HOC H HINAUS www.alpenverein-salzburg.at - Österreichischer Alpenverein
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HOC H H I N AU S in -s al zb urg. at | w w w.a lp enve re 26 0 | D ez em be r 20 20 lz bu rg – M ag az in | A us ga be A lp enve re in Sa HOCH HINAUS HOCH Hinaus |260 1
Editorial V Für die Wintersaison ist wohl artig zum Mainstream und mit Ähnlichem zu rechnen: Ärger bei Jägern, Waldeigen- Gleichsam als Frühwarnsys- tümern und Naturschützern tem meldete die Outdoor- ist vorprogrammiert. Branche außergewöhnliche starke Nachfragen nach Ich appelliere daher drin- or einem guten Jahr Skitourenausrüstungen und gend an das Verantwor- / gestaltete der Alpen- Schneeschuhen. Überfül- tungsbewusstsein und die E N G I N E E R E D I N T H E verein Salzburg im Rah- lungstendenzen an den be- Vernunft unserer Mitglieder. men des Bergfilmfestivals kannten Skitouren-Hotspots Das mindeste ist, sich an D O L O M I T E S einen Diskussionsabend. sind daher unbedingt zu Regeln zu halten, die einem Wir stellten uns damals erwarten. schon der Hausverstand die Frage, ob es nach dem Ein starkes Motiv für eingeben sollte, und die ihr vielbeklagten „Overtourism“ „Auskenner“ also, in weni- ab Seite 26 dieses Heftes nun auch zum „Overmoun- ger frequentierte Gefilde nachlesen könnt. taineering“ in den Bergen auszuweichen? Bei näherer Der wahre Könner und die kommt. Betrachtung kann diese Pa- wahre Könnerin aber werfen Die Erkenntnis war, dass tentlösung nicht immer der einen Blick auf die Ruhe- es großer Anstrengungen Weisheit letzter Schluss sein. zonenkarte der Salzburger bedarf, in bestimmten, Unabsichtlich und von uns Landesregierung und besonders stark nachgefrag- im Allgemeinen auch kaum optimieren mit dieser Hilfe ten Gebieten, zu geordneten bemerkt bringen wir damit die Tourenplanung (https:// Verhältnissen zu kommen. den im Winter besonders www.salzburg.gv.at/sagis- Dabei konnten wir nicht empfindlichen alpinen Na- mobile/sagisonline/, Kar- ahnen, dass sich wegen turraum in große Bedräng- tenthema: Wildruhezonen). der sattsam bekannten nis, allem voran natürlich BESTE AUSWAHL UND BERATUNG FÜR DEIN BERGSPORTERLEBNIS Rahmenbedingungen der die Tierwelt. Ich wünsche Euch allen eine sommerliche Freizeit- und Ganz arg wird es dann, wenn schöne Wintertourensaison FURTHMÜHLSTRASSE 34, BERGHEIM BEI SALZBURG Reisehunger noch ungleich die alpinen Heldentaten – mit Genuss, Respekt und stärker als gewohnt auf die in den sozialen Medien Verantwortung gleicherma- alpinen Regionen konzent- ausgebreitet werden – der ßen! ÖFFNUNGSZEITEN rieren würde. Geheimtipp mutiert blitz- Euer Roland Kals MONTAG: 10.00 - 18.00 UHR DONNERSTAG BIS SAMSTAG: 10.00 - 18.00 UHR 2 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 3
Live aus dem Vereinsleben Winter-Ausgabe Nr. 260– Dezember, Jänner, Februar 2020/21 Titelseite: Markus Pichler auf dem Weg zum Watzmannkar Skischartl HOCH HIN AUS (Foto: Harald Wieser) HOCH HINAUS Alpenverein Salzburg – Magazin | Ausgabe 260 | Dezember 2020 | www.alpenv erein-salzbu rg.at VERZICHT INHALT Der heurige Sommer zeigte, was von Jens Badura Etwa zum Schutz von Wildruhezonen, geschieht, wenn wirklich sehr viele zur Lawinenprävention oder zur Nerven- Menschen nicht darauf verzichten wollen, schonung angesichts erwartbarer Karawa- in die Berge zu gehen. Es wurde auf nenwanderatmosphäre. Verzicht bedeutet HOCH Hinaus |260 1 manchem Gipfelplateau so eng, dass die gemäß der klassischen Wortbedeutung, Einhaltung der coronagebotenen Ab- etwas nicht zu beanspruchen – was standsregeln ein erhebliches Absturzrisiko voraussetzt, dass eigentlich ein Anspruch zur Folge gehabt hätte. Und einschlägige besteht, der aber aus bestimmten Grün- Bergsportnutzräume im Bergnaturraum den nicht wahrgenommen wird. 29 Live Aus dem Vereinsleben wurden von der schieren Menge an So gesehen wäre der Verzicht auf Bergzeit Die Alpingeier NICHT unterwegs Bergnaturliebhabern und deren Berg- die Nichtwahrnehmung des Anspruchs zeitansprüchen von der Talsohle bis zum auf Bergzeit. Ist es aber ausgemacht, dass 30 berg erleben Höhenziel nachhaltig in ihrer carrying ca- Menschen den Anspruch haben, sich in Von Allem etwas pacity herausgefordert. Overmountainee- und auf den Bergen zu tummeln – und ist 34 Vorgelesen ring live gewissermaßen – und von einem der derzeitige Run auf die Berge letztlich Buchtipps für Lesebegeisterte entsprechenden Klagediskurs flankiert. nur ein Lenkungsproblem, denn Platz 03 EDITORIAL Dass sehr viele Menschen auch sehr wäre ja genug für all die montanaffinen Roland Kals 36 Kurz & Bündig viele Spuren hinterlassen, allenfalls Anspruchsinhaber? 05 Live Aus dem Vereinsleben Gemeinsam die Gaißau genießen Dichtestress generieren und so Konflikte Vielleicht ist es aber an der Zeit, offen zu Verzicht provozieren, ist nicht neu. diskutieren, woher sich dieses Anspruchs- 38 berg erleben Es mangelt daher auch nicht an guten denken speist. Und die Möglichkeit zu 07 alpin-Philosophicum Die „Venedigerkrone“ Ratschlägen, wie man das diesbezügli- bedenken, ob nicht hinter der selbst- Die günstige Gelegenheit 40 Programm che Folgenkonglomerat bergsportlicher verständlichen Bergzeitbeanspruchung 10 Hintergründe Wanderungen, Touren, Ausflüge und Aktivitäten möglichst verträglich gestalten und der massiven, zwischen Trend und Wetterküche Salzburg Veranstaltungen-Kompakt und Informativ könnte und sollte. Trieb vollzogenen Anspruchseinlösung Nicht zuletzt die Alpenvereine engagieren vergessen geht, dass die Berge schlicht 16 berg erleben 53 Live Aus dem Vereinsleben sich dahingehend durch ihr ausgiebig ein Geschenk sein könnten. Einsame Winterberge in Armenien Infos aus der Geschäftsstelle betriebenes Unterweisungsprogramm, Auf Geschenke hat man keinen Anspruch. 22 Live Aus dem Vereinsleben 54 Alpine ausbildung das Motivation und Mahnung stets Doch kann man sich an ihnen freuen und Jahreshauptversammlung 2020 Aktuelle Kurs-Infos bergfexzugewandt zu versöhnen bemüht dankbar sein, dass es sie gibt. Zuweilen 24Vorstellung Magdalena Schimke ist. Und manchmal wird gar der Verzicht auch ohne Spuren zu hinterlassen. nahegelegt. 26 Winterruhe Respekt. Gedanken. 16 38 201920008 Jens Badura ist habilitierter Philosoph, Kulturproduzent - gedruckt nach der Richtlinie und Publizist. Er leitet das "Druckerzeugnisse" des berg_kulturbüro in Berchtes- Österreichischen Umweltzeichens, UW-Nr. 837 gaden, lehrt an der Zürcher Hochschule der Künste und Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Alpenverein Salzburg forscht am Institut Kulturen Redaktionsteam: Roland Kals, Elisabeth Katzengruber, Karl Regner, Hans Steyrer, Gudrun Wallentin und Harald Wieser. Nonntaler Hauptstraße 86, der Alpen der Uni Luzern. A-5020 Salzburg / Grafik: Christian Pichler / Produktion: Samson Druck GmbH, Samson Druck Straße 171, A-5581 St. Margarethen i. Lungau www.bergkulturbuero.org Verlags- und Herstellungsort: Salzburg, Erklärung nach § 25, Abs. 4 Mediengesetz 1981: „HOCH HINAUS“ ist die Vereinszeitschrift des Alpenvereins Salzburg. In ihr vertritt der Verein seine Interessen in der Öffentlichkeit. Sie dient dem Erreichen der Vereinsziele, der Information sowie der Kontaktpflege und Meinungsbildung. Offenlegung nach § 25, Abs. 1–3 Mediengesetz 1981: Alpenverein Salzburg: Nonntaler Hauptstraße 86, A-5020 Salzburg (100 %), Vorsitzender: Roland Kals, Ausgabe Nr. 260–Dezember, Jänner, Februar 2020/21 FOTOGruppe Gerhard Bluhm, „Tierspur“. 4 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 5
Alpin-Philosophicum Die günstige Gelegenheit Text & Fotos: Harald Wieser STARTE IN DIE SKITOURENSAISON E s gibt Chancen im Le- heiten können unser Leben sind flüchtig, man muss sie der fähige Staatsmann da- ben, die kommen nie verändern. Ganz plötzlich „am Schopf“ packen, sonst durch aus, dass er eine güns- wieder. Es gilt, sie zu tun sie sich auf, treten uns huschen sie an einem vor- tige Gelegenheit, eine „occa- ergreifen – oder nicht. In der schicksalhaft gegenüber. bei und von hinten kann sio“ (lat. für Kairos), beherzt Antike galten sie als gottge- Was bleibt ist die Entschei- man sie, kahl und glatt, nicht ergreift. Wenn wir immer nur 4ER TOURENSKI-SET SKI, FELL, BINDUNG + SCHUH geben. dung: Ergreifen wir sie – oder mehr festhalten. zögern, ziehen die Gelegen- LAWINEN- Heute versuchen wir mehr eben nicht. Der Mythologie nach ging heiten an uns vorüber. RUCKSACK denn je, günstige Gelegen- Kairos ein Bündnis mit den Was eine Gelegenheit aus- SET 1 LIGHT REMOVABLE Völkl Rise 80 heiten selbst zu schaffen. Im antiken Griechenland Handelnden ein, die die macht, ist ihr flüchtiger Cha- AIRBAG 3.0* + Marker F10 Tour Eines ändert sich dabei al- kannte man zwei Gotthei- Gunst der Stunde zu nutzen rakter. Das Leben besteht + Dynafit Seven Summits + + inkl. Kartusche, Fronttasche für Lawinensicherheitsausrüstung, lerdings nicht: Wir müssen ten für die Zeit, die eine war vermochten. Bei Homer ver- aus der Aneinanderreihung diagonale Skibefestigung statt € 1159,97 sie nutzen. Werfen wir also „Chronos“, der Gott der lan- half der Gott dem Helden, einer Vielzahl solcher Gele- 8% € 599,99 gen Zeit, die andere „Kai- einem Feind den Todesstoß genheiten. In gewisser Weise -4 Marker F10 Tour Dynafit Seven Summits statt € 769,98 einen Blick auf besondere € 599,99 2% Momente! ros“, der Gott des günstigen zuzuführen, bei Platon lenk- ist es selbst eine Chance, die -2 SET 2 Völkl Rise 80 Plötzlich ging die Wolken- Augenblicks. Künstlerische ten Tyche (das Schicksal) wir ergreifen können – oder + Marker Alpinist 9 decke auf, die Sonne durch- Darstellungen zeigen ihn mit und Kairos das menschliche nicht. Die Gelegenheit stellt + + inkl. Stopper + Fischer Travers TS oder oder Dynafit Seven Summits brach die dicke Nebelschicht Flügeln an den Füßen, einer Leben. etwas in Aussicht, das wir und warf ein glitzerndes Stirnlocke und einem kahlen Für Niccolò Machiavelli noch nicht kennen. Man weiß 4% statt € 1209,97 € 799,99 Dynafit Licht auf die verschneiten Hinterkopf: Gelegenheiten (1469–1527) zeichnet sich nicht, ob sie hält, was sie ver- -3 Marker Alpinist 9 Fischer Travers TS Seven Summits 3ER LAWINENSET Hänge. Ein Moment der spricht; das erklärt unser Zö- SET 3 BARRYVOX Schwebe. Die eigene Irritati- gern. Ob sie wirklich günstig Völkl Rise 80 PACKAGE + Marker Alpinist 9 on lässt nach, weicht der in- war, erkennen wir erst, nach- + + inkl. Stopper Mit Schaufel, Sonde und + Fischer Travers GR LVS-Gerät nerlichen Freude, die sich zu dem wir sie genutzt haben. statt € 359,99 einem Lächeln hin ausbrei- Jede Gelegenheit fordert 6% statt € 1359,97 % € 999,99 Fischer My Travers / € 329,99 tet. Jetzt kann der Aufstieg eine Entscheidung. Wir müs- -9 Marker Alpinist 9 -2 Fischer Travers GR losgehen. Ein Moment des sen wählen – und wir tragen *Gültig solange der Vorrat reicht! Zögerns und die Gelegen- die Verantwortung für unse- heit kann vorbei sein. Und re Wahl. Zudem hat sie eine BESUCHE EINEN UNSERER 30 SHOPS AN 9 TOP-STANDORTEN IN ÖSTERREICH womöglich wirst du sie nie Art Ablaufdatum und be- Bründl Sports McArthurGlen Designer Outlet, Kasernenstraße 1, 5073 Wals, +43.662.85726-511, outlet-salzburg@bruendl.at WIR wiederbekommen. Nie wie- steht nur für einen bestimm- Bründl Sports Flagshipstore, Nikolaus-Gassner-Str. 4, 5710 Kaprun, +43.6547.83 88, kaprun@bruendl.at B EW EG EN der. Vielleicht, ja vielleicht … ten Zeitraum. Warten wir bruendl.at M EN S C H EN einen anderen Winter wie- zu lange, existiert sie nicht der. Womöglich wirst du es mehr. >> nie herausfinden. Gelegen- 6 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 7
Alpin-Philosophicum Alpin-Philosophicum Kairos verleiht der Zeit selbst Augenblicke schuf oder Heute versuchen wir in im- ten. Meteorologisch ausge- Ende der Schneefälle ist ist, garantiert keineswegs, nur, wie Machiavellis „Fürst“, um etwas anderes zu tun. einen Wert. Das „Jetzt-oder- nicht. An die Stelle des mer mehr Bereichen unseres wertet, berechnet, möglichst abzusehen, dann muss man dass es zukünftige Zeitpunk- die günstigen Gelegenheiten Für Heinrich Heine kein nie-Etikett“. Somit existiert Schicksals trat für den mo- Lebens, diese Kontingenz viele Unwägbarkeiten elimi- irgendwann trotzdem wei- te geben wird, die günstiger ergreifen, wenn sie sich uns Grund für Traurigkeit: „Die ein günstiger Augenblick nur dernen Menschen die Kon- unter Kontrolle zu bekom- niert. Indem wir uns solche ter. Dann gibt es eben kei- sein werden. Ähnliches gilt bieten. Vielmehr müssen wir Göttin der Gelegenheit, / im Hinblick auf etwas, das tingenz, also der Status von men. Wir wollen uns güns- günstigen Gelegenheiten nen „günstigen Augenblick“. für zahlreiche Lebenssituati- manchmal auch dann han- Wie’n Zöfchen, flink und man tun kann. Tatsachen, deren Bestehen tige Gelegenheiten selbst selbst schaffen, glauben wir, Man geht einfach los, man onen. deln, wenn die Gelegenheit heiter, / Kam sie vorbei und Der Sprung in einen unver- gegeben und weder notwen- erschaffen. Wetterberichte unsere Chancen, ein optima- ergreift von der Gelegenheit Wer immer nur auf den nicht so günstig ist. Es kann sah uns stehn, / Und lachend spurten Hang kann so oder dig noch unmöglich ist. Eine sowie Vorhersagen über les Ergebnis zu erlangen, zu Besitz, auch wenn der Zeit- günstigen Zeitpunkt wartet, auch gute Gründe geben, ging sie weiter.“ so ausgehen. In der antiken gute Gelegenheit „ergibt“ Schneelage und -beschaf- erhöhen. Aber so einfach ist punkt nicht „günstig“ war. läuft Gefahr, handlungsun- eine günstige Gelegenheit Welt war es gottgegebenes sich, man hat eben Glück ge- fenheit nehmen uns einige dem Kairos nicht beizukom- Dafür spricht eine einfache fähig zu werden, weil Kairos verstreichen zu lassen. Aber Schicksal, das für den „Kai- habt, es hätte auch anders Entscheidungen ab, auf den men. Physik und Mathematik Überlegung: Dass der aktu- eben nie auftaucht. So be- nicht, um auf eine günstigere ros“ sorgte, das günstige gehen können. günstigen Moment zu war- können vielleicht Gelegen- elle Zeitpunkt nicht günstig trachtet müssen wir nicht zu warten, sondern schlicht, heiten schaffen, ergreifen müssen wir sie noch immer selbst. Manchmal denken wir, dass jeder die Gelegenheiten bekommt, die er verdient. Kairos winkt dem Tüchtigen sozusagen. Tatsache ist, man kann günstige Augenblicke nicht erzwingen. Wir können lediglich die Voraussetzung schaffen, Kairos erscheinen zu lassen. Oft warten wir auf eine güns- tige Gelegenheit. Dieses Warten kann sinnvoll sein, wenn man in der Lage ist, ein bestimmtes Geschehen zu überblicken. Wenn etwa dichter Schnee- fall herrscht, aber ein Ende der Schneefälle absehbar ist, dann empfiehlt es sich zu warten, bevor man los- geht. Geschieht dies wäh- rend einer Tour und kein 8 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 9
HINTERGRÜNDE HINTERGRÜNDE ist als auf der anderen. Physikalisch Wetterküche entsteht das immer dann, wenn ein Hindernis so breit ist, dass es für die anströmende Luftmasse leichter ist, über das Hindernis zu „schwappen“ als es zu umrunden. Auf jener Seite, an Salzburg der sich die Luftmasse staut, sammelt sich die feuchte und wolkenreiche Luft, die mehr oder weniger stark zu Regen oder Schneefall neigt und mit schlech- ter Sicht und Nebel auf den Bergen einhergeht. Auf der anderen Seite – im Lee – sinkt die Luft immer ab, wodurch die Luftmasse regelrecht austrocknet. Die Sicht wird dadurch schlagartig bes- ser, die Wolken lösen sich auf und die Gipfel werden frei. Einziger Nachteil für den Bergmenschen im Lee ist oft nur Abbildung 1 A–C: AROME Prognosekarten für den 02.10.2020. Von oben nach der Wind oder der Sturm. unten: Niederschlag, Bewölkung und Windböen. In der Niederschlagskarte ist als Mit den dominanten Wetterbarrieren rote Linie die „Wetterscheide Alpenhauptkamm“ eingezeichnet. ergeben sich in Salzburg zwei ausge- prägte Wetterlagen, der Südföhn und der Nordföhn. Der Südföhn ist wär- mer und transportiert manchmal auch Wüstensand, da die Luft weit aus dem Süden kommt. Der Nordföhn ist nicht selten bitterkalt, weil der starke Wind die an und für sich schon kalte Luft- masse aus dem hohen Norden zusätz- lich noch kühlt (Wind-Chill). Zwei Beispiele aus dem Leben gegrif- fen: Klassische Südföhnlage: Die Wetterkarten für den 02.10.2020 (Abbildungen 1 A–C) zeigen Nieder- Foto: Hans Steyrer, Morgenrot am 17. Dezember 2019, Blick von Siezenheim Richtung Osterhorngruppe schlag, Bewölkung und Windböen. Altocumulus Lenticularis Wolken, kräftiger Föhn (60 km/h) in der Stadt Salzburg, Tmax 19,6° - eine Woche vor Weihnachten. Dargestellt ist die Prognose eines hoch- auflösenden Wettermodells der ZAMG Abbildung 1 B: Bewölkung Land der Wetterscheiden in Zeiten der starken Veränderung mit einer räumlichen Auflösung von 2,5 km. Das Modell wird permanent alle drei Stunden neu gerechnet und simu- von Bernhard Niedermoser Wetterscheiden, also die organisierten nerseits die Nordalpen (vom Wilden liert hochauflösend die kommenden Gebirgsgruppen, die sich mehrfach Kaiser über die Steinberge, Berchtes- drei Tage für den Alpenraum. durch unser Bundesland ziehen. gadener Alpen, dem Tennengebirge Zu erkennen ist das typische Wetter- Neben der Wetter-Veränderung im und Dachstein ostwärts ziehend) und muster bei Südföhn. Der unmittelba- Raum gibt es auch die Wetter-Verän- andererseits der Alpenhauptkamm, E re Alpenhauptkamm ist die markante s gibt wohl kaum ein Land im derung mit der Zeit. Und diese ist in bzw. die Hohen und die Niederen Tau- Wetterscheide. Südlich davon regnet Alpenraum, das so starke Wetter- unserer Lebensspanne rasanter als in ern (von den Zillertaler Alpen über die es aus tiefen Wolken (rotbraune Einfär- gegensätze auf engstem Raum den letzten Jahrhunderten, soviel kann Venediger-, Glockner-, Goldberg- sowie bung der tiefen Wolken in Abbildung aufweist, wie Salzburg. Für alpine man schon sagen. Der Geschmack des- Ankogelgruppe sowie Radstädter und 1 B). Am Alpenhauptkamm und in den Menschen oft ein Vorteil, weil man sen, was uns die „Wetterküche Salz- Schladminger Tauern ostwärts). Auch Föhnschneisen gibt es Windböen bis nicht weit fahren muss, um „bessere“ burg“ produziert, verändert sich somit. Wetterscheiden, wenngleich weniger 110 km/h. Nördlich der Tauern ziehen Rahmenbedingungen für alpine Ak- spektakulär, sind die Gurktaler Alpen über dem Pinzgau und Pongau noch tivitäten vorzufinden. Vorausgesetzt, Zu den Wetterscheiden bzw. Nockberge nach Süden hin und Wolken über das Gipfelniveau hinweg man wird mit guten Wetterprognosen Salzburg hat aus Sicht der Meteoro- die vorgelagerten Nordalpen (direkter (mittelhohe Wolken, blau eingefärbt), beraten. Das gilt für Sommer und Win- logie zwei dominante und zwei unter- Alpennordrand und Osterhorngruppe). im Flachgau und in Oberösterreich ist ter, gilt für Schneebedingungen und geordnete Wetterscheiden. Die stark Wetterscheide bedeutet, dass das Wet- es praktisch wolkenlos. >> Lawinengefahr. Schuld daran sind die prägenden Wetterscheiden sind ei- ter auf der einen Seite völlig anders Abbildung 1 C: Windböen. Quelle: ZAMG 10 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 11
HINTERGRÜNDE HINTERGRÜNDE Vor 10 bis 20 Jahren gab es in den Abb. 3 Abbildung 3: Analyse des Gesamt- Gebirgsgauen die weit verbreitete schneezuwachses in der ersten Jänner- Wetterregel: „Wenn der Wetterbericht hälfte 2019. Markante Nordstaulage in von Regen spricht und dann der Föhn drei Wellen führte zu einem außerge- kommt, dann verzögert sich der Regen wöhnlichen Starkschneefallereignis. um einen Tag.“ Diese Regel war damals Als rote Linien sind die beiden nicht ganz unbegründet, weil die Wet- Wetterscheiden „Nordalpen“ und termodelle tatsächlich Schwierigkeiten „Alpenhauptkamm“ eingezeichnet. hatten, den Südföhn genau vorherzu- Nordstauwetterlagen lassen sich in sagen. Das ist Vergangenheit. der modernen Meteorologie sehr gut Mit der neuen Generation von Model- vorhersagen. len lassen sich Föhneinsatz und Durch- Ein Schwachpunkt ist bei manchen bruch der stärksten Windböen in den Situationen noch die Schneefallgrenze. Tälern ziemlich gut prognostizieren. Ebenso ist das Föhnende in der Regel keine wesentliche Unschärfe mehr. Abbildung 2 B zeigt ein Beispiel, wie der Föhndurchbruch im hinteren Gas- teinertal von einem hochauflösenden Abbildung 2 A: Föhnmauer über Kolm Saigurn (Foto: Bernhard Niedermoser). Wettermodell (in diesem Fall AROME) korrekt prognostiziert wird. Liegt Salzburg in einer aus- Abb. 4 A Abbildung 4 A zeigt die unglaubliche geprägten Nordströmung, so Neuschneemenge, welche in kurzer entsteht der Nordstau bzw. Zeit gefallen ist und in dem Ausmaß in die Nordföhnwetterlage. Salzburg noch nicht bekannte Gleit- Und der ist – für Salzburg – schneelawinen erzeugt hat. etwas komplizierter, weil es Die 2 bis 3 m dicke Gesamtschnee- zwei Wetterscheiden gibt, die höhe ist auf Wiesenhängen mit einer hintereinander angeordnet Neigung um 20 Grad abgeglitten sind. (Gleitschneelawine). Der erste Wetterstau passiert entlang der Nordalpen, der zweite am Alpenhauptkamm. In Abbildung 3 sind die bei- den Wetterscheiden als dicke In der Abbildung 4 B ist die Schnee- rote Linie eingezeichnet. Dar- prognose der ZAMG von damals für gestellt ist das Starkschnee- die Loferer Alm dargestellt, die die ereignis im Jänner 2019. An erste und zweite Starkschneephase diesem Beispiel erkennt man exakt vorhergesagt hat. gut, dass der meiste Nieder- schlag in den Nordalpen lie- gen bleibt (damals waren es 2 bis 3 m Gesamtschnee, so Zur rasanten zeitlichen Ver- viel wie in den letzten 100 bis änderung 150 Jahren nicht mehr in so Wetterscheiden und Wetterbarrieren kurzer Zeit!). erzeugen unterschiedliches Wetter, Der zweite Staueffekt passiert welches innerhalb von 10 bis 30 km dann an der höheren Barri- sehr anders sein kann. Diesem stati- ere, am Tauernhauptkamm. onären Phänomen überlagert ist die Dort hat es damals zwischen Veränderung der Atmosphäre mit der 1,5 und 2 m Gesamtschnee- Zeit. Gemeint ist nicht der Wechsel von zuwachs gegeben. Südlich Tag zu Tag, sondern jener über die Jah- der Tauern blieb nur der re hinweg. Wir sind damit beim Klima- Sturm bzw. der kalte Nord- wandel. Das Klima ist keine fixe Größe, wind übrig. natürliche Schwankungen sind sozu- In Klagenfurt hat es in diesen sagen „normal“. Seit Mitte der 1980er zwei Wochen 0 mm Nieder- sind wir aber in eine starke Verände- Abbildung 2 B: Prognose des Föhndurchbruchs in Bad Gastein am 02.10.2020. schlag gegeben: Land der rung eingebettet, die zunehmend aus Abb. 4 B AROME Prognosemodell der ZAMG. Wettergegensätze! diesem normalen Bereich fällt. >> 12 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 13
HINTERGRÜNDE HINTERGRÜNDE angehalten, in den 2010ern hält die selbe Wetterlage im Mittel bereits fünf bis sieben Tage! Starkregenereignisse im Sommer wer- den nicht mehr, aber sie werden intensi- ver und vor allem – und das beeinflusst die Aktivitäten der Alpinmenschen sehr stark – gibt es diesen Starkregen mittlerweile auch im Hochgebirge von 3.500 m aufwärts. Dort trifft der Gewitterguss auf das viele lose Gestein, welches durch den Rückzug der Schneedecke freigelegt wird. Erosion, Steinschlag, Bergsturz, Muren beeinträchtigen zunehmend hochalpine Touren und die hochalpi- nen Wege. Ein wahrscheinlich heikler Punkt ist auch die Beobachtung, dass eher som- Abbildung 7 zeigt den Blick in die Zukunft des Winters. Dargestellt ist beispielhaft die Temperaturentwicklung bis ins Jahr merliche Wetterlagen bzw. intensive 2100 in einem Höhenbereich um 1.500 m Seehöhe im Salzkammergut. Die Bezeichnung RCP (representative concen- Regengüsse im Frühwinter und Spät- tration pathway) steht für unterschiedliche Szenarien der globalen Entwicklung, die davon abhängen, wie viele Menschen winter vorkommen, also zur „falschen“ es auf der Welt gibt und welchen Lebensstil sie pflegen bzw. wie viel CO2 von jedem Menschen freigesetzt wird. RCP2.6 Jahreszeit. Dadurch entstehen neue Si- steht für ein ehrgeiziges Klimaschutzszenario, welches als „Paris-Ziel“ bekannt ist. RCP8.5 steht für eine Entwicklung tuationen, für die es keine Erfahrungen ohne Klimaschutzmaßnahmen. Abbildung 5: Temperaturverlauf von Bergstationen in Österreich im Höhen- gibt, weil es sie bisher bei uns in Salz- bereich 1.500 bis 3.000 m Seehöhe. Quelle ZAMG HISTALP burg nicht gab. Die außergewöhnliche gen, ohne wesentliche Unterschiede. – wenngleich milder – noch halbwegs rasante Änderung des globalen Klimas Muren- und Nassschneesituation im Das liegt daran, dass das Klimasystem retten. Dies würde aber voraussetzen, gekoppelt. Derzeit befinden wir uns in Dies drückt sich bei uns in Salzburg der letzten drei Jahrzehnte menschge- November 2019 gehört in diese neue Ozean plus Atmosphäre sehr träge ist dass es gelingt, in diesem Jahrzehnt einem Prozess der starken Verände- in einer rasanten Erwärmung aus, die macht ist. Kategorie. und der jetzige Anstieg vorerst nicht wesentliche Klimaschutzmaßnahmen rung, der in den 1980ern begonnen vor allem im Sommer und den Über- Die Temperatur ist aber nur eine mehr zu stoppen ist. Ab 2050 gehen zu setzen. hat. Bis 2050 ist dieser Prozess nicht gangsjahreszeiten von Klimatologen Maßzahl, die den Wandel beschreibt. die Temperaturkurven deutlich ausei- Fazit: Das Bergwetter in Salzburg ist mehr aufzuhalten. Will man positiv in zu Recht als „sprunghaft“ bezeichnet Gleichzeitig wird es sonniger, die Som- Ein konkreter Blick auf den Winter in nander. Die rote Kurve (RCP8.5, ohne komplex. Durch die markanten Wet- die Zeit nach 2050 eingreifen, müssen wird. Abbildung 5 zeigt den Anstieg der mer werden trockener und die Wetter- Salzburg: Klimaschutz) skizziert einen markan- terbarrieren der Nordalpen und des Al- in diesem Jahrzehnt Klimaschutzmaß- Jahresmitteltemperatur auf den Ber- lagen halten länger. Eine Südföhnwet- Zu erkennen ist, dass die Wintertem- ten Anstieg für unseren Winter. Die penhauptkammes gibt es Gegensätze nahmen im großen Stil auf Schiene ge- gen in Salzburg. Die Wissenschaft lässt terlage im Winter hat zum Beispiel im peraturen bis in die Jahre um 2050 beiden anderen Kurven würden einen auf engem Raum. Die Veränderung der bracht werden. keinen Zweifel daran, dass der Anstieg Mittel in den 1960ern bei uns drei Tage bei allen Szenarien etwa gleich anstei- Winter in der Form wie wir ihn kennen „Wetterküche Salzburg“ ist stark an die Inhaltliche Schwerpunkte: Alpine Synoptik, Umweltmeteorologie, Schnee und Bernhard Niedermoser Lawinen, Klimawandel und Langzeitprognosen in Tirol aufgewachsen – über das Team: die ZAMG hat österreichweit rund 330 MitarbeiterInnen – am Standort Drachenfliegen in den 1980ern zum Salzburg arbeiten 23 Personen Wetter gekommen – in Innsbruck www.zamg.ac.at Meteorologie studiert – drei Jahre warnungen.zamg.ac.at beim Land Tirol als Geoinformatiker www.sonnblick.net und Projektmanager – seit 1996 in www.lawine.salzburg.at Salzburg, dort bei der ZAMG für Salz- burg und Oberösterreich – Leiter seit Abbildung 6 zeigt beispielhaft die mittlere Wintertemperatur in einer Höhe um 2.000 m Seehöhe im inneralpinen Bereich gut zehn Jahren, gleichzeitig auch im Pinzgau. Dargestellt sind die letzten 50 Jahre. Links sind die Wintermonate aufgetragen, unten von links nach rechts die Leiter der Lawinenwarnzentrale Jahre bis 2016. Rot markiert sind wärmere Temperaturen. Gut zu erkennen ist, dass vor allem der Frühling deutlich wärmer Salzburg – einige Jahre parallel auch geworden ist und dass seit rund zehn Jahren nun auch der Spätherbst (November) wärmer wird. Der Winter wird also kürzer! Leiter des Sonnblick-Forschungsob- Auch im Hochgebirge. servatoriums 14 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 15
Berg erleben Berg erleben Lawasch * Drei Wochen haben wir ein- die Besteigung des höchs- Dschermuk hinaufkurbeln, scheint sich auf kältefeste geplant, damit der Klima- ten Gipfels auf armenischem fängt es richtig zu wehen an. Kundschaft eingestellt zu Flugreisen-Gwissenswurm Staatsgebiet gedacht: Der Dschermuk verströmt her- haben. Immerhin wärmt ein Pulverschnee nicht gar so arg drückt. 4.090 m hohe Aragats. ben sowjetischen Charme: kleiner Elektrostrahler den Angenehmer Nebeneffekt: Zunächst läuft alles wie ge- Verfallene Riesengebäude, eisigen Zeh. Mehr als ent- Schlechtwettertage können plant. Mit einem gemiete- deren ursprünglicher Zweck schädigt wird man für diese Gipfelwind für Kulturelles genutzt wer- ten Lada rumpeln wir um nur mehr zu erahnen ist, Prüfung durch exzellente, den, immerhin fahren wir ins vier Uhr morgens über die wechseln mit neureich-prot- aufwendig zubereitete Spei- und älteste christliche Land der Welt… Einen groben Plan haben wir völlig autofreie, dafür umso schlaglochreichere M 2 in die Berge hinein. In der Mor- zigen Hotelbauten, dazwi- schen weitläufige Wald- und Parkflächen. Eine grimmige sen und das nicht minder ex- zellente „Ararat“-Bier. Am nächsten Tag wollen Einsame Winterberge in Armenien auch. Zunächst wollen wir gendämmerung wird ein Schlucht trennt den Ort in wir es wissen und schlin- möglichst weit nach Südos- erster harmloser Pass über- zwei Teile. gern mit unserem Allradler ten, vielleicht sogar bis zur wunden, die sanften Berg- Wir finden problemlos ein in einer tief eingegrabenen iranischen Grenze, je nach formen sind weiß bezuckert, Quartier und lernen gleich LKW-Spur der verlockenden Schneelage. Dann soll es und als wir nach etwa 100 eine landestypische Eigen- Bergwelt zu. Das Ziel der Be- zurück in die Berge um den Kilometer Fahrt über wilde tümlichkeit kennen: erfri- gierde ist der Karmrakatar Sevansee gehen, und als Serpentinen zum in der Re- schend kühle Zimmer, de- (3.055 m). Bei einer Kraft- krönender Abschluss wäre gion sehr bekannten Kurort ren Heizung nur fallweise werksanlage ist Schluss mit nach einem für uns Fremd- Fahren, zwei freundliche Ar- linge undurchschaubaren beiter spendieren uns einen Zeitplan in Betrieb gesetzt Parkplatz und laden gleich wird. Auch die Gastronomie zu Tee und Süßigkeiten. Text & Fotos: Roland Kals Warum wir im vergangenen Februar ausgerech- eine alte russische Militärkarte und ein paar Videos Kloster Noravank Kreuzsteine am Sevansee net Armenien als Skitourenziel ausgesucht hatten? französischer Provenienz. Verführerisch ist auch Eigentlich war es der Finger auf der Landkarte: die direkte Flugverbindung Wien – Jerewan. Die Ein fast hundertprozentiges Gebirgsland, bis zu Skiausrüstung geht ohne Aufpreis mit, also nichts 4.000 m hohe (erloschene) Vulkane, und es gibt wie los... Schnee – manchmal sogar ziemlich viel! Für „ein- same Pfadsucher“ äußerst positiv: Gebietsinfor- *Armenische Nationalspeise, ein hauchdünner, mationen sind spärlich, im Internet finden sich meterlanger Brotfladen 16 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 17
Berg erleben Berg erleben vermutlich auch auf Skitou- einem regelmäßigen Stra- rengeher. Seufzend verzich- ßenraster und zumeist ein- ten wir also auch auf diesen stöckigen Häuschen. Es gibt Gipfel und erkunden dafür sogar eine kleine Universität, eine enorm interessante die allerdings bei näherer prähistorische Stätte. In der Betrachtung einen traurigen Nähe von Sisian hat sich ein und devastierten Eindruck riesiger Steinkreis erhal- macht – wie so manches in ten – quasi ein armenisches diesem armen Land. Den Stonehenge. Einzelne Blöcke Kontrast dazu bietet das ragen bis zu vier Meter aus entzückende Hotel Mirhav, dem Boden und fast alle zei- das von einem armenischen Blick auf den 4.090 m hohen Aragats, höchster Gipfel auf armenischem Staatsgebiet. gen kreisrunde Bohrungen. Arzt geführt wird, der in Graz Esoteriker meinen durch sie studierte und ausgezeichnet einer schwer zugänglichen Die Weiterfahrt Richtung zuständig sind – Embargo muss es vor hundert Jahren hindurch allerlei Mythisches Deutsch spricht. Hier ist un- Schlucht befindet und bis in Iran reizt uns nicht sehr, wir hin oder her. Am Vorotan- im österreichischen Berg- entdecken zu können, wahr- ser Basislager für die nächs- die 1920er-Jahre permanent müssten bei zweifelhaften Pass dann grimmige Ver- tourismus gewesen sein. Die beiden können kaum Passenderweise starten wir scheinlicher ging es nur dar- ten Tage. Wir erkunden die bewohnt war. Straßenverhältnissen noch hältnisse: In den Kehren Übrigens sind Tourenski hier glauben, dass wir mit Ski und bei einem Friedhof und zie- um, die Trümmer mit Seilhil- berühmte armenische Klos- Die Hoffnung auf günstiges über zwei hohe Pässe. Also rutschen die schweren Fahr- unbekannt, erzeugen aber, Fell weiterwollen. Noch ha- hen in die endlose Weite. fe bewegen zu können. teranlage Tatev und die ein- Wetter erfüllt sich vorerst wieder zurück nach Norden, zeuge links und rechts von wenn die Einheimischen das ben wir kein Gefühl für die Vorsichtig umgehen wir alle Das reizvoll gelegene Go- zigartige Höhlensiedlung nicht. Über Nacht gibt’s einen zwischen Kolonnen von ira- der Straße und liegen dann Prinzip durchschaut haben, Schnee- und Lawinensitua- steileren Hangpartien und ris ist eine Gründung des Khndzoresk, eine uralte un- halben Meter Neuschnee nischen Tanklastern, die für wie riesige Käfer mit den anerkennendes Kopfnicken. tion und lauschen eher skep- schwindeln uns irgendwie hi- zaristischen Russlands, mit terirdische Stadt, die sich in und es schneit heftig fort. die Ölversorgung Armeniens Rädern in der Luft. Auf gut Die Schneelage ist beein- tisch den Warnungen, die nauf. Saukalt ist es (-20°), da- Glück zweigen wir von der druckend – nur leider immer von großer Lawinengefahr für prächtiger Sonnenschein. Hauptstraße nach Westen ab noch höchst instabil. Pein- künden. Eine Stunde später Nur blöd, dass ein munteres und pflügen bei tiefwinterli- licherweise lösen wir schon blicken wir der Realität ins Lüftchen weht, das sich mit chen Verhältnissen – Lada im Vorgarten unserer Unter- Auge: Unser erstes Schnee- zunehmender Höhe ver- sei Dank – auf einem winzi- kunft das erste Schneebrett profil ergibt eine 30 cm dicke stärkt, für gehörigen Wind- gen Straßerl in das 1.800 m aus, es weht wieder heftig Schwimmschneeschicht, die Chill und heftige Schnee- hoch gelegene Örtchen Art- und nach wenigen Höhen- wie Wasser herausrieselt. drift sorgt – der vernünftige avan hinauf. Einige beschei- metern wird klar, das Um- Gut dazu passen die fetten Mensch dreht um, der Gipfel dene Häuschen, verbunden kehren die eindeutig besse- Wummgeräusche, die aus al- des Gndevaz (2.669 m) sieht durch Trampelpfade, dazwi- re Option ist. Somit müssen len Richtungen zu kommen uns heute also nicht. schen versinken antike Trak- auch Ptkasar (2.692 m), scheinen. Unser Handy-Wetterfrosch toren und schrottreife LKW Hord (3.020 m) und Dzortun Also Plan B, in diesem Fall prophezeit eine von Nord- im Schnee. Eine Bauernfami- (2.779 m) auf unseren Be- Pisteln am einzigen Skilift westen hereinziehende lie quartiert uns in ihrer gu- such verzichten. des Ortes, der extra für uns in Schlechtwetterfront, im Sü- ten Stube ein – Familienan- Also Kulturprogramm und Betrieb gesetzt wird. Als ein- den scheint es besser zu sein, Anstieg zum Armaghan, 2.829 m In Armenien hochverehrt: Charles Azhnavour schluss inklusive. So ähnlich Warten auf bessere Zeiten – same Ski-Opener ziehen wir also machen wir uns über >> im unberührten Pistenpulver den 2.000 m hohen Vorotan- unsere Spuren. Rundherum Pass in die Provinzhaupt- locken baumfreie Idealhän- stadt Goris auf. Unterwegs ge in scheinbar unendliche sticht ein mächtiger Gipfel Weiten und wir sehen uns ins Auge: Mets Ishkana- schon auf einem Gipfel nach sar (3.550 m), der mit einer dem anderen. Erst im Laufe 1.500 m hohen Westflanke der nächsten Tage werden eine weitläufige Hochebene wir realisieren, wie groß hier überragt. Kleines Handicap: die Dimensionen und Dis- Er ist ein Grenzberg zu Aser- tanzen sind. beidschan. Wegen des seit Anderntags wählen wir ei- Jahrzehnten andauernden nen dieser Idealberge aus de facto Kriegszustandes und tüfteln an einer Route, mit Armenien (Berg-Kara- die trotz angespannter Lawi- bach-Konflikt) wird in dieser Gipfelschau am Lchasar 2393 m Spirituelles Zentrum Etschmiadsin Armenischer Winterdienst nenlage vertretbar erscheint. Gegend scharf geschossen, 18 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 19
Berg erleben Berg erleben wir machen uns in die Haupt- den randlich gelegenen, Abgeschiedenheit und Ruhe. berg hüllt sich hartnäckig stadt Jerewan auf. deutlich niedrigeren Gipfeln Mit Teghenis (2.851 m), Ar- in Dunst und Wolken, als Unterwegs noch ein kurzer begnügen. qayits (2.687 m) und einem wollte er sagen: „So ein- Abstecher zum Kloster Nora- Auch bei diesem muss der weiteren unbenannten Gip- fach verdient ihr mich nicht, vank, das sich hinter einer Abfahrtsgenuss mit einem fel (2.809 m) beschließen wir kommt gefälligst bald wie- engen Schlucht versteckt. stundenlangen Zustieg den skitouristischen Teil un- der!“ Und das wollen wir sehr Das rostrote Gestein sieht übers flache Vorfeld verdient serer Reise. Die letzten bei- gerne tun. nach idealem Klettergelände werden. Die idealen Hänge den Tage verbringen wir in aus – da gäbe es jede Menge am Lchasar (2.393 m) und der spirituellen Hauptstadt Neuland zu ernten. Armaghan (2.829 m) beloh- des Landes, Vagharshapat / nen die Mühe aber reichlich. Etschmiadsin. Sie ist Sitz des Nach so viel Einsamkeit höchsten Würdenträgers der haben wir Bedürfnis nach armenischen Kirche. Gerade Kloster Tanahat mehr Betrieb und machen ist ein wichtiger Feiertag, Tempel Garni. Jahrhundert stammende Ka- Sowjetflair, locken wiederum des Landes, fast 1.300 km2, uns nach Tsakhkadzor auf, und wir wohnen in der im thedrale von Zvartnost, und baumfreie Idealberge. Nun also mehr als das Vierfache dem Skigebiet vor den To- fünften Jahrhundert errich- schließlich das Nationalmu- lacht das Wetterglück, bei des Bodensees! Vom pit- ren der Hauptstadt. Ausdeh- teten Kathedrale einer ein- seum mit erschütternden strahlendem Sonnenschein, toresk auf einer Halbinsel nung und Geländeformen drucksvollen Messfeier bei, Dokumenten über den von wenig Wind, aber arktischen thronenden Kloster Sewa- erinnern sehr an die Gaißau, die von Karekin II. Nersissi- der Türkei an Armeniern ver- Temperaturen, gelingen nawank schweift der Blick ganze fünf Skilifte erschlie- an, „oberster Patriarch und übten Völkermord der Jahre zwei schöne Unternehmun- über die riesige stahlblaue ßen den 2.820 m hohen Katholikos aller Armenier“, 1915 und 1916 und der nach- gen (Eghjerva, 2.432 m und Wasserfläche, das nördliche Tsaghkunyats. Eine ideale zelebriert wird. folgenden Diaspora. Syunasar, 2.502 m), trotz- Ufer begrenzt eine schier Kulisse für wohlhabende Mit diesem spirituellen Rü- Zwischendurch starten wir dem die nach wie vor heik- endlose schneeweiße Berg- Russen, um teure Autos und ckenwind erhoffen wir we- einen Versuch, den Aragats le Lawinensituation zu de- kette – wiederum die Grenze kostspielige Begleiterinnen nigstens am letzten Tag (4.090 m) von seiner zahmen fensivem Verhalten zwingt. zu Aserbeidschan und damit zu präsentieren – Skifahren unserer Reise einen Blick auf Seite zu bezwingen, schei- Auch in dieser Gegend sind für uns leider tabu. scheint eher Nebensache. den Ararat (5.165 m) zu er- tern aber an den Schnee- skifahrende Menschen nicht Aber auch die Südseite sieht Nur wenige Kilometer weiter haschen. Leider vergeblich, Familienanschluss massen und der endlosen alltäglich. Vor dem Touren- interessant aus. Über einem herrscht aber schon wieder der armenische National- Zustiegsstrecke. start ist daher eine großzü- viele Kilometer breiten Lava- Wir beschließen nun, in ei- gige Zeitreserve für Palaver schild erhebt sich eine Serie INFOS: nem großen Bogen über Gy- bei Tee und Süßigkeiten zu von Vulkankegeln, deren Direkte Flugverbindung Wien – Jerewan. Am Landweg ist Armenien nur über Georgien oder Iran erreichbar. umri, der zweitgrößten Stadt empfehlen. höchste (Azhdahak, Spitasa- Somit ist auch der in der Türkei gelegene Ararat, obwohl nur 40 km von Jerevan entfernt, von Armenien aus nicht Armeniens zum Sevansee zu In der Abenddämmerung kar) fast 3.600 m erreichen. machbar. reisen. In der Umgebung von erreichen wir die Gestade Die Zufahrtsstraßen liegen Leihwagenstation 0-24 h am Flughafen Jerewan. Für Ankunft / Abflug empfehlenswertes Quartier in Flughafennähe: Vanadzor, einer eher reizlo- des Sevansees. Er ist die bei aber noch metertief unterm Hotel Richmind im Zentrum von Etschmiadsin, über M 10 in 15 Minuten Fahrzeit (10 km) erreichbar. sen Industriestadt mit viel weitem größte Wasserfläche Schnee, wir müssen uns mit Geldautomaten im gesamten Land vorhanden, problemlos, allerdings erhebliche Transaktionsgebühren. Quartier problemlos über Buchungsplattformen. Anstieg auf den 2.851 m hohen Teghenis Ausgezeichnetes Mobilfunknetz, am besten mit armenischer Prepaid-Karte (erhältlich in Shops am Flughafen). Alpininformationen sind im Land kaum erhältlich, kein Bergwetter, keine Lawinenbulletins, keine Bergrettung. Die nächsten Tage verbrin- gen wir mit dem Besuch Die Gebirge sind weitgehend wald- und baumfrei und erreichen teilweise beträchtliche Höhen. Wind, Kälte, Lawinen der kulturhistorischen Hö- können zur beeindruckenden Herausforderung werden. hepunkte in Jerewan und Die Verständigung klappt zumeist ohne größere Probleme (Englisch bei der jüngeren Bevölkerung, vereinzelt Umgebung: Den spätgrie- Deutsch, Russischkenntnisse sind kein Nachteil). chischen Tempel in Garni, der spektakulär über einer Die meisten Ortsschilder sind auch in lateinischer Schrift bezeichnet, trotzdem sind Kenntnisse der armenischen tief ins Basaltgestein einge- Schrift hilfreich. grabenen Schlucht thront, Vorsicht in den Grenzgebieten zu Aserbeidschan! Auch die Situation in der von Armenien annektierten Region Berg- das ehrwürdig-mystische Karabach ist heikel. Am besten bei Einheimischen nachfragen. Höhlenkloster Geghard, in Zumindest im Winter abenteuerliche Fahrverhältnisse, zum durchwegs schlechten Straßenzustand kommt ein höchs- dem gleich mehrere Kirchen tens rudimentärer Winterdienst (am ehesten auf den Hauptstraßen). Der armenische Autofahrer ist zumeist sportlich in massives Gestein gehöhlt unterwegs. wurden, die aus dem siebten 20 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 21
Live aus dem Vereinsleben Live aus dem Vereinsleben Alpenverein Salzburg goes 4.0 – Bericht zur 151. Jahreshauptversammlung 2020 Text: Harald Wieser; Fotos: Nicole Muigg A m 16. September dieses Jahres Personen im Heffterhof ein und wei- zu schaffen, zeitgemäße Möglichkeiten Zudem wurden mit Fritz Mittendorfer war es soweit – die 151. Jah- tere 40 waren „virtuell“ mit dabei. Die der alpinen Aus- und Fortbildung vor und Klaus Pfeil zwei neue Rechnungs- reshauptversammlung unserer Premiere ist geglückt und so konnte die allem für die Kinder- und Jugendarbeit prüfer gewählt. Sie lösen Brigitte Sektion konnte mit fünfmonatiger 151. Jahreshauptversammlung im „Co- zu bieten, kurz: Ein alpines Kompe- Mühlberger und Albert Egartner ab, Verspätung schlussendlich doch abge- ronajahr“ 2020 ohne größere Pannen tenzzentrum in Salzburg entstehen zu die diese Tätigkeit bereits vier Jahre halten werden. Aber nicht nur die lange abgehalten werden. lassen. Der Standort in der Lehener ausgeübt haben. Verzögerung war ein Novum, sondern Inhaltlich standen einige wichtige Straße 1 ist für diese Zwecke bestens Wer sich für die Punkte sowie die auch die Art und Weise der Versamm- Punkte auf der Tagesordnung, allen vo- geeignet. Das Projekt fand in der Jah- Berichte der einzelnen Vorstandsmit- lung selbst. ran die Präsentation des Projekts „AV- reshauptversammlung großes Interesse glieder im Detail interessiert, kann das Haus neu“ und die damit verbundene und nachdem noch einige Fragen zur Protokoll der Jahreshauptversammlung Abstimmung über die Ermächtigung Finanzierung geklärt werden konnten, in der Geschäftsstelle einsehen. Dieses des Vorstandes für das weitere Vorge- wurde der Beschlussantrag ohne Ge- Recht steht jedem Mitglied der Sektion hen. Das neue Vereinsgebäude soll zu genstimmen angenommen. zu. einem Treffpunkt für alle werden, die Als weiterer Punkt wurden die Mit- sich für den Alpenverein und dessen gliedsbeiträge ab 2021 leicht erhöht. Tätigkeit interessieren. Es gilt, eine at- Mitgliedsstarke Sektionen, wie der lichkeit, aufgrund eines erweiterten traktive Servicestelle für die Mitglieder Alpenverein Salzburg, haben die Mög- Serviceangebotes, wie Ausrüstungsver- leih, Alpinbibliothek, Ausbildungsange- bot, usw. geringfügig höhere Gebühren Zum ersten Mal in der Vereinsgeschich- als der Gesamtverein einzuheben. Die te wurde die Jahreshauptversammlung Anpassung wurde von der Jahreshaupt- als „hybride“ Veranstaltung abgehalten. versammlung ebenfalls ohne Gegen- Dabei war es den Mitgliedern mög- stimme bewilligt. lich, entweder vor Ort im Heffterhof Im Vorstand kommt es zu einer Ände- oder via Videostream und Online- rung im Naturschutzreferat. Nachdem Abstimmungstool, der Versammlung Gerald Schlager bereits zu Beginn beizuwohnen. Beide Varianten wurden seiner Funktion als Naturschutzreferent angenommen und so fanden sich 60 angekündigt hat, sein Amt möglichst rasch in jüngere und vorzugsweise weibliche Hände zu legen, trat er im Zuge der Jahreshauptversammlung zu- rück. Als seine Nachfolgerin stellte sich Magdalena Schimke vor, die auch ein- stimmig als neue Naturschutzreferentin gewählt wurde. In der vorliegenden Ausgabe von „hoch hinaus“ stellt sie sich und ihr Konzept auf Seite 24 vor. Die organisatorische Mühe für die diesjährige Jahreshauptversammlung hat sich gelohnt. Nun wird an den De- tails gefeilt, damit die Möglichkeit der Onlineteilnahme auch für zukünftige Veranstaltungen zur Verfügung steht. Die hybride Form – also online und vor Ort – ist sicherlich die Zukunft und stellt einen Schritt auf dem Weg ins digitale Zeitalter dar. 22 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 23
Live aus dem Vereinsleben Live aus dem Vereinsleben Hallo Liebe Alpenverein-Community! Großvenediger, Juni 2020 Die neue Naturschutzreferentin stellt sich vor Text & Fotos: Magdalena Schimke I hr kennt mich noch umgeben von Wald, Wiesen im Annapurna-Gebiet unter- nicht, aber ich hoffe, dass und hin und wieder von ei- nommen – und in ihrem An- wir von jetzt an gemein- nem nicht sehr handzahmen denken eine Vielzahl an Tou- sam Konzepte entwickeln Gockel. Später sind wir in die ren in Eis, Schnee, Schotter und Ideen realisieren, die Zillertalstraße gesiedelt, in ein und am Fels fortgesetzt (Bild: dem Erhalt der letzten Reste altes Bauernhaus neben dem am Großvenediger). Natur in den Alpen zu Gute meiner Großmutter, Helma Mein Biologiestudium, Aus- kommen. Aber nicht nur das, Schimke. Helma Schimke, die landsaufenthalte und viele sondern auch der Natur eine Reia-Oma wie wir Enkel sie Reisen, an zahlreichen Ecken Hilfestellung zu bieten, sich genannt haben, war bis zu ih- der Welt, im Zuge derer ich selbst zu regenerieren. rem Tod vor zwei Jahren eine auch an diversen Umwelt- Regeneration ist eines der der wichtigsten Personen in schutzprojekten teilgenom- Themen, die mich in meinem meinem Leben. Sie hat mir men habe, haben meinen Leben bisher am meisten beschäftigt haben – ich bin die Faszination Berge, die un- abdingbare Leidenschaft zum Enthusiasmus und mein Be- dürfnis Ökosysteme und vor lich der Gesundheit von Tier und Mensch beitragen. Vor Regenerationsfähigkeit – Pendant zur Evolution, Magdalena Schimke (geb. 1986), promovierte Biologin Klettern und Begeisterung allem Wälder zu erhalten mit knapp zwei Jahren durfte ich das spannendste was die Natur zu bieten hat meine erste Müllaufräumak- mit Spezialisierung im Be- tion mit Christa Helpferer am Ich glaube nicht, dass es un- Die Konsequenzen werden Wissenschaft haben wir die Nutzung und Nicht-Nutzung reich Alternsforschung (war- Manchmal reicht es schon innezuhalten, Gaisberg miterleben, nach sere vorrangige Aufgabe ist, uns seit Jahren immer deut- Respektlosigkeit der Wildnis (Regenerationszeit). Zentrale um regenerieren Organismen sich umzuschauen, tief durchzuatmen einem halben Jahr auf den die Umwelt und Natur zu ret- licher vor Augen gehalten: gegenüber soweit ausge- Themen für mich sind Ab- im Alter immer schlechter?), und einige Atemzüge frische, klare Bergluft Seychellen, um Strände zu ten. Vielmehr glaube ich, dass Die Wüsten wachsen, die reizt, dass Krankheitserreger, fall und Müll in den Bergen, Stammzellbiologie (jene Zel- säubern und Bäume zu pflan- wir uns dafür einsetzen müs- Gletscher verschwinden, die wie das SARS-Virus, von Tie- der Klimawandel (Gletscher- zu genießen. len die Regeneration ermög- zen. Christa’s Leidenschaft sen, die wenigen noch funk- Biodiversität schrumpft, der ren auf den Menschen über- schmelze und Hochalmen) lichen) bzw. Medizintechnolo- und Engagement zeigten mir, tionierenden Ökosysteme in Regenwald brennt und wir springen konnten und sich sowie die Integration des gie (was, wenn Regeneration für Höhen von Kindheit an jedem Mal gesteigert. Jede dass du, ich, wir gemeinsam, den Alpen zu schützen und haben trotzdem weiterge- nun munter verbreiten. Ich Umweltschutzes in die Alpi- mal nicht funktioniert). gezeigt – vor allem an langen Aktion, jedes kleine, aufge- wo auch immer wir sind, et- der Natur die Möglichkeit zu macht wie zuvor. Und dann bin überzeugt, dass wenn ne Ausbildung (Tourenführer, Seit einiger Zeit be- Abenden in unserem „Steiei“, hobene Zuckerlpapier, jede was beitragen können. Aber bieten, sich selbst zu retten. kam die SARS-CoV2 („Coro- wir lernen zusammenzuhal- Alpenverein-Akademie). Aber schäftige ich mich mit die kleine aber feine Hütte nicht weggeworfene Dose, manchmal reicht es schon in- Im Sinn: Hilfe zur Selbsthilfe. na“) Pandemie die uns letzt- ten und ein „bisschen vom der Natur die Möglichkeit medizinischer Höhenfor- in den Kitzbühler Alpen. Mit machen den Unterschied! nezuhalten, sich umzuschau- Regeneration ist ein durch endlich komplett aus unserer Gas steigen“, gemeinsam der Regeneration zu geben, schung und durfte 2019 ihr hat die ganze Familie bis Wir alle gemeinsam können en, tief durchzuatmen und ei- die gesamte Biologie vertre- Komfortzone katapultiert hat. mit Forschung und Medizin, das geht nur gemeinsam – mit dem Team der Salzburg in ihr hohes Alter spannende einen Beitrag zum Erhalt und nige Atemzüge frische, klare tener Mechanismus der sich Laut momentanen Stand der Lösungen gefunden werden unter Mithilfe (und ggf. Zu- Mountain Medicine Research Touren in den Zentralalpen, Regeneration der unmittel- Bergluft zu genießen. im Zuge Evolution entwickelt können – aber ohne, dass wir rückhaltung) jedes einzelnen Group (SMMRG) auf dem Dolomiten, durch Island und baren Umwelt und letztend- hat. Nicht perfekt, da es ein- langfristig lernen mit unse- Wanderers, Mountainbikers, Monte Rosa Gletscher (Bild) deutig Grenzen gibt, aber rer Erde schonender umzu- Eiskletterers und Hütten- arbeiten. sehr nahe dran. Der Mensch gehen, wird so etwas immer besuchers. Dies inkludiert Als Biomedizinerin ist es un- – seine Aktivität und seine wieder auftreten. Eindeutig andere engagierte alpine endlich spannend die Auswir- Präsenz – hat die Natur von ist, JEDER EINZELNE von uns Vereine, Politik, Hüttenwirte, kung von Höhenalpinismus jeher beeinflusst und verän- kann etwas beitragen! Wegewarte, Funktionäre und auf den Organismus zu er- dert. Grundsätzlich ist daran Dies ist mein Appell an euch Touristiker, denn nur, wenn forschen. Behandlungen für nichts verwerflich, aber der alle, die es lieben draußen, in wir alle zusammenarbeiten, Phänomene wie das Höhen- Mensch hat vergessen, dass der Natur aktiv zu sein. Mein wird es möglich sein, in Zu- lungenödem, an dem jährlich wir eng in unsere Ökosyste- zentrales Anliegen für die kunft dicke Murmeltiere und hunderte Höhenbergsteiger me eingebunden sind und Tätigkeit als Naturschutzrefe- mächtige Steinböcke über erkranken, zu finden, ist es- ohne sie nicht langfristig rentin des Alpenvereins ist es, die Felsen huschen zu sehen, sentiell, um die Sicherheit für überlebensfähig sind. Und dieses Bewusstsein zu vermit- klare Bergseen zu entdecken Menschen in den Bergen zu der Mensch hat es mit dem teln und die zentralen Wege und Abenteuern auf steilen erhöhen. Raubbau und Übernutzung dafür zu nutzen: Bildung und Wegen erleben zu können. Und ich bin von ganz klein an vieler Regionen übertrieben Ausbildung. Die Alpen, Gip- Dies gilt über alle politischen, ein riesengroßer Natur- und und sich im wörtlichen Sinne fel, Gletscher, ihre Tiere und nationalen und mentalen Tierliebhaber! Aufgewachsen selbst den Boden unter den Pflanzen zu schützen und die Grenzen hinweg. Capanna Margherita Plätzwiese in Südtirol bin ich zunächst am Heuberg, Füßen weggegraben. Balance zu finden zwischen 24 HOCH Hinaus |260 HOCH Hinaus |260 25
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