Interview mit dem neuen FHP-Vorsitzenden Erich Wiesner Die Forstökonomische Tagung 2021 Soziale Waldarbeit
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4.21 Interview mit dem neuen FHP-Vorsitzenden Erich Wiesner Seite 6 Die Forstökonomische Tagung 2021 Seite 20 Soziale Waldarbeit Seite 24
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Inhalt Inhaltsverzeichnis Editorial, Leitartikel Recht 4 Editorial 32 Bericht und Judikatur aus dem Fachbereich Recht 4 Impressum 33 Freizeitnutzung im Wald – ein Überblick rund um die 5 Leitartikel Wintersaison Österreich & Europa BIOSA 6 Interview mit neuem FHP-Vorsitzenden Erich Wiesner 34 Waldgeschichten 8 Lokalaugenschein: Finnland 35 ConnectforBio 10 Juwel und Bildungsstätte – Das Augustiner 36 Maßnahmenkatalog Chorherrenstift Vorau Landesverbände Forst & Umwelt 37 LFB NÖ - Vollversammlung / Besuch von 12 Bericht aus dem Fachbereich Forst und Umwelt EU-Kommissar Hahn 13 Jubiläum – 75 Jahre Einforstungsverband 38 LFB Burgenland – Vollversammlung / 14 Neuauflage Waldbauhandbuch Neuer Geschäftsführer 16 Themenreihe FH Salzburg, Campus Kuchl: 39 LFB Kärnten – Doppelte Stärkung des Verbandes Imprägnierung von Holz mit Naturstoffen 18 Wald bereichert den Unterricht – „Wald trifft Schule“ 20 Die Forstökonomische Tagung 2021 PEFC 22 Neue LFBÖ Projekte - Wildtierschutz und Verkehrssicherheit 40 PFEC - Kampagnenvorstellung 24 Green Care WALD – Soziale Waldarbeit DIES UND DAS Landwirtschaft 41 Next Generation 26 Themenreihe Carbon Farming: Umsetzung des 42 Buchvorstellungen: Der Holzweg / EU-Klimapakts ist für viele Landwirte bereits gelebte Realität Dich sah ich wachsen / Im Wald 28 Bericht aus dem Fachbereich Landwirtschaft 29 Agrarpolitik – Warum der Ackerbau von der aktuellen GAP- Reform gemolken wird! Persönliches 43 Heinrich Sigmund neuer Geschäftsführer des Fachverbands der Holzindustrie Österreichs / Kommunikation Markus Habermann übernimmt Leitung der 30 Bericht aus dem Fachbereich Kommunikation Kommunikation und Digitalisierungsagenden 31 Neue Themenschwerpunkte – Die „Naturverstand“- der LK Österreich Kampagne im Winter 3
Editorial Impressum FBÖ ©L Editorial Offenlegung der Besitzverhältnisse gemäß § 25 des Mediengesetzes: Der Zukunft ins Medieninhaber: Land&Forst Betriebe Österreich Schauflergasse 6/5, 1010 Wien Auge sehen Telefon: +43/1/533 02 27 E-Mail: office@landforstbetriebe.at Die politischen Entwicklungen der letzten Wochen haben uns ein weiteres Mal www.landforstbetriebe.at vor Augen geführt, wie schnell sich die Dinge ändern können und wie labil die Verlagspostamt: 1010 Wien politische Lage auch in augenscheinlich mit starker Hand geführten Systemen Erscheinungsweise: 4x jährlich ist. Und auch der Umgang mit der Corona-Pandemie führt immer wieder zu kurz- fristigen und überraschenden Entscheidungen, auch wenn man meinen könnte, Herausgeber: dass hier viele Entwicklungen absehbar bzw. vorausschauend entgegenwirkbar DI Bernhard Budil, Schauflergasse 6/5, 1010 Wien wären. Letztlich gibt es aber auch noch das für die Zukunft der Menschheit wohl entscheidendste Thema, nämlich den Klimawandel, der vor der Tagesaktualität Redaktion und der vorgenannten leider regelmäßig in den Hintergrund tritt. Anzeigenverwaltung: Thomas von Gelmini Allen diesen Themen ist gemein, dass die Volatilität der damit verbundenen Ände- Layout und Satz: KOMO Wien – Büro für rungen zunehmend steigt und sie jedenfalls mittelbar, zumeist aber sogar unmit- visuelle Angelegenheiten telbar, massive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Das sorgt für massive Simone Leonhartsberger Planungs-Unsicherheit im wirtschaftlichen wie im privaten Bereich und entkop- pelt zunehmend einen Sektor, dessen Zeithorizonte generationenübergreifend Hersteller: Druckerei Berger, 3580 Horn oder mit Produktionszeiträumen von bis zu über 100 Jahren hinterlegt sind. Als Landbewirtschafter sollten wir uns davon aber nicht Kopf-scheu machen las- Das Österreichische Umweltzeichen sen, sondern uns mehr denn je auf unsere Traditionen, Erfahrungen und vor allem für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686 Ferdinand Berger & Söhne GmbH. unsere Werthaltungen besinnen. Tradition bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, resistent gegen Veränderungen zu sein, sondern gute und gelernte Ansätze Diese Zeitung wurde auf PEFC-zertifiziertem mitzunehmen, einen ruhigen Blick auf die aktuelle Lage, aber vor allem auch in Papier gedruckt. die Zukunft zu werfen und dann Entscheidungen zu treffen, mit denen auch un- Unbenannt-1 1 07.07.2009 13:28:58 sere Kinder und Enkeln gut leben können. Mit der Verwaltung der menschlichen Lebensgrundlagen – Lebensmittel-, Rohstoff- und Energieproduktion – werden wir auch in Zukunft immer im Geschäft sein, auch wenn wir uns die Produkte und Märkte heute vielleicht noch nicht vorstellen können. Carbon-Farming, Ecosys- tem-Services oder vielleicht sogar einmal Hüter der Sauerstoffproduktion – man- ches ist bereits in Diskussion, manches vielleicht noch ein wenig Fiktion. Die Gastkommentare müssen nicht die Meinung des Medieninhabers ausdrücken. Als Verband begleiten wir solche Entwicklungen sehr eng, stehen mit den wesent- lichen Playern im Austausch und versuchen gemeinsam mit unseren Partnern Genderhinweis: Geschlechtsspezifische Dinge voranzutreiben, zu gestalten, oder manchmal auch zu bremsen. Mit unse- Bezeichnungen im Verbandsmagazin stehen im rer heuer im Frühjahr verabschiedeten LFBÖ-Strategie 2021+ und dem zugehö- Zweifelsfall gleichwertig für beide Geschlechter. Dies impliziert jedoch keine Diskriminierung in die rigen Arbeitsprogramm sind wir dazu auch inhaltlich gut aufgestellt. Denn dort eine oder andere Richtung, sondern soll im Sinne sind neben den Kernthemen auch jene Bereiche festgemacht, die wir für unser der leichteren Lesbarkeit als geschlechtsneutral zu aller Zukunft bestreiten müssen. Für die finanzielle Ausstattung laufen gerade die verstehen sein. Gespräche für die kommenden Jahre – bleiben Sie uns auch hier treu, für einen starken Verband der Land&Forst Betriebe Österreichs! Titelbild: © LFBÖ - Thomas von Gelmini Ihr Bernhard Budil 4
Leitartikel Leitartikel FBÖ ©L Die einfachen Worte zählen Bei großen Problemen erwarten wir von der Wissenschaft fortzubewegen. Rund 200.000 Jahre hat dies durch Nut- Erklärungen der Ursachen und Lösungen. Aber wie kann zung der Pflanzen und vor allem Holz funktioniert. Seit 200 die Wissenschaft helfen, wenn Meinungen wichtiger sind Jahren nutzen wir überbordend Kohlenstoff, der tief in der als Wissen? Wie können vernünftige Lösungen gefunden Erde, außerhalb der Biosphäre gelagert war und pumpen werden, wenn Bauchgefühl und Emotionen den Ton ange- diesen Kohlenstoff in die Bio- und Atmosphäre. Im Gegen- ben? Wie glaubwürdig sind Wissenschaftler, wenn sie sich zug müssten dafür viel mehr Pflanzen diesen Kohlenstoff zu Themen außerhalb ihrer Expertise mit wissenschaftli- wieder sequestrieren, um das Gleichgewicht zu halten. Das cher Autorität äußern? kann aber auf Dauer nur funktionieren, wenn wir sofort auf- hören, Kohlenstoff aus der Erde zu entnehmen und endlich Zu den großen Themen unserer Zeit – Klimawandel, Ener- wieder mehr – viel mehr – pflanzlichen Kohlenstoff nutzen. giesysteme, Covid-Pandemie – werden mit zunehmender Wir müssen nicht zurück in die Steinzeit aber wir brauchen Emotion und geradezu ideologischem Fanatismus Mei- eine neue Holzzeit! nungen geäußert und die Wissenschaft nur insofern gehört und bemüht, als sie die eigene Meinung unterstützt. Es ist Wir müssen als Waldbesitzer und Landwirte noch öfter, erschreckend und frustrierend, wenn Abgeordnete offen- noch breiter und noch einfacher die wesentlichen Zusam- sichtliche Dummheiten vertreten und damit im politischen menhänge erklären. Wir müssen auf allen Kanälen kom- Dialog diskutieren und vernünftige Lösungen behindern. munizieren, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Es ist aber auch erschreckend und frustrierend, wenn Wis- Fakten in die Meinungsbildung einfließen zu lassen. Wir senschaftler in Kolumnen ihre persönliche Meinung zu dürfen nicht erwarten, dass jeder die komplizierten Zu- Themen außerhalb ihres Fachgebietes mit Vehemenz als sammenhänge sofort erkennt. WIR müssen Wissenschaft Wahrheit darstellen. täglich für unsere Mitmenschen übersetzen und begreifbar machen. Wer Corona einfach ignoriert, um politisches Kleingeld zu machen und unzufriedene Demonstranten für politische Unterstützen Sie Ihre Land&Forst Betriebe Österreich Schachzüge missbraucht, ist eine Gefahr für unser demo- durch Ihre betriebliche und persönliche Kommunikation kratisches Gesellschaftssystem. und die notwendigen Ressourcen für die Profis im Verband. Wer die grundlegenden Mechanismen des Kohlenstoff-, Sauerstoff- und Wasserstoffkreislaufes zwischen tieri- schen/menschlichen und pflanzlichen Organismen igno- Ihr riert und kurzsichtig bzw. einäugig die Natur durch Verbot der Waldbewirtschaftung und Holzverbrennung retten will, bringt die gesamte Welt und Menschheit in Gefahr. Wir Menschen (und auch alle Tiere) können nur leben, Felix Montecuccoli wenn wir Sauerstoff einatmen und CO2 ausatmen. Die Pflanzen machen es genau umgekehrt und bauen den Koh- lenstoff aus der Atmosphäre in ihren Körper ein. Wir brau- chen Kohlenstoff und viele andere Nahrungselemente für unseren Körper und wir brauchen Energie um uns zu wär- men, Werkzeuge und Behausungen herzustellen und uns 5
Österreich & Europa Nachgefragt beim neuen FHP-Vorsitzenden Erich Wiesner Nachhaltige Waldbewirtschaftung unterstützt den Klimaschutz aktuell: Mit den heuer digital abgehaltenen Holzgesprä- Erich Wiesner: Gott sei Dank gibt es FHP jetzt schon seit chen sind Sie Mitte November zum neuen Vorsitzenden 15 Jahren. Die Vorläuferorganisation FPP (Forst/Papier/Plat- der Kooperationsplattform Forst Holz Papier (FHP) ge- te) hat sich hauptsächlich mit dem Thema „Ausreichende wählt worden. Welche Ziele haben Sie sich für diese Auf- Sicherung des Rohstoffs“ beschäftigt. Dazugekommen ist gabe gesetzt, welche Herausforderungen stehen für den dann mit FHP das gemeinsame Interesse, gute Absatzmög- Sektor aus Ihrer Sicht bevor? lichkeiten für den Rohstoff Holz am Markt zu finden. Die Bedeutung des Holzbaus ist damit gestiegen. Jetzt stehen Erich Wiesner: Ich habe die Funktion als Vorsitzender wir im Kontext der Klimadiskussion im breiten Interesse der von FHP schon einmal, ganz zu Beginn, ausgeübt. Die Be- Öffentlichkeit, national wie international. deutung unseres Sektors für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft hat sich seither massiv er- FHP ist heute definitiv mehr als die Summe höht. Man denke nur an die weltweite der partikularen Interessen der jeweili- Diskussion über den Klimawandel. gen Partner. Es ist wichtig, dass wir Wald und Holz spielen darin eine das alle verstehen und begreifen. zentrale Rolle. Nur so werden wir es schaffen, uns in der Öffentlichkeit als Wir sind als gesamte Wert- glaubwürdiger Ansprechpart- schöpfungskette gefordert, ner zu präsentieren. Interne uns zu positionieren, aktiv Abstimmungserfordernisse Beiträge und Antworten zur haben in der öffentlichen Verfügung zu stellen und die- Diskussion nichts verloren. se aktiv zu kommunizieren. Man sieht heute anhand der Wenn wir das richtig anstellen, Pandemiediskussion, wie sehr wird man uns als Teil der Lösung das den politischen Parteien wahrnehmen. schadet und sie ihr wichtigstes Ka- pital „Vertrauen“ leichtfertig verspie- Wir haben gemeinsam im Jahr 2020 die len. Als neuer FHP-Vorsitzender möchte Sektorstrategie Forst*Holz*Papier erarbeitet ich mich deshalb nicht als Industrievertreter und verabschiedet. Dieses Dokument stellt eine wich- punzieren lassen. Der Vorsitzende und alle Mitglieder in tige Richtschnur für unsere Arbeit in der kommenden Pe- den Gremien tragen die Verantwortung für das gemeinsame riode dar. Mit der Holzinitiative im Rahmen des Österrei- Ganze. chischen Waldfonds konnten bereits wesentliche Ziele der Sektorstrategie auf politische Ebene verankert werden. Das aktuell: Als Eigentümer und Geschäftsführer von WIEHAG Ziel der Holzinitiative ist die vermehrte Verwendung von leiten Sie ein Familienunternehmen, das bereits über 170 Holz als Grund-, Werk- und Baustoff im Sinne des Klima- Jahre alt ist. Wie bewerten Sie den Standort Österreich schutzes. Gefördert werden u.a. Forschungsprojekte, Maß- für Unternehmen wie Ihres und wie haben sich die Rah- nahmen zur Wissensvermittlung und Bewusstseinsbildung menbedingungen in den letzten Jahrzehnten geändert? bzw. die Errichtung von für Wohnzwecke oder öffentliche Zwecke genutzten Gebäuden sowie öffentliche Infrastruk- Erich Wiesner: Österreich ist ein Holzland, aber man hat es tur in Holzbauweise mit einem hohen Anteil an nachwach- den Holzbauunternehmen in Österreich nicht immer leicht senden Rohstoffen aus nachhaltiger Bewirtschaftung. gemacht. Trotzdem hat der Holzbau hierzulande eine große Tradition. Österreichische Betriebe sind führend in der gan- aktuell: FHP ist eine europaweit einzigartige und von zen Welt unterwegs. Anders wären die Exporterfolge und he- vielen Mitgliedstaaten beneidete Initiative. Mit Ihrer rausragenden Referenzen von Australien bis Amerika nicht Wahl fällt die Aufgabe des Vorsitzenden nun wieder tur- erklärbar. nusgemäß an einen „Industrievertreter“. Wie werden Sie Ihre neue Rolle anlegen und wo sehen Sie den größ- Mein Unternehmen WIEHAG hat als Pionierunternehmen im ten Abstimmungsbedarf innerhalb der holzbasierten Ingenieurholzbau diese Entwicklung mitgeprägt. Wir waren Wertschöpfungskette? einer der ersten Produzenten von Leimbindern, wir haben 6
Österreich & Europa in den 60-iger Jahren in Klagenfurt die größte Holzhalle Eu- betrifft. Alle Spitzenvertreter der Wertschöpfungskette Holz ropas mit 100m freier Spannweite gebaut und im Jahr 1964 – Mitglieder der FHP Strategiegruppe – haben diese Papier bereits in Elementebauweise den Österreich Pavillon für die unterzeichnet. Weltausstellung in New York. Wir arbeiten mit den besten Ar- chitekten der Welt zusammen und sind jetzt auch Vorreiter aktuell: Es steht außer Frage, dass alle Sektoren dringend im Holz-Hochhausbau. Wir haben unser technisches Wissen ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele beitragen müs- über Jahrzehnte für die Normenentwicklung in Österreich sen. Wo sehen Sie hier in der Wertschöpfungskette Holz die und in Europa zur Verfügung gestellt. dringendsten Handlungspunkte? Ich habe als Obmann des Fachverbandes der Holzindustrie Erich Wiesner: Holz verbindet Ökologie und Ökonomie in über 25 Jahre an vorderster Front für die Anliegen der Holz- idealtypischer Weise. Was kann man heute besseres tun, als industrie und insbesondere des Holzbaus gekämpft. Unsere nachhaltig Bäume zu pflanzen und in langlebigen Holzpro- Einrichtungen für Forschung, Normung, Bildung und Holz- dukten wie im Holzbau die Speicherung des Kohlenstoffs marketing unterstützen die Wettbewerbsfähigkeit unserer über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte zu verlängern. Betriebe. Österreich hat sich zu einem guten Standort ent- Gleichzeitig können dadurch Materialien substituiert wer- wickelt. den, die nur mit hohem Energieaufwand und CO2-Ausstoß hergestellt werden können. Wiederum, es gilt diese wunder- aktuell: Mit dem Green Deal liegt eine EU-politische Leit- baren Geschichten entsprechend zu kommunizieren. linie vor, in deren Rahmen in den letzten Jahren bereits viele Politiken verabschiedet wurden, die für die Forst- aktuell: Als Familienunternehmer wissen Sie um die Be- wirtschaft einschneidende Folgen vorsehen (EU-Biodi- deutung von Themen wie Eigentum und Leistung. Welche versitätsstrategie, EU-Waldstrategie, …). Unter anderem Erwartungshaltung haben Sie in diesen Punkten an die bedeutet dies auch massiv zunehmenden Druck auf das aktuelle Bundesregierung? Rohstoffaufkommen für Holz. Wie bewerten Sie diese Entwicklungen? Erich Wiesner: Mit unserem Eigentum und unserer Leis- tung tragen wir eine große Verantwortung, der wir gegen- Erich Wiesner: Das letzte LIECO Forum im November 2021 über Politik und Gesellschaft gerecht werden müssen. hat sich mit dem großen Thema „Aufforstung ist Klima- Umgekehrt können wir dann auch, wenn erforderlich, die schutz“ beschäftigt und anerkannte Personen aus Wissen- Unterstützung des Staates einfordern. Ein hohes Maß an ei- schaft und Praxis haben hochkarätige Beiträge geliefert. Ich genverantwortlichen Bürgern zeichnen eine reife demokra- hatte die Ehre daran teilzunehmen und ich habe viel dazu- tische Gesellschaft aus. gelernt. Vor allem, dass wissensbasierte nachhaltige Wald- bewirtschaftung ein hohes Potential für den Klimaschutz aktuell: Sehr geehrter Wiesner, vielen Dank für das mit sich bringt. Da geht es um Themen wie „Assisted Migra- Gespräch! tion“, „Species Selection“, „Genetik“, „Richtige Biodiversität“ uvm. Dazu sollten wir ein beratendes Expertengremium zu- sammenstellen, das uns dabei unterstützt, den Argumenten Erich Wiesner für eine erhöhte Außernutzungstellung sachlich fundiert • Geboren am 11. Jänner 1959 in Braunau/Inn. entgegenzutreten. All das müssen wir in verstehbare Narrati- • Verheiratet, Vater von 2 erwachsenen Kindern ve zusammenfassen und mit einer Stimme kommunizieren. • Studium der Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaft Im Rahmen der diesjährigen Österreichischen Holzgesprä- • Eigentümer und Geschäftsführer der WIEHAG Holding, che wurde eine Gemeinsame Erklärung der Wertschöp- fungskette Forst Holz Papier zur EU-Waldstrategie „Holz mit Sitz in Altheim OÖ; tätig international im Ingenieurholzbau schützt Klima und schafft Arbeit“ vorgestellt. Die Deklara- und regional im klassischen Hochbau. tion soll durch die gemeinsame Unterstützung von Forst- • Von 1995-2020 Obmann des Fachverbandes der wirtschaft und Industrie eine Verstärkung der Wiener De- holzverarbeitenden Holzindustrie Österreich, Wien. klaration vom 4. Oktober sein, da das wichtige Thema der • Seit 2002 Vorstandsmitglied der European Confederation of Rohstoffbasis alle Branchen des Holzsektors gelichermaßen Woodworking Industries Ceis Bois in Brüssel. • Seit 1999 Mitglied des Bundesvorstandes der Industriellenvereinigung, Wien. 7
Lokalaugenschein Finnland – wichtiger Partner in © Pixabay/ Jeimo der europäischen Forstpolitik Finnland ist mit 20 Millionen ha Waldfläche Europas waldreichstes Land, 75 Prozent der Lan- desfläche sind bewaldet. Seit jeher bestimmt die Nutzung des Waldes und seiner Ressourcen das wirtschaftliche Leben des dünn besiedelten und sonst ressourcenarmen Landes maßgeblich mit. Bereits im 19. Jahrhundert unter der Herrschaft der rus- noch lange nicht erreicht: vom jährlichen Holzzuwachs von sischen Zaren waren Teer und Holz Finnlands wichtigste über 100 Mio. fm werden weniger als 70 Mio. fm geerntet. Exportgüter. Seither hat sich die holzverarbeitende Indus- trie als wesentliches Standbein der finnischen Wirtschaft In wohl keinem anderen europäischen Land haben die etabliert. 170 Sägewerke in Finnland beschäftigen fast jüngsten Vorschläge der Europäischen Kommission zur EU 100.000 Mitarbeiter. Mit einer Wertschöpfung von mehr Forststrategie für so erregte Debatten gesorgt wie in Finn- als 12 Milliarden Euro trägt der Sektor 3,6 Mrd. Euro zum land. Auch die damit zusammenhängenden Dossiers wie Steueraufkommen bei und stellt 19 Prozent aller finnischen die Erneuerbaren-Richtlinie RED III, die Landnutzungsver- Warenexporte. 1,6 Milliarden Euro werden jährlich im Sek- ordnung LULUCF sowie die neuen Nachhaltigkeitskriterien tor investiert. Neben traditionellen Produkten wie Papier, für künftige Finanzierungen, die sogenannte “EU-Taxono- Karton wird vor allem auf die Entwicklung innovativer, mie“, werden in Helsinki mit großem Interesse verfolgt. War holzbasierter Produkte wie zellstoffbasierte Textilien und Forstpolitik bisher ein weitgehend nationales Thema, muss Werkstoffe gesetzt. Wie in Österreich boomt auch in Finn- sich der Sektor nun in seinen Bemühungen, die EU-Politik land der Holzbau. im Sinne einer Sicherung der Familienforstwirtschaft zu beeinflussen, grundlegend neu orientieren. Wie aus der Die Holzverarbeitungssektoren Österreichs und Finnlands Agrarpolitik bekannt, ist nun Vernetzung und gemeinsa- sind eng miteinander verwoben. Der finnisch-schwedi- mes Handeln auf europäischer Ebene gefragt. Ein von Bun- sche Papierriese Stora Enso ist seit der Übernahme von desministerin Köstinger im Oktober organisiertes Forstmi- Schweighofer Ende der 1990er ein großer Player am ös- nistertreffen in Wien, an dem auch die LFBÖ wesentlich terreichischen Holzmarkt. Aber auch viele österreichische mitgewirkt haben, ist dafür ein wichtiger erster Schritt, Unternehmen haben in den letzten Jahren in Finnlands In- dem wohl weitere folgen werden. Natür- dustrie investiert, darunter die oberösterreichische Delfort- lich vorne mit dabei: Finnland. Gruppe, Binderholz und zuletzt Mayr-Melnhof. Während die Holzverarbeitung in Finnland von wenigen großen Akteuren dominiert wird, ist der finnische Wald selbst seit Generationen überwiegend in privatem Klein- Maximilian Hennig besitz. Unter den 5,5 Millionen Einwohnern Finnlands gibt es 600.000 Waldbesitzer. Für jene Besitzer, die ihren Wald Maximilian Hennig ist österreichischer Diplomat und nicht selbst bewirtschaften, bietet eine landesweite digi- seit 2018 Österreichischer Botschafter in Finnland. tale Plattform Anwendungen mit denen Schlägerungs-, Zuvor war er als Gruppenleiter im Bundesministerium Durchforstungs- und Aufforstungsarbeiten online ausge- für Land- und Forstwirtschaft tätig sowie als Diplomat schrieben werden können. Als Forstservice-Anbieter agie- u.a. in Brüssel, Warschau und Stockholm stationiert. ren neben den Papiergiganten UPM, Stora Enso oder Metsä Er führt einen Forstbetrieb in Niederösterreich und ist oft lokale Genossenschaften oder Waldgemeinschaften. Mitglied der LFBÖ. Dennoch hat die Holzmobilisierung ihr volles Potenzial 8
N EU Ihr Spezialist für bestes Arbeitsergebnis Ackerbau Neuheiten 2022 ROTOCARE V Rollhacke & FLEXCARE V Hacktechnik: Zur Förderung des Pflanzenwachstums und aktive Beikrauregulierung AEROSEM VT: Gezogene Säkombination - Bodenschonend, kompakt und wendig TERRASEM: Gezogene Mulchsaatmaschinen mit Düngerausbringung Frühkauf 2022: Sichern Sie sich jetzt bis 31.01.2022 attraktive Frühkaufangebote Mehr unter: www.poettinger.at/aktionen www.poettinger.at/neuheiten
Österreich & Europa Steirisches Juwel und Bildungsstätte Das Augustiner Chorherrenstift Vorau Das Augustiner Chorherrenstift Vorau wurde 1163 vom steirischen Landesherrn Otakar III. von Steyr ge- gründet. Im 12. Jh. wurden die Waldgebiete der Oststeiermark besiedelt, und für diese sollte Vorau ein Zen- trum der Kultur und Seelsorge sein (Im Mittelalter reichte die Oststeiermark bis Wr. Neustadt, der steirische Hauptort war Hartberg. Das Stift lag also in der Mitte der Region). Für das seelsorgliche Wirken waren die Augustiner Chor- Die Chorherren engagierten sich im 18. Jh. neben der Pfarr- herren als Priestergemeinschaft der prädestinierte Orden. seelsorge auch in der Wissenschaft. Man stellte Profes- Vom Domstift Salzburg kommend, brachten die Chorher- soren für die Grazer Universität und richtete im Stift eine ren auch das entsprechende Bildungsniveau mit, um dem bedeutende Hauptschule ein. Aufgrund des vielfältigen Gründungsauftrag gerecht zu werden. Kulturarbeit leistete Wirkens wurde Vorau als einziges der einst fünf steirischen man mit dem Bau der Klosteranlage und dem Sammeln Chorherrenstifte von Kaiser Joseph II. nicht aufgelöst. und Schreiben von Handschriften. Zugleich war die Stifts- schule die erste Schule der Oststeiermark. Das seelsorgliche und kulturelle Wirken des Stiftes wurde das gesamte 19. und frühe 20. Jh. kontinuierlich weiter- geführt. Wie andernorts auch, brachte die Wirtschafts- krise der Zwischenkriegszeit gewisse Zäsuren, doch am schlimmsten traf die Chorherren die Vertreibung durch das NS-Regime. Von 1940-1945 war im Stift eine Napola ein- quartiert. Als zu Kriegsende die Oststeiermark zum Kampf- gebiet wurde, brannte schließlich ein Drittel des Stiftes nieder. Der Wiederaufbau dauerte bis in die 1960er Jahre. Seit den 1980er Jahren erfolgte sukzessive eine große Sa- © Manfred Glössl nierungskampagne der Stiftsanlage. Derzeit gehören 14 Chorherren zum Stift Vorau, die in 13 Pfarren um Vorau wirken. Üppige Freskenhülle in der Stiftskirche Die Wirtschaftsbetriebe bilden die materille Grundlage für das Leben der Ordensgemeinschaft und der Erhaltung und Die erste Blütezeit ging im 13. Jh. zu Ende. 1237 zerstörte Pflege der Kulturgüter. Als Unternehmer versuchte sich ein Brand das gesamte Stift, wobei auch der Propst beim das Stift Vorau im Laufe seiner Geschichte in verschiede- Retten der Kodices und Urkunden verstarb. Mit dem Über- nen Wirtschaftsbereichen (Erzabbau, Geldwirtschaft etc.). gang des Pittener Gebietes an Österreich geriet Vorau zu- Der Erfolg war dabei recht unterschiedlich. Seit dem 18. sätzlich in eine Randlage. Da auch die ungarische Grenze Jahrhundert wurde der Wald in zunehmenden Maß zu ei- nicht weit entfernt war, musste man über Jahrhunderte nem Wirtschatsfaktor. Von einer intensiven Forstwirtschaft immer auch gegen die feindliche Bedrohung gewappnet kann man im Stift Vorau erst seit der Zeit nach dem Zwei- sein. Vor allem zur Zeit der Türkenkriege war man größten ten Weltkrieg sprechen. Gefahren ausgesetzt. Zum Schutz – auch als Rückzugsort für die Bevölkerung – wurde das Stift zu einer der größten Derzeit werden die für Stiftsbetriebe klassischen Ge- Wehranlagen der Oststeiermark ausgebaut. Im Zuge der schäftsfelder: Forstwirtschaft, Vermietung & Verpachtung Verwaltungsreform wurde daher die Oststeiermark als „Vo- und Tourismus (Stiftsführungen) betrieben. rauer Viertel“ bezeichnet. Der rd. 3.500 ha große Grundbesitz des Stiftes bildet kei- Nach den Wirren der Reformationszeit stieg das Stift trotz ne Einheit, sondern ist auf drei räumlich getrennte Gebiete seiner bedrohten Lage zur größten Blüte empor, wovon bis verteilt, die selbst wieder nur zum Teil arrondiert sind. Die heute die barocke Stiftsanlage zeugt. Dank der relativen stiftseigenen Wälder, die unmittelbar an das Stiftsgebäude Nähe zu Wien konnte man die Künstler aus der kaiserli- anschließen, werden zum Revier Vorau zusammengefasst. chen Hauptstadt für Vorau gewinnen. Dadurch wird auch Das ca. 10 km nordöstlich des Stiftes gelegene Revier Fes- die überraschend hohe künstlerische Qualität der Anlage tenburg erstreckt sich über den Südhang des Wechsels, bis verständlich. zur niederösterreichischen Grenze. Während die Reviere 10
Österreich & Europa Vorau und Festenburg von den Auswirkungen des Klima- und Ernährungswirtschaft des Landes Steiermark ist im wandels bisher verschont blieben, leiden die im nordöstlich Vorderbau des Stiftes einquartiert. Derzeit wird an einer von Graz gelegenen Revier Peggau stockenden Buchen und kräftigen Erweiterung dieser Schule gebaut. Fichten unter anhaltender Trockenheit und Käferkalamitä- ten. In den Revieren Vorau und Festenburg werden Fichte Das ebenfalls im Stiftsgebäude untergebrachte Bildungs- und Tanne im Schirmschlag verjüngt, im Revier Peggau ist haus wurde aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen, an auch das proaktive Einbringen und Fördern von fremdlän- eine Nachnutzung für die Räumlichkeiten wird gearbeitet. dischen Baumarten Teil der waldbaulichen Strategie. Mit Die Hauptaufgabe der Pforte ist es, Besucher durch das Stift einem Hiebsatz von rd. 24.000 Efm ist die Waldwirtschaft und die dazugehörige Festenburg zu führen. Der „Vorauer die wichtigste Einkommensquelle des Stiftes Vorau. Höllensturz“ in der Sakristei, geschaffen vom berühmten Barockmaler J.C. Hackhofer um 1715, ist ein Höhepunkt Der Forstbetrieb ist in der großen Kooperation ARGE Wech- jeder Stiftsführung. Die Prunksäle des Stiftes (Barocksaal, selforst tätig. Die Aufgabe dieser Gemeinschaft besteht Fürstenzimmer) können für Tagesveranstaltungen und Fei- neben dem gemeinsamen Holzverkauf in der Nutzung von erlichkeiten gemietet werden. Für die Übernächtigung von Expertenwissen aus den einzelnen Betrieben und der Um- Einzelgästen steht ein zu einem Apartment ausgebauter setzung überbetrieblicher Projekte wie z.B. Mountainbike- Wehrturm und Gästezimmer zur Verfügung. Die idyllische Strecken. und ruhige Lage des Stiftes mit seinen gepflegten Innen- höfern schafft die Möglichkeit, mitten in der Natur Kraft zu Die landwirtschaftlichen Flächen werden verpachtet. Ein tanken. Der Chorherrenweg um das Stift lädt zum Gehen, großer Teil des Stiftsgebäudes und die Außengebäude in Verweilen, Nachdenken und Meditieren ein. Vorau, Bruck/Lafnitz, Festenburg, Frieberg, Peggau und Graz werden als Wohnraum vermietet. Die Schule für Land- www.stift-vorau.at Die reich geschmückte Kanzel aus dem Jahre 1706 © Manfred Glössl 11
FORST UND UMWELT BERICHT AUS DEM FACHBEREICH von Valerie Findeis Wie ein Beitrag des ORF zur Außernutzungsstellung von Wie genau ein „strenger Schutz“ von Wäldern definiert Wäldern für die Speicherung von CO2 kürzlich zeigte, ist wird, ist derzeit noch nicht festgelegt, ebenso wird an an- die Frage der Vereinbarkeit von Bioökonomie, Klimaschutz deren Definitionen von Begriffen, die in der EU Wald- und und Biodiversität in Europas Wäldern aktueller denn je und Biodiversitätsstrategie eine wichtige Rolle spielen, erst spiegelt Diskussionen wider, die sich derzeit auf Europäi- gearbeitet. Gleichzeitig wird auf europäischer Ebene an scher Ebene abspielen. zahlreichen Rädchen des Green Deal gedreht. So steht bei- spielsweise bereits die dritte Richtlinie zu Erneuerbaren EU Waldstrategie weiterhin in Diskussion Energien (RED III) im Raum, während die zweite Version Nachdem die Vertreter der europäischen Waldeigentümer (RED II) sich gerade erst in der Implementierung befindet Anfang Oktober in Wien scharfe Kritik an der neuen EU und wichtige Leitlinien für die Mitgliedsstaaten noch aus- Waldstrategie äußerten (siehe auch aktuell 3.21), meldete ständig sind. Hier könnte ein Rechtsakt zur kaskadischen sich nun auch der Rat der Europäischen Union mit einem Nutzung von Holzbiomasse kommen. Statement zu Wort. Unter anderem kritisiert der Rat darin die fehlende Einbindung von Stakeholdern und Mitglieds- Verbandstätigkeit staaten in der Entwicklung der Waldstrategie und betont, Auf der Netzwerktagung zu internationalen Konventionen dass es keine EU-weiten, einheitlichen Bestimmungen des Biodiversitätsschutzes wurden umweltrechtliche As- und Benchmarks für die so unterschiedlichen Waldöko- pekte diverser Natur- und Biodiversitätsschutzmaterien systeme Europas geben kann. Die Minister bekennen sich diskutiert. Unter anderem wurden die Eigenrechtsfähigkeit deutlich zu einer ausgewogenen Betrachtung aller Säulen von Naturgütern und die Verschärfung des Forstgesetzes in der Nachhaltigkeit, zu einer nachhaltigen, multifunktiona- Hinsicht auf den Biodiversitätsschutz gefordert. Eine brei- len Waldbewirtschaftung und zur Wahrung des Subsidiari- tere Betrachtung der komplexen Zusammenhänge zwi- tätsprinzips. Bestehende, bewährte Prozesse und Systeme schen gesellschaftlichen Ansprüchen, Eigentumsrechten wie die Errungenschaften des „Forest Europe“-Prozesses und wirtschaftlichen Aspekten blieb freilich aus. oder die etablierten Holzzertifizierungssysteme sollten genutzt werden, statt Doppelgleisigkeiten und zusätzliche Mit einer Plattform zu invasiven, nicht-heimischen Arten bürokratische Bürden zu schaffen, wie es die vorgelegte wird an einer europaweiten Kommunikationskampagne Strategie zum Teil vorsieht. Auch werden die Bedeutung gearbeitet. Ziel sind das Bewusstmachen und die Aufklä- von Holzprodukten – langlebigen wie kurzlebigen – für die rung der breiten Gesellschaft über die ökologischen, ge- Bioökonomie und den Klimaschutz sowie die Notwendig- sundheitlichen und wirtschaftlichen Gefahren und Risiken keit zusätzlicher finanzieller Mittel für die Umsetzung der durch die Ausbreitung invasiver Arten in verschiedenen Strategie betont. Zudem registriert auch der Rat der Euro- Ökosystemen. päischen Union, dass mit den von der Kommission gefor- derten streng geschützten Flächen das Risiko einhergeht, dass der Holzbedarf der EU in Folge aus intensiveren und findeis@landforstbetriebe.at weniger nachhaltigen Nutzungen von Wäldern außerhalb der EU gedeckt wird. © Pixabay.com_Jeyaratnam Caniceus 12 12
Forst & Umwelt Jubiläum 75 Jahre EINFORSTUNGSVERBAND Am 26.10.2021 jährte sich die Gründung des Verbandes der Einforstungsgenos- senschaften zum nunmehr 75. mal. Dies darf zum Anlass genommen werden, um über den Einforstungsverband einige Worte zu verlieren. Einforstungsrechte sind Wald- und Weidenutzungsrechte auf Fremdgrund, die ihre Wurzeln im 6. Jahrhundert haben und sich aus dem Gemeinschaftseigentum der damaligen Sied- ler an der Allmende entwickelt haben. Im Zuge der Grund- entlastung im 19. Jahrhundert wurden jene Nutzungsrech- te, welche nicht in Geld oder Grund abgelöst wurden, auf der Grundlage des Kaiserlichen Patentes vom 5.7.1853 der Regulierung unterzogen und zu Gunsten meist bäuerlicher Liegenschaften urkundlich verbrieft. Obschon diese Nut- Das neue Verbandsteam 2021 zungsrechte aus längst vergangener Zeit stammen, sind sie als historisch gewachsener Ersatz für eigentümlichen Grund genossenschaften neu begründet. Am 26. Oktober 1946 wur- und Boden auch heute noch für viele kleinbäuerliche Lie- de schließlich der „Verband der Servitutsgenossenschaften“ genschaften ein existenzbegründender Produktionsfaktor. als Dachorganisation im Rathaus in Gmunden ins Leben gerufen. 1959 kam es zur Umbenennung des Verbandes der Servitutsgenossenschaften in „Verband der Einforstungsge- nossenschaften“, wodurch der bedeutende Unterschied der Einforstungsrechte zu den zivilrechtlichen Dienstbarkeiten (Servitute) zum Ausdruck gebracht werden soll. Heute zählt der Einforstungsverband 22 Einforstungsgenos- senschaften sowie 5 weitere Mitgliedskörperschaften in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Gründungsfunktionäre von links: Christian KAIN, Tirol zu seinen Mitgliedern. Die Mitgliedsorganisationen Josef MITTENDORFER, Johann PUCHER zählen rund 11.000 einforstungsberechtigte Mitglieder. Im Jahr 2018 verlegte der Einforstungsverband seinen Sitz von Heute sind rund 7 Prozent der Österreichischen Landesflä- Gmunden an den WALDCAMPUS Österreich nach Traunkir- che (ca. 590.000 ha) mit rund 20.000 Holz- sowie ca. 30.000 chen. Dieser für den Einforstungsverband strategisch sehr Weiderechte behaftet. Die Gesamtbelastung verteilt sich mit günstige Standort wird den Grundstein für eine weiterhin 79 Prozent auf die Republik Österreich (Österreichischen erfolgreiche Verbandstätigkeit legen. Bundesforste), 11 Prozent auf privaten Grundbesitz, 7 Pro- zent auf Gemeindewaldungen sowie 3 Prozent auf kirchli- Heute sehen sich die Einforstungsrechte einer Vielzahl kom- chen Grundbesitz. plexer Herausforderungen gegenüber. Zum Interessenskon- flikt mit den verpflichteten Grundeigentümern gesellt sich Wirtschaften zwei Personen mit divergierenden Interessen ein immer umfassenderer Naturschutz. Zudem nimmt der auf derselben Grundfläche, so liegen Nutzungskonflikte in Druck durch die Freizeitgesellschaft auf einforstungsbelas- der Natur der Sache. Bei den Eingeforsteten bestand daher tete Flächen zu. Auch die jüngst erfolgte Verschiebung der das Bedürfnis ihre Interessen zu bündeln, um so ihre An- Bodenreform in den Artikel 15 Abs 1 B-VG wird für Berech- sprüche gegenüber den verpflichteten Grundeigentümern tigte und Verpflichtete gleichermaßen Herausforderungen besser durchsetzen zu können. Im Jahr 1920 kam es vom mit sich bringen. Mit dem am 02.10.2021 neugewählten Vor- Salzkammergut ausgehend, zunächst auf Ortsebene, zu stand und Aufsichtsrat ist der Einforstungsverband für die ersten Zusammenschlüssen. 1924 schlossen sich diese ört- kommenden 5 Jahre gut gewappnet, um den Herausforde- lichen Vereinigungen zum „Alpenländischen Verband der rungen angemessen begegnen zu können. Servitutsberechtigten“ kurz ALVESER, mit Sitz in Bad Goisern zusammen. 1946 wurden die Ortsorganisationen des ALVE- Mag. Florian Past SER gerichtsbezirksweise und in Form von sieben Servituts- Geschäftsführer des Verbandes der Einforstungsgenossen- schaften eGen 13
Forst & Umwelt Neuauflage Waldbauhandbuch aktualisiert Die kompakte Beratungsunterlage für Aus- und Weiterbildung „Waldbau in Österreich auf ökologischer Grundlage – eine Orientierungshilfe für die Praxis“ wurde vom Autor, Peter Weinfurter, aktualisiert. Der Waldbau ist neben den natürlichen Gegebenheiten aktuell: Ökologie und Ökonomie – ein Widerspruch wie Geologie und Boden, Klima, Seehöhe oder Exposition beim Waldbau? und Neigung die wichtigste Grundlage für den wirtschaft- lichen Erfolg der Waldbesitzer. Aber auch ökologische An- Peter Weinfurter: Ich sehe keinen Widerspruch. Es geht forderungen hinsichtlich Biodiversität, Baumarten- und auch hier um die Nachhaltigkeit. Wer auf ökologische Rah- Strukturvielfalt sowie gesetzliche Vorgaben wie z.B. die menbedingungen Rücksicht nimmt, wird auch die Leis- Erbringung aller Waldwirkungen sind dabei tungsfähigkeit der Standorte langfristig erhal- zu beachten. Oberste Zielsetzung der ten oder verbessern. Selbstverständlich Beratungsunterlage ist es, die Wett- hat unsere Branche auch einen sehr bewerbsfähigkeit der Waldbesitzer großen Einfluss auf die Natur, von zu fördern und das Bewusstsein und mit der wir leben und für die für die Notwendigkeit der kli- wir Verantwortung tragen. mafitten und aktiven Wald- bewirtschaftung zu schaffen. aktuell: Welche waldbau- Was wiederum einen Beitrag lichen Ziele kann sich ein dazu leistet, dass die Wälder Forstbetrieb heute setzen? von morgen mit den Klimaän- derungen und den damit ver- Peter Weinfurter: Die wald- bundenen Herausforderungen baulichen Ziele hängen von der wie Stabilität gegen Sturm- und strategischen Ausrichtung ab, die Insektenkalamitäten bestmöglich zu sehr unterschiedlich sein kann. Neh- Recht kommen. In den Empfehlungen men wir an, es handelt sich um einen der vorliegenden Unterlage wird versucht, Waldeigentümer, der vom Wald lebt und eine gute Balance zwischen Ökonomie und Öko- dies auch seinen Nachkommen ermöglichen logie zu finden. will. Er sollte die natürlichen Gegebenheiten analysieren, die wirtschaftlichen Möglichkeiten ausloten und dann sei- Die Beratungsunterlage ist in einen allgemeinen Teil zu ne Ziele setzen. In Bezug auf die Baumartenwahl gilt meiner waldbaulichen Grundsätzen und Zielen sowie in einen Ansicht: So viele ökologische notwendige Arten wie erfor- praktischen Teil mit Arbeitsblättern zu einzelnen Waldty- derlich und so viele wirtschaftlich interessante wie möglich. pen gegliedert. „Waldbau in Österreich auf ökologischer Grundlage“ steht auf der Homepage www.waldverband.at aktuell: Welche Rolle wird der heutige Brotbaum Fichte für jeden Interessierten kostenlos zum Download zur Ver- in Zukunft spielen? fügung. Peter Weinfurter: Die Fichte wird nach meiner Einschät- Anlässlich der Neuauflage des Waldbauhandbuches stell- zung teils auch von Forstkollegen zu Unrecht „verteufelt“. ten wir an den Autor Peter Weinfurter folgende Fragen. Sie ist eine Baumart mit hervorragenden Vorteilen, wächst gesund im Türkenschanzpark oder auf 2.000 Meter Seehö- aktuell: Welche Rolle spielt der Waldbau in der Be- he in den Alpen. Sie hat eine sehr weite genetische Breite. triebssteuerung eines Forstbetriebes? Selbstverständlich ist sie in trockenen und warmen Kli- maräumen Österreichs zurückzunehmen, in weiten Berei- Peter Weinfurter: Langfristig eine sehr zentrale Rolle, chen wird sie aber Hauptbaumart bleiben. Wir müssen aber da durch die waldbaulichen Maßnahmen die Zukunft be- viel mehr auf die geeigneten Herkünfte setzen. stimmt wird. Wer nachhaltig denkt, für den ist das selbst- verständlich, wer kurzfristig denkt, sieht die Kosten für den Waldbau im Vordergrund. 14
Forst & Umwelt Die Land&Forst Betriebe Österreich aktuell: Waldbau und Biodiversität: wie passen diese bei- haben dankenswerter 200 Gratis- den Begriffe in der modernen Forstwirtschaft zusammen? Exemplare des neuen Waldbaubuches erhalten. Diese geben wir gerne an Peter Weinfurter: Vielfalt bringt hohe Biodiversität. Dies unsere Leser weiter. gilt sowohl für die Bauartenwahl als auch für die Waldbau- Dafür reicht ein einfaches E-Mail mit Ihren methoden. Im Rahmen der „üblichen“ Waldnutzung kann Kontaktdaten und dem Betreff: vermehrt auf die Biodiversität Rücksicht genommen wer- Bestellung Waldbauhandbuch an den, ohne gleich große wirtschaftlichen Nachteile zu haben. office@landforstbetriebe.at Erhalten wir am Waldrand Sträucher, überstarke Einzel- Wir freuen uns auf Ihr Interesse! bäume mit ohnedies schlechter Holzqualität können auch stehen bleiben, wenn sie den Folgebestand nicht zu sehr beeinträchtigen. Edellaubbäume können insbesondere auf Die Initiative für diese Arbeit ging vom damaligen Forst- Kleinflächen, wie zum Beispiel zwischen Forststraßen und direktor Franz Grill, LK Salzburg, aus, der das Waldbau- Bachläufen, gefördert werden, Dürrlinge können stehen handbuch der Österreichischen Bundesforste AG als ge- bleiben und als Lebensraum für Tiere dienen. Ich habe noch eignete Grundlage für eine breitere Anwendung sah. Mit die „saubere Waldwirtschaft“ eingetrichtert bekommen: Zustimmung der ÖBf AG wurde die bundesforstliche Arbeit Ein Dürrling galt als Zeichen einer schlampigen Waldwirt- weiterentwickelt und adaptiert. Vertreter der LK, des be- schaft. Heute sehen wir das anders. Das bedeutet aber keine hördlichen Forstdienstes und der Forschung haben mit Vernachlässigung der Borkenkäferbekämpfung! kritischen Anmerkungen und Ergänzungen zur nun vor- liegenden Fassung beigetragen. Besonderer Dank gilt aktuell: Welche waldbauliche Strategien sehen Sie ange- Christoph Jasser und Gottfried Diwold (Landesforstdirek- sichts des Klimawandel als notwendig und zielführend? tion OÖ), Michael Reh (LK OÖ), Josef Krogger (LK Stmk.) sowie Eduard Hochbichler, der einen Beitrag zum Nieder- Peter Weinfurter: Der Klimawandel ist eine große Belas- und Mittelwald zur Verfügung stellte. Die LK Österreich be- tung und Herausforderung für die Forstwirtschaft. Wir kön- auftragte die Überarbeitung dieses Werkes und wurde vom nen an vielen Schrauben drehen und die zur Verfügung ste- BMLRT unterstützt. Gregor Grill und ein Team aus LK, LFD henden Waldbaumaßnahmen anpassen, Wunder können und Forschung haben mit großem Interesse und persönli- wir aber keine wirken. chem Einsatz zur Verwirklichung beigetragen. An die erste Stelle wäre wohl die Baumartenwahl zu setzen - es sollten verstärkt die Arten bzw. Herkünfte herangezogen werden, die eher mit Trockenheit und höheren Temperatu- ren zurechtkommen. Wir sollten uns auch nicht grundsätz- Peter Weinfurter lich gegen Methoden zur Verbesserung der genetischen Eigenschaften unserer Waldbäume stellen, sondern nach Peter Weinfurter trat 1957 als „Forstzögling“ bei Anwendungsmöglichkeiten umsehen, die es in anderen den Österreichischen Bundesforsten eine Förster- Bereichen schon viele Jahrzehnte gibt. ausbildung an. In den Jahren 1964 bis 1967 war er Vermehrt auftretende Wetterextreme zwingen förmlich zur als Förster bei den ÖBf tätig. Nach Abschluss des Forcierung der frühen Pflege der Waldbestände in Form von Studiums für Forst- und Holzwirtschaft an der Hoch- Mischungs- und Standraumregulierung sowie Erstdurch- schule (heute Universität) für Bodenkultur trat er im forstungen, um die Stabilität der Bestände zu erhöhen. Da- Frühjahr 1972 wieder in den Dienst der ÖBf und war durch kann auch die Umtriebszeit gesenkt werden. Bei ei- mit waldbaulichen Aufgaben betraut und im mittle- nem durchschnittlichen Jahrringzuwachs wird in 65 bis 70 ren Management tätig. Ab 1993 war er im Vorstand Jahren ein BHD von 50 cm erreicht. für den eigentlichen Forstbetrieb zuständig. Nach Ältere Bäume sind bekanntlich weniger resilient. Durch zu der Umwandlung der ÖBf in eine AG im Jahr 1997 starke Eingriffe können Bestände destabilisiert werden. Dies war der Autor für die Einführung und Anwendung sollte insbesondere bei älteren Waldbeständen mehr be- des Controllings (Finanz- und Forstcontrolling) ver- achtet werden. Von der Auflockerung großer Waldbestände in einem Zug rate ich ab, eher sollte zonenweise unter Be- antwortlich. Vor seiner Pensionierung bekam er die achtung der Hauptwindrichtung vorgegangen werden. Möglichkeit, die waldbaulichen Erfahrungen bei den ÖBf in einem „Waldbauhandbuch“ festzuhalten, aktuell: Sehr geehrter Herr Weinfurter, vielen Dank für welches als Orientierungshilfe für den Waldbau in das Gespräch! diesem Betrieb verwendet wird. 15
Forst & Umwelt © Lukas Sommerauer Them FH Sa enreihe Camp lzburg, us Ku chl Die Baumrinde – Schutz gegen Hitze, Kälte, Insekten und Co. – ein von der Natur hoch funktionalisiertes Material. In den Augen vieler ein einfaches Abfallprodukt. Doch in dem Material liegt ungenutztes Potenzial. Neue Werkstoffe durch Imprägnierung von Holz mit Naturstoffen Baumrinde beinhaltet eine Fülle an natürlichen „Green Biocides“, die bei der derzeitigen Nutzung überwie- gend ungenutzt verbrannt werden. Durch Imprägnierung können jedoch wenig dauerhafte Hölzer aufge- wertet werden, wodurch diese länger im Einsatz sein können. Die Ausgangslage Land- und Forstwirtschaft, sowie durch die Weiterverarbei- Die Modifikation von Holz zur Erhöhung der Dauerhaftigkeit tung der österreichischen Holzindustrie kommt es zu gro- ist seit jeher ein großes Thema. Dies führte zur Entwicklung ßen Reststoffströmen aus Rindenbiomasse, welche über- von unterschiedlichen Lösungsansätzen wie Oberflächen- wiegend für die thermische Energiegewinnung genutzt behandlungen mit Lacken und Ölen oder der Imprägnie- werden. Dabei handelt es sich in Österreich in etwa um 2 rung des Holzes, wobei unter hohem Druck Holzschutz- Mio. m3 Rindenbiomasse jährlich (Grafik 1). Diese Biomasse mittel in die Mikrostruktur des Holzes gepresst wird. Die enthält jedoch eine Fülle wertvoller bioaktiver Substanzen, Schutzwirkung ist dabei auch wesentlich vom Holzschutz- die als Holzschutzmittel genutzt werden können. mittel abhängig, wobei in Vergangenheit bei der Entwick- lung dieser Mittel der Nachhaltigkeitsgedanke nicht immer im Mittelpunkt stand (Stichwort Kreosote). Ökologische Holzschutzmittel sind gefragt, weshalb am Campus Kuchl der Fachhochschule Salzburg versucht wird, Naturstoffe wie Rindenextrakte in Holz einzubringen, um damit leicht verfügbaren Hölzern wie der Fichte oder Tanne eine höhere Dauerhaftigkeit zu verschaffen. Damit wird auch ein Thema der europäischen Agenda zur Entwicklung einer Kreislauf- wirtschaft aufgegriffen, da Holz damit länger im Einsatz ist und dadurch Kohlenstoff über einen längeren Zeitraum speichert. Grafik 1: Produktion von Rundholz in Österreich von 1961 – Die Rinde – der Schutzmantel des lebenden Baumes 2019 und anteilig 10 Prozent Rindenbiomasse. Viel Material Die Baumrinde schützt den Baum gegenüber Hitze im Som- wird ohne weitere Wertschöpfung verbrannt – welches ohne mer, Kälte im Winter, aber auch gegenüber Bewitterung, viel Aufwand weiter nutzbar wäre. Quelle FAO Stat (https://www.fao.org/faostat/en/#data/FO) Insekten und andere Fressfeinde. Gegenüber Letzteren hat der Baum einen intelligenten Mechanismus entwickelt – er reichert bioaktive Substanzen – „Green Biocides“ – mit Hauptsächlich Fichten- und Tannenholz (je Dauerhaftig- antimikrobiellen Eigenschaften in großer Menge in der Rin- keitsklasse 4) wird im Holzbau verwendet, um Holzbau- de an. Im Vergleich zur Holzbiomasse ca. 10x mehr. Durch konstruktionen zu realisieren. Jedoch sind diese Hölzer die hohe Produktion von Rundholz in der österreichischen im Vergleich mit Lärche (Dauerhaftigkeitsklasse 3-4), Eiche 16
Forst & Umwelt oder Robinie (je Dauerhaftigkeitsklasse 1-2) weniger dauer- die Farbe und Brandschutzwirkung beeinflusst werden. haft gegenüber natürlichen Bedingungen. Durch Beladun- So zeigen die Ergebnisse aus der künstlichen Bewitterung, gen von Fichten- und Tannenholz mit Extraktstoffe aus der dass UV-Strahlung lediglich einen geringeren Einfluss auf inhaltsreichen Lärchenrinde wird versucht, die Dauerhaf- die optische Erscheinung der behandelten Proben hat. tigkeit zu erhöhen (Bild 2). Ein weiterer Aspekt bei den Arbeiten mit Holzextraktstoffen ist die Reinigung und Aufbereitung ebendieser. Rohextrak- te sind in ihrer Zusammensetzung sehr inhomogen und beinhalten auch eine Vielzahl an Zuckern. Bei Entfernung dieser wird das Potenzial der Holzextraktstoffe als Green Biocides nochmals erhöht. Diese Arbeit wird ebenso am © Lukas Sommerauer Campus Kuchl der Fachhochschule Salzburg verfolgt. Die Nutzung von Rindenbiomasse zur Herstellung von na- türlichem Holzschutzmittel ist ein Gedanke, der die Ansät- ze der Kreislaufwirtschaft aufgreift und einen Beitrag zu Bild 2: Fichtenproben im Vergleich. Links unbehandelt, rechts mit Lärchenextrakt imprägniert. Es kommt zu einer Ökologisierung von Holzschutzmittel leistet. farblichen Veränderung der Textur, die auf die eingebrachten Extrakte zurückzuführen ist. Von Rohmaterial zum Extrakt – die In ersten Laborversuchen zeigte sich, dass die Imprägnier- Rindenbiomasse wird mit Wasser extra- barkeit von Holzextrakten in Tannenholz gut realisierbar hiert und löst die bioaktiven ist. Darüber hinaus ist die Fixierung mit natürlichen Stabi- Substanzen der Rinde. Später werden diese mittels Druck dann in Fichten- © Thomas Sepperer lisatoren wie Leinöl möglich. Dieses verschließt in einem zweistufigen Imprägnierprozess die Fließwege, wodurch oder Tannenholz imprägniert. Wasser nicht mehr eindringen kann und somit die Extrakt- stoffe im Holz verbleiben (Grafik 2). Die Kombination aus Extraktstoffe und Leinöl weisen bei ersten Untersuchungen auch gute UV-Stabilität auf, sodass davon ausgegangen werden kann, dass bei starker Sonneneinstrahlung kaum Abbau der Schutzsubstanz vonstatten geht. Fachhochschule Salzburg Am Campus Kuchl der Fachhochschule Salzburg finden sich in den Studiengängen Holztechnologie und Holzbau (Bachelor) sowie Holztechnologie und Holzwirtschaft (Master) aktuell rund 250 Studierende. Jedes Jahr schließen ca. 55 Studierende als Bachelor of Science und 25 Studierende als Diplomingenieur ab. Zahlreiche Kooperationen mit Unternehmen und Vertretern der heimischen Land- und Forstwirtschaft, allen voran mit der HBLA Ursprung, sorgen dafür, dass hier Forschung für eine nachhaltige Zukunft ermöglicht wird. Grafik 2: Reduktion der Auslaugbarkeit der Rindenextrakte. Stabilisierung durch natürliches Leinöl möglich. Wie geht es weiter? Lukas Sommerauer Weitere Schritte werden derzeit bei der weiteren Eigen- schaftsbestimmung der natürlichen Holzschutzmittel ge- DI Lukas Sommerauer absolvierte das Studium der Holztechnologie macht. So werden die behandelten Holzproben aktuell an der Fachhochschule Salzburg und promoviert aktuell an der Uni- auf ihre Dauerhaftigkeit gegen natürliche und künstliche versität für Bodenkultur in Wien. Im Rahmen seiner Forschungsarbeit Bewitterung getestet. Es folgen Untersuchungen der bio- beschäftigt er sich mit der Modifikation von Holzoberflächen und der logischen Stabilität gegenüber Beanspruchung von Mikro- Aufbereitung von Holzextrakten. organismen und andere äußere Einflüsse, um Vergleichs- lukas.sommerauer@fh-salzburg.ac.at werte mit unbehandelten Hölzern zu erhalten. Durch die Holzextraktstoffe können auch andere Eigenschaften wie 17
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