HESSEN SCHIENE - 4:mo - Dezember 2018
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HESSEN SCHIENE Nr. 113 Oktober - Dezember 2018 • Große Chance: Neue Bahnlinie im Kinzigtal • Neue Fahrzeuge für Frankfurter Nahverkehr • Super Sparpreis wirklich super? ZKZ 04032 D: 2,80 Euro 4:mo
Seite 2 Karikatur: Jürgen Janson Impressum Herausgeber Pro Bahn & Bus e.V. Erhältlich bei den Bahnhofsbuchhandlungen Bad Kreuznach, Bad Nauheim, Darmstadt Hbf, Frankfurt Redaktionell Friedrich Lang (M) Hbf, Frankfurt (M) Süd, Frankfurt (M) Höchst, verantwortlich hessenschiene@probahn-bus.org Friedberg (Hessen), Fulda, Gießen, Göttingen, Hanau Layout Jürgen Lerch Hbf, Kassel Hbf, Kassel-Wilhelmshöhe, Koblenz Hbf, Limburg, Mainz Hbf, Marburg, Rüsselsheim, Kontakt Bahnhofstraße 102 Wiesbaden Hbf 36341 Lauterbach Tel. & Fax (06641) 6 27 27 Abonnement: Acht Ausgaben 18,00 Euro info@probahn-bus.org (Deutschland); 26,00 Euro (Ausland / Luftpost). www.probahn-bus.org Der Bezug ist für Mitglieder von Pro Bahn & Bus AG Gießen VR 3732 kostenfrei. Druck Druckhaus Gratzfeld, Butzbach Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8 vom 1. Dez. 2010 Auflage 1400 Exemplare Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmi- Mitarbeiter dieser Ausgabe: Friedrich Lang, Jürgen gung des Herausgebers. Der Herausgeber ist Lerch, Hans-Peter Günther, Jürgen Schmied, Andreas berechtigt, veröffentlichte Beiträge in eigenen Christopher, Lars Kühnemund, Sören-Helge Zaschke, gedruckten und elektronischen Produkten zu Stefan Sitzmann, Christian Behrendt, Michael Kolb verwenden und eine Nutzung Dritten zu gestatten. Eine Verwertung urheberrechtlich geschützter Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 25.11.2018 Beiträge, Abbildungen etc. ist unzulässig, soweit sich Erscheinungsweise: vierteljährlich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. 2 HS Nr. 113
Vorwort Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Deutsche Bahn AG forciert ihr Bahnsteighöhenkonzept mit dem Ziel einer weitge- henden Vereinheitlichung auf 76cm hohe Bahnsteige. Grundsätzlich begrüßt Pro Bahn & Bus eine solche Zielkonzeption, dient sie doch dazu, langfristig einen einheitlichen Zugang zu allen Zügen zu ermöglichen. Allerdings wurden in den letzten zwei Jahr- zehnten aus guten Gründen auch niedrigere Bahnsteige mit 55cm Höhe gebaut. Zum einen passen diese Bahnsteige gut zu den Doppelstockzügen, zum anderen sind sie häufig besser mit den historisch gewachsenen Bauten rund um die Verkehrsstationen kombinierbar. An vielen Stellen in Hessen droht nun langfristiges Flickwerk, wenn es zum reihen- weisen Umbau auf 76cm hohe Bahnsteige kommen sollte. Beispiel Wetzlar: Alle Bahn- steige der rund 52.000 Einwohner zählenden Kreisstadt wurden vor wenigen Jahren saniert und auf 55cm Höhe gebracht. In den kommenden Jahren dürften die Nachbar- stationen nach und nach mit 76cm hohen Bahnsteigen ausgestattet werden, und irgend- wann werden auch die eingesetzten Fahrzeuge für diese Höhe optimiert. Ausgerechnet der aufkommensstärkste Bahnhof innerhalb des Lahn-Dill-Kreises mit der zentralen Umsteigefunktion zu zahlreichen Buslinien wird also künftig eine Ausnahme bilden. Mit Vernunft und Augenmaß muss in Hessen Linie für Linie, Station für Station entschieden werden, welche Bahnsteighöhe sinnvoll ist, welche Fahrzeuge ab welchem Zeitpunkt zum Einsatz kommen sollen. Dass auch langfristig Ausnahmen von der 76cm-Regel möglich sind, zeigt der Blick nach Rheinland-Pfalz. In dem Bundesland sind schon viele Bahnsteige auf 55cm Höhe ausgebaut und entsprechende Fahrzeuge beschafft worden. Eine besondere Vereinbarung erlaubt es, auch künftig in diesem Bundesland mit 55cm hohen Bahnsteigen zu planen. Hessen muss sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen, schon alleine weil es viele Schnittstellen zu den klassischen „55-cm-Ländern“ Rheinland-Pfalz und Thüringen gibt. Ausnahmen wird es in Hessen ohnehin auch langfristig geben. Die S-Bahn Rhein- Main hält traditionell an 96cm hohen Bahnsteigen, ebenso die Königsteiner Bahn und die Taunusbahn. Die Kasseler Regiotram wurde hingegen für 38cm hohe Bahnsteige optimiert – eine alte Normhöhe, die aber gut zu Fahrzeugen passt, welche auf städti- sche Netze übergehen. Im Melsunger Stadtteil Schwarzenberg soll schon lange eine neue Station für die Regiotram gebaut werden. Mit 76 cm hohen Bahnsteigen käme die Regiotram überhaupt nicht zurecht. Mit 55cm hohen Perrons entstünde zwar kein barrierefreies System, aber immerhin ein begehbarer Zugang. Und ein 38cm hoher Neubau scheint für die Deutsche Bahn undenkbar – noch… Wolfgang Klapdor, Vorsitzender Pro Bahn & Bus e.V. HS Nr. 113 3
Buchfahrplan Pinwand ................................................................................................................ 4 Tipps und Infos ...................................................................................................... 6 Regiotram-Fahrzeuge werden modernisiert und fahren künftig rein elektrisch ........... 7 Kurhessenbahn plant Fahrzeuginnovation ................................................................ 8 Neue Eisenbahnlinie im Kinzigtal: Einmalige Chance für die Region ........................ 10 Fulda beginnt mit der Beschaffung von Elektrobussen ............................................ 15 Weiter rückläufiger Güterverkehr und Streckensperrung bei der Kurhessenbahn ..... 16 Lumdatalbahn: Gießener Kreistag beschließt einstimmig die Detailplanung ............. 18 Machbarkeitsstudie zur Beschleunigung der Vogelsbergbahn ................................. 20 Modernisierung des Bahnhofs Grünberg ............................................................... 21 Narrenhände beschmieren Türen und Wände ........................................................ 23 Fahrverbote für Kraftfahrzeuge in Frankfurt ............................................................ 25 Einstiegslotsen im Frankfurter Hauptbahnhof ......................................................... 27 Neue Fahrzeuge und weitere Entwicklungen im Frankfurter Nahverkehr .................. 28 Eppstein: Bahnhof des Jahres 2018 ...................................................................... 35 Straßenbahn zur Lichtwiese vom Darmstädter Stadtparlament beschlossen ........... 37 RMV-Vertriebsstrukturen in Wetzlar und Automatenprobleme an Lahn und Dill ........ 39 Baustellenmarathon auf der Main-Weser-Bahn ...................................................... 40 Neue Tarife bei der Deutschen Bahn ...................................................................... 44 Streckentelegramm .............................................................................................. 45 Schlusslicht ......................................................................................................... 50 Titelbild: Durch enge Kurven fährt der Fernverkehr heute zwischen Gelnhausen und Flieden. Im Bild zwei ICE bei Schlüchtern. Rückseite: Mit der Ablieferung von neuen Straßenbahnen werden die P-Wagen in Frankfurt ausgemustert. Noch in alter Stadtwerke-Lackierung ist Triebwagen 138 am Niederräder Hardtwaldplatz unterwegs. Alle Fotos ohne Namensnennung: Jürgen Lerch 4 HS Nr. 113
Pinwand Pro Bahn & Bus e.V. ist Mitglied Unsere Treffen vor Ort: im Deutschen Bahnkunden-Verband e.V. Unsere Aktiven vor Ort: Regionalverband Mittelhessen Regionalleiter Jürgen Lerch Bismarckstraße 3, 35510 Butzbach Telefon (0 60 33) 1 60 47 Regionalverband Nordhessen mittelhessen@probahn-bus.org Regionalleiter Hermann Hoffmann Am Juliusstein 18, 34130 Kassel Regionalverband Rhein-Main Telefon und Telefax (05 61) 67 17 9 Regionalleiter Gernot Hornik hhoffma@gmx.de Feldgasse 5, 65510 Hünstetten Telefon und Telefax (0 61 26) 5 76 60 Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des rheinmain@probahn-bus.org Schienenverkehrs im Raum Marburg e.V. (AFS) 1. Vorsitzender Michael Marinc Bereich Südhessen und Rheinhessen Stadtgasse 27, 35216 Biedenkopf Ansprechpartner: Wolfgang Klapdor Telefon: ( 0 64 61) 51 01, Fax: (0 64 61) - 92 39 71 Zeppelinstraße 16, 67578 Gimbsheim m.marinc@t-online.de Telefon 0177 788 118 2 suedhessen@probahn-bus.org Regionalverband Osthessen e.V. Regionalleiter Stefan Sitzmann Zentrale, Geschäftsstelle Lauterbach Bahnhofstraße 102, 36341 Lauterbach Bahnhofstraße 102, 36341 Lauterbach Telefon und Telefax (0 66 41) 6 27 27 Telefon und Telefax (0 66 41) 6 27 27 osthessen@probahn-bus.org info@probahn-bus.org HS Nr.113 5
Tipps und Infos Zuganzeigen auf kleinen Stationen in Hessen sollen besser genutzt werden (fl) Viele Fahrgäste wunderten sich in der Vergangenheit, warum die aufwändig in- stallierten „dynamischen Schriftanzeiger“, also die an kleineren Stationen verwende- ten einzeiligen Laufschriftbänder, nur im Störungsfall Informationen über den Zug- Fahrgäste können sich im RMV-Gebiet verkehr bereitstellten. Für planmäßig ver- nach Angaben der Deutschen Bahn aber kehrende Züge mussten sich Reisende bald über eine umfassendere Fahrgast- bisher am Aushangfahrplan informieren. information an kleineren Bahnhöfen freu- en: Durch eine Softwareanpassung der DB Im „Informationszeitalter“, in dem Station&Service AG zeigen die vorhande- schon das private Smartphone zum um- nen einzeiligen Fahrgastinformationsan- fassenden Informationsmedium über die zeiger, die sogenannten dynamischen Verkehrslage wird, wirken die Displays an Schriftanzeiger (DSA), sukzessive ab Ende den Stationen vielfach seltsam ungenutzt. September 2018 auch planmäßige Abfahrts- Es kommt hinzu, dass im Rhein-Main-Ver- zeiten an. kehrsverbund auch die am Kopfende der neuen Transdev-Automaten eingebauten Die Daten im DSA-System sollen mit Monitore häufig nicht so informieren, wie weiteren Auskunftssystemen wie zum Bei- es eigentlich vorgesehen ist. Die Abfahrts- spiel dem DB-Navigator und der RMV-App anzeige für die nächsten Züge war vom synchronisiert werden, um eine einheitliche RMV als Vorteil der neuen Automaten und widerspruchsfreie Information der herausgestellt worden. Kunden sicherzustellen. Bereits ab Mitte August testete die DB Die „dynamischen Schriftanzeiger“ (DSA) Station&Service AG die neue Funktion an werden in Zukunft auch die planmäßigen den Bahnhöfen Maintal Ost, Hanau-Wolf- Züge anzeigen gang und Bickenbach (Bergstr) im Gebiet des RMV. Mit dem RMV ist jetzt verein- bart, die Funktion kurzfristig in ganz Hes- sen zur Verfügung zu stellen. Bewährt sich die Weiterentwicklung, soll die Technik auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet wer- den. 6 HS Nr. 113
Nordhessen aktuell Regiotram–Fahrzeuge werden modernisiert und fahren künftig komplett elektrisch (js) Nach einem Bericht in der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) will der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) in den kommenden zehn Jah- ren 100 Millionen Euro in die Modernisierung des Regiotram-Netzes investie- ren. Darin inbegriffen ist auch die Modernisierung der Fahrzeuge. NVV-Ge- schäftsführer Wolfgang Rausch und der Hessische Wirtschafts- und Verkehrs- minister Tarek Al-Wazir (Grüne) haben eine Absichtserklärung unterschrieben, die eine weitere Modernisierung der Verbindungen aus dem Kasseler Stadtge- biet ins Umland vorsieht. Im Jahr 2017 nutzten etwa 5,6 Millionen sonst nirgendwo im Fahrgäste die Regiotrams. Die Regiotram- Einsatz. Die Züge Linien verbinden die Kasseler Innenstadt sind inzwischen zehn mit Hofgeismar (RT 1), Wolfhagen (RT 4) Jahre alt, daher müs- und mit Melsungen (RT 5). Dazu sind die sen bereits Ideen für Fahrzeuge in der Lage, im Stadtgebiet den deren Zukunft gefun- Gleichstrom des Straßenbahnnetzes zu ver- den werden. arbeiten, im DB-Streckennetz nach Hof- geismar und Melsungen kommt dagegen Die jetzt getroffene Erklärung sieht da- die Stromversorgung aus der 15.000-Volt- her die Elektrifizierung der Strecke von Wechselstromleitung. Die Linie nach Wolf- Obervellmar nach Wolfhagen vor. Dazu hagen ist nicht elektrifiziert, daher verfü- sind derzeit etwa 40 Millionen Euro vor- gen die dort eingesetzten Fahrzeuge über gesehen. Die Kosten könnten aber noch um einen zusätzlichen Dieselmotor, der diese die Hälfte steigen, wenn erst der genaue unabhängig von der Oberleitung macht. Ge- nau darin liegt das Pro- blem, denn dieser Fahr- zugtyp mit zusätzlichem Dieselmotor wurde spe- ziell für diese Strecke entwickelt und ist auch Am 1. September 2017 erreicht die Diesel- Regiotram der Linie RT4 (Wolfhagen – Kassel- Hbf.) den Bahnhof Ahnatal-Weimar. Foto: Jürgen Schmied HS Nr. 113 7
Nordhessen aktuell Aufwand kalkuliert wird. sich wandelnde Kundenbedürfnisse zu re- agieren. Eine Neubeschaffung würde mit Anfang Oktober erfolgte die Neuer- etwa fünf Millionen Euro pro Fahrzeug zu öffnung des Zierenberger Tunnels. Hier Buche schlagen, eine Modernisierung ist wurde in den letzten Jahren in kurzem dagegen für etwa zwei Millionen Euro Abstand parallel zu der alten Tunnelröhre möglich. Dabei würden die Züge ein mo- ein neuer Bahntunnel gebaut. Dieser Tun- dernes Fahrgast-Informationssystem erhal- nel wurde bereits auf die Profilhöhe für ten, kabellosen Internet-Zugang, Steckdo- Oberleitungsbetrieb angelegt. Die Strecke sen, eine verbesserte Beleuchtung und ein weist natürlich noch etliche Brücken und neues Design. Überführungsbauwerke auf, die nicht auf den Einbau einer Fahrleitung ausgelegt Der NVV setzt derzeit 28 Regiotram- sind. Daher muss an vielen Stellen entwe- Triebwagen ein, von denen zehn mit einem der die Bahnstrecke abgesenkt oder die ent- Dieselmotor ausgestatten sind. Diese zehn sprechende Überführung angehoben wer- Triebwagen würden nach der Strecken- den. Ein solcher Aufwand musste bereits Elektrifizierung in rein elektrische Zwei- in früheren Jahren bei der Elektrifizierung system-Fahrzeuge umgebaut, so dass diese der bestehenden Hauptstrecken betrieben sowohl im Gleichstromsystem der Straßen- werden. Zu den Investitionen werden er- bahn wie auch im Hochspannungs-Wech- hebliche Bundeszuschüsse erwartet. Die selstromsystem der Eisenbahn betrieben Elektrifizierung der Strecke könnte im Zeit- werden können. Ab 2022 könnte mit der raum bis 2028/2029 erfolgen. Modernisierung der Regiotrams begonnen werden. Weitere 50 – 60 Millionen Euro sind für die Modernisierung aller Regiotram-Fahr- In Deutschland werden bisher lediglich zeuge vorgesehen. Eine solche „Midlife- 60% der Bahnstrecken elektrisch betrieben, Revision“ ist heute bei Bahnfahrzeugen in Hessen immerhin 67%. Im Bahnland üblich, um aktuelle technische Entwicklun- Schweiz fahren auf fast allen Strecken die gen berücksichtigen zu können und um auf Züge elektrisch. Kurhessenbahn plant Fahrzeuginnovationen (js) Die Kurhessenbahn denkt über ein weiteres innovatives Zukunftsprojekt nach, dass der Nordhessische Verkehrsverbund NVV unterstützen will: Dabei sollen die Züge größtenteils auf elektrifizierten Strecken verkehren und währenddes- sen mitgeführte Batterien aufladen. Nach dem Ende der Oberleitung sollen die Fahrzeuge mit dem gespeicherten Strom aus den Batterien noch ein Ziel ohne Fahrleitung erreichen können, ohne dazu Verbrennungsmotoren zu benötigen. Für die Kurhessenbahn wäre ein solcher im Akkubetrieb bis Bad Wildungen. Betrieb von Kassel über Wolfhagen hinaus Bereits im Jahr 1907 wurden erfolgreich bis Korbach denkbar, ebenso auf der Stre- Akkutriebwagen eingesetzt, die noch bis in cke von Kassel nach Wabern und weiter die 1950er Jahre weiterentwickelt wurden. 8 HS Nr. 113
Nordhessen aktuell Die Züge der Kurhessenbahn zwischen Bad Wildungen und Kassel könnten in Zukunft komplett elektrisch verkehren Akkutriebwagen waren bis in die 1990er densatoren können im Gegensatz zu Ak- Jahre im Einsatz, leider unterblieb dann kumulatoren ihre Energie in erheblich kür- eine Weiterentwicklung zu Gunsten des zerer Zeit aufnehmen oder abgeben. Da- Dieselantriebes. Die damaligen Triebwagen gegen fällt die Speicherkapazität geringer wurden noch mit schweren Bleiakkus be- aus. Bei dieser Technik könnten die Halte- trieben und hatten eine Reichweite von ma- stellen mit kurzen Oberleitungsabschnitten ximal etwa 150 km, um noch ausreichend oder Stromschienen ausgestattet werden. Akkuleistung für die Rückfahrt zu behal- Bereits die Berliner und Hamburger S-Bah- ten. nen verwenden seitliche Stromschienen anstelle von Oberleitungen. Während der Eine weitere Idee haben hier die Mit- kurzen Haltezeiten könnten die Konden- glieder der „Arbeitsgruppe Speicherbe- satoren aufgeladen werden, zum Anfahren triebene Antriebstechnik von Schienenfahr- würde das Fahrzeug seinen Strombedarf zeugen“ Peter Stephan und Gerhard Klein- ebenfalls aus der Stromschiene beziehen. schmidt entwickelt. Die Arbeitsgruppe bil- det sich aus Mitgliedern der Vereine und Ein Eisenbahnfahrzeug benötigt die Fahrgastverbände „Arbeitsgemeinschaft Hauptenergie zum Anfahren. Wenn der zur Förderung des Schienenverkehrs im Zug die Reisegeschwindigkeit erreicht hat, Raum Marburg e.V.“ (AFS), „Arbeitskreis ist der Energiebedarf sehr gering. Die Fahrt Schienenverkehr Südwestfalen e.V.“ und bis zur nächsten Schnellladestelle kann der VCD-Kreisverbände Marburg-Bieden- dann mit dem Strom aus den Kondensato- kopf und Siegen-Wittgenstein. ren überbrückt werden. Ein umweltfreund- Bei dieser Idee soll anstelle von Akku- licher Betrieb könnte außerdem mit der technik eine Hochleistungs-Kondensator- Energieerzeugung durch örtliche Wasser- Technik zum Einsatz kommen. Die Kon- kraftwerke erzielt werden. HS Nr. 113 9
Osthessen aktuell Neue Eisenbahnlinie im Kinzigtal: Einmalige Chance für die Region (cb) In Kürze entscheidet die Deutsche Bahn, in welchem Korridor sie eine neue Fernverkehrslinie durch den Main-Kinzig-Kreis führen möchte. Dieses Schienen- projekt bietet erhebliche Chancen für den Main-Kinzig-Kreis. Jetzt kommt es darauf an, diese auch zu nutzen. Dabei sind selbst geringfügig erscheinende Fahrzeitgewinne von entscheidender Bedeutung. Zur Vorgeschichte: Der Bund hat seit - Würzburg / Fulda, wie sich das Projekt 1985 den Ausbau und seit 1992 den teil- offiziell nennt. Die Öffentlichkeit erhält weisen Neubau der Eisenbahnstrecke jeweils umfassend aktuelle Informationen Frankfurt/M - Fulda, der Kinzigtalbahn, in zum Sachstand. Vor wenigen Wochen gab seinen Bundesverkehrswegeplänen aufge- die Deutsche Bahn auf Grundlage der bis- führt. Auch die Region erwartet im Rah- herigen Planungen ihre Entscheidung men des abgestimmten Gesamtkonzeptes zugunsten des Variantenkorridors IV im „Frankfurt/RheinMain plus“ eine baldige Suchraum zwischen Gelnhausen und Fulda Umsetzung dieses Schienenprojektes. Seit bekannt. Sommer 2014 läuft das begleitende Dialog- Dabei ist folgendes zu beachten: Öffent- forum zur Aus- und Neubaustrecke Hanau licher Verkehr ist nur dann eine echte Al- Bahnhof Neuhof: Während der ICE Richtung Frankfurt durch den Bahnhof fährt, muss der Nahverkehr am Bahnsteig warten 10 HS Nr. 113
Osthessen aktuell ternative zum Auto, wenn es gute Anschlüs- Schienenaus- bzw. -neubau erst spät ein und se zwischen den verschiedenen Fern- und erfolgte in weit langsamerem Tempo. So Regionalzuglinien untereinander und mit kommt es, dass noch heute mitten in dem Busnetz gibt. Dazu müssen die Fahr- Deutschland auf den für die Metropol- pläne nicht nur hinreichend dicht sein, son- region Frankfurt/RheinMain enorm wich- dern zugleich so ausgelegt, dass sich die tigen Achsen Frankfurt/M – Fulda – Erfurt, Züge und Busse an den zahlreichen Um- Frankfurt/M - Mannheim und Frankfurt/ steigestationen zeitlich sinnvoll begegnen M – Würzburg zu viele Züge auf zu weni- und gegenseitige Anschlüsse ermöglichen. gen Gleisen zu langsam und somit zur fal- Lange Wartezeiten beim Umsteigen sind schen Minutenzeit fahren müssen. Verspä- lästig. Ziel muss es sein, solche Zeitverlus- tungen und lange Wartezeiten beim Um- te zu minimieren. Andererseits dürfen die steigen sind die Folge. Das Angebot am Fahrpläne und Umsteigezeiten auch nicht Markt ist nicht optimal – Folge des Investi- zu knapp bemessen sein, denn schließlich tionsstaus in den Bahnnetzen, der nun end- sollen im tagtäglichen Betrieb die Fahrgäs- lich Stück für Stück abgearbeitet werden te sich auf die fahrplanmäßigen Anschlüs- soll. se verlassen können. Ein Taktfahrplan, in Mit dem Aus- und Neubau entlang der dem sich die Abfahrten jeder Linie stünd- hochbelasteten Hauptkorridore sollen lich zu denselben Minuten wiederholen, durch zusätzliche Gleise Züge mit unter- reicht allein nicht aus. Es bedarf einer um- schiedlichen Durchschnittsgeschwindigkei- fangreichen raum-zeitlichen Optimierung, ten wirksam getrennt werden, damit sie sich damit für die Fahrgäste ein möglichst hoher gegenseitig weniger behindern und Verspä- Mobilitätsnutzen mit vielen und zugleich tungen übertragen. Besonders wichtig ist sicheren Anschlüssen entsteht. Das Pla- ferner, dass die historisch bedingten Fahr- nungsprinzip dahinter nennt sich „Integra- zeiten zwischen den Umsteigeknoten auf ler Taktfahrplan“ (ITF) und bewährt sich künftig optimale Werte verkürzt werden. seit langem zum Beispiel in der Schweiz. Nur dann können sich dort Fern- und Deutschland-Takt Regionalzüge zeitlich passend treffen und die Fahrgäste zwischen den einzelnen Zug- Während im Schienenregionalverkehr linien bequem umsteigen. Im Bundes- das Prinzip des ITF seit den 1990er Jahren verkehrswegeplan 2030 hat der Bund als schrittweise auf immer mehr Zuglinien und Eigentümer der Deutschen Bahn und ih- Teilnetzen eingeführt wurde, hinkt ausge- res Schienennetzes erstmals - Kritiker sa- rechnet der Schienenfernverkehr bei der gen viel zu spät - die Einführung eines In- Umsetzung hinterher. Im ICE- und IC- tegralen Taktfahrplans auch im Schienen- Kernnetz existieren noch zahlreiche Ab- fernverkehr untersuchen lassen. Im Rah- schnitte zwischen den Knoten, die gar nicht men eines solchen „Deutschland-Taktes“ oder nur unzureichend ausgebaut und sollen durch gezielte Baumaßnahmen im zudem überlastet sind. Schienennetz die ICE- und IC-Linien ab- Während das Autobahnnetz nach dem schnittsweise beschleunigt und so die An- Zweiten Weltkrieg rasant wuchs, setzte der schlussqualität im Gesamtnetz deutlich ge- HS Nr. 113 11
Osthessen aktuell steigert werden. Für den Main-Kinzig-Kreis besonders wichtig sind die Umsteigeknoten Hanau Hbf, Frankfurt/M Hbf, Fulda und Aschaffenburg Hbf. Nicht nur dort müssen für Regional- und Fernverkehre künftig an- dere, „integrale“ Fahrpläne gestrickt werden. Vorausset- zung dafür sind kürzere ICE- Fahrzeiten, aber auch Verbes- serungen beim Regional- verkehr. Kernpunkt einer kundenorientierten Zukunfts- strategie bildet die Verkür- zung der Fernzugfahrzeiten zwischen Hanau und Fulda auf deutlich unter 30 Minu- ten. Ebenfalls nötig ist die Verkürzung der Fahrzeiten zwischen Frankfurt/ M, Hanau, Aschaffenburg und Würzburg. Am Beispiel der Knoten Hanau und Fulda wird deut- lich, warum die Beschleuni- gung des ICE-Verkehrs nicht nur für erhebliche Teile des Main-Kinzig-Kreises so be- deutsam ist. Im Knoten Fulda treffen sich insgesamt sechs ICE-Achsen. Wer aus dem mittleren und oberen Kinzig- Fernverkehr, Nahverkehr und Güterverkehr im Abstand von wenigen Minuten: Die Strecke Hanau - Fulda ist seit Jahren stark überlastet 12 HS Nr. 113
Osthessen aktuell Ein ICE fährt in den Bahnhof Fulda ein. Nur wenn die Fahrzeiten zwischen Hanau und Fulda möglichst kurz sind, können in Fulda gute Anschlüsse erreicht werden Foto: Stefan Sitzmann tal Richtung Bremen, Ham- burg, Schleswig-Holstein, Berlin, Leipzig oder Dresden will, ist auf attraktive ICE-An- schlüsse in Fulda angewiesen. Für das östliche Kreisgebiet gilt das die übrigen in Fulda haltenden ICE-Linien. übrigens auch für Reisen Richtung Würz- Käme die in Hanau haltende ICE-Linie in burg und München. Um diese wichtige Fulda zu spät an, wären die Anschlüsse dort Knotenfunktion erfüllen zu können, müs- gerade weg und die Reisenden müssten fast sen im Bahnhof Fulda mehrere ICE-Lini- eine ganze Stunde auf das nächste ICE- en in kürzester Zeit gebündelt ankommen, Bündel warten. Zugleich soll der Fernfahr- untereinander Anschluss bieten und wieder plan aber auch ausreichend Pufferzeiten für abfahren. Rund um diesen Fernzugknoten kleine Minutenverspätungen enthalten, zur Minute 00 jeder vollen Stunde grup- damit die Anschlüsse im Alltagsbetrieb pieren sich die Regionalzüge bzw. Lokal- auch tatsächlich klappen. busse, so dass auch dort automatisch wech- selseitige Anschlüsse entstehen. Der Kno- Diese fahrplantechnischen Aspekte sind ten Fulda wird künftig Teil einer ganzen Basis für die verkehrlichen Zielsetzungen Kette passgenauer ICE-Fahrzeiten zwi- der DB in Bezug auf die Strecke Hanau - schen den einzelnen ICE-Systemhalten Fulda. Schon auf der Ausbaustrecke Hanau werden, die letztlich in ganz Deutschland - Gelnhausen wurde die ursprüngliche die Reiseketten im Schienenverkehr durch- Entwurfsgeschwindigkeit von 200 auf 230 greifend verbessern werden. km/h heraufgesetzt. Im Neubauabschnitt zwischen Gelnhausen-Haitz und der Ein- Voraussetzung für das Funktionieren ei- mündung in das Bestandsnetz südlich von nes solchen zukunftsgerechten Anschluss- Fulda ist eine möglichst hohe Strecken- taktsystems ist die Verkürzung der Fahrzei- geschwindigkeit zwingend, um die Fahrzeit- ten zwischen Fulda und Frankfurt/M, ins- vorgaben zu erfüllen. Zwar sind keine 300 besondere auf dem Abschnitt Fulda - km/h nötig, wohl aber 250 km/h auf einer Hanau. Der Grund ist einfach: Da aus über- längeren zusammenhängenden Strecke. geordneten Gründen nicht alle ICE-Lini- en in Hanau werden halten können, muss Das Ziel der DB, zwischen Hanau und die Nord-Süd-ICE-Linie, die in Hanau hält, Fulda möglichst kurze Fahrzeiten zu ermög- stattdessen in Fulda Anschlüsse bieten an lichen, ist aus Fahrgastsicht absolut zu un- HS Nr. 113 13
Osthessen aktuell terstützen. Es wäre nicht zu vermitteln, gers“- und Spessartvarianten war ein ers- einerseits mit Milliardenaufwand das Stre- ter richtiger Schritt. Nun muss konsequent ckennetz auszubauen und andererseits die an der Optimierung der bevorzugten An- für die gesamte Region wichtigen Zugan- tragsvariante IV im Main-Kinzig-Kreis ge- schlüsse wegen weniger fehlender Minu- arbeitet werden, weil nur diese sowohl die ten systematisch zu verpassen. Vor diesem kürzesten Fahrzeiten als auch die Möglich- Hintergrund zeigt sich, wie gefährlich Spe- keit von Verknüpfungen der Neubaugleise kulationen darüber sind, dass es bei die- mit dem bestehenden Eisenbahnnetz bei sem Verkehrsprojekt nur um ein paar lapi- Schlüchtern bietet. dare Minuten Zeitgewinn ginge. Schienenregionalverkehr verbessern Tatsächlich sind allein schon aus Kapa- Nur ein bis ins Detail zukunftsgerechter zitätsgründen und zur Verspätungsver- Aus- und Neubau der Eisenbahnkorridore meidung die Zusatzgleise zwingend erfor- Hanau - Fulda und Hanau - Würzburg er- derlich. Für die verkehrliche Standort- möglicht durchgreifende Verbesserungen qualität ganzer Landstriche ist es wichtig, im Schienenregionalverkehr des RMV. dass Fehlplanungen vermieden und die Auf der Achse Fulda - Frankfurt/M müsste benötigten Minuten im Fernverkehrsnetz es schon längst auch außerhalb der Ver- eingeplant werden. Nur so lassen sich Nach- kehrsspitzen einen überholungsfreien teile vermeiden, wie sie die Stadt Hanau Halbstundentakt der schnellen Regio- derzeit erlebt, indem die Hälfte aller ICE- nalExpress-Züge (RE) geben, die über den Halte in und aus Richtung Norden und Flughafen bis Wiesbaden zu verlängern Süden wegen fehlender Fahrzeitreserven sind. Gleiches gilt für die RegionalBahn- ersatzlos entfallen. Linie (RB) Wächtersbach - Frankfurt/M, Die Entscheidung der DB, mit welcher die zu beschleunigen, auf einen Halb- Antragstrasse sie im kommenden Jahr in stundentakt zu verdichten und nach Bad das Raumordnungsverfahren geht, wurde Orb zu verlängern ist. im Dialogforum und seinen drei Arbeits- Kooperation statt Eigenbrötlerei gruppen auf insgesamt 44 Sitzungen beglei- tet und auf fast 2300 Seiten Präsentationen Seit den 1990er Jahren sind der Main- und Protokollen im Internet transparent Kinzig-Kreis (durch seine Kreisverkehrs- dargestellt. Es war von Anfang an klar, dass gesellschaft KVG Main- Kinzig) sowie die neben den Aspekten von Umwelt und Stadt Hanau (inzwischen durch ihre Loka- Raumordnung der verkehrliche Nutzen für le Nahverkehrsorganisation LNO Hanau) die kommenden Generationen eine ent- mit jeweils eigenen Aufgabenträgern für scheidende Rolle spielen wird. Schließlich den ÖPNV im RMV vertreten. Auch die ist dies ein Verkehrsprojekt, das - zusam- turnusmäßig zu überarbeitenden Nahver- men mit weiteren Bauvorhaben - die kehrspläne werden separat erarbeitet, ab- Fahrplanstrukturen in Deutschland nach- gestimmt und politisch beschlossen. Eigent- haltig prägen wird und heutige Mängel ur- lich sollte damit die fachlich-organisatori- sächlich beseitigen muss. Das Ausscheiden sche Basis für eine moderne ÖV-Politik der verkehrsökologisch unsinnigen „Mott- gegeben sein. Doch ist sich die örtliche 14 HS Nr. 113
Osthessen aktuell Politik der tatsächlichen Probleme und ih- waren die Eisenbahnen treibende Kraft. rer Lösungswege wirklich bewusst? Die vorherige Praxis unzähliger verschie- Die realen Mobilitätsanforderungen der dener Ortszeiten je nach Sonnenstand in Menschen und der Wirtschaft orientieren den Reichen der Provinzfürsten wurde zu- sich nicht an Gemarkungs- oder Verwal- nehmend zum Entwicklungshemmnis. tungsgrenzen. Nötig sind integrierte Kon- Auch heute müssen wir darauf achten, dass zepte und eine intensive Kooperation aller das große Mobilitätsziel einer nachhaltigen Beteiligten. Unabhängig davon ob Hanau wie flächendeckenden Stärkung und Wei- kreisfrei wird – die Kooperation bei Bahn terentwicklung des Öffentlichen Verkehrs und Bus muss in jedem Fall gegenüber heu- nicht durch Ignoranz, Selbstbespiegelung te deutlich intensiviert und mit den Nach- und Provinzialismus be- oder gar verhin- barn in Hessen und Unterfranken regional dert wird. koordiniert werden. So sehr der Wettbewerbsgedanke in vie- Fazit len Politikfeldern angebracht und nützlich Eine an verkehrlichen Zukunftsan- ist - bei der Entwicklung des Öffentlichen forderungen orientierte Aus- und Neubau- Verkehrs kann die Maxime nur lauten: strecke von Hanau nach Fulda und nach „Kooperation statt Konfrontation“. Nach- Würzburg bildet das Kernstück eines künf- haltige Erfolge bei Bahn und Bus erzielt tigen Deutschlandtaktes. Der volle Nutzen man nie auf Kosten der Nachbarn sondern für die Region ergibt sich nur dann, wenn immer nur zum Mitnutzen auch der Nach- passend dazu der Regional- und Nahver- barn. kehr auf Basis politischer Beschlüsse inte- Als 1893 im Deutschen Reich eine ein- gral geplant und damit durchgreifend ver- heitliche Zeit gesetzlich eingeführt wurde, bessert werden kann. Fulda beginnt mit der Beschaffung von Elektrobussen (mk) Am 8. Oktober 2018 wurde in Fulda der erste serienmäßig beschaffte Elek- trobus in Hessen präsentiert. Ansonsten gab es bisher Einsätze nur im Rahmen von Probefahrten. Und natürlich bis 1972 als O-Bus, zuletzt in Offenbach. Der in Fulda eingesetzte Bus stammt vom Hersteller Sileo aus Salzgitter. Sileo hat ein Partnerwerk in der Türkei. Dort wurde das Grund-Cassis produziert. In Salzgitter fand die Endmontage und Aus- stattung entsprechend den Vorgaben der RhönEnergie-Bus Fulda statt. Der Fuldaer Verkehrsbetrieb entschied sich für das Gelenkbus-Modell Sileo S18 mit 18 Metern Länge. Weitere Informationen zum neuen Elektro- bus in der nächsten Hessenschiene! Foto: Michael Kolb HS Nr. 113 15
Mittelhessen aktuell Weiter rückläufiger Güterverkehr und Strecken- sperrung im Südnetz der Kurhessenbahn (js) Bereits seit mehreren Jahren berichten wir in der Hessenschiene über den immer weiter rückläufigen Güterverkehr im Südnetz der Kurhessenbahn. Mittlerweile ist praktisch kein Güterverkehr mehr zu verzeichnen. Nach Aus- kunft der Kurhessenbahn wurde bereits im Januar 2018 die letzte Güterzugtrasse der DB-Cargo von Gießen nach Frankenberg/Eder abbestellt, nachdem zuvor bereits der Güterverkehr zwischen Frankenberg und Allendorf/Eder eingestellt wurde. Somit ist die Burgwaldbahn ohne plan- nur noch aus wenigen mäßigen Güterverkehr. Erst bei der Sanie- Wagenladungen Holz rung des Bahnhofs in Frankenberg wurde für die Firma Ante- eine neue Ladestraße gebaut, die damit Holz in Somplar be- ihrer Funktion beraubt ist. Nun dient der stand, wurde der Ver- Bereich lediglich zum Abstellen von Lini- kehr nun vollständig enbussen während der Ruhezeiten. Nach- eingestellt. dem der Güterverkehr bereits im vergange- Die außerplanmäßigen Holz-Ganzzüge nen Jahr drastisch zurückgegangen war und nach Battenberg sind nun ebenfalls Ge- Am 26. September 2018 steht 295 095-4 der A.V.G. mit einem Schotterzug im Bf. Frankenberg/ Eder. Die Beladung des Schotterzuges für eine Gleisbaustelle bei Ederbringhausen täuscht die Güterverladung nur noch vor. Seit Januar 2018 hat DB-Cargo die letzte Güterzugtrasse bei der Kurhessenbahn abbestellt. Seitdem ist der Güterverkehr eingestellt. Foto: Jürgen Schmied 16 HS Nr. 113
Mittelhessen aktuell Eine Schutzhaltscheibe versperrt seit Juni 2018 im Bf. Frankenberg/Eder die Ausfahrt auf die Strecke nach Battenberg. Foto: Jürgen Schmied schichte. Wie in der letzten Hessenschiene wären private Güterbahnen ebenso geeig- berichtet wurden zur Eder-Bike-Tour am 10. net wie historische Eisenbahnvereine. Juni noch Sonderzüge für den Fahrrad- Allerdings können die Chancen als sehr transport bis Battenberg eingesetzt, die gering angesehen werden, für den abgele- ebenfalls kaum genutzt wurden. Diese Ent- genen Streckenabschnitt einen neuen wicklungen haben die Kurhessenbahn dazu Betreiber zu finden. gezwungen, das verbliebene Reststück Frankenberg – Battenberg der Bahnstrecke Nicht viel besser ist die Entwicklung des Frankenberg – Hatzfeld – Bad Berleburg Güterverkehrs auf der oberen Lahntal- für den Bahnverkehr zu sperren. Die Zu- bahn. Im September kam der erste Güter- fahrt zur Strecke wird in Frankenberg durch zug des Jahres 2018 auf der Strecke zum eine Schutzhaltscheibe versperrt. Einsatz. Das Ziel des Holzzuges war wieder der Ladepunkt Wiesenbach auf der ehema- Das Stilllegungsverfahren für die Stre- ligen Strecke Wallau – Gönnern – Dillen- cke ist unausweichlich. Danach könnte das burg. Streckenstück von einem neuen Betreiber übernommen werden. Zur Übernahme HS Nr. 113 17
Mittelhessen aktuell Lumdatalbahn – Gießener Kreistag beschließt einstimmig den Beginn der Detailplanung (fl) Am 6. September 2018 hat der Kreistag des Landkreises Gießen einstimmig beschlossen, den Planungsprozess für die Lumdatalbahn Lollar – Rabenau-Londorf zu beginnen. Konkret geht es um vier „Planungsmodule“, die das Reaktivierungs- projekt bis zur Baureife voranbringen. Der Beschluss kommt dann zum Tragen, wenn das Land Hessen bzw. der Rhein-Main-Verkehrsverbund eine Co-Finan- zierung der Planungskosten zusagt. Eine solche Zusage steht aber in Aussicht. Die Einstimmigkeit des Beschlusses ist nutzt er doch die gleichen Straßen und vor deshalb so bemerkenswert, weil es im Vor- allem enge Ortsdurchfahrten wie die bis- feld doch sehr heftige Diskussionen um herige Linie 371 auch. Zur Zeitersparnis den Sinn des Projektes gegeben hatte. Für steht nur die Auslassung von Haltestellen die Zustimmung der CDU dürfte es eine zur Verfügung. Und natürlich die Auslas- Rolle gespielt haben, dass Ministerpräsi- sung der oberhalb des Lumdatales gelege- dent Volker Bouffier seinen Wohnort im nen Kernstadt von Staufenberg, was aber Landkreis Gießen hat und die hessische auch nicht im Sinne des Bürgermeisters Landesregierung der Reaktivierung positiv dieser Stadt sein dürfte. Ziemlich isoliert gegenüber steht. stand Bürgermeister Gefeller auch mit sei- nem Vorschlag da, die Lumdatalbahntrasse Am kritischsten wird die Lumdatalbahn als Busspur zu nutzen. offenbar in Lollar und Staufenberg gese- hen. Die beiden weiter oben im Lumdatal Das vorgeschlagene Betriebskonzept für gelegenen Kommunen Allendorf/Lumda die Lumdatalbahn sieht ohnehin den Er- und Rabenau leiden derzeit am ehesten halt einer ergänzenden Buslinie im Lumda- unter den langen Busfahrzeiten, dort ist die tal vor. Eine solche Linie wird für die Er- Zustimmung am größten. Allerdings profi- schließung der Staufenberger Kernstadt tiert Staufenbergs Stadtteil Treis mit seiner und peripher gelegener Stadtteile, vor al- extrem engen Ortsdurchfahrt ebenfalls, lem Daubringen, zweifellos auch benötigt. wenn der Busverkehr eingeschränkt und der PKW-Verkehr eingedämmt wird. Lumdatalbahn-Verein vernetzt Freizeit- und Verkehrsangebote Staufenbergs Bürgermeister Peter Ge- feller (SPD) macht kaum einen Hehl aus Tourismus bedeutet mehr als die jährli- seiner Ablehnung der Lumdatalbahn. che Urlaubsfahrt ans Meer, den Städtetripp Immer wieder verweist er auf die Möglich- nach Berlin oder die Tagesfahrt an die keit eines „Schnellbusses“, ohne jedoch Mosel. Freizeitverkehr ist auch die Biketour konkrete Fahrplanentwürfe oder gar Pro- nach Feierabend, die Verabredung zur ge- befahrten vorweisen zu können. Pro Bahn meinsamen Wanderung, der Pferdeausritt & Bus sowie der Verein Lumdatalbahn im der Enkelin oder die Skatertour des Enkels. Deutschen Bahnkundenverband halten Alles Aktivitäten, zu denen es keine große den „Schnellbus“ für wenig zielführend, Kulisse braucht, dafür aber engagierte Städ- 18 HS Nr. 113
Mittelhessen aktuell Die Informationsveranstaltung des Vereins Lumdatalbahn e. V. zum Thema Tourismus- und Freizeitverkehre stieß auf großes Interesse Foto: Kerstin Lotz te und Gemeinden, die eine gute Infrastruk- Referentin und zwei Referenten berichten tur bereitstellen und wagemutige Unterneh- aus ihrem Arbeitsfeld und standen für Fra- mer oder Vereine – eben bürgerliches En- gen zur Verfügung. gagement im klassischen Sinn. Achim Girsig, Geschäftsführer des Lahn- Der Verein Lumdatalbahn nimmt sich Tourismus-Verbandes, beschäftigte sich mit seit Jahren der Frage einer guten Verkehrs- der Einbindung des Öffentlichen Personen- erschließung im Lumdatal an. Denn all die nahverkehrs und ging auf aktuelle Entwick- Freizeitaktivitäten verursachen Verkehr – lungen ein. Entlang der Lahn spielt die und den gilt es nachhaltig zu gestalten. Das Bahn als Transportmittel im Freizeitverkehr Auto allein ist schon lange nicht mehr die schon seit längerem eine besondere Rolle. Antwort auf alle Fragen rund um die Mo- Kirsten Steimel, Geschäftsführerin des Ver- bilität. eins regioTrend, ging der Frage nach, wel- che touristischen Schätze es im nördlichen Wie die Kombination der unterschied- Landkreis Gießen zu bewahren oder zu lichen Fortbewegungsarten gelingen kann, heben gilt. Über den Status quo und die was es überhaupt in der Region mit- Entwicklungstrends aus demografischer einander zu vernetzen gibt, darum ging es Sicht konnte Dr. Julian Neubert, Demogra- bei einer Informationsveranstaltung mit fiebeauftragter des Landkreises Gießen, dem Titel „Kleines Tal – Großes Kino“ am berichten. Er stellte die Ergebnisse des ak- 28.09.2018 in Rabenau-Londorf. Eine tuellen Demografieatlasses vor. HS Nr. 113 19
Mittelhessen aktuell Machbarkeitsstudie zur Beschleunigung der Vogelsbergbahn im Abschnitt Alsfeld – Gießen (hl) Ende August informierte der Landkreis Gießen, dass man für eine Untersu- chung zur Beschleunigung der Vogelsbergbahn am 3. September 2018 eine Kooperationsvereinbarung mit dem Vogelsbergkreis, ZOV-Verkehr (Zweckver- band Oberhessische Versorgungsbetriebe) und dem RMV abschließen werde. Die Zielsetzung der Studie sind kürzere Gespräch wurde aber der Eindruck er- Fahrzeiten zwischen Alsfeld und Gießen weckt, dass ohne sehr hohe Investitionen, und darüber hinaus in das Rhein-Main- in Verbindung mit einer Elektrifizierung, Gebiet, eine Untersuchung zum Ausbau keine nennenswerte Beschleunigung mög- der Schieneninfrastruktur und die Förder- lich ist. Jetzt wird es spannend sein zu er- fähigkeit solcher Maßnahmen. Der RMV fahren, zu welchem Ergebnis diese Studie übernimmt dabei federführend die Abstim- kommt und in welchem Maße die an sich mungen mit einem Ingenieurbüro und den klammen Gebietskörperschaften entlang Kooperationspartnern. Für die Studie sind der Strecke, welche sich teilweise unter dem Kosten von 60.000 Euro veranschlagt, Rettungsschirm befinden, bereit sind, sich RMV und ZOV übernehmen 50%, von finanziell zu engagieren. den Restkosten übernimmt der Vogelsberg- kreis 2/3 und der Landkreis Gießen 1/3. Sechs Wochen vor der hessischen Land- tagswahl wollte sich auch wieder einmal die In einer Pressemitteilung vom 2. August CDU im Vogelsbergkreis beim Thema 2017 hatten die GRÜNEN des Vogelsberg- ÖPNV und schnelle Verbindungen ins kreises genau auf diese, jetzt formulierten, Rhein-Main-Gebiet einbringen. So forder- Untersuchungsziele aufmerksam gemacht. te der CDU-Landtagskandidat für den Am 28.12.2017 wurde eine Pressemitteilung Vogelsbergkreis und Laubach, Michael über ein Gespräch zwischen dem CDU- Ruhl, als schnelle Verbindung dieser Regi- Landtagsbewerber Alexander Heinz aus on den Wiederaufbau der vor 60 Jahren Alsfeld und der Verkehrsgesellschaft Ober- stillgelegten und abgebauten Bahnlinie hessen (VGO) zur Situation des ÖPNV im Mücke-Hungen. Vogelsbergkreis veröffentlicht. In dem Dieses Wolkenkuckucksei erinnert an eine vor einigen Jahren ebenfalls von der CDU zu Wahlkampfzeiten vorgeschlagene Magnetschwebebahn auf der Trasse der Vogelsbergbahn. Bei dieser Sachkenntnis einiger Entscheidungsträgern kann man davon ausgehen, dass die Rahmenbe- dingungen für die Weiterentwicklung des ÖPNV in dieser Region nicht gerade un- ter einem guten Vorzeichen stehen. 20 HS Nr. 113
Mittelhessen aktuell Modernisierung des Bahnhofs Grünberg (hl) Der Bahnhof Grünberg wird derzeit zu einer barrierefreien Verkehrsstation umgebaut. Die Bausumme der gesamten Maßnahme wurde mit 3,3 Mio. Euro veranschlagt. Finanziert wird der Umbau aus Mitteln von Bund, Land, RMV und der Stadt Grünberg. Bereits im Jahre 2013 hatte das Grünberger Parlament einen Eigenanteil von 302.000 Euro zum Umbau der Verkehrsstation bewilligt, deren Umsetzung für 2016 anvisiert wurde. Pünktlich mit dem Beginn der Strecken- gen. Bereits zehn Tage später waren alle sperrung rollten ab Montag, dem 9. Juli neuen Bahnsteigkanten und Fundamente 2018 am Bahnhof die Bagger zum Umbau für die neuen Wartehäuschen gesetzt und in eine barrierefreie Verkehrsstation. Er- es wurde mit der Veränderung der Entwäs- richtet wurden zwei 55 cm hohe Außen- serung und Verkabelung begonnen. Auch bahnsteige von je 140 Metern Länge, zwei die beiden Gleise 1 und 2 wurden während Aufzügen zu den Bahnsteigen und neue der bestehenden Streckensperrung voll- Wartehäuschen mit Automaten. Ferner er- ständig erneuert, und die neuen Bahnstei- folgte die Renovierung der Unterführung. ge für die neue Beleuchtungen vorgerüstet. Da sich der Bahnhof einseitig an die Ab dem 30. Juli, dem Ende der Strecken- Wohnbebauung anschließt und an Sams- sperrung, waren als Interimslösung zur tagen sowie Sonntagen rund um die Uhr Betriebsaufnahme an beiden Gleisen gearbeitet zu arbeiten war, wur- de stadtseitig zur Lärmmin- derung eine spezielle ca. 4 Me- ter hohe Lärmschutzwand er- richtet, welche den Lärm um ca. 30 Dezibel vermindern soll. Bereits am Nachmittag des ers- ten Arbeitstages hatte man den größten Anteil der ursprünglich vorhandenen alten Bahnsteig- überdachungen und die meisten alten Bahnsteigkanten abgetra- Umfangreiche Bauarbeiten fanden im Juli 2018 im Bahnhof Grünberg statt. Die Bahnsteiganlagen wurden komplett erneuert Foto: Horst Lorenz HS Nr. 113 21
Mittelhessen aktuell Die Unterführung zu Gleis 2/3 wird ebenfalls Ende Juli fuhren die Züge der Hessischen erneuert und mit Aufzügen versehen. Rechts Landesbahn wieder an die provisorisch fertig die neuen Bahnsteigkanten gestellten Bahnsteige jeweils 90 Meter Bahnsteig fertiggestellt. Da ße zu erreichen, der einfache Weg beträgt aber die Unterführung noch bis Ende No- vom Empfangsgebäude zur Straße ca. 100 vember gesperrt sein wird, werden die Rei- Meter und die gleiche Wegstrecke jenseits senden mit kleinen Informationszetteln der Bahn wieder zurück zum Bahnsteig. (DIN A4) an den Absperrungen auf die Die restlichen Baumaßnahmen an den neuen Bahnsteigzugänge hingewiesen. Der neuen Bahnsteigen waren bis Ende Septem- Zugang zu Gleis 1 (Richtung Fulda) erfolgt ber abgeschlossen. Die Montage bzw. In- rechts am Gebäude vorbei. Das Gleis 2 betriebnahme der Aufzüge wird sich noch (Richtung Gießen) ist allerdings nur über bis zum Jahresende hinziehen. den Bahnübergang in der Londorfer Stra- Der Umbau hat für die Fahrgäste weite Umwege zur Folge. Gleis 2 ist wegen der gesperrten Fußgängerunterführung nur über den rund 100 Meter entfernten Bahnübergang zu erreichen Fotos: Horst Lorenz 22 HS Nr. 113
Mittelhessen aktuell Narrenhände beschmieren Türen und Wände Bahnhof Mücke verkommt zusehends (hl) Wie schon mehrfach in der Hessenschiene berichtet, hat sich in den vergan- gen Jahren nach dem Abzug des hier eingesetzten örtlichen DB-Personals und Wegzug der Mieter am Bahnhof Mücke eine Szene etabliert, die weder mit Sauberkeit noch mit den üblichen Gepflogenheiten vertraut ist. So berichtete z.B. am 7. Juni 2017 auch In der öffentlichen Ortsbeiratssitzung die Alsfelder Allgemeine Zeitung, dass am 3. Juli 2018 informierte der neue Bür- überall im Bahnhofsumfeld Flaschen von germeister Andreas Sommer die Anwesen- alkoholischen Getränken und sonstiger den darüber, dass man in der Zwischenzeit Müll herumliegen, obwohl vielfach die in dieser Sache eine Anzeige wegen Sach- Mülleimer nur wenige Meter entfernt sind. beschädigung erstattet habe. Eigentlich In der letzten Juniwoche hat der Vandalis- hätte man erwarten können, dass man sich mus nun auch die Schmerzgrenze des Ei- seitens der Gemeinde ernsthaft Gedanken gentümers, der Gemeinde Mücke, über- macht, um sein erworbenes Gebäude vor schritten. Obwohl sich die Gemeinde- Vandalismus zu schützen. Dabei könnte verwaltung in unmittelbarer Nachbarschaft man doch z.B. einfach eine modifizierte zum Bahnhof befindet, musste das örtliche Bahnhofsordnung von DB Station & Ser- Pro Bahn &Bus-Mitglied den Gemeinde- vice auch als eigene Hausordnung überneh- vorstand und den Ortsbeirat mit Fotos von men und hätte die entsprechenden rechtli- den aktuell stattgefundenen Sachbeschädi- chen Grundlagen. Aber im Gegenteil, in gungen an der schienenabgewandten der vorausgegangenen Diskussion der Bahnhofseite unterrichten. Ortsbeiratsmitglieder wurde sogar geäu- ßert, dass man die Situation am Bahnhof sowieso nicht in den Griff bekommen kön- ne und man froh sein möge, dass sich nunmehr of- fensichtlich der Zahlreiche Sprayereien verunstalten das Bahnhofsgebäude Mücke Foto: Horst Lorenz HS Nr. 113 23
Mittelhessen aktuell Vandalismus mit allen Ne- Wie es dann Anfang benwirkungen vom Gelän- August bei den Müllei- de der Gesamtschule weg mern am Bahnhof Mü- verlagert habe. cke aussah, sieht man auf diesen Fotos. Als genau Wenn ein Reisender in diesem Zeitraum in über den Bahnhof eine Ge- Facebook erneut das meinde erreicht, so gewinnt Thema Müll am Bahn- er die ersten Eindrücke von hof Mücke aufgegriffen dieser Gegend. Mit diesen wurde, antwortete Bür- Sachverhalten dürfte der germeister Sommer: aktuelle Slogan der Ge- meinde „Hessens Mitte- „Aber hier hat die Gemein- Mücke“ schon bedrückende de Teile des Geländes ge- Empfindungen hervorru- kauft, daher ist die Frage fen. aufgrund des Kaufvertrages zu prüfen“. Mülleimer am Bahnhof Es ist wohl eher un- sollen nicht mehr von wahrscheinlich, ob der Gemeinde geleert Kein schöner Anblick: RMV, VGO oder die werden Überquellende Abfallbehälter am örtlichen Busunterneh- Bahnhof Mücke Fotos: H. Lorenz men die Mülleimer an Der neue Mücker Bür- den Bushaltestellen lee- germeister Andreas Som- ren. Somit bleibt es span- mer lässt Mitte Juli - ohne nend, wie es zukünftig in parlamentarischen Be- Mücke mit dem Thema schluss - zur Kostenein- „Mülleimer im ÖPNV“ sparung für die Mülleimer- weitergeht. Vielleicht ist leerung und Müllentsor- es einfach ein Naturge- gung die gemeindlichen setz, dass die Mehrzahl Mülleimer an allen öffent- der kommunalen Ent- lichen Plätzen der Groß- scheidungsträger den gemeinde abbauen. Ausge- ÖPNV nur aus der nommen blieben Kinder- Windschutzscheibenper- gärten sowie Bus- und spektive kennen und ihm Bahnhaltestellen. Sein Face- daher nur einen unterge- bookeintrag zur Zuständig- ordneten Stellenwert zu- keit von Bus- und Bahn- weisen. Von den damit haltestellen: verbundenen Vereinba- Andreas Sommer „Ja, natür- rungen bzw. Gesetzmä- lich, da ist der ÖPNV zustän- ßigkeiten ganz zu dig“. schweigen. 24 HS Nr. 113
Rhein-Main aktuell Fahrverbote für Kraftfahrzeuge in Frankfurt (ac) Am 5. September 2018 hat das Verwaltungsgericht in Wiesbaden ein von vielen befürchtetes, von anderen erhofftes, aber eigentlich von allen so erwarte- tes Urteil gefällt: In Frankfurt am Main wird es Fahrverbote für verschiedene Diesel- und Benzinfahrzeuge geben. Innerhalb des Autobahnringes, also im Was bedeutet dies für Gebiet der heutigen Umweltzone, dürfen den Verkehr in Frank- ab dem 1. Februar 2019 keine Diesel- furt? Die betroffenen fahrzeuge mit Euro-Norm 4 oder weniger Autobesitzer (darunter sowie keine Benziner mit Euro 1 oder 2 auch Handwerker, Ge- mehr einfahren. Ab dem 1. September 2019 werbetreibende, Liefer- betrifft dies auch Dieselfahrzeuge mit Euro- dienste und Taxifahrer) Norm 5. müssen sich innerhalb des nächsten Jahres Betroffen sind davon 75.000 von insge- entweder ein neues, den Bestimmungen samt 334.000 in Frankfurt zugelassenen entsprechendes Auto zulegen oder das Fahrzeugen, also ein Anteil von 22,5%. Fahrzeug nachrüsten. Die Nachrüstung Hinzu kommen natürlich noch die Fahr- kostet je nach Fahrzeug zwischen 1.500 und zeuge der Einpendler nach Frankfurt. 2.500 Euro. Die von vielen Politikern jetzt Insgesamt ist das also nicht ganz so drama- geforderte Nachrüstung auf Kosten der tisch wie anfangs befürchtet, als von der Autoindustrie ist wohl höchstens bei den Hälfte aller Fahrzeuge gesprochen wurde, Fahrzeugen realistisch, bei denen durch ent- die vom Fahrverbot betroffen seien. sprechende Software von den Herstellern Frankfurt: Fahrzeuge mit schlechten Abgaswerten dürfen nicht mehr fahren HS Nr. 113 25
Rhein-Main aktuell bei den Abgaswerten „geschummelt“ wor- Aber pikanterweise sind gerade diese auch den war. vom Fahrverbot betroffen. Rund 75% der Linienbusse, die durch Frankfurt fahren, Eine andere Möglichkeit besteht darin, halten die geforderte Euro-Norm nicht ein dass die betroffenen Pkw-Besitzer ihr Fahr- und müssen mit entsprechenden Filtern zeug abmelden und künftig die öffentlichen mittels selektiver katalytischer Reduktion Verkehrsmittel benutzen. Aber auch das ist (SCR) nachgerüstet werden. Das kostet laut problematisch, da in Frankfurt der öffentli- Experten rund 5.000 bis 7.500 Euro pro che Nahverkehr an seiner Kapazitätsgrenze Fahrzeug. Die Omnibusse sind ein Teil des angelangt ist und ohne große Investitionen Problems. auch kaum neue Kapazitäten geschaffen werden können. Und selbst wenn das Geld Das Gericht hat außerdem der Stadt da wäre – solche Maßnahmen (neue Tras- Frankfurt auferlegt, die Parkgebühren in sen, neue Fahrzeuge) dauern Jahre bis zu Frankfurt zu erhöhen und für weitere Park ihrer Realisierung. Am schnellsten geht da & Ride-Plätze am Stadtrand zu sorgen. noch die Beschaffung neuer Omnibusse. Kommentar: Die Grenzwerte von 40 Mikrogramm Stickoxiden (NOx) pro Kubikmeter Luft sind seit vielen Jahren bekannt. Getan hat die Politik – nicht nur in Frankfurt, sondern auch beim Land und beim Bund – so gut wie nichts. Die Entwicklung bei den Elektrofahrzeugen mit Batterie, an die sich alle klammern, verläuft viel zu zögerlich. Stattdessen hätte man schon längst die Wiedereinführung des erprobten Betriebes mit Oberleitungsbussen angehen sollen, denn der batteriebetriebene Elektrobus steckt noch in den Kinderschuhen und wird noch viele Jahre benöti- gen, bis er betrieblich ausgereift und kostenmäßig konkurrenzfähig ist. Der Frankfurter Verkehrsdezernent Klaus Oesterling antwortete auf eine entsprechende Anfrage am 13. Juni 2017, dass die finanziellen und planungs- rechtlichen Vorbereitungen für einen Betrieb mit Oberleitungsbussen erheblich seien. So ist ein Planfeststellungsverfahren notwendig. Man wolle daher lieber akkubetriebene Elektrobusse sowie Elektrobusse mit Reichweitenverlängerung über wasserstoffgespeiste Brennstoffzellen testen. Dies ist ein Beispiel, wie sich die Politik bisher vor richtungsweisenden Ent- scheidungen gescheut hat. Aber meiner Meinung nach geht es nicht anders, man muss nun nach dem Gerichtsurteil auch Entscheidungen treffen, die nicht allen gefallen werden. Andreas Christopher 26 HS Nr. 113
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