Aktuell BDF - Holzernte auf sensiblen Böden Gespräch mit Peter Wohlleben
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Ausgabe 12 • 2019 60. Jahrgang ISSN-Nr. 0945-6538 Zeitschrift für Forstleute, Forstpolitik und Wald RUBRIK BDFaktuell Holzernte auf sensiblen Böden Gespräch mit Peter Wohlleben BDFaktuell 12 2019 1
INHALT Ausgabe 12 • 2019 60. Jahrgang ISSN-Nr. 0945-6538 Zeitschrift für Forstleute, Forstpolitik und Wald RUBRIK Titelthema Holzernte auf sensiblen Böden 4 BDFaktuell „Streit-“Gespräch mit Peter Wohlleben 7 Forstpolitik Krisenjahr Wald 2019 10 Deutschland forstet auf 12 Arbeitskreise | Vertretungen Treffen der Jugend 13 Sozialwerk auf Bildungsreise 14 Aus den Ländern Aufmarsch zur Demo in Stuttgart 15 Aus dem Schadenssommer 2019 16 Ohne Förster geht es nicht 20 Holzernte auf sensiblen Böden Gespräch mit Peter Wohlleben BDFaktuell 12 2019 1 Wiederbewaldung für alle wichtig 23 Erhöhung der Mitgliedsbeiträge 24 Gedanken zum Jahresende 25 Titelbild: Der Winter deckt alles zu. Auch die Wunden im Wald. Alles wirkt friedlich. Diese Momente sind wichtig. Nehmen Sie sich Quo vadis, HessenForst? 26 die Zeit zum Durchatmen! Hier wächst eine Käferlücke langsam 2020 ist ein Forstjahr 27 wieder zu. Darauf hoffen wir für viele Schadflächen – mit lenkender 70 Jahre im BDF: Klaus Hoffmann 31 Hand. Foto: clipdealer Dialog mit Landtagsabgeordneten 32 Rückblick Verkehrssicherheitstag 34 Umweltausschuss im Westerwald 37 Käferjahr zu Ende – und nun? 41 Duales Studiengang an der FH Erfurt 43 Bundesforst im BImA-Gespräch 45 Personelles Nachruf auf Peter Meschede 33 Bundesverdienstkreuz für Hans Jacobs 42 Freud und Leid 46 IMPRESSUM Herausgeber: Bund Deutscher Forstleute (BDF), Geschäftsstelle, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 65 700 102, Telefax (0 30) 65 700 104, Info@bdf-online.de – Fachgewerkschaft für Forst- beamte und -beschäftigte im dbb beamtenbund und tarifunion Verantwortlicher Chefredakteur: Armin Ristau, Silberborner Straße 1, 37586 Dassel, Telefon (0 55 64) 91122 (p), bdf.aktuell@t-online.de Stellvertreter: David Ris, Klosterstraße 36, 53340 Meckenheim, Telefon (0151) 15 74 45 73 Gesamtherstellung und Vertrieb: Wilke Mediengruppe GmbH, Hamm, ISSN-Nr.: 0945-6538 Bestellanschrift, Anzeigen: Wilke Mediengruppe GmbH, Oberallener Weg 1, 59069 Hamm, Telefon (0 23 85) 4 62 90-0, Telefax (0 23 85) 7 78 49 89, Spruch anzeigen@wilke-mediengruppe.de Bezugsbedingungen: BDF AKTU- ELL erscheint monatlich. Bezugspreis monatlich 2,95 € zuzüglich Porto + Verpackung, für BDF-Mitglieder im Beitrag eingeschlossen. Erscheinungsweise: zum 1. jedes Monats. Redaktionsschluss: am 1. des Vormonats bei der Redaktion. Bestellungen sind an den Verlag zu richten. Landesredakteure: Marlene Schmitt (BaWü), Robert Nörr (By), Ines von Keller (Br), Dr. Manfred Johann (He), Marie-Sophie Vöcks (MV), Henning Ibold (Nds.), Ute Messerschmidt (NRW), des Monats Thomas Bublitz (RLP), Philipp Klapper (Saar), Wanda Kramer (SN), Astrid Eichler (SN-A), Christian Rosenow (Sch-H), Jens Düring (Th), Kathrin Müller-Rees (Bundesforst) Bildnachweise: C. Knobloch (S. 4, 5), Thekla Ehling (S. 7, 8), Archiv (S. 10, 11), DFA (S. 12), Koch Films Was nicht auf einer einzigen Manuskriptseite (S. 14 oben), BDF Sozialwerk (S. 14 unten), Armin Ristau (S. 28), Frank zusammengefasst werden kann, ist weder durchdacht Bossong (S. 32), Volker Steinhage (S. 33), Veronika Cleve (S. 35), Kay Boenig (S. 36), J. Thielen (S. 37, 38), Michael Weber (S. 40), Johann noch entscheidungsreif. Böhling (S. 42), FH Erfurt (S. 44 oben), AS/KMR (S. 44 unten), BDF-Bundesforst (S. 45 oben), Kathrin Müller-Rees (S. 45 unten), clipdealer (Rückseite) Dwight David Eisenhower Das Kennwort für den geschützten Internetzugang 2 BDFaktuell 12 bdf lautet im Dezember: dachs Benutzername: 2019
EDITORIAL Liebe Kolleginnen und Kollegen! Forstkollegen mutmaßlich von der Holzmafia er- mordet worden sind. So etwas kannte man bisher Während ich hier sitze, um das Editorial für die De- nur vom Drogen- oder Waffenhandel. Dass nun zemberausgabe zu schreiben, ist genau vor 30 Jah- ausgerechnet der Werkstoff Holz mit solch schwe- ren die Berliner Mauer eingerissen worden. Ein ren Verbrechen in Verbindung gebracht wird, zweifellos epochales Ereignis, das Europa und die macht mich betroffen, aber zeigt, dass leider kein Welt verändert hat und das mich mit großer Dank- Bereich von abgründigen Entwicklungen verschont barkeit erfüllt. Nicht nur politisch, sondern auch bleibt, wenn es um sehr viel Geld geht und rechts- ganz persönlich. Dass ich Förster werden wollte, staatliche Strukturen nicht funktionieren. Es zeigt stand für mich schon zu Kindergartenzeiten fest. aber auch, dass wir eine Verantwortung dafür ha- Dass ich als Westfale mal Revierförster in Mecklen- ben, die Nachfrage nach Holz möglichst aus dem burg-Vorpommern werden würde, war dagegen da- Inland zu bedienen, um unsichere Quellen für un- mals mehr als unwahrscheinlich. Und nun bin ich seren Holzkonsum zu vermeiden. Der BDF hat je- das schon seit 20 Jahren und möchte keinen Au- denfalls zusammen mit anderen Verbänden einen genblick davon missen! Protestbrief an die rumänische Staatsregierung ge- schrieben. Das sind wir unseren Forstkolleginnen Klar, im Einigungsprozess ist nicht alles richtig ge- und -kollegen dort schuldig! laufen. Womöglich, weil die Ungeduld auf beiden Seiten zu groß gewesen ist oder man sich vom Fakti- Hinter uns liegt forstpolitisch ein sehr ereignisrei- schen hat treiben lassen. Dabei sind, wie Bundes- ches Jahr. Auf allen Ebenen war der BDF medial und präsident Steinmeier in seiner Rede zum Jahrestag politisch stark gefordert. Die wichtigsten Ereignisse treffend festgestellt hat, neue Mauern entstanden. und Meilensteine habe ich in dieser Ausgabe in ei- Mauern aus Frust, aus Sprachlosigkeit und Entfrem- nem Rückblick noch einmal erwähnt. Die Kommu- dung und sogar aus Wut und Hass. Das dürfen wir nikation und das Zusammenspiel zwischen Bun- nicht zulassen! Weder im Großen noch im Kleinen. desverband und den BDF-Mitgliedsverbänden Dafür tragen wir auch als Fachgewerkschaft eine haben dabei nach meiner Wahrnehmung wirklich wichtige gesellschaftliche Verantwortung! Aber auch ausgesprochen gut funktioniert. Dafür möchte ich jeder Einzelne ist jeden Tag gefordert. Der Friede mich an dieser Stelle ausdrücklich ganz herzlich und der gesellschaftliche Zusammenhalt sowie ein bedanken! gemeinsames Grundverständnis sind zerbrechli- cher, als uns das lieb ist. Letzteres soll dabei keines- Ich wünsche mir, dass wir alle nun im Advent ein falls als Plädoyer gegen die dringend notwendige wenig zur Ruhe kommen und Kraft tanken können, Meinungsvielfalt verstanden werden. Aber wenn um im neuen Jahr wieder hellwach, motiviert und man sich anschaut, wie manch politischer, aber voller Ideen unsere erfolgreiche Verbandsarbeit auch fachlicher Diskurs von einigen Akteuren ge- fortzusetzen! 왎 führt wird, macht mich das mehr als nachdenklich. Horrido! Die Herausforderungen im kommenden Jahr wer- den sicher wieder groß. Ob der Brexit kommt und die europäische Integration dadurch weiter ge- schwächt wird, bleibt abzuwarten. Erschreckend ist, dass in den vergangenen Wochen in Rumänien, Ihr einem Mitgliedsland der Europäischen Union, zwei Ulrich Dohle BDFaktuell 12 2019 3
Holzernte auf sensiblen Böden Abb. 1: Seilkrananlage Als Antwort auf die Schwere und Gefährlichkeit der 3. Die steigende Eigenmasse der Maschinen führte zum Transport von Waldarbeit wurde seit den 1970er-Jahren Schritt für zu tiefen Fahrspuren. Kurzholz, Prototyp von Schritt die motormanuelle Arbeit durch Maschinen 4. Als Reaktion wurden immer breitere Reifen ge- 2016 ersetzt. Hierbei wurde ein Teufelskreis ausgelöst: wählt, und man baute anstatt 4 dann 6 oder 8, 1. Wegen steigender Kosten mussten die Maschi- im Extrem sogar 10 Reifen an. nen immer effektiver werden. 5. Dadurch stieg wiederum die Maschinenmasse, sodass 2. Das erforderte leistungsfähigere, also meist die Kompensationsmaßnahme teilweise verpuffte. schwerere Komponenten. 6. Mit jeder Verbesserung stiegen die Kosten, wo- mit wir wieder bei Punkt 1 angelangt sind. 4 BDFaktuell 12 2019
TITELTHEMA langfristig nicht mehr mit einer natürlichen Rege- neration zu rechnen. Daher behalten die Gassen auch über das Bestandesleben hinaus (und damit permanent) ihre Bestimmung als Gasse. Damit müssen wir auf diesen Gassen also vor- nehmlich eine technische Funktion im Auge behal- ten. Solange diese Gassen weder gefroren sind (was ja kaum mehr zu erwarten ist) noch eine techni- sche Befestigung erfahren, muss gewährleistet sein, dass die Maschinen auch feuchten Boden nicht zerstören. Denn beim Fahren auf feuchtem Untergrund sind folgende Effekte zu beachten: 왎 Der Boden wird nicht nur verdichtet, sondern oft werden ganze Bodenpartien seitlich ausge- quetscht und neben der Fahrspur abgelagert. So entstehen Pfützen, mit denen sich die techni- schen Vorbedingungen für die nächste Über- fahrt weiter verschlechtern. 왎 Die Reifen, die in der Talsohle fahren, müssen stets gegen einen „Berg“ fahren und üben einen erhöhten Schlupf aus. Hierbei wirken sie wie eine Fräse und zerstören stabilisierende Struk- turen im Boden. Von den verschiedenen Böden reagieren Standorte mit hohen Schlupfanteilen und oberflächennah anstehendem Wasserspiegel besonders empfind- lich. Was kann man tun? Bei der Fertigung Es läge daher nahe, von solchen sensiblen Standor- ten jegliche Maschine zu verbannen. Im Falle des Holzeinschlags (also Fällung und Aufarbeitung) mag das noch gelingen: Schließlich hat man die Motorsäge. Mit zunehmendem Totholzanteil und vermehrt auftretenden Erkrankungen, bei denen die Kronen unvorhergesehen abbrechen und den Waldarbeiter tödlichen Gefahren aussetzen, steigt Schon bald wurde klar, dass sich die unbefestigten aber der Druck auf die Mechanisierung. Außerdem Waldböden unter diesen Lasten kaum mehr rege- ist der motormanuelle Holzeinschlag meist mit ho- nerieren konnten. Im Interesse der Erhaltung der hen Kosten verbunden. biologischen Funktionen des Waldbodens legte man daher seit Ende der 1980er-Jahre Rückegassen Da sich Harvester langsam bewegen, nicht mit an, dank deren die nicht zu befahrenden Zwischen- Holz beladen werden und pro Ernteeingriff nur ein- felder geschont wurden. Da aber diese Gassen wie- mal über die Gasse zu fahren brauchen, machen derholt befahren werden, ist auf ihnen auch sie deutlich weniger Schäden als die Forwarder. Folglich können sie sogar auf den meisten sensib- BDFaktuell 12 2019 5
zu transportierenden Stämme, wenn sie über den Boden schleifen und immer dann, wenn sie diesel- be Spur nutzen, tiefe Gräben ausheben. Entgegen landläufiger Meinung sind unter diesen Bedingungen Tiere (wie Rückepferde) kaum scho- nender als Maschinen. Es bedarf – will man den Bodenschutz wirklich ernst nehmen – einer Lö- sung, bei der weder das Rückemittel noch das zu transportierende Holz Kontakt mit dem Boden hat. Da sich fliegende Rückemittel wie Hubschrauber und Ballon nicht nur aus Kostengründen zurzeit von selbst ausschließen, bleibt nur noch der Einsatz ei- nes Seilkrans übrig. Hierbei können wir auf folgende Erfahrungen verweisen: Seilkräne, die sich im Steil- gelände bewährt haben und für diese Bedingungen optimiert wurden, bringen auf ebenen Standorten weder die gewohnte Effektivität noch die gewünsch- te Bodenschonung, da vom Holz unter dem Tragseil Abb. 2: Portalharvester len Böden noch gut eingesetzt werden. Bei der Fer- tiefe Gräben in den Boden gezogen werden. Folglich der TU Dresden, Prototyp von 2015 tigung spricht auch nichts dagegen, Gassen im Ab- muss das Grundprinzip des Seilkrans modifiziert stand von 20 m anzulegen, auch wenn die aktuelle werden, indem entweder Langholz an zwei Punkten Waldzertifizierung im Falle der sensiblen Böden direkt unter das Seil gespannt wird oder Kurzholz im einen weiteren Abstand verlangt. Bündel angehängt wird (Abb. 1). Für beide Ansätze Noch besser wäre es, wenn sich die Maschine gibt es inzwischen Prototypen, die es verdienen, schreitend fortbewegte. Leider wurden die Arbei- weiterentwickelt zu werden. ten am Schreitharvester eingestellt, als die ihn ent- wickelnde Firma von John Deere übernommen Ein Haupthinderungsgrund sind die hohen Kosten wurde. Und auch für die Entwicklung eines Portal- der Seilkrananlagen. Diese hängen vor allem von harvesters, der sich auf einer Brücke bewegt (Abb. der Höhe des Zeitaufwandes für Auf- und Abbau 2), werden noch einige Jahre an Grundlagenfor- der Anlage ab. Hier bieten Standardisierungen (wie schung ins Land gehen, bevor er Praxisreife erlan- ein künstlicher Endmast oder wiederverwendbare gen wird. Bodenanker) vielversprechende Ansätze, mit de- nen sich die Aufbauzeiten verringern lassen, sodass Zum Holztransport die Kosten sinken. Aber auch hier sind noch Jahre der Forschung und Entwicklung nötig. 왎 Im Gegensatz zur Fertigung sind wir beim Holztrans- port auf leistungsstarke Transportmittel angewie- Jörn Erler, Tharandt sen, die in der Regel häufiger über dieselbe Gasse Prof. Dr. Jörn Erler leitet die Professur Forsttechnik fahren müssen. Dabei entstehen Schäden sowohl an der TU Dresden mit Sitz in Tharandt durch das Transportmittel selbst als auch durch die Der BDF sucht … … einen kreativen Geist mit Spaß am Engagement für che ist die Arbeit leistbar. Über die modernen Medien ist Wald und Forstleute, Freude an der Zusammenarbeit mit man mit der Geschäftsstelle und der Bundesleitung gut KollegInnen aus ganz Deutschland, der Bereitschaft zur vernetzt. Eine kleine Vergütung wird auch gezahlt. Eine Teilnahme an vielfältigen forstlichen Veranstaltungen, gute Einarbeitung ist garantiert! Tagungen, Diskussionen und vor allem einer guten Schreibe, die es auch mal prägnant auf den Punkt bringt. Bei Interesse meldet euch unter Und die Kommunikation sollte leichtfallen. info@bdf-online.de – wir freuen uns auf neue kreative Köpfe! 왎 Das trifft auf dich zu? Dann bist du der oder die Richtige für den Job als PressereferentIn. Mit 10 Stunden pro Wo- 6 BDFaktuell 12 2019
TITELTHEMA Peter Wohlleben: Heilsbringer oder Demagoge? – Ein „ “ Streitgespräch Wahrscheinlich gibt es derzeit kaum einen anderen Förs- Tausende Menschen, die in unseren Wäldern arbei- ter, über den in der Forstszene so kontrovers gestritten ten: Sie sind der oberste Gewerkschafter der Förster wird wie über den erfolgreichen Buchautor Peter Wohl- und ihrer Mitarbeiter. Höchste Zeit, dass wir uns leben. Mit seinen Büchern hat er in Deutschland – aber mal unterhalten. mittlerweile auch im Ausland – ein Millionenpublikum erreicht. Handelt es sich dabei um Belletristik oder um ULRICH DOHLE: Genau! Und ich kann Ihnen gleich Sachbücher? Oder ist es ein Genre irgendwo dazwi- am Anfang mitteilen: Viele, die in den deutschen schen? Wie dem auch sei – sein Erfolg bei den Massen, Wäldern arbeiten, sind nicht besonders gut auf Sie aber auch viele seiner Äußerungen waren für den BDF zu sprechen. Natürlich sind die Meinungen unserer schon seit längerer Zeit Grund genug, mit ihm das Ge- Mitglieder sehr vielfältig, aber doch fragen sich viele: spräch zu suchen. Durch die Waldkrise hat dann natür- Warum greift uns der Wohlleben immer wieder an? lich auch Peter Wohlleben als fraglos Deutschlands be- kanntester Förster eine erhöhte mediale Aufmerksamkeit Und auch ich muss zugeben: Wenn ich abends vor erfahren. Dabei sind teils nicht nur die Inhalte seiner dem TV-Gerät sitze und sehe, wie Sie in die Kame- Aussagen, sondern besonders auch die Art und Weise sei- ras sagen: „Der deutsche Wald ist nicht in guten ner Kommunikation bei vielen Forstleuten übel aufge- Händen“, wie Sie uns Forstleute als „profitorien- stoßen. Vielfach ist von „Förster-Bashing“ die Rede. Ein tiert“ und „rücksichtslos“ bezeichnen, dann fühle richtiger Zeitpunkt also, um in einem persönlichen Ge- ich mich schon persönlich verletzt und herabge- spräch Standpunkte auszutauschen. Absicht war es, ein würdigt, weil ich die Qualität meiner Arbeit und der inhaltsgleiches „Streitgespräch“ – so der Arbeitstitel – meisten ForstkollegInnen eben ganz anders wahr- sowohl in unserer Mitgliederzeitschrift „BDF aktuell“ als nehme. auch im GEO Magazin „Wohllebens Welt“ abzudrucken. Ziel ist es, Fachleute und waldinteressierte Menschen Dabei sind weder Sie noch irgendein anderer per- gleichermaßen zu erreichen, um die Meinungsvielfalt sönlich gemeint. Ich gebe mir große Mühe, nie- rund um unsere Wälder aufzuzeigen. Denn der BDF lebt mals jemanden namentlich anzugreifen. Trotzdem den gepflegten Diskurs vor. Ausgrenzung ist unsere Sa- heißt es oft, ich betriebe „Förster-Bashing“. Mir che nicht. Der Wald ist zu wichtig für Filterblasen. Das geht es aber um etwas anderes: Ich halte die Grund- Treffen mit Peter Wohlleben in Köln war ein spannender prinzipien der Forstwirtschaft in den öffentlichen Termin und das Gespräch verlief in sehr kollegialer At- Wäldern – und das sind rund 50 Prozent der gesam- mosphäre. Wir hätten damit mehr als diese Ausgabe ten Waldfläche – für falsch. füllen können. Aber da es auch noch viele andere wich- tige Dinge über den Wald zu berichten gibt, müssen wir Das ist insofern ein starker Vorwurf, als Sie dadurch uns mit dem folgenden Auszug begnügen. mit uns Forstleuten nach unserer Auffassung genau die Falschen treffen. Gerade wir gewerkschaftlich PETER WOHLLEBEN: Herr Dohle, als Vorsitzender organisierten Forstleute haben die zahlreichen Or- vom Bund Deutscher Forstleute vertreten Sie ganisationsreformen der Vergangenheit mit er- werbswirtschaftlicher Ausrichtung im öffentlichen Peter Wohlleben und Ulrich Dohle im „Streitgespräch“ BDFaktuell 12 2019 7
Ihnen hören die Menschen ja millionenfach zu. Und manch einer in unserer Gewerkschaft fragt sich: Wie macht der das nur? Das ist kein Geheimnis: Ich rede mit den Men- schen nicht nur über Waldwirtschaft, sondern vor allem über die Natur. Und dabei versuche ich eine emotionale Nähe zu schaffen. Ich erkläre etwa, weshalb manche Forscher meinen, dass auch Bäu- me miteinander kommunizieren. Meine Zuhörer werden dann neugierig – viele Forstleute aber ver- drehen die Augen. Warum nur? Viele von uns sind vielleicht noch zu sehr der Fach- sprache verhaftet, trauen sich wenig, in Bildern und mit einfachen Worten zu sprechen. Da vertun wir ganz sicher oftmals eine Chance, die Bürger für unsere Arbeit und für den Wald zu interessieren. Nicht nur das. Nur wenn alle ins Gespräch kom- Das „Streitgespräch“ verlief in kollegialer Wald stets lautstark kritisiert. Unsere Kollegen set- men, Politik, Förster und Bevölkerung, können wir Atmosphäre, auch wenn zen sich voller Herzblut für den Wald ein. Und nun doch Wege finden, wie die Wälder auch in Zukunft es durchaus unterschied- sagen Sie, wir Forstleute hätten die falschen Ziele! bestehen und sich gegen den Klimawandel be- liche Standpunkte gibt Diese werden jedoch grundsätzlich vom Waldbe- haupten können. sitz festgelegt. Waldpolitik auf breiter Basis ist immer gut! Spätes- Wenn wir den Alltag eines Försters anschauen, so tens seit diesem Jahr ist es allen bewusst: Unsere ist er meiner Wahrnehmung nach zu 80 Prozent Wälder leiden unter dem Klimawandel. Stürme, seiner Arbeitszeit damit beschäftigt, den Rohstoff Dürre und Insekten bedrohen massiv unsere Bäu- Holz zu produzieren – und zwar, weil seine Dienst- me, die Bilder sind erschreckend. Wir stehen vor ei- herren, die Verwaltungen und herrschenden Politi- ner Wende in unserem Umgang mit dem Wald. Wir ker, dies verlangen. Dabei ist das doch gar nicht haben als Bund Deutscher Forstleute einen Plan vor- seine Kernaufgabe. gestellt, wie wir damit umgehen, den „Carlo- witz-Plan“. Darin fordern wir unter anderem, eine Er sollte vielmehr ein Waldhüter sein, ein Waldbe- Milliarde neuer Bäume zu pflanzen, rund 10.000 wahrer. Und umsetzen, was das Bundesverfas- neue Stellen für Forstleute zu schaffen und sorgsa- sungsgericht festgelegt hat: den Vorrang von Natur mer mit Holz als Rohstoff umzugehen, es etwa in- und Erholung vor der Holzerzeugung in Wäldern, tensiver zu recyceln. Was ist denn da Ihr Vorschlag, die der Allgemeinheit gehören, der Bevölkerung. wie wir dem Waldsterben entgegenwirken können? Viele Forstleute setzen sich genau dafür ein. Doch Auch ich habe kein Patentrezept. Aber mir fallen sie folgen am Ende als Beamte oder Angestellte nur ein paar Dinge ein, die sich meiner Überzeugung den Vorgaben von Eigentümern, in den Staatsfors- nach grundlegend verändern müssten. ten dem Willen der Politiker – mithin dem Willen der Bürger, die sie gewählt haben. Wenn etwa eine Zum einen dürfen wir unseren Mitbürgern nicht Kommunalverwaltung bestimmte Vorgaben für mehr den Eindruck vermitteln: Wer Holz ver- den Holzertrag macht, wenn ein Bürgermeister be- braucht, der handelt ökologisch und klimafreund- schließt, dass Geld in einen Kindergarten oder ein lich. Natürlich ist Holz ein großartiger Rohstoff – Krankenhaus fließen soll statt in den Waldschutz: aber es genügt nicht, ihn einfach nur sorgsamer zu Dann müssen wir Forstleute dem folgen. behandeln und zu recyceln. Wir müssen uns viel- mehr bemühen, den Verbrauch generell zu verrin- Natürlich unterliegen Förster vielen Zwängen. Aber gern. Und zwar drastisch! Nur so können wir dafür sie haben auch Spielräume, und die nutzen sie selten sorgen, künftig keine Nadel-Monokulturen mehr aus. Selten nur sehe ich, dass ein Kollege öffentlich zu betreiben, die allein der Holzgewinnung dienen. für geringeren Holzverbrauch eintritt, gegenüber Poli- tikern oder Verwaltungen für mehr Waldschutz Die meisten Forstleute haben längst erkannt, dass kämpft. Und sei es, dass er sich vor Ort mit Bürgern reine Holzplantagen nicht die Zukunft sein kön- austauscht, wie sie sich den Wald wünschen. nen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, doch der soge- nannte Waldumbau von den Monokulturen hin zu vielfältigen Mischwäldern geht zu langsam voran. 8 BDFaktuell 12 2019
TITELTHEMA Den Vorwurf muss sich die Forstbranche gefallen che Strategie. Sie lassen zum Beispiel außer Acht, lassen. Aber das hat ja auch Gründe, zum Beispiel: dass es in den Wäldern auch darum geht, dass die Das Geld für die Pflege der öffentlichen Wälder Menschen möglichst unfallfrei arbeiten können. wurde in den letzten Jahren immer weiter gekürzt Oder dass wir planen können, wann wir welches und das Personal massiv abgebaut. Holz ernten können. Das Problem ist, dass wir in Deutschland kaum noch Natürlich brauchen wir Förster, und natürlich müs- echten Wald haben! Vielmehr werden Wälder be- sen wir hin und wieder in den Naturhaushalt ein- handelt wie Maisfelder: Bäume werden gepflanzt, greifen – aber weitaus seltener, als wir denken. Zum um sie möglichst effizient wieder abholzen zu kön- Beispiel halte ich wenig davon, dass der Mensch nen. Deshalb brauchen wir in Zukunft nicht nur we- selbst aufforstet. Überlassen wir das der Natur! Nicht niger Holzverbrauch, sondern auch mehr Wälder, in immer und nicht überall, aber doch oft. Wir haben denen gar keine Bäume mehr geschlagen werden. in Deutschland mehr als 30 verschiedene heimische Laubbaumarten. Und die pflanzen sich ganz von al- Schon heute sind knapp drei Prozent des Waldes lein aus, manchmal mithilfe von Tieren wie Eichel- sich selbst überlassen und die Forstverwaltungen hähern oder Eichhörnchen. bemühen sich, nach den Vorgaben der Bundesre- gierung diesen Anteil auf fünf Prozent zu erhöhen. Aber wir müssen doch noch viel weiter denken. Wir Wie viel erscheint Ihnen sinnvoll? wissen heute ja nicht einmal, ob unsere heimi- schen Baumarten der Entwicklung des Klimas ge- Wenn es so weitergeht wie bisher, dann bin ich gar wachsen sein werden. Umgekehrt können wir nicht sicher, ob wir in 100 Jahren noch Wälder ha- schon heute schauen, welche Bäume aus anderen ben werden. Daher würde ich ein hohes, mutiges Regionen mit Trockenheit oder Wärme besser zu- Ziel setzen: In Deutschland sollten bis zu 20 Pro- rechtkommen – und die bei uns anpflanzen. Es zent der Waldfläche völlig unberührt sein. Die übri- geht beim adaptiven Waldumbau nicht darum, gen 80 Prozent sollten schonend, nachhaltig und Bäume aus Nordamerika zu importieren. Sondern naturfreundlich bewirtschaftet werden. zu schauen: Gibt es in Südeuropa zum Beispiel Va- rianten der Buche, die im Verlauf der Jahrtausende Im letzten Punkt, der verantwortungsvollen Wald- mit weniger Wasser ausgekommen sind als ihre bewirtschaftung, sind wir uns einig. Nur stellen Sie Verwandten in Deutschland? es oft so dar, als wäre es ganz einfach: als müssten nur alle dies und jenes tun. Man könnte auch sagen: Sie möchten Bäumen beim Wandern helfen. Buchen aus Süditalien etwa Zum Beispiel schlagen Sie vor, mit Rückepferden könnten einmal in unseren Mittelgebirgen gedei- statt mit schweren Maschinen im Wald zu arbeiten, hen. Der Ansatz gefällt mir. Doch ich glaube, dafür die dem Waldboden langfristig schaden können. haben wir angesichts der Klimakrise keine Zeit: Wir Sicher, Pferde sind ein bewährtes Mittel! Aber wie müssen stattdessen eine Vollbremsung machen – viele zigtausend Pferde und Pferdeführer brauch- und aufhören zu glauben, wir wüssten besser als ten wir, um die Wälder in Deutschland ohne Ma- die Natur, wie sich ein Wald entwickeln sollte. Die schinen zu bewirtschaften? Wie viel Geld würde ursprünglichen Ökosysteme hierzulande werden das kosten? Das ist ein Wunsch, der Ihnen zwar viel sich den neuen Bedingungen anpassen. Statt uns Aufmerksamkeit und Sympathie verschafft – der da einzumischen, sollten wir unsere Energie darauf aber ziemlich realitätsfern ist. verwenden, unseren CO2-Ausstoß zu reduzieren, etwa mithilfe einer hohen CO2-Steuer. Das sollte doch kein Grund sein, sich nicht wenigs- tens auf den Weg zu machen! Denn nicht einmal die Deshalb sagen auch wir: Wenn uns das nicht ge- wenigen Pferdeführer, die es in Deutschland heute lingt, müssen wir uns um unsere Wälder keine Ge- noch gibt, haben derzeit volle Auftragsbücher. Es danken mehr machen. geht mir mit solchen Vorschlägen ja auch nicht da- rum, dass auf einen Schlag alle Maschinen abge- Stimmt! Denn eines ist klar: Wenn es deutlich wär- schafft werden – sondern zu signalisieren: Die Bö- mer wird in Mitteleuropa, wird es irgendwann den in den Wäldern dürfen uns nicht gleichgültig überhaupt keine Wälder mehr geben. 왎 sein, wir müssen uns Gedanken um nachhaltige Waldwirtschaft machen. Und experimentieren, wie wir der Natur die Möglichkeit geben, sich weitge- hend ungestört zu entwickeln. Forstwirtschaft besteht weit überwiegend im Zulas- sen natürlicher Prozesse. Aber allein die Natur be- stimmen zu lassen – das halte ich für keine hilfrei- BDFaktuell 12 2019 9
Krisenjahr für den Wald 2019 – ein Rückblick Hinter uns Forstleuten und damit auch unserem Be- seit vielen Jahren dafür gekämpft, die Eingruppie- rufsverband liegt ein sehr ereignisreiches Jahr. Die me- rungsmöglichkeiten für die Beschäftigten des diale, gesellschaftliche und schließlich auch politische Forstdienstes deutlich zu verbessern. Diese waren Aufmerksamkeit für unsere Wälder ist im Jahresverlauf im besonderen Teil geregelt und auf die Entgelt- kontinuierlich gewachsen. Das hat, neben den berufli- gruppen 9 und 10 beschränkt. Dieser besondere Teil chen Herausforderungen, den Forstleuten, die im BDF für den Forstdienst wurde nun ersatzlos gestrichen Ehrenämter bekleiden, einiges abverlangt. und eröffnet die Eingruppierung über den allge- meinen Teil über alle Entgeltgruppen. Ein toller Er- Grüne Woche folg! Traditioneller Start war auch in diesem Jahr die Inter- DFWR-Jahrestagung nationale Grüne Woche in Berlin. Der BDF hat sich wieder am Gemeinschaftsstand der Forstwirtschaft in Die jährliche Tagung inklusive Mitgliederversamm- Deutschland beteiligt. Die gut besuchte Verbraucher- lung fand diesmal im Ostseebad Warnemünde messe ist eine gute Gelegenheit, mit den Bürgerin- statt. Das Motto lautete „Wald im Klimastress“. In nen und Bürgern ins Gespräch zu kommen, zu erklä- dieser frühen Phase des Jahres hatte man zunächst ren, was wir Forstleute im Wald so machen, Fragen zu den Eindruck, dass einige Akteure in Ministerien beantworten und vor allem zu erfahren, wie die Men- und Politik den Ernst der Lage in unseren Wäldern schen den Wald und die Forstwirtschaft wahrneh- noch nicht so richtig erkannt hatten und offenbar men. Der Waldbesitzerempfang anlässlich der IGW das Prinzip Hoffnung „Es wird schon nicht so ist ein wichtiger Branchentreff. Und auch die Kontak- schlimm werden“ galt. Die zusätzlichen Haushalts- te zu MinisterInnen und Abgeordneten hat stets ei- mittel des Bundes für den Wald lagen immer noch nen hohen Stellenwert. bei nur 5 Mio. Euro pro Jahr. Gut, dass die Forst- branche in der öffentlichen Veranstaltung ihre La- Tarifrunde TV-L geeinschätzung deutlich machen konnte und mit der „Warnemünder Erklärung“ ein klares Signal ge- Ein fachgewerkschaftlicher Schwerpunkt des BDF setzt hat! war die Einkommensrunde 2019 zum Tarifvertrag der Länder (TV-L). Neben den üblichen Verhand- Urbane Wälder Rhein/Ruhr Ein fester Bestandteil im Jahreskreis des BDF ist die Auszeichnung zum Waldgebiet des Jahres. Diesmal waren es die Urbanen Wälder Rhein/Ruhr in NRW und damit eine ganze Metropolregion, die eher durch Schwerindustrie als durch Natur bekannt ist. Wer diese dicht besiedelte Gegend kennt, weiß aber, wie grün es dort ist und wie wichtig insbeson- dere die Wälder für die Lebensqualität der Men- schen dort sind. Bei der Festveranstaltung in Schwerte wurde aber auch deutlich, wie anspruchs- voll die Aufgabe der Forstleute als Manager der ver- schiedenen Interessen dort ist. Klimanotstand Mit den zunehmenden sichtbaren Schäden in den Wäldern nahm auch kontinuierlich das mediale In- teresse daran zu. Der BDF war dabei stets ein ge- suchter Gesprächspartner sowohl in den Printme- André Jander aus Branden- burg im Tarifkampf für lungen zu den linearen Einkommenserhöhungen dien als auch in Funk und Fernsehen. Der BDF hat den TV-L beim Interview war diesmal auch die Entgeltordnung zum TV-L Ge- die Presse stets mit Pressemitteilungen versorgt mit dem ZDF genstand der Verhandlungen. Der BDF hatte schon 10 BDFaktuell 12 2019
FORSTPOLITIK und stand auf allen Verbandsebenen für Interviews, Statements oder gezielte Einzelanfragen zur Verfü- gung. So richtig überzeugend hatte die Politik bis dahin allerdings noch nicht auf das reagiert, was uns Forstleute, die Waldbesitzer, aber auch die Bür- gerinnen und Bürger emotional bewegt und be- sorgt hat. Richtigen „Drive“ erhielt das Thema erst, Zum Verbändegespräch nachdem der BDF öffentlichkeitswirksam am in Vorbereitung auf den 15.07.2019 den Klimanotstand für den Wald ausge- Waldgipfel übergibt rufen hatte. Ulrich Dohle den Carlo- witz-Plan an Forstminis- terin Julia Klöckner Bundespolitik Als erste Fraktion im Deutschen Bundestag hatte BDF-Landesverbände die SPD am 08.05.2019 zu einem Fachgespräch „Wald der Zukunft“ eingeladen. Hier wurde unter Da die Waldpolitik in unserem föderalen System in Experten sowohl über den Wald als auch über das erster Linie eine Länderaufgabe ist, waren und sind Holz als Baustoff der Zukunft diskutiert. Am natürlich auch besonders die BDF-Landesverbände 14.06.2019 folgte die Bundestagsfraktion von Bünd- gefordert. Auch hier fanden viele Veranstaltungen nis 90/Die Grünen mit einer „Waldschutzkonfe- und jede Menge Einzeltermine statt. Jetzt kommt renz“. Diese war vom Rahmen her deutlich größer es darauf an, den „Druck auf dem Kessel“ zu hal- und bezog internationale Aspekte der Waldpolitik ten. Denn eins ist klar: Ohne einen ganz deutlichen mit ein. Erst im Herbst, am 23.10.2019, veranstalte- Paradigmenwechsel in der Personalpolitik sind die te die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Kongress Herausforderungen der Zukunft definitiv nicht zu „Unser Wald braucht Zukunft“. Alle diese Veranstal- schaffen! Der dramatische Personalabbau der ver- tungen waren politisch hochkarätig besetzt und gangenen 30 Jahre hat dazu geführt, dass die Forst- waren wichtig, um die Parlamentarier für die haus- branche das Alltagsgeschäft nicht mehr aufgaben- hälterischen und gesetzgeberischen Erfordernisse gerecht und qualitätsvoll erledigen kann. Sie ist zu sensibilisieren. Bereits am 01.08.2019 hatten erst recht nicht mehr krisensicher aufgestellt. Der sich Forstministerinnen und Forstminister der uni- Personalmangel ist in Teilen auch ursächlich für onsgeführten Agrarressorts der Länder in Sachsen das Schadensausmaß verantwortlich. getroffen. In der dort verabschiedeten sogenann- ten Moritzburger Erklärung wurde ein Masterplan Tagesgeschäft für Deutschlands Wälder vorgestellt. Inhaltlich zwar noch nicht sehr konkret, aber immerhin mit einer Neben den oben genannten anlassbezogenen ar- Nennung von Haushaltsmitteln deutlich im beitsreichen Schwerpunktaufgaben des ablaufen- dreistelligen Millionenbereich und damit ein star- den Jahres war natürlich auch das Tagesgeschäft zu kes politisches Signal. erledigen: Bundesvorstandssitzungen, Bundeslei- tungssitzungen, Sitzungen der verschiedenen Ver- Nationaler Waldgipfel tretungen und Arbeitskreise sowie zahlreiche Tele- fonkonferenzen wurden durchgeführt. Darüber Bereits am 31.07.2019 forderte der Bund Deutscher hinaus wurde in den Gremien des dbb beamten- Forstleute die Einberufung eines Nationalen Wald- bundes und tarifunion, den Fachausschüssen des gipfels. Ende August veröffentlichten wir schließ- DFWR, in den Zertifizierungsorganisationen, auf lich den Carlowitz-Plan mit 10 Forderungen für kli- europäischer Ebene bei der UEF und weiteren Or- mastabile Wälder mit Försterhand. Diesen konnte ganisationen mitgearbeitet. Außerdem wurde dafür der BDF-Bundesvorsitzende Ulrich Dohle anlässlich gesorgt, dass unsere Mitglieder elfmal im Jahr die eines Verbändegesprächs am 29.08.2019 an Bun- Mitgliederzeitschrift „BDF aktuell“ in den Händen deswaldministerin Julia Klöckner persönlich über- halten konnten oder sich tagesaktuell auf unserer geben. Dieses fand zur Vorbereitung des Nationa- Homepage oder in den sozialen Netzwerken infor- len Waldgipfels statt. Denn die Ministerin hatte mieren konnten. unsere Forderung erhört und zum 25.09.2019 zu diesem eingeladen. Im dazu vom Bundeslandwirt- Hier noch mal für Interessierte die Aktivitäten des schaftsministerium zur Diskussion vorgelegten BDF in der Presse und das Nachrichtenarchiv für Eckpunkte- und Maßnahmenpaket finden sich er- das Jahr 2019: www.bdf-online.de/presse/ 왎 freulich viele Parallelen zum Carlowitz-Plan des BDF. Jetzt geht es darum, alle sinnvollen und ziel- U. D. führenden Vorschläge in konkretes politisches Handeln umzusetzen. BDFaktuell 12 2019 11
Deutschland Forstet Auf! Online-Plattform zur Aufforstung mit Freiwilligen gegründet Aufgrund des großen medialen Interesses am The- Ehrenamtlichen von DFA wollen sich um die Ent- ma Waldsterben 2.0 haben sich viele BürgerInnen wicklung der Plattform, von Tutorials und die be- gemeldet, die helfen wollen, die geschädigten Wäl- gleitende Medien- und Öffentlichkeitsarbeit (ab der aufzuforsten. Darüber freuen wir uns sehr und 2020) kümmern. Der BDF berät fachlich und stellt möchten dieses Engagement aufgreifen. sein Netzwerk bereit. Ehrenamtliche haben eine gemeinnützige Gesell- Die Pflanzaktionen sollen am Tag des Waldes, am schaft und die Online-Plattform www.deutsch- 21. März 2020, beginnen und über die nächsten land-forstet-auf.de (DFA) gegründet. Auf dieser Jahre fortgesetzt werden. Plattform können Forstleute und Waldbesitzende (öffentlich und privat) Flächen und Pflanztermine Die Testphase läuft im Moment und für den Start einstellen. Freiwillige Helfer können sich über die im Frühjahr werden noch Flächen gesucht. Interes- eingestellten Aktionstage in ihrer Nähe informie- sierte können sich entweder bei „Deutschland ren und sich über die Plattform zum Aufforsten an- Forstet Auf“ (info@deutschland-forstet-auf.de) melden. Partner sind BDF und SDW; eine weitere oder beim BDF (info@bdf-online.de; www.bdf-on- Kooperation mit der AGDW und den Länderforst- line.de/DFA) informieren oder direkt auf der Web- verwaltungen und -betrieben wird gesucht. Auch site www.deutschland-forstet-auf.de anmelden. 왎 die Verknüpfung mit bestehenden Aktivitäten und Portalen (Treffpunkt Wald) soll erfolgen. Ines v. Keller Die jeweilige Forstseite soll die Organisation vor Ort übernehmen, Pflanzen bereitstellen etc. Die hunting4 future damit der Wald eine Chance hat! Der Initiative hunting4future sind der Wald und JägerInnen, denen ein zukunftsfähiger Wald am seine Entwicklung wichtig und sie vertritt deshalb Herzen liegt. eine Jagd, die sich an ökologischen Gesichtspunk- ten ausrichtet und am Lebensraum des Wildes ori- Deshalb stehen dort im Zentrum der Jagd das entiert. Die Initiatoren der Gruppe arbeiten über- Ökosystem Wald und, damit verbunden, daran an- wiegend im und mit dem Wald. Viele sind aktive gepasste Schalenwildbestände. Damit der notwendige Waldumbau flächende- ckend gelingt, hat die Initiative hunting4future eine Erklärung mit Forderungen zu einer wald- Buchtipp: Von Wölfen umringt freundlichen Jagd an die Politik und Gesellschaft Buchtipp: Das Buch „Von Wölfen umringt“ ist aus der Sicht ei- formuliert. nes pensionierten Bundesförsters mit reichem Erfahrungs- schatz interessant geschrieben und gut bebildert. Der ehema- Wer die Forderungen unterstützen möchte, kann lige Bundesförster und Autor Joachim Kolmer erzählt darin die Erklärung hier online unterzeichnen: https:// Tier- und Jagdgeschichten. Das Buch hat 174 Seiten und kostet www.hunting4future.org/erklärung/ 왎 ca. 24 € . Beim Autor kann es direkt bestellt werden: per E-Mail: joachim.kolmer@gmx.de oder per Telefon: 03885551615. U. D. (Beitrag von H.D. Klein) 12 BDFaktuell 12 2019
ARBEITSKREISE/VERTRETUNGEN Öffentlichkeitsarbeit in anderen Sphären Durch die Gründung von Foresters4Future werden Forstleute auch von gesellschaftlichen Gruppen Wer oder Was ist XR? wahrgenommen, zu denen wir scheinbar kaum Zu- gang haben. Extinction Rebellion (XR) ist eine gesellschafts- politische Umweltbewegung und setzt sich ge- Wir (Foresters4Future) wurden eingeladen, beim gen das Artensterben (extinction: engl. für Klimacamp von Extinction Rebellion in Berlin im „ Aussterben“) durch den Klimawandel ein. Sie Oktober einen Vortrag zu halten und mit den Teil- macht mit massiven Störaktionen (Straßenbe- nehmerInnen zu diskutieren. setzungen etc.) – aber konsequent gewaltfrei – auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam Warum aber setzen sich eher konservative Forst- und fordert die Politik zum Handeln auf. Dabei leute mit diesen Menschen auseinander? Wir ha- symbolisiert der Kreis unsere Erde und das X ben in den letzten Jahren gemerkt, dass unser Tun eine Sanduhr, die daran erinnert, dass nicht viel von breiten Teilen der Gesellschaft nicht mehr ver- Zeit bleibt, die Probleme zu lösen. standen wird. Sie ziehen Holznutzung in Zweifel und favorisieren die Bildung von Urwäldern. Daher war die Einladung von XR eine willkommene Gele- genheit, unser Konzept von nachhaltiger, multi- haben sich nicht bestätigt. Die TeilnehmerInnen funktionaler Forstwirtschaft zu erklären und die haben 30 Minuten einem Vortrag gelauscht und Klimaschutzwirkungen nicht nur des Waldes, son- anschließend ebenso lange diskutiert. dern auch des Produktspeichers Holz mit Zahlen zu untermauern. Fazit: Häufiger mal über den Tellerrand schauen! 왎 Selbstverständlich bestand die Sorge, ausgebuht vK und nicht angehört zu werden – aber die Vorurteile Treffen der Jugend Menschen zu diskutieren, die dabei waren. Den- Hallo, Jugend! Beantwortet unsere Fragen und gewinnt noch können wir uns nur verbessern, wenn wir in einen von vier 50-Euro-Gutscheinen den aktiven Austausch kommen. Daher dieser Aufruf an alle: Teilt uns mit, was wir verbessern oder ändern können, damit die Schwel- le zur Teilnahme so niedrig wie möglich ist. Was sind eure Motivationen, Interessen und Fragen? Wie könnt oder wollt ihr euch engagieren? Was Das Treffen der BDF-Jugend Nord hat sehr erfolg- sind die Hürden? reich stattgefunden (siehe Bericht in der Novem- berausgabe) und soll unbedingt weiter fortgeführt Schreibt einfach eine Mail mit eurem Namen an: werden. Es musste jedoch zunächst mangels An- jugend@bdf-online.de. Unter den Einsendenden meldung fast abgesagt werden! Dadurch aufge- verlosen wir vier 50-Euro-Gutscheine bei Huberta schreckt, haben die Organisatoren intensiv über Jagd, Askari und Grube online sowie 12 warnfarbe- notwendige Änderungen diskutiert. ne Caps. Einsendeschluss ist der 31.12.2019. Wir freuen uns auf eure Antworten, Ideen und auf viele Wir suchten Antworten auf die Fragen „Warum wa- Treffen im nächsten Jahr. 왎 ren es so wenige TeilnehmerInnen? Wie können es wieder mehr werden?“ usw. Schnell wurde uns je- Anna v. Steen, Jugendvertretung doch auch klar, dass es nicht sinnvoll ist, dies mit jugend@bdf-online.de BDFaktuell 12 2019 13
Latte Igel und der magische Wasserstein – ab 25. Dezember 2019 im Kino Auch im Trickfilm gibt es die Dürre … Ein Film für Kinder und Enkel von Forst- Unter den Tieren im Wald herrscht Unruhe. Der nahe leuten und alle ande- Bach ist vor Wochen versiegt, die letzten mühsam ge- ren Junggebliebenen. sammelten Wasservorräte gehen dramatisch zur Neige. Trotz der drohenden Not schenkt einzig Igelmädchen Senden Sie uns Fotos Latte den Worten des verschrobenen Raben Korp Glau- Ihres letzten Walder- ben, Bärenkönig Bantur hätte den magischen Wasser- lebnisses. Wir verlo- stein gestohlen und in seiner Palasthöhle versteckt. sen unter allen Ein- Demnach wird das Wasser erst wieder fließen, wenn der sendern drei Stein zurück an seinen Ursprung gelangt. Mutig wagt Fanpakete mit je zwei sich Latte auf die weite, ungewisse Reise, fest entschlos- Freikarten und dem sen, den wasserspendenden Stein zu finden. Völlig uner- Buch zum Film. Ein- wartet folgt ihr Tjum, ein schreckhafter und ängstlicher fach Mail an: info@ Eichhörnchenjunge. Das ungleiche Paar lernt auf einem bdf-online.de 왎 Weg voller Abenteuer, einander zu vertrauen, und wächst zu echten Freunden zusammen. Bildungsreise ins Emsland Der nächste Tag begann an der Schleuse Varloh. Hier wartete bereits ein Schiff des Wasserwirt- schaftsamtes. Auf diesem ging es dann zweieinhalb Stunden auf dem Dortmund-Ems-Kanal und der Ems zurück zum Eurohafen nach Meppen. Hierbei erklärte Arno Fillies die Aufgaben eines Försters zur Wegesicherung entlang der Wasser- straßen. Eine daraus folgende Aufgabe für die Mit- arbeiter des Sozialwerkes wird die Ausarbeitung ei- nes Deckungskonzepts zur Diensthaftpflicht und zum Spezialstrafrechtsschutz sein. Nahtlos ging es weiter ins Emsland Moormuseum. Dort gab es zunächst eine sehr informative Füh- rung und anschließend eine Fahrt mit der Moor- bahn, bei der wiederum die Wegesicherung erör- Die Mitarbeiter des Auf Einladung von Bundes-Förster Arno Fillies un- tert wurde. BDF-Sozialwerkes vor ternahmen die Mitarbeiter des BDF-Sozialwerkes der Norwegian Encore im September eine Bildungsreise nach Meppen Am Nachmittag wartete Magdalena Bruns schon und Umgebung zum Thema Haftungspotenziale mit Fahrrädern, auf denen fast drei Stunden die und die strafrechtlichen Zusammenhänge bei der Umgebung von Haren erkundet wurde. Wegesicherung. Die Mitarbeiter des BDF-Sozialwerkes bedanken Nach einer Besichtigung des Schießplatzes Mep- sich nochmals ganz herzlich bei Arno und Magdale- pen (Moorbrand 2018) bzw. der Wehrtechnischen na für die hervorragende Planung, Hotelbuchung Dienststelle 91 – so die offizielle Bezeichnung – und super Rundumbetreuung. Wir haben die Zeit folgte am Nachmittag noch eine zweistündige und sehr genossen. 왎 sehr interessante Besichtigung der Meyer Werft in Papenburg. BDF-Sozialwerk GmbH 14 BDFaktuell 12 2019
BADEN-WÜRTTEMBERG Aufmarsch zur Demo in Stuttgart Am 6. September demonstrierten nahezu 1.000 Forstleute und Waldbesitzende in Stuttgart für die Umsetzung des Notfallplans von Minister Hauk und die Etablierung eines langfristig wirkenden Masterplans. Auf Initiative des BDF-Landesvorsit- zenden und Vorsitzenden der AG Wald, Dietmar Hellmann, beteiligten sich AG Wald, Forstkammer und IG BAU an dieser gemeinsamen Aktion für Wald, Waldbesitzende und Forstleute. Unterstüt- zung erhielten wir vom forstpolitischen Sprecher der CDU, Dr. Patrick Rapp, vom Vorsitzenden des Agrarausschusses im Bundestag, Alois Gerig, CDU, der Abgeordneten Martina Braun, GRÜNE, sowie Vertretern der übrigen Parteien des Landtages. Der Landesvorsitzende des Beamtenbundes BW Kai Ro- senberger und Peter Ludwig vom BBW unterstütz- Von links – Grit Puchan ten unsere Forderungen durch Beteiligung an der (MLR) und Sabine Kurtz Demo und organisatorische Hilfestellungen im (Mitglied des Landtags) Vorfeld. Es ist gut zu wissen, in einer starken Ge- meinschaft eingebunden zu sein. Herzlichen Dank allen Mitwirkenden für dieses große Gemein- schaftswerk. Und die Demo hatte Erfolg: Nicht nur das große Me- dieninteresse gab den Teilnehmenden die Bestäti- gung, dass ihre Anliegen ernst genommen wurden, es entwickelte sich auch wieder ein sehr starkes Wir-Gefühl unter allen. Dietmar Hellmann hob in seiner Schlussansprache auch darauf ab, dass wir Forstleute und Waldbesitzer die Deutungshoheit über Wald und Waldschäden nicht einem selbst- ernannten, von den Medien gepuschten Buchautor mit forstlichem Hintergrund überlassen dürfen. Ein großer Erfolg der Arbeit von BDF und AG Wald war auch, dass das gemeinsame Forderungspapier zur Bewältigung der Waldschäden nahezu vollstän- dig Einzug in den Notfallplan des Ministers gehal- ten hat. Der kurz vor der Demo stattfindende Wald- gipfel gab den äußeren Rahmen für die Einspeisung unserer Themen in die politische Landschaft. 왎 Dietmar Hellmann Landesgeschäftsstelle Telefon (0 62 62) 92 51 25 geschaeftsstelle@bdf-bw.de www.bdf-bw.de BDFaktuell 12 2019 15
BADEN-WÜRTTEMBERG Schlaglichter aus dem Schadenssommer 2019 BDF begleitet Exkursion von Minister Peter Hauk und Ministerpräsident Winfried Kretschmann nach Waldshut den bisherigen Rückbauprogrammen im Forst in ein langfristiges Aufbauprogramm umschwenkt. Hier die wichtigsten Auszüge aus unserem Forde- rungspapier an MP Kretschmann: Unseren Wäldern in Baden-Württemberg droht der Klimakollaps. Waldbesitzer und Forstleute sind nicht mehr in der Lage, die Situation ohne zusätzli- che Hilfe zu bewältigen. … … fordert daher zur Bewältigung dieser Katastrophe eine konsequente Klimaschutzpolitik, welche die Bewusstseinsbildung der Gesellschaft, ein Paket aus sofort und nachhaltig wirkenden Maß- nahmen zur Stabilisierung der Waldgesundheit und die Entschädigung der kommunalen und privaten Waldbesitzenden umfasst … … Das Land muss jetzt im Doppelhaushalt 2020/21 deutliche Signale setzen und von den bisherigen Rückbauprogrammen im Forst in ein langfristi- ges Aufbauprogramm umschwenken. Die Situation der Kiefer Im Laufe des Sommers verschaffte sich Minister Pe- 1. Als Sofortmaßnahme: Streichung der sogenann- und der Buche ter Hauk ein Bild über die Waldschadenssituation ten „Effizienzrendite“ im Zusammenhang mit im Rheintal im Land. Mitglieder des Landesvorstandes waren der Forstneuorganisation und dem Verzicht auf dabei, um sich selbst zu informieren und um mit einen Ablieferungsbetrag der ForstBW AöR. Die- der anwesenden Presse ins Gespräch zu kommen. se Mittel werden zur Ausbildung qualifizierter Alle Termine waren von den unteren Forstbehör- Forstwirtinnen und Forstwirte und zur Beseiti- den perfekt vorbereitet. Die jeweiligen Schadenssi- gung der Schäden dringend benötigt. tuationen wurden von den Kolleginnen und Kolle- gen der unteren Forstbehörden sehr eindrücklich 2. Die im Umbau befindliche Landesforstverwal- dargestellt – ob bei Bruchsal, im Main-Tauber-Kreis, tung und die im Aufbau befindliche AöR zur in Biberach, Waldshut, Rastatt, Baden-Baden, im Staatswaldbewirtschaftung sind strukturell und Breisgau-Hochschwarzwald oder im Neckar- personell nicht ausreichend darauf vorbereitet, Odenwald-Kreis. Meist waren neben der Presse die neuen Herausforderungen aus dem Klima- auch örtliche Wahlkreisabgeordnete und Bürger- wandel zu bewältigen. Erforderlich ist die kurz- meisterinnen und Bürgermeister dabei, sodass die fristige Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln Problematik der Waldschäden, aber auch die pre- zur Beratung der kommunalen und privaten käre Situation der Forstbetriebe diskutiert werden Waldbesitzer im Land zu Fragen der Bewälti- konnten. Der BDF nutzte die Termine, um u. a. sei- gung der Dürrefolgeschäden und der Wieder- ne Forderungen nach einer wirkungsvollen Klima- aufforstung mit klimastabilen Baumarten im schutzpolitik, nach einer Verbesserung der Perso- aktuellen Doppelhaushalt 2020/21. nal- und Finanzausstattung der Forstverwaltung, nach Intensivierung der Forschung, Komplettie- Landesweit ist auf allen Ebenen der Forstver- rung der Standortskartierung zu platzieren. Wir ha- waltung und der AöR eine strukturelle Verstär- ben klargemacht, dass die vorhandenen Mittel der kung mit 200 Stellen für Forstleute im gehobe- baden-württembergischen Forstverwaltung beim nen technischen Forstdienst und 50 Stellen im Land und bei den Kreisen nicht ansatzweise ausrei- höheren Forstdienst sowie von 200 Waldarbei- chen, um den enormen Herausforderungen aus tenden dringend zu bewilligen. dem Klimawandel gerecht zu werden. Wir haben ge- fordert, dass die Landesregierung jetzt bei der Auf- stellung des Doppelhaushaltes 2020/21 zeigen muss, dass sie die Klimakatastrophe ernst nimmt und von 16 BDFaktuell 12 2019
BADEN-WÜRTTEMBERG Die Forstreviere sind so weit zu verkleinern, me in ihrer Resilienz überfordert sind und mit- dass die Revierleitungen in der Lage sind, die telfristig ihre Waldeigenschaft verlieren. Der Schäden zu beseitigen und die Wälder klimasta- Blick muss auch auf den Anbau von klimatisch bil umzubauen. Wir gehen von einer Zielgröße angepassteren Waldbäumen aus dafür geeigne- von 1.000 bis 1.200 Hektar aus. ten europäischen Regionen gehen. Entschei- dend für Walderhalt sind dabei auch angepasste Die Fachbereiche Waldbau der AÖR und der Wildbestände durch Intensivierung der Jagd. Landesforstverwaltung sind personell deutlich zu verstärken. 9. Die Landesregierung wird aufgefordert, ihre An- strengungen zur Stärkung der Finanzausstattung 3. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt aus Mitteln des Bundes und der EU zu intensivie- ist mit 20 Neustellen in den Bereichen Wald- ren, um ein Wiederbewaldungs- und Entschädi- wachstum und Bodenkunde sowie der Klimafol- gungsprogramm klimabedingter Waldschäden in genforschung auszustatten. privaten und kommunalen Wäldern aufzulegen. 4. Die bereits vorhandenen Instrumentarien, wie … erwartet von der Landesregierung, die genann- die Waldbiotopkartierung und die Standorts- ten Punkte in einem Sofortprogramm mit den dazu kartierung, sind auszubauen, zu evaluieren und notwendigen personellen und finanziellen Res- vorhandene Lücken zu schließen. Im Gesamt- sourcen umzusetzen und einen langfristigen Mas- wald des Landes klafft in der Standortskartie- terplan zur Sicherung der vielfältigen Waldfunktio- rung eine Lücke von ca. 300.000 ha. … nen aufzustellen. 5. Das Land ist gefordert, die Forschungsarbeiten Unsere Bemühungen sind von Erfolg gekrönt. Die zur Anpassung der Wälder deutlich zu intensi- Stimmung vieler politischer Entscheidungsträger ist vieren. Dazu müssen die verfügbaren Mittel an inzwischen pro Wald und pro Forstleute umge- den forstlichen Hochschulen und der FVA ver- schlagen: Wir haben zwar nicht alles durchsetzen stärkt und die Kooperationen mit anderen können, aber der mit dem Finanzministerium ab- FuE-Einrichtungen europaweit intensiviert wer- gestimmte Haushaltsansatz enthält inzwischen we- den. nigstens 130 neue Stellen. Wir haben eine völlig neue Situation am Arbeitsmarkt. Im Zuge der Re- Die Kohlenstofffixierung durch die Verwendung form sind viele Stellen unbesetzt, die Bewerberin- von Holz im Bau und darüber hinaus zur Substi- nen und Bewerber können sich ihre Arbeitsplätze Stellvertretender tution fossiler Rohstoffe in anderen Bereichen inzwischen aussuchen. Und wir stehen im Wettbe- BDF-Landesvorsitzender erfordert den Aufbau neuer Forschungskapazi- werb mit anderen Forstverwaltungen um die bes- Georg Jehle (links) täten im Land. Die Bioökonomie ist aufgrund ten Köpfe. Dies muss allen politisch Verantwortli- erläutert den aktuellen ihres CO2-Minderungspotenzials genauso zu chen nicht nur Ansporn, sondern Verpflichtung Stand der Borken- käfer-Entwicklung im stärken wie beispielsweise die Batteriefor- sein, die Arbeitsbedingungen in Baden-Württem- Landkreis Biberach im schung im Bereich der Elektromobilität. berg attraktiv zu gestalten! Das Land ist bereit, die Forstrevier Otterswang Fördermittel des Bundes für Kommunal- und Pri- (Revierleiter Mathias 6. Der Waldumbau wird zu Veränderungen in der vatwald aus der Gemeinschaftsaufgabe mit Landes- Holzapfel, Bildmitte) Artenzusammensetzung vieler Waldlebensge- meinschaften führen. Ein Programm zur Doku- mentation und zur Bewertung der Auswirkun- gen auf die Naturschutzfunktion der Wälder ist aufzulegen. Fördermittel sind zur Stärkung des Waldnaturschutzes im Privat- und im Körper- schaftswald dringend erforderlich. 7. Die Verbesserung der Durchwurzelungsfähig- keit der Böden und die Wiederherstellung na- türlicher, vorindustrieller Bodenzustände be- dürfen einer Intensivierung der regenerativen Bodenschutzkalkung zur Stabilisierung der vor- handenen Waldbestände … 8. Eine rein ideologiegeführte Stilllegung von Wäl- dern in heutiger Zeit angesichts des rasant fort- schreitenden Klimawandels führt insbesondere in klimatisch schon jetzt stark beanspruchten Regionen dazu, dass die dortigen Waldökosyste- BDFaktuell 12 2019 17
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