Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft

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Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
gymnasium                  Zentralmatura

                           Guat is gangen, nix
                           is g‘schehn?
                           Gedanken zum ersten Durchgang der Zentralmatura.

  Die Zeitschrift der
  AHS-Gewerkschaft

       64. jahrgang
  juli/august 2015 nr. 4

    Gewerkschaft
 Öffentlicher Dienst
                                                                              Foto: iStock
Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
zugespitzt                                                     inhalt
                                                                                                                          4
     Schlaraffia?                                                               top thema
                                                                    Zentralmatura: Guat is
                                                                                                   4

     Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht manche Politi-             gangen, nix is g'schehn?
     ker, Journalisten und selbst ernannte Experten erklä-             Von Mag. Herbert Weiß
     ren, das angeblich so kranke österreichische Schulwe-
     sen könne nur durch das Wundermittel der verpflich-                    gut zu wissen          8
     tenden ganztägigen Einheitsschule geheilt werden.            Bildung wird von der göd
     Studien zu dem horrende Summen verschlingenden                   besonders gefördert!
     Nachhilfebedarf sollen diese These stützen. Höflich for-           Von Mag. Verena Hofer
     muliert handelt es sich dabei um sehr schräge Statis­
     tiken und deren Interpretation.                            Familienunterstützung 2015        9
     Tatsache ist, dass eine überwältigende Mehrheit der                Von Mag. Verena Hofer
     Eltern und Schüler das erfolgreiche und beliebte
     Gymnasium schätzt.                                              Fahrtkostenzuschuss,         10
     Wenn Kinder und Jugendliche Nachhilfe benötigen,                Pendlerpauschale und
                                                                              pendlereuro
                                                                                                                          9
     kann das z. B. daran liegen, dass sie unverschuldet
     längere Zeit nicht am Unterricht teilnehmen konnten               Von Mag. Herbert Weiß
     oder dass sie sich überfordert fühlen. Meistens liegt es
     aber an einem steigenden Aufmerksamkeitsdefizit der                           im fokus       13
     Lernenden durch vielfältige Ablenkungen oder durch         DIE GESAMTSCHULSTAATEN IM
     Störungen des Unterrichtsgeschehens. Wie oft wurden             HOHEN NORDEN EUROPAS
     die Einführung wirksamer, sinnvoller Erziehungsmittel                             (TEIL 3)
     sowie die Bereitstellung von Unterstützungspersonal              Von Mag. Gerhard Riegler
     gefordert, damit sich die Lehrerschaft ihrer ureigens­
     ten Aufgabe des Unterrichtens widmen kann?!
                                                                 Dr. Hans Riegel-Fachpreise       15
     Geschehen ist bisher nichts.
                                                                   für Nachwuchs-Wissen-
     Stattdessen wird suggeriert, in einer verschränkten
                                                                             schafterInnen
     Ganztagsschule würden sich z. B. Hausübungen erüb-
                                                                        Von Mag. Verena Hofer
     rigen, und elterliche oder professionelle Nachhilfe
     würde überflüssig. Auch der jüngste Entwurf einer
                                                                          facts statt fakes       17
                                                                      Von Mag. Gerhard Riegler
     Änderung der Lehrplanverordnung geht (neben einer
     Autonomiebeschränkung und unbezahlter Lehrer-
                                                                      landesleitung aktiv         18
                                                                                                                       10
     mehrarbeit) in die Richtung, dass sich Hausübungen
                                                                 Abschaffung des Gymnasi-
     in der Praxis aufhören. Wer braucht denn schon so
                                                                       ums in Vorarlberg?
     etwas wie Üben? Das würde ja eine gewisse Portion
                                                                       Von Mag. Robert Lorenz
     Anstrengung bedeuten. Da reicht doch z. B. eine
     Klavierstunde pro Woche, um „Hänschen klein“ virtuos
                                                                                menschen          21
     darbieten zu können, ohne in der Zwischenzeit das
     Instrument anzurühren! – Oder nicht? Mit der Verhei-
                                                                           Auszeichnungen              Redaktions-
     ßung eines schulischen Schlaraffenlandes, in dem
                                                                          und ernennungen              schluss
     einem alles einfach zufliegt, erweist man Jugendli-                                               Redaktionsschluss für die
                                                                                     service      22   Nr. 5/2015: 28. August 2015
     chen aber einen denkbar schlechten Dienst.
     Warum besinnt man sich nicht des alten Sprichworts                                                Beiträge bitte per E-Mail
                                                                             aktuelle seite       23   an office.ahs@goed.at
     „Ohne Fleiß kein Preis“? Es ist heute aktueller denn je.
                                                                       Das halbvolle glas
                                                                   Von Mag. Dr. Eckehard Quin
     MP

                                                                          nachgeschlagen          24

2     gymnasium
Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
Sehr geehrte Frau Kollegin! Sehr geehrter Herr Kollege!
                                                                                                                                                editorial
               „Eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer weist einmal mehr auf die Vorteile der verschränkten
               ganztägigen Schule hin. So gaben an verschränkten Ganztagsschulen signifikant weniger Eltern
               an, täglich mit ihren Kindern zu lernen bzw. für Nachhilfe zu bezahlen“, meinte BM Gabriele
               Heinisch-Hosek Anfang Juni in einer Presseaussendung. Zwei Tage später verstärkte sie diese Aus-
               sage noch. „Der wahre Schlüssel, um nachhaltig Kosten für Eltern zu senken, liege nicht in Halb-
               tagsschulen mit Nachmittagsbetreuung, sondern in einer verschränkten ganztägigen Schule, wo
               für SchülerInnen Abwechslung zwischen Bewegung, Kreativität und Wiederholen des Lernstoffes
               möglich ist, wie die Ministerin meint.“
               Nun findet sich in der besagten AK-Studie tatsächlich folgender Satz: „Einen positiven Effekt auf
               eine Reduzierung der bezahlten Nachhilfe hat offenkundig die Ganztagsschule. Eltern, deren
               Kind in eine solche Schulform geht, haben zu geringeren Anteilen auf eine bezahlte Nachhilfe
               zurückgreifen müssen (17 %).“ Insgesamt geben laut AK-Studie 21 % der Eltern an, dass sie im
               Lauf des Schuljahres Geld für „Nachhilfe“ ausgegeben haben, zu der auch Kosten für Sprachfe-
               rienkurse und Lerncamps in den Sommerferien gezählt werden. Die Unterrichtsministerin hat also
               scheinbar recht, aber eben nur scheinbar.
               Die ganztägige Schule in ihrer verschränkten Form, also die klassische „Ganztagsschule“, gibt es
               insgesamt wegen mangelnder Nachfrage nur sehr selten, dann aber in erster Linie im Volksschul-
               bereich. Und nur 5 % der Eltern von Volksschulkindern geben an, bezahlte Nachhilfe in Anspruch
               zu nehmen. Man darf seriöserweise daher die 17 % nicht mit den 21 % vergleichen (siehe vori-
               gen Absatz), sondern viel eher mit den 5 %. Die Ganztagsschule erhöht also den Nachhilfebe-
               darf!
               Das ist übrigens keine Neuigkeit, sondern ein hinlänglich bekanntes Faktum. „In Ländern mit
               Ganztagsschulen sind die außerschulischen Aufwendungen um ein Vielfaches höher“, stellte
               etwa Univ.-Prof. Dr. Stefan Hopmann in einem Interview für die „Vorarlberger Nachrichten“ fest.
               Was manche PolitikerInnen, „BildungsexpertInnen“ und JournalistInnen aus Zahlen ableiten, lässt
               mich an ein wohl fälschlicherweise dem einstigen britischen Premierminister Benjamin Disraeli
               zugeschriebenes Zitat denken: „Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, infame Lügen und Statistik.“

                                                                                                                                    Die Redaktion
               Mag. Dr. Eckehard Quin,                                                                                              wünscht erholsame
               Vorsitzender der AHS-Gewerkschaft                                                                                    Sommerferien!
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                  impressum
               gymnasium. Zeitschrift der AHS-Gewerkschaft in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. He­raus­ge­ber: Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Fritz
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                                                                                                                                                                     3
Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
top thema

            Mag. Herbert Weiss,
    Vorsitzender-Stellvertreter      Zentralmatura

                                     Guat is gangen, nix is
       und Besoldungsreferent
             herbert.weiss@goed.at

                                     g‘schehn?
                                     Gedanken zum ersten Durchgang der Zentralmatura.

                                                             In zahlreichen Artikeln wurden in den letzten Wochen
                                                             die Vorzüge der Zentralmatura propagiert und ihre
                                                             Einführung als logische Entwicklung und als wichtiger
                                                             Schritt bezeichnet, der uns nur das nachholen lässt,
                                                             was in anderen Ländern schon längst üblich sei.
                                                             Dabei wird meist nicht erwähnt, dass in vielen Län-
                                                             dern „Zentralmatura“ eine andere Bedeutung hat.
                                                             Entweder enthält diese Prüfung zentrale Elemente
                                                             und wird nicht zur Gänze zentral vorgegeben, oder
                                                             in die Beurteilung der Matura werden auch die Leis­
                                                             tungen in den Jahren vor der Matura einbezogen.
                                                             Manchen der Autoren1 unterstelle ich hier keine böse
                                                             Absicht, viele dürften wohl einfach uninformiert sein.
                                                             Ich lasse hier die Frage offen, welche Variante die
                                                             schlimmere ist.
                                                             Ich möchte einen kritischen Blick auf den ersten
                                                             Durchgang und vor allem auf die Auswirkungen
                                                             dieser „Innovation“ werfen, wobei ich vorneweg fest-
                                                             halten möchte, dass ich nicht grundsätzlich gegen
                                                             zentrale Elemente bei der Reifeprüfung bin: Eine faire
                                                             Vergleichbarkeit und die Absicherung von Mindest-
                                                             standards sind aus meiner Sicht durchaus sinnvoll.
                                                             Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zwischen
                                                             Lehren und Lernen kein linearer Zusammenhang
                                                             bestehen muss. Klar ist, dass die Zentralmatura keine
                                                             „gerechtere“ Beurteilung sichert. Es handelt sich um
                                                             eine Pseudogerechtigkeit auf Kosten der Individuali-
                                                             tät der Schüler und der pädagogischen Freiheit der
                                                             Lehrer. Erst recht können einzelne schlechte Klas-
                                                             senergebnisse nicht direkt auf schlechten Unterricht
                                                             zurückgeführt werden. Einerseits haben wir es bei
                                                                                                                      Foto: iStock

                                                             den Schülern mit Menschen zu tun und nicht mit
                                                             Maschinen, und andererseits haben viele Faktoren

4          gymnasium
Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
Einfluss auf Prüfungsergebnisse. Neben der Bildungs-        der Gesamtschule Volksschule entstanden sind. 11 der
laufbahn der Schüler denke ich dabei unter ande-            28 EU-Staaten haben an PIRLS 2006, TIMSS 2007 und
rem an verschiedene Schwerpunkte der einzelnen              PISA 2012 teilgenommen. Derselbe Geburtsjahrgang
Schulen oder Klassen oder an unterschiedliche Rah-          wurde im Alter von zehn Jahren (PIRLS, TIMSS) und
menbedingungen bei der Prüfung selbst. Z. B. konnte         fünf Jahre später bei PISA in denselben Kompetenz-
die Deutschmatura mit oder ohne Computer bzw.               bereichen (Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften)
Textverarbeitungsprogramm und Rechtschreibkorrek-           getestet. Während der Sekundarstufe I kommt es zu
tur, und die Mathematikmatura mit oder ohne den             markanten Verschiebungen zwischen diesen 11 EU-
Gebrauch von grafikfähigen Taschenrechnern oder             Staaten. Österreichs Schüler arbeiten sich während
entsprechenden Computerprogrammen absolviert                der Sekundarstufe I von den Plätzen 8, 8 und 6 auf die
werden.                                                     Plätze 4, 3 und 4 vor.
                                                            Bei der schriftlichen Reifeprüfung scheint auf den
Kr itikp u n kt e a n de r ne u e n M at u r a a n s ic h   ersten Blick alles in Ordnung zu sein. Immerhin sind die
An der VWA als erster Säule der neuen Reifeprüfung          befürchteten schlechten Ergebnisse ausgeblieben.
gab es wenig öffentlich geäußerte Kritik. In sozialen       Ob das allein auf einen plötzlichen Leistungsanstieg
Medien wurde bemängelt, dass manche aufgrund                der Schüler zurückzuführen ist? Böse Zungen behaup-
der finanziellen Möglichkeiten ihrer Eltern Hilfe in        ten, dass für die Ergebnisse eher ein Teaching to the
Anspruch nehmen konnten, die anderen nicht zur              test oder die Senkung der Anforderungen verant-
Verfügung stand. Dieses Problem war natürlich von           wortlich seien. In Mathematik etwa werden große
Anfang an bekannt und hat unter anderem dazu                Teile dessen, was die Schüler laut Lehrplan können
geführt, dass die VWA entgegen der ursprünglichen           müssten, bei der Zentralmatura gar nicht abgeprüft.
Intention nun auch im Zuge der Reifeprüfung präsen-         Insgesamt war die heurige Mathematikmatura aus
tiert und diskutiert werden muss.                           meiner Sicht durchaus anspruchsvoll. Dass das aber
So sehr ich auf Gerechtigkeit Wert lege, muss ich an        nicht an den abgeprüften mathematischen Inhalten
dieser Stelle anmerken, dass Schule nie im Stande           lag, sehen nicht nur Mathematiker so. Bezeichnend
sein wird, Ungerechtigkeiten bzw. verschiedene Vor-         war für mich der Kommentar des AHS-Landesschul-
aussetzungen, die in jeder Gesellschaft naturgemäß          sprechers der Steiermark, Lukas Steiner: „Ich bin Num-
vorhanden sind, zur Gänze auszugleichen. Manche             mer 123.197. […] Wieso muss ich bei der Mathematik-
glauben aber offensichtlich wirklich, dass Schule in        Abschlussprüfung darüber nachdenken, ob eine Frau
der Lage sei, alle Defizite zu beseitigen. Wie könnte       ihren Gatten betrogen hat? Wieso habe ich bei
sonst ein schlechtes Abschneiden unserer Sportler           meiner Mathematik-Abschlussprüfung DJ Ötzis ‚Hey,
bei olympischen Sommerspielen bewirken, dass die            Baby‘ im Kopf? All jenen, die meine Gedanken nicht
tägliche Bewegungseinheit eingeführt wird? Dass             ganz nachvollziehen können, lege ich Teil 2 meiner
man aber andererseits nicht daran denkt, die nötigen        letzten, schriftlichen Matura ans Herz.“3
Ressourcen dafür zur Verfügung zu stellen, sei hier nur     Als Mathematiklehrer wage ich noch etwas anderes
am Rande erwähnt.                                           in Zweifel zu ziehen: War der Schritt weg von der Beur-
Genauso wenig kann eine gemeinsame Schule der               teilung des Rechenweges hin zur reinen Beurteilung
10- bis 14-Jährigen die Abhängigkeit der Schülerleis­       des Ergebnisses wirklich nötig? Auch wenn viele das
tung vom sozioökonomischen Hintergrund verringern.          inzwischen längst akzeptiert haben, halte ich diese
Die Unterschiede entstehen nämlich viel früher, wie         „Innovation“ nach wie vor für einen Rückschritt.
auch die Autoren der NMS-Evaluierung einräumen:             Und dabei geht es mir nicht primär darum, dass die
„Der Beitrag der NMS in gesellschaftlicher Hinsicht,        Kandidaten die Lösung eines Multiple-Choice-Tests
insbesondere zur Förderung von Bildungsgerechtigkeit        viel leichter austauschen können als einen Rechen-
und Chancengleichheit, ist nach den bisher vorlie-          vorgang oder gar die Idee dahinter. Es geht mir viel
genden Daten eher gering. Dies liegt auch daran,            mehr darum, dass anhand eines Rechengangs beur-
dass beim Eintritt in die NMS wesentliche Weichen-          teilt werden kann, ob der Kandidat verstanden hat,
stellungen bereits getroffen wurden bzw. prägende
Einflüsse auf das Vorwissen und das Lernverhalten
der Schülerinnen und Schüler bereits stattgefunden            1 Personenbezogene Bezeichnungen umfassen gleichermaßen Personen
                                                              männlichen und weiblichen Geschlechts.
haben und nicht mehr grundlegend modifiziert wer-             2 Ferdinand Eder et al., Executive Summary. In: Ferdinand Eder, Herbert
                                                              Altrichter, Franz Hofmann und Christoph Weber (Hrsg.), Evaluation der Neuen
den können.“2                                                 Mittelschule (NMS). Befunde aus den Anfangskohorten (Salzburg und Linz
Die von vielen Politikern, Journalisten und „Bildungs-        2015), S. 443-466, hier S 463f.
                                                              3 Lukas Steiner, Wieso habe ich bei meiner Mathematik-Abschlussprüfung DJ
experten“ verteufelte differenzierte Sekundarstufe I          Ötzis "Hey, Baby" im Kopf?. In: Standard online vom 19. Mai 2015.
lässt Österreichs Schüler Rückstände abbauen, die in

                                                                                                                                            5
Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
wie das mathematische Problem zu lösen ist. Und es          geschrieben wird und nicht für die Nachtkästchenla-
     macht für mich einen großen Unterschied, ob jemand          de, versteht sich von selbst. Der sprachliche ‚Output’
     gar keine Lösungsidee hat oder sich nur irgendwo bei        einer Deutschmatura besteht daher meist aus brav
     einer Umformung irrt. Aber vielleicht habe ich einfach      gefertigter Massenware, gefällig, gediegen, irgend-
     die Idee der Kompetenzen und die Ziele der OECD             wie brauchbar, aber gedanklich schlicht und farblos,
     nicht verstanden … Leider hatte aber weder jemand           zumal oft nur die Inhalte jener Textvorlagen (meist
     von der Schulaufsicht noch vom BIFIE die Kompetenz,         Zeitungsartikel) variiert werden, die den Aufgaben
     mir das zu vermitteln. An mir kann es ja nach moder-        zugrunde liegen. Kreativ ist jedenfalls anders. Ähnlich
     nen pädagogischen Ansätzen nicht liegen. Das Defizit        beckmesserisch wie das Aufgabenformat ist auch der
     wird ja immer bei dem gesucht, der dem anderen              Beurteilungsraster gestaltet. Er ist zu kompliziert, zu auf-
     etwas beizubringen versucht.                                wendig, zu unflexibel und nur bedingt sachdienlich. Die
                                                                 Beurteilungskriterien sind nicht auf alle neun Textsorten
     E s g i b t e i n e R e ih e                                anwendbar. Und apropos Textsorten: Manche, zum
     w e i t e r e r U n g e r e im t h e it e n                 Beispiel die Zusammenfassung, eignen sich nicht als
     Warum darf in der Muttersprache und in Latein in der        eigenständige Aufgabe für die Matura. Auch darüber
     AHS ein Wörterbuch verwendet werden, in den leben-          wäre nachzudenken.“6
     den Fremdsprachen hingegen nicht?                           Den Nachsatz zum angeblich so wichtigen Praxisbezug
     Warum ist der Gebrauch von Wörterbüchern für die            möchte ich Armin Wolf überlassen: „Eine Aufgabe bei
     AHS und für die BHS unterschiedlich geregelt?               der Deutsch-Zentralmatura: Verfassen Sie einen Leser-
     Warum gibt es bei den Klausuren in den lebenden             brief mit 270 – 330 Wörtern. Schön, aber wer druckt so
     Fremdsprachen im AHS-Bereich vier Teile, im BHS-            lange Leserbriefe?“7
     Bereich nur drei? (Es fehlt dort die „Sprachverwendung      Bei der mündlichen Matura ergibt sich allein durch die
     im Kontext“.)                                               Einführung der Themenbereiche, ihrer Anzahl und der
     Warum gibt es für die AHS und für die BHS unterschied-      Anzahl der Fragen gravierende Mehrarbeit für die Prü-
     liche Richtlinien für die Anzahl der Themenbereiche für     fer. Hatte ich früher bei zwei Kandidaten in DG neben
     die mündliche Reifeprüfung?                                 den zwei Fragen aus den Spezialgebieten noch vier
     Die Liste ließe sich sicher noch um einige Punkte           Fragen vorzubereiten, so sind es jetzt 24. Die müssen
     erweitern, ich will mich aber noch dem Fach Deutsch         aber so gestaltet sein, dass sie zumindest theoretisch für
     zuwenden, bei dem von wirklichen Experten schon im          alle Kandidaten lösbar wären. Damit habe ich natürlich
     Vorfeld Probleme gesehen und aufgezeigt wurden. Ich         keine Möglichkeit mehr, auf Interessen der Kandida-
     beschränke mich daher hier hauptsächlich auf Zitate:        ten einzugehen. Als Begründung für eine in Aussicht
     „Einheitstexte für zentrale Prüfungen sind eine geistige    gestellte Erhöhung der Lehrverpflichtung zu nennen,
     Zwangsjacke. Sie laufen auf eine intellektuelle Verar-      dass andere Berufsgruppen in den letzten Jahren auch
     mung hinaus, der man den Kampf ansagen muss.“4              Mehrarbeit hinnehmen mussten, ohne dafür entlohnt
     „Fazit: Nach vier Jahren Oberstufe muss man für die         zu werden, erscheint in diesem Zusammenhang wohl
     erfolgreiche Bewältigung eines Literaturbeispiels bei       mehr als zynisch. Von der Schulaufsicht wird in diesem
     der Deutsch-Matura genau nichts über Literatur wissen,      Zusammenhang immer angeführt, dass die Arbeit ja
     kein spezifisches Handwerkszeug nachweisen, denn all-       nicht umsonst sei, da man die Fragen ja auch in den
     gemeine Minimalkenntnisse zur Textanalyse und -inter-       nächsten Jahren verwenden könne. Das stimmt aber
     pretation reichen völlig aus. Auf dieses Ziel hin müssen    nur dann, wenn man wieder einmal die Individualität
     die jungen Leute im Unterricht vorbereitet werden:          einzelner Schüler oder die Gegebenheiten in verschie-
     Wie nehme ich, ohne viel gelernt zu haben, zu einem         denen Klassen negiert. Dazu kommt noch, dass viele
     beliebigen Thema im Korsett einer mehr oder weniger         von uns nicht in jedem Jahr Maturanten haben. Ob die
     künstlichen Textsorte halbwegs kompetent Stellung?“5        Bedingungen einige Jahre später noch unverändert
     „Es geht aber nicht nur um die Literatur. Das gedankli-     sind, sei dahingestellt.
     che und formale Korsett, das die Themenstellung den
     Kandidatinnen und Kandidaten anlegt, ist generell zu        Zu bef ürchten de
     eng, zu starr, zu künstlich. Der Grund dafür liegt einer-   Auswirkun gen der ref orm
     seits darin, dass bei jeder Aufgabe eine (angeblich         Durch die Konzentration auf die Grundkompetenzen
     reale) Schreibsituation vorgegeben werden muss. Das         werden z. B. in der Mathematik die Anforderungen
     kann sinnvoll sein, zum Beispiel bei den Textsorten Rede    nach unten geschraubt. Das mag für manche toll
     und Empfehlung, aber dort und da führt dieser Zwang         klingen, für jene, die bei einem Studium in einem der
     zu krampfhaften Konstrukten - oder zu redundanten,          MINT-Fächer mit der Konkurrenz von Studenten aus
     da sie ohnedies schon durch die Textsorte vorgegeben        anderen Ländern konfrontiert werden, ist das aber
     sind. Dass ein Leserbrief für ein bestimmtes Medium         alles andere als wünschenswert.

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Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
Wenn man sich am Lehrplan oder den Anforderun-              Bei der aktuellen Form der Zentralmatura sollten die

                                                                                                                                                 top thema
gen in den Naturwissenschaften an den Universitäten         Richtlinien für AHS und BHS – z. B. bei der Anzahl der
orientiert, muss man in der Mathematik auch Inhalte         Themenbereiche oder bei der Verwendung von Hilfs-
bringen, die bei der derzeitigen Form der Matura nicht      mitteln – gleich sein. Bei der Anzahl der Themenberei-
(mehr) geprüft werden. Das erzeugt automatisch              che wäre ich für einen Rahmen.
Druck von Eltern und Schülern, diese Dinge wegzu-           Die Anzahl der Vorbereitungsstunden für die mündli-
lassen und sich auf das zu konzentrieren, was bei der       che Reifeprüfung sollte wieder auf die bisher übliche
Matura relevant ist. Wenn viele Lehrer diesem Druck         erhöht werden.
nachgeben und die ganze Oberstufe hindurch nur              Für die ORG, deren Ergebnisse bei der schriftlichen
noch Schularbeiten auf BIFIE-Niveau geben, und viele        Reifeprüfung im Schnitt deutlich hinter denen der
Schüler auch für diese Schularbeiten nur nach dem           anderen Gymnasien zurückgeblieben sind, sollte es
„Genügend-genügt-Prinzip“ lernen, wird das Niveau           zusätzliche Ressourcen geben, um die Schüler besser
nach ein paar Jahren allgemein so weit gesunken             auf die Matura vorbereiten zu können.
sein, dass es auch bei der heute von manchen als zu         Es wäre natürlich auch eine „Lösung“, wenn man die
leicht empfundenen Matura viele „Nicht genügend“            Matura abschaffen und durch Aufnahmeprüfungen
geben wird. Und dann muss man die Matura eben               in Bezug auf tertiäre Bildungswege ersetzen würde.
noch leichter machen ...                                    Dann würde jener Teufelskreis, den ich oben ange-
Eine Matura, die zu keinem Studium befähigt, wird           sprochen habe, unterbrochen und der eigentliche
aber über kurz oder lang auch nicht mehr dazu               Auftrag der Gymnasien, nämlich auf ein Universitäts-
berechtigen. Gerade das Gegenteil hat man uns vor           studium vorzubereiten, würde wieder mehr in den
der Einführung der Zentralmatura als Grund für diese        Vordergrund treten.
genannt.                                                    Die wirkliche Lösung für fast alle Probleme wäre aber
Die Vorgaben beim Technologieeinsatz in der Mathe-          eine, die in Zeiten eines immer größeren Spardrucks
matik widersprechen außerdem den Anforderungen,             eigentlich auf der Hand liegen müsste. Man wirft die
die die Universitäten an die Studenten stellen.             Zentralmatura über Bord und ersetzt sie durch eine
Die negativen Auswirkungen der Reform auf den               teilzentrale Variante, die übrigens auch von den
Unterricht an sich habe ich erst in den letzten beiden      wirklichen Experten bevorzugt wird. Wenn bei den
Jahren so richtig realisiert. Der Zeitdruck, der sich aus   Prüfungen sowohl der zentral vorgegebene als auch
der Anzahl der vorgegeben Themengebiete ergibt,             der individuell vom Lehrer gestaltete Teil positiv absol-
bewirkt, dass man nicht in die Tiefe gehen kann und         viert werden müsste, könnte man zwei Fliegen mit
interessante Themen völlig wegfallen. Auf Interessen        einer Klappe schlagen: In jeder einzelne Schule bzw.
der Schüler kann nicht mehr eingegangen werden.             Klasse könnte man auf die speziellen Schwerpunkte
Auch hier gäbe es noch viel anzuführen. Ich möchte          eingehen, und der Staat könnte die Einhaltung von
stattdessen aber ein Zitat bringen, das viele Probleme      Mindeststandards garantieren. Man bräuchte z. B. in
der neuen Reifeprüfung auf den Punkt bringt: „Das           der Mathematik nicht neun verschiedene Aufgaben-
Schlimmste aber ist, dass wir unseren Kindern ler-          stellungen (acht für die BHS, eine für die AHS). Wenn
nen, gestellte Aufgaben ohne kritisches Fragen brav         die Schulautonomie von der Politik als die eierlegende
zu erledigen und darüber hinaus keine unnötigen             Wollmilchsau hingestellt wird, mit der man alle Proble-
Anstrengungen zu unternehmen. Bisher hatten wir             me im österreichischen Schulwesen lösen kann, und
zunehmend das Problem, dass die Sogwirkung der              man überall die Individualisierung anpreist, kann die
modernen mediengesteuerten Konsumgesellschaft               gerade eingeführte Matura ja wohl nur als anachro-
die Energie unserer Kinder absorbierte, sodass es oft       nistisch bezeichnet werden. Man sollte stärker auf die
ein harter Kampf war, sie für intellektuelle, gesell-       Lehrer als die Experten vor Ort hören und ihnen nicht
schaftskritische, künstlerische oder persönliche Inhalte    ständig Prügel vor die Beine werfen.                  n
zu interessieren. Jetzt ist dieser Kampf nicht mehr
vonnöten, vielleicht sogar unerwünscht. Lehrer, die
sich diesen neuen Zielen im Unterricht unterordnen,
erziehen die braven Konsumenten und pragmati-
schen Befehlsempfänger von morgen. Demokratie,
gute Nacht!“8                                                4 Kurt Scholz, Literatur macht unbequem. Genau deshalb brauchen wir sie. In:
                                                             Presse online vom 21. Oktober 2014.
                                                             5 Ludwig Laher, Zentralmatura: Oberflächlich tief. In: Standard online vom 6.
                                                             Mai 2015.
Lösu n g sv o r sch l äg e                                   6 Christian Schacherreiter, Zentralmatura: Zu eng, zu krampfhaft, zu spießig. In:
                                                             Standard online vom 12. Mai 2015.
Nach den vorangegangenen Überlegungen und der                7 Armin Wolf am 6. Mai 2015 auf Twitter.
Aufzählung verschiedener Problembereiche ergeben             8 Margit Neuböck, Was Bildungsstandards mit Demokratie zu tun haben. In: Stan-
                                                             dard online vom 18. Mai 2015.
sich für mich u. a. folgende Lösungsmöglichkeiten:

                                                                                                                                                     7
Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
gut zu wissen

         Mag. Verena hofer,
       Pressereferentin der
                                       Bildung wird von der GÖD
          AHS Gewerkschaft
          verena.hofer@goed.at         besonders gefördert!
                                       Eine besondere Serviceleistung der GÖD: Bildungsförderungsbeitrag
                                       und Zuschuss für Bildungsfahrten und -veranstaltungen des gewerk-
                                       schaftlichen Betriebsausschusses.

             B i l d u n g sf ör d e r u ng s b e it r a g                 prüfung etc.) wird die jeweils durchschnittliche Ausbil-
             Eine besondere Serviceleistung der GÖD ist der Bil-           dungsdauer zur Berechnung herangezogen.
             dungsförderungsbeitrag. Wer die Voraussetzungen            Zusätzlich gibt es eine Deckelung:
             erfüllt (einjährige Mitgliedschaft zum Zeitpunkt des       • Es werden maximal EUR 75,00 innerhalb eines Jahres
             Kurs- bzw. Ausbildungsabschlusses sowie Beitrags-             für mehrere Kurse oder Ausbildungen zugewiesen.
             wahrheit), kann bis zu einem Jahr nach Abschluss des       • Bei Abschluss einer mehr als 3 Jahre dauernden oder
             Kurses bzw. der Ausbildung einen Antrag auf Bildungs-         über 180 ECTS wertigen Ausbildung beträgt die maxi-
             förderung stellen.                                            male Förderung innerhalb eines Jahres EUR 180,00.
             Der Bildungsförderungsbeitrag wird gewährt für             • Der Bildungsförderungsbeitrag beträgt für Lehrlinge,
             • Dienstprüfungen                                             SchülerInnen von Krankenpflegeschulen und Stu-
             • Kurse und Ausbildungen (ohne Dienstauftrag) in             dentInnen der Pädagogischen Hochschule für den
                engerem beruflichen Sinn                                   jeweiligen Abschluss einheitlich EUR 45,00.
             nach Abschluss sämtlicher dazugehöriger Module.            • Wenn PensionistInnen Kurse besuchen, werden diese
                                                                           einheitlich mit EUR 30,00 pro Jahr gefördert (Da in die-
             Die Höhe des Bildungsförderungsbeitrages ist gestaf-          sem Fall keine Berufsbezogenheit vorliegt, ist dafür ein
             felt nach der Dauer bzw. nach den ECTS:                       eigenes Formblatt zu verwenden!).

              2 Tage bis 2 Wochen                             30 Euro   Bil dun gsfahrten un d -veran staltun gen
              Mehr als 2 Wochen bis 6 Monate ODER bis         45 Euro   des gewerkschaf tl ichen Betriebsaus-
              zu 30 ECTS                                                schusses
              Mehr als 6 Monate bis 1 Jahr ODER bis zu        60 Euro   Die Bildungsförderung der GÖD erstreckt sich nicht nur
              60 ECTS                                                   auf Fortbildungskurse, sondern auch auf den Besuch
              Mehr als 1 Jahr bis 3 Jahre ODER bis zu 180     75 Euro   von Bildungseinrichtungen (Ausstellungen, Museen ...),
              ECTS
                                                                        wenn sie im Rahmen von gewerkschaftlichen Bildungs-
              Mehr als 3 Jahre ODER über 180 ECTS            180 Euro   fahrten durchgeführt werden.
                                                                        Informationen darüber, welche Bildungsfahrten geför-
             Für die Berechnung der Aus- bzw. Fortbildungsdauer         dert werden, erteilt der jeweilige Landesvorstand.
             gilt:                                                      Im Bereich Wien ist das Ansuchen an die zuständige
             • Bei Modulen oder geblockter Form wird die Gesamt-       Bundessektion, die AHS-Gewerkschaft, zu richten. Für
                summe der Kurstage zu Grunde gelegt.                    den Wiener Bereich gibt es auch ein Formblatt, das
             • Für Kurs- oder Fortbildungsabschlüsse nach der Norm     unter www.goed.at zum Download bereit steht. Das
                des ECTS wird die Anzahl der Credits herangezogen.      Formblatt kann gemeinsam mit einer Teilnehmerliste
             • Für Abschlüsse ohne vorgegebene Ausbildungsdauer        und der Angabe der Mitgliedsnummern eingereicht
                (z. B. Computerführerschein, Studienberechtigungs-      werden.                                            n

8      gymnasium
Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
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               Familienunterstützung 2015
               Auch für 2015 gibt es wieder die Familienunterstützung der GÖD.

               Der Vorstand der GÖD hat auch für das Jahr 2015 wie-          renzgesetz oder Kollegen während des Präsenzdiens­
               der Familienunterstützungen beschlossen. Diese wer-           tes vergeben werden. Dasselbe gilt für Kolleginnen
               den als soziale Zuwendung an besonders zu berück-             und Kollegen im Karenzurlaub, wenn sie den Anerken-
               sichtigende Familien mit eigenen oder adoptierten             nungsbeitrag von EUR 1,80 monatlich zur Erhaltung
               Kindern gewährt. Die Zuerkennung erfolgt einmal               der Mitgliedschaft bezahlen.
               jährlich, nicht aber rückwirkend für vergangene Jahre.
               Für die Gewährung der Unterstützung müssen folgen-            Höhe der Un terstützun g
               de Voraussetzungen erfüllt werden.                            1. Familien mit Bezug von Familienbeihilfe für
                                                                             • 3 Kinder: EUR 150
               Grundsätzlich gilt:                                           • 4 Kinder: EUR 200
               1. eine Familie bezieht für drei oder mehr Kinder Fami-      • 5 Kinder: EUR 250
                   lienbeihilfe ODER                                         • 6 Kinder: EUR 300 usw.
               2. eine Familie bezieht für eines oder mehrere Kinder        2. Familien mit Bezug von erhöhter Familienbeihilfe für
                   erhöhte Familienbeihilfe                                  • 1 Kind: EUR 100
               Für beide Varianten muss ein Beleg aus dem laufen-            • 2 Kinder: EUR 200
               den Kalenderjahr (Kopie) erbracht werden. Als Belege          • 3 Kinder: EUR 300 usw.
               anerkannt werden:                                             Zu beachten ist, dass auf die Familienunterstützung
               • Bescheid des Finanzamtes ODER                               kein Rechtsanspruch besteht. Die Familienunterstüt-
               • Überweisungsbeleg (z. B. Kontoauszug) ODER                  zung wird ausnahmslos auf das Konto des Mitgliedes
               • Gehaltszettel mit dem Vermerk des Kinderzuschusses         überwiesen.
                                                                             Alle Ansuchen (Formulare mit den notwendigen Bele-
               Weit e r e Vo r a u ss e t z u ng e n                         gen) können während des ganzen Jahres – nicht nur
               für d i e Z u e r ke n n u ng d e r U nt e r s t ü t z u ng   vor Weihnachten – an folgende Adresse gerichtet
               • mindestens einjährige Mitgliedschaft in der GÖD             werden:
               • 12 Monatsmitgliedsvollbeiträge, Beitragswahrheit
                  (kein Rückstand)                                           Bereich Soziale Bildung
               • persönliches Ansuchen mittels Formular für das lau-        c/o Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
                  fende Kalenderjahr inklusive aller aktuellen Belege        Teinfaltstraße 7
                  wie oben erläutert (nach dem Login unter www.              1010 Wien
                  goed.at/Service/Familienbeihilfe downloadbar)
               Die Familienunterstützung kann bei Erfüllung der sons­        Formulare stehen unter www.goed.at zum Download
               tigen Voraussetzungen auch an Kolleginnen und                 bereit. Bitte beachten: Sammellisten können nicht
               Kollegen in Karenz nach Mutterschutzgesetz/Väterka-           angenommen werden!                            n

                                                                                                                                       9
Guat is GanGen, nix is G'schehn? - Zentralmatura - AHS-Gewerkschaft
gut zu wissen

             Mag. Herbert Weiss,
     Vorsitzender-Stellvertreter            Fahrtkostenzuschuss,
                                            Pendlerpauschale
        und Besoldungsreferent
              herbert.weiss@goed.at

                                            und Pendlereuro
                                            Teil 1: Was unterscheidet Fahrtkostenzuschuss
                                            und Pendlerpauschale? Wann hat man
                                            einen Anspruch darauf – und vor allem: in
                                            welcher Höhe?

                   Fa h r t ko st e nz u s c h u s s
                                                                                        bei Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte an
                   Seit 1. Jänner 2008 gibt es eine neue Regelung für
                                                                                       mindestens 8, aber nicht mehr als
                   den Fahrtkostenzuschuss, auf die ich im Folgenden                     10 Tagen im Kalendermonat
                                                                                                                                 zwei Drittel
                   eingehen werde.
                                                                                       mindestens 4, aber nicht mehr als         ein Drittel
                   Dem Bediensteten1, der durch Erklärung beim Arbeit-                    7 Tagen im Kalendermonat
                   geber ein Pendlerpauschale in Anspruch nimmt,                                 des jeweiligen Monatsbetrags.
                   gebührt ab dem Tag der Abgabe dieser Erklärung
                   bei seiner Dienstbehörde ein Fahrtkostenzuschuss. Das
                                                                                    Diese Monatsbeträge unterliegen einer an den Ver-
                   heißt im Klartext, dass der Fahrtkostenzuschuss nicht
                                                                                    braucherpreisindex geknüpften Wertsicherung.
                   extra beantragt werden muss.
                                                                                    Der Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss endet mit
                   Dem Unterrichtspraktikanten wird kein Fahrtkosten-
                                                                                    Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen für
                   zuschuss gewährt. Bei Vorliegen eines Vertragslehrer-
                                                                                    den Bezug des Pendlerpauschales wegfallen.
                   dienstverhältnisses neben dem Unterrichtspraktikum
                                                                                    Der Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss wird durch
                   kann jedoch Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss beste-
                                                                                    einen Urlaub, während dessen der Bedienstete
                   hen.
                                                                                    den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder
                   Der Fahrtkostenzuschuss beträgt für jeden vollen
                                                                                    eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstun-
                   Kalendermonat (in EUR):
                                                                                    falles nicht berührt. Ist der Bedienstete aus einem
                                                                                    anderen Grund länger als einen Monat vom Dienst
                                                    bei Anspruch auf das
                    einfache Fahrt-                                                 abwesend, ruht der Fahrtkostenzuschuss von dem
                     strecke über      „kleine“ Pendler-       „große“ Pendler-     auf den Ablauf dieser Frist folgenden Tag an bis
                                          pauschale               pauschale
                                                                                    zum letzten Tag der Abwesenheit vom Dienst. Der
                          2 km                  -                    10,14
                                                                                    Fahrtkostenzuschuss ruht weiters während eines
                         20 km                18,63                  40,23
                                                                                    Zeitraumes, für den der Bedienstete Anspruch auf
                         40 km                36,84                  70,02          Zuteilungs- bzw. Trennungsgebühr hat oder für den
                         60 km                55,08                 100,00          die Bezüge des Bediensteten entfallen.
                                                                                    Der Fahrtkostenzuschuss wird mit dem jeweiligen
                                                                                    Monatsbezug ausbezahlt. Bereits ausgezahlte,
                   1 Personenbezogene Bezeichnungen umfassen gleichermaßen Perso-
                   nen weiblichen und männlichen Geschlechts.                       nicht gebührende Beträge sind zurückzuzahlen. Der

10          gymnasium
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Fahrtkostenzuschuss gilt als Aufwandsentschädigung.      Das heißt: Tatsächliche Fahrtkosten zwischen Woh-
Auf dem Bezugszettel ist der Fahrtkostenzuschuss unter   nung und Arbeitsplatz können keinesfalls geltend
den Bezügen mit der Kennzahl 2600 zu finden. Er wird     gemacht werden.
auch während der Ferien ausgezahlt. Der Fahrtkos­        Alle unten genannten Beträge sind Steuerfreibeträ-
tenzuschuss wird bei der Berechnung der Sozialver-       ge. Das bedeutet, dass der jeweilige Betrag von der
sicherung nicht berücksichtigt, muss aber versteuert     Bemessungsgrundlage für die Steuer abgezogen wird.
werden. Bei einem Grenzsteuersatz von 43 % bleiben       Die Auswirkungen auf den Nettobezug hängen vom
z. B. von einem Fahrtkostenzuschuss von EUR 18,63        Grenzsteuersatz ab. Bei einem Grenzsteuersatz von
netto ca. EUR 10,60 übrig.                               43 % bewirkt z. B. ein Pendlerpauschale von EUR 58
                                                         eine Erhöhung des Nettobezugs um ca. EUR 25. Man
Pend l e rpa u sch a l e                                 bekommt quasi die Steuer für die EUR 58 zurück. Die
Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wer-      Antragstellung erfolgt mittels des Formulars L34 EDV
den grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag         mit Hilfe des Pendlerrechners (https://www.bmf.gv.at/
abgegolten. Dieser beträgt EUR 291 jährlich, steht       pendlerrechner/) über den Arbeitgeber, wird also im
jedem Arbeitnehmer zu und wird automatisch vom           Dienstweg eingereicht.
Arbeitgeber bei der Lohnverrechnung berücksichtigt.      Auf dem Bezugszettel ist das Pendlerpauschale unter
Unter gewissen Voraussetzungen besteht Anspruch          den Steuerbegünstigungen mit dem Kürzel „Pend.P.“
auf das „kleine“ bzw. das „große“ Pendlerpauschale.      zu finden.

                                                                                                                   11
Ein volles Pendlerpauschale steht im betreffenden          Wohnung. Der Ermittlung der Entfernung zwischen
        Ausmaß dann zu, wenn der Arbeitnehmer im Kalen-            Wohnung und Arbeitsstätte sind die Verhältnisse zu
        dermonat an mindestens elf Tagen von der Wohnung           Grunde zu legen, die vorliegen, wenn die Arbeits-
        zur Arbeitsstätte fährt. Seit dem 1. Jänner 2013 besteht   stätte in einem Zeitraum von 60 Minuten vor dem
        auch für Teilzeitkräfte, die nur an einem oder an zwei     tatsächlichen Arbeitsbeginn bis zum tatsächlichen
        Tagen pro Woche zu ihrer Arbeitsstätte fahren, ein         Arbeitsbeginn erreicht wird. Der Ermittlung der Ent-
        Anspruch auf Pendlerpauschale. Diese erhalten ein          fernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung sind
        bzw. zwei Drittel des jeweiligen Pendlerpauschales.        die Verhältnisse zu Grunde zu legen, die vorlie-
        Legt der Arbeitnehmer diese einfache Fahrtstrecke          gen, wenn die Arbeitsstätte in einem Zeitraum vom
        Wohnung - Arbeitsstätte an mindestens acht Tagen,          tatsächlichen Arbeitsende bis zu einem Zeitpunkt,
        aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat         der 60 Minuten später liegt, verlassen wird. Bei
        zurück, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei       flexiblen Arbeitszeitmodellen (beispielsweise glei-
        Dritteln zu. Legt der Arbeitnehmer diese Entfernung        tender Arbeitszeit) ist der Ermittlung der Entfernung
        an mindestens vier, aber an nicht mehr als sieben          ein Arbeitsbeginn und ein Arbeitsende zu Grunde
        Tagen im Kalendermonat zurück, steht das jeweili-          zu legen, das den überwiegenden tatsächlichen
        ge Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Wird ein          Arbeitszeiten im Kalenderjahr entspricht. Sind die
        Pendlerpauschale bezogen, ist eine Änderung des            zeitlichen und örtlichen Umstände der Erbringung
        Arbeitsweges dem Arbeitgeber unverzüglich mitzutei-        der Arbeitsleistung während des gesamten Kalen-
        len. Der Anspruch auf Pendlerpauschale und damit           dermonats im Wesentlichen gleich und ergeben sich
        auch auf den Fahrtkostenzuschuss endet mit dem             für die Hin- und Rückfahrt abweichende Entfernun-
        Wechsel des Wohnortes (auch Adressänderung inner-          gen, ist die längere Entfernung maßgebend. Sind
        halb des Wohnortes). Das Pendlerpauschale muss             die zeitlichen oder örtlichen Umstände der Erbrin-
        dann neu beantragt werden. Im Zuge der Arbeit-             gung der Arbeitsleistung während des gesamten
        nehmerveranlagung besteht die letzte Möglichkeit,          Kalendermonats nicht im Wesentlichen gleich, ist
        einen Anspruch auf das Pendlerpauschale geltend zu         jene Entfernung maßgebend, die im Kalendermonat
        machen. Wurde die Pendlerpauschale beim Arbeit-            überwiegend zurückgelegt wird. Liegt kein Über-
        geber in unrichtiger Höhe in Anspruch genommen, ist        wiegen vor, ist die längere Entfernung maßgebend.
        verpflichtend eine Arbeitnehmerveranlagung durch-          Gehwege sind Teilstrecken, auf denen kein Massen-
        zuführen. Diese bewirkt aber keine Anweisung des           beförderungsmittel verkehrt. Eine Teilstrecke unmit-
        Fahrtkostenzuschusses.                                     telbar vor der Arbeitsstätte ist als Gehweg zu berück-
                                                                   sichtigen, wenn sie zwei Kilometer nicht übersteigt.
        Pe n d l e r e u r o                                       In allen übrigen Fällen sind als Gehwege Teilstrecken
        Der Pendlereuro ist als steuerlicher Absetzbetrag ein      zu berücksichtigen, die einen Kilometer nicht über-
        Jahresbetrag und wird berechnet, indem die Entfer-         steigen. Ist die Benützung eines Massenbeförde-
        nung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit "zwei"         rungsmittels zumutbar (siehe Teil 2 in „gymnasium“
        multipliziert wird. Bei der Berechnung des Pendlereuros    Nr 5/2015), bemisst sich die Entfernung nach den
        sind die Bestimmungen hinsichtlich der Aliquotierung       Streckenkilometern des Massenbeförderungsmit-
        des Pendlerpauschales entsprechend heranzuziehen.          tels und allfälliger zusätzlicher Straßenkilometer und
        Die Berücksichtigung des Pendlereuros erfolgt wie          Gehwege. Beträgt die Gesamtstrecke zumindest
        beim Verkehrsabsetzbetrag durch den Dienstgeber.           20 Kilometer, sind angefangene Kilometer auf volle
        Ein Zwölftel des Jahresbetrags wird in jedem Monat         Kilometer aufzurunden. Ist die Benützung eines Mas-
        direkt von der Lohnsteuer abgezogen, bewirkt also          senbeförderungsmittels unzumutbar (siehe Teil 2 in
        eine Erhöhung des Nettobezugs in dieser Höhe.              „gymnasium“ Nr 5/2015), bemisst sich die Entfernung
                                                                   nach den Straßenkilometern der schnellsten Stra-
        E n t f e r n u n g zw is c h e n W o h n u ng u n d       ßenverbindung. Beträgt die Gesamtstrecke zumin-
        Arb e i t sst ä t t e                                      dest zwei Kilometer, sind angefangene Kilometer auf
        Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte          volle Kilometer aufzurunden. Bei der Ermittlung der
        umfasst die gesamte Wegstrecke, die unter Ver-             Straßenkilometer sind nur abstrakte durchschnittli-
        wendung eines Massenbeförderungsmittels, ausge-            che Verhältnisse zu berücksichtigen, die auf einer
        nommen eines Schiffes oder Luftfahrzeuges, unter           typisierenden Betrachtung beruhen (insbesondere
        Verwendung eines privaten Personenkraftwagens              Durchschnittsgeschwindigkeiten). Konkrete Verhält-
        oder auf Gehwegen zurückgelegt werden muss, um             nisse (insbesondere Staus oder privat veranlasste
        in der kürzest möglichen Zeitdauer die Arbeitsstätte       Umwege) sind nicht zu berücksichtigen.              n
        von der Wohnung aus zu erreichen. Entsprechendes
        gilt für die Entfernung zwischen Arbeitsstätte und                                           (Fortsetzung folgt.)

12   gymnasium
im fokus

      Mag. Gerhard Riegler,
Mitglied der Bundesleitung
       gerhard.riegler@goed.at

Was können wir von ihnen lernen?

Die Gesamtschulstaaten
im hohen Norden Europas
Teil 3: Jugendarbeitslosigkeit, verzögerte Abschlüsse, Bildungsvererbung und Schule im
Urteil der SchülerInnen im internationalen Vergleich

Weil in Österreich die meisten jungen Menschen eine                         Österreichs Schulwesen im Vergleich mit den nordeu-
der vielfältigen Formen der Sekundarstufe II erfolg-                        ropäischen Gesamtschulstaaten ein häufiges Repe-
reich abschließen und damit eine gute Basis für den                         tieren nachzusagen, beweist ebenfalls Unwissenheit
Einstieg ins Berufsleben schaffen, ist Österreich seit                      oder Unredlichkeit:
Jahren Vorzugsschüler hinsichtlich der Jugendarbeits-
losigkeit:                                                                  Anteil an SchülerInnen, die die Sekundarstufe II nicht in der vorge-
                                                                            sehenen Zeit beenden:2
Arbeitslosigkeit unter 15- bis 24-Jährigen (Stand 2013):1

 Österreich                                  9,0 %                           Schweden                                    28 %
 Norwegen                                    9,1 %                           Österreich                                  29 %
 Island                                      10,6 %                          Finnland                                    29 %
 Dänemark                                    13,1 %                          Dänemark                                    40 %
 Finnland                                    19,9 %                          Norwegen                                    43 %
 Schweden                                    23,5 %                          Island                                      55 %

 1 Eurostat-Datenbank, Abfrage vom 10. Februar 2015
 2 OECD (Hrsg.), Education at a Glance 2014: OECD Indicators (2014), Chart A2.4; die Angabe, auf welches Jahr sich die Daten beziehen, fehlt in der
 OECD-Studie, höchstwahrscheinlich ist es wie bei vielen anderen Angaben dieser Studie das Jahr 2013.

                                                                                                                                                      13
Schließlich geht auch der immer wieder erhobene                                15-Jährige, die sich von der Schule belastet fühlen (Stand 2009/10):6
        Vorwurf, in Österreich werde Bildung vererbt und
        junge Menschen mit einem sozioökonomischen Han-                                 Österreich                                  27 %
        dicap seien besonders benachteiligt, im Vergleich mit                           Dänemark                                    39 %
        den Gesamtschulstaaten in Europas hohem Norden                                  Schweden                                    42 %
        ins Leere:
                                                                                        Norwegen                                    52 %
                                                                                        Island                                      56 %
        Schon bei den beiden PISA-Durchgängen der Jahre
        2006 und 2009 war Finnland der Staat, in dem 15-jähri-                          Finnland                                    61 %
        ge MigrantInnen der zweiten Generation auf 15-Jähri-
        ge ohne Migrationshintergrund bezüglich ihrer Mathe-                           15-Jährige, die der Aussage „Die meisten LehrerInnen behandeln
                                                                                       mich fair“ mit Nachdruck zustimmen (Stand 2012):7
        matikleistungen nach Ausgleich ihres sozioökono-
        mischen Backgrounds mit Abstand am weitesten
        zurückblieben.3                                                                 Österreich                                  30,6 %
                                                                                        Island                                      27,4 %
        Für den PISA-Durchgang des Jahres 2012 hat die                                  Dänemark                                    27,1 %
        OECD eine ähnliche Analyse durchgeführt: Ermittelt
                                                                                        Schweden                                    25,4 %
        wurde, um wie viel sich die Wahrscheinlichkeit, in der
                                                                                        Finnland                                    19,8 %
        Lesekompetenz höchstens das Level 2 zu erreichen,
        bei MigrantInnen der ersten Generation, die die Test-                           Norwegen                                    19,3 %
        sprache nicht als Erstsprache gelernt haben und bei
        denen kein Elternteil einen Sek-II-Abschluss erreicht
                                                                                       Ein besonders schönes Zeugnis für Österreichs Leh-
        hat, erhöht.
                                                                                       rerInnen und unser Schulwesen zuletzt: Österreichs
                                                                                       SchülerInnen fühlen sich ihrer Schule unter denen
        Diese Wahrscheinlichkeit vervielfacht sich in …
                                                                                       aller 34 OECD-Staaten am meisten zugehörig. Islands
           Österreich auf das                          5,7-Fache                       Schulen landen diesbezüglich auf Platz 5, die Schulen
                                                                                       Norwegens auf Platz 12, die Schwedens auf Platz 18
           Schweden auf das                            7,9-Fache
                                                                                       und die Dänemarks ex aequo mit den amerikanischen
           Dänemark auf das                            9,1-Fache                       Schulen auf Platz 19. Finnlands SchülerInnen stellen
           Norwegen auf das                            13,5-Fache                      ihrer Schule bezüglich ihres Zugehörigkeitsgefühls das
                                                                                       sechstschlechteste Zeugnis aller 34 OECD-Staaten aus.

        … der im Land Geborenen mit der Testsprache
        als Erstsprache und mindestens einem Elternteil, der                           Österreichs LehrerInnen führen ihre Schüle-
        einen Sek-II-Abschluss erreicht hat.4                                          rInnen unter weitaus schwierigeren gesell-
                                                                                       schaftlichen Rahmenbedingungen trotz
        AkademikerInnen werden in Österreich nach Aussage                              leider deutlich geringerer staatlicher Investi-
        von „BildungsexpertInnen“ fast nur Kinder von Akade-                           tionen ins Schulwesen in vielerlei Hinsicht zu
        mikerInnen. Und hier die Wirklichkeit:
                                                                                       größerem Erfolg und werden von ihren Schü-
        Die Eltern der 25- bis 59-jährigen AkademikerInnen waren selbst                lerInnen weit mehr geschätzt als ihre Kolle-
        AkademikerInnen (Stand 2011):5                                                 gInnen im hohen Norden Europas.

           Island                                      32,8 %                          Dies zu dokumentieren, habe ich mit meiner Artikel-
           Österreich                                  34,9 %                          serie versucht. Ich bitte um entsprechende Kommu-
                                                                                       nikation der Fakten, bis es die letzten „Bildungsexper-
           Finnland                                    38,8 %
                                                                                       tInnen“ und PolitikerInnen realisiert haben, die der
           Dänemark                                    43,7 %
                                                                                       österreichischen Bevölkerung das „skandinavische
           Schweden                                    50,4 %                          Gesamtschulwesen“ als überlegen verkaufen wollen.
           Norwegen                                    53,8 %                                                                              n

       3   Camilla Borgna u.a., Migrant penalties in educational achievement: a comparative perspective on Western Europe (2013), S. 17
       4   OECD (Hrsg.), Skills Outlook 2013 (2013), S. 295; die diesbezüglichen Daten Finnlands und Islands liegen nicht vor.
       5   Eurostat-Datenbank, Abfrage vom 9. Juni 2015
       6   WHO (Hrsg.), HBSC-Studie 2008/09 (2012), S. 55
       7   PISA-Datenbank, Abfrage vom 8. April 2015

14   gymnasium
im fokus

                                                                                                                                      Foto: Werner Dedl
        Mag. Verena hofer,
      Pressereferentin der
         AHS Gewerkschaft
         verena.hofer@goed.at
                                Die diesjährigen stolzen PreisträgerInnen aus Oberösterreich

Dr. Hans Riegel-Fachpreise für
Nachwuchs-WissenschafterInnen
Auch heuer wurden wieder Dr. Hans Riegel-Fachpreise für herausragende Schüler-
arbeiten verliehen. Den Auftakt machte die Johannes Kepler Universität (JKU) Linz in
Kooperation mit dem Landesschulrat für OÖ und der Kaiserschild-Stiftung.

Seit 2008 verleiht die Kaiserschild-Stiftung in Koope-            nur drei Sieger pro Fach zu nominieren. Wesentliche
ration mit mehreren deutschen Universitäten den Dr.               Kriterien, die es ermöglichen, in die engere Auswahl
Hans Riegel-Fachpreis. Seit 2010 gibt es auch eine                zu kommen, sind die Ansprüche an wissenschaftliches
Kooperation mit (derzeit) vier österreichischen Univer-           Arbeiten. Hierzu gehören u. a.:
sitäten, nämlich Wien, Linz, Salzburg und Graz, und               • Formulierung einer konkreten Forschungsfrage bzw.
zwar namhafte Geldpreise für herausragende Schü-                     eines klaren Themas
lerarbeiten1. Eine Kooperation mit den Universitäten              • nachvollziehbare Gliederung, die den Erkenntnis-
Innsbruck und Klagenfurt ist in Planung.                             weg dokumentiert
                                                                  • Darstellung des Wissensstands zum jeweiligen Sach-
Forsch e n i n d e r S c h u l e                                     gebiet (über Wikipedia hinaus)
Ziel der Fachpreise ist es, junge Talente im mathema-             • klar erkennbarer Eigenanteil (Experimente, Inter-
tisch-naturwissenschaftlichen Bereich zu fördern und                 views, Befragungen etc.)
frühzeitig den Kontakt zur Hochschule und entspre-                • die eigenen Erkenntnisse kritisch reflektieren und
chenden Fördermöglichkeiten herzustellen. Außer-                     Verbesserungen für zukünftige Erarbeitungen dieses
dem wird durch diesen Wettbewerb der Austausch                       Themas vorschlagen
zwischen den Bildungsträgern Schule und Universität               Maßstäbe für die Prämierung waren nicht nur das
unterstützt und so eine bessere Begabtenförderung                 Ansammeln und Wiedergeben von Wissen aus den
erreicht.                                                         Lehrbüchern, sondern vor allem das eigene Experi-
Heuer konnten in Österreich erstmals Vorwissenschaft-             mentieren und die kritische Auseinandersetzung mit
liche Arbeiten, sofern sie in einem MINT Fach geschrie-           praktischen Versuchen.
ben waren, für die Dr. Hans Riegel-Fachpreise einge-              Die Fachpreise sind in jedem Fach mit jeweils 600 Euro
reicht werden. Eine Fachjury, bestehend aus Professo-             für den ersten Platz, 400 Euro für den zweiten Platz und
ren und Dozenten, begutachtete und bewertete die                  200 Euro für den dritten Platz dotiert. Zudem erhielten
Arbeiten nach wissenschaftlichen Kriterien.                       die Schulen der Erstplatzierten einen Sachpreis in
                                                                  Höhe von rund 250 Euro als Anerkennung der Betreu-
Bewe r t u n g                                                    ung der Arbeiten durch die jeweiligen Fachlehrer.
Jedes Jahr gehen über 1.000 Arbeiten für die einzel-
nen Wettbewerbe ein. Viele Einsendungen sind von                   1 Personenbezogene Bezeichnungen umfassen gleichermaßen Personen weibli-
                                                                   chen und männlichen Geschlechts.
sehr guter Qualität, was es für die Jury schwer macht,

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Eingereicht werden können Schülerarbeiten nur in            lichen Fakultät, das hohe Niveau der eingereichten
        den jeweiligen Bundesländern der kooperierenden             Arbeiten. Prof. Dr. Markus Achatz, Vorstandsmitglied
        Universitäten. Die prämierten Arbeiten werden im            der Kaiserschild-Stiftung, ergänzt: „Die Kaiserschild-
        jeweiligen Bundesland verliehen und erst im Rah-            Stiftung begleitet junge Menschen auf ihrem Weg in
        men der Preisverleihung bekannt gegeben. Da zum             ein naturwissenschaftliches Studium oder einen tech-
        Redaktionsschluss erst die Preisverleihung in Linz statt-   nischen Beruf. Mit diesem Wettbewerb finden und för-
        gefunden hat und die restlichen drei Universitäten          dern wir die Talente, welche Österreich in Zukunft als
        noch ausständig waren, werden jene Ergebnisse in            gut ausgebildete Fachkräfte benötigt. Wir freuen uns,
        einer der nächsten Ausgaben des „gymnasium“ ver-            dass wir nun bereits im fünften Jahr mit der JKU Linz die
        öffentlicht.                                                Dr. Hans Riegel-Fachpreise verleihen.“
                                                                    Die Wichtigkeit betont auch Dr. Christian Kitzberger
        Pr e i sv e r l e i h u ng in L in z                        (LSI vom Landesschulrat OÖ): „Gerade im naturwis-
        In Linz wurden am 29. Mai 2015 in Linz zum sechsten         senschaftlich-technischen Bereich kommt der expe-
        Mal die jeweils besten drei eingesandten Arbeiten           rimentellen Forschung eine große Bedeutung zu. Die
        der Unterrichtsfächer Chemie, Mathematik und Physik         prämierten Arbeiten belegen eindrucksvoll, dass die
        ausgezeichnet, mit einem Gesamtpreisgeld von 3.600          Schulen hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem
        Euro. Schüler aus ganz Oberösterreich konnten sich          sie bei den Jugendlichen Forschergeist wecken und
        mit ihren Vorwissenschaftlichen Arbeiten bewerben –         sie bei ihren ersten Schritten kompetent unterstützen."
        und lieferten hervorragende Arbeiten ab. Die Zahl der       In diesem Jahr entschied sich die Jury für acht Schüler
        Einreichungen hat sich dabei mehr als verdoppelt.           und eine Schülerin, die mit ihren Vorwissenschaftlichen
        „Es ist der JKU ein großes Anliegen, bereits junge          Arbeiten überzeugten. Die jungen Talente beschäftig-
        Menschen für technische und naturwissenschaftliche          ten sich u. a. mit den Auswirkungen einer Supernova
        Forschung zu begeistern und zu gewinnen. Mehr als           auf die Erde, dem Karatsubaalgorithmus und der Ver-
        jede andere Studienrichtung bieten diese Bereiche           anschaulichung grundlegender Synthesemethoden
        große Herausforderungen und Chancen. Die Zusam-             anhand der Synthese des Arzneistoffes Paracetamol.
        menarbeit mit dem Landesschulrat und der Kaiser-
        schild-Stiftung zeigt einmal mehr, dass auch junge          Weitere Informationen zu den Dr. Hans Riegel-Fach-
        Menschen hervorragende Leistungen erbringen – ein           preisen finden Sie unter http://www.hans-riegel-fach-
        wichtiges Zeichen für die Zukunft“, lobte Prof. Franz       preise.com und http://www.jku.at/hansriegelfach-
        Winkler, JKU-Dekan der Technisch-Naturwissenschaft-         preise.                                           n

         Die Sieger der Dr. Hans Riegel-Fachpreise in Oberösterreich
         Physik
                                                                      „Welche Auswirkungen hätte eine Supernova auf
         1. Platz:         Samuel Seiser vom BRG/BORG Kirchdorf
                                                                      die Erde?"
                                                                      „Der aufkommende Rotationskolbenmotor im
         2. Platz:         Gottfried Brunbauer vom BRG Steyr
                                                                      20. und 21. Jahrhundert"
                           Max Hofinger vom Europagym
         3. Platz:                                                    „Nanokristalle und ausgewählte Anwendungen"
                           Linz-Auhof
         Chemie
                                                                      „Veranschaulichung grundlegender
         1. Platz:         Matthias Kaltenböck vom BRG Steyr          Synthesemethoden anhand der Synthese des
                                                                      Arzneistoffes Paracetamol"
                           Eugenie Haider vom Kollegium               „Zuckergehalt in Erfrischungsgetränken und
         2. Platz:
                           Aloisianum                                 Fruchtsäften"
                           Martin Breinesberger vom BG/BRG Wels
         3. Platz:                                                    „Der Lotusblüteneffekt"
                           Brucknerstraße
         Mathematik
                           Levi Anton Haunschmid vom                  „Große Zahlen schnell multiplizieren,
         1. Platz:
                           BRG Freistadt                              der Karatsubaalgorithmus"
         2. Platz:         Lukas Hofer vom BORG Ried                  „Kryptografie"
                           Patryk Grabski vom BRG
         3. Platz:                                                    „Einführung in die Spieltheorie"
                           Kreuzschwestern

16   gymnasium
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