HESSEN SCHIENE - 4:mo - Dezember 2018

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HESSEN SCHIENE - 4:mo - Dezember 2018
HESSEN
SCHIENE
Nr. 113   Oktober - Dezember 2018

• Große Chance: Neue Bahnlinie im Kinzigtal
• Neue Fahrzeuge für Frankfurter Nahverkehr
• Super Sparpreis wirklich super?

                                     ZKZ 04032   D: 2,80 Euro

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HESSEN SCHIENE - 4:mo - Dezember 2018
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                                          Karikatur: Jürgen Janson

                   Impressum
Herausgeber         Pro Bahn & Bus e.V.                 Erhältlich bei den Bahnhofsbuchhandlungen Bad
                                                        Kreuznach, Bad Nauheim, Darmstadt Hbf, Frankfurt
Redaktionell        Friedrich Lang
                                                        (M) Hbf, Frankfurt (M) Süd, Frankfurt (M) Höchst,
verantwortlich      hessenschiene@probahn-bus.org
                                                        Friedberg (Hessen), Fulda, Gießen, Göttingen, Hanau
Layout              Jürgen Lerch                        Hbf, Kassel Hbf, Kassel-Wilhelmshöhe, Koblenz Hbf,
                                                        Limburg, Mainz Hbf, Marburg, Rüsselsheim,
Kontakt             Bahnhofstraße 102
                                                        Wiesbaden Hbf
                    36341 Lauterbach
                    Tel. & Fax (06641) 6 27 27          Abonnement: Acht Ausgaben 18,00 Euro
                    info@probahn-bus.org                (Deutschland); 26,00 Euro (Ausland / Luftpost).
                    www.probahn-bus.org                 Der Bezug ist für Mitglieder von Pro Bahn & Bus
                    AG Gießen VR 3732                   kostenfrei.
Druck               Druckhaus Gratzfeld, Butzbach       Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8 vom 1. Dez. 2010
Auflage             1400 Exemplare
                                                        Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmi-
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Friedrich Lang, Jürgen      gung des Herausgebers. Der Herausgeber ist
Lerch, Hans-Peter Günther, Jürgen Schmied, Andreas      berechtigt, veröffentlichte Beiträge in eigenen
Christopher, Lars Kühnemund, Sören-Helge Zaschke,       gedruckten und elektronischen Produkten zu
Stefan Sitzmann, Christian Behrendt, Michael Kolb       verwenden und eine Nutzung Dritten zu gestatten.
                                                        Eine Verwertung urheberrechtlich geschützter
Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 25.11.2018
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Erscheinungsweise: vierteljährlich                      aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt.

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HESSEN SCHIENE - 4:mo - Dezember 2018
Vorwort

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die Deutsche Bahn AG forciert ihr Bahnsteighöhenkonzept mit dem Ziel einer weitge-
henden Vereinheitlichung auf 76cm hohe Bahnsteige. Grundsätzlich begrüßt Pro Bahn
& Bus eine solche Zielkonzeption, dient sie doch dazu, langfristig einen einheitlichen
Zugang zu allen Zügen zu ermöglichen. Allerdings wurden in den letzten zwei Jahr-
zehnten aus guten Gründen auch niedrigere Bahnsteige mit 55cm Höhe gebaut. Zum
einen passen diese Bahnsteige gut zu den Doppelstockzügen, zum anderen sind sie
häufig besser mit den historisch gewachsenen Bauten rund um die Verkehrsstationen
kombinierbar.

   An vielen Stellen in Hessen droht nun langfristiges Flickwerk, wenn es zum reihen-
weisen Umbau auf 76cm hohe Bahnsteige kommen sollte. Beispiel Wetzlar: Alle Bahn-
steige der rund 52.000 Einwohner zählenden Kreisstadt wurden vor wenigen Jahren
saniert und auf 55cm Höhe gebracht. In den kommenden Jahren dürften die Nachbar-
stationen nach und nach mit 76cm hohen Bahnsteigen ausgestattet werden, und irgend-
wann werden auch die eingesetzten Fahrzeuge für diese Höhe optimiert. Ausgerechnet
der aufkommensstärkste Bahnhof innerhalb des Lahn-Dill-Kreises mit der zentralen
Umsteigefunktion zu zahlreichen Buslinien wird also künftig eine Ausnahme bilden.

   Mit Vernunft und Augenmaß muss in Hessen Linie für Linie, Station für Station
entschieden werden, welche Bahnsteighöhe sinnvoll ist, welche Fahrzeuge ab welchem
Zeitpunkt zum Einsatz kommen sollen. Dass auch langfristig Ausnahmen von der
76cm-Regel möglich sind, zeigt der Blick nach Rheinland-Pfalz. In dem Bundesland
sind schon viele Bahnsteige auf 55cm Höhe ausgebaut und entsprechende Fahrzeuge
beschafft worden. Eine besondere Vereinbarung erlaubt es, auch künftig in diesem
Bundesland mit 55cm hohen Bahnsteigen zu planen. Hessen muss sich aktiv mit dem
Thema auseinandersetzen, schon alleine weil es viele Schnittstellen zu den klassischen
„55-cm-Ländern“ Rheinland-Pfalz und Thüringen gibt.

   Ausnahmen wird es in Hessen ohnehin auch langfristig geben. Die S-Bahn Rhein-
Main hält traditionell an 96cm hohen Bahnsteigen, ebenso die Königsteiner Bahn und
die Taunusbahn. Die Kasseler Regiotram wurde hingegen für 38cm hohe Bahnsteige
optimiert – eine alte Normhöhe, die aber gut zu Fahrzeugen passt, welche auf städti-
sche Netze übergehen. Im Melsunger Stadtteil Schwarzenberg soll schon lange eine
neue Station für die Regiotram gebaut werden. Mit 76 cm hohen Bahnsteigen käme
die Regiotram überhaupt nicht zurecht. Mit 55cm hohen Perrons entstünde zwar kein
barrierefreies System, aber immerhin ein begehbarer Zugang. Und ein 38cm hoher
Neubau scheint für die Deutsche Bahn undenkbar – noch…

  Wolfgang Klapdor, Vorsitzender Pro Bahn & Bus e.V.

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Buchfahrplan

          Pinwand ................................................................................................................ 4
          Tipps und Infos ...................................................................................................... 6

          Regiotram-Fahrzeuge werden modernisiert und fahren künftig rein elektrisch ........... 7
          Kurhessenbahn plant Fahrzeuginnovation ................................................................ 8

          Neue Eisenbahnlinie im Kinzigtal: Einmalige Chance für die Region ........................ 10
          Fulda beginnt mit der Beschaffung von Elektrobussen ............................................ 15

          Weiter rückläufiger Güterverkehr und Streckensperrung bei der Kurhessenbahn ..... 16
          Lumdatalbahn: Gießener Kreistag beschließt einstimmig die Detailplanung ............. 18
          Machbarkeitsstudie zur Beschleunigung der Vogelsbergbahn ................................. 20
          Modernisierung des Bahnhofs Grünberg ............................................................... 21
          Narrenhände beschmieren Türen und Wände ........................................................ 23

          Fahrverbote für Kraftfahrzeuge in Frankfurt ............................................................ 25
          Einstiegslotsen im Frankfurter Hauptbahnhof ......................................................... 27
          Neue Fahrzeuge und weitere Entwicklungen im Frankfurter Nahverkehr .................. 28
          Eppstein: Bahnhof des Jahres 2018 ...................................................................... 35

          Straßenbahn zur Lichtwiese vom Darmstädter Stadtparlament beschlossen ........... 37

          RMV-Vertriebsstrukturen in Wetzlar und Automatenprobleme an Lahn und Dill ........ 39
          Baustellenmarathon auf der Main-Weser-Bahn ...................................................... 40
          Neue Tarife bei der Deutschen Bahn ...................................................................... 44

          Streckentelegramm .............................................................................................. 45
          Schlusslicht ......................................................................................................... 50

          Titelbild: Durch enge Kurven fährt der Fernverkehr heute zwischen Gelnhausen und
                              Flieden. Im Bild zwei ICE bei Schlüchtern.
            Rückseite: Mit der Ablieferung von neuen Straßenbahnen werden die P-Wagen in
          Frankfurt ausgemustert. Noch in alter Stadtwerke-Lackierung ist Triebwagen 138 am
                                Niederräder Hardtwaldplatz unterwegs.

                                     Alle Fotos ohne Namensnennung: Jürgen Lerch

      4                                                                                       HS Nr. 113
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Pinwand

                                                         Pro Bahn & Bus e.V. ist Mitglied
Unsere Treffen vor Ort:                                  im Deutschen Bahnkunden-Verband e.V.

  Unsere Aktiven vor Ort:                                      Regionalverband Mittelhessen
                                                               Regionalleiter Jürgen Lerch
                                                               Bismarckstraße 3, 35510 Butzbach
                                                               Telefon (0 60 33) 1 60 47
  Regionalverband Nordhessen                                   mittelhessen@probahn-bus.org
  Regionalleiter Hermann Hoffmann
  Am Juliusstein 18, 34130 Kassel                              Regionalverband Rhein-Main
  Telefon und Telefax (05 61) 67 17 9                          Regionalleiter Gernot Hornik
  hhoffma@gmx.de                                               Feldgasse 5, 65510 Hünstetten
                                                               Telefon und Telefax (0 61 26) 5 76 60
  Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des                        rheinmain@probahn-bus.org
  Schienenverkehrs im Raum Marburg e.V. (AFS)
  1. Vorsitzender Michael Marinc                               Bereich Südhessen und Rheinhessen
  Stadtgasse 27, 35216 Biedenkopf                              Ansprechpartner: Wolfgang Klapdor
  Telefon: ( 0 64 61) 51 01, Fax: (0 64 61) - 92 39 71         Zeppelinstraße 16, 67578 Gimbsheim
  m.marinc@t-online.de                                         Telefon 0177 788 118 2
                                                               suedhessen@probahn-bus.org
  Regionalverband Osthessen e.V.
  Regionalleiter Stefan Sitzmann                               Zentrale, Geschäftsstelle Lauterbach
  Bahnhofstraße 102, 36341 Lauterbach                          Bahnhofstraße 102, 36341 Lauterbach
  Telefon und Telefax (0 66 41) 6 27 27                        Telefon und Telefax (0 66 41) 6 27 27
  osthessen@probahn-bus.org                                    info@probahn-bus.org

      HS Nr.113                                                                                        5
HESSEN SCHIENE - 4:mo - Dezember 2018
Tipps und Infos

Zuganzeigen auf kleinen
Stationen in Hessen sollen
besser genutzt werden
(fl) Viele Fahrgäste wunderten sich in der
Vergangenheit, warum die aufwändig in-
stallierten „dynamischen Schriftanzeiger“,
also die an kleineren Stationen verwende-
ten einzeiligen Laufschriftbänder, nur im
Störungsfall Informationen über den Zug-         Fahrgäste können sich im RMV-Gebiet
verkehr bereitstellten. Für planmäßig ver-    nach Angaben der Deutschen Bahn aber
kehrende Züge mussten sich Reisende           bald über eine umfassendere Fahrgast-
bisher am Aushangfahrplan informieren.        information an kleineren Bahnhöfen freu-
                                              en: Durch eine Softwareanpassung der DB
   Im „Informationszeitalter“, in dem         Station&Service AG zeigen die vorhande-
schon das private Smartphone zum um-          nen einzeiligen Fahrgastinformationsan-
fassenden Informationsmedium über die         zeiger, die sogenannten dynamischen
Verkehrslage wird, wirken die Displays an     Schriftanzeiger (DSA), sukzessive ab Ende
den Stationen vielfach seltsam ungenutzt.     September 2018 auch planmäßige Abfahrts-
Es kommt hinzu, dass im Rhein-Main-Ver-       zeiten an.
kehrsverbund auch die am Kopfende der
neuen Transdev-Automaten eingebauten             Die Daten im DSA-System sollen mit
Monitore häufig nicht so informieren, wie     weiteren Auskunftssystemen wie zum Bei-
es eigentlich vorgesehen ist. Die Abfahrts-   spiel dem DB-Navigator und der RMV-App
anzeige für die nächsten Züge war vom         synchronisiert werden, um eine einheitliche
RMV als Vorteil der neuen Automaten           und widerspruchsfreie Information der
herausgestellt worden.                        Kunden sicherzustellen.

                                                 Bereits ab Mitte August testete die DB
 Die „dynamischen Schriftanzeiger“ (DSA)      Station&Service AG die neue Funktion an
 werden in Zukunft auch die planmäßigen       den Bahnhöfen Maintal Ost, Hanau-Wolf-
             Züge anzeigen                    gang und Bickenbach (Bergstr) im Gebiet
                                              des RMV. Mit dem RMV ist jetzt verein-
                                              bart, die Funktion kurzfristig in ganz Hes-
                                              sen zur Verfügung zu stellen. Bewährt sich
                                              die Weiterentwicklung, soll die Technik auf
                                              das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet wer-
                                              den.

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Nordhessen aktuell

Regiotram–Fahrzeuge werden modernisiert
und fahren künftig komplett elektrisch
(js) Nach einem Bericht in der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen (HNA)
will der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) in den kommenden zehn Jah-
ren 100 Millionen Euro in die Modernisierung des Regiotram-Netzes investie-
ren. Darin inbegriffen ist auch die Modernisierung der Fahrzeuge. NVV-Ge-
schäftsführer Wolfgang Rausch und der Hessische Wirtschafts- und Verkehrs-
minister Tarek Al-Wazir (Grüne) haben eine Absichtserklärung unterschrieben,
die eine weitere Modernisierung der Verbindungen aus dem Kasseler Stadtge-
biet ins Umland vorsieht.
   Im Jahr 2017 nutzten etwa 5,6 Millionen     sonst nirgendwo im
Fahrgäste die Regiotrams. Die Regiotram-       Einsatz. Die Züge
Linien verbinden die Kasseler Innenstadt       sind inzwischen zehn
mit Hofgeismar (RT 1), Wolfhagen (RT 4)        Jahre alt, daher müs-
und mit Melsungen (RT 5). Dazu sind die        sen bereits Ideen für
Fahrzeuge in der Lage, im Stadtgebiet den      deren Zukunft gefun-
Gleichstrom des Straßenbahnnetzes zu ver-      den werden.
arbeiten, im DB-Streckennetz nach Hof-
geismar und Melsungen kommt dagegen               Die jetzt getroffene Erklärung sieht da-
die Stromversorgung aus der 15.000-Volt-       her die Elektrifizierung der Strecke von
Wechselstromleitung. Die Linie nach Wolf-      Obervellmar nach Wolfhagen vor. Dazu
hagen ist nicht elektrifiziert, daher verfü-   sind derzeit etwa 40 Millionen Euro vor-
gen die dort eingesetzten Fahrzeuge über       gesehen. Die Kosten könnten aber noch um
einen zusätzlichen Dieselmotor, der diese      die Hälfte steigen, wenn erst der genaue
unabhängig von der
Oberleitung macht. Ge-
nau darin liegt das Pro-
blem, denn dieser Fahr-
zugtyp mit zusätzlichem
Dieselmotor wurde spe-
ziell für diese Strecke
entwickelt und ist auch
   Am 1. September 2017
      erreicht die Diesel-
 Regiotram der Linie RT4
    (Wolfhagen – Kassel-
       Hbf.) den Bahnhof
         Ahnatal-Weimar.

   Foto: Jürgen Schmied

        HS Nr. 113                                                              7
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Nordhessen aktuell

Aufwand kalkuliert wird.                       sich wandelnde Kundenbedürfnisse zu re-
                                               agieren. Eine Neubeschaffung würde mit
   Anfang Oktober erfolgte die Neuer-          etwa fünf Millionen Euro pro Fahrzeug zu
öffnung des Zierenberger Tunnels. Hier         Buche schlagen, eine Modernisierung ist
wurde in den letzten Jahren in kurzem          dagegen für etwa zwei Millionen Euro
Abstand parallel zu der alten Tunnelröhre      möglich. Dabei würden die Züge ein mo-
ein neuer Bahntunnel gebaut. Dieser Tun-       dernes Fahrgast-Informationssystem erhal-
nel wurde bereits auf die Profilhöhe für       ten, kabellosen Internet-Zugang, Steckdo-
Oberleitungsbetrieb angelegt. Die Strecke      sen, eine verbesserte Beleuchtung und ein
weist natürlich noch etliche Brücken und       neues Design.
Überführungsbauwerke auf, die nicht auf
den Einbau einer Fahrleitung ausgelegt            Der NVV setzt derzeit 28 Regiotram-
sind. Daher muss an vielen Stellen entwe-      Triebwagen ein, von denen zehn mit einem
der die Bahnstrecke abgesenkt oder die ent-    Dieselmotor ausgestatten sind. Diese zehn
sprechende Überführung angehoben wer-          Triebwagen würden nach der Strecken-
den. Ein solcher Aufwand musste bereits        Elektrifizierung in rein elektrische Zwei-
in früheren Jahren bei der Elektrifizierung    system-Fahrzeuge umgebaut, so dass diese
der bestehenden Hauptstrecken betrieben        sowohl im Gleichstromsystem der Straßen-
werden. Zu den Investitionen werden er-        bahn wie auch im Hochspannungs-Wech-
hebliche Bundeszuschüsse erwartet. Die         selstromsystem der Eisenbahn betrieben
Elektrifizierung der Strecke könnte im Zeit-   werden können. Ab 2022 könnte mit der
raum bis 2028/2029 erfolgen.                   Modernisierung der Regiotrams begonnen
                                               werden.
   Weitere 50 – 60 Millionen Euro sind für
die Modernisierung aller Regiotram-Fahr-          In Deutschland werden bisher lediglich
zeuge vorgesehen. Eine solche „Midlife-        60% der Bahnstrecken elektrisch betrieben,
Revision“ ist heute bei Bahnfahrzeugen         in Hessen immerhin 67%. Im Bahnland
üblich, um aktuelle technische Entwicklun-     Schweiz fahren auf fast allen Strecken die
gen berücksichtigen zu können und um auf       Züge elektrisch.

Kurhessenbahn plant Fahrzeuginnovationen
(js) Die Kurhessenbahn denkt über ein weiteres innovatives Zukunftsprojekt nach,
dass der Nordhessische Verkehrsverbund NVV unterstützen will: Dabei sollen
die Züge größtenteils auf elektrifizierten Strecken verkehren und währenddes-
sen mitgeführte Batterien aufladen. Nach dem Ende der Oberleitung sollen die
Fahrzeuge mit dem gespeicherten Strom aus den Batterien noch ein Ziel ohne
Fahrleitung erreichen können, ohne dazu Verbrennungsmotoren zu benötigen.
    Für die Kurhessenbahn wäre ein solcher im Akkubetrieb bis Bad Wildungen.
Betrieb von Kassel über Wolfhagen hinaus     Bereits im Jahr 1907 wurden erfolgreich
bis Korbach denkbar, ebenso auf der Stre- Akkutriebwagen eingesetzt, die noch bis in
cke von Kassel nach Wabern und weiter die 1950er Jahre weiterentwickelt wurden.

       8                                                             HS Nr. 113
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Nordhessen aktuell

     Die Züge der
  Kurhessenbahn
    zwischen Bad
  Wildungen und
Kassel könnten in
 Zukunft komplett
        elektrisch
        verkehren

Akkutriebwagen waren bis in die 1990er       densatoren können im Gegensatz zu Ak-
Jahre im Einsatz, leider unterblieb dann     kumulatoren ihre Energie in erheblich kür-
eine Weiterentwicklung zu Gunsten des        zerer Zeit aufnehmen oder abgeben. Da-
Dieselantriebes. Die damaligen Triebwagen    gegen fällt die Speicherkapazität geringer
wurden noch mit schweren Bleiakkus be-       aus. Bei dieser Technik könnten die Halte-
trieben und hatten eine Reichweite von ma-   stellen mit kurzen Oberleitungsabschnitten
ximal etwa 150 km, um noch ausreichend       oder Stromschienen ausgestattet werden.
Akkuleistung für die Rückfahrt zu behal-     Bereits die Berliner und Hamburger S-Bah-
ten.                                         nen verwenden seitliche Stromschienen
                                             anstelle von Oberleitungen. Während der
    Eine weitere Idee haben hier die Mit-
                                             kurzen Haltezeiten könnten die Konden-
glieder der „Arbeitsgruppe Speicherbe-
                                             satoren aufgeladen werden, zum Anfahren
triebene Antriebstechnik von Schienenfahr-
                                             würde das Fahrzeug seinen Strombedarf
zeugen“ Peter Stephan und Gerhard Klein-
                                             ebenfalls aus der Stromschiene beziehen.
schmidt entwickelt. Die Arbeitsgruppe bil-
det sich aus Mitgliedern der Vereine und         Ein Eisenbahnfahrzeug benötigt die
Fahrgastverbände „Arbeitsgemeinschaft        Hauptenergie zum Anfahren. Wenn der
zur Förderung des Schienenverkehrs im        Zug die Reisegeschwindigkeit erreicht hat,
Raum Marburg e.V.“ (AFS), „Arbeitskreis      ist der Energiebedarf sehr gering. Die Fahrt
Schienenverkehr Südwestfalen e.V.“ und       bis zur nächsten Schnellladestelle kann
der VCD-Kreisverbände Marburg-Bieden-        dann mit dem Strom aus den Kondensato-
kopf und Siegen-Wittgenstein.                ren überbrückt werden. Ein umweltfreund-
   Bei dieser Idee soll anstelle von Akku-   licher Betrieb könnte außerdem mit der
technik eine Hochleistungs-Kondensator-      Energieerzeugung durch örtliche Wasser-
Technik zum Einsatz kommen. Die Kon-         kraftwerke erzielt werden.

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HESSEN SCHIENE - 4:mo - Dezember 2018
Osthessen aktuell

Neue Eisenbahnlinie im Kinzigtal:
Einmalige Chance für die Region
(cb) In Kürze entscheidet die Deutsche Bahn, in welchem Korridor sie eine neue
Fernverkehrslinie durch den Main-Kinzig-Kreis führen möchte. Dieses Schienen-
projekt bietet erhebliche Chancen für den Main-Kinzig-Kreis. Jetzt kommt es
darauf an, diese auch zu nutzen. Dabei sind selbst geringfügig erscheinende
Fahrzeitgewinne von entscheidender Bedeutung.
   Zur Vorgeschichte: Der Bund hat seit    - Würzburg / Fulda, wie sich das Projekt
1985 den Ausbau und seit 1992 den teil- offiziell nennt. Die Öffentlichkeit erhält
weisen Neubau der Eisenbahnstrecke         jeweils umfassend aktuelle Informationen
Frankfurt/M - Fulda, der Kinzigtalbahn, in zum Sachstand. Vor wenigen Wochen gab
seinen Bundesverkehrswegeplänen aufge- die Deutsche Bahn auf Grundlage der bis-
führt. Auch die Region erwartet im Rah- herigen Planungen ihre Entscheidung
men des abgestimmten Gesamtkonzeptes zugunsten des Variantenkorridors IV im
„Frankfurt/RheinMain plus“ eine baldige Suchraum zwischen Gelnhausen und Fulda
Umsetzung dieses Schienenprojektes. Seit bekannt.
Sommer 2014 läuft das begleitende Dialog-     Dabei ist folgendes zu beachten: Öffent-
forum zur Aus- und Neubaustrecke Hanau licher Verkehr ist nur dann eine echte Al-

  Bahnhof Neuhof: Während der ICE Richtung Frankfurt durch den Bahnhof fährt, muss der
                           Nahverkehr am Bahnsteig warten

       10                                                            HS Nr. 113
Osthessen aktuell

ternative zum Auto, wenn es gute Anschlüs-      Schienenaus- bzw. -neubau erst spät ein und
se zwischen den verschiedenen Fern- und         erfolgte in weit langsamerem Tempo. So
Regionalzuglinien untereinander und mit         kommt es, dass noch heute mitten in
dem Busnetz gibt. Dazu müssen die Fahr-         Deutschland auf den für die Metropol-
pläne nicht nur hinreichend dicht sein, son-    region Frankfurt/RheinMain enorm wich-
dern zugleich so ausgelegt, dass sich die       tigen Achsen Frankfurt/M – Fulda – Erfurt,
Züge und Busse an den zahlreichen Um-           Frankfurt/M - Mannheim und Frankfurt/
steigestationen zeitlich sinnvoll begegnen      M – Würzburg zu viele Züge auf zu weni-
und gegenseitige Anschlüsse ermöglichen.        gen Gleisen zu langsam und somit zur fal-
   Lange Wartezeiten beim Umsteigen sind        schen Minutenzeit fahren müssen. Verspä-
lästig. Ziel muss es sein, solche Zeitverlus-   tungen und lange Wartezeiten beim Um-
te zu minimieren. Andererseits dürfen die       steigen sind die Folge. Das Angebot am
Fahrpläne und Umsteigezeiten auch nicht         Markt ist nicht optimal – Folge des Investi-
zu knapp bemessen sein, denn schließlich        tionsstaus in den Bahnnetzen, der nun end-
sollen im tagtäglichen Betrieb die Fahrgäs-     lich Stück für Stück abgearbeitet werden
te sich auf die fahrplanmäßigen Anschlüs-       soll.
se verlassen können. Ein Taktfahrplan, in
                                                   Mit dem Aus- und Neubau entlang der
dem sich die Abfahrten jeder Linie stünd-
                                                hochbelasteten Hauptkorridore sollen
lich zu denselben Minuten wiederholen,
                                                durch zusätzliche Gleise Züge mit unter-
reicht allein nicht aus. Es bedarf einer um-
                                                schiedlichen Durchschnittsgeschwindigkei-
fangreichen raum-zeitlichen Optimierung,
                                                ten wirksam getrennt werden, damit sie sich
damit für die Fahrgäste ein möglichst hoher
                                                gegenseitig weniger behindern und Verspä-
Mobilitätsnutzen mit vielen und zugleich
                                                tungen übertragen. Besonders wichtig ist
sicheren Anschlüssen entsteht. Das Pla-
                                                ferner, dass die historisch bedingten Fahr-
nungsprinzip dahinter nennt sich „Integra-
                                                zeiten zwischen den Umsteigeknoten auf
ler Taktfahrplan“ (ITF) und bewährt sich
                                                künftig optimale Werte verkürzt werden.
seit langem zum Beispiel in der Schweiz.
                                                Nur dann können sich dort Fern- und
Deutschland-Takt                                Regionalzüge zeitlich passend treffen und
                                                die Fahrgäste zwischen den einzelnen Zug-
   Während im Schienenregionalverkehr           linien bequem umsteigen. Im Bundes-
das Prinzip des ITF seit den 1990er Jahren      verkehrswegeplan 2030 hat der Bund als
schrittweise auf immer mehr Zuglinien und       Eigentümer der Deutschen Bahn und ih-
Teilnetzen eingeführt wurde, hinkt ausge-       res Schienennetzes erstmals - Kritiker sa-
rechnet der Schienenfernverkehr bei der         gen viel zu spät - die Einführung eines In-
Umsetzung hinterher. Im ICE- und IC-            tegralen Taktfahrplans auch im Schienen-
Kernnetz existieren noch zahlreiche Ab-         fernverkehr untersuchen lassen. Im Rah-
schnitte zwischen den Knoten, die gar nicht     men eines solchen „Deutschland-Taktes“
oder nur unzureichend ausgebaut und             sollen durch gezielte Baumaßnahmen im
zudem überlastet sind.                          Schienennetz die ICE- und IC-Linien ab-
  Während das Autobahnnetz nach dem             schnittsweise beschleunigt und so die An-
Zweiten Weltkrieg rasant wuchs, setzte der      schlussqualität im Gesamtnetz deutlich ge-

        HS Nr. 113                                                                11
Osthessen aktuell

                    steigert werden.

                       Für den Main-Kinzig-Kreis
                    besonders wichtig sind die
                    Umsteigeknoten Hanau Hbf,
                    Frankfurt/M Hbf, Fulda und
                    Aschaffenburg Hbf. Nicht nur
                    dort müssen für Regional-
                    und Fernverkehre künftig an-
                    dere, „integrale“ Fahrpläne
                    gestrickt werden. Vorausset-
                    zung dafür sind kürzere ICE-
                    Fahrzeiten, aber auch Verbes-
                    serungen beim Regional-
                    verkehr. Kernpunkt einer
                    kundenorientierten Zukunfts-
                    strategie bildet die Verkür-
                    zung der Fernzugfahrzeiten
                    zwischen Hanau und Fulda
                    auf deutlich unter 30 Minu-
                    ten. Ebenfalls nötig ist die
                    Verkürzung der Fahrzeiten
                    zwischen Frankfurt/ M,
                    Hanau, Aschaffenburg und
                    Würzburg.

                       Am Beispiel der Knoten
                    Hanau und Fulda wird deut-
                    lich, warum die Beschleuni-
                    gung des ICE-Verkehrs nicht
                    nur für erhebliche Teile des
                    Main-Kinzig-Kreises so be-
                    deutsam ist. Im Knoten Fulda
                    treffen sich insgesamt sechs
                    ICE-Achsen. Wer aus dem
                    mittleren und oberen Kinzig-

                    Fernverkehr, Nahverkehr und
                    Güterverkehr im Abstand von
                    wenigen Minuten: Die Strecke
                    Hanau - Fulda ist seit Jahren
                    stark überlastet

      12                      HS Nr. 113
Osthessen aktuell

 Ein ICE fährt in den Bahnhof
      Fulda ein. Nur wenn die
   Fahrzeiten zwischen Hanau
und Fulda möglichst kurz sind,
         können in Fulda gute
    Anschlüsse erreicht werden

         Foto: Stefan Sitzmann

tal Richtung Bremen, Ham-
burg, Schleswig-Holstein,
Berlin, Leipzig oder Dresden
will, ist auf attraktive ICE-An-
schlüsse in Fulda angewiesen.
Für das östliche Kreisgebiet gilt das         die übrigen in Fulda haltenden ICE-Linien.
übrigens auch für Reisen Richtung Würz-       Käme die in Hanau haltende ICE-Linie in
burg und München. Um diese wichtige           Fulda zu spät an, wären die Anschlüsse dort
Knotenfunktion erfüllen zu können, müs-       gerade weg und die Reisenden müssten fast
sen im Bahnhof Fulda mehrere ICE-Lini-        eine ganze Stunde auf das nächste ICE-
en in kürzester Zeit gebündelt ankommen,      Bündel warten. Zugleich soll der Fernfahr-
untereinander Anschluss bieten und wieder     plan aber auch ausreichend Pufferzeiten für
abfahren. Rund um diesen Fernzugknoten        kleine Minutenverspätungen enthalten,
zur Minute 00 jeder vollen Stunde grup-       damit die Anschlüsse im Alltagsbetrieb
pieren sich die Regionalzüge bzw. Lokal-      auch tatsächlich klappen.
busse, so dass auch dort automatisch wech-
selseitige Anschlüsse entstehen. Der Kno-        Diese fahrplantechnischen Aspekte sind
ten Fulda wird künftig Teil einer ganzen      Basis für die verkehrlichen Zielsetzungen
Kette passgenauer ICE-Fahrzeiten zwi-         der DB in Bezug auf die Strecke Hanau -
schen den einzelnen ICE-Systemhalten          Fulda. Schon auf der Ausbaustrecke Hanau
werden, die letztlich in ganz Deutschland     - Gelnhausen wurde die ursprüngliche
die Reiseketten im Schienenverkehr durch-     Entwurfsgeschwindigkeit von 200 auf 230
greifend verbessern werden.                   km/h heraufgesetzt. Im Neubauabschnitt
                                              zwischen Gelnhausen-Haitz und der Ein-
   Voraussetzung für das Funktionieren ei-    mündung in das Bestandsnetz südlich von
nes solchen zukunftsgerechten Anschluss-      Fulda ist eine möglichst hohe Strecken-
taktsystems ist die Verkürzung der Fahrzei-   geschwindigkeit zwingend, um die Fahrzeit-
ten zwischen Fulda und Frankfurt/M, ins-      vorgaben zu erfüllen. Zwar sind keine 300
besondere auf dem Abschnitt Fulda -           km/h nötig, wohl aber 250 km/h auf einer
Hanau. Der Grund ist einfach: Da aus über-    längeren zusammenhängenden Strecke.
geordneten Gründen nicht alle ICE-Lini-
en in Hanau werden halten können, muss           Das Ziel der DB, zwischen Hanau und
die Nord-Süd-ICE-Linie, die in Hanau hält,    Fulda möglichst kurze Fahrzeiten zu ermög-
stattdessen in Fulda Anschlüsse bieten an     lichen, ist aus Fahrgastsicht absolut zu un-

        HS Nr. 113                                                              13
Osthessen aktuell

terstützen. Es wäre nicht zu vermitteln,       gers“- und Spessartvarianten war ein ers-
einerseits mit Milliardenaufwand das Stre-     ter richtiger Schritt. Nun muss konsequent
ckennetz auszubauen und andererseits die       an der Optimierung der bevorzugten An-
für die gesamte Region wichtigen Zugan-        tragsvariante IV im Main-Kinzig-Kreis ge-
schlüsse wegen weniger fehlender Minu-         arbeitet werden, weil nur diese sowohl die
ten systematisch zu verpassen. Vor diesem      kürzesten Fahrzeiten als auch die Möglich-
Hintergrund zeigt sich, wie gefährlich Spe-    keit von Verknüpfungen der Neubaugleise
kulationen darüber sind, dass es bei die-      mit dem bestehenden Eisenbahnnetz bei
sem Verkehrsprojekt nur um ein paar lapi-      Schlüchtern bietet.
dare Minuten Zeitgewinn ginge.
                                               Schienenregionalverkehr verbessern
    Tatsächlich sind allein schon aus Kapa-
                                                  Nur ein bis ins Detail zukunftsgerechter
zitätsgründen und zur Verspätungsver-
                                               Aus- und Neubau der Eisenbahnkorridore
meidung die Zusatzgleise zwingend erfor-
                                               Hanau - Fulda und Hanau - Würzburg er-
derlich. Für die verkehrliche Standort-
                                               möglicht durchgreifende Verbesserungen
qualität ganzer Landstriche ist es wichtig,
                                               im Schienenregionalverkehr des RMV.
dass Fehlplanungen vermieden und die
                                               Auf der Achse Fulda - Frankfurt/M müsste
benötigten Minuten im Fernverkehrsnetz
                                               es schon längst auch außerhalb der Ver-
eingeplant werden. Nur so lassen sich Nach-
                                               kehrsspitzen einen überholungsfreien
teile vermeiden, wie sie die Stadt Hanau
                                               Halbstundentakt der schnellen Regio-
derzeit erlebt, indem die Hälfte aller ICE-
                                               nalExpress-Züge (RE) geben, die über den
Halte in und aus Richtung Norden und
                                               Flughafen bis Wiesbaden zu verlängern
Süden wegen fehlender Fahrzeitreserven
                                               sind. Gleiches gilt für die RegionalBahn-
ersatzlos entfallen.
                                               Linie (RB) Wächtersbach - Frankfurt/M,
    Die Entscheidung der DB, mit welcher       die zu beschleunigen, auf einen Halb-
Antragstrasse sie im kommenden Jahr in         stundentakt zu verdichten und nach Bad
das Raumordnungsverfahren geht, wurde          Orb zu verlängern ist.
im Dialogforum und seinen drei Arbeits-
                                               Kooperation statt Eigenbrötlerei
gruppen auf insgesamt 44 Sitzungen beglei-
tet und auf fast 2300 Seiten Präsentationen       Seit den 1990er Jahren sind der Main-
und Protokollen im Internet transparent        Kinzig-Kreis (durch seine Kreisverkehrs-
dargestellt. Es war von Anfang an klar, dass   gesellschaft KVG Main- Kinzig) sowie die
neben den Aspekten von Umwelt und              Stadt Hanau (inzwischen durch ihre Loka-
Raumordnung der verkehrliche Nutzen für        le Nahverkehrsorganisation LNO Hanau)
die kommenden Generationen eine ent-           mit jeweils eigenen Aufgabenträgern für
scheidende Rolle spielen wird. Schließlich     den ÖPNV im RMV vertreten. Auch die
ist dies ein Verkehrsprojekt, das - zusam-     turnusmäßig zu überarbeitenden Nahver-
men mit weiteren Bauvorhaben - die             kehrspläne werden separat erarbeitet, ab-
Fahrplanstrukturen in Deutschland nach-        gestimmt und politisch beschlossen. Eigent-
haltig prägen wird und heutige Mängel ur-      lich sollte damit die fachlich-organisatori-
sächlich beseitigen muss. Das Ausscheiden      sche Basis für eine moderne ÖV-Politik
der verkehrsökologisch unsinnigen „Mott-       gegeben sein. Doch ist sich die örtliche

       14                                                              HS Nr. 113
Osthessen aktuell

Politik der tatsächlichen Probleme und ih-    waren die Eisenbahnen treibende Kraft.
rer Lösungswege wirklich bewusst?             Die vorherige Praxis unzähliger verschie-
    Die realen Mobilitätsanforderungen der    dener Ortszeiten je nach Sonnenstand in
Menschen und der Wirtschaft orientieren       den Reichen der Provinzfürsten wurde zu-
sich nicht an Gemarkungs- oder Verwal-        nehmend zum Entwicklungshemmnis.
tungsgrenzen. Nötig sind integrierte Kon-     Auch heute müssen wir darauf achten, dass
zepte und eine intensive Kooperation aller    das große Mobilitätsziel einer nachhaltigen
Beteiligten. Unabhängig davon ob Hanau        wie flächendeckenden Stärkung und Wei-
kreisfrei wird – die Kooperation bei Bahn     terentwicklung des Öffentlichen Verkehrs
und Bus muss in jedem Fall gegenüber heu-     nicht durch Ignoranz, Selbstbespiegelung
te deutlich intensiviert und mit den Nach-    und Provinzialismus be- oder gar verhin-
barn in Hessen und Unterfranken regional      dert wird.
koordiniert werden.
    So sehr der Wettbewerbsgedanke in vie-    Fazit
len Politikfeldern angebracht und nützlich       Eine an verkehrlichen Zukunftsan-
ist - bei der Entwicklung des Öffentlichen    forderungen orientierte Aus- und Neubau-
Verkehrs kann die Maxime nur lauten:          strecke von Hanau nach Fulda und nach
„Kooperation statt Konfrontation“. Nach-      Würzburg bildet das Kernstück eines künf-
haltige Erfolge bei Bahn und Bus erzielt      tigen Deutschlandtaktes. Der volle Nutzen
man nie auf Kosten der Nachbarn sondern       für die Region ergibt sich nur dann, wenn
immer nur zum Mitnutzen auch der Nach-        passend dazu der Regional- und Nahver-
barn.                                         kehr auf Basis politischer Beschlüsse inte-
    Als 1893 im Deutschen Reich eine ein-     gral geplant und damit durchgreifend ver-
heitliche Zeit gesetzlich eingeführt wurde,   bessert werden kann.

Fulda beginnt mit der Beschaffung von Elektrobussen
(mk) Am 8. Oktober 2018 wurde in Fulda der erste serienmäßig beschaffte Elek-
trobus in Hessen präsentiert. Ansonsten gab es bisher Einsätze nur im Rahmen
von Probefahrten. Und natürlich bis 1972 als O-Bus, zuletzt in Offenbach.
   Der in Fulda eingesetzte Bus stammt
vom Hersteller Sileo aus Salzgitter. Sileo
hat ein Partnerwerk in der Türkei. Dort
wurde das Grund-Cassis produziert. In
Salzgitter fand die Endmontage und Aus-
stattung entsprechend den Vorgaben der
RhönEnergie-Bus Fulda statt. Der Fuldaer
Verkehrsbetrieb entschied sich für das
Gelenkbus-Modell Sileo S18 mit 18 Metern
Länge.
    Weitere Informationen zum neuen Elektro-
      bus in der nächsten Hessenschiene!            Foto: Michael Kolb

        HS Nr. 113                                                             15
Mittelhessen aktuell

Weiter rückläufiger Güterverkehr und Strecken-
sperrung im Südnetz der Kurhessenbahn
(js) Bereits seit mehreren Jahren berichten wir in der Hessenschiene über den
immer weiter rückläufigen Güterverkehr im Südnetz der Kurhessenbahn.
Mittlerweile ist praktisch kein Güterverkehr mehr zu verzeichnen. Nach Aus-
kunft der Kurhessenbahn wurde bereits im Januar 2018 die letzte Güterzugtrasse
der DB-Cargo von Gießen nach Frankenberg/Eder abbestellt, nachdem zuvor
bereits der Güterverkehr zwischen Frankenberg und Allendorf/Eder eingestellt
wurde.
    Somit ist die Burgwaldbahn ohne plan- nur noch aus wenigen
mäßigen Güterverkehr. Erst bei der Sanie- Wagenladungen Holz
rung des Bahnhofs in Frankenberg wurde    für die Firma Ante-
eine neue Ladestraße gebaut, die damit Holz in Somplar be-
ihrer Funktion beraubt ist. Nun dient der stand, wurde der Ver-
Bereich lediglich zum Abstellen von Lini- kehr nun vollständig
enbussen während der Ruhezeiten. Nach-    eingestellt.
dem der Güterverkehr bereits im vergange-    Die außerplanmäßigen Holz-Ganzzüge
nen Jahr drastisch zurückgegangen war und nach Battenberg sind nun ebenfalls Ge-

Am 26. September 2018 steht 295 095-4 der A.V.G. mit einem Schotterzug im Bf. Frankenberg/
Eder. Die Beladung des Schotterzuges für eine Gleisbaustelle bei Ederbringhausen täuscht die
Güterverladung nur noch vor. Seit Januar 2018 hat DB-Cargo die letzte Güterzugtrasse bei der
  Kurhessenbahn abbestellt. Seitdem ist der Güterverkehr eingestellt. Foto: Jürgen Schmied

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Mittelhessen aktuell

     Eine Schutzhaltscheibe versperrt seit Juni 2018 im Bf. Frankenberg/Eder die Ausfahrt
              auf die Strecke nach Battenberg.              Foto: Jürgen Schmied

schichte. Wie in der letzten Hessenschiene       wären private Güterbahnen ebenso geeig-
berichtet wurden zur Eder-Bike-Tour am 10.       net wie historische Eisenbahnvereine.
Juni noch Sonderzüge für den Fahrrad-            Allerdings können die Chancen als sehr
transport bis Battenberg eingesetzt, die         gering angesehen werden, für den abgele-
ebenfalls kaum genutzt wurden. Diese Ent-        genen Streckenabschnitt einen neuen
wicklungen haben die Kurhessenbahn dazu          Betreiber zu finden.
gezwungen, das verbliebene Reststück
Frankenberg – Battenberg der Bahnstrecke            Nicht viel besser ist die Entwicklung des
Frankenberg – Hatzfeld – Bad Berleburg           Güterverkehrs auf der oberen Lahntal-
für den Bahnverkehr zu sperren. Die Zu-          bahn. Im September kam der erste Güter-
fahrt zur Strecke wird in Frankenberg durch      zug des Jahres 2018 auf der Strecke zum
eine Schutzhaltscheibe versperrt.                Einsatz. Das Ziel des Holzzuges war wieder
                                                 der Ladepunkt Wiesenbach auf der ehema-
   Das Stilllegungsverfahren für die Stre-       ligen Strecke Wallau – Gönnern – Dillen-
cke ist unausweichlich. Danach könnte das        burg.
Streckenstück von einem neuen Betreiber
übernommen werden. Zur Übernahme

        HS Nr. 113                                                                  17
Mittelhessen aktuell

Lumdatalbahn – Gießener Kreistag beschließt
einstimmig den Beginn der Detailplanung
(fl) Am 6. September 2018 hat der Kreistag des Landkreises Gießen einstimmig
beschlossen, den Planungsprozess für die Lumdatalbahn Lollar – Rabenau-Londorf
zu beginnen. Konkret geht es um vier „Planungsmodule“, die das Reaktivierungs-
projekt bis zur Baureife voranbringen. Der Beschluss kommt dann zum Tragen,
wenn das Land Hessen bzw. der Rhein-Main-Verkehrsverbund eine Co-Finan-
zierung der Planungskosten zusagt. Eine solche Zusage steht aber in Aussicht.
   Die Einstimmigkeit des Beschlusses ist       nutzt er doch die gleichen Straßen und vor
deshalb so bemerkenswert, weil es im Vor-       allem enge Ortsdurchfahrten wie die bis-
feld doch sehr heftige Diskussionen um          herige Linie 371 auch. Zur Zeitersparnis
den Sinn des Projektes gegeben hatte. Für       steht nur die Auslassung von Haltestellen
die Zustimmung der CDU dürfte es eine           zur Verfügung. Und natürlich die Auslas-
Rolle gespielt haben, dass Ministerpräsi-       sung der oberhalb des Lumdatales gelege-
dent Volker Bouffier seinen Wohnort im          nen Kernstadt von Staufenberg, was aber
Landkreis Gießen hat und die hessische          auch nicht im Sinne des Bürgermeisters
Landesregierung der Reaktivierung positiv       dieser Stadt sein dürfte. Ziemlich isoliert
gegenüber steht.                                stand Bürgermeister Gefeller auch mit sei-
                                                nem Vorschlag da, die Lumdatalbahntrasse
   Am kritischsten wird die Lumdatalbahn        als Busspur zu nutzen.
offenbar in Lollar und Staufenberg gese-
hen. Die beiden weiter oben im Lumdatal            Das vorgeschlagene Betriebskonzept für
gelegenen Kommunen Allendorf/Lumda              die Lumdatalbahn sieht ohnehin den Er-
und Rabenau leiden derzeit am ehesten           halt einer ergänzenden Buslinie im Lumda-
unter den langen Busfahrzeiten, dort ist die    tal vor. Eine solche Linie wird für die Er-
Zustimmung am größten. Allerdings profi-        schließung der Staufenberger Kernstadt
tiert Staufenbergs Stadtteil Treis mit seiner   und peripher gelegener Stadtteile, vor al-
extrem engen Ortsdurchfahrt ebenfalls,          lem Daubringen, zweifellos auch benötigt.
wenn der Busverkehr eingeschränkt und
der PKW-Verkehr eingedämmt wird.                Lumdatalbahn-Verein vernetzt
                                                Freizeit- und Verkehrsangebote
    Staufenbergs Bürgermeister Peter Ge-
feller (SPD) macht kaum einen Hehl aus             Tourismus bedeutet mehr als die jährli-
seiner Ablehnung der Lumdatalbahn.              che Urlaubsfahrt ans Meer, den Städtetripp
Immer wieder verweist er auf die Möglich-       nach Berlin oder die Tagesfahrt an die
keit eines „Schnellbusses“, ohne jedoch         Mosel. Freizeitverkehr ist auch die Biketour
konkrete Fahrplanentwürfe oder gar Pro-         nach Feierabend, die Verabredung zur ge-
befahrten vorweisen zu können. Pro Bahn         meinsamen Wanderung, der Pferdeausritt
& Bus sowie der Verein Lumdatalbahn im          der Enkelin oder die Skatertour des Enkels.
Deutschen Bahnkundenverband halten              Alles Aktivitäten, zu denen es keine große
den „Schnellbus“ für wenig zielführend,         Kulisse braucht, dafür aber engagierte Städ-

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Mittelhessen aktuell

  Die Informationsveranstaltung des Vereins Lumdatalbahn e. V. zum Thema Tourismus- und
         Freizeitverkehre stieß auf großes Interesse             Foto: Kerstin Lotz

te und Gemeinden, die eine gute Infrastruk-    Referentin und zwei Referenten berichten
tur bereitstellen und wagemutige Unterneh-     aus ihrem Arbeitsfeld und standen für Fra-
mer oder Vereine – eben bürgerliches En-       gen zur Verfügung.
gagement im klassischen Sinn.
                                                  Achim Girsig, Geschäftsführer des Lahn-
   Der Verein Lumdatalbahn nimmt sich          Tourismus-Verbandes, beschäftigte sich mit
seit Jahren der Frage einer guten Verkehrs-    der Einbindung des Öffentlichen Personen-
erschließung im Lumdatal an. Denn all die      nahverkehrs und ging auf aktuelle Entwick-
Freizeitaktivitäten verursachen Verkehr –      lungen ein. Entlang der Lahn spielt die
und den gilt es nachhaltig zu gestalten. Das   Bahn als Transportmittel im Freizeitverkehr
Auto allein ist schon lange nicht mehr die     schon seit längerem eine besondere Rolle.
Antwort auf alle Fragen rund um die Mo-        Kirsten Steimel, Geschäftsführerin des Ver-
bilität.                                       eins regioTrend, ging der Frage nach, wel-
                                               che touristischen Schätze es im nördlichen
   Wie die Kombination der unterschied-        Landkreis Gießen zu bewahren oder zu
lichen Fortbewegungsarten gelingen kann,       heben gilt. Über den Status quo und die
was es überhaupt in der Region mit-            Entwicklungstrends aus demografischer
einander zu vernetzen gibt, darum ging es      Sicht konnte Dr. Julian Neubert, Demogra-
bei einer Informationsveranstaltung mit        fiebeauftragter des Landkreises Gießen,
dem Titel „Kleines Tal – Großes Kino“ am       berichten. Er stellte die Ergebnisse des ak-
28.09.2018 in Rabenau-Londorf. Eine            tuellen Demografieatlasses vor.

        HS Nr. 113                                                               19
Mittelhessen aktuell

Machbarkeitsstudie zur Beschleunigung der
Vogelsbergbahn im Abschnitt Alsfeld – Gießen
(hl) Ende August informierte der Landkreis Gießen, dass man für eine Untersu-
chung zur Beschleunigung der Vogelsbergbahn am 3. September 2018 eine
Kooperationsvereinbarung mit dem Vogelsbergkreis, ZOV-Verkehr (Zweckver-
band Oberhessische Versorgungsbetriebe) und dem RMV abschließen werde.
   Die Zielsetzung der Studie sind kürzere     Gespräch wurde aber der Eindruck er-
Fahrzeiten zwischen Alsfeld und Gießen         weckt, dass ohne sehr hohe Investitionen,
und darüber hinaus in das Rhein-Main-          in Verbindung mit einer Elektrifizierung,
Gebiet, eine Untersuchung zum Ausbau           keine nennenswerte Beschleunigung mög-
der Schieneninfrastruktur und die Förder-      lich ist. Jetzt wird es spannend sein zu er-
fähigkeit solcher Maßnahmen. Der RMV           fahren, zu welchem Ergebnis diese Studie
übernimmt dabei federführend die Abstim-       kommt und in welchem Maße die an sich
mungen mit einem Ingenieurbüro und den         klammen Gebietskörperschaften entlang
Kooperationspartnern. Für die Studie sind      der Strecke, welche sich teilweise unter dem
Kosten von 60.000 Euro veranschlagt,           Rettungsschirm befinden, bereit sind, sich
RMV und ZOV übernehmen 50%, von                finanziell zu engagieren.
den Restkosten übernimmt der Vogelsberg-
kreis 2/3 und der Landkreis Gießen 1/3.            Sechs Wochen vor der hessischen Land-
                                               tagswahl wollte sich auch wieder einmal die
   In einer Pressemitteilung vom 2. August     CDU im Vogelsbergkreis beim Thema
2017 hatten die GRÜNEN des Vogelsberg-         ÖPNV und schnelle Verbindungen ins
kreises genau auf diese, jetzt formulierten,   Rhein-Main-Gebiet einbringen. So forder-
Untersuchungsziele aufmerksam gemacht.         te der CDU-Landtagskandidat für den
Am 28.12.2017 wurde eine Pressemitteilung      Vogelsbergkreis und Laubach, Michael
über ein Gespräch zwischen dem CDU-            Ruhl, als schnelle Verbindung dieser Regi-
Landtagsbewerber Alexander Heinz aus           on den Wiederaufbau der vor 60 Jahren
Alsfeld und der Verkehrsgesellschaft Ober-     stillgelegten und abgebauten Bahnlinie
hessen (VGO) zur Situation des ÖPNV im         Mücke-Hungen.
Vogelsbergkreis veröffentlicht. In dem
                                                  Dieses Wolkenkuckucksei erinnert an
                                               eine vor einigen Jahren ebenfalls von der
                                               CDU zu Wahlkampfzeiten vorgeschlagene
                                               Magnetschwebebahn auf der Trasse der
                                               Vogelsbergbahn. Bei dieser Sachkenntnis
                                               einiger Entscheidungsträgern kann man
                                               davon ausgehen, dass die Rahmenbe-
                                               dingungen für die Weiterentwicklung des
                                               ÖPNV in dieser Region nicht gerade un-
                                               ter einem guten Vorzeichen stehen.

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Mittelhessen aktuell

Modernisierung des Bahnhofs Grünberg
(hl) Der Bahnhof Grünberg wird derzeit zu einer barrierefreien Verkehrsstation
umgebaut. Die Bausumme der gesamten Maßnahme wurde mit 3,3 Mio. Euro
veranschlagt. Finanziert wird der Umbau aus Mitteln von Bund, Land, RMV
und der Stadt Grünberg. Bereits im Jahre 2013 hatte das Grünberger Parlament
einen Eigenanteil von 302.000 Euro zum Umbau der Verkehrsstation bewilligt,
deren Umsetzung für 2016 anvisiert wurde.
   Pünktlich mit dem Beginn der Strecken-    gen. Bereits zehn Tage später waren alle
sperrung rollten ab Montag, dem 9. Juli      neuen Bahnsteigkanten und Fundamente
2018 am Bahnhof die Bagger zum Umbau         für die neuen Wartehäuschen gesetzt und
in eine barrierefreie Verkehrsstation. Er-   es wurde mit der Veränderung der Entwäs-
richtet wurden zwei 55 cm hohe Außen-        serung und Verkabelung begonnen. Auch
bahnsteige von je 140 Metern Länge, zwei     die beiden Gleise 1 und 2 wurden während
Aufzügen zu den Bahnsteigen und neue         der bestehenden Streckensperrung voll-
Wartehäuschen mit Automaten. Ferner er-      ständig erneuert, und die neuen Bahnstei-
folgte die Renovierung der Unterführung.     ge für die neue Beleuchtungen vorgerüstet.

   Da sich der Bahnhof einseitig an die        Ab dem 30. Juli, dem Ende der Strecken-
Wohnbebauung anschließt und an Sams-         sperrung, waren als Interimslösung zur
tagen sowie Sonntagen rund um die Uhr        Betriebsaufnahme an beiden Gleisen
gearbeitet zu arbeiten war, wur-
de stadtseitig zur Lärmmin-
derung eine spezielle ca. 4 Me-
ter hohe Lärmschutzwand er-
richtet, welche den Lärm um ca.
30 Dezibel vermindern soll.
Bereits am Nachmittag des ers-
ten Arbeitstages hatte man den
größten Anteil der ursprünglich
vorhandenen alten Bahnsteig-
überdachungen und die meisten
alten Bahnsteigkanten abgetra-

 Umfangreiche Bauarbeiten fanden
im Juli 2018 im Bahnhof Grünberg
        statt. Die Bahnsteiganlagen
          wurden komplett erneuert

               Foto: Horst Lorenz

        HS Nr. 113                                                            21
Mittelhessen aktuell

Die Unterführung zu Gleis 2/3 wird ebenfalls     Ende Juli fuhren die Züge der Hessischen
erneuert und mit Aufzügen versehen. Rechts      Landesbahn wieder an die provisorisch fertig
        die neuen Bahnsteigkanten                          gestellten Bahnsteige

jeweils 90 Meter Bahnsteig fertiggestellt. Da   ße zu erreichen, der einfache Weg beträgt
aber die Unterführung noch bis Ende No-         vom Empfangsgebäude zur Straße ca. 100
vember gesperrt sein wird, werden die Rei-      Meter und die gleiche Wegstrecke jenseits
senden mit kleinen Informationszetteln          der Bahn wieder zurück zum Bahnsteig.
(DIN A4) an den Absperrungen auf die            Die restlichen Baumaßnahmen an den
neuen Bahnsteigzugänge hingewiesen. Der         neuen Bahnsteigen waren bis Ende Septem-
Zugang zu Gleis 1 (Richtung Fulda) erfolgt      ber abgeschlossen. Die Montage bzw. In-
rechts am Gebäude vorbei. Das Gleis 2           betriebnahme der Aufzüge wird sich noch
(Richtung Gießen) ist allerdings nur über       bis zum Jahresende hinziehen.
den Bahnübergang in der Londorfer Stra-

   Der Umbau hat für die Fahrgäste weite
  Umwege zur Folge. Gleis 2 ist wegen der
gesperrten Fußgängerunterführung nur über
den rund 100 Meter entfernten Bahnübergang
               zu erreichen
            Fotos: Horst Lorenz

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Mittelhessen aktuell

Narrenhände beschmieren Türen und Wände
Bahnhof Mücke verkommt zusehends
(hl) Wie schon mehrfach in der Hessenschiene berichtet, hat sich in den vergan-
gen Jahren nach dem Abzug des hier eingesetzten örtlichen DB-Personals und
Wegzug der Mieter am Bahnhof Mücke eine Szene etabliert, die weder mit
Sauberkeit noch mit den üblichen Gepflogenheiten vertraut ist.
   So berichtete z.B. am 7. Juni 2017 auch      In der öffentlichen Ortsbeiratssitzung
die Alsfelder Allgemeine Zeitung, dass       am 3. Juli 2018 informierte der neue Bür-
überall im Bahnhofsumfeld Flaschen von       germeister Andreas Sommer die Anwesen-
alkoholischen Getränken und sonstiger        den darüber, dass man in der Zwischenzeit
Müll herumliegen, obwohl vielfach die        in dieser Sache eine Anzeige wegen Sach-
Mülleimer nur wenige Meter entfernt sind.    beschädigung erstattet habe. Eigentlich
In der letzten Juniwoche hat der Vandalis-   hätte man erwarten können, dass man sich
mus nun auch die Schmerzgrenze des Ei-       seitens der Gemeinde ernsthaft Gedanken
gentümers, der Gemeinde Mücke, über-         macht, um sein erworbenes Gebäude vor
schritten. Obwohl sich die Gemeinde-         Vandalismus zu schützen. Dabei könnte
verwaltung in unmittelbarer Nachbarschaft    man doch z.B. einfach eine modifizierte
zum Bahnhof befindet, musste das örtliche    Bahnhofsordnung von DB Station & Ser-
Pro Bahn &Bus-Mitglied den Gemeinde-         vice auch als eigene Hausordnung überneh-
vorstand und den Ortsbeirat mit Fotos von    men und hätte die entsprechenden rechtli-
den aktuell stattgefundenen Sachbeschädi-    chen Grundlagen. Aber im Gegenteil, in
gungen an der schienenabgewandten            der vorausgegangenen Diskussion der
Bahnhofseite unterrichten.                   Ortsbeiratsmitglieder wurde sogar geäu-
                                                                      ßert, dass man die
                                                                      Situation     am
                                                                      Bahnhof sowieso
                                                                      nicht in den Griff
                                                                      bekommen kön-
                                                                      ne und man froh
                                                                      sein möge, dass
                                                                      sich nunmehr of-
                                                                      fensichtlich der

                                                                      Zahlreiche
                                                                      Sprayereien
                                                                      verunstalten das
                                                                      Bahnhofsgebäude
                                                                      Mücke

                                                                      Foto: Horst Lorenz

        HS Nr. 113                                                            23
Mittelhessen aktuell

Vandalismus mit allen Ne-                                            Wie es dann Anfang
benwirkungen vom Gelän-                                           August bei den Müllei-
de der Gesamtschule weg                                           mern am Bahnhof Mü-
verlagert habe.                                                   cke aussah, sieht man auf
                                                                  diesen Fotos. Als genau
   Wenn ein Reisender                                             in diesem Zeitraum in
über den Bahnhof eine Ge-                                         Facebook erneut das
meinde erreicht, so gewinnt                                       Thema Müll am Bahn-
er die ersten Eindrücke von                                       hof Mücke aufgegriffen
dieser Gegend. Mit diesen                                         wurde, antwortete Bür-
Sachverhalten dürfte der                                          germeister Sommer:
aktuelle Slogan der Ge-
meinde „Hessens Mitte-                                            „Aber hier hat die Gemein-
Mücke“ schon bedrückende                                          de Teile des Geländes ge-
Empfindungen hervorru-                                            kauft, daher ist die Frage
fen.                                                              aufgrund des Kaufvertrages
                                                                  zu prüfen“.
Mülleimer am Bahnhof                                                 Es ist wohl eher un-
sollen nicht mehr von                                             wahrscheinlich,        ob
der Gemeinde geleert                 Kein schöner Anblick:        RMV, VGO oder die
werden                          Überquellende Abfallbehälter am   örtlichen Busunterneh-
                                Bahnhof Mücke Fotos: H. Lorenz    men die Mülleimer an
    Der neue Mücker Bür-                                          den Bushaltestellen lee-
germeister Andreas Som-                                           ren. Somit bleibt es span-
mer lässt Mitte Juli - ohne                                       nend, wie es zukünftig in
parlamentarischen Be-                                             Mücke mit dem Thema
schluss - zur Kostenein-                                          „Mülleimer im ÖPNV“
sparung für die Mülleimer-                                        weitergeht. Vielleicht ist
leerung und Müllentsor-                                           es einfach ein Naturge-
gung die gemeindlichen                                            setz, dass die Mehrzahl
Mülleimer an allen öffent-                                        der kommunalen Ent-
lichen Plätzen der Groß-                                          scheidungsträger den
gemeinde abbauen. Ausge-                                          ÖPNV nur aus der
nommen blieben Kinder-                                            Windschutzscheibenper-
gärten sowie Bus- und                                             spektive kennen und ihm
Bahnhaltestellen. Sein Face-                                      daher nur einen unterge-
bookeintrag zur Zuständig-                                        ordneten Stellenwert zu-
keit von Bus- und Bahn-                                           weisen. Von den damit
haltestellen:                                                     verbundenen Vereinba-
Andreas Sommer „Ja, natür-                                        rungen bzw. Gesetzmä-
lich, da ist der ÖPNV zustän-                                     ßigkeiten ganz zu
dig“.                                                             schweigen.

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Rhein-Main aktuell

Fahrverbote für Kraftfahrzeuge in Frankfurt
(ac) Am 5. September 2018 hat das Verwaltungsgericht in Wiesbaden ein von
vielen befürchtetes, von anderen erhofftes, aber eigentlich von allen so erwarte-
tes Urteil gefällt: In Frankfurt am Main wird es Fahrverbote für verschiedene
Diesel- und Benzinfahrzeuge geben.
    Innerhalb des Autobahnringes, also im         Was bedeutet dies für
Gebiet der heutigen Umweltzone, dürfen         den Verkehr in Frank-
ab dem 1. Februar 2019 keine Diesel-           furt? Die betroffenen
fahrzeuge mit Euro-Norm 4 oder weniger         Autobesitzer (darunter
sowie keine Benziner mit Euro 1 oder 2         auch Handwerker, Ge-
mehr einfahren. Ab dem 1. September 2019       werbetreibende, Liefer-
betrifft dies auch Dieselfahrzeuge mit Euro-   dienste und Taxifahrer)
Norm 5.                                        müssen sich innerhalb des nächsten Jahres
    Betroffen sind davon 75.000 von insge-     entweder ein neues, den Bestimmungen
samt 334.000 in Frankfurt zugelassenen         entsprechendes Auto zulegen oder das
Fahrzeugen, also ein Anteil von 22,5%.         Fahrzeug nachrüsten. Die Nachrüstung
Hinzu kommen natürlich noch die Fahr-          kostet je nach Fahrzeug zwischen 1.500 und
zeuge der Einpendler nach Frankfurt.           2.500 Euro. Die von vielen Politikern jetzt
Insgesamt ist das also nicht ganz so drama-    geforderte Nachrüstung auf Kosten der
tisch wie anfangs befürchtet, als von der      Autoindustrie ist wohl höchstens bei den
Hälfte aller Fahrzeuge gesprochen wurde,       Fahrzeugen realistisch, bei denen durch ent-
die vom Fahrverbot betroffen seien.            sprechende Software von den Herstellern
          Frankfurt: Fahrzeuge mit schlechten Abgaswerten dürfen nicht mehr fahren

        HS Nr. 113                                                                   25
Rhein-Main aktuell

bei den Abgaswerten „geschummelt“ wor-         Aber pikanterweise sind gerade diese auch
den war.                                       vom Fahrverbot betroffen. Rund 75% der
                                               Linienbusse, die durch Frankfurt fahren,
   Eine andere Möglichkeit besteht darin,      halten die geforderte Euro-Norm nicht ein
dass die betroffenen Pkw-Besitzer ihr Fahr-    und müssen mit entsprechenden Filtern
zeug abmelden und künftig die öffentlichen     mittels selektiver katalytischer Reduktion
Verkehrsmittel benutzen. Aber auch das ist     (SCR) nachgerüstet werden. Das kostet laut
problematisch, da in Frankfurt der öffentli-   Experten rund 5.000 bis 7.500 Euro pro
che Nahverkehr an seiner Kapazitätsgrenze      Fahrzeug. Die Omnibusse sind ein Teil des
angelangt ist und ohne große Investitionen     Problems.
auch kaum neue Kapazitäten geschaffen
werden können. Und selbst wenn das Geld           Das Gericht hat außerdem der Stadt
da wäre – solche Maßnahmen (neue Tras-         Frankfurt auferlegt, die Parkgebühren in
sen, neue Fahrzeuge) dauern Jahre bis zu       Frankfurt zu erhöhen und für weitere Park
ihrer Realisierung. Am schnellsten geht da     & Ride-Plätze am Stadtrand zu sorgen.
noch die Beschaffung neuer Omnibusse.

  Kommentar:
  Die Grenzwerte von 40 Mikrogramm Stickoxiden (NOx) pro Kubikmeter Luft
  sind seit vielen Jahren bekannt. Getan hat die Politik – nicht nur in Frankfurt,
  sondern auch beim Land und beim Bund – so gut wie nichts. Die Entwicklung bei
  den Elektrofahrzeugen mit Batterie, an die sich alle klammern, verläuft viel zu
  zögerlich. Stattdessen hätte man schon längst die Wiedereinführung des erprobten
  Betriebes mit Oberleitungsbussen angehen sollen, denn der batteriebetriebene
  Elektrobus steckt noch in den Kinderschuhen und wird noch viele Jahre benöti-
  gen, bis er betrieblich ausgereift und kostenmäßig konkurrenzfähig ist.

     Der Frankfurter Verkehrsdezernent Klaus Oesterling antwortete auf eine
  entsprechende Anfrage am 13. Juni 2017, dass die finanziellen und planungs-
  rechtlichen Vorbereitungen für einen Betrieb mit Oberleitungsbussen erheblich
  seien. So ist ein Planfeststellungsverfahren notwendig. Man wolle daher lieber
  akkubetriebene Elektrobusse sowie Elektrobusse mit Reichweitenverlängerung
  über wasserstoffgespeiste Brennstoffzellen testen.

     Dies ist ein Beispiel, wie sich die Politik bisher vor richtungsweisenden Ent-
  scheidungen gescheut hat. Aber meiner Meinung nach geht es nicht anders, man
  muss nun nach dem Gerichtsurteil auch Entscheidungen treffen, die nicht allen
  gefallen werden.

     Andreas Christopher

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