Gesundheit - Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
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&gesundheit 12512 Ausgabe 6 | 2017 arbeit Das Magazin für Sicherheitsbeauftragte Spezial Sicher durch Herbst und Winter. Mit Aushang Neue Kampagne Auf dem Weg zur Präventionskultur Lastenhandhabung Heben, Schieben & Co. Aber mit Köpfchen! Sicherheit leben Wie durch regelmäßiges Hinschauen Unfallzahlen gesenkt werden
inhalt Kampagne Der Startschuss für das Etablieren einer Präventionskultur in Betrieben und Einrichtungen ist gefallen → Seite 12 4 19 Meldungen Briefe an die Redaktion Nachrichten zu den Themen Sicher- Expertinnen und Experten 6 heit und Gesundheit bei der Arbeit beantworten Ihre Zuschriften 6 20 Landesforsten Rheinland-Pfalz Lastenhandhabung Durch laufendes Feedback Heben, Tragen, Schieben und die Unfallzahlen gesenkt Ziehen – mit Köpfchen 12 22 Forstwirtschaft Was Prävention bei Präventionskampagne Betriebliche Veranstaltungen gefahrvoller Arbeit leisten kann Berufsgenossenschaften und Unfall- Nicht nur zur Weihnachtszeit: Festlich, kassen laden ein, sich für Sicherheit unbeschwert und unfallfrei und Gesundheit zu engagieren 24 14 14 Mal abschalten! Arbeitsplatz Kita Erholung durch Pausen und Aus- Ergonomische Verbesserungen zeiten ist unabdingbar für Erzieherinnen und Erzieher 26 15 – 18 Aktuelle Vorschriften SPEZIAL Kindertagesstätten Wie andere von Der Extrateil zum Herausnehmen 27 der „MusterKiTa“ lernen können mit diesen Themen: Neue Informationsangebote • Sichere Arbeitsbereiche im Winter 28 • Vermeidung von Wegeunfällen 20 Fotos: Markus Breig, Stephan Floß, Christine Bay Meldungen Mit Aushang zum Thema „Der sichere Fußweg zur Arbeit“ 30 Unterhaltung Quiz mit Gewinnspiel, Sudoku, Cartoon und „Das Allerletzte“ Gesundheitsschutz Worauf beim Hand- haben von Lasten zu achten ist Impressum arbeit & gesundheit, 69. Jahrgang, erscheint Redaktion: Kai Stiehl (Redaktionsleiter), Druck: Bonifatius GmbH Druck-Buch-Verlag, zweimonatlich. Bezugsentgelt der Zeitschrift Markus Fischer, Lena Markmann, Manuela Müller Karl-Schurz-Straße 26, 33100 Paderborn im Mitgliedsbeitrag enthalten. Telefon: 0800 888 5440 Grafisches Konzept: Herausgegeben von: Deutsche Gesetzliche Fax: 0800 888 5445 CW Haarfeld GmbH, Hürth Unfallversicherung e. V. (DGUV), Glinkastraße 40, Leserservice: redaktion@dguv-aug.de Titelbild dieser Ausgabe: 10117 Berlin, www.dguv.de Bitte geben Sie bei Adressänderungen, Markus Breig Redaktionsbeirat: Jens Ackermann, Milena Abbestellungen o. Ä. wenn möglich Ihre Stand dieser Ausgabe: Bähnisch, Renate Bantz, Rike Bouvet, Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse an. 22. September 2017 Dr. Frauke Jahn, Ina Neitzner, Michael Quabach, Verlag: CW Haarfeld GmbH, Alexander Seeger, Dr. Ronald Unger, Dr. Thorsten ein Unternehmen der Wolters Kluwer Wiethege, Christiane Witek, Holger Zingsheim Deutschland GmbH, Robert-Bosch- Chefredaktion: Stefan Boltz (verantw., kommissa- Straße 6, 50354 Hürth, Die nächste Ausgabe erscheint risch), Kathrin Baltscheit (Stellvertretung), DGUV www.cwh.de am 17. Januar 2018. 2 6|2017 arbeit & gesundheit
... ab Seite 6 »Anstatt von ›richtig‹ oder ›falsch‹ sprechen wir lieber von ›sicher‹ oder ›unsicher‹.« Martin Grill, Fachkraft für Arbeitssicher- heit, Landesforsten Rheinland-Pfalz Ihre Erfahrungen sind uns wichtig. Schreiben Sie uns, was Sie als Sicherheits- beauftragte beschäftigt. arbeit & gesundheit 6|2017 1|2017 redaktion@dguv-aug.de 33
meldungen Hätten Sie’s gewusst? 43 % der abhängig Beschäftigten arbeiten mindestens einmal im Monat am Wochenende. Quelle: BAuA, Arbeitszeitreport Deutschland 2016 → Drucken und → Übergriffe belasten → Sicher hin und zurück – kopieren ohne Risiko Einsatzkräfte Wege ohne Unfall Merkblatt. Büroarbeiten sind ohne sie DGUV Information. Immer öfter geraten Präventionsprogramm. Am 1. Septem- kaum vorstellbar: Drucker und Kopierer. Einsatzkräfte von Rettungsdiensten und ber fiel der Startschuss für das neue Hilfreiche Tipps und Informationen zum Feuerwehr durch Übergriffe in Not: Über Programmjahr des DGUV Präventions- richtigen Umgang mit den Geräten liefert 1.000 meldepflichtige Zwischenfälle programms „Jugend will sich-er-leben“ das Merkblatt „Drucker und Kopierer“ während eines Rettungs- oder Löschein- (JWSL). Das diesjährige Motto lautet „Si- der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und satzes mit einer anschließenden Arbeits- cher hin und zurück – Wege ohne Unfall“. Arbeitsmedizin (BAuA). Grundsätzlich unfähigkeit von mindestens vier Tagen Ziel der Aktion ist es, Berufsschülerinnen sollte für jedes Gerät eine eingewiesene zählte die DGUV in den vergangenen fünf und -schüler, die bei Wegeunfällen zur Person bestimmt werden, die für die Jahren. Nach Einschätzung der DGUV Risikogruppe 1 gehören, auf die Gefähr- Benutzung, Nachfüllung und Wartung ist die Zahl der tatsächlichen Übergriffe dungen im Straßenverkehr aufmerksam zuständig ist. Die Kontaktdaten der sehr viel höher, wenn die nicht melde- zu machen. Dazu stellt die Aktion JWSL Person sollten am Gerät angebracht wer- pflichtigen Übergriffe ebenfalls berück- Lehr- und Ausbildungskräften kostenfreie den, sodass sie im Bedarfsfall gerufen sichtigt werden. Wie Verantwortliche von Unterrichts- und Unterweisungsmateriali- werden kann. Folgende Arbeiten sollte Rettungsdiensten und Feuerwehr ihre en zum Thema „Gefährdungen erkennen, ausschließlich die gerätekundige Person Beschäftigten vor verbaler und tätlicher Wegeunfälle verhindern“ zur Verfügung. vornehmen: Gewalt schützen können, zeigt die DGUV Im Rahmen eines Wettbewerbs zum The- → Tonerkartuschen wechseln Information „Prävention von und Um- ma „Mein Schulweg/Mein Arbeitsweg“ → Druckerwalzen reinigen gang mit Übergriffen auf Einsatzkräfte werden die Auszubildenden motiviert, → kleinere Betriebsstörungen wie der Rettungsdienste und der Feuerwehr“. sich in Form eines Werbeplakats oder ei- Papierstau beseitigen Die neue Publikation enthält hilfreiche nes YouTube-Videos kreativ mit dem The- → verschmutzte Ozonfilter wechseln Tipps zur Planung, Organisation und ma Wegeunfälle auseinanderzusetzen. Andere Wartungsarbeiten sollte der Service Nachbereitung von Einsätzen. Daneben ww.jwsl.de w des Herstellers durchführen. möchte die DGUV für die Betroffenen www.baua.de die Hemmschwelle senken, Übergriffe Artikelnummer: 1958 zu melden. www.dguv.de/publikationen → DGUV Information 205-027 4 6|2017 arbeit & gesundheit
→ Unfallversichert auch → Gefahrstoffe während der Elternzeit? kompakt Versicherungsschutz. Beschäftigte in Wer hingegen ins Büro geht, um die GHS-Memocard. Für gefährliche Stoffe Elternzeit sind rechtlich freigestellt von Kolleginnen und Kollegen zu besuchen, und Gemische gibt es weltweit ein Einstu- ihrer Arbeit. Trotzdem schauen einige ist dabei während der Elternzeit nicht fungs- und Kennzeichnungssystem, das Beschäftigte während ihrer Elternzeit im gesetzlich unfallversichert. In diesem Global Harmonisierte System (GHS). Um Büro vorbei oder springen ein, wenn die Fall nämlich wird der Betrieb oder der den sicheren Umgang mit gefährlichen Kapazitäten im Betrieb knapp werden. Arbeitsplatz aus privaten Beweggründen Stoffen und Gemischen zu unterstützen, Aber Vorsicht: Nicht alles ist unfallversi- aufgesucht, sodass kein innerer Zu- hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz chert. Denn der Schutz der gesetzlichen sammenhang mit dem Beschäftigungs- und Arbeitsmedizin (BAuA) die GHS-Me- Unfallversicherung greift nur bei Tätig- verhältnis vorliegt. mocard „Gefahrstoffe kompakt“ entwor- Fotos: shutterstock/VectorShow, red rose; Wolfgang Bellwinkel; JWSL; BAuA keiten, die mit dem Beschäftigungsver- fen. Auf der Memocard im Scheckkarten- ww.dguv.de w hältnis in einem inneren Zusammenhang Webcode: dp1052771 format, die in jede Tasche passt, werden stehen. Dazu zählen: die GHS-Symbole zur Kennzeichnung → Arbeiten im Auftrag oder auf von Gefahrstoffen kurz und verständlich Bitte des Arbeitgebers erläutert. Zudem werden Ausmaß und → Teilnahme an einer Schulung oder Bedeutung der Gefahren beschrieben, vor einem Lehrgang denen die Symbole warnen. Nicht zuletzt → Teilnahme an einer betrieblichen enthält die Karte Hinweise auf Verhaltens- Gemeinschaftsveranstaltung regeln bei bestimmten Gefährdungen. → alle Wege, die mit den genannten Die Memocard kann in Zehnerpaketen Tätigkeiten verbunden sind bestellt werden. Bis zu fünf Pakete sind dabei kostenfrei. ww.baua.de w → GHS-Memocard arbeit & gesundheit 6|2017 5
titelthema So wird’s gemacht! Die Buche ist gefallen, die Motorsäge abgestellt. Gleich folgt das Feedback von den „Lerngängern“ mit dem Ziel, die Sicherheit noch weiter zu forcieren. Foto: 6 6|2017 arbeit & gesundheit
Hinschauen, dazulernen, miteinander reden Unfallprävention Bei der Forstarbeit sind die Unfallgefahren vielfältig und ständig präsent. Wegweisend ist hier der Ansatz von Landesforsten Rheinland-Pfalz: Bei sogenannten Risiko-Lerngängen werden Gefahren und vor allem Lösungen sofort thematisiert. Der Weg zur Weiterentwick- lung der Sicherheitskultur führt über den konstruktiven Austausch. F est, routiniert und sicher hält Da- Mehr als ein Audit. Dass er heute bei niel Weilemann die Motorsäge in der Arbeit so genau in den Blick genommen den Händen. Knapp über dem Bo- wird, stört Daniel Weilemann keineswegs. den schneidet er aus dem Stamm Er hat schon eine ganze Reihe sogenannter einer 35 Meter hohen Buche einen Fallkerb „Risiko-Lerngänge“ hinter sich, bei denen heraus. Die Säge heult auf, während Weile- Sicherheitsfachleute von Landesforsten mann den Schnitt gekonnt bis zur richtigen Rheinland-Pfalz den Forstwirten einmal mo- Tiefe ins Holz führt. Der aufgezogene Ge- natlich über die Schulter schauen. Die „Ri- hörschutz bewahrt den Forstwirt vor dem siko-Lerngänge“ sind Teil einer veränderten Lärm, der durchs Gelände hallt. Mit geüb- Sicherheitskultur. Seit mittlerweile sieben ten Schnitten entfernt Weilemann die Wur- Jahren ist der Landesbetrieb dabei, mit den zelanläufe, um dann den abschließenden „Risiko-Lerngängen“ die Zahl der Arbeitsun- Fällschnitt ansetzen zu können. „Perfekte fälle sowie den Arbeitsausfall zu reduzieren. Arbeit“, lobt Manfred Knoll. Er arbeitet als Anders als bei einer üblichen Begehung, ei- Forstwirtschaftsmeister und Technischer Pro- ner Überprüfung oder eines Audits stehen hier duktionsassistent am Forstamt Bienwald im nicht die Dinge im Fokus, die falsch, sondern rheinland-pfälzischen Kandel. Gemeinsam die richtig gemacht werden. „Wir legen unser mit seinem Kollegen Thomas Müller beob- Augenmerk auf die sicheren Handlungen und achtet er Weilemann beim Fällen der Buche. Verhaltensweisen, um diese zu verstärken. → Fotos: Markus Breig arbeit & gesundheit 6|2017 7
titelthema »Lobende Worte motivieren, aber ich bin auch für weitere Anregun- gen immer offen.« → Hierdurch stellen wir die Arbeitssicherheit die Haltung von Lernenden ein, indem sie in einen positiven Kontext“, schildert Martin sich Verhaltensweisen erklären lassen und Grill, Sicherheitsfachkraft bei Landesforsten den Dingen auf den Grund gehen. Ihre leicht Rheinland-Pfalz. Deshalb vermeidet man es nachvollziehbare These lautet: Je kleiner die bei den Terminen auch, von „richtig“ oder Bandbreite von unsicheren Handlungen und „falsch“ zu sprechen. Stattdessen wird das Zuständen, desto geringer ist auch die Unfall- Wortpaar „sicher/unsicher“ benutzt. Und wahrscheinlichkeit. auch hier überwiegt der positive Kontext: Wenn Martin Grill und seine Mitstreiter bei Eine Frage der richtigen Technik. Was Forstwirt Daniel Weilemann hat sein Können unter den „Risiko-Lerngängen“ eben jene unsiche- Forstwirtschaftsmeister Manfred Knoll beim Beweis gestellt. Bei den ren Handlungen und Zustände hinterfragen, Ortstermin in Kandel an der Arbeit von Da- regelmäßigen Vor-Ort- die ihnen beim Beobachten auffallen, dient niel Weilemann so lobend hervorhebt, wird Terminen erhalten er und das weniger als Basis für Kritik, sondern zum beim anschließenden Resümee deutlich: seine Kollegen wertvolle Aufzeigen von Verbesserungspotenzial. Die Der Fallkerb, den Weilemann geschnitten Rückmeldungen. Sicherheitsfachleute selbst nehmen hier hat, ist praktisch wie aus dem Lehrbuch, zum 8 6|2017 arbeit & gesundheit
führt er leicht quer in den Stamm ein, um ei- nen Rückschlag zu vermeiden. Zum Schluss wird der Baum nur noch durch ein Halteband Info gehalten. Doch bewegt hat er sich noch nicht. Für den Sicherheitsfachmann Martin Grill ist das der entscheidende Punkt: „Solange der Wortweiser Baum ruhig stehen bleibt, ist die Gefahr ge- „Risiko-Lerngang®“ ring, dass Äste herabfallen.“ Dann würde es Der Begriff „Risiko-Lern- nämlich richtig gefährlich werden: Auch wenn gang“ ist ein eingetra- im Bienwald selbstverständlich Helme und genes Markenzeichen weitere Persönliche Schutzausrüstung getra- des Beratungsunter- gen werden, wäre ein Ast mit einer Länge von nehmens t&t Organisa- einem Meter und einem Durchmesser von fünf tionsentwicklung aus Zentimetern, der aus mehreren Metern herun- Hainfeld in der Pfalz. terfällt, in der Lage, einen Menschen lebens- Bei dem Konzept der gefährlich zu verletzen. Mit der beschriebenen regelmäßigen Vor-Ort- Sicherheitsfälltechnik, die bei Landesforsten Termine, das bei Landes- Rheinland-Pfalz vor fünf Jahren zum Standard forsten Rheinland-Pfalz wurde, konnte diese Gefährdung entschei- eingeführt wurde, ste- hen Arbeitsabläufe, dend reduziert werden. Verhaltensweisen und das Feedback aller Verbesserungen sofort aufgezeigt. Die Beteiligten im Fokus. beiden „Lerngänger“ Manfred Knoll und Tho- Ob Regional- bzw. Beispiel weil Sohlen- und Dachschnitt exakt mas Müller gehen bei ihrer Beobachtung sehr Abteilungsleitungen, aufeinander treffen. Die Männer im Bienwald genau vor. Dass sie heute viel zu loben haben, Forstamtsleitungen, arbeiten nach dem Prinzip der „Königsbronner ist bereits angeklungen. Da sie aber wirklich Revier- oder Technische Anschlagtechnik“, bei der der Baum bis zum alles in den Blick nehmen, finden sie auch ei- Produktionsleiterinnen Schluss stabil stehen bleibt. Das verspricht ne Sache, die sie hinterfragen: Im Rückweich- und -leiter sowie Forst- natürlich einen Sicherheitsgewinn. Die Buche bereich – also sozusagen auf dem Fluchtweg wirtinnen und Forstwir- stürzt erst, wenn Daniel Weilemann in sicherer für die Mitarbeiter, wenn der Baum fällt – soll- te: Alle Hierarchie-Ebe- Entfernung steht und der Schlepper den Baum te eigentlich ein rotes Tuch in einer Entfernung nen sind gemischt ver- treten, und das ganz mit der Seilwinde kontrolliert umzieht. Zuvor von sechs bis neun Metern ausgelegt werden, bewusst. aber musste Weilemann mit seiner Motorsä- an dem sich die Arbeiter beim Zurückweichen ge noch die sogenannte Bruchleiste ausfor- orientieren können. Daniel Weilemann hat in Fotos: Markus Breig men. Und auch hier erntet er anerkennendes diesem Fall auf das Tuch verzichtet, weil er Kopfnicken von den Beobachtern. Weilemann seinen Kollegen Michael Hahn als Fixpunkt geht in die Knie, um einen sicheren und ergo- nimmt, der per Fernbedienung den Schlepper nomischen Stand zu haben, das Sägeschwert steuert. Mit seiner Signalkleidung ist Hahn → Fotos: → arbeit & gesundheit 6|2017 9
titelthema Statt von „richtig“ oder „falsch“ spricht man lieber → als „Sichtmarke“ im Rückweichbereich schon immer ein großes Thema waren: Mor- von „sicher“ oder „unsicher“: deutlich zu erkennen. Von daher ist die Argu- sche Äste in den Baumkronen, Stolperfallen Thomas Müller (2. von links) mentation für die Beobachter Knoll und Mül- auf dem Waldboden oder der anspruchsvolle hat genau hingeschaut. Seine ler gut nachvollziehbar. Allerdings: Es funkti- Umgang mit gefährlichen Gerätschaften wie heutigen Beobachtungen oniert nur in Situationen, wo tatsächlich ein Motorsäge und Seilwinde – all das sind He- werden in weitere Bespre- Schlepper eingesetzt wird. Das anschließende rausforderungen für die Sicherheit bei der chungen einfließen. Gespräch über eine mögliche Verbesserung Arbeit. Hinzu kommen mögliche gesundheit- der Sicherheit verläuft unaufgeregt und kon- liche Folgen von Witterungseinflüssen, denen struktiv. Auch Daniel Weilemann ist damit sehr die Forstwirte ausgesetzt sind. zufrieden: „Lobende Worte motivieren, aber ich bin auch für weitere Anregungen immer Sicherheitskultur weiterentwickeln. Lan- offen.“ Wobei Martin Grill hinzufügt: „Wenn desforsten Rheinland-Pfalz hat stets großes das Rückweichtuch, was hier tatsächlich nicht Augenmerk auf Sicherheit und Gesundheit ge- angewendet werden muss, das Einzige ist, das legt. Trotz großer Anstrengungen war es aber uns bei einer gefährlichen Arbeitssituation mit lange Zeit so, dass die Zahl der Unfälle zwar tonnenschweren Stämmen und technischem gesenkt werden konnte, jedoch nicht so deut- Gerät auffällt, dann ist das wirklich gelebte Ar- lich wie gewünscht. Auch als man begann, Si- beitssicherheit auf ausgesprochen hohem Ni- cherheitstrainer einzusetzen, die die Mitarbei- veau.“ Es ist naheliegend, dass Arbeitsunfälle ter bis heute regelmäßig fortbilden, als man und ihre Vermeidung in der Forstwirtschaft den Akkord- durch einen Zeitlohn ersetzte 10 6|2017 arbeit & gesundheit
und bei Seminaren Aufklärungsarbeit leiste- te, brachte das noch nicht den durchschla- genden Erfolg. Wo sollte man also ansetzen? „Es funktioniert nur, wenn alle eingebunden Interview sind, die durch ihr Tun oder auch Nichttun zu einem Unfall beitragen“, erklärt Martin Grill. mit ... Deshalb startete Landesforsten mit Unterstüt- zung der Unfallkasse Rheinland-Pfalz den Pro- Dr. Hermann Bolz, zess „Weiterentwicklung der Sicherheitskultur Direktor der Zentralstelle der Forst- zur Verbesserung der Arbeitssicherheit“ und verwaltung, Landesforsten Rheinland-Pfalz schulte ausgewählte Führungskräfte und Ar- beitssicherheitsfachkräfte als Multiplikatoren. Was war der Grund, die sogenannten Risiko-Lern- Ziel ist die Bildung einer „Verantwortungsge- gänge einzuführen? meinschaft Arbeitssicherheit“ (vgl. Interview), In der Unfallprävention gibt es drei wesentliche Felder, näm- in der alle Beschäftigten ihre Rolle kennen und lich die Technik, die Organisation und das Verhalten. In den wahrnehmen. Das zeigt sich beispielsweise Bereichen Technik und Organisation sind wir sehr gut aufge- daran, dass auch der Direktor von Landesfors- stellt, jedoch passierten in der Vergangenheit immer noch zu vie- ten Rheinland-Pfalz, Dr. Hermann Bolz, sich le Unfälle. Also stellten wir uns die Frage, warum die vorhandene die Zeit nimmt, selbst „Risiko-Lerngänge“ Technik oder die Fertigkeiten und Kenntnisse im Einzelfall nicht durchzuführen. genutzt wurden. Daraus haben wir die folgenden Maßnahmen Auch beim „Risiko-Lerngang“ im Bien- abgeleitet: In „Risiko-Lerngängen“ begleiten wir die Beschäftig- wald wurde deutlich, dass die Weiterent- ten bei ihrer Arbeit. Hierdurch drücken wir unsere Wertschätzung wicklung der Sicherheitskultur alle Ebenen aus und verstärken sichere Verhaltensweisen. Und zweitens: Ar- beitssicherheit funktioniert nur, wenn sie „von oben“ gelebt wird erreicht hat. Die Forstwirte absolvierten ihre und alle die Möglichkeit ihres Beitrags erkennen. Wir sprechen Arbeitsschritte besonnen und professionell. hier von einer „Verantwortungsgemeinschaft Arbeitssicherheit“. An zahlreichen Details konnte Martin Grill Diese beiden Punkte sind wesentliche Bestandteile unseres erkennen, dass sie die Arbeitssicherheit ver- Prozesses „Weiterentwicklung der Sicherheitskultur zur Verbes- innerlicht haben. Sei es, dass sie die Äste des serung der Arbeitssicherheit“. Er läuft aktuell in 32 unserer 44 gestürzten Baumes zunächst nicht direkt am Forstämter, im Kompetenzzentrum Waldtechnik Landesforsten, Stamm abschneiden. Sei es, dass sie an ih- kurz KWL, sowie im Nationalparkamt. ren Motorsägen die Kettenbremse einlegen, wann immer sie die Arbeit kurz unterbrechen. Was passiert bei einem „Risiko-Lerngang“? Die Erkenntnisse aus dem „Risiko-Lerngang“ Zunächst einmal beobachten wir die Beschäftigten bei ihrer werden nun in den anstehenden dienstlichen Tätigkeit. Dann geben wir ihnen ein offenes Feedback, indem Fotos: Markus Breig wir alles Sichere, das wir feststellen konnten, thematisieren Besprechungen bei Landesforsten Rhein- sowie die beobachteten unsicheren Punkte hinterfragen. Sofern land-Pfalz thematisiert – damit die gesamte erforderlich, vereinbaren wir dann gemeinsam Maßnahmen. „Verantwortungsgemeinschaft Arbeitssicher- Diese sind meist sehr konkret und umfassen in der Regel nur ei- heit“ sie nutzen kann. nen Punkt, damit sich die Betroffenen genau darauf fokussieren können. Darüber hinaus nutzen wir die Gelegenheit, wichtige Themen aus dem Bereich der Arbeitssicherheit anzusprechen. Welchen Erfolg konnten Sie bisher erreichen? In den ersten fünf Jahren nach Einführung der Maßnahmen sind bei uns die unfallbedingten Ausfalltage um 38 Prozent gesunken. Das ist zwar sicherlich nicht allein durch diesen Prozess bedingt, sondern vielmehr durch das Zusammenwirken verschiedenster Präventionsmaßnahmen. Aber: Der Prozess war im fraglichen Zeitraum zweifelsfrei die wichtigste zusätzliche Intervention in Sachen Unfallprävention. Fotos: arbeit & gesundheit 6|2017 11
prävention Sicher. Gesund. Miteinander. Kampagnenauftakt Mit ihrer neuen Präventionskampagne kommmitmensch laden Berufsgenos- senschaften und Unfallkassen die Menschen in Betrieben, Bildungseinrichtungen und öffentlichen Institutionen ein, sich für Sicherheit und Gesundheit zu engagieren. S icherheitsbeauftragte setzen sich tagtäglich ehren- muss zunächst einmal erfasst werden, welchen Stellenwert amtlich für die Sicherheit und Gesundheit bei der Ar- Sicherheit und Gesundheit in einem Betrieb oder einer Ein- beit ein. Immer wieder weisen sie Kolleginnen und richtung genießen. Einen Hinweis darauf kann die Statistik Kollegen darauf hin, die Sicherheitsvorkehrungen geben: Wenn sich wenig Unfälle ereignen und Beschäftigte einzuhalten: Sie achten darauf, dass Schutzeinrichtungen an selten krankheitsbedingt ausfallen, dann spricht das dafür, Maschinen nicht manipuliert werden. Oder sie erinnern an das dass Sicherheit und Gesundheit einen hohen Wert haben. Tragen von Gehörschutz und Sicherheitsschuhen. Manchmal stoßen sie mit ihren Ratschlägen leider auf Widerstand. Dabei Vision Zero. Prävention hat ein zentrales Ziel: schwere ist eine gute Prävention, an der sich alle im Betrieb beteiligen, oder gar tödliche Arbeitsunfälle sowie Berufskrankheiten zu enorm wichtig, um Sicherheit und Gesundheit für alle Kollegin- reduzieren – am besten auf Null. Hierzu können auch Sicher- nen und Kollegen zu gewährleisten. heitsbeauftragte einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie sich ehrenamtlich für die Präventionskultur in Unternehmen Kultur der Prävention. Welche Stellschrauben es für siche- einsetzen und ihre Kolleginnen und Kollegen für Sicherheit und res und gesundes Arbeiten gibt, zeigen die Berufsgenossen- Gesundheit als zentrale Werte begeistern und mobilisieren. schaften und Unfallkassen mit der neuen Präventionskampa- Auch wenn die Anzahl der Arbeitsunfälle in den letzten gne kommmitmensch. Als sogenannte Dachkampagne ist sie Jahrzehnten zurückgegangen ist, so hat sich der Rückgang in auf der Fachmesse A+A 2017 gestartet. Ab März 2018 beginnen den letzten Jahren doch verlangsamt. Hierzu erklärt Dr. Walter dann die einzelnen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen Eichendorf, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der DGUV, ihre Trägerkampagnen. Hierfür greifen sie die Kommunikati- in der sich die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen zu- onsangebote der Dachkampagne auf und ergänzen sie durch sammengeschlossen haben: „Wir haben schon viel erreicht, speziell auf ihre Belange zugeschnittene Ansätze. aber in der jüngeren Vergangenheit fällt es uns immer schwe- Gemeinsam verfolgen die Unfallversicherungsträger das rer, weitere Verbesserungen bei den Unfallzahlen zu erreichen. Ziel, eine Kultur der Prävention in Betrieben, öffentlichen Ein- Daher brauchen wir einen neuen Ansatz, wenn wir unserem richtungen und Bildungseinrichtungen zu etablieren. Hierfür Ziel, einer Welt ohne Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Er- krankungen, näher kommen wollen.“ Und mit Blick auf den Sicherheit und Wandel der Arbeitswelt: „Wir benötigen eine Herangehenswei- Gesundheit Betriebsklima se, die mögliche Risiken in den Blick nimmt, bevor sie massen- Fehlerkultur haft in die betriebliche Praxis Eingang finden. Dann gestalten Beteiligung wir auch die Arbeitswelt von morgen sicher und gesund.“ Kommunikation Führung Gute Beispiele und Handlungshilfen. Im Rahmen der Prä- ventionskampagne werden Beispiele vorgestellt, die verdeut- lichen, wie eine Präventionskultur in Unternehmen erfolgreich 2018 2019 2020 2021 eingeführt und gelebt werden kann. Diese Praxisbeispiele liefern Denkanstöße, die sich auf das eigene Unternehmen In dieser Reihenfolge werden die sechs Handlungsfelder der übertragen lassen – zum Beispiel für Sicherheitsbeauftragte. Präventionskampagne eingeführt. Mit dem Wissen, das die Kampagne bereitstellt, haben Sicher- 12 6|2017 arbeit & gesundheit
heitsbeauftragte die Chance, ihre Vorgesetzten bei der Präven- Die sechs Handlungsfelder für tionsarbeit zu unterstützen. Dabei will die Kampagne keine Vorschriften aufstellen, sondern sie wirbt für ein gesundes sichere und gesunde Unternehmen Miteinander. „Wer aus Überzeugung gesund und sicher han- delt, tut es in allen Lebensbereichen“, betont Gregor Doepke, Die Präventionskampagne widmet sich Handlungsfeldern, Pressesprecher der DGUV. „Denken Sie zum Beispiel an das die in jedem Betrieb vorhanden und untereinander vernetzt Thema Kopfschutz: Der Bauingenieur trägt Helm auf der Bau- sind. Während der Kampagnenlaufzeit von zehn Jahren wer- den die Felder einzeln vorgestellt, wobei stets Teilaspekte stelle, auf dem Arbeitsweg mit dem Fahrrad und ebenso seine der übrigen Handlungsfelder berücksichtigt werden. ganze Familie bei der Fahrradtour am Wochenende.“ 123,18 Führung 111,87 Führungskräfte sind Kom ng mu Vorbilder und ent- hru nik Fü at io 76,43 scheidende Im- n pulsgeberinnen und -geber für Sic h 52,20 die Botschaft, e r h e it 40,56 Beteiligung 27,65 dass Sicher- u n d G esun 22,95 heit und Ge- sundheit zen- 1956 1966 1976 1986 1996 2006 2016 trale Themen im Betrieb sind. dhe it Die Darstellung in Zehnjahresschritten verdeutlicht, wie sich bei den Berufsgenossenschaften die rechnerische jährliche Anzahl Be r Kommunikation tri lt u der Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter verringert hat. eb sk l le rku Intensiver Aus- im a Feh tausch, Offenheit und Transparenz hinsichtlich Ri- Immer aktuell in sozialen Netzwerken. Ab März 2018 star- siken und Verbesserungspotenzi- ten die einzelnen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen alen unterstützen das Sicherheits- und ihre Kampagnenaktivitäten, wobei Mitgliedsbetriebe und -ein- Gesundheitsniveau aller. richtungen zum Mitmachen aufgefordert sind. Darüber hinaus bleiben Interessierte über Facebook, Instagram und Twitter Beteiligung stets auf dem Laufenden. So können Sicherheitsbeauftragte Die Beschäftigten kennen ihre eigenen Arbeitsplätze am sich gut informiert für eine Kultur der Prävention einsetzen. Sie besten. Wer ihr Wissen nutzt und sie an wichtigen Ent- und alle in Betrieben und Einrichtungen Beschäftigten sind scheidungen zu Sicherheit und Gesundheit beteiligt, kann im Sinne von kommmitmensch eingeladen, aktiv zu werden. effektiver und effizienter handeln. www.kommmitmensch.de Fehlerkultur Das Erfassen von Abweichungen und Beinahe-Unfällen hilft, Risiken zu reduzieren. Kommt es dennoch zu Unfällen und Erkrankungen, sollte dies offen und ohne Schuldzu- Praxishilfen aus der Kampagne weisung angesprochen werden. → Broschüren, Arbeitshilfen und Flyer vermitteln die Inhalte Betriebsklima der Kampagne lesefreundlich und zielgruppenspezifisch. Ein gutes Betriebsklima entsteht durch gegenseitige Wert- → Handlungshilfen für Präventionsfachkräfte geben schätzung, Vertrauen und Fairness. Es sorgt dafür, dass wichtige Argumente und Instrumente an die Hand. sich alle Beschäftigten wohl fühlen. → Handlungshilfen für Betriebe und Einrichtungen wie der Kultur-Check und die kommmitmensch Dialoge Sicherheit und Gesundheit informieren und aktivieren. Die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten Grafiken: DGUV → Seminare und E-Learning-Angebote für unterschiedliche sollten bei allen wichtigen betrieblichen Entscheidungen Zielgruppen qualifizieren Fach- und Führungskräfte. im Blick sein. arbeit & gesundheit 6|2017 13
gesundheitsförderung Arbeitsplatz Kita Ergonomie Auch bei Erzieherinnen und Erziehern in Kindertagesstätten kann es zu gesundheit- lichen Problemen als Folge der Arbeitsumgebung kommen. Das Projekt MusterKiTa ist ein Beispiel guter Praxis in Sachen gesundheitsschonender Betreuung von Kindern. E in hoher Krankenstand unter Erzieherinnen und Er- Die Ergebnisse der Befragung sowie eine ausführliche Be- ziehern in Kindertagesstätten beruht nach wissen- schreibung des Projekts „MusterKiTa“ und praktische Tipps schaftlichen Studien unter anderem auf erhöhten liefert der IFA Report 4/2017. Muskel-Skelett-Belastungen und Stressfaktoren wie beispielsweise Lärm. Eine schlechte Raumakustik oder auch Sensibilisieren und verändern. Schon kleine Änderungen Mobiliar, das nicht ergonomisch und nicht für Erwachsene pas- des Mobiliars können die Rückengesundheit von Erzieherin- send gestaltet ist, sind mögliche Gründe dafür. nen und Erziehern deutlich verbessern. So kann bereits die An- schaffung einiger höhenverstell- und drehbarer Stühle für das MusterKiTa. Um die Arbeitsbedingungen in Kitas gesund- Personal sowie kippsicherer Podeste mit Aufstiegshilfen für die heitsfördernd zu gestalten, hat die Unfallkasse Rheinland-Pfalz Kinder verschiedene Arbeitsbereiche deutlich knie- und rücken- (UK RLP) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeitsschutz schonender gestalten. Ebenso wichtig ist die Sensibilisierung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) das Pro- der Erzieherinnen und Erzieher, besonders derer, die sich noch jekt „MusterKiTa“ in einer bestehenden Kita in Neuwied reali- in der Ausbildung befinden, für die richtige Körperhaltung beim siert. Dort wurden ergonomische Empfehlungen und Konzepte Spieleanleiten, Essenausteilen oder Ankleiden der Kinder. hinsichtlich Akustik, Belüftung und Beleuchtung umgesetzt, die auf den Forschungsprojekten „ErgoKita“ und „Ergonomi- Filmreihe. Wie die Maßnahmen im Einzelnen aussehen sches Klassenzimmer“ der DGUV basieren. können, zeigt die Filmreihe „In unserer Kita ist immer etwas Die Wirksamkeit der Maßnahmen sowohl für das Fach- los“. Acht Clips zu den folgenden Arbeitsfeldern vermitteln personal als auch für die betreuten Kinder dokumentiert eine praxisnah, wie Kinder ebenso gut wie gesundheitsschonend mehrstufige Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. betreut werden können: → Heben, Tragen und Bücken → Dokumentationstätigkeiten → Rund ums Essen → Spielen in der Gruppe → Ankleiden der Kinder → Kochen mit Kindern → Schlafen/zu Bett bringen → Wickeln Die auf den Erfahrungen aus dem Projekt „MusterKiTa“ basierenden Filmclips der UK RLP richten sich an Träger, Füh- rungskräfte, Beschäftigte und Sicherheitsbeauftragte in Kitas sowie an pädagogische Fachkräfte. Die UK RLP möchte damit die Beschäftigten in Kitas anregen, das eigene Verhalten zu überdenken und gemeinsam gesundheitsfördernde Arbeits- weisen und Arbeitsmittel zu finden. IFA Report 4/2017 „Gesund- Filmreihe der UK RLP heitsförderung am Arbeits- „In unserer Kita ist immer platz Kita – Die MusterKiTa etwas los“: als Beispiel guter Praxis“: www.ukrlp.de www.dguv.de Webcode: b1056 Webcode: d1109553 14 6|2017 arbeit & gesundheit
spezial Betriebe für den Winter gewappnet Sichere Arbeitsbereiche Durch Dunkelheit, Regen, Schnee und Glatteis können Arbeitsstätten im Herbst und Winter schnell gefährlich werden. Um Unfälle zu vermeiden und die Gesundheit der Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter zu schützen, müssen Unternehmen geeignete Schutzmaßnahmen treffen. A lle Jahre wieder. Nein, es geht nicht um das näher rü- ckende Weihnachtsfest, sondern um die Witterungs- einflüsse, mit denen wir im beginnenden Winter konfrontiert sind. Auch wenn nur in vergleichsweise wenigen Betrieben die eigentliche Arbeit im Freien stattfindet, so gibt es doch praktisch keine Branche, die gänzlich davon ausgenommen wäre, sich auf die Bedingungen einzustellen. Und wenn es im Einzelfall „nur“ darum gehen sollte, einen sicheren Fußgänger- und Fahrzeugverkehr auf dem Betriebs- gelände zu ermöglichen. So empfiehlt Dr. Harald Wilhelm, Leiter des Bereichs Arbeitsschutzorganisation der Berufsge- nossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU): „Jeder Arbeitstag sollte damit beginnen, Verkehrswege und Arbeitsstätten zu sichern. Dazu gehört auch, auf Treppen, Laufstegen und Ge- rüsten Schnee zu räumen und Eis zu entfernen.“ Beleuchtung und Sichtbarkeit. Gerade auf Baustellen, aber nicht nur dort, ist die mangelhafte Beleuchtung eine oft Möglichkeit zum Aufwärmen. Wo im Freien gearbeitet wird, unterschätzte Risikoquelle. Verkehrswege sind blendfrei aus- müssen die Beschäftigten sich auch aufwärmen können. Die zuleuchten. Lampen sollten so platziert sein, dass sie nicht Arbeitsstättenverordnung schreibt dies vor. Dazu sind Pau- zuschneien. Zumindest sollten sie regelmäßig gereinigt wer- senräume nötig, in denen eine Temperatur von mindestens den. Auch bei Tageslicht sind auf Dächern nicht durchsturz- 21 Grad Celsius herrscht, zum Beispiel ein Baucontainer. Dort sichere Bauteile, wie etwa Lichtbänder, schon unter einer dün- sollte zudem die Möglichkeit bestehen, warme Speisen und nen Schneeschicht oft nicht mehr zu erkennen. Daher gilt die Getränke zuzubereiten. Falls statt eines Sanitärcontainers nur eingangs genannte Empfehlung des Experten von der BG BAU eine mobile Toilettenkabine aufgestellt wird, sollte auch diese hier umso mehr: Es sollte immer geräumt werden und die Be- möglichst beheizbar sein. schäftigten müssen auf den sicheren Verkehrswegen bleiben. Fotos: Christine Bay, Thinkstock/DutchScenery Branchenübergreifende Hinweise Die passende Schutzkleidung. „Wetterschutzkleidung, auf der Website der BG BAU: Sicherheitsschuhe und Winterschutzhandschuhe zählen zur www.bgbau.de Persönlichen Schutzausrüstung, die Unternehmen ihren Be- Webcode: WCOGRm schäftigten kostenlos zur Verfügung stellen müssen“, erklärt Dr. Harald Wilhelm. Ist diese durchnässt, sollten die Beschäf- AUSHANG FÜRS tigten sie wechseln können. Für feuchte Arbeitskleidung sollte SCHWARZE BRETT eine Trocknungsmöglichkeit, etwa ein Trockenschrank, vor- Nehmen Sie die folgende Doppelseite handen sein. aus dem Heft und hängen Sie diese gut sichtbar auf. arbeit & arbeit gesundheit & gesundheit 6|20171|2017 →
→ Der sichere Fußweg zur Arbeit Regen, feuchtes Laub, Schnee und Eis können das Gehen in der dunklen Jahreszeit gefähr- lich machen. Das gilt für den Weg zur Arbeit ebenso wie für alle, die auf dem Betriebsge- lände unterwegs sind. Diese fünf Tipps helfen, Rutschpartien zu vermeiden. Bitte keine Hektik! Die letzten Meter zur Bahn im Laufschritt? Bei glatten Straßen und Geh- Kleine wegen ist das keine gute Idee. Schritte Viel besser ist es, für den Ar- Wer große Schrit- beitsweg ein wenig mehr te macht, rutscht Zeit einzuplanen. leichter aus. Sicherer sind darum kurze Schritte, bei denen man stets mit der vollen Fläche des Fußes auftritt. Überwege benutzen Eigentlich ganzjährig eine Illustrationen: Thinkstock/artpustovit, yumemilk, TanyaZima, lukpedclub Selbstverständlichkeit, je- doch bei Rutschgefahr und schlechter Sicht besonders wich- tig: Fußgängerinnen und Fußgänger sollten zum Überqueren von Fahr- bahnen stets markierte Über- wege benutzen – möglichst auch auf dem Werks- gelände. Diesen Aushang finden Sie zum Download unter: aug.dguv.de
Kleidung, die sichtbar macht Nebel, Regen und Schneefall verschlechtern die Erkennbarkeit von Fußgängerinnen und Fußgän- gern. Mit heller sowie reflektieren- der oder fluoreszierender Kleidung werden sie im Verkehrsgeschehen besser wahrge- nommen. Rutsch- feste Schuhe Passendes Schuhwerk ist der Schlüssel zum sicheren Gehen. Die Schuhe sollten flach sein, eine weiche, rutschhem- mende Sohle und ein gutes Profil haben. Bei Bedarf Spikes überziehen!
spezial Unfallfrei durch die dunkle Jahreszeit Verkehrssicherheit Im Jahr 2016 gab es laut DGUV 186.070 meldepflichtige Wegeunfälle in der gewerblichen Wirtschaft und bei den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand. Um nicht selbst Teil der Statistik zu werden, ist im Herbst und erst recht bei winterlichen Verhält- nissen besondere Vorsicht geboten. W enn Frau Wilke, wie wir sie nennen wollen, zur möglichst komplett von Eis und Schnee befreit werden. Die Ge- Arbeit geht, trägt sie eine reflektierende Weste. schwindigkeit ist den Straßenverhältnissen anzupassen, vor- Damit hat unsere Beispiel-Mitarbeiterin etwas ausschauendes Fahren hilft beim Vermeiden plötzlicher Brems- Entscheidendes richtig gemacht, wie Olaf Me- und Lenkmanöver. Das gilt übrigens auch für Radfahrerinnen wes, Experte für Unfallverhütung am Institut für Arbeitsschutz und Radfahrer. Ein Helm und reflektierende Kleidung sollten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), bestä- auf dem Rad nicht nur im Herbst und Winter selbstverständ- tigt: „Es ist wichtig, dass man als Fußgängerin oder Fußgän- lich sein – ergänzend zu der ohnehin vorgeschriebenen funk- ger deutlich wahrgenommen wird. Sehr zu empfehlen ist helle tionstüchtigen Beleuchtung. Kleidung in Verbindung mit reflektierenden und fluoreszieren- den Materialien.“ Fluoreszierend sind insbesondere die gelben Vorsicht auf dem Roller! Gerade in Städten machen sich und orangen Farbtöne, wie man sie von Warnwesten her kennt. viele mit dem Motorroller auf den Arbeitsweg – auch ganzjäh- rig. Für die Fahrerinnen und Fahrer von motorisierten Zweirä- Sicher mit Pkw und Rad. Ebenso wie sich dern hat schlechte Witterung ihre eigenen Tücken: Eine nasse Fußgängerinnen und Fußgänger auf die Fahrbahn setzt der möglichen Schräglage enge Grenzen. Auch Jahreszeit einstellen, sollten das auch alle Bremsmanöver sind bei Nässe erschwert, da man die Griffig- tun, die mit dem Auto oder Rad zur Arbeit keit der Fahrbahn sehr genau einschätzen muss, um einen fahren. Klar, dass der Wagen auf Winter- möglichst kurzen Bremsweg zu erzielen. Grundsätzlich gilt: reifen umzurüsten ist. Wenn die Schei- Geschwindigkeit und Fahrweise den Sicht- und Straßenverhält- benwischer Schlieren hinterlassen, ist nissen anpassen! Auf Überholmanöver sollte im Zweifel ver- es Zeit, die Wischerblätter zu zichtet werden. Empfehlenswert ist zudem eine wasserdichte wechseln. Bevor es Kombi oder zusätzlich mitgeführte Regenkleidung. Sie hilft, losgeht, muss auch bei nasser Witterung trocken und damit fit und reakti- der Wagen onsbereit zu bleiben. Sicherheitstipps für jedes Wetter und verschiedene Verkehrsmittel: www.risiko-check-wetter.de Informationen auf der DGUV Website mit Download IFA Informationsblatt „Gleitsicherheit von Schuhen“: publikationen.dguv.de Bestellnummer: 12203 18 6|2017 arbeit & gesundheit
fragen & antworten An die Redaktion Bitte schreiben Sie uns Ihre Fragen an: redaktion@dguv-aug.de Zuschriften aus der Leserschaft In dieser Rubrik haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Mög- lichkeit, Fragen rund um die Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu stellen. Expertin- nen und Experten von der gesetzlichen Unfallversicherung antworten. → Stromschlag durch den Schlauch? „Als ich im Sommer mit dem Gartenschlauch ein Grundstück bewässerte, das sich an einer Straßen- bahnstrecke befindet, fragte ich mich: Was würde wohl passieren, wenn der Wasserstrahl versehentlich auf die Oberleitung trifft? Und wie machen das eigentlich Feuerwehrleute, wenn sie in der Nähe von Stromleitun- gen löschen müssen?“ Johannes Schumann, Freiburg im Breisgau → Versichert in der Fahrgemeinschaft? „Für die Fahrt in die Fabrik stellt mein Arbeitgeber einen fir- Dr. Christian Rückerl vom Institut zur Erforschung elektri- meneigenen Kleinbus zur Verfügung, den ich fahre. Im Laufe scher Unfälle bei der Berufsgenossenschaft Energie Textil der Fahrt nehme ich nach und nach mehrere Kolleginnen und Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM): Kollegen an Bord. Nun frage ich mich, was wohl passiert, Es klingt verblüffend, aber man kann elektrische Brände wenn es zu einem Unfall kommen sollte, bei dem jemand aus grundsätzlich mit Wasser löschen. Die Profis von der Feu- meiner Fahrzeugbesatzung verletzt wird. Greift dann die ge- Fotos: Thinkstock/Lucky Bussines; shutterstock/objectsforall, JuliusKielaitis, stockphoto-graf erwehr kennen die einschlägigen Regeln dafür und sind in setzliche Unfallversicherung?“ der Lage, die mögliche Gefährdung bei Löscharbeiten an Susanne Taubert, Dessau-Roßlau* elektrischen Anlagen sachkundig zu beurteilen. Entschei- dend ist jeweils die Einhaltung eines Mindestabstands, je Eberhard Ziegler, Referatsleiter Grundlagen des Leistungsrechts nachdem ob es sich um Nieder- oder Hochspannung han- der Abteilung Versicherung und Leistungen der DGUV: delt. Technischer Hintergrund: Bei einem längeren Wasser- Der unmittelbare Weg zur Arbeit und zurück steht unter dem Schutz strahl und insbesondere bei einem Sprühstrahl ist so viel der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Dies Luft zwischen den Wassertröpfchen, dass die Luftstrecke gilt auch für Abweichungen vom unmittelbaren Weg, die wegen einer nicht vollständig durch das Wasser überbrückt wird. Folg- Fahrgemeinschaft erforderlich werden (§ 8 Abs. 2 Nr. 2b SGB VII), lich findet auch kein Stromfluss statt. Einige Berufsfeuer- wenn Sie also den kürzesten oder schnellsten Weg verlassen, um wehren üben ganz gezielt weitere Mitfahrerinnen oder Mitfahrer aufzunehmen. Grundsätzlich den Löscheinsatz bei ist es aber so, dass Unfallversicherungsträger sich ihre Aufwendun- Straßenbahnbränden, gen beim Schädiger oder bei dessen Versicherung zurückholen – wobei der Sprühstrahl wenn es also jemanden gibt, der im landläufigen Sinne „schuld“ ist. auch auf die Oberlei- Ein einfaches, wenn auch etwas drastisches Beispiel: Ein anderer tung trifft. Aber das Fahrer verschätzt sich beim Überholen. Sie müssen mit Ihrem Bus in sind eben die Profis. den Straßengraben ausweichen. Das wäre dann wahrscheinlich ein Für die Sache mit dem Fall für die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners – und zwar so- Gartenschlauch gilt: wohl für den Schaden an dem Fahrzeug Ihres Arbeitgebers als auch Bitte auf keinen Fall aus- für den Fall, dass jemand aus Ihrer Fahrgemeinschaft beispielsweise probieren! eine Gehirnerschütterung erlitten hat. *Name und Ort auf Wunsch der Einsenderin geändert. arbeit & gesundheit 6|2017 19
gesundheitsschutz Heben, Tragen, Schieben, Ziehen – aber mit Köpfchen! Lastenhandhabung In vielen Berufen gehört es zum Alltag, Lasten zu bewegen. Zum Schutz der Gesundheit gilt es im Betrieb oder beim Einsatz vor Ort darauf zu achten, dass die Lastenhandha- bung in korrekter Weise geschieht – insbesondere durch die Verwendung passender Hilfsmittel. S chnell denken wir an Möbeltrans- erste Wahl, wenn es nach dem in der Prä- Die Leitmerkmal- porte oder Bauarbeiten, wenn es vention empfohlenen TOP-Prinzip geht. So- methode um den Umgang mit Lasten geht. bald die technischen und organisatorischen Dabei haben beispielsweise auch Möglichkeiten ausgeschöpft sind, folgt die Zur praxisgerechten Analyse der Rettungskräfte im wahrsten Sinne des Wor- persönliche Ebene: objektiv vorhandenen Arbeitsbe- tes schwer zu tragen. Nicht selten müssen → Technisch: Anders als beim Kranken- lastung wird die Leitmerkmalme- sie Patientinnen und Patienten durch en- transport können je nach Branche bei- thode empfohlen. Wie der Name ge Treppenhäuser transportieren. Da wird spielsweise spezielle Transportwagen, bereits sagt, beruht sie auf der Er- dann gehievt, rangiert und sich gebogen, Kräne oder Sackkarren zum Handhaben fassung und Dokumentation von um die betreffende Person möglichst rasch schwerer Gegenstände oder Saugnäpfe Leitmerkmalen. Diese sind: in den Rettungswagen zu bringen. Vorsicht zum Tragen von Fensterscheiben Entlas- → Zeitdauer/Häufigkeit ist geboten, damit Rettungskräfte – und alle tung bieten. → Lastgewicht anderen, die Lasten handhaben müssen – → Organisatorisch: Veränderte Abläufe → Körperhaltung nicht selbst gesundheitlichen Schaden neh- können Entlastung für die einzelnen → Ausführungsbedingungen men. „Etwa durch eine Überbeanspruchung Beschäftigten schaffen. Beispiel: der Darauf aufbauend werden Punkt- von Bändern, Muskeln und Sehnen in Armen Wechsel zwischen Aufgaben, die den werte errechnet, die eine Aussage und Händen können akute Beschwerden Körper unterschiedlich be- bzw. entlas- über den Grad der Belastung hervorgerufen werden“, erklärt Dr. Chris- ten. Eine große Hilfe ist es zudem, wenn erlauben. Das ist erheblich einfa- toph Schiefer vom Institut für Arbeitsschutz eine weitere Person die Lastenhandha- cher, als es sich zunächst anhört. der Deutschen Gesetzlichen Unfallversiche- bung unterstützt. Denn die Bundesanstalt für Ar- rung (IFA): „Bei einer andauernden erhöh- → Persönlich: Entscheidend ist das rich- beitsschutz und Arbeitsmedizin ten Belastung kann es auch zu chronischen tige Heben und Tragen. Beispielsweise (BAuA) stellt auf ihrer Website Erkrankungen und beispielsweise zu einem sollte dieses nur mit geradem Rücken unter dem Titel „Leitmerkmal- Bandscheibenvorfall kommen.“ erfolgen, die Lasten sollten möglichst methode zur Beurteilung von gleichmäßig verteilt werden und es Heben, Halten und Tragen“ ein Entlastung nach dem TOP-Prinzip. Da- müssen Pausen eingehalten werden. PDF-Formblatt zur Verfügung, bei mit es nicht so weit kommt, sind passende Auch die körperliche Verfassung spielt dem die Rechenfunktion gleich eingebaut ist. Hilfsmittel sinnvoll. Im Fall der Rettungskräf- eine wichtige Rolle: Fitness und trainier- te legt etwa eine Pilotstudie des IFA nahe, te Muskeln können die Beanspruchung ww.baua.de w dass alternative Transportmethoden wie des Körpers bei der Lastenhandhabung → Beurteilung von Lasten- ein Treppengleittuch oder ein Raupenstuhl entscheidend reduzieren. Und schließ- handhabungen anhand anstelle der Trage die Belastung beim Pati- lich sollten die Beschäftigten regelmä- von Leitmerkmalen ententransport reduzieren können. Solche ßig zum richtigen Heben und Tragen technischen Maßnahmen sind auch die geschult werden. 20 6|2017 arbeit & gesundheit
heckliste: C Bewegen von Lasten Einige einfache Ja/Nein-Fragen können Sicherheitsbeauftrag- ten einen ersten Eindruck ver- schaffen, ob Optimierungsbe- darf besteht: → Müssen an einem be- stimmten Arbeitsplatz Lasten bewegt werden? Gefährdungsbeurteilung. Worauf Be- für werdende Mütter vor. Unternehmerinnen → Müssen diese Lasten triebe darüber hinaus achten müssen, gibt und Unternehmer sollten schon möglichst häufig bewegt werden? die Lastenhandhabungsverordnung vor, die früh erwägen, ob eine schwangere Mitarbei- → Müssen diese Lasten auf dem Arbeitsschutzgesetz beruht. Zu- terin für eine andere Tätigkeit eingesetzt wer- lange bewegt werden? nächst sollten Lasten wenn möglich nicht den kann, wenn am regulären Arbeitsplatz → Können die Lasten beid- manuell gehandhabt werden. Wo sich das das Handhaben von Lasten nicht zu vermei- händig oder nur einhändig gehandhabt werden? nicht vermeiden lässt, sind Arbeitgeber in den ist. der Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung → Sind Hilfsmittel oder meh- rere Personen notwendig? durchzuführen. „Es gibt dabei keine feste Tipps für Beschäftigte: www.gdabewegt.de → Sind Engstellen oder Gewichtsgrenze, ab der Lasten als gefähr- → Risikobezogene schwierige Wege (z. B. lich gelten“, sagt Schiefer. Vielmehr müssen Tätigkeiten Treppen) zu berücksich- Sicherheitsfachkräfte und Sicherheitsbeauf- → Heben und Tragen tigen? tragte die Gesamtsituation betrachten, um → Wurde über die korrekte Foto: Stephan Floß mögliche Gefahren einschätzen zu können. DGUV Information 208-033 „Belastungen Körperhaltung bei der Las- Hilfreich dabei ist die kleine Checkliste auf für Rücken und Gelenke“: tenhandhabung informiert dieser Seite. Konkrete Grenzen für Lasten www.dguv.de/publikationen bzw. darin unterwiesen? schreibt lediglich das Mutterschutzgesetz → DGUV Information 208-033 arbeit & gesundheit 6|2017 21
versicherungsschutz Festlich, unbeschwert und unfallfrei 22 6|2017 arbeit & gesundheit
Betriebliche Veranstaltungen In der bevorstehenden Advents- und Weihnachtszeit werden wieder viele Unternehmen ihre Beschäftigten zu gemeinsamen Veranstaltungen einladen. Grundsätzlich sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei solchen betrieblichen Ge- meinschaftsveranstaltungen ebenso gesetzlich unfallversichert wie auch am Arbeitsplatz. E in fiktiver Fall, der aber gar nicht unwahrschein- beispielsweise, dass sich die Beschäftigten bei einem Win- lich ist: Für die Mustermann GmbH ist das Jahr terausflug aussuchen können, ob sie lieber eine Wande- 2017 super gelaufen. Als Dankeschön hat die rung um den zugefrorenen See unternehmen oder sich für Geschäftsleitung zur Jahresabschlussfeier die- zwei Stunden im nahegelegenen Thermalbad verwöhnen ses Mal nicht nur ein Buffet, sondern auch eine Tanzka- lassen wollen. „Gleichzeitig muss es aber auch Programm- pelle organisiert. Auch der Sachbearbeiter Herr Fröhlich punkte geben, an denen alle gemeinsam teilnehmen“, schwingt das Tanzbein. Leider rutscht er dabei aus und so Hecke. Wenn sich bei der Wanderung ein paar Leute zieht sich eine Gelenksverletzung am Bein zu. Gilt das als spontan entschließen, Arbeitsunfall? „Ja, solange nicht Alkohol die Ursache für einen Schnupperkurs im Spezialfall Betriebssport den Sturz war“, erklärt Ronald Hecke von der Abteilung Eisstockschießen mitzu- Versicherung und Leistungen der DGUV. Und weiter: „Der machen, gehört das nicht Ebenso wie bei der Teilnahme an betrieb- Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gilt bei einer mehr zur Veranstaltung. lichen Veranstaltungen gilt auch beim Be- betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung genauso wie Der Experte von der DGUV triebssport der Schutz durch die gesetz- bei der Arbeit. Es ist aber nicht jede Feier im Kollegenkreis empfiehlt: „Ein schrift- liche Unfallversicherung. Voraussetzung automatisch eine Betriebsveranstaltung.“ Damit das Mit- licher Programmablauf, ist, dass die sportlichen Aktivitäten da- einander als Betriebsveranstaltung gilt, müssen folgende der Beginn und Ende der rauf ausgerichtet sind, einen Ausgleich Kriterien erfüllt sein: Veranstaltung sowie die zu den Belastungen der Arbeit zu schaf- Programmpunkte auf- fen. Es darf nicht der sportliche Wettbe- → V eranstaltung des Arbeitgebers: Das Unternehmen führt, ist hilfreich. Er werb im Vordergrund stehen. Kurse für lädt zur Veranstaltung ein und kümmert sich um die dokumentiert für alle er- einen gesunden Rücken können ebenso Organisation bzw. beauftragt jemanden damit. „Lädt kennbar, was offiziell Teil zum Betriebssport zählen wie Übungen an Fitnessgeräten. Um als Betriebssport hingegen eine Kollegin dazu ein, ihr Jubiläum zu feiern, der Veranstaltung ist.“ zu gelten, muss er regelmäßig stattfin- ist das keine Betriebsveranstaltung“, erklärt Hecke. den, vom Unternehmen organisiert und „Auch dann nicht, wenn die Feier auf dem Unterneh- Wegeunfall, ja oder nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mensgelände stattfindet.“ nein? Solange es sich vorgesehen sein. Treffen sich Kolleginnen → Teilnahme der Unternehmensleitung: Die Unterneh- um eine Betriebsveran- und Kollegen in ihrer Freizeit zum Laufen mensleitung selbst oder von ihr Beauftragte nehmen staltung handelt, sind oder Fußballspielen, handelt es sich da- an der Veranstaltung teil. Das kann bei Feiern im klei- auch Hin- und Rückweg bei nicht um Betriebssport. neren Rahmen auch die Abteilungs- oder Teamleitung versichert. „Dann gelten www.dguv.de sein. für den Weg zum Veran- Webcode: d2268 → Gemeinschaftsgefühl fördern: Mit der Veranstaltung staltungsort und zurück muss das Unternehmen das Ziel verfolgen, die gegen- dieselben Regeln wie für seitige Verbundenheit und den Zusammenhalt der Mit- den Weg zur Arbeit“, erklärt Hecke. „Sind Mitarbeiterin- arbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern. nen und Mitarbeiter bei einem Wegeunfall alkoholisiert, → Offen für alle: Damit eine Feier oder ein Ausflug als hängt der Versicherungsschutz davon ab, ob der Alkohol- betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gilt, muss genuss ursächlich für den Unfall war.“ Wird der Weg aus sie allen Beschäftigten des organisatorischen Bereichs privaten Gründen unterbrochen, etwa um mit Kolleginnen offenstehen. „Wenn eine Einladung schon mit ‚Liebe und Kollegen noch ein wenig weiterzufeiern, erlischt der Fotos: Thinkstock/DutchScenery Fußballfreunde‘ beginnt, richtet sie sich nur an eine Versicherungsschutz – selbst wenn die private Nachfeier bestimmte Gruppe“, erläutert Hecke. im Anschluss an die offizielle Veranstaltung auf dem Fir- mengelände stattfindet. Programmablauf schriftlich festlegen. Gemeinschafts- www.dguv.de veranstaltungen können sich zumindest teilweise auch auf Webcode: d2272 verschiedene Orte und Aktivitäten aufteilen. Denkbar ist arbeit & gesundheit 6|2017 23
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