leihen den Diskussionen der Prävention und Gesundheitsförderung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. in der Pflege eine neue Dynamik. Diese Dynamik spiegelt sich heute in den Vorträgen und Gesprächsrunden wider – denn ein zentrales Ziel des Kongresses sind der Austausch und die Vernetzung. Um Prävention und Gesundheitsförderung nachhaltig zu implementie- ren, muss eine gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung in stationären Pflegeeinrichtungen stattfinden. Welche Prozesse und Strukturen werden hierfür benötigt? Und was sind die förder- lichen Bedingungen, aber auch die Hindernisse für die Umsetzung von BGM- und BGF-Maßnahmen für Pflegekräfte? Und mit Blick auf die Pflegebedürftigen fragen wir uns: Welche Konzepte sind bereits praxistauglich, welche qualitätsgesichert und evaluiert oder 6 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
VORTRAG Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege – Stand und Perspektiven »gesundheitsfördernde Eine Chance des § 5 SGB XI liegt darin, die Pflegeeinrichtungen als Einrichtungen zu betrachten und sie in dieser Entwicklung zu unterstützen! Eine gesundheitsfördernde Organisations entwicklung wird nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn der Hand lungsrahmen von den Pflegeeinrichtungen selbst geschaffen wird. « Prof. Dr. habil. Martina Hasseler | Ostfalia Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Wolfsburg Prof. Dr. habil. Martina Hasseler 1 | Prävention in der Langzeitpflege Die aktuellen gesetzlichen Entwicklungen lassen den Eindruck Spitzenverbandes zahlreiche Abgrenzungen von anderen gesetz entstehen, dass ein neues Thema Einzug in die pflegerische Ver- lichen Grundlagen des SGB XI verlangt. Auf der anderen Seite gibt es sorgung hält. Allerdings sind Prävention und Gesundheitsförderung in den Einrichtungen bereits präventive und gesundheitsfördernde der g erontologischen Pflege inhärent und selbstverständlich. Die Angebote, die nicht eindeutig von § 5 SBG XI abzugrenzen sind. professionelle Altenpflege formuliert als ein Ziel ihrer fachlichen Aufgaben, die Potenziale älterer Menschen zu entdecken und zu fördern. Darüber hinaus gilt als Merkmal kompetenzorientierter und gesundheitsförderlicher Pflege, ein selbständiges und selbst- verantwortliches Leben in den Settings pflegerischer Versorgung Fakultät Gesundheitswesen zu ermöglichen und zu fördern. Die professionelle Pflege wird als Prävention & Gesundheitsförderung in stationärer Langzeitpflege Begleiter und Trainer zum Erhalt bzw. zur Förderung eigenverant- nicht segmentiert & fragmentiert wortlicher Lebensgestaltung und gesundheitlichen Wohlbefindens sowie zur Vermeidung weiterer Einbußen verstanden.1 § 11 § 43b Abs. 4 SGB XI SGB XI § 18 Als relevante Themen der Prävention und Gesundheitsförderung in Prävention & Gesundheitsförderung in SGB XI stationärer Langzeitpflege der Langzeitpflege werden u. a. seit vielen Jahren diskutiert:2 § 20a, § 20 b, § § 113a SGB § 72 XI usw., 20c SGB V usw. SGB XI • Mobilität und Mobilitätsförderung, • aktivierende Pflege, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften • Sicherung und Gestaltung sozialer Bereiche des Lebens, − Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel · Robert-Koch-Platz 8A · 38440 Wolfsburg z. B. Kontakte bei Kommunikationsproblemen fördern, Hilfsmittel wie Hörgeräte bereitstellen oder Bewohner/innen hinsichtlich aktivierender Angebote beraten, • Aktivierung und Unterstützung der Bewohner/innen, alltäg liche Tätigkeiten durchzuführen, • Potenzialförderung durch Unterstützung und Förderung kognitiver und sozialer Kontakte. Aber durch das Präventionsgesetz entwickelte sich im Jahr 2017 eine neue pflegepolitische Debatte. Diese mündete darin, auf der Grundlage von § 5 SGB XI zu klären, welche Maßnahmen seitens der Pflegekassen für präventive Maßnahmen in der stationären Lang- zeitpflege finanziert werden. Mit § 5 SGB XI droht auf der einen Seite eine Fragmentierung präven- tiver und gesundheitsfördernder Versorgung, da dieser gesetzliche 1 Hasseler 2013 Passus wie auch der entsprechend entwickelte Leitfaden des GKV- 2 Hasseler 2011; Hasseler, Fischer & Meyer 2013 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 7
VORTRAG 2 | Chancen des § 5 SGB XI 4 | Fazit und Ausblick Mit dem § 5 SGB XI sind aber neben diversen Herausforderungen Prävention und Gesundheitsförderung sind keine neuen Themen und kritischen Aspekten auch Chancen verbunden. So sind die in der gerontologischen Pflege, auch wenn die Forschungslage Pflegekassen verpflichtet, die Implementierung von Präventions- keine eindeutigen Evidenzlagen zu wirksamen Maßnahmen und leistungen in der stationären Langzeitpflege möglichst mit organi Interventionen generiert. Diese Erkenntnis ist auf diverse metho sationsentwickelnden Ansätzen zu unterstützen und zu fördern. dische, theoretische und weitere Gründe zurückzuführen. Vor Dies bietet die Chance, dass in die betriebliche Wertediskussion diesem H intergrund ist die Forderung nach Forschungsdesigns Gesundheit als Kriterium Einzug hält und damit zum Maßstab für nachzuvollziehen, die die Lebenswelten bzw. Settings der statio alle Ebenen und Entscheidungen und Systemwirkungen wird. nären Langzeitpflege berücksichtigen. Darüber hinaus ist ein weiteres Ziel der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung, dass Beschäftigte sich mit dem Faktor Prävention und Gesundheitsförderung in stationärer Langzeit Arbeit identifizieren. pflege müssen systemisch betrachtet werden. Es ist wenig ziel- führend, nur einzelne präventive Maßnahmen und Interventionen ohne Einordnung in den Gesamtzusammenhang zu implementieren. 3 | Gesundheitsfördernde Pflegeeinrichtungen Im Sinne der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung ist von h oher Bedeutung, dass jede Einrichtung eine eigene Vorstel- Durch eine Verknüpfung des klassischen Beratungsprozesses mit lung von Gesundheit und den erforderlichen präventiven und ge- dem Vorgehensmodell einer gesundheitsfördernden Organisations- sundheitsförderlichen Maßnahmen definiert, um darauf aufbauend entwicklung nach Pieck (2012) berät eine entsprechend qualifizierte die dazu passenden Prozesse zur Umsetzung von Prävention und Person stationäre Pflegeeinrichtungen mit Hilfe eines stark partizi- Gesundheitsförderung in Gang zu setzen. Eine so verstandene Ent- pativen Ansatzes in Richtung gesundheitsfördernde Pflegeeinrich- wicklung von Prävention und Gesundheitsförderung wird Synergie- tung. Der gesamte Beratungsprozess ist darauf ausgerichtet, auf effekte auf andere Bereiche der Dienstleistungserbringung in den der Grundlage einzelner Beratungsphasen Gesundheitsförderungs Einrichtungen haben, wie bspw. auf die Qualitätserbringung oder prozesse in Pflegeeinrichtungen zu intendieren und zu fördern. auf Qualitätsindikatoren. Mit dieser Vorgehensweise und diesem Verständnis wird die statio näre Pflegeeinrichtung als Organisation zum Ausgangspunkt aller Veränderungen betrachtet. Dieser gesundheitsfördernde Organi- Prof. Dr. habil. Martina Hasseler | Professorin für Pflege sationsentwicklungsansatz geht davon aus, dass nicht allein die wissenschaften an der Ostfalia Hochschule für angewandte Förderung von solitären Präventionsinterventionen erfolgreich sein Wissenschaften, Fakultät Gesundheitswesen; Forschungs- wird. Vielmehr ist eine Initiierung von Maßnahmen erforderlich, die schwerpunkte gesundheitliche und pflegerische Versorgung die verschiedenen Ebenen der Pflegeeinrichtung auf Systemebene vulnerabler Bevölkerungsgruppen; Rahmenbedingungen ge- adressieren, um Gesundheitsförderungs- und Präventionsprozesse sundheitlicher und pflegerischer Versorgung; Qualität in Pflege auf Einrichtungsebene zu aktivieren – also Managementebene, Mit- und Gesundheit. arbeitende, Pflegebedürftige und deren soziales Umfeld, etc. Mit diesem Ansatz wird Prävention in der Langzeitpflege neu ge- dacht, nämlich als gesunde bzw. als gesundheitsfördernde Einrich- tung, die das Potenzial hat, alle Systemebenen und -prozesse im Sinne der Förderung von Gesundheit, Prävention und Qualität zu beeinflussen. Mögliche Maßnahme: Beratung in Richtung: Gesundheitsfördernde Pflegeeinrichtung Hasseler, Gellert, Reupke 2018 Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften − Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel · Robert-Koch-Platz 8A · 38440 Wolfsburg 8 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
IMPULSFORUM Prävention und Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen Präventionspotenziale im hohen Alter »AlterGesundheitsförderung und Prävention wirken in jedem – auch bei Hochaltrigen und bei bereits Pflegebedürftigen. Ein besonders hohes Präventionspotenzial kommt dabei der Bewegungsförderung zu. « Prof. Dr. Martin Dietrich | Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Prof. Dr. Martin Dietrich In Deutschland erreichen immer mehr Menschen ein hohes Lebens sollen nun klären, welche Maßnahmen unter welchen organisatori- alter. Wenngleich ein höheres Lebensalter nicht zwangsläufig mit schen Bedingungen wirksam sind. Pflegebedürftigkeit zu assoziieren ist, so steigt doch mit zunehmen dem Alter das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Das wichtigste Die BZgA widmete sich in ihrer 5. Bundeskonferenz »Gesund und Gesundheitsproblem im höheren Lebensalter ist die Multimorbi aktiv älter werden« im Jahr 2017 erstmals der Frage nach den dität. Hinzu kommen meist Einschränkungen beim Sehen und Hören Präventionspotenzialen im hohen Alter. Im Jahr 2019 folgte die sowie in der Mobilität. 6. Bundeskonferenz unter dem Titel »Ressourcen im Alter s tärken - Gesundheitsförderung und Prävention für ältere Menschen, Pflege In ihrem Schwerpunkt »Gesundes Alter« will die BZgA dazu bei bedürftige und pflegende Angehörige«.4 Ziel der Konferenz war es, tragen, die physischen, psychischen und kognitiven Fähigkeiten die Potenziale zu erörtern und erfolgreiche Ansätze bekannt zu alter Menschen zu erhalten und zu fördern. Um einen gesundheits- machen. Daran anschließend initiierte die BZgA ein Themenheft fördernden Lebensstil zu unterstützen, bedarf es sowohl der Ver- des Bundesgesundheitsblatts zu »Präventionspotenzialen in statio haltens- als auch der Verhältnisprävention. Letztere erfordert eine nären Pflegeeinrichtungen«.5 gesundheitsförderliche Gestaltung der Lebenswelt vor Ort. Da Pflegebedürftige meist von fortschreitenden chronischen Er- krankungen und Multimorbidität beeinträchtigt sind, steht die Prof. Dr. Martin Dietrich | Seit 2016 Stellvertretender Leiter der therapeutische und medizinisch-pflegerische Versorgung im Vor- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); über- dergrund. Doch Studien weisen darauf hin, dass auch präventive greifende Steuerung und Koordination der Organisationsein- bzw. gesundheitsfördernde Maßnahmen für ältere pflegebedürftige heiten; 2011 bis 2016 Professur für Betriebswirtschaftslehre an Menschen einen gesundheitlichen Nutzen zeigen, wenn sie einen der Universität des Saarlandes, insbesondere Management des festen Platz in der pflegerischen Versorgung haben. Positive E ffekte Gesundheitswesens; seit 2017 dort Honorarprofessor. sind selbst bei vorliegenden physischen und kognitiven Beeinträch- tigungen noch möglich. Voraussetzung für die Wirksamkeit von Maßnahmen sind die Berücksichtigung der Rahmenbedingungen im Heim (systematische Analyse der Verhältnisse in den Settings) und die aktive Beteiligung der Bewohner/innen (Partizipation). Eine besondere Bedeutung kommt der Bewegungsförderung als ressourcenorientiertem Ansatz zu. Dies hat u. a. das »Lübe- cker Modell Bewegungswelten« (LMB) gezeigt – ein von der For- schungsgruppe Geriatrie Lübeck (FGL) entwickeltes Element des BZgA-Programms »Älter werden in Balance«.3 Durch Erhalt und Förderung von Mobilität und Beweglichkeit, der geistigen Leistungs- fähigkeit sowie der sozialen Kontakte pflegebedürftiger älterer Menschen g elingt es, die Lebensqualität und Selbsthilfefähigkeit zu verbessern. Die Weiterentwicklung des LMB als Lebensweltansatz 3 s. a. unter www.aelter-werden-balance.de 4 BZgA-Bundeskonferenzen 2017 und 2019: s. a. Dokumentation unter erfordert den Auf- und Ausbau bewegungsfreundlicher Strukturen www.gesund-aktiv-aelter-werden.de für ältere Menschen in den Pflegeeinrichtungen. Modellprojekte 5 Erschienen März 2019 (Band 16, Heft 3) Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 9
IMPULSFORUM Prävention und Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen »nachhaltig Ressourcen sollten genutzt und für qualitativ gute und wirksame Präventionsangebote in den stationären Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden.« Ulrike Bode | GKV-Spitzenverband Ulrike Bode Seit 2016 setzen die Pflegekassen Leistungen zur Gesundheits- dauerhaften Leistungen fördern, sondern Pflegeeinrichtungen förderung und Prävention für Versicherte in voll- und teilstatio- durch eine Anschubfinanzierung unterstützen. nären Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI um. Grundlage für die Leistungsgewährung ist der »Leitfaden Prävention in stationären Für eine nachhaltige Implementierung von Gesundheitsförderung Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI«, der die Präventionsziele, und Prävention ist in den Pflegeeinrichtungen eine Organisations Handlungsfelder und Kriterien für die Umsetzung von Maßnahmen entwicklung anzustoßen. Das gesundheitliche Wohl der Pflege- zur Gesundheitsförderung und Prävention in stationären Pflegeein- bedürftigen und des Pflegepersonals muss hierbei – wie auch richtungen festlegt. Der Leitfaden wurde erstmals 2016 durch den in der Konzertierten Aktion Pflege vereinbart – der Maßstab aller GKV-Spitzenverband in Abstimmung mit den Verbänden der Pflege- Bemühungen sein. Um diesen Prozess zu unterstützen, führen kassen auf Bundesebene und unter Beteiligung des Medizinischen die Pflegekassen auf Bundes- und Landesebene modellhaft Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) Evaluationsprojekte durch, deren Ergebnisse wir mit großem Inte erstellt und 2018 auf Grundlage neuer Erkenntnisse zur Evidenz resse erwarten. Der GKV-Spitzenverband plant darüber hinaus in gesundheitsfördernder und präventiver Maßnahmen aktualisiert. Er Abstimmung mit den Verbänden der Pflegekassen auf Bundes- bildet die Grundlage für die Messung der Zielerreichung und wird in ebene eine kassenübergreifende wissenschaftliche Evaluation der regelmäßigen Abständen aktualisiert, um neuen Erkenntnissen und Leistungen, um vorliegende Erkenntnisse und Erfahrungen in der Entwicklungen gerecht zu werden. Nicht in allen Handlungsfeldern Umsetzung präventiver Angebote aus Sicht der Pflegekassen, der ist die Evidenz von Maßnahmen im Setting der stationären Pflege Pflegeeinrichtungen und der Pflegebedürftigen aufzunehmen und bislang belegt. in die Weiterentwicklung des Leitfadens einfließen zu lassen. Eine nächste Anpassung ist für 2022 geplant. Die im Präventionsbericht 2019 des GKV-Spitzenverbandes ver öffentlichten Daten zeigen auf, dass seit 2018 – hier wurde erstmals über präventive Aktivitäten der Pflegekassen in 2017 berichtet – ein kontinuierlicher Leistungsanstieg und eine Erhöhung der Ausgaben Ulrike Bode | Seit 2014 Leiterin des Referats Pflegeversiche- zu verzeichnen ist. So werden in den fünf Handlungsfeldern Ernäh- rung beim GKV-Spitzenverband; Aufgabenbereiche u. a. Weiter- rung, körperliche Aktivität, kognitive Ressourcen, psychosoziale entwicklung der Pflegeversicherung und Qualitätssicherung in Gesundheit und Prävention von Gewalt im Vergleich zum Vorjahr der Pflege sowie die Prävention in stationären Pflegeeinrich- mehr Angebote für Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrich- tungen. tungen umgesetzt. Am häufigsten waren Maßnahmen zur Steige- rung der körperlichen Aktivität und Mobilität zu verzeichnen. Es wird aber auch deutlich, dass die Aktivitäten weiter auszubauen sind. Wenn in 2018 weniger als die Hälfte der in diesem Jahr zur Verfügung stehenden Mittel für präventive Ausgaben ausgegeben wurde und gegenwärtig nur jede sechste von den Pflegekassen an- gesprochene Pflegeeinrichtung in einen Gesundheitsförderungs- prozess einsteigt, erscheinen Angebote für Gesundheitsförderung und Prävention entwicklungsfähig. Vorhandene Ressourcen müssen genutzt und für qualitativ gute und nachhaltig wirksame Konzepte eingesetzt werden. Hierbei ist zu beachten, dass Pflegekassen keine 10 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
IMPULSFORUM Prävention und Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen Prävention und Gesundheitsförderungen in Pflegeeinrichtungen aus der Sicht der Pflegeberufe und der Institutionen »Beteiligten, Es bedarf insgesamt eines Paradigmenwechsels bei allen um Prävention und Gesundheitsförderung in Pflege einrichtungen als Selbstverständlichkeit zu etablieren.« Dr. h. c. Franz Wagner | Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. Dr. h. c. Franz Wagner In der öffentlichen Wahrnehmung und teilweise auch im Beruf ist inrichtung umzusetzen, wird dies zu einer höheren Berufszufrie- E Pflegebedürftigkeit eine Einwegstraße – fast immer in der letzten denheit und einer stärkeren Mitarbeiterbindung führen. Lebensphase auftretend und unumkehrbar. Dass dies nicht so sein muss, ist nun gesetzgeberisch eingeleitet worden. Wir sprechen ja Ein wichtiges Ziel ist es, mehr Menschen zu gewinnen, in der Pflege schon lange von »Rehabilitation vor Pflege« – meist allerdings kaum zu arbeiten. Der Fachkräftemangel liegt vor allem darin begründet, mehr als ein Slogan – und nun kommt »Prävention und Gesundheits- dass zu viele den Beruf verlassen, und nicht etwa, dass zu w enige mit förderung in Pflegeeinrichtungen« hinzu. der Ausbildung beginnen würden. Entscheidend für mehr Berufs zufriedenheit ist, dass Pflegende ihre Qualifikation und ihren eige- Das Selbstverständnis der professionellen Pflege und auch die kon- nen fachlichen und ethischen Anspruch im Pflegealltag umsetzen zeptionellen Modelle pflegerischer Arbeit beinhalten alle A spekte können. In der Arbeitsorganisation braucht es dazu auch neue der Förderung von Gesundheit und Verhinderung von Krankheit Rollen und Rollenzuschnitte. Die Wertschätzung der B eschäftigten (und Pflegebedürftigkeit). Allerdings bildet sich das bisher nur muss sich zudem in Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bzw. in ausschnittsweise im pflegerischen Alltag ab. Angesichts knapper Karrieremöglichkeiten ausdrücken. Insgesamt bedarf es eines Ressourcen und anderer Prioritätensetzungen fallen diese pflege Paradigmenwechsels bei allen Beteiligten, um Prävention und rischen Aufgaben häufig unter den Tisch. In ihrer chronischen Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen als Selbstverständ- Arbeitsüberlastung nehmen Pflegende es nicht selten als zusätz- lichkeit zu etablieren. liche Bürde wahr, wenn dieser – eigentlich inhärente – Bestandteil pflegerischen Handelns nun explizit gefordert wird. Sie empfinden eher ein verzweifeltes »Auch das noch!«, als dass sie Prävention und Gesundheitsförderung als Facette ihrer Arbeit erkennen. Dr. h. c. Franz Wagner | Seit 1999 Bundesgeschäftsführer des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) e.V.; Präventives und gesundheitsförderliches Verhalten ist aber auch Präsident des Deutschen Pflegerates seit 2017. Themen- eine Haltungsfrage. Nehme ich überhaupt wahr, wo Bedarf besteht schwerpunkte: Pflegebildung, Pflegequalität, Internationale und womit ich in meinem Handeln einen Beitrag leisten kann? Das Gesundheits- und Pflegepolitik; M. Sc.; Gesundheits- und fängt schon bei der Architektur an und führt über Speisenangebot Krankenpfleger. und -zubereitung hin zu konkreten pflegerischen Interventionen – von der Aufklärung und Beratung bis hin zu Bewegungsübungen und Ähnlichem. Prävention und Gesundheitsförderung müssen auch in der Aus bildung einen anderen Stellenwert erhalten und gezielt zu ent sprechendem Handeln qualifizieren. Da ist die Lehre heute oft noch etwas abstrakt und allgemein. Auch in den Einrichtungen ist ein Kulturwandel erforderlich, der der Prävention und Gesundheits- förderung eine größere Wertschätzung entgegenbringt. Die Um- setzung in der Einrichtung hängt wesentlich von der Qualifikation der Führungskräfte ab. Hier besteht vielfach Verbesserungsbedarf. Gelingt es, Prävention und Gesundheitsförderung besser in der Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 11
FA C H F O R E N … zu wirksamer und nachhaltiger Prävention und Gesundheitsförderung Fachforum 1 | … für pflegebedürftige Menschen Fachforum 1 wurde durch die Vorträge von Ulrike Pernack, Verband der Ersatzkassen e.V., und Anke Tempelmann, AOK-Bundesverband, eröffnet. Professorin Dr. Corinna Petersen-Ewert moderierte dieses Fachforum. Ulrike Pernack Des Weiteren zählt zu den bisherigen Projekterkenntnissen, dass Gesundheitsfördernde Pflegeeinrich- der Aufwand für Einrichtungen so gering wie möglich zu halten ist. tung: Stärkung der Gesundheitspotenziale Zwingend notwendig ist es, die Interventionen auf die individuellen Rahmenbedingungen von Einrichtungen auszurichten. Zukünftig von pflegebedürftigen Menschen durch ist Interventionen in der Gruppe der Angehörigen mehr Aufmerk- partizipative Organisationsentwicklung samkeit zu schenken. Es sind einige Bedingungen notwendig, um Gesundheit durch alle Strukturen und Prozesse von Pflegeeinrich- Ulrike Pernack | Verband der Ersatzkassen e.V. tungen zu verankern. Die Entwicklung eines niedrigschwelligen Praxisverständnisses einer partizipativ ausgerichteten gesund- Der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) führt unter dem Dach heitsfördernden Organisationsentwicklung ist dabei an erster Stelle projekt »SaluPra«6 Forschungs- und Entwicklungsprojekte durch, zu nennen. um Erkenntnisse zu generieren, wie eine qualitätsgesicherte Um- setzung des gesetzlichen Auftrags ausgestaltet sein muss. Der Anspruch ist es, die Erfordernisse, Rahmenbedingungen, Werte und Ulrike Pernack | Seit 2019 stellvertretende Leiterin der Abtei Normen in Pflegeeinrichtungen sowie die Bedürfnisse und Bedarfe lung Gesundheit; seit 2016 Referatsleiterin Prävention, Gesund von pflegebedürftigen Menschen als prioritäre Zielgruppe konse- heitsförderung und Selbsthilfeförderung beim Verband der quent in die Umsetzung zu integrieren. Durch einen niedrigschwellig Ersatzkassen e.V. (vdek); Gesundheitsökonomin und -wissen- angesetzten Ideenwettbewerb wurden passgenaue Lösungen schaftlerin. anhand der Bedarfslagen der Pflegebedürftigen und Pflegeeinrich- tungen gesammelt. Aktuell werden 17 der dort gesammelten Ideen in sogenannten Entwicklungspatenschaften umgesetzt. Die Gesamtlaufzeit des Projekts ist über drei Jahre (2019 bis 2022) Das Förderprojekt »QualiPEP«: Qualitäts- angesetzt. Mit universitären Forschungspartnern wird ein qualitäts- orientierte Prävention und Gesundheits- gesichertes Vorgehens- und Evaluationskonzept für den Fachbera- tungsprozess entwickelt. Dabei werden Fachberatende ausgebildet, förderung für Bewohner/innen stationärer die Einrichtungen im Sinne des Multiplikatoren/innen-Ansatzes Pflegeeinrichtungen unterstützen. Anke Tempelmann | AOK-Bundesverband Die Pflegeeinrichtung als Quelle von Gesundheit – so lautet das lang- fristige Ziel von »SaluPra«. Bewohnende als auch Mitarbeitende Das vierjährige Forschungsprojekt »Qualitätsorientierte Prävention sollen ein Plus an Lebens- bzw. Arbeitsqualität erfahren. So soll ein und Gesundheitsförderung in Einrichtungen der Eingliederungshilfe gesundheitsförderlicher Alltag begünstigt werden. Dadurch wird zu- und Pflege« (QualiPEP) startete im Mai 2017 und wird vom Bundes- gleich eine Nachhaltigkeit der implementierten Themen sowie eine ministerium für Gesundheit (BMG) gefördert. Das Projektziel ist, die möglichst hohe Wirksamkeit der individuellen Umsetzung erreicht. Wirksamkeit sowie die Nachhaltigkeit von Prävention und Gesund- Nachhaltigkeit bezieht sich dabei auf das Leitbild der Einrichtung. heitsförderung in beiden Lebenswelten der Wohneinrichtungen für Prävention und Gesundheitsförderung sollten immer in das Quali- Menschen mit Behinderung und der stationären Pflegeeinrichtun- tätsmanagement aufgenommen werden. Das stellt sicher, dass gen in den drei Themenbereichen Prävention, (betriebliche) Gesund- Prävention und Gesundheitsförderung »in der Organisation bleiben« heitsförderung sowie Gesundheitskompetenz zu verbessern. und implementiert werden. Förderlich ist u. a. eine transparente und adressatengerechte Kommunikation, da damit die Bereitschaft und QualiPEP befindet sich aktuell in der dritten von vier Projektphasen. Motivation der Beteiligten steigt. In der ersten Projektphase erfolgte eine Status-Quo-Erhebung zu bestehenden Qualitätssicherungskonzepten. In der zweiten Projekt 6 lat: salus (Gesundheit/Wohlbefinden), praevenire (vorbeugen) phase folgte eine umfangreiche Bedarfsanalyse durch das Wissen- 12 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
FA C H F O R E N … zu wirksamer und nachhaltiger Prävention und Gesundheitsförderung Diskussion In der Diskussion wurde der Appell formuliert, die Zielgruppe der pflegenden Angehörigen bei partizipativen Ansätzen in der Pflege mehr zu berücksichtigen. Zur Beantwortung einer Leitfrage des Kongresses »Was sind förder- liche Bedingungen für die Umsetzung von BGM- und BGF-Maßnah- men für Pflegekräfte und welche Hindernisse gibt es?« verwendete die Moderatorin das digitale Tool »Mentimeter«. Damit konnten die von den Teilnehmenden genannten förderlichen und hemmenden Faktoren in Form einer Word Cloud (Wortwolke) visualisiert werden. Anke Tempelmann Folgende hemmende Faktoren zur Umsetzung von Prävention und Gesundheitsförderung in stationären Pflegeeinrichtungen wurden schaftliche Institut der AOK (WIdO). Mehrere qualitative Studien am häufigsten benannt: Personal- und Zeitmangel sowie schwierige wurden durchführt, um tiefergehende Erkenntnisse zu den Bedar- Rahmenbedingungen. Nach Ansicht einiger Teilnehmenden gibt es fen und Bedürfnissen der Bewohner/innen und Beschäftigten zu ein »Gefälle« bei den Einrichtungen. Die Mehrheit sei derzeit nicht erhalten. Fördernde und hemmende Rahmenbedingungen wurden in der Lage, eine gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung ebenso erfragt wie die Anschlussfähigkeit an bestehende Qualitäts zu denken. managementsysteme der Einrichtungen. Anhand der Studien ergebnisse wurden Qualitätskriterien entwickelt und mit Expert/ Als förderliche Faktoren wurden an erster Stelle die Qualifizierung innen sowie Verbänden/Vertretungen der Zielgruppen abgestimmt. des Personals sowie deren Bildung und Haltung benannt. Empathie und Flexibilität von Fachberatern/innen sind ebenfalls wichtig. Des In der aktuellen dritten Projektphase werden Qualitätssicherungs- Weiteren fördert die Wertschätzung der Arbeit des Pflegeperso- instrumente in Form von Checklisten partizipativ (weiter)entwickelt nals die Umsetzung von Prävention und Gesundheitsförderung in – und zwar für beide Lebenswelten für die Zielbereiche der allge- stationären Pflegeeinrichtungen. Außerdem wurde als ein positiver meinen Prävention und Gesundheitsförderung, der Gesundheits- Umsetzungsfaktor innovatives Denken genannt. Finanzielle Mittel, kompetenz und der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF). Die Wissen und ein gesunder Führungsstil sind ebenfalls stärkende Checklisten sind modular aufgebaut und erlauben den Nutzenden Faktoren. Der gesundheitsförderliche Prozess in den Einrichtun- einen individuellen Einstieg. Pflegeeinrichtungen, Pflege- und gen, inklusive der Instrumente und Methoden, müsse so schlank wie Krankenkassen sowie weitere Anbieter von Präventionsmaßnah- möglich gehalten und an die vorhandenen Strukturen »angedockt« men sollen die Checklisten nutzen, um zielgruppenspezifischer für werden. Bewohner/innen und Beschäftigte sowie lebensweltspezifischer durch Weiterentwicklung der bestehenden Präventionskonzepte auf die Rahmenbedingungen der Einrichtungen einzugehen. Die Moderation Checklisten sind auf den Leitfaden Prävention und den Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen abgestimmt. In der letzten Projektphase werden diese Qualitätssicherungsinstrumente Prof. Dr. Corinna Petersen-Ewert | Seit 2014 Mitglied im Vor- pilotiert und evaluiert. stand der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheits förderung e.V.; seit 2013 Vorsitzende der Hamburgischen So sollen Qualitätssicherungskonzepte entstehen, die fundiert Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V., Professo und wirksam sowie nachhaltig umsetzbar sind. Mit der Stärkung rin für Gesundheits- und Sozialwissenschaften an der Hoch- von Prävention, (betrieblicher) Gesundheitsförderung und Gesund- schule für Angewandte Wissenschaften Hamburg im Depart- heitskompetenz wird in QualiPEP als nachhaltiges Impactziel eine ment Pflege und Management. Steigerung der (gesundheitsbezogenen) Lebensqualität angestrebt. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden sich im Internet unter: www.aok-qualipep.de Anke Tempelmann | Seit 2009 Referentin und stellv. Abtei- lungsleiterin für Prävention und Gesundheitsförderung im AOK- Bundesverband; aktuelle Themen: Umsetzung des Präven tionsgesetzes, Gemeinschaftsverpflegung sowie Projektleitung von QualiPEP; zuvor Präventionsexpertin AOK Niedersachsen; Dipl. Ökotrophologin und Gesundheitswissenschaftlerin (MPH). Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 13
FA C H F O R E N … zu wirksamer und nachhaltiger Prävention und Gesundheitsförderung Fachforum 2 | … für Pflegekräfte Die Vortragenden des Fachforums 2, Dr. Dieter Frisch, Ludwig- Maximilians-Universität München, Dr. Paul Fuchs-Frohnhofen, MA&T Sell & Partner GmbH, und Stefanie Thees, Verband der Ersatzkassen e.V., berichteten von Aktivitäten zur Gesundheitsför- derung von Pflegekräften und setzten Impulse für die nachfolgende Diskussion. Dr. Dieter Frisch Das Präventionsprogramm stärkt insbesondere die psychischen, PFLEGEprevent — Präventiv der Arbeits aber auch physischen Ressourcen von Pflegekräften und befähigt belastung von Pflegekräften begegnen dadurch zur Bewältigung von Arbeitsbelastungen und Herausforde- rungen im beruflichen Alltag. Dr. Dieter Frisch | Ludwig-Maximilians-Universität München Als wichtige Erfolgsfaktoren wurden unter anderem eine konse- Pflegekräfte weisen hohe psychische Belastungen, erhöhte Kran- quente Teilnahme, die unterstützende Haltung des Arbeitgebenden kenstände und häufige Frühinvaliditätsdiagnosen auf. Im Rahmen sowie die Durchführung von wohnortnahen Auffrischungstagen auf- des Projekts PFLEGEprevent wurde ein spezifisches Präventions- gezeigt. Aktuell besteht die Herausforderung, die Finanzierung der programm entwickelt, das die psychischen und physischen Ressour- Durchführung des Präventionsprogramms über das Forschungs cen von Pflegekräften stärken und ihnen dadurch die Bewältigung projekt hinaus sicherzustellen. Das Manual dient nun als Richtlinie von Arbeitsbelastungen und Herausforderungen im beruflichen zur Umsetzung in weiteren Kurorten. Alltag erleichtern soll. Für detaillierte Informationen zum Projekt PFLEGEprevent wird auf Das Projekt besteht aus vier Phasen: die bisherigen Publikationen sowie den Abschlussbericht verwie- sen, welcher im Jahr 2020 erscheinen wird. 1. Identifizierung von Bedürfnissen, Arbeitsbelastungen und beruflichen Herausforderungen und der wissenschaftlichen Evidenz, Dr. Dieter Frisch | Projektwissenschaftler am Lehrstuhl für 2. Entwicklung des Präventionsprogramms, Public Health und Versorgungsforschung an der Ludwig- Maximilians-Universität München; Leitung der Fachbereiche 3. Implementierung und Evaluierung des Präventions- Kurortmedizin und Prävention; derzeitiger Forschungsschwer- programms und punkt: Erschließung neuer Behandlungsfelder und -methoden 4. Ausarbeitung eines Manuals zur Umsetzung der Maßnahme. für hochprädikatisierte Kurorte und Heilbäder. Die nationale Befragung von 1.381 Pflegekräften lieferte aktuelle Werte zur subjektiven Arbeitsfähigkeit von Pflegepersonal in Deutschland. Zudem brachte sie Erkenntnisse zum Bedarf der Berufsgruppe an theoretischen und praktischen Präventionsange Pflege-Prävention 4.0: Verhältnis- und boten. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde ein fünftägiges Präventionsprogramm mit einem Auffrischungstag nach drei bzw. Verhaltensprävention in der Altenpflege sechs Monaten entwickelt und im Rahmen einer randomisierten, partizipativ gestalten kontrollierten Interventionsstudie implementiert und evaluiert. Das im Kurort durchgeführte Programm umfasste unter anderem Dr. Paul Fuchs-Frohnhofen | MA&T Sell & Partner GmbH Entspannungs-, Seminar- und Bewegungseinheiten sowie Wärme- anwendungen. Es wurden 125 Pflegekräfte (92 % Frauen; Durch- Wie fördere ich Verhaltensprävention, Verhältnisprävention, ge- schnittsalter: 46,7 Jahre, SD = 10,3) eingeschlossen und über einen sundheitsförderliche Laufbahnmodelle und Employer Branding in Zeitraum von neun Monaten regelmäßig befragt. Im Vergleich zur der stationären Altenpflege – auch in einem 4.0 Umfeld? Über drei Kontrollgruppe konnten Pflegekräfte der Interventionsgruppe vor Jahre widmete sich das Verbundprojekt »Pflege-Prävention 4.0 – allem ihr Stresserleben signifikant verbessern. Die Teilnehmenden Neue Modelle für die Prävention in der Altenpflege« dieser Frage. der Interventionsgruppe zeigten in allen primären Zielgrößen lang- fristige Verbesserungen gegenüber den Ausgangswerten. Dazu wurden vier Handlungsempfehlungen entwickelt und erprobt, die es Beschäftigten in der professionellen Altenpflege ermög lichen, sich einerseits strukturiert mit der eigenen Gesundheit und 14 Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG
FA C H F O R E N … zu wirksamer und nachhaltiger Prävention und Gesundheitsförderung Dr. Paul Fuchs-Frohnhofen | Geschäftsführer der MA&T Sell & Partner GmbH; Koordinator in Forschungs- und Gestaltungs- projekten zur Personal- und Organisationsentwicklung in der Pflege; 2016 bis 2019 Sprecher der Fokusgruppe »Neue Ansätze des Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Pflege- und Dienst- Dr. Paul Fuchs-Frohnhofen leistungssektor« beim BMBF; Arbeitswissenschaftler. Arbeitsfähigkeit auseinanderzusetzen und andererseits in ihren Ein- richtungen Maßnahmen zur Verbesserung der Verhältnisprävention anzustoßen: • Gern und gesund arbeiten in der Altenpflege MEHRWERT:PFLEGE – Betriebliche • Gesunde Arbeitsbedingungen in Pflegeeinrichtungen Gesundheitsförderung in der Pflege • Neue Geschäftsmodelle in der Altenpflege als Rahmen als Unternehmensstrategie für gesunde Arbeit Stefanie Thees | Verband der Ersatzkassen e.V. • Employer Branding – Beschäftigte als Einrichtungs botschafter/innen gewinnen Gesunde Beschäftigte in einer gesunden Organisation: Diese Ziel- setzung gewinnt für den Pflegesektor mehr und mehr an Bedeu- Betroffene Beschäftigte und die Leitungskräfte in den Pflege- tung. Ein strukturiertes und nachhaltig ausgerichtetes betriebliches einrichtungen wurden konsequent an den Analyse- und Gestal- Gesundheitsmanagement (BGM) kann entscheidend zum Erreichen tungsphasen der betrieblichen Projekte beteiligt. Zudem bot eine dieses Zieles beitragen. Denn: Pflegefachkräfte von heute wissen individuelle Auswertemöglichkeit des im Projekt genutzten AVEM- um ihren Wert und können sich ihren Arbeitgebenden weitestge- Befragungsinstruments die Möglichkeit, dass jede/r Beteiligte hend aussuchen. Doch was macht einen Arbeitgebenden attraktiv? Rückmeldungen zur eigenen arbeitsbezogenen Gesundheitssitu- Nicht allein die monetäre Entlohnung ist bedeutend: Vielmehr geht ation erhalten konnte. AVEM steht für »Arbeitsbezogenes Verhal- es Studien zufolge darum, dass Beschäftigte ihre Entscheidung tens- und Erlebensmuster« und ist ein mehrdimensionales persön- für oder gegen einen Arbeitgebenden auch danach ausrichten, lichkeitsdiagnostisches Verfahren. Dies förderte das Engagement wie »gesund« die Arbeits- und Organisationsbedingungen vor Ort der Mitarbeitenden für die Präventionsziele des Projekts auf breiter sind. Demnach spielen Faktoren wie Führungskultur, Entwicklungs Ebene. möglichkeiten, Handlungsspielraum oder Förderung der Beschäf- tigtengesundheit eine entscheidende Rolle. Relevante Faktoren für zufriedene Mitarbeitende sind Motivation, Gesundheit(sförderung), gute Arbeitsgestaltung und Qualifikation. MEHRWERT:PFLEGE beschreibt das e rsatzkassengemeinsame Im Rahmen des Projekts erwiesen sich des Weiteren eine gemein- Agieren in der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) für Kran sam verbindende Idee als wichtig, die alle Beteiligten mitnimmt, kenhäuser und stationäre Pflegeeinrichtungen. Kernstück des sowie Persönlichkeiten, die diese Idee verkörpern. Wird eine unter Projekts ist die kostenfreie Prozessberatung zum Auf- und Ausbau stützende Unternehmenskultur auf diese Weise gemeinsam mit des BGM in den genannten Organisationen. Aus einem »Gesund- den Beschäftigten immer wieder lebendig gestaltet, ist eine gute heitsbaukasten«, welcher Angebote zur Verhaltens- und Verhält- Voraussetzung für zufriedene, engagierte und gesunde Mitarbei- tende gegeben. Im Forschungsprojekt selbst erwies sich der gleichberechtigte »Dialog auf Augenhöhe« in der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis als Gelingensvoraussetzung. Für weitere Informationen zur Studie wird auf die Broschüren zu den Handlungsempfehlungen verwiesen, die gute Beispiele aus der Praxis beinhalten. Ein weiterer Hinweis: Im Rahmen des »DigiKomp-Ambulant«-Forschungsprojekts wird ein Sensorkit für die ambulante Pflegesituation nutzergerecht weiterentwickelt (www. digikomp-ambulant.de). Dokumentation | Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege | 9. gemeinsamer Präventionskongress von BMG und BVPG 15
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