HOC H HINAUS www.alpenverein-salzburg.at - Österreichischer Alpenverein

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HOC H H I N AU S                                                                        in -s al zb urg. at
                                                                                      |    w w w.a lp enve re
                                                        25 9   |   Se ptem be r 20 20
                   lz bu rg – M ag   az in | A us ga be
A lp enve re in Sa

HOCH HINAUS
HOC H HINAUS www.alpenverein-salzburg.at - Österreichischer Alpenverein
Editorial

                                                                                                          P
                                                                                                                  ünktlich zum Sommer-                                                                                  unser Schutzhütten-Porte-
                                                                                                                 beginn hat uns wieder                                                                                  feuille ziert. Klar sei auch
                                                                                                              ein ewig junges Thema                                                                                     an dieser Stelle festgehal-
                                                                                                          ereilt: Die Frage der Wege-                                                                                   ten:    Regelwidriges     Ver-
                                                                                                          freiheit.                                                                                                     halten auf der Alm, und
                                                                                                          Im konkreten Fall wies uns                                                                                    insbesondere das Erschre-
                                                                                                          ein Vereinsmitglied auf die                                                                                   cken von Tieren (offenbar
                                                                                                          Sperre eines Almweges im                                                                                      ein Quotenbringer in den
                                                                                                          Rauriser Krumltal hin.                                                                                        social media) ist absolutes
                                                                                                          Dort ist über Nacht quer                                                                                      No-Go. Ich glaube zwar nicht,
                                                                                                          über den Fahrweg eine                                                                                         dass Alpenvereinsmitglieder
                                                                                                          übermannshohe Holzbarri-                                                                                      zu dieser seltsamen Sorte
                                                                                                          ere aufgewachsen. Darauf                                                                                      Mensch gehören, sollte das
                                      /                                                                   eine Hinweistafel, in der das                                                                                 aber der Fall sein, wären Ver-
                                                                                                          berühmt-berüchtigte Tiroler                                                                                   einsausschlüsse die logische
               E N G I N E E R E D             I N    T H E
                                                                                                          „Kuh-Urteil“ 1 zitiert wurde,                                                                                 Folge.
                          D O L O M I T E S                                                               das offenbar für alles mögli-                                                                                 Wege werden uns in nächs-
                                                                                                          che herhalten muss. Hinter-                                                                                   ter Zeit an anderer Stelle
                                                                                                          grund ist die verständliche           sich in den Bergen so ab-           den Haftungsregelungen für          sicher noch sehr beschäftigen.
                                                                                                          Sorge der Bauern, dass sie            spielt, musste eine Stellung-       ausreichend hält, forderte          Ich meine die zunehmende
                                                                                                          für jedes auch noch so idi-           nahme des Landesverban-             völlig zu Recht ein angemes-        Präsenz von Radlern mit oder
                                                                                                          otische Fehlverhalten von             des her, in der logischerweise      senes Verhalten der Almbe-          ohne Hilfsmotor auf unseren
                                                                                                          Touristen auf der Alm haft-           auf die gesetzlich garantierte      sucher – und es scheint noch        Alpinwegen – laut derzeiti-
                                                                                                          bar gemacht                                        freie Betretbar-       ein anderes Motiv im Spiel zu       ger Rechtslage zwar illegal,
                                                                                                                                                                       keit des     sein:                               trotzdem wohl kaum zu
                                                                                                                                                                                    Ein Jagdberechtigter, der mit       bremsen.

                                                                                                                           f d e r A l m ,                                          Touristen im Revier eher we-        Vorschläge zur Bewältigung

                                                                                                                       A u
                                                                                                                                                                                    niger Freude hat.                   dieses Themas gibt es, wir
                                                                                                                                                                                      Letzteres erinnert ein wenig      werden uns der Diskussion

                                                                                                                          da gib t’s
                                                                                                                                                                                       an die Frühzeit des Salz-        stellen. Aber das ist eine an-
                                                                                                                                                                                       burger Alpenvereins. Zu          dere, längere Geschichte, der

                                                                                                                                        ..
                                                                                                                        (k)a Sünd .
                                                                                                                                                                                       Beginn des 20. Jahrhun-          wir in einer der kommenden
                                                                                                                                                                                      derts erkämpfte sich unser        Ausgaben den gebührenden
                                                                                                                                                                                     Verein gegen härtesten Wi-         Raum geben werden.
                                                                                                                                                                                    derstand des da-
                                                                                                                                                                                    maligen Jagdin-
                                                                                                                                                                       G e -        teressenten, es
                                                                                                          werden                                                bietes ober-        handelte      sich
                                                                                                          könnten. Nun ist das Krumltal         halb der Waldgrenze verwie-         um       niemand
                                                                                                          kein alpintouristischer Kern-         sen wurde. Spannend waren           geringeren als
                                                                                                          raum, der Zugang dorthin              die Reaktionen darauf: Zum          den Thronfolger
                                                                                                          ist lang, damit bleibt die Zahl       Aufschrei der Bauernschaft          Erzherzog Franz
                                                                                                          der Besucher sehr über-               gesellten sich Meinungen            Ferdinand, den
                                                                                                          schaubar – laut Gebietsken-           von      Alpenvereinsmitglie-       touristischen Zu-
               DEIN BERGSPORTSPEZIALIST IN SALZBURG
                                                                                                          nern eine Handvoll Wande-             dern, die vom Alpenverein           gang ins Hagen-
               FURTMÜHLSTRASSE 34, 5101 BERGHEIM BEI SALZBURG                                             rer pro Woche.                        mehr Verständnis für die Be-        und Tennenge-
STORE&OUTLET   ÖFFNUNGSZEITEN
                                                                                                          Trotzdem gelangte die Sa-
                                                                                                          che im Handumdrehen in die
                                                                                                                                                sorgnisse der Landwirte ein-
                                                                                                                                                forderten.
                                                                                                                                                                                    birge.
                                                                                                                                                                                    Die Trumpfkarte für das             Ich wünsche Euch erholsame
   SALZBURG
               M O N TA G : 0 9 . 0 0 — 1 8 . 0 0 U H R                                                   Medien und wurde dort groß            Mittlerweile hat sich der Pul-      Tennengebirge      war     der      und erlebnisreiche Herbst-
                                                                                                          aufgeblasen. Und weil der             verdampf verzogen. Die bäu-         Kauf der Söldenalm in Wer-          tage in unseren schönen
               D O N N E R S TA G B I S S A M S TA G : 0 9 . 0 0 — 1 8 . 0 0 U H R / S A L E WA . C O M
                                                                                                          Alpenverein anscheinend für           erliche    Standesvertretung        fenweng, die heute als              Bergen!
                                                                                                          fast alles zuständig ist, was         erklärte, dass sie die gelten-      Dr.-Heinrich-Hackel-Hütte                        Euer Roland Kals

                                                                                                          1
                                                                                                              Im vorigen Jahr wurde ein Tiroler Almbauer zu Schadenersatz verurteilt, nachdem eine seiner Kühe eine Touristin zu Tode getrampelt hatte.
                                                                                                              Die Umstände des Falles sind aber ziemlich speziell und keinesfalls verallgemeinerbar.

                                                                                                                                                                                                                                HOCH Hinaus |259          3
HOC H HINAUS www.alpenverein-salzburg.at - Österreichischer Alpenverein
Live aus dem Vereinsleben

                                                                                                                                                                                                                                                                                              inklettern
Herbst-Ausgabe Nr. 259 – September, Oktober, November 2020                                           Titelseite: Herbstwanderung vom
                                                                                                              Penkkopf zum Gründegg                            HOCH HIN AUS
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   von Judith Schachinger
                                                                                                                                                                                                                                              rg.at
                                                                                                                                                                                                                |   www.alpenv erein-salzbu
                                                                                                                                                                                       259   | September 2020

                                                                                                              Foto: Hartmut Dörschlag:
                                                                                                                                                                   – Magazin | Ausgabe
                                                                                                                                            Alpenverein Salzburg

                                                   INHALT
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Wenn ihr euch an den                 auch an Bekannte, die
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Bericht der letzten Aus-             sich womöglich dort
                                                                                                                                                                                                                                                                                          gabe zum Thema In-                   sehr wohl fühlen. Es
                                                                                                                                                                                                                                                                                          klusion erinnert, dann               geht nämlich um Klet-
                                                                                                                                                                                                                                                                                          habe ich angekündigt,                tern und Bouldern mit
                                                                                                                                                                                                                                                                                          dass es die Veranstal-               Menschen ohne oder
                                                                                                                                                                                                                                                                                          tung InKlettern noch                 mit Handicap. Es geht
                                                                                                    22 Frauen im Alpenverein                                                                                                                                                              dieses Jahr geben wird.              um Inklusion.
                                                                                                   		 Natürlich – Herzlich – Aktiv – Stark                                                                                                                                                Nun haben wir schon                  Flo (Initiator InKlet-
                                                                                                   		 Sechs Frauen in besonderen Positionen                                                                                                                                               den Termin: Es ist der               tern), einige Mitarbeiter
                                                                                                                                                                                                                                                                                          6. November 2020                     *innen aus dem Jugend-
                                                                                                    24 Drei Bergsportlerinnen in Kirgistan                                                                                                                                                InKlettern ist eine Ver-             team und ich freuen
                                                                                                    28 Pfiad Di, Brigitte, griaß Di, Claudia!                                                                                                                                             anstaltung, zu der ALLE              uns sehr, wenn wir euch
                                                                                                    29 Anni Lapuch, Gretl Getzinger, Helma Schimke                                                                                                                                        willkommen sind! Be-                 an diesem besonderen
                                  03 EDITORIAL                                                                                                                                                                                                                                            geistert eure Freunde,               Tag begrüßen dürfen.
                                 		 Roland Kals                                                     32 Live Aus dem Vereinsleben                                                                                                                                                          eure Familie und denkt
                                                                                                   		 Semesterabschluss-Wochenende der Alpingeier
                                  05 Live Aus dem Vereinsleben                                                                                                                                                                                                                 Fragen gerne an Flo (inklettern@gmail.com) oder mich (judit.schachinger@alpenverein-salzburg.at)!
                                 		 INKLETTERN - Infos, Hüttentipp                                  34 Vorgelesen
                                                                                                   		 Buchtipps für Lesebegeisterte
                                  06 Stichworte
                                 		Erlebnis                                                         38 Programm
                                                                                                   		 Wanderungen, Touren, Ausflüge und
                                  07 alpin-Philosophicum                                           		 Veranstaltungen-Kompakt und Informativ
                                 		 Aufsteigen - um oben zu sein
                      10          10 Hintergründe
                                                                                                    54 Alpine ausbildung
                                 		Gletscher
                                                                                                   		 Wichtige Kurs-Infos
                                                                                                                                                                                                                                                       Hüttentipp
                                 16 Kurz & bündig                                                                                                                                                                                                      für Familien
                                 		 Rezepte aus der Wildnisküche

                                 18 Live Aus dem Vereinsleben
                                 		 Vor 50 Jahren: K6                                                                                                                                                                                                 Spechtenseehütte                              ÖAV Sektion Stainach, Totes Gebirge

                                  20 berg erleben
                                 		 Paragleiten – Freiheit mit Verantwortung                                                                                                                                                                          Eignung:          Kinder ab Babyalter
                                                                                                                                                                                                                                                      Lage:             Die Hütte liegt im Wörschachwalder Hochtal – dort wo noch der Bergbauer arbeitet.
                                                                                                                                                                                                                                                                        Gleich in der Nähe befindet sich der Spechtensee
                      24                        37                                                                                                                                                                                                    Erlebnisbereiche: Bade- und Fischereimöglichkeit im Spechtensee, Spechtenseemoor, Kletterrouten, Lagerfeuer im Tipi,

                                                !
                                                                                                                                                                                                                                                                        Bogenschießen
                                                       detailierte Informationen zur
                                                                                                                                                                                                                    201920008

                                                                                                                                                                                                                                                      Touren:           Einige Gipfel gibt es rundherum zu besteigen. So z. B. den Hechlstein (1.815 m, 2,5 Std.), den Hochtausing
                                                       Jahreshauptversammlung                                                                                                                                                                                           (1.822 m, 4 Std. Klettersteig), den Reidling (1.911 m, 4 Std.) oder das Feldl (1.696 m, 2,5 Std.).
                                                       aufgrund besonderer                                                                                                                                                                            Bewirtschaftung: Anfang Mai bis Ende Oktober,
                                                       Versammlungsbeschränkungen                                                                                                                                                                                      Ende Dezember bis Ostermontag
                                                       finden Sie auf Seite 37.
                                                                                                                                                                                                                                                      Hüttenwirte:      Herbert und Evi
                                                                                                                                      - gedruckt nach der Richtlinie
                                                                                                                                        "Druckerzeugnisse" des                                                                                                          Tel./Fax: +43 3688/26 66
                                                                                                                                         Österreichischen Umweltzeichens,                                                                                               eMail: office@spechtensee.com
                                                                                                                                         UW-Nr. 837
                                                                                                                                                                                                                                                                        Website: www.spechtensee.com
Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Alpenverein Salzburg
Redaktionsteam: Roland Kals, Elisabeth Katzengruber, Karl Regner, Hans Steyrer, Gudrun Wallentin und Harald Wieser. Nonntaler Hauptstraße 86,
A-5020 Salzburg / Grafik: Christian Pichler / Produktion: Samson Druck GmbH, Samson Druck Straße 171, A-5581 St. Margarethen i. Lungau                                                                                                                		               Quelle: DAV, ÖAV, AVS (2020).
Verlags- und Herstellungsort: Salzburg, Erklärung nach § 25, Abs. 4 Mediengesetz 1981: „HOCH HINAUS“ ist die Vereinszeitschrift des Alpenvereins                                                                                                      		               Mit Kindern auf Hütten.
Salzburg. In ihr vertritt der Verein seine Interessen in der Öffentlichkeit. Sie dient dem Erreichen der Vereinsziele, der Information sowie der Kontaktpflege
                                                                                                                                                                                                                                                      				                                    Foto: Picasa, Spechtenseehütte
und Meinungsbildung. Offenlegung nach § 25, Abs. 1–3 Mediengesetz 1981: Alpenverein Salzburg: Nonntaler Hauptstraße 86, A-5020 Salzburg (100 %),
Vorsitzender: Roland Kals, Ausgabe Nr. 259–September, Oktober, November 2020

4    HOCH Hinaus |259                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         HOCH Hinaus |259         5
HOC H HINAUS www.alpenverein-salzburg.at - Österreichischer Alpenverein
Stichworte                                                                                                                                                                                                                      Alpin-Philosophicum

A
        uch wenn die gegen-      prominente Erlebnisverkäu-       die Erlebnisdienstleister de-   Dabei bieten gerade die
        wartsdiagnostische       fer Jochen Schweizer – „Du       ren hohes Erlebnispotenzial     Berge den Raum dafür, uns
        Rede von der „Erleb-     bist, was Du erlebst“. Und       zu nutzen und eine entspre-     ganz Anderes zu er-leben
nisgesellschaft“ schon etwas     wer will schon nichts sein.      chend hohe Erlebnisdich-        als das, was der zeitgenös-
in die Jahre gekommen ist,       Bergerlebnisse stehen der-       te zu orchestrieren wissen.     sische Erlebnis(be)trieb uns
treibt weiterhin ein nicht       zeit auf der Liste der bevor-    Nun besteht das so angeprie-    anschafft: unerwartete Au-
geringer Erlebnishunger die      zugten      Erlebnisprodukte     sene „Erleben“ aber meist vor   genblicke nämlich, die unser
Zielvorgaben      unser                                                                                 Leben dadurch berei-

                           Erlebnis
Außeralltäglichkeits-                                                                                   chern, dass sie einfach
management an.                                                                                          nur sind was sie sind:
Auf den gut bestück-                                                                                    starke Momente, die
ten Märkten des Erleb-                                                                                  keinen Zweck erfül-
nishandels finden sich                                                                                  len müssen und uns
daher vielfältige Erlebnispro-   ganz oben. Die Stakeholder       allem darin, die Bergzeit zum   bei uns selbst sein lassen.
dukte zur existenziellen Vita-   der alpinen Freizeitwirtschaft   Produktionszusammenhang
lisierung des sonst tristesse-   – Tourismus, Ausrüster, Al-      mehr oder weniger gleichför-

                                                                                                                                                                                              Aufsteigen
bedrohten Lebenswegs.            penvereine – übertreffen         miger Erlebnisgeschichten
                                 sich nachgerade mit betö-        zu machen, deren Storyline
Und für den sollte man sich      renden Erlebnisversprechen.      den Drehbüchern professi-
entsprechend rüsten, denn        Und – ja, in den Bergen gibt     oneller Erfahrungsdesigner
– so unterweist uns z. B. der    es viel zu erleben, weshalb      folgt.                                      Text: Jens Badura

                                                                                                                                                                                                   um oben zu sein
                                                                                                                                  Blick in die Provence vom Gipfel des Mont Ventoux.

                                                                                                                                   – Über die Philosophie des Bergsteigens
                                                                                                                                                                                                                         erfordert nicht nur ein
                                                                                                                                                                                                                         bestimmtes Maß an sportli-
                                                                                                                                                                                                                         cher Herausforderung. Mit
                                                                                                                                                                                                                         dem Weg nach ganz oben
                                                                                                                                                                                                                         ist immer auch ein Pfad ins
                                                                                                                                                                                                                         eigene Innere verbunden.
                                                                                                                                                                                                                         Dieser Dualismus macht das
                                                                                                                                                                                                                         Bergsteigen zur philosophi-
                                                                                                                                                                                                                         schen Tätigkeit.
                                                                                                                                                                                                                            Der nachweislich erste

                                                                                                                                                                                       W
                                                                                                                                  von Harald Wieser                                               er hoch hinauf         „Alpinist“, der zu dieser
                                                                                                                                                                                                steigt, findet zu sich   Erkenntnis kam, war der ita-
                                                                                                                                                                                             selbst. Bergsteigen als     lienische Dichter, Geschichts-
                                                                                                                                                                                       Bewusstseinsbildung          zu   schreiber und Philosoph
                                                                                                                                                                                       praktizieren ist ein Vorgang,     Francesco Petrarca. Er lebte
                                                                                                                                                                                       den wir Francesco Petrarca        von 1304 bis 1374 und gilt,
                                                                                                                                                                                       verdanken, der somit zum          zusammen mit Dante Alighi-
                                                                                                                                                                                       Vater des Alpinismus wird,        eri und Giovanni Boccaccio,
                                                                                                                                                                                       wie wir ihn heute kennen.         als bedeutender Vertreter des
                                                                                                                                                                                                                         Renaissance-Humanismus.
                                                                                                                                                                                       Gleichzeitig    wird    Berg-     Vom 26. April 1336 existiert
                                                                                                                                                                                       steigen      zum      Gegen-      ein Brief, den Petrarca an
                                                                                                                                                                                       stand    einer    philosophi-     den Frühhumanisten Dio-
    FOTOGruppe Günther Kirchmayr, „Auf dem Hohen Göll“.                                                                                   Ein Klassiker für Rennradfahrer –            schen     Betrachtungsweise.      nigi di Borgo San Sepolcro
                                                                                                                                                          der Mont Ventoux.
                                                                                                                                                                                       Einen Berg zu besteigen           schrieb, in dem er ihm die

6    HOCH Hinaus |259                                                                                                                                                                                                           HOCH Hinaus |259     7
HOC H HINAUS www.alpenverein-salzburg.at - Österreichischer Alpenverein
Alpin-Philosophicum                                                                                                                                                                                                                                                         Alpin-Philosophicum

  Besteigung des Mont Ven-      Heute ist der Ventoux von       Meilenstein, denn                                                                                                                                  bei Petrarca eine     Der wanderfreudige Italiener   Der Aufstieg ins Unbekann-
  toux (1.909 m) in der Pro-    drei Seiten über eine gut       zum ersten Mal                                                                                                                                     neue Natur- und       handelte bei seiner „Erstbe-   te, zur Offenbarung des
  vence schilderte.             asphaltierte Straße zu errei-   wurde ein Berg                                                                                                                                     Landschaftserfah-     steigung“ aus einem inneren    Unbekannten im Menschen.
  Er hatte den Gipfel nicht     chen. Radsportbegeisterte       nicht lediglich aus                                                                                                                                rung mit, bei der     Verlangen heraus. Erstmals     Damit setzte sich Petrarca
  alleine erklommen, sondern    kennen ihn als Teil der Tour    praktischen Grün-                                                                                                                                  sich    ästhetische   hatte der Mensch seinen        über die, bis dahin bekann-

                                                                                                                                                                   Heute „zieren“ große Sendemasten den Gipfel.
  zusammen mit seinem Bru-      de France oder von der „Cin-    den bestiegen. Das                                                                                                                                 und kontemplative     Platz oben eingenommen         ten Normen des christlichen
  der und zwei Begleitern.      glés du Mont-Ventoux“, einer    Zusammenfallen                                                                                                                                     Sichtweisen mitei-    und nicht am Fuß der Berge     Mittelalters hinweg, selbst
  Demnach handelt es sich da-   Challenge, bei der man alle     von Naturerlebnis                                                                                                                                  nander verbinden.     mit dem ehrfürchtigen Blick    wenn er am Gipfel doch
  bei um die erste dokumen-     drei Auffahrten an einem Tag    und die Rückbe-                                                                                                                                                          hinauf. Ein Schritt in eine    wieder einen Kirchenvater
  tierte, gemeinsame Bergtour   bewältigen muss, um in den      sinnung auf sich                                                                                         Manche      Wissen-                                             neue Denkweise.                zitierte.
  (!). Nachdem sie oben ange-   „Club der Verrückten“ aufge-    selbst     bedeutet                                                                                      schaftler    gehen
  kommen waren, betrachtete     nommen zu werden.               eine geistige Wen-                                                                                       heute sogar so                                                  Die Perspektive des Men-
  Petrarca die Landschaft und                                   de, die Petrarca in                                                                                      weit, in der Bestei-                                            schen veränderte sich da-
  wandte sich, angeregt durch   Neben den sportlichen Leis-     eine Reihe mit Pau-                                                                                      gung des Mont                                                   durch: Nun sah der Mensch
  ein zufällig aufgeschlage-    tungen moderner Athleten,       lus von Tarsus, Au-                                                                                      Ventoux       einen                                             erstmals, gottgleich von
  nes Wort aus den Confessio-   mag die Besteigung des          gustinus und Jean-                                                                                       kulturhistorischen                                              oben nach unten. Jeder ein-
  nes des Augustinus, an sich   Mont Ventoux zwar einfach       Jacques Rousseau                                                                                         Schlüsselmoment                                                 zelne dieser 1.909 Höhen-
  selbst:                       wirken, dennoch gilt sie als    stellt.                                                                                                  an der Schwelle                                                 meter offenbarte ihm eine
                                                                                         Petrarca sah die Natur               verderblichen Ort, der nur                 vom Mittelalter zur                                             Erkenntnis über sich und die
                                                                                         und damit die Welt, im               Durchgangsstation in eine        Neuzeit zu sehen. Daneben                                                 Welt. Damit hielt Francesco
„Und es gehen die Menschen hin, zu bestaunen                                             Unterschied zu mit-                  jenseitige Welt ist, sondern     gilt Petrarca aufgrund dieser                                             Petrarca in seinem ersten
die Höhen der Berge, die ungeheuren Fluten des Meeres, die breit                         telalterlichen Vorstel-              sie besaß nun in seinen Au-      ersten „touristischen“ Berg-                                              „Tourenbericht“ fest, was im
                                                                                         lungen, nicht mehr als               gen eine eigene Wertigkeit.      besteigung als Vater der                                                  Kern des modernen Alpinis-
dahinfließenden Ströme, die Weite des Ozeans und die Bahnen der Gestirne                 einen rein feindlichen               Wie in der Landschaftsma-        Bergsteiger und als Begrün-                                               mus immer noch Bestand
und vergessen darüber sich selbst.“                                                      und für den Menschen                 lerei der Renaissance, klingt    der des Alpinismus.                                                       hat:

      FOTOGruppe Manfred Krenek, „Die Grundübelhörner“ .                              „Johann-Klettersteig, Dachstein“.   „Begegnung an der Jochbergstraße“.                                                      „Am Litzlkogel".

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HINTERGRÜNDE                                                                                                                                                                                                                        HINTERGRÜNDE

                                                                                                                                                     prägnante Gipfelaufbauten (Hörner) oder breite, U-förmig ausgehobelte Täler zeigen. Die
                                                                                                                                                     Mechanismen und zeitlichen Dimensionen, die zur Entstehung dieser topographischen Be-
                                                                                                                                                     sonderheiten führen, sind allerdings immer noch wenig bekannt.

                                                                                                                                                      Entstehung von Gletschern

                                                                                                                                                     Gletscher können sich dort bilden, beziehungsweise bestehen bleiben, wo Teile des gefalle-
                                                                                                                                                     nen Schnees über viele Sommer erhalten bleiben. In den Alpen befindet sich diese Grenze
                                                                                                                                                     aktuell jenseits der 3.000 m, doch lag sie in der letzten Million Jahre zumeist deutlich niedri-
                                                                                                                                                     ger. Gefallene Schneeflocken werden in kompaktere Eiskristalle umgewandelt, die unter der
                                                                                                                                                     zunehmenden Auflast immer dichter werden.
                                                                                                                                                     Wird die Auflast so groß, sodass der Reibungswiderstand mit dem Untergrund überwunden
                                                                                                                                                     wird, kann die Eismasse unter dem eigenen Gewicht plastisch abwärts fließen. In den Sommer-
                                                                                                                                                     monaten schmilzt es vor allem in tieferliegenden Bereichen. Wenn die Eisneubildung durch
                                                                                                                                                     den gefallenen Schnee in den höheren Lagen (Nährgebiet) größer ist als das Abschmelzen
                                                                                                                                                     in den tieferen Lagen (Zehrgebiet), wächst der Gletscher, bis sich ein Gleichgewicht einge-
                                                                                                                                                     stellt hat. Gletscher reagieren, wie man in den Alpen gut erkennen kann, sehr empfindlich
                                                                                                                                                     auf Klimaschwankungen.
                                                                                                                                                     Heute sind weltweit die allermeisten Gletscher im Rückzug und fern eines Gleichgewichtes:
                                                                                                                                                     Eis schmilzt nicht nur stärker im Zehrgebiet, sondern es bleibt auch zu wenig Schnee über den
                                                                                                                                                     Sommer im Nährgebiet erhalten, sodass ausreichend neues Eis gebildet werden kann.

                                                                                                                                                      Gletscher als effektive Landschaftsgestalter: Erosion und Ablagerung
                                                                                                                                                      über geologische Zeitskalen

                                                                                                                                                     Die Erosionswirkung durch das fließende Eis auf dem Untergrund macht Gletscher zu wichti-
                                                                                                                                                     gen Landschaftsgestaltern. Sediment, das an der Basis des Eises festgefroren ist, wirkt auf das
                                                                                                                                                     darunterliegende Gestein wie Schleifpapier. Friert das Eis selbst lokal an der Basis an, können
                                                                                                                                                     größere Gesteinsstücke aus dem Fels gelöst werden. Wasser, das an der Basis auch in flüssiger
                                                                                                                                                     Form vorliegen kann, kann einerseits bewegungsfördernd auf den Gletscher wirken, anderer-
                                                                                                                                                     seits auch einen wichtigen Betrag zur Erosion leisten, vor allem wenn es unter Druck steht. In
                                                                                                                                                     sehr kalten Regionen, wie der Antarktis, ist oft der gesamte Gletscher an der Basis angefroren
                                                                                                                                                     und die Bewegung sowie die Erosion sind dort stark reduziert. Die Erosionsmechanismen der
                                                                                                                                                     Gletscher sind damit völlig anders als jene von Flüssen und viele Gebirge, die in den inten-
                                                                                                                                                     siven Kaltphasen der letzten 1 Million Jahre von Eis bedeckt waren, wurden dadurch massiv
                                                                                                                                                     verändert.
                                                                                                                                                     So wurden z.B. bestehende Täler zu Trögen aufgeweitet und oft weit unter das bestehende
                                                                                                                                                     Flussniveau eingetieft. (Bild ➀ „Lauterbrunnental“) 				                                    >>
von Bernhard Salcher
                                                                                                                                               ➂

Von sensiblen Klimaanzeigern zu effektiven
Landschaftsgestaltern
  Gletscher in der Erdgeschichte                                                   ein Maß ansteuert, wie es dieses seit
                                                                                   vielen Millionen Jahren nicht mehr ge-

 I
       n den 4.5 Milliarden Jahren der     In diesem Zeitraum war die Erde be-     geben hat (Grafik „CO2 Konzentration“).
       Geschichte unserer Erde gab es      sonders deutlichen Klimaschwankun-      Dass Gletscher auf den meisten Konti-
       einige Perioden, in denen weite     gen ausgesetzt. In den kältesten Pha-   nenten und in vielen Gebirgen unserer
 Teile der Landmassen mit Gletschern       sen waren mehr als 30 % der globalen    Erde wesentlich an der Landschafts-
 bedeckt waren.                            Landmassen unter Eis, in Warmzei-       entwicklung beteiligt waren, lässt sich
 Auch die letzte Million Jahre vor heute   ten wie heute sind es nur mehr etwa     an den ganz charakteristischen Sedi-
 war eine Zeit intensiver Vergletsche-     10 %. Gegenwärtig können wir nicht      menten und Oberflächenformen er-
 rung, in der die globale Eisausdehnung    nur in den Alpen beobachten, wie der    kennen.
 zumeist deutlich größer war als sie       menschliche Einfluss auf das globale    Im Gebirge sind diese Formen oft
 das heute ist.                            Klima wirkt, und die Eisausdehnung      besonders eindrucksvoll, wie z.B. Kare,   Bilderklärungen am Ende des Berichts.                                                                                ➀

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HINTERGRÜNDE                                                                                                                                                                                                                                        HINTERGRÜNDE

    Dort, wo die Gletscher am mächtigs-      tal sind, bedingt durch die reichliche     endeten erst mehrere Zehnerkilometer       Konsequenzen werden sich keinesfalls
    ten wurden, etwa in den tiefgelegenen,   Fracht der Flüsse, längst Vergangenheit.   vom Alpenrand entfernt. Einen guten        nur kurzfristig bemerkbar machen,
    großen Alpentälern, wie dem Rhein-,      Ob diese glazial geschaffenen Becken       aktuellen Vergleich für die damalige Si-   sondern auch über geologische Zeit-
    Inn-, oder Salzachtal war die Erosion    die Produkte vieler Vereisungsphasen       tuation liefert der Malaspinagletscher     räume wirken.
    am stärksten. Es wurden bis zu einige    der letzten Million Jahre sind, oder vor   in Alaska. Nach dem Abschmelzen ent-       Mit zunehmender Höhe werden die
    Zehnerkilometer lange und viele hun-     allem durch die initialen Eisbedeckun-     standen große, aber flachere Seen, da      Täler kleiner und auch die Gletscher,
    derte Meter tiefe Becken ausgeschürft    gen entstanden sind, und später nur        die Tiefenerosion weniger fokussiert       die sie einst durchflossen. Die Tiefen-
    und das, obwohl die Eisbedeckung nur     erweitert wurden, ist ungeklärt. Die       war als in den Alpentälern.                schürfleistung der Gletscher nimmt
    während der kältesten Phasen einer       flachen Talböden der verfüllten Berei-     Aus den besonders flachen sind die         mit der Eismächtigkeit ab, bleibt aber
    Eiszeit gegeben war und wohl nie viel    che sind heute wichtige Siedlungs- und     größten Moore des zirkumalpinen Rau-       lokal in den Oberläufen von Einzugs-
    mehr als je 10.000 Jahre andauerte.      Landwirtschaftsräume und die groben        mes entstanden. In Österreich ist das      gebieten bedeutsam, wie man an den
                                             Sedimente der Füllung, wie Sand und        beispielsweise der Ibmer-Weidmoos          heute eisfreien und oft wassergefüll-
    In den so geschaffenen Becken blieben    Kies, bedeutende Wasserspeicher und        Komplex (Bild ➄ „Ibmer Moor“ ). Noch       ten Karbecken erkennen kann.
    meist Seen zurück. Viele wurde durch     wichtiger Rohstoff.                        bestehende Seen werden kontinuier-         Kare können bereits von kleinen
    den reichlichen Schutt, den die Glet-                                               lich weiter mit Sediment befüllt und       Gletschern geschaffen werden. Sie             ➄
    scher hinterließen, rasch wieder auf-    Durch die Verfüllung der Seen (Verlan-     viele werden in den nächsten Jahrtau-      zeigen auch, in welch tiefen La-
    gefüllt. Nur sehr große Seen, wie der    dung) wurde der Grundstein für die Bil-    senden verschwunden sein.                  gen sich einzelne Gletscher in den           Spalt zwischen Fels und beginnendem            Gletschern bedingen eine effektive
    Boden- oder der Genfersee oder Seen      dung wichtiger Ökosysteme geschaf-                                                    kältesten Phasen der vorangegan-             Gletscher (Bergschrund) und kann wie           „rückschreitende“ Erosion und fördern
    abseits der Haupttäler, die nur durch    fen, die heute leider weitestgehend        Viele könnten aber wiedererstehen und      genen Eiszeiten, ganz abseits des            durch ein Förderband abtransportiert           z.B. die Umwandlung eines Gebirgs-
    kleinere Flüsse mit verhältnismäßig      verschwunden sind: Zum einen für           manch neuer könnte auch hinzukom-          großen alpinen Eisstromnetzes, bil-          werden. Unterhalb des Bergschrundes            kammes zu einem scharfen Grat oder
    geringer Sedimentfracht gespeist         Moore, zum anderen für Aulandschaf-        men, wenn die Gletscher in der nächs-      den konnten. Das östlichste Kar der          berührt das Eis die Felswand und kann          auch die Bildung von Hörnern, wenn die
    wurden, bestehen auch noch knapp         ten deren Existenz durch die häufige       ten Intensivphase der kommenden            Alpen ist die „Breite Ries“ am Schnee-       durch anfrieren Stücke aus der Wand            Erosion von mehreren Seiten ansetzt
    20.000 Jahre nach der letztmaligen       Überflutung der nun flachen Talböden       Eiszeit zum wiederholten Male in tief-     berg in Niederösterreich auf etwa            lösen.                                         (Bild ➂ „Matterhorn“). Mit fortschreiten-
    Bedeckung durch die Eismassen.           gefördert wurde.                           gelegene Täler vordringen und die Be-      1.300 m, deren helle Schutthalden            Der Gletscher „frisst“ sich also durch         der Erosion bleibt eine verhältnismäßig
                                             In den kältesten Phasen der voran-         cken wieder von ihrer Füllung befreien.    an klaren Tagen bis weit über Wien           Erosionsprozesse an der Basis und              flache Landschaft zurück, wo die glazi-
    Wunderschöne Beispiele dafür finden      gegangenen Eiszeiten, zuletzt vor ca.      Ob es allerdings wirklich so weit kommt,   hinaus sichtbar sind.                        oberhalb des Gletschers gleicherma-            ale Erosion nur mehr reduziert wirkt.
    sich z.B. in den vielen Seen des Salz-   20.000 Jahren, flossen Gletscher weit      ist keinesfalls sicher, denn der Mensch    Kare werden bei entsprechender Ge-
    kammergutes. (Bild ➁ „Wolfgangsee“ )     ins nördliche Alpenvorland und             greift massiv in das Klima ein und die
    Ehemalige Seen im Inn- und Salzach-

                                                                                                                                   ➃
                                                                                                                                   steinsfestigkeit auch häufig von steilen     ßen langsam in die dahinterliegende            Die höchsten Gipfel, Hörner und viele
                                                                                                                                   Felswänden begrenzt. Diese Steilheit         Felswand.                                      der höchsten Wände der Alpen befin-
                                                                                                                                   von Wänden oberhalb von Gletschereis         Die Erosionsleistung hinter diesen Pro-        den sich in Bereichen immer noch star-
                                                                                                                                   im Nährgebiet wird dadurch gefördert,        zessen ist zwar nicht so groß, wie jene        ker Vergletscherung, beispielsweise
                                                                                                                                   dass die Frostverwitterung bzw. die          der Aushobelung der großen Alpentä-            im Wallis oder dem Berner Oberland
                                                                                                                                   Frost-Tauzyklen etwas oberhalb des Ei-       ler, sie ist aber viel stetiger, weil höhere   (Bild ➃ „Obergabelhorn“). Sie weisen
                                                                                                                                   ses besonders intensiv sind.                 Lagen naturgemäß häufiger von Glet-            nicht nur auf hohe Gesteinsfestigkeit
                                                                                                                                   Das Material, das von den Felswänden         schern bedeckt sind.                           hin, sondern auch auf geologisch jun-
➁                                                                                                                                  herabstürzt, fällt auf das Eis oder in den   Frostprozesse mit Unterstützung von            ge, tektonische Heraushebung von
                                                                                                                                                                                                                                                                  >>

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Gesteinsmaterial aus tieferen
                                                                                                                                     Abbildungsunterschriften:
Krustenteilen, die dem Abtrag
durch Gletscher entgegenwirkt.                                                                                                       Grafik „CO2 Konzentrationen“ der letzten 800.000 Jahre
Ein prominentes Beispiel eines                                                                                                       Die letzte knapp 1 Million Jahre war eine Zeitspanne besonders deutlicher Kontraste zwischen Warm- und Kaltphasen. Die CO2 Werte ent-
alten Gebirges mit vernach-                                                                                                                                                          stammen aus verschiedenen antarktischen Eisbohrkernen und wurden von Lüthi et al.
                                                                                                                                                                                     2008 (doi:10.1038/nature06949) zusammengetragen. Die höchsten Werte markieren die
lässigbarer tektonischer Akti-                                                                                                                                                       wärmsten Phasen der Warmzeiten. Die tiefsten Werte markieren die kältesten Phasen der
vität, aber intensiven Phasen                                                                                                                                                        Eiszeiten. Bei diesen glazialen Maxima, wie zuletzt vor 20.000 Jahren, waren die Alpen
glazialer Erosion sind die skan-                                                                                                                                                     fast vollständig mit Eis bedeckt und nur die östlichsten und südwestlichsten Teile der Alpen
dinavischen Kaledoniden. Gla-                                                                                                                                                        blieben von einem geschlossenen Eispanzer verschont. Die Abbildung zeigt auch, wie groß
                                                                                                                                                                                     der menschliche Einfluss auf das Klima bereits ist: In keiner vorangegangen Warmzeit werden
ziale Erosion hat die höheren                                                                                                                                                        über 300 ppm CO2 erreicht.
Bereiche eingeebnet und nur                                                                                                                                                          Heute liegt der Wert bei über 415 ppm, ein Wert wie er wohl zuletzt vor über 5 Millionen Jah-
die tiefliegenden Täler wurden                                                                                                                                                       ren im Miozän erreicht wurde.
ausgeweitet und ausgehobelt:
                                                                                                                                                                                     Bild ➀ „Lauterbrunnental“
ausgedehnte         Plateauland-                                                                                                                                                     Das Lauterbrunnental im Berner Oberland ist ein klassisches U-Tal. Durchfließt ein Gletscher
schaften stehen tiefen Fjorden                                                                                                                                                       ein ursprünglich nur durch Flusskraft geformtes V-Tal, weitet er dieses auf und tieft es ein. Es
gegenüber.                                                                                                                                                                           entstehen steile Flanken und Becken. Nach dem Wegfallen des glazialen Widerlagers werden
                                                                                                                                                                                     die steilen Flanken instabil und anfällig für Massenbewegungen, Schutt reichert sich an den
Gletscher bedingen also einer-                                                                                                                                                       Hängen an. Im Lauterbrunnental ist der Fels sehr stabil, und zeigt die glazial erzeugte Steil-
seits Prozesse, die auf längere                                                                                                                                                      heit auch lange nach dem Verschwinden des Eises. Nach dem Abschmelzen entstehen oft
Sicht zu einer Versteilung der                                                                                                                                                       Seen, die nach der Auffüllung flache Talböden bilden.
Landoberfläche führen, ande-
rerseits zu einer Verflachung.      ➅
                                                                                                                                                                                     Bild ➁ „Wolfgangsee“
                                                                                                                                                                                     Seen abseits der Haupttäler, die von kleineren Flüssen mit geringerer Sedimentfracht ge-
Prozesse nach der Eisschmelze                                                                                                                                                        speist werden, bestehen auch noch knapp 20.000 Jahre nach der letztmaligen Gletscher-
                                                                                                                                                                                     bedeckung. Der Zinkenbach als wichtigster Zubringer des Wolfgangsees zeigt beispielhaft,
                                                                                                                                                                                     wie Seen kontinuierlich mit Sediment befüllt werden. Mehr als 15.000 Jahre nach dem Ver-
Insbesondere die Alpen sind ein Ge-          Auch wenn heute nur mehr ein kleiner                                                                                                    schwinden der Gletscher teilt das Sediment des Zinkenbachfächers den See zunehmend in
birge, das in der letzten Million Jahre      Rest von der einstigen Größe der Al-                                                                                                    zwei Teile. Viele Seen werden auf ähnliche Weise in einigen tausenden Jahren verschwunden
mehrmals zwischen geringer Verglet-          pengletscher geblieben ist, zeigen uns                                                                                                  sein. In einer kommenden Eiszeit könnten diese Seen von Gletschern aber wieder ausgeräumt
scherung, ähnlich heute, und einem           die Landschaftsformen vom Gebirge                                                                                                       werden und so den Kreislauf des Werdens und Vergehens von Seen fortführen.
Zustand der nahezu vollkommenen              bis ins alpine Vorland welche unglaub-
                                                                                                                                                                                     Bild ➂ „Matterhorn“
Eisbedeckung, hin- und herschwankte.         liche Bedeutung sie für dessen Gestal-                                                                                                  Hörner gehören mit zu den spektakulärsten Resultaten von Gebirgsvergletscherung und sind
Dieses Hin- und Herschwanken ist mit         tung hatten und wie sehr Mensch und                                                                                                     Zeugen der einstigen Topographiehöhe umliegender Gebiete. Sie sind das Produkt von inten-
einer Änderung der vorherrschenden           Natur davon profitiert haben.                                                                                                           siver Vergletscherung und begleitenden Frostprozessen.
                                                                                                                                                                                     Gletscher bedingen die Ausbildung von steilen Felswänden, die sukzessive abgetragen wer-
Erosionsprozesse verbunden und be-           Die Wechselwirkungen zwischen plat-                                                                                                     den. Zurück bleiben relativ flache Landschaften die nun von Gletschern überflossen und wei-
dingt einen dauerhaft instabilen Zu-         tentektonischen Prozessen, die die                                                                                                      ter abgehobelt werden können. Dieser Kontrast – extreme Steilheit neben verhältnismäßig
stand. Wenn Gletscher Täler eintiefen        Alpenbildung steuern, und Klima, das                                                                                                    flacher Topographie – zeigt das 4.478 m hohe Matterhorn und seine Umgebung eindrucks-
und aufweiten, werden Talflanken stei-       einen starken Einfluss auf die Erosion                                                                                                  voll.
ler und stark mechanisch beansprucht.        hat, sind in geologischen Zeitdimensi-
                                                                                                                                                                                     Bild ➃ „Obergabelhorn“
Mit dem Abschmelzen des Eises und            onen komplex und werden noch nicht         Bernhard Salcher                                                                             Das Obergabelhorn (4.063 m) mit dem Gabelhorngletscher in den Walliser Alpen zeigt ein
dem Fehlen des Widerlagers werden            sehr gut verstanden.                                                                                                                    noch gletschergefülltes Kar. Tiefer unten zeigen sich die vom Eis jüngst freigegebenen,
                                                                                        Studium der Geologie in Wien (1996-
diese instabil. Die Folge sind gravitative   Hier besteht noch großer Forschungs-                                                                                                    polierten Felsen und die scharfen Moränenrücken die die Größe des Gletschers um 1850
                                                                                        2004). Anschließendes Doktorat eben-                                                         verraten.
Massebewegungen (wie z. B. Bergstür-         bedarf, gerade auch um die Konse-          dort (2005-2008). Zwischen 2009 und
ze, Felsgleitungen, Hangfließen). Berei-     quenzen des menschlichen Eingreifens       2012 Postdoktorat an der ETH Zürich.
che höherer Instabilität sind wiederum       besser einschätzen zu können.              Seit 2012 Assistenzprofessor an der Uni
anfälliger, auf Klimaveränderungen           Die Alpen, das geologisch wohl am          Salzburg. Seit der Habilitation 2017 asso-
oder tektonische Ereignisse (Erdbeben)       besten untersuchte Gebirge der Welt,       ziierter Professor mit dem Schwerpunkt
                                                                                        Quartärgeologie. Dank des österreichi-                                                       Bild ➄ „Moorkomplex des Ibmer-Weidmoos“
mit Massenbewegungen zu reagieren.           bieten in ihrer Vielfalt die idealen Be-                                                                                                Das größte Moor Österreich bildete sich nach der Verlandung eines Sees, dessen Becken im
Unmittelbar nach dem Abschmelzen             dingungen, diese Wechselwirkungen          schen Alpenvereins hat der 1978 gebo-
                                                                                                                                                                                     Zuge der letzten Vereisung nahe dem Eisrand geschaffen wurde. Es liegt etwa 30 km nörd-
                                                                                        rene Wiener schon sehr früh die Chance                                                       lich der Alpen und bezeugt, wie weit die Gletscher in den kältesten Phasen der Eiszeiten
sind Prozesse der Massenumvertei-            zu studieren.
                                                                                        bekommen, die Berg- und Gletscherwelt                                                        in das Alpenvorland vordrangen. Heute ist es durch menschlichen Eingriff stark verändert.
lung am stärksten und nehmen in der
                                                                                        der Alpen zu erkunden.
Frequenz und Größe der Ereignisse mit                                                   Das Interesse an landschaftsprägenden
der Zeit ab. Trotzdem, selbst in tiefen                                                 Dynamiken inalpiner und polarer Regio-
Lagen der Alpen wo der zeitliche Ab-                                                    nen hat sich so weiter vertieft.
stand zwischen den Eisbedeckungen
                                                                                                                                                                                     Bild ➅ „Modell des Salzachtales ohne Sedimentfüllung“
bis zu 100.000 Jahre umfasst, wird die-                                                                                                                                              Im Bereich der Alpenhaupttäler betrug die Eismächtigkeit der Gletscher zum Teil weit
se durch Gletscher verursachte Instabi-                                                                                                                                              über 1.000 m. Trotz – geologisch gesehen – zumeist nur relativ kurzer Eisfüllung war die
lität möglicherweise über einen langen                                                                                                                                               Tiefenerosion während der Eiszeiten enorm. In den durchs Eis geschaffenen Becken bilde-
Zeitraum wirksam bleiben.                                                                                                                                                            ten sich nach dem Abschmelzen Seen. Nach der letzten Eisbedeckung vor ca. 20.000 Jahren
                                                                                                                                                                                     sind bereits viele von ihnen wieder verfüllt. Das Bild zeigt die Form der Felsoberfläche des
                                                                                                                                                                                     Salzachtales (zwischen Golling und der Stadt Salzburg), ohne Sedimentfüllung. Der Fels
                                                                                                                                                                                     wurde vermutlich bis auf etwa Meeresniveau erodiert. Modell von J. Pomper mittels
                                                                                                                                                                                     Software „Petrel“ (Masterarbeit Universität Salzburg, Betreuer B. Salcher).

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HOC H HINAUS www.alpenverein-salzburg.at - Österreichischer Alpenverein
Kurz & Bündig

      Zwei Lieblings-Rezepute
                            n se re r Wil d n is k ü c h e                                                                                        Nicht alles ist Boulderbar
      			             aus                                                                                                                         Bouldern ist aus den Städten heute nicht mehr wegzudenken.
                                                                                                                                                  5 Argumente für das Klettern auf Absprunghöhe.
                                                                                                                                                  1 – Bouldern ist niederschwellig
              Porridge zum Frühstück                                                                                                              Wer bouldern will, braucht keinen Master im Seilhandling und auch keine dicke Brieftasche. Bouldern in der Halle kann eigentlich
                                                                                                                                                  jeder und jede, der/die mit einem gewissen Bewegungshunger ausgestattet ist und ein paar Grundregeln beherzigt.
              Das Porridge ist bei den Jugendgruppen sehr beliebt, weil es eine                               Zubereitung: Wasser zum
              warme, nahrhafte Mahlzeit ist. Von diesem schnell zubereiteten                                  Kochen bringen, Haferflocken        2 – Bouldern ist kommunikativ
              Muntermacher ist man lange satt, was besonders bei Skitouren aber                               hinzugeben und aufkochen            Bouldern macht unabhängig und geht auch ohne Partner. Bouldern ist kommunikativ, weil es kein stupides Gegeneinander ist
              auch bei Klettertouren von Vorteil ist.                                                         lassen. Restliche Zutaten un-       und der Schmäh auf der Boulder-Matte erfahrungsgemäß besser rennt als auf der Psycho-Couch.
                                                                                                              termischen und gut umrühren
                                                                                                                                                  3 – Bouldern ist inklusiv
              ZUTATEN für 2 Personen                                                                          bis die Flüssigkeit von den         Familienfreundlicher geht selten. Weil das 8A-Problem und das 5B-Problem oft am selben Block liegen, findet ihr im Normalfall
              Haferflocken (ca. 250 g), Nüsse (nach Belieben), saisonales Obst,                               Haferflocken aufgenommen            immer die „Probleme“, die zu euch passen. Boulderer sind Menschen, die Probleme suchen. Suchen nicht machen! – auf diese
              Zimt, Wasser, Vollmilch, oder jede andere Art von Milch, Honig zum Süßen                        wurde. Wenn die Haferflocken        Unterscheidung legen wir Wert.
                                                                                                              gut weich sind, dann ist das
                                                                                                              Porridge fertig. Mahlzeit!          4 – Bouldern ist komplex
              Zimt verabreicht dem Gericht nicht nur einen ausgezeichneten                                                                        Bouldern bringt eine nicht für möglich gehaltene Dynamik in die mitunter heroisch verkeilte Alpindisziplin. Kein Wunder, dass
              Geschmack, sondern wärmt auch den Körper!                                                                                           manchmal die muskelbepackte Abteilung alt aussieht, wenn es um technisch präzises Steigen oder koordinative Kreativität geht.
                                                                                                    von Robert Delleske und Judit Schachinger
                                                                                                                                                  5 – Bouldern ist spielerisch
                                                                                                                                                  Bouldern ist die Wiedergeburt des Körpergefühls aus dem Geist der Verrücktheit. Steigt mit einem Lächeln ein, wie Grandmaster
                                                                                                                                                  Loskot es einmal formulierte und probiert euch aus. Denn runterfallen tun am Ende alle.
              Dinkelsuppe mit Wildem Thymian                                                                                                      Die „boulderbars“ in Salzburg und Wien haben Pionierarbeit geleistet, weil sie vorzeigten, dass es nicht damit getan ist,
              Den Wilden Thymian, auch als Quendel bezeichnet, findet man auf                                 Zubereitung: Den Quendel            auf Pressspanplatten bunte Griffe zu schrauben. Was zählt, ist der stimmige Mix aus Sport- Bar- und Trainingsbetrieb,
              sonnigen Kalkschuttfluren. Man kann ihn zu einer würzigen Brenn-                                im Fett andünsten und zusam-        der – ganz im Sinne des Boulderns – alle Sinne anspricht.
              suppe verarbeiten. Ersatzweise kann man auch getrockneten Thymian                               men mit dem Dinkelmehl hell
              verwenden.                                                                                      rösten. Mit Wasser aufgießen,
                                                                                                              Brühwürfel hinein bröckeln,
              ZUTATEN für 2 Personen                                                                          umrühren und etwa 15 Minu-
              1 kleine Handvoll frischer oder getrockneter Wilder Thymian, ein gehäufter                      ten kochen. Würzen, vom Feu-
              EL grob gemahlenes Dinkelmehl oder Dinkelgrieß, Butter oder Öl zum                              er nehmen und das mit wenig
                                                                                                              Wasser pastös angerührte
              Anrösten, zwei Berghäferl (=1 l) Wasser, ein Gemüsebrühwürfel, Salz,
                                                                                                              Milchpulver dazu geben.
              Liebstöckel, Ysop, Muskat, Petersilie zum Würzen, ein EL Milchpulver,
              (getrockneter) Schnittlauch zum Dekorieren

              Sollte man zufällig auch wilden Schnittlauch gefunden haben (er wächst im Hochgebirge an manchen Orten in
              feuchteren Mulden), dann wäre die Sache perfekt: kleinschneiden und oben drauf!                                                        boulderbar Salzburg
                                                                                                                             von Roland Kals
                                                                                                                                                     Vermutlich größte
                                                                                                                                                     Boulderhalle Österreichs!

 Tastelier
                                                                                                                                                     täglich geöffnet
                                                                                         DAS TASTING ATELIER FÜR                                     auch an Sonn- und Feiertagen

   It's a matter of taste                                                               WEIN UND GENUSS BILDUNG                                      Richard-Kürth-Straße 9
                                                                                                                                                     5020 Salzburg
     Unsere Wein & Genuss Schule ist wieder für Sie da, zusätzlich neu                         OLIVENÖL &    REGIONALE              IMMER NEUE
     nach individuellem 'Private Dining & Drinking' Prinzip.                                   BALSAMICO      THEMEN-                                Telefon: +43 660 11 99 212
                                                                                                                                        WEIN,        office@boulderbar.net
                                                                                                 KURSE
     Genusseminare ganz exklusiv schon ab zwei Personen, inklusive                                       GIN ABENDE                 SPIRITUOSEN
                                                                                                       SEMINAR                                       www.boulderbar.net/salzburg
     Wein, Häppchen und privater Sommelière ab gesamt € 180.                                                                            UND
                                                                                        PARMESAN                                   LEBENSMITTEL
     Dazu wöchentlich wechselnde Themen-Workshops im Atelier oder                       WORKSHOP                                                         @boulderbarsalzburg
     unserem Stadt-Garten auf Voranmeldung.                                                         SCHAUMWEIN &                    WORKSHOPS
                                                                                                     CHAMPAGNER    WEIN
                                                                                                                 SEMINARE
                                                                                                                                                         @boulderbar_salzburg
Tastelier | Reichenhallerstraße 2 | 5020 Salzburg | www.tastelier.at | +43 (0) 680 242 71 75            ABEND

16     HOCH Hinaus |259                                                                                                                                                                                                                                    HOCH Hinaus |259    17
HOC H HINAUS www.alpenverein-salzburg.at - Österreichischer Alpenverein
Live aus dem Vereinsleben                                                                                                                                                                                                        Live aus dem Vereinsleben

 I
        m Jahr 1970 machten       Mit fünf Jeeps gelangten wir                                                                  auf dem wir später         Trotz stundenlangem Schau-        seil über den Riss hoch, dann     schaufeln. Pro Fahrt können
      sich neun junge Studen-     in halsbrecherischer Fahrt                                                                    Lager 3 auf 6.700 m        feln konnten wir nur ein Zelt     folgt ein Quergang, kom-          wir ca. 250 kg Nutzlast und
     ten auf den Weg nach         auf der engen, kühn in den                                                                    Höhe errichten wer-        von den Schneemassen be-          biniertes Gelände mit Fels,       drei Personen befördern,
 Pakistan. „Auf den Weg ma-       Fels gehauenen Jeepstraße                                                                     den. Die nächsten Tage     freien, daher steigen Dietmar     Schnee und Eis und drei Me-       besser und mehr als mit dem
 chen“ war damals noch wört-      zum 100 km entfernte Ka-                                                                      sind mit Expeditions-      und ich wieder zu Lager 2 ab.     ter unter dem Gipfel schlage      Floß der Einheimischen.
 lich zu nehmen. Mit einem        palu.                                                                                         alltag ausgefüllt: Las-    Der Grat bis zum Gipfelturm       ich den letzten Haken.            Am 5. August erreichen wir
 Lastwagen für das ganze          Den Fluß Shyok überquer-                                                                      ten schleppen, Lager       ist verwächtet, steil und mit     Alle Vier erreichen den           wieder Skardu. Nun beginnt
 Expeditionsgepäck und ei-        ten wir mit einem primitiven                                                                  aufbauen – Höhenträ-       Eisbuckeln und eingelager-        höchsten Punkt 7.281 m.           das 16-tägige Warten, da die
 nem VW-Bus ging es auf           Floß der Einheimischen aus                                                                    ger haben wir keine.       ten Schneebrettern garniert.      Nur wenige Minuten sind           pakistanische Luftlinie nicht
 eine abenteuerliche Reise: in    aufgeblasenen Tierhäuten                                                                      Bis jetzt hatten wir       Endlich erreichen sie den         uns auf dem Gipfel gegönnt,       in der Lage ist uns und das
 dreizehn Tagen und Nächten       in vielen Etappen. Dann ging                                                                  Glück mit dem Wetter,      Fuß des 200 m hohen Gip-          Nebel, Sturm, Schnee. Die         Gepäck nach Rawalpindi zu
 auf dem Landweg nach Ra-         es mit 96 Trägern ins wun-                                                                    sodass Edi, Gerd und       felturmes. Nun macht sich         Freude über den Gipfelsieg        fliegen. Am 28. August sind
 walpindi.                        derschöne Hushe-Valley und                                                                    Erich zu einem ersten      Edi an die Arbeit. Der erste      kommt später, jetzt gilt unse-    wir endlich in Rawalpindi
 Natürlich hatten wir ganz of-    über eine enge Schlucht in                                                                    Vorstoß in Richtung        Versuch scheitert. Weiter         re ganze Konzentration dem        und können die Heimreise
 fiziell um eine Genehmigung      das Nangmahtal, das in östli-                                                                 Gipfel animiert wur-       rechts durchreißt ein Risssys-    Abstieg.                          antreten.
 angesucht – immerhin wa-         cher Richtung abzweigt.                                                                       den, aber mangeln-                                                                             Am 25. Mai 2020 trafen sich
 ren wir eine offizielle Alpen-   Drei frühere Besteigungs-                                                                     de      Akklimatisation          Der K6 wartet heute noch                                      Fred, Heinzl, Erich, Christian
 vereins-Expedition, die sogar    versuche von englischen,                                                                      und fehlende Ausrüs-                                                                           und ich in Kremsmünster im
 vom Bundespräsidenten ver-       deutschen und italienischen                                                                   tung für die extremen                    auf seine                                             Stiftskeller. Leider konnten
 abschiedet wurde – aber bis      Expeditionen scheiterten alle                                                                 Schwierigkeiten     des                                                                        Gerd und Edi (Gründer der
 wir die Genehmigung von          an den Schwierigkeiten und                                                                    Gipfelturmes      wären
                                                                                                                                                                     Zweitbesteigung.                                          Bergspechte) beim Aufwär-
 den pakistanischen Behör-        bei einer Trekkingtour, die                                                                   ein zu großes Risiko ge-                                                                       men der alten Geschichten
 den und die Versicherung         ich 2005 in dieser Gegend                                                                     wesen.                     tem den braunen Granit. Der       Ein zweiter Gipfelangriff der     nicht mehr dabei sein – sie
 für unseren Begleitoffizier in   unternahm, konnte ich auch                                                                    Zwei Wochen lang           Riss ist leicht überhängend       den anderen Kameraden             sahen uns vom Himmel aus
 Händen hatten, dauerte es        die Nordseite des K6 zu Ge-                                                                   Schlechtwetter,    zwei    und vereist. Technische Klet-     das Gipfelerlebnis bringen        zu.
 doch einige Zeit.                sicht bekommen: Unmög-          K6 Nordwand 2005                                              Wochen       Basislager.   terei in über 7.000 m Höhe,       sollte konnte leider wegen
                                                                  Charakusa-Valley.
 Da die Straße nach Skardu        lich.                                                                                         Träger bringen uns         Reepschnüre ersetzen Tritt-       Schlechtwetter nicht verwirk-
 gesperrt war mussten wir                                                               Wir alle waren sehr junge               aus dem Tal einige Kilo    leitern. Das hat viel Zeit und    licht werden.
 einen Charterflug organisie-                                                           Bergsteiger und Kletterer,        Marillen herauf. Glücklicher-    Kraft gekostet aber damit         Am 1. August, nach genau
 ren, aber endlich am 15. Juni                                                          hatten aber bereits Expediti-     weise haben wir abgepack-        wurde die Tür zum Erfolg ge-      sechs Wochen verlassen wir
 war unser erstes Ziel Skardu                                                           onserfahrung und vor allem        ten Kartoffelteig dabei und      öffnet. Nur nicht mehr heute,     das Basislager und erreichen
 erreicht.                                                                              eine Reihe der schwierigsten      so gibt es auf 4.300 m Höhe      es ist zu spät.                   in zwei Tagen wieder den
                                                                                        Westalpentouren bewältigt.        120 Marillenknödel für alle –    Am nächsten Tag sitzen wir        Shyok. Der Fluss führt nun
                                                                                        Am 21. Juni schlugen wir in       das baut auf!                    zu viert am Einstieg zum Gip-     Hochwasser und ist ca. 250
                                                                                        4.300 m Höhe unser Basis-         16. Juli 1970: Gerd und Edi      felturm. Schneesturm wirbelt      m breit.
                                                                                        lager auf – direkt vor der eis-   wollen heute den Weg zum         Wolken von Schneekristallen
                                                                                        gepanzerten 2.000 m hohen         Gipfel vorbereiten. Gestern      vom Gipfel herab, Nebel hüllt     Als die Träger ausbezahlt
                                                                                        Südwand des K6.                   sind wir zu viert ins Lager 3    uns ein. In der Nacht hat das     werden sollen, fordern
                                                                                        Vorläufig sahen wir nur eine      gekommen, aber von den           Wetter umgeschlagen. Wir          sie den doppelten
                                                                                        Chance im östlichen Teil der      Zelten haben nur die First-      steigen weiter, es ist unsere     Preis. Als Druckmittel treten
                                                                                        Südwand bis hinauf zum            spitzen (zum Glück) heraus-      letzte Chance. Mit Steigklem-     die Fährleute aus Solidari-

                                                                  K6
                                                                                        SO-Grat: 1.500 Meter Matter-      geschaut.                        men arbeiten wir uns am Fix-      tät in Streik und verweigern
                                                                                                hornnordwandgelän-                                                                           die Überfahrt nach Kapalu.
                                                                                        de die fixe Seilversiche-                                                                            Lange Verhandlungen schei-

                                  50 Jahre                                              rung erfordern würden.
                                                                                           Mit Glück und einer guten
                                                                                          Spürnase entdeckten Gerd
                                                                                                                                                                                             tern, trotz des Einsatzes un-
                                                                                                                                                                                             seres Begleitoffiziers, der in
                                                                                                                                                                                             der Zwischenzeit ein echter
                                                                                          und ich jedoch bei einem                                                                           Freund geworden ist.
                                                                                        der ersten Erkundigungen
                                                                                                                                                                                             Aus zehn Luftmatratzen,
   Wer oder was ist K6? Der K6 ist ein unbekannter                                      ein 400 m hohes felsdurch-
                                                                                                                                                                                             Zeltstangen und Skistöcken
                                                                                        setztes     Eisrinnensystem,
Siebentausender im Karakorum ca. 50 km Luftlinie                                        das auf einen Hängeglet-                                                                             basteln wir unser Floß. Geru-
    entfernt von seinem berühmten Nachbarn K2.                                          scher führt und uns an den                                                                           dert wird mit den Pickeln und      Unser selbstgebautes Floss.
                                                                                        Beginn des Ostgrates leitet,                                                                         den aufgesteckten Schnee-
 von Gerhard Haberl
Berg erleben                                                                                                                                                                                                                                    Berg erleben

                                         Freiheit
                    mit Verantwortung
                                                                 doch deutlich zu sehen-         Paragleiten ist für viele        von Flugschulen in praxisge-      natürlich maßgeblich von
                                                                 den, Dachstein. Faulkogel,      wohl der Inbegriff von Frei-     rechter Art und Weise ver-        der Größe und vom Gewicht
                                                                 Ennskraxn,      Gosaukamm,      heit. Allerdings verhält es      mittelt. Ein Paragleitpilot,      des Rucksackes ab, den man
                                                                 Tennengebirge, Hochkönig        sich hier so, wie bei jeder      der sich ohne Ausbildung          zuvor rauf geschleppt hat.
                                                                 … sogar der Wilde Kaiser ist    Freiheit: je größer sie ist,     und Flugschein in der dritten     Hier hat sich in den letzten
                                                                 zu sehen. Im Süden natür-       desto größer muss auch           Dimension bewegt, befindet        zehn Jahren enorm viel ge-
                                                                 lich der Alpenkauptkamm.        die (Eigen!-)Verantwortung       sich nicht in einer Grauzone      tan. Die Paragleitausrüstung
                                                                 Hoher Tenn, Wiesbachhorn,       sein.                            – er befindet sich genauso        ist nicht nur sicherer son-
                                                                 Großglockner,      Sonnblick,   In 3.000 Meter Höhe mit          in einer tiefschwarzen Zone,      dern auch leichter gewor-
von Hartmut Dörschlag                                            Hochalmspitz … Die schöns-      1.000 Meter Luft unter den       wie ein Autofahrer ohne           den: Paragleiter, Gurt und
                                                                 ten Berge, die unsere Hei-      Sohlen hat man keinen            Führerschein.                     Rettungsschirm sind deut-

S
       chön langsam wird          Flanke zwischen Gründegg       mat zu bieten hat, liegen wie   mehr, der einem Ratschläge       Der Weg in die Freiheit führt     lich unter vier Kilogramm zu
       mir kalt. Ich schaue       und Penkkopf dreht er sich     auf einem Präsentierteller      erteilen kann. Ähnlich ver-      demnach über eine Flug-           haben.
       runter zu meinen           hoch. Ich starte kurz nach     vor mir.                        hält es sich, wenn man beim      schule (in unserem Fall wohl
Füßen, die nackt und frei         ihm … und natürlich geht es    Was für ein Geschenk, so et-    Klettern zehn Meter über         entweder über die Flugschu-       Zwei Wochen nachdem ich
in der Luft baumeln. Der          erst einmal runter. Auf ein-   was in dieser Form sehen zu     dem letzten Haken steht          le Salzburg in Mattsee oder       auf Penkkopf und Gründ-
nächste Blick geht noch tie-      mal aber beginnt das Vario     können. Nun fliege ich auch     und einem schön langsam          über Austriafly in Werfen-        egg runter geschaut habe,
fer, rund 1.000 Meter unter       in höheren Tönen zu piep-      rüber zur Ennskraxn. Die        die Ideen ausgehen. Auch         weng).                            möchte ich endlich auch auf
mich, zum Penkkopf. Mir ist       sen: 1 m/s aufwärts, 2 m/s     Talüberquerung kostet mich      hier sind Freiheit und Ver-      Man sollte sich Zeit für diese    die Ennskraxn runter schau-
nach einem Freudensprung,         aufwärts – und das, ohne       mehr als 1.000 Höhenme-         antwortung sehr eng mitei-       Sache nehmen. Nach ersten         en. Aber die Ennskraxn ist
was aber keine so gute Idee       dass ich wie verrückt herum    ter. Ich versuche noch etwas    nander verknüpft.                Hüpfern am Übungshang,            alles andere als ein Flug-
wäre: Sieben Meter über           gebeutelt werde.               Höhe aufzubauen. Ein bissl                                       fehlen zum Flugschein noch        berg. Die oberen 500 Meter
mir hält mich nur ein etwas       Ich versuche, die Thermik zu   was geht noch, aber bis zum     In den 80-iger Jahren, am        40 Höhenflüge, eine theore-       sind Geröll. Keine Möglich-
„besseres Plastiksackerl“ in      zentrieren. Es ist wohl mehr   Gipfel reicht es dann doch      Beginn der österreichischen      tische sowie eine praktische      keit von dort zu starten – für
der Luft, dazwischen etliche      dem Glück, als der Erfah-      nicht. Aber egal, der Flug      Paragleit-Geschichte, ging       Prüfung.                          mich zumindest nicht. Aber
ein bis zwei Millimeter dicke     rung zuzuschreiben, dass es    war wirklich einzigartig und    es noch recht hemdsärme-         Und dann heißt es, Erfahrun-      bei meinem Flug vor zwei
Leinen, die mich mit dem          mich nicht wieder raus wirft   alles Weitere wäre ohnedies     lig zu. Nicht nur, dass man      gen sammeln. Wenn man als         Wochen habe ich etwas ge-
Paragleiter verbinden.            aus dem Thermik-Schlauch.      eine Zugabe. 15 Minuten         von einem Freund halt ein-       „Bergflieger“ (also als Berg-     sehen: Barfuß geht es rauf
Vor 30 Minuten bin ich am         Ich schaue auf das Vario:      später landen Hubert und        fach mitgenommen wurde           steiger, der das Bergsteigen      auf die Kraxn und weiter
Gründegg auf ca. 2.100            2.200 Meter! Ja, Startüber-    ich, mit einem breiten Grin-    („rechts ziehen, rechts flie-    mit dem Fliegen verbinden         zum Kraxnkogel. Auf der
Meter gestartet, jetzt bin        höhung! Und es geht weiter     sen im Gesicht, Flügel an       gen; links ziehen, links flie-   will) erstmals ganz alleine       Rückseite dann über eine
ich auf über 3.000 Meter.         aufwärts. Hubert ist viel-     Flügel, vor seinem Haus.        gen – ist ja ganz einfach“),     auf einem alpinen Startplatz      steile Flanke runter Rich-
Hubert, mein Freund, heu-         leicht 200 Meter über mir                                      es fehlten auch die Informa-     steht, dann ist das ein etwas     tung Faulkogel.                                           ÜBER ALLE BERGE
tiger Begleiter und so etwas      etwas taleinwärts. Bei mir                                     tionen, die von den ersten       mulmiges Gefühl. Kein Flug-                                                                MIT DER FALUDRIGA JACKE –
                                                                                                                                                                                                                               DEM LEICHTGEWICHT
wie ein Local hier in Kleinarl,   werden es 2.500, 2.600 und                                     Piloten dann oft schmerz-        lehrer, der sagt „jetzt passts“   Und da ist sie: eine geneig-
                                                                                                                                                                                                                                  MIT 150 GRAMM
hat ein paar Minuten vor mir      schließlich 3.000 Meter!                                       haft erlebt wurden, um die       auch kein „Vorflieger“, den       te Wiese Richtung Süden.
abgehoben.                        Hubert ist nun weit unter                                      Erkenntnisse der Nachwelt        man beobachten könnte.            Die Luft strömt sanft von
Es würde so sein wie immer,       mir und fliegt rüber zur                                       weiter zu geben.                 Man entscheidet selbst,           unten herauf. Ideal! Ich lege
das war mir schon vor dem         Ennskraxn. Seit einiger Zeit                                   Das bezieht sich einerseits      wann und ob man startet.          meinen Schirm auf, montie-
Start klar: Er würde eine         bin ich nicht nur beim Berg-                                   auf das Verhalten dieser         Zum       verantwortungsvol-      re meine Verfolgerkamera
schöne Thermik erwischen          steigen, sondern auch beim                                     Fluggeräte und andererseits      len Fliegen gehört übrigens       (höchste Zeit, wieder mal
und sich immer weiter hoch        Paragleiten barfuß unter-                                      auf fehlende Erkenntnisse        auch die Größe, sich fürs         einen Film zu drehen) und
schrauben, ich würde „ver-        wegs.                                                          bezüglich Thermik, Wind          rechtzeitige     Runtergehen      starte raus. 20 Minuten spä-
hungern“ und mit etwas            Daher auch das zugige Ge-                                      und Wetter.                      zu entscheiden, entwe-            ter schaue ich runter auf                    Skinfit Shop Salzburg
Glück einen schönen Gleit-        fühl an meinen Füßen. Ein-                                     Diese Pionierzeiten sind         der weil die Verhältnis-          die Kraxn und rüber zum             Vogelweiderstraße 48 | 5020 Salzburg
flug zustande bringen.            mal drehe ich noch auf, bis                                    endgültig vorbei. Die ge-        se nicht passen oder weil         Gründegg.                        Mo – Fr 10.00 – 18.00 Uhr | Sa 9.00 – 13.00 Uhr
Tatsächlich hat Hubert einen      knapp 3.100 Meter. Höhen-                                      wonnenen       Erkenntnisse      man einfach nicht in der          Ja, es hat schon was, das
Thermikbart erwischt. An          mäßig bin ich nun über dem,                                    sind in Büchern nachzulesen      Lage ist, sie einzuschätzen.      Fliegen.                                         www.skinfit.at
der     sonnenbeschienenen        zwar weit entfernten, aber                                     und werden insbesondere          Diese Entscheidung hängt

20   HOCH Hinaus |259                                                                                                                                                                                                                 HOCH Hinaus |259   21
FRAUEN IM ALPENVEREIN SALZBURG                                                                                                                                                                                                  FRAUEN IM ALPENVEREIN SALZBURG
                                                                                                                               Zenzi Bruckbauer
                                                                                                                               Tourenführerin, Leiterin der Wochentagsgruppe,
                                                                                                                               Ausbildnerin für Skitechnik im Gelände                                              Sybille Kalas
                                                                                                                                                                                                                   Diplombiologin, Zusatzqualifikation Erlebnis-
NATÜRLICH – HERZLICH – AKTIV – STARK                                                                                           Besonderes Alpenvereins-Erlebnis:
                                                                                                                               Ich war Seilschaftsführerin bei einer Hochtour am Ort-
                                                                                                                                                                                                                   pädagogik (ÖAV), Referentin im Bundeslehr-
                                                                                                                                                                                                                   team Jugend und für die Alpenverein Akademie
                                                                                                                               ler von Franz Pühringer mit 18 Teilnehmern. Es war ein
                                                                                                                                                                                                                   zu den Themen „mit Kindern unterwegs“,
                                                                                                                               überwältigendes Gipfelglück für alle, trotz Megastau an
Interviews & Fotos: Nicole Muigg          Was sind deine Tätigkeiten und woran       Erzähl uns ein besonderes Ereignis aus                                                                                        „Ökologie“, „Landart“, „Vielfalt bewegt! Alpen-
                                                                                                                               der Kletterstelle/Nordgrat! Die Felspassage im Abstieg
                                          hast du am meisten Spaß?                   deiner Zeit beim Alpenverein!                                                                                                 verein von Jung bis Alt“. Beauftragte für
                                                                                                                               versicherte Franz durchgehend mit Fixseilen, die ich als
                                          Als Vorstandsmitglied leite ich, gemein-   Vor einiger Zeit erhielt ich eine sehr                                                                                        Kinder und Familien, Mutter, Großmutter,
                                                                                                                               letzte abmontierte.
                                          sam mit meinen tollen Kollegen und         berührende Nachricht von einer                                                                                                neugierig draußen unterwegs
                                                                                                                               Als ich sie aufgenommen hatte, stand ich mit den drei
                                          Kolleginnen, den Verein und vertrete       SOS-Kinderdorf-Gruppe, die sich über
                                                                                                                               Seilen allein da, erhielt aber nach lauten Rufen gleich                             Was macht dir an Deinen Tätigkeiten am
                                          dabei vorrangig die Jugend. Im Spezi-      Aktivitäten im Alpenverein und auch
                                                                                                                               Unterstützung. Es war eine gelungene erste Hochtour, ein-                           meisten Spaß?
                                          ellen ist man als Jugendteamleiterin       die Kosten erkundigte. Ich konnte

L
                                                                                                                               drucksvoll, erlebnisreich und für immer in meinem Kopf!                             Ich bin gern mit begeisterten, neugierigen
      iebe Judit, stell dich bitte kurz   allerdings sehr wenig dort, wo die AVJ     selbst und eigenmächtig entscheiden,
                                                                                                                                                                                                                   Menschen jeden Alters unterwegs!
      vor!                                eigentlich unterwegs ist. Ich sitze für    dass wir die Kinder kostenlos in unse-    Was macht Dir am meisten Spaß?
      Ich heiße Judit Schachinger und     die zahlreichen organisatorischen Auf-     ren nächsten Kurs mit aufnehmen. Das      Die Gemeinschaft und Freude, wenn die geplanten
bin 25 Jahre. Geboren und aufge-          gaben viel vor dem Laptop, freue mich      Gefühl, etwas „Gutes“ getan zu haben,     Touren unfallfrei, anspruchsvoll, und lawinensicher            Judith Waizenegger
wachsen im Mühlviertel, hat mich das      immer auf den wöchentlichen Besuch         und dass wir im Alpenverein auch im       gewählt werden, alle Teilnehmer zufrieden sind                 Gruppenleiterin EXEN Inklusive und Steinyetis/Zorillas
Studium (Medizinische Biologie) nach      in der Geschäftsstelle, bei dem alles      inklusiven Bereich sehr engagiert sind,   und sich auf die nächste Tour freuen!
Salzburg gebracht. Aktuell schreibe ich   Mögliche besprochen und erledigt wird.     bestätigt mich immer wieder, dass                                                                        Was sind die Tätigkeiten in deiner Funktion?
an meiner Masterarbeit und arbeite        Es macht mir großen Spaß, Projekte zu      meine damalige Entscheidung für den                                                                      Kinder und Jugendliche für das Klettern, Bouldern und Bewegung
zudem im Labor an der Paracelsus-         initiieren und Ideen umzusetzen. Es        Alpenverein Salzburg die richtige war.                                                                   an sich zu motivieren. Die Einheiten so zu gestalten, dass die Kids
Privatuniversität.                        liegt mir sehr am Herzen, dass ich die                                                                                                              Spaß haben und zufrieden wieder in den Alltag gehen. Planung
                                                                                                       Mit welchen ab-                                                                        des Gruppenbetriebs, Termine konzipieren, Festlegung von (Lern-)
                                                                                                                                                                                              Zielen. Das alles passiert in Zusammenarbeit mit dem gesamten
Wie bist du zum
                       Judit Schachinger Jugendteamleiterin im Vorstand schließenden Wor-
Alpenverein                                                                                            ten möchtest du                                                                        Team von Betreuerinnen und Betreuern.
gekommen?                 des Alpenvereins Salzburg stellt sich uns vor                                andere Menschen
Die „Alpen-                und gewährt uns einen persönlichen Einblick                                 zu einer ehrenamt-                                                                     Wie vereinbarst du Job, Familie & deine ehrenamtliche Tätigkeit?
vereinsluft“                                                                                           lichen Funktion                                                                        Ich sehe meine AV-Zeit v.a. während der Woche abends. Tagsüber
                         in ihre Welt als Frau beim Alpenverein Salzburg
schnupperte ich                                                                                        bewegen?                                                                               ist auch bei mir „Alltag“. Die Wochenenden verbringe ich einfach zu
2013 zum ers-                                                                                          Die gemeinschaft-                                                                      gerne privat am Berg.
ten Mal bei einem Sommerpraktikum,       Neuzugänge im Jugendteam persön-         lichen Tätigkeiten erfüllen und berei-
das damals vom Alpenverein angebo-       lich kennenlerne (und umgekehrt)         chern den gesamten Lebensbereich!
ten wurde. Mir war es immer schon        und dass es meinem rund 50-köpfigen      Was gibt es Schöneres als täglich zufrie-    Nina Pliberschnig
ein Anliegen, jungen Menschen für ihr    Jugendteam bei ihrer Tätigkeit gut       den und mit einem Lächeln einzuschla-        Jugendteam
Leben was mitzugeben. Ich habe da-       geht. Einmal im Jahr leite ich ein Klet- fen? Ehrenamt ist so etwas Cooles!!
                                                                                                                               Wie bist du zu deiner Funktion beim Alpenverein
nach noch mehrere Camps mitbetreut       tercamp. Die Zeit mit kleinen Menschen
                                                                                                                               gekommen?
und hier in Salzburg habe ich zu Beginn führt mir immer wieder vor Augen,
                                                                                                                               Ich bin durch einen Freund darauf aufmerksam geworden
eine Klettergruppe unterstützt.          warum ich hier richtig bin und dass das
                                                                                                                               und Judit`s Energie hat mich angesteckt. Seither
Circa zwei Jahre später habe ich dann    alles einen Sinn macht.
                                                                                                                               unterstütze ich sie und das Jugendteam bei Kletter-,
die Gruppenleitung übernommen.                                                                                                                                                                Maria Martl
                                                                                                                               Kinder- oder anderen Veranstaltungen.
Schließlich wurde die Stelle der Jugend- Das klingt nach einer Menge Arbeit                                                                                                                   Instruktor Wandern & Schneeschuhwandern
teamleiterin frei und nach gründlicher   – Wie schaffst du es, das alles unter                                                 Motiviere mit ein paar Wörtern andere, sich
Überlegung nahm ich diese verantwor-     einen Hut zu bekommen?                                                                ehrenamtlich beim AV zu betätigen:                             Wie vereinbarst du Job, Familie & deine
tungsvolle Aufgabe an.                   Ein gutes und konsequentes Zeitma-                                                    Es ist Zeit, Begegnungs- und Bewegungsmöglichkeit für          ehrenamtliche Tätigkeit?
Nicht zuletzt, weil sich die Werte des   nagement ist wichtig! Ebenso eine                                                     ALLE Menschen zu schaffen. Alleine kommt man dabei             Als Motto gilt: Alles geht, wenn man nur will!
Alpenvereins mit meinen persönlichen     hohe Einsatzbereitschaft. Aber, ich bin                                               nicht weit! Durch Zusammenhalt und gegenseitige Hilfe          Motiviere mit ein paar Wörtern andere, sich
recht gut decken, sondern auch weil      draufgekommen, dass genau diese                                                       können wir viel erreichen! Sei dabei und hilf mit, die Welt    ehrenamtlich beim AV zu betätigen:
ich dem näher komme, was ich aus         Vielfältigkeit meiner Aufgaben der                                                    inklusiv zu gestalten! Es ist großartig zu sehen, wenn z. B.   Ehrenamt heißt auch „Verantwortung“. Frauen sind
Leidenschaft gerne mache: Menschen       beste Ausgleich ist. Jede Tätigkeit (ob                                               Personen, die normal im Rollstuhl sitzen, eine Kletter-        genauso befähigt und werden auch anerkannt. Ausbil-
(jeglichen Alters) kennenlernen und      Job, Masterarbeit, Alpenverein oder                                                   wand hochklettern. Es sind diese besonderen Momente            dungskurse sind wichtig, um Menschen gut und sicher
mit ihnen zusammenzuarbeiten, sich       meine Freizeit) gibt mir Energie für die                                              in denen bewiesen wird, was alles möglich ist.                 betreuen zu können und es stärkt auch die eigene
für Dinge einsetzten, für die man selbst nächste. Wird es mir einmal zu viel,                                                                                                                 Sicherheit. Vorbilder für Frauenpower gibt es genug!
brennt, und den Bergsport mit Gleich-    dann zieht es mich heim ins Mühlvier-
gesinnten ausüben in der wunderbaren tel, zu meiner lieben Familie. Dort kann
Natur.                                   ich am besten Abstand gewinnen.           Foto: Marco Helpferer                             Alle Interviews sind in voller Länge auf unserer Webseite www.alpenverein-salzburg.at nachzulesen

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