Geschichte und Region/Storia e regione - Verkehr und Infrastruktur Trasporti e infrastrutture
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Geschichte und Region/Storia e regione 25. Jahrgang, 2016, Heft 2 – anno XXV, 2016, n. 2 Verkehr und Infrastruktur Trasporti e infrastrutture Herausgeber dieses Heftes/curatori di questo numero Andrea Bonoldi/Hannes Obermair Innsbruck Wien Bozen/Bolzano
Ein Projekt/un progetto der Arbeitsgruppe/del Gruppo di ricerca „Geschichte und Region/Storia e regione“ Herausgeber/a cura di: Arbeitsgruppe/Gruppo di ricerca „Geschichte und Region/ Storia e regione“, Südtiroler Landesarchiv/Archivio provinciale di Bolzano und/e Kompetenz- zentrum für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen/Centro di competenza Storia regionale della Libera Università di Bolzano Geschichte und Region/Storia e regione is a peer reviewed journal. Redaktion/redazione: Andrea Bonoldi, Francesca Brunet, Siglinde Clementi, Andrea Di Michele, Ellinor Forster, Florian Huber, Stefan Lechner, Hannes Obermair, Gustav Pfeifer, Martina Salvante, Philipp Tolloi, Oswald Überegger Geschäftsführend/direzione: Margareth Lanzinger Redaktionsanschrift/indirizzo della redazione: Geschichte und Region/Storia e regione, Südtiroler Landesarchiv/Archivio Provinciale di Bolzano, A.-Diaz-Str./via A. Diaz 8, I-39100 Bozen/Bolzano, Tel. + 39 0471 411972, Fax +39 0471 411969 e-mail: info@geschichteundregion.eu Internet: geschichteundregion.eu; storiaeregione.eu Korrespondenten/corrispondenti: Giuseppe Albertoni, Trento · Thomas Albrich, Innsbruck · Helmut Alexander, Innsbruck · Agostino Amantia, Belluno · Marco Bellabarba, Trento · Laurence Cole, Salzburg · Emanuele Curzel, Trento · Elisabeth Dietrich, Innsbruck · Alessio Forna- sin, Udine · Thomas Götz, Regensburg · Paola Guglielmotti, Genova · Maria Heidegger, Innsbruck · Hans Heiss, Brixen · Martin Kofler, Lienz · Margareth Lanzinger, Wien · Werner Matt, Dornbirn · Wolfgang Meixner, Innsbruck · Luca Mocarelli, Milano · Cecilia Nubola, Trento · Tullio Omezzoli, Aosta · Luciana Palla, Belluno · Eva Pfanzelter, Innsbruck · Luigi Provero, Torino · Reinhard Stau- ber, Klagenfurt · Gerald Steinacher, Lincoln/Nebraska · Rodolfo Taiani, Trento · Michael Wedekind, Wien · Rolf Wörsdörfer, Frankfurt Presserechtlich verantwortlich/direttore responsabile: Günther Pallaver Titel-Nr. STV 5556 ISSN 1121-0303 Bibliographische Informationen der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. © 2017 by StudienVerlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck e-mail: order@studienverlag.at, Internet: www.studienverlag.at Geschichte und Region/Storia e regione erscheint zweimal jährlich/esce due volte l’anno. Einzelnummer/ singolo fascicolo: Euro 29,00 (zuzügl. Versand/più spese di spedizione), Abonnement/abbonamento annuo (2 Hefte/numeri): Euro 41,00 (Abonnementpreis inkl. MwSt. und zuzügl. Versand/IVA incl., più spese di spedizione). Alle Bezugspreise und Versandkosten unterliegen der Preisbindung. Abbestellungen müssen spätestens 3 Monate vor Ende des Kalenderjahres schriftlich erfolgen. Gli abbonamenti vanno disdetti tre mesi prima della fine dell’anno solare. Aboservice/servizio abbonamenti: Tel.: +43 (0)512 395045, Fax: +43 (0)512 395045 - 15 E-Mail: aboservice@studienverlag.at Layout: Fotolitho Lana Service; Umschlaggestaltung/copertina: Dall’Ò&Freunde Umschlagbild/foto di copertina: Verkehrsstau am Brennerpass, 1950er Jahre / In coda al passo del Brennero, anni ’50 (Sammlung/collezione Reinhold Nössing, Geschichtsverein Brixen); Inserat anlässlich der Eröffnung der Brennereisenbahn / Annuncio in occasione dell’inaugurazione della ferro- via del Brennero (Innsbrucker Nachrichten 14, 186, 16. August/agosto 1867, S. 1731). Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. È vietata la ripro- duzione, anche parziale, con qualsiasi mezzo effettuata, compresa la fotocopia, anche ad uso interno o didattico, non autorizzata. Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier. Stampato su carta ecologica. Gefördert von der Kulturabteilung des Landes Tirol. Pubblicato con il sostegno dell’ufficio cultura del Land Tirol. AUTONOME PROVINCIA PROVINZ AUTONOMA BOZEN DI BOLZANO SÜDTIROL ALTO ADIGE
Inhalt/Indice Editorial/Editoriale Verkehr und Infrastruktur Trasporti e infrastrutture Sergio Onger/Ivan Paris. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 La riorganizzazione del sistema idroviario padano: l’idrovia Locarno-Venezia Alfred Werner Höck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Infrastrukturpolitik und Arbeitsmigration am Beispiel des Baues des Salzburger Tauerntunnels in den Jahren 1901–1909 Magdalena Pernold. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Die Brennerautobahn als Infrastruktur für Verkehr und Transit: Zur Entgrenzung geografischer Verkehrsräume im Zeitraum ihrer Realisierung Paolo Tedeschi. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Attraversare le Alpi per formare l’Europa: la BEI e il finanziamento dei progetti relativi alle vie di comunicazioni alpine (anni 1960 e 1970) Aufsätze/Contributi Carlo Bartalucci. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Bartolomeo Talenti alle fiere di Bolzano. Una famiglia di mercanti lucchesi tra istanze di riforma e tradizione
Forum Julia Hörmann-Thurn und Taxis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Ao. Univ. Prof. Mag. Dr. Klaus Brandstätter (29.11.1961–23.8.2014) – Eine Erinnerung Sabine Jagodzinski/Aleksandra Kmak-Pamirska. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Überlegungen im Nachklang der Konferenz „Regionalität als historische Kategorie. Prozesse, Diskurse, Identitäten im Mitteleuropa des 16.–19. Jahrhunderts“ Alessandro Paris. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 “1813–1816. Il paese sospeso: la costruzione della provincia tirolese / Das Land in der Schwebe. Die Konstruktion des Landes Tirol”. Cronaca del convegno Margareth Lanzinger/Janine Maegraith . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Witwenrechte im Litauen des 16. Jahrhunderts. Rezensionsessay aus Tiroler Vergleichsperspektive Rezensionen/Recensioni Margareth Lanzinger, Verwaltete Verwandtschaft. Eheverbote, kirchliche und staatliche Dispenspraxis im 18. und 19. Jahrhundert . . . . . . . 153 (Jürgen Schlumbohm) Florian Huber, Grenzkatholizismen. Religion, Raum und Nation in Tirol 1830–1848 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (Dieter Langewiesche) Wolfram Siemann, Metternich. Stratege und Visionär . . . . . . . . . . . . . . . . .164 (Karin Schneider) Martin Aust/Frithjof Benjamin Schenk (Hg.), Imperial Subjects. Autobiographische Praxis in den Vielvölkerreichen der Romanovs, Habsburger und Osmanen im 19. und frühen 20. Jahrhundert. . . . . . . . . . . . 167 (Kurt Scharr) Hans Heiss/Rudolf Holzer, Sepp Innerkofler. Bergsteiger, Tourismuspionier, Held . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (Markus Wurzer) Nadja Danglmaier/Werner Koroschitz, Nationalsozialismus in Kärnten. Opfer. Täter. Gegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (Brigitte Entner) Abstracts Anschrift der Autoren und Autorinnen/Recapito degli autori e delle autrici
Editorial Editoriale Dieses Heft von Geschichte und Region/ Questo numero di Geschichte und Re- Storia e regione versammelt Beiträge, gion/Storia e regione ospita alcuni con- die auf der Tagung der Internationalen tributi presentati al convegno biennale Gesellschaft für historische Alpenfor- dell’Associazione internazionale per la schung (IGHA) im September 2015 in storia delle Alpi (AISA), che si è tenu- Bozen zum Thema „Transit. Infrastruk- to a Bolzano nel settembre del 2015 turen und Gesellschaft in den Alpen ed è stato dedicato al tema “Transiti. von der Antike bis heute“ präsentiert Infrastrutture e società dall’antichi- wurden. Einige weitere sind in der tà ad oggi”. Altri articoli derivanti da Nummer 21/2016 der Zeitschrift His- relazioni presentate in quell’occasione toire des Alpes/Storia delle Alpi/Geschich- sono usciti sul numero 21/2016 di te der Alpen erschienen. Die Konferenz Histoire des Alpes/Storia delle Alpi/Ge- war das Ergebnis des Zusammenwir- schichte der Alpen. L’incontro è nato kens von IGHA, Geschichte und Regi- dalla collaborazione tra l’AISA, Ge- on/Storia e regione, des Dipartimento di schichte und Region/Storia e regione, Economia e Management der Universität il Dipartimento di Economia e Man- Trient und des Kompetenzzentrums für agement dell’Università degli Studi di Regionalgeschichte der Freien Universi- Trento e il Centro di competenza per tät Bozen. Das Tagungsthema widme- la Storia Regionale della Libera Uni- te sich einem besonders ertragreichen versità di Bolzano. Il tema scelto ha Forschungsfeld der historischen Al- riguardato uno degli ambiti di ricer- penforschung, nämlich der Interaktion ca più stimolanti per chi si occupa di zwischen transalpinen Warenströmen, storia alpina, ovvero l’interazione tra i zirkulierenden Menschen und Informa- flussi di circolazione di merci, perso- tionen einerseits und den Veränderun- ne e informazioni attraverso le Alpi e gen lokaler Gesellschaften aus einer Per- l’evoluzione delle società locali in una spektive der langen Dauer andererseits, prospettiva di lungo periodo, che ha die von der Bronzezeit bis zur Schnell- visto gli interventi coprire un lungo verbindung Turin-Lyon reichte. arco cronologico, dall’età del Bronzo Nicht unüblich ist die dialektische alla Torino-Lione. Gegenüberstellung von „durchquer- Una nota contrapposizione dia- ten Alpen“ und „gelebten Alpen“.1 lettica riferita alla storia delle Alpi è Die erste dieser beiden Bestimmungen quella che mette le “Alpi attraversate” bezeichnet den traditionalen Zugang, di fronte alle “Alpi vissute”.1 Con la der den alpinen Raum vor allem aus prima accezione viene indicato l’ap- 1 Jean François Bergier, Des Alpes traversées 1 Jean François Bergier, Des Alpes traversées aux Alpes vécues: Pour un projet de coopé- aux Alpes vécues: Pour un projet de coopé- ration internationale et interdisciplinaire en ration internationale et interdisciplinaire en histoire des Alpes. In: Histoires des Alpes/ histoire des Alpes. In: Histoires des Alpes/ Storia delle Alpi/Geschichte der Alpen 1 Storia delle Alpi/Geschichte der Alpen 1 (1996), S. 11–21. (1996), pp. 11–21. Editorial/Editoriale, 5–17 GR/SR 25 (2016), 2 5
der Außenperspektive als Grenze und proccio tradizionale di chi considerava als Hindernis betrachtet hat, das sich l’area alpina essenzialmente dal punto militärischen Unternehmungen, Han- di vista esterno, come un confine, un delsrouten und kulturellen Einflüssen ostacolo che si frapponeva a imprese machtvoll in den Weg stellt. Daher militari, transiti commerciali e influssi lag der Schwerpunkt vor allem auf den culturali, centrando così l’attenzione Strategien, die ins Werk gesetzt wurden, soprattutto su possibilità e strategie um die Gebirgskette zu überwinden. per superare la catena montuosa. Ve- Demgegenüber rückte das historische niva in tal modo relegata in secondo Eigenleben in alpinen communities – die piano l’esperienza storica propria e „gelebten Alpen“ eben – in den Hinter- connessa al territorio delle comunità grund. Historische Erfahrungswelten locali – le “Alpi vissute” appunto – che erhielten in den letzten drei Jahrzehn- invece da un trentennio a questa par- ten jedoch verstärkt Aufmerksamkeit, te è stata oggetto di nuova attenzione, die zu wichtigen neuen Ergebnissen con risultati importanti. geführt hat. L’idea di fondo che alimenta oggi In diesem Zusammenhang hat sich la storiografia più attenta è che un’in- innerhalb der avancierten Forschung terpretazione corretta delle dinamiche die Vorstellung durchgesetzt, dass eine storiche in area alpina debba basarsi belastbare Interpretation der histori- sull’interazione e l’influenza reciproca schen Dynamiken im alpinen Raum auf tra attraversamenti, specificità locali Zusammenspiel und Wechselwirkung e relazioni con le aree circostanti. Un von Durchquerungen, lokalen Gege- rifiuto deciso dunque dello stereotipo benheiten und Austauschbeziehungen delle Alpi nella storia come luogo del- mit dem Umland gründen muss. Das la marginalità e arretratezza, ma anche bedeutet zugleich eine klare Absage di una certa, ricorrente idealizzazione an das Stereotyp der Marginalität und delle società alpine come manifestazio- Rückständigkeit und ebenso an die wie- ne privilegiata di un’armoniosa autar- derkehrende Idealisierung alpiner Ge- chia politica, economica e culturale. In sellschaften als Hort harmonisch ver- questo senso parlare di trasporti e di klärter politischer, ökonomischer und infrastrutture materiali e immateria- kultureller Autarkie. Der auf Transit li di comunicazione significa dunque und materielle wie immaterielle Aspek- trattare di percorsi, investimenti, tec- te der Verkehrsinfrastruktur gerichtete niche e attori, ma anche considerare le Blick führt zur Auseinandersetzung mit ricadute dei transiti sulle comunità del Planungs- und Arbeitsabläufen, Investi- territorio e l’interazione reciproca tra tionen, technischen Möglichkeiten und specificità locali e impulsi esterni. Akteuren. Zugleich müssen aber auch Il discorso attorno ai sistemi di tras- die Rückwirkungen des Transits auf den porto e comunicazione del passato in regionalen Raum und das Wechselspiel area alpina non è tuttavia soltanto una von lokalen Vorstellungen und Anstö- questione puramente storiografica, ma ßen von außen einbezogen werden. GR/SR 25 (2016), 2 Verkehr und Infrastruktur/Trasporti e infrastrutture 6
Die Frage nach Transport- und Ver- occupa anche una posizione di rilievo kehrssystemen vergangener Zeiten im nel dibattito pubblico.2 La realizzazio- Alpenraum ist jedoch nicht ausschließ- ne di opere infrastrutturali di grandi lich historiografischer Natur, sondern dimensioni è stata spesso valutata non ihr kommt auch im öffentlichen Dis- soltanto in base alla crescente domanda kurs Bedeutung zu.2 Große Infrastruk- di mobilità e a fattori tecnici ed econo- turmaßnahmen wurden häufig nicht mico-finanziari, ma anche alla luce di nur in Hinblick auf die Anforderungen una più o meno documentata tradizione gestiegener Mobilität sowie hinsichtlich storica di percorsi e transiti lungo deter- technischer und finanzieller Aspekte de- minate direttrici, che non di rado è stata battiert, sondern auch bezüglich mehr messa in rilievo per dare legittimità ai oder weniger gut dokumentierter his- progetti proposti.3 Dagli anni Settanta torischer Streckenverläufe thematisiert. del Novecento in poi inoltre, una parte Denn alte Routen dienten nicht selten importante dell’opinione pubblica si è der Legitimierung geplanter Bauvor- dimostrata particolarmente sensibile nei haben.3 Seit den 1970er Jahren ist die confronti delle criticità connesse al cre- öffentliche Meinung besonders stark scente impatto ambientale dei flussi di auf Umweltproblematiken gerichtet, traffico transalpino e delle infrastrutture die mit den transalpinen Verkehrsströ- a sostegno della mobilità turistica e della men und dem Ausbau der touristischen pratica sportiva, come ad esempio piste Infrastruktur – wie Skipisten und Auf- da sci e impianti di risalita. Un tema, stiegsanlagen – verbunden sind. Damit quello della sostenibilità delle pratiche einher geht die Frage nach Praktiken di utilizzo del territorio, che in forme diverse è profondamente radicato nell’e- sperienza delle comunità alpine. 2 Vgl. Christoph Maria Merki/Hans-Ulrich Schiedt/Laurent Tissot, Verkehrsgeschich- te. Einleitung/Histoire des transports. Intro- 2 Cfr. Christoph Maria Merki/Hans- duction. In: Hans-Ulrich Schiedt/Laurent Ulrich Schiedt/Laurent Tissot, Verkehrs- Tissot/Christoph Maria Merki/Rainer C. geschichte. Einleitung/Histoire des transports. Schwinges (Hg.), Verkehrsgeschichte – Hi- Introduction. In: Hans-Ulrich Schiedt/ storie des transports, Zürich 2010, S. 17–21. Laurent Tissot/Christoph Maria Merki/ 3 Für den Fall der Brennerautobahn ist ein Rainer C. Schwinges (a cura di), Verkehrsge- solcher Zugang exemplarisch aufgezeigt schichte – Historie des transports, Zürich 2010, bei Leo Feist, Vom Saumpfad zur Ti- pp. 17–21. roler Autobahn, Innsbruck 1980. Zum 3 Per il caso dell’autostrada del Brennero è Zusammenspiel zwischen aktuellen Bau- esemplare di questo approccio Leo Feist, Vom vorhaben und historischer Forschung siehe Saumpfad zur Tiroler Autobahn, Innsbruck auch Anselmo Baroni/Elvira Migliario, 1980. Sull’interazione tra opere attuali e ricer- Dalle autostrade alle viae romane. Con- ca storica cfr. anche Anselmo Baroni/Elvira siderazioni di storia politica e istituzionale Migliario, Dalle autostrade alle viae romane. sull’uso diacronico di alcuni grandi assi Considerazioni di storia politica e istituzio- viari transalpini. In: Histoires des Alpes/ nale sull’uso diacronico di alcuni grandi assi Storia delle Alpi/Geschichte der Alpen viari transalpini. In: Histoires des Alpes/Storia 21 (2016), S. 13–25. Als neuere interdiszi- delle Alpi/Geschichte der Alpen 21 (2016), plinäre Untersuchung zu einem der zentra- pp. 13–25. Per una recente analisi interdisci- len Knotenpunkte des alpinen Transits, an plinare di uno dei grandi nodi del transito alpi- dem kürzlich der längste Eisenbahntunnel no, che ha da poco visto l’inaugurazione del der Welt eröffnet wurde, siehe Marianne più lungo tunnel ferroviario del mondo, cfr. Burkhalter/Christian Sumi (Hg.), Der Gott- Marianne Burkhalter/Christian Sumi (a cura hard/Il Gottardo. Landscape – Myths – di), Der Gotthard/Il Gottardo. Landscape – Technology, Zürich 2016. Myths – Technology, Zürich 2016. Editorial/Editoriale, 5–17 GR/SR 25 (2016), 2 7
der nachhaltigen Nutzung naturräumli- La storiografia ha di recente messo cher Ressourcen, die auf unterschiedli- in luce quanto l’analisi dei sistemi di che Weise ein tief verankerter Bestand- trasporto e di comunicazione debba teil alpiner Lebenswelten sind. confrontarsi con una forte complessi- Neuere historische Arbeiten haben tà, definita dal concorrere di elementi zu Recht hervorgehoben, dass sich die tecnici, politici, economici e culturali.4 Untersuchung von Transport- und Ver- In questo senso, un’infrastruttura di kehrssystemen auf das komplexe Zu- trasporto può essere considerata come sammenwirken technologischer, poli- un sistema socio-tecnico, che vede la tischer, wirtschaftlicher und kultureller partecipazione di numerosi soggetti Phänomene einlassen muss.4 In diesem con fini diversi, e che influenza ed è a Sinn sind Transportinfrastrukturen als sua volta influenzato dal contesto stori- sozio-technisches System aufzufassen, co in cui si colloca.5 Se un’autostrada è in das eine Vielzahl divergierender In- innegabilmente una struttura materiale teressen involviert ist und das den his- caratterizzata da una precisa dimen- torischen Kontext gleichermaßen be- sione tecnica, la sua realizzazione, il einflusst wie es von diesem seinerseits suo uso e la sua percezione sono però geprägt wird.5 So ist eine Autobahn condizionati da processi politici, socio- zwar unverkennbar durch ihre tech- economici e culturali che coinvolgono nisch-bauliche Dimension gekenn- una moltitudine di attori pubblici e zeichnet, doch sind ihre Realisierung, privati, locali e non. In una determina- Nutzung und Wahrnehmung von poli- ta fase, alcune di queste forze in campo tischen, sozio-ökonomischen und kul- riescono a trovare le sinergie giuste, e turellen Prozessen abhängig, in die zahl- ciò rende possibile lo sviluppo dell’in- reiche öffentliche und private, lokale frastruttura. und überregionale Akteure einbezogen La complessità dell’analisi storica sind. In einer bestimmten Phase formt delle infrastrutture e dei sistemi di tras- sich ein Teil dieser Kräfte zu produkti- porto è anche definita dall’incidenza ven Synergien, was die Umsetzung von della dimensione temporale, per cui Infrastrukturvorhaben ermöglicht. l’ideazione, la progettazione e l’esecu- Die Komplexität historischer Un- zione delle opere si estende spesso su tersuchungen von Infrastrukturen und tempi molto lunghi, comportando il Verkehrssystemen ist nicht zuletzt von rischio che possano cambiare le condi- 4 Merki et al., Einleitung/Introduction, S. 18. 4 Merki et al., Einleitung/Introduction, p. 18. 5 Vgl. Paul N. Edwards, Infrastructure 5 Cfr. Paul N. Edwards, Infrastructure and Modernity: Force, Time, and Social and Modernity: Force, Time, and Social Organization. In: Thomas J. Misa/Philip Organization. In: Thomas J. Misa/Philip Brey/Andrew Feenberg (Hg.), The History Brey/Andrew Feenberg (a cura di), of Sociotechnical Systems. Modernity The History of Sociotechnical Systems. and Technology, Cambridge (MA) 2003, Modernity and Technology, Cambridge S. 185–226. Im weitesten Sinn kommt (MA) 2003, pp. 185–226. In senso più Edwards zum Schluss, dass: “infrastructures ampio, Edwards giunge a scrivere che: simultaneously shape and are shaped by – in “infrastructures simultaneously shape and other word, co-construct – the condition of are shaped by – in other word, co-construct modernity” (S. 186). – the condition of modernity” (p. 186). GR/SR 25 (2016), 2 Verkehr und Infrastruktur/Trasporti e infrastrutture 8
deren temporaler Dimension geprägt. zioni politiche, tecniche e finanziarie di Denn Konzept, Planung und Um- contesto. Sia la dimensione politica, che setzung konnten sich über sehr lange quella economica delle infrastrutture Zeiträume hinziehen und das Risiko vengono condizionate da questi tempi mit sich bringen, dass sich die politi- dilatati. Sotto il profilo politico, la rea- schen, technischen oder finanziellen lizzazione di un’opera di costo elevato, Rahmenbedingungen währenddessen grandi dimensioni e forte impatto sul wandelten. Sowohl die politische wie territorio richiede una capacità di visio- auch die ökonomische Seite von Infra- ne che sia in grado di delineare un chia- strukturmaßnahmen sind von solchen ro rapporto tra costi e benefici. Molto Verzögerungen betroffen. In politischer spesso si tratta di fare previsioni il più Hinsicht erfordert die Realisierung possibile accurate sull’evoluzione del eines kostenintensiven und groß an- traffico – e dunque della domanda – e gelegten Projekts mit weitreichenden sui cambiamenti in atto nelle tecnologie Auswirkungen vor Ort die Fähigkeit, di trasporto, tenendo anche conto del es so zu konzeptualisieren, dass ein fatto che un’infrastruttura non è mai eindeutiger Zusammenhang zwischen isolata, ma si inserisce in una rete desti- Kosten und Nutzen besteht. Dabei geht nata anch’essa a trasformarsi nel tempo. es um möglichst genaue Prognosen der Pare chiaro come si tratti di un eserci- Entwicklung des Verkehrsaufkommens zio piuttosto difficile, e non sorprende – also der Nachfrage – und hinsichtlich dunque che intorno alla valutazione der sich bereits abzeichnenden Verände- dell’opportunità di un’opera possano rungen im Transportwesen. Zu berück- insorgere aspri conflitti, oggi alimentati sichtigen ist, dass Infrastruktur nie iso- anche da visioni contrastanti sulla fun- liert, sondern stets Teil eines größeren zione e il destino dei territori interessa- Netzes ist, das sich verändert. Bei groß ti.6 Sotto il profilo economico, i tempi angelegten Verkehrsprojekten handelt lunghi che spesso intercorrono tra l’i- es sich also um ziemlich schwierige Un- deazione e il completamento di un’in- terfangen. Daher überrascht nicht, dass frastruttura incidono non soltanto sulla die Zweckmäßigkeit eines neuen Bau- prevedibilità dei costi, ma anche sulle vorhabens häufig sehr kontrovers beur- strategie di finanziamento: tra il mo- teilt wird, wobei sich Vorstellungen zu mento dell’investimento e quello in cui Nutzungs- und Zukunftsperspektiven un’infrastruttura comincerà a generare der betroffenen Gebiete oft diametral utili possono trascorrere molti anni, e gegenüberstehen.6 Unter ökonomi- ciò richiede strumenti finanziari pecu- schen Gesichtspunkten bringen Verzö- 6 Zum Konflikt unterschiedlicher Verkehrs- 6 Sul conflitto di visoni differenti nella realizza- konzepte im Alpenraum vgl. beispiels- zione di infrastrutture alpine, cfr. ad es. Anne- weise Anne-Marie Granet Abisset, Marie Granet Abisset, L’aplanissement de L’aplanissement de la montagne: un rêve la montagne: un rêve de techniciens et de techniciens et d’aménageurs européens. d’aménageurs européens. L’exemple du Lyon L’exemple du Lyon Turin Ferroviaire (LTF). Turin Ferroviaire (LTF). In: Histoires des In: Histoires des Alpes/Storia delle Alpi/ Alpes/Storia delle Alpi/Geschichte der Alpen Geschichte der Alpen 21 (2016), S. 233–254. 21 (2016), pp. 233–254. Editorial/Editoriale, 5–17 GR/SR 25 (2016), 2 9
gerungen zwischen der Planungsphase liari.7 A questi aspetti si connette dun- und dem Abschluss von infrastruktu- que inevitabilmente anche quello della rellen Bauten nicht nur die Kostenpla- governance, ossia dei processi di coordi- nung, sondern auch die Finanzierungs- namento tra gli attori che partecipano strategien ins Wanken. Daher sind bei all’ideazione, progettazione, realizza- Großprojekten, die erst nach vielen zione, mantenimento e uso delle infra- Jahren Gewinne erzielen, besondere strutture, su cui convergono questioni Finanzierungsinstrumente nötig.7 Zu come le tensioni tra istanze politiche den bereits genannten Aspekten kommt centrali e periferiche, tra regia pubblica damit als weiterer Faktor die Governance e ruolo dei privati, tra gestione dell’in- hinzu, im Sinne der Koordination der in frastruttura e interessi delle comunità die verschiedenen Planungs- und Reali- locali, tenuto anche conto del fatto che sierungsphasen sowie in die Erhaltung molte realizzazioni infrastrutturali han- und Nutzung involvierten Akteure. no oggi una dimensione internazionale. Denn diese stehen im Spannungsfeld Se quanto detto vale in generale, zwischen zentralstaatlichen und regio- per il mondo alpino la questione delle nalen, öffentlichen und privaten Inte- infrastrutture e dei sistemi di trasporto ressen, die zumeist auch internationale assume connotati specifici, in primo Verflechtungen mit einschließen. luogo perché la conformazione del ter- Gilt dieser Befund ganz allgemein, ritorio e le condizioni climatiche creano so sind Transport- und Verkehrssysteme vincoli forti, cui sono connessi costi di im alpinen Raum darüber hinaus mit realizzazione e mantenimento delle in- besonderen Anforderungen konfron- frastrutture relativamente più elevati tiert. Allein die naturräumlichen und che altrove. E proprio gli ostacoli ma- klimatischen Bedingungen erhöhen die teriali alla mobilità in montagna con- Kosten der Realisierung und Erhaltung tribuiscono a far sì che la realizzazione von Infrastrukturen. Gerade die geogra- o il potenziamento di un’infrastruttura fischen Hindernisse, die die Mobilität possa ridisegnare in maniera importan- in Bergregionen einschränken, haben te lo spazio economico e insediativo einen maßgeblichen Anteil daran, dass del territorio, agevolando in maniera sich die Umsetzung und der Ausbau significativa alcune aree ed escluden- von Verkehrsinfrastruktur auf den je- done altre. Per quanto riguarda le pro- weiligen Wirtschafts- und Siedlungs- vince alpine italiane nella seconda metà raum besonders nachhaltig auswirken, del Novecento ad esempio, pare chiaro indem sie den einen Entwicklungschan- come l’evoluzione positiva dell’econo- cen bieten, zugleich aber andere davon mia della Valle d’Aosta e delle province ausschließen. Was den italienischen Al- di Trento e Bolzano rispetto a quelle di penraum in der zweiten Hälfte des 20. 7 Vgl. Youssef Cassis/Giuseppe De Luca/ 7 Cfr. Youssef Cassis/Giuseppe De Luca/ Massimo Florio (Hg.), Infrastructure Massimo Florio (a cura di), Infrastructure Finance in Europe. Insights into the Finance in Europe. Insights into the History of Water, Transport, and Tele- History of Water, Transport, and Tele- communications, Oxford 2016. communications, Oxford 2016. GR/SR 25 (2016), 2 Verkehr und Infrastruktur/Trasporti e infrastrutture 10
Jahrhunderts betrifft, so liegt auf der Belluno e Sondrio8 sia da leggere non Hand, dass die günstige Wirtschafts- soltanto alla luce degli indubbi vantag- entwicklung im Aostatal, im Trentino gi connessi agli statuti di autonomia, und in Südtirol – verglichen etwa mit ma anche in relazione alla presenza sul den Provinzen Belluno und Sondrio8 – territorio di importanti direttrici di at- nicht nur mit den unbestreitbaren Vor- traversamento delle Alpi, che nelle altre teilen der Autonomiestatute verbunden realtà invece mancano. E un discorso ist, sondern auch mit den wichtigen analogo si potrebbe fare all’interno dei transalpinen Verkehrsachsen, die diese singoli territori, con le aree dotate di Territorien durchqueren – aber anders- migliori collegamenti che hanno visto wo fehlen. Und dasselbe trifft auch auf crescere nel tempo il loro peso relativo.9 die Binnenräume der genannten Regi- Appare così evidente come le infrastrut- onen zu: Prosperität hat sich im Laufe ture giochino un ruolo importante per der Zeit vor allem dort entfaltet, wo die le regioni alpine non soltanto per le loro Verkehrsverbindungen am besten aus- ricadute sui processi spaziali ed econo- gebaut sind.9 Dies macht deutlich, dass mici, ma anche perché costituiscono Infrastrukturmaßnahmen in den alpi- un delicato banco di prova per i diver- nen Regionen eine zentrale Bedeutung si livelli di governo locale che devono zukommt, nicht nur in Hinblick auf misurarsi con iniziative e progetti che ihre raumorganisatorischen und ökono- coinvolgono attori e risorse che vanno mischen Auswirkungen, sondern auch ben oltre la dimensione regionale, ma als Herausforderung auf den verschiede- anche con la necessità di risolvere i con- nen Ebenen der regionalen Politik. Die- flitti che la realizzazione e la gestione se muss sich Initiativen und Vorhaben delle infrastrutture inevitabilmente ge- stellen, deren Akteure und Ressourcen nera sul territorio. weit über den eigenen regionalen Raum I quattro contributi presentati nel- hinausreichen, aber auch Konfliktsitua- la parte monografica della rivista af- tionen bewältigen, die die Umsetzung frontano questi temi in relazione ad und der Betrieb von Infrastrukturen na- alcuni importanti progetti infrastrut- hezu unvermeidlich vor Ort erzeugen. turali alpini e perialpini tra Otto- e Die vier Beiträge des thematischen Novecento. Nell’articolo intitolato “La riorganizzazione del sistema idroviario 8 Vgl. Andrea Bonoldi, A Farewell to Marginality. Development Paths in the 8 Cfr. Andrea Bonoldi, A Farewell to Italian Alpine Provinces since World War Marginality. Development Paths in the II. In: Andrea Bonoldi/Andrea Leonardi Italian Alpine Provinces since World War II. (Hg.), Recovery and Development in the In: Andrea Bonoldi/Andrea Leonardi (a European Periphery (1945–1960), Bologna/ cura di), Recovery and Development in the Berlin, 2009, S. 129–161. European Periphery (1945–1960), Bologna/ 9 So steht das Anwachsen städtischer Räume in Berlin 2009, pp. 129–161. den Alpen in einem engen Zusammenhang 9 Il ruolo crescente di molte aree urbane nelle mit deren Lage an Knotenpunkten von Alpi è ad esempio connesso in modo signi- Verkehrsnetzen, die sie mit sehr dynami- ficativo al loro essere nodi di una rete che le schen voralpinen Ballungsräumen ver- connette con le realtà perialpine più dina- binden. Vgl. hierzu Manfred Perlik, miche. Cfr. Manfred Perlik, Alpenstädte: Alpenstädte: Zwischen Metropolisation und Zwischen Metropolisation und neuer neuer Eigenständigkeit, Bern 2001. Eigenständigkeit, Bern 2001. Editorial/Editoriale, 5–17 GR/SR 25 (2016), 2 11
Teils greifen diese Themenstellungen padano: l’idrovia Locarno-Venezia”, mit Blick auf einige infrastrukturelle Sergio Onger e Ivan Paris trattano la Großprojekte des Alpen- und Voral- lunga e complessa vicenda di un’infra- penraums im 19. und 20. Jahrhundert struttura che non è mai stata realizzata, auf. Der Beitrag von Sergio Onger und ma che ha dato vita a progetti e dibattiti Ivan Paris über die Planung von Was- da cui emergono alcuni aspetti cruciali serwegen in der Poebene – mit dem Ziel dell’evoluzione dei sistemi di traspor- einer Verbindung zwischen Locarno to. La discussione attorno a un’infra- und Venedig – richtet sein Augenmerk struttura di navigazione moderna che auf die Wechselfälle eines langwierigen garantisse un collegamento efficiente und vielschichtigen, aber letztlich nie tra un’area altamente dinamica come verwirklichten Vorhabens. Doch sind quella lombardo-veneta e ticinese e il daraus Projekte und Debatten ent- mare Adriatico prende le mosse nel standen, die Schlaglichter auf einige corso dell’Ottocento, e si protrae poi wesentliche Aspekte der Entwicklung per tutto il secolo successivo, rifletten- von Verkehrssystemen werfen. Erste do i mutamenti tecnologici, economici Diskussionen über einen modernen e politici in atto. Tra i fattori messi in Schifffahrtskanal, der die dynamischen luce dai due autori vi sono appunto gli Wirtschaftsräume in Lombardo-Ve- effetti delle variazioni delle variabili di netien und im Tessin mit dem adriati- contesto sul progetto nella sua lunga schen Meer verbinden sollte, setzten be- vita, la dimensione internazionale dello reits im 19. Jahrhundert ein. Sie zogen stesso, che fino al 1965 vide anche la sich durch das gesamte 20. Jahrhundert Svizzera come parte in causa, i problemi mit entsprechenden Anpassungen an di coordinamento tra i numerosi sog- die technischen, wirtschaftlichen und getti coinvolti, la concorrenza esercitata politischen Veränderungen. So arbei- da nuove forme di trasporto – prima ten die beiden Verfasser die sich wan- quello ferroviario, poi quello su gom- delnden Kontexte dieses langlebigen ma – la difficile valutazione preventi- Projekts und der internationalen Ein- va dei costi effettivi dell’infrastruttura. bindungen – die Schweiz war bis 1965 Anche una regione prettamente alpina involviert – klar heraus und gehen auf come il Trentino-Alto Adige partecipò Probleme der Abstimmung unterschied- a una fase del progetto, nella convinzio- licher Interessen, auf die Konkurrenz ne che l’idrovia padana potesse costi- neuer Transportsysteme – zunächst der tuire un’utile integrazione alla propria Eisenbahn, dann der Autobahn – und rete di trasporti. Al di là del fatto che die schwierige Kostenabschätzung ein. in tempi recenti la proposta è riemersa Auch die überwiegend alpine Region in un’ottica di valorizzazione turistica, Trentino-Südtirol beteiligte sich an einer un’eredità visibile del progetto, che te- der Projektphasen in der Überzeugung, stimonia anche la maggiore attenzione dass ein Anschluss ihres Verkehrsnetzes che nell’Italia postbellica è stata data an die geplante Wasserstraße in der Po- al trasporto su gomma, è riscontrabile ebene nutzbringend sein könnte. Abge- nel fatto che l’autostrada A35 Brescia- GR/SR 25 (2016), 2 Verkehr und Infrastruktur/Trasporti e infrastrutture 12
sehen davon, dass das Projekt in jünge- Bergamo-Milano, entrata in esercizio rer Zeit in Hinblick auf die touristische nell’estate del 2014, ripercorra parte di Nutzung neu diskutiert wurde, zeigt sich uno dei tracciati ipotizzati per l’idrovia. ein Niederschlag in der Trassenführung Il lavoro di Alfred Werner Höck, der 2014 dem Verkehr übergebenen “Infrastrukturpolitik und Arbeitsmigra- Autobahn A35 Brescia-Bergamo-Mai- tion am Beispiel des Baues des Salzbur- land, die einem Abschnitt einer der ur- ger Tauerntunnels in den Jahren 1901– sprünglich für den Wasserweg geplanten 1909”, è invece incentrato soprattutto Strecken folgt – was zugleich ein Beleg sulle condizioni di vita e lavoro delle für die Dominanz des Autoverkehrs im maestranze impiegate nella realizzazio- Nachkriegsitalien ist. ne della galleria ferroviaria dei Tauri, e Alfred Werner Höck fokussiert in sull’impatto che ebbe sulla società loca- seiner Untersuchung auf Infrastruktur- le l'afflusso di una massa consistente di politik und Arbeitsmigration in Zusam- manodopera straniera. L’opera rappre- menhang mit dem Bau des Salzburger sentava un elemento chiave della linea Tauerntunnels in den Jahren von 1901 ferroviaria che avrebbe dovuto collegare bis 1909 und wirft die Frage nach den l’area boema a Trieste attraverso il Salis- Lebens- und Arbeitsbedingungen der burghese, proponendosi in alternativa am Bau beteiligten Arbeiter auf. Eben- al tracciato della Südbahn passante per so geht es um die Auswirkungen der Vienna, che aveva garantito per decenni Präsenz einer großen Masse von orts- alla società titolare una posizione di so- fremden Arbeitskräften auf die lokale stanziale monopolio nella gestione dei Gesellschaft. Der Tunnel war ein Schlüs- traffici tra le aree economicamente più selelement eines ambitionierten Bahn- evolute dell’impero e il mare. Se l’infra- projekts, das die böhmischen Länder struttura fu portata a termine piuttosto über Salzburg mit Triest verknüpfen und rapidamente, il suo ruolo sarebbe però damit eine Alternative zu der über Wien stato almeno in parte ridimensionato a führenden Südbahn-Strecke darstellen causa degli sconvolgimenti portati dalla sollte. Deren Betreibergesellschaft hatte prima guerra mondiale. La realizzazione über Jahrzehnte eine wesentliche Mo- della linea fece affluire in aree alpine re- nopolstellung an der Verbindung zwi- lativamente poco popolate e caratteriz- schen den wirtschaftlich am stärksten zate da una struttura sociale e culturale entwickelten Regionen der Monarchie omogenea e ancora largamente tradi- und dem Mittelmeer inne. Obwohl in zionale un’enorme quantità di manodo- vergleichsweise kurzer Zeit fertiggestellt, pera – 70.000 persone nel momento di wurde die Tauernverbindung infolge der massimo sforzo – proveniente in mag- Auswirkungen des Ersten Weltkriegs in gior parte dalle aree meno sviluppate ihrer Bedeutung zum Teil erheblich ge- della monarchia asburgica, come quella schmälert. Das Bauprojekt hatte in re- balcanica. La sfida per chi dirigeva i la- lativ dünn besiedelte, soziokulturell we- vori e per le comunità locali fu duplice: nig differenzierte, sehr traditionale und da un lato garantire condizioni di vita e weitgehend landwirtschaftlich struktu- di lavoro accettabili, assicurando vitto, Editorial/Editoriale, 5–17 GR/SR 25 (2016), 2 13
rierte inneralpine Landstriche eine enor- alloggio e assistenza sanitaria, dall’altro me Anzahl an Arbeitsmigranten geführt evitare che sorgessero conflitti tra grup- – 70.000 waren es am Höhepunkt der pi di operai appartenenti a etnie diverse, Arbeiten. Sie kamen vor allem aus ge- e tra le maestranze e la popolazione lo- ring entwickelten Gebieten der Monar- cale, piuttosto diffidente nei confronti chie, vornehmlich aus dem Balkanraum. dei nuovi arrivati, percepiti come pro- Dies stellte für die Bauleitung wie für fondamente diversi sia sotto il profilo die lokale Verwaltung eine große Her- linguistico e culturale, che sotto quello ausforderung dar. Einerseits galt es, ak- sociale. Su entrambi questi fronti i pro- zeptable Lebens- und Arbeitsbedingun- blemi furono di non poco conto. gen zu gewährleisten und die adäquate Con Magdalena Pernold e il suo Verpflegung, Unterkunft sowie Gesund- contributo “Die Brennerautobahn als heitsversorgung sicherzustellen. Ande- Infrastruktur für Verkehr und Tran- rerseits richtete sich das Bemühen dar- sit. Zur Entgrenzung geografischer auf, Konflikte zu vermeiden: zum einen Verkehrsräume im Zeitraum ihrer zwischen den verschiedenen ethnischen Realisierung” il focus tematico e me- Gruppen der Arbeiter und zum anderen todologico si sposta sull’analisi del di- zwischen den Arbeitern und der lokalen scorso in relazione alla realizzazione di Bevölkerung. Diese stand den neu An- un’importante opera infrastrutturale gekommenen überwiegend misstrauisch di rilevanza internazionale come l’au- gegenüber und nahm sie sowohl in Hin- tostrada del Brennero.10 Nell’arco di blick auf Sprache und Kultur, aber auch tempo che va dagli anni Cinquanta, in ihrem Sozialprofil als fundamental quando si cominciò a parlare concre- ‚anders‘ wahr. An beiden Fronten waren tamente del progetto, passando per l’a- die Problemlagen beträchtlich. pertura dell’ultimo tratto autostradale Magdalena Pernolds Beitrag über nel 1974, fino ad arrivare ai giorni no- „Die Brennerautobahn als Infrastruk- stri, i temi ai quali l’infrastruttura è sta- tur für Verkehr und Transit. Zur Ent- ta associata nel discorso pubblico sono grenzung geografischer Verkehrsräume cambiati profondamente, riflettendo im Zeitraum ihrer Realisierung“ ver- non soltanto i mutamenti intercorsi nel schiebt die Blickrichtung thematisch quadro congiunturale, ma anche quelli und methodisch, indem sie die Reali- che hanno riguardato gli atteggiamen- sierung dieser international bedeutsa- ti e la cultura delle società locali. Negli men Transitstrecke diskursanalytisch anni Cinquanta, il Wirtschaftswunder untersucht.10 Seit den 1950er Jahren, tedesco, il miracolo economico italiano als man konkret begann, von dem Vor- e il processo di formazione della Comu- haben zu sprechen, über die Eröffnung nità economica europea costituirono des letzten Teilstücks im Jahr 1974 bis una spinta importante per la realizza- 10 Vgl. dazu auch die kürzlich erschienene Monographie der Autorin: Magdalena 10 Cfr. ora la monografia della stessa Magdalena Pernold, Traumstraße oder Transithölle? Pernold, Traumstraße oder Transithölle? Eine Diskursgeschichte der Brennerautobahn Eine Diskursgeschichte der Brennerautobahn in Tirol und Südtirol, Bielefeld 2016. in Tirol und Südtirol, Bielefeld 2016. GR/SR 25 (2016), 2 Verkehr und Infrastruktur/Trasporti e infrastrutture 14
in die Gegenwart haben sich die Inhal- zione di un’opera che si presentava assai te des öffentlichen Diskurses rund um impegnativa sotto il profilo tecnico e die Brennerautobahn tiefgreifend ge- finanziario. In una prima fase dunque wandelt. Dies ist nicht nur den güns- i temi forti nel dibattito pubblico furo- tigen konjunkturellen Entwicklungen no associati essenzialmente all’impatto geschuldet, sondern geht auch mit modernizzatore dell’infrastruttura, al kulturellen Veränderungen der lokalen suo significato in termini di sviluppo Gesellschaften einher. Das deutsche economico e – soprattutto da parte „Wirtschaftswunder“ der 1950er Jahre dell’Austria che si trovava all’epoca in und sein italienisches Pendant sowie der una delicata posizione geopolitica – Entstehungsprozess der Europäischen sul contributo che l’opera poteva dare Wirtschaftsgemeinschaft gaben den al rafforzamento del progetto europeo. entscheidenden Anstoß für die Um- Nonostante il periodo a cavallo tra gli setzung dieses technisch wie finanziell anni Cinquanta e gli anni Sessanta del höchst anspruchsvollen Bauvorhabens. Novecento sia stato segnato da forti In der ersten Phase dominierten im öf- tensioni politiche connesse alla que- fentlichen Meinungsbild Themen wie stione sudtirolese, il progetto non si è der erwartete Modernisierungseffekt fermato, e, al di là di alcune posizioni und die wirtschaftspolitische Bedeu- minoritarie contrarie alla realizzazione, tung dieser Infrastrukturmaßnahme, la discussione si è spostata soprattutto aber – vor allem aus der Sicht Öster- sul tracciato che l’autostrada avrebbe reichs, das sich geopolitisch in einer dovuto seguire tra il Brennero e Bol- schwierigen Lage befand – auch die zano. Qui si contrapponevano due Frage, ob die neue Verkehrsverbindung progetti. Uno favoriva il percorso attra- das europäische Projekt zu stärken ver- verso la Val d’Isarco, l’altro prevedeva mochte. Obwohl die Zeit am Übergang una direttrice val Passiria-Merano. Qui von den 1950er zu den 1960er Jahren interessi locali e esterni si mescolavano, von massiven politischen Spannungen con la seconda variante sostenuta non in Zusammenhang mit der Südtirolfra- soltanto dal mondo imprenditoriale e ge geprägt war, wurde das Autobahn- turistico meranese e dal quotidiano Alto projekt über den Brenner nie unterbro- Adige, ma anche da esponenti lombar- chen. Abgesehen von einigen wenigen di, che immaginavano un possibile svi- Gegenstimmen, verlagerte sich die De- luppo autostradale con un traforo dello batte in dieser Zeit hin zur Frage der Stelvio verso Milano. Gli anni Settanta Streckenführung zwischen dem Bren- hanno poi visto non solo il completa- ner und Bozen. Zwei mögliche Trassen mento dell’opera e la sua entrata in eser- standen einander gegenüber: Die eine cizio, ma anche l’emergere di un muta- verlief durch das Eisacktal, die andere mento di sensibilità nella società locale, favorisierte eine Verbindung über das con una crescente attenzione agli aspetti Passeiertal und Meran. Dabei vermisch- critici sotto il profilo dell’impatto am- ten sich lokale und überregionale Inte- bientale connessi all’enorme aumento ressenslagen: Die zweite Variante war dei flussi di traffico sull’autostrada. Editorial/Editoriale, 5–17 GR/SR 25 (2016), 2 15
nicht nur von Meraner Unternehmern L’autostrada del Brennero ritorna und Touristikern sowie von der Tages- nel contributo di Paolo Tedeschi, inti- zeitung Alto Adige getragen, sondern tolato “Attraversare le Alpi per formare auch von lombardischen Exponenten, l’Europa: la BEI e il finanziamento dei denen eine mögliche Weiterführung progetti relativi alle vie di comunicazio- der Autobahn mittels Untertunnelung ne alpine (anni 1960 e 1970)”, in cui des Stilfser Jochs bis nach Mailand l’autore si occupa di un tema finora vorschwebte. In den 1970er Jahren er- poco trattato, ovvero il ruolo giocato folgten die Fertigstellung der Autobahn dalla Banca europea degli investimenti und deren Inbetriebnahme – zugleich nel finanziamento delle infrastrutture kam es aber auch zu einer steigenden di trasporto attraverso le Alpi. Il re- Sensibilisierung im lokalen und regio- perimento delle risorse per finanziare nalen Raum, als sich Umweltprobleme tali opere era una questione di grande infolge des enorm angestiegenen Ver- rilevanza non soltanto per il fatto che kehrsaufkommens verstärkten. si trattava di importi piuttosto ingenti, Die Brennerautobahn kehrt im ma anche per la sfasatura temporale, Beitrag von Paolo Tedeschi über die in alcuni casi decisamente rilevante, Finanzierung dieser Alpenquerung tra l’erogazione del finanziamento e il durch die Europäische Investitionsbank momento in cui l’infrastruttura avrebbe (EIB) in den 1960er und 1970er Jah- cominciato a generare entrate per ripa- ren wieder, womit der Autor ein bisher gare l’investimento. Per quanto riguarda kaum behandeltes Thema der alpinen l’autostrada del Brennero poi, occorre Verkehrsinfrastruktur aufgreift. Die anche considerare la particolare confor- Beschaffung der Geldmittel für ein sol- mazione della società che controllava la ches Unterfangen stellte eine eminent parte italiana del progetto (Autostrada wichtige Frage dar. Denn es handelte del Brennero spa). A differenza di quan- sich nicht nur um einen beträchtlichen to accaduto per altri grandi realizzazioni Finanzierungsbedarf, sondern auch der autostradali nazionali infatti, in questo Zeitabstand zwischen der Investition caso il capitale di maggioranza non und dem Moment, in dem die Auto- era detenuto dalla Società Autostra- bahn Gewinne abwerfen würde und die de, controllata dallo Stato, ma da una Investitionskosten hereingeholt werden serie di soggetti politici ed economici konnten, war groß. Was die Brennerau- finanziariamente assai più deboli, ovve- tobahn betrifft, so ist auch die spezifi- ro regioni, province, comuni e camere sche Situation der Betreibergesellschaft di commercio interessate dal tracciato. auf italienischer Seite, der Brennerau- Ecco dunque che l’intervento massiccio tobahn AG, zu berücksichtigen. Im e a condizioni favorevoli da parte della Unterschied zu anderen großen italie- BEI, la cui istituzione era prevista già nischen Autobahnbauten hielt nicht sie nei trattati di Roma istitutivi della CEE als staatlich kontrollierte Autobahnge- del 1957, fu particolarmente importan- sellschaft das Mehrheitskapital. Dieses te. Un aspetto merita ancora di essere verteilte sich vielmehr auf politische richiamato, ovvero il fatto che il finan- GR/SR 25 (2016), 2 Verkehr und Infrastruktur/Trasporti e infrastrutture 16
und wirtschaftliche Akteure kleinerer ziamento, coerentemente con lo spirito Größenordnung: auf Provinzen, Regi- che animava gli interventi europei, era onen, Gemeinden und Handelskam- sostanzialmente motivato dalla volontà mern, die am Vorhaben interessiert di ridurre il divario economico e socia- waren. Daher spielte der von der EIB, le dell’Italia meridionale. In realtà però deren Errichtung bereits 1957 in den furono soprattutto le aree più diretta- Verträgen von Rom vorgesehen war, mente interessate dai progetti, quelle zu günstigen Konditionen erteilte hohe alpine e quelle padane, che ne benefi- Kredit eine entscheidende Rolle. Es gilt ciarono in misura maggiore. noch hervorzuheben, dass die Finanzie- I quattro contributi sono la testimo- rung – im Einklang mit den damaligen nianza di una ritrovata vivacità dell’a- Motivlagen der europäischen Politik – nalisi storica dei sistemi di trasporto e grundsätzlich den Zweck verfolgte, die comunicazione, che a livello internazio- ökonomische und soziale Disparität des nale è oggi supportata anche da approc- italienischen Südens zu verringern. Im ci metodologici innovativi, e mostrano Ergebnis allerdings zogen die unmit- quanto le aree alpine siano andate sem- telbar vom Verkehrsausbau betroffenen pre più integrandosi, pur con la propria Regionen in den Alpen und in der Po- specificità, in processi storici di ampia ebene den größten Nutzen daraus. portata. E così, alla fine, le Alpi attra- Die vier Beiträge dokumentieren, versate e le Alpi vissute finiscono inevi- dass sich die Geschichte von Trans- tabilmente per sovrapporsi. port- und Verkehrssystemen in einem neuen Aufwind befindet und dass sie Andrea Bonoldi e Hannes Obermair ein international lebendiges, von in- novativen methodischen Zugängen ge- tragenes Forschungsfeld ist. Sie zeigen auch, wie sehr sich der Alpenraum trotz seiner Besonderheit immer stärker in umfassende historische Prozesse inte- griert hat. Und so überlappen sich die durchquerten und die gelebten Alpen am Ende unweigerlich. Andrea Bonoldi und Hannes Obermair Editorial/Editoriale, 5–17 GR/SR 25 (2016), 2 17
Überlegungen im Nachklang der Konferenz „Regionalität als historische Kategorie. Prozesse, Diskurse, Identitäten im Mitteleuropa des 16.–19. Jahrhunderts“ 07.–09.11.2016, Deutsches Historisches Institut Warschau Sabine Jagodzinski/Aleksandra Kmak-Pamirska Anfang des Jahres 2015 wurde am Deutschen Historischen Institut Warschau ein neuer Forschungsbereich unter dem Titel „Regionalität und Regionsbil- dung“ eingerichtet. Er umfasst mehrere interdisziplinäre Forschungsvorhaben, die Themen von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart behandeln. Ge- meinsames Ziel ist es, die „Region“ als Forschungsperspektive und analytische Kategorie jenseits von nationalen oder staatlichen Zuschreibungen fruchtbar zu machen. Untersucht werden Regionsbildungsprozesse und Regionalismus- diskurse, Mechanismen und Akteure von Regionsbildung, Kennzeichen und Wandel von Regionalität. Zu einer Art Zwischenreflexion haben Sabine Jagodzinski und Aleksan- dra Kmak-Pamirska, Mitarbeiterinnen des Forschungsbereichs, zusammen mit dessen Initiator Miloš Rezník, zugleich Direktor des Deutschen Historischen Instituts Warschau, vom ˇ 7. bis zum 9. November 2016 Referent*innen aus Deutschland, Österreich, Polen und Tschechien nach Warschau eingeladen, um theoretische und methodische Zugänge zum Thema Region und Regiona- lität zu diskutieren. Ausgangspunkt war die Situation, dass die historische For- schung zur Region in letzter Zeit im Zuge neuer Forschungsströmungen etwa des spatial turn und Ansätzen zur Kategorie „Raum“ etwas verloren gegangen zu sein schien bzw. tendenziell unter anderen Vorzeichen betrachtet wird. In den Vordergrund rückten daneben in den letzten Jahren neue Forschungskategorien wie Identität, Grenzen und Grenzräume und Aspekte wie Grenzraumeffekte oder Phantomgrenzen.1 Während sich viele aktuelle Studien überwiegend im europäischen, zum Teil auch wieder nationalen, verstärkt lokalen und zugleich globalen (glokalen) Kontext auf diese Themen beziehen, sind regionale Zugän- ge in diesem Bereich zu Unrecht unterrepräsentiert. Bei näherer Betrachtung zeigt sich zudem, dass eine eindeutige Definition von Region fehlt. Diesen Desideraten widmete sich die Tagung. Angesichts der Fülle an theoretischen und methodischen Ansätzen zu Region, Raum und Grenze wird hier nur auf einige besonders produktive, die den 18 Vorträgen der Tagung zugrunde lagen 1 Vgl. Béatrice von Hirschhausen u. a. (Hg.), Phantomgrenzen. Räume und Akteure in der Zeit neu denken, Göttingen 2015. GR/SR 25 (2016), 2 Verkehr und Infrastruktur/Trasporti e infrastrutture 128
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