Kanton Graubünden - Schülerdokumentation Chur, im Januar 2016

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Kanton Graubünden - Schülerdokumentation Chur, im Januar 2016
Kanton Graubünden

Schülerdokumentation
     Chur, im Januar 2016
Kanton Graubünden - Schülerdokumentation Chur, im Januar 2016
INHALT

1    GRAUBÜNDEN, DIE SCHWEIZER FERIENREGION NR. 1              4

    1.1     CHARAKTER VON GRAUBÜNDEN                           4
    1.2     GEOGRAFISCHE AUSPRÄGUNGEN                          4
    1.3     KLIMA                                              5
    1.4     NATUR                                              5
    1.5     TIERWELT                                           5
    1.6     NATIONALPARK                                       6
    1.7     TOURISMUS                                          6
    1.8     SITTEN UND BRÄUCHE                                 7
    1.9     ESSEN UND TRINKEN                                  7
    1.10    KUNST                                              8
    1.11    SPRACHEN                                           9

2    GEOGRAPHIE GRAUBÜNDENS                                   10

    2.1     BEZIRKE UND KREISE IM KANTON GRAUBÜNDEN           13

3    GESCHICHTE AUF EINEN BLICK                               13

    3.1     DAS KANTONSWAPPEN                                 13
    3.2     DER BAU DER RHÄTISCHEN BAHN                       14
    3.3     TOURISMUSGESCHICHTE                               16
    3.4     TOURISMUSENTWICKLUNG                              17

4    TOURISMUS IN GRAUBÜNDEN                                  20

    4.1     TOURISTISCHE FAKTEN ZU GRAUBÜNDEN                 20
    4.2     BEDEUTUNG DES TOURISMUS IM KANTON GRAUBÜNDEN      21
    4.3     DAS 3.3 MRD.-UNTERNEHMEN „TOURISMUS GRAUBÜNDEN“   21
    4.4     SOMMERURLAUB IN GRAUBÜNDEN                        22
    4.4.1   SOMMER INSIDER TIPPS IN GRAUBÜNDEN                22
    4.4.2   WEITERE AKTIV-SPORTMÖGLICHKEITEN IM SOMMER        22
    4.5     WINTERURLAUB IN GRAUBÜNDEN                        23
    4.5.1   WINTER-INSIDER-TIPPS IN GRAUBÜNDEN                23
    4.5.2   WEITERE AKTIV-SPORTMÖGLICHKEITEN IM WINTER        23
    4.6     WAS BRINGT DIE ZUKUNFT                            23
    4.7     KLIMAERWÄRMUNG                                    24
    4.8     PROJEKT „BÜNDNER TOURISMUSREFORM“                 25
    4.9     ZIELE FÜR DEN BÜNDNER TOURISMUS 2014-2021         25

Schülerdokumentation                                           2
4.10   AUFGABENTEILUNG IM BÜNDNER TOURISMUSMARKETING               25
    4.11   STRUKTUREN IM BÜNDNER TOURISMUS (STAND JANUAR 2013)         26

5    DAS BEDROHTE SPRACHEN-KALEIDOSKOP GRAUBÜNDENS                     28

    5.1    EIN HAUCH VON BABYLON                                       28
    5.2    DIE RÖMER ALS SPRACHSCHÖPFER                                28
    5.3    RÄTOROMANISCH, SPRACHE OHNE HINTERLAND                      29
    5.4    DOMINANZ DER DEUTSCHEN SPRACHE                              30
    5.5    WALSERDEUTSCH IM CLINCH                                     30
    5.6    ITALIANITÀ IN DEN BÜNDNER SÜDTÄLERN                         31
    5.7    DIE SPRACHENVIELFALT, EIN PRÜFSTEIN DER DEMOKRATIE          32

6. BÜNDNER LANDWIRTSCHAFT                                              33

    6.1    ALPINE VIEH- UND MILCHWIRTSCHAFT                            33
    6.2    WO AUCH KÜHE FERIEN MACHEN                                  34
    6.3    SELBSTBEWUSSTE, INNOVATIVE LANDWIRTE                        34

7. UMWELT & NATUR                                                      35

    7.1    EMISSIONSFAKTOR TOURISMUS                                   35
    7.2    GEWÄSSERSCHUTZ SEIT 1974                                    36
    7.3    NICHT NUR VOM STAAT VERORDNETER UMWELTSCHUTZ                36
    7.4    HOHE OZONWERTE, WENIG SCHWEBESTAUB UND KOHLENMONOXID        37

8    DIE MARKE GRAUBÜNDEN                                              39

9    BÜCHER ZU GRAUBÜNDEN                                              40

Die Schülerdokumentation mit allen wichtigen Links finden Sie online
unter www.graubuenden.ch/geschichte

Schülerdokumentation                                                    3
1 Graubünden, die Schweizer Ferienregion Nr. 1
1.1     Charakter von Graubünden
Graubünden ist eine eigenständige alpine Welt für sich, die schon topographisch, aber auch
hinsichtlich des Klimas, Flora, Fauna, Kultur usw. von grosser Vielfalt ist. Land der 150 Täler
wird es denn auch genannt, und jedes dieser Täler hat wiederum seinen ganz eigenen
Charakter. Drei verschiedene deutsche Mundarten, fünf romanische Idiome (Sursilvan,
Sutsilvan, Surmiran, Puter und Vallader) und mehrere italienisch-lombardische Dialekte in drei
Talschaften werden in Graubünden gesprochen. Dazu kommt Rumantsch Grischun als
einheitliche Schriftsprache der Rätoromanen.

Die Autonomie und das Selbstbewusstsein der einzelnen Gemeinden sind wie in vielen
schweizerischen Berggebieten sehr gross. Dass trotz der Vielfalt und der mangelnden
geographischen Einheit ein einiges Graubünden entstanden ist und sich die Jahrhunderte
hindurch hat halten können, ist der Geschichte und vor allem dem Transitverkehr zu verdan-
ken. Der jahrtausendealte Verkehr über die Alpenpässe hat die einzelnen Talschaften durch die
gemeinsamen Interessen am Offenhalten der Saumwege und durch den gemeinschaftlichen
Saumverkehr einander näher gebracht.

1.2     Geografische Ausprägungen
Graubünden liegt im östlichsten Teil der Schweiz, an der Grenze zwischen den West- und
Ostalpen, sozusagen am Fenster der Alpen. Der höchste Punkt ist mit 4‘049 m ü. M. der Piz
Bernina, der tiefste liegt bei San Vittore an der Tessiner Grenze bei rund 270 m ü. M. Die
höchstgelegene ganzjährig bewohnte Siedlung ist Juf (2‘126 m ü. M.) in der Gemeinde Avers.
Das tiefst gelegene Dorf ist San Vittore mit 279 m ü. M. Der Kanton Graubünden grenzt im
Norden, Osten und Süden ans Ausland: Liechtenstein, Österreich und Italien. Im Südwesten,
Westen und Nordwesten grenzen die vier schweizerischen Kantone (Tessin, Uri, Glarus,
St. Gallen). Graubünden hat mit 701 km die längste Grenzlinie gegenüber dem Ausland und ist
mit 7‘105 km2 der grösste Kanton der Schweiz. Das Land der 150 Täler zeigt eine fantastische
Gliederung. Darauf weist schon die Tatsache hin, dass sich seine Gewässer in drei verschiedene
Meere ergiessen: durch den Rhein in die Nordsee, durch Adige und Po ins Mittelmeer und
durch Inn und Donau ins Schwarze Meer.

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1.3     Klima
Die Höhenlage und die Situation im östlichen Teil der Schweizer Alpen sind für das Klima im
nördlichen und mittleren Graubünden bestimmend, wozu noch die besondere lokale Lage und
die Topographie kommen. Die hohe Lage bedingt eine niedrigere durchschnittliche Tempera-
tur, der aber eine starke Sonneneinstrahlung tagsüber gegenübersteht. Auffallend wenig
Niederschläge hat Graubünden im Gegensatz zu anderen Teilen der Alpen: Es liegt im Schatten
der Westwinde, die ihre Wolken früher entladen. Die Süd Täler haben im Gegensatz zu den
anderen Teilen Graubündens ein südliches Mittelmeer-Klima.

1.4     Natur
Grössere Landwirtschaftskulturen finden sich im Domleschg und im unteren Rheintal, vor
allem in der klimatisch milden „Bündner Herrschaft“ um Maienfeld, dem grössten Weinbau-
gebiet des Kantons. In günstigen Lagen in den Hochtälern kommen da und dort Ackerbau und
Obstkultur vor, sonst dominiert die Viehwirtschaft, neben Milchwirtschaft vor allem die
Viehzucht. In den Hochtälern finden sich auch die sehr stark ausgeprägten Tourismusland-
schaften, wie jene von Davos Klosters, Engadin St. Moritz, Engadin Scuol, Samnaun, Lenzer-
heide, dem Oberhalbstein mit Savognin, Arosa im oberen Schanfigg, Flims Laax Falera,
Disentis und Sedrun in der Surselva.

1.5     Tierwelt
Im letzten Jahrhundert ist der früher so reiche Wildbestand in Graubünden stark zurückgegan-
gen. Der letzte Luchs fiel 1872 der Kugel zum Opfer. 1972 ist aber heimlicherweise wieder ein
Luchspaar im Nationalpark ausgesetzt worden, das dann ins Unterengadin abwanderte. Auch
die Hirsche verschwanden, sind aber seit der Jahrhundertwende von Österreich her wieder
eingewandert und haben sich stark entwickelt und weiterverbreitet. Im Frühjahr 2012 lebten
13'000 Hirsche im Kanton. Aufregung gab der Braunbär JJ3 im Herbst 2007. Nach dem er für
Menschen und Siedlungen ein Sicherheitsrisiko wurde, erlegten Wildhüter das Tier im April
2008. Heute befindet sich JJ3 im Naturmuseum in Chur. Gleich erging es dem Braunbären M3,
der sich lange im Valposchiavo aufhielt, die Scheu gegenüber Menschen verlor und so auch er
zum Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung wurde. So wurde M3 von Wildhütern im Februar
2013 erlegt (nebst diesen zwei Bären „besuchten“ auf friedliche Art und Weise noch weitere
Exemplare Graubünden). Auch das Wappentier Graubündens, der Steinbock, war im 17.
Jahrhundert ausgerottet. Erst 1911 wurden wieder Steinböcke ausgesetzt, heute gibt es rund
6000 Steinböcke in Graubünden. Insgesamt rechnet man im Kanton mit einem GrossWildtier-

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bestand von 60'000 Tieren. Und auch die Wiedereinwanderung des Wolfes in der Schweiz ist
geglückt. 2011 wurde in Chur am Calanda ein Wolfspaar gesichtet, ein Jahr später brachten
sie Jungwölfe zur Welt. Es war dies zum ersten Mal seit 150 Jahren in der Schweiz der Fall.

Quelle: http://www.gr.ch/DE/kanton/ueberblick/Seiten/JagdundFischerei.aspx

1.6       Nationalpark
Der Schweizerische Nationalpark ist ein Naturreservat, in dem die Natur von allen zweckfrem-
den Eingriffen und Einflüssen vollständig geschützt wird. Die gesamte Tier- und Pflanzenwelt
ist hier ganz der freien, natürlichen Entfaltung überlassen. Der Nationalpark umfasst
172 km2, was der Grösse des Kantons Appenzell entspricht und ist damit der zweitkleinste
Park im Alpenbogen. Die Eidgenössische Nationalparkkommission lancierte am Ende der 90er
Jahre ein Projekt für eine Erweiterung des Nationalparks um rund 300 km2. Die Park Flora ist
mit über 640 Pflanzenarten - die diesem Trockengebiet der Zentralalpen entsprechen -
überaus reich. Dreissig Arten von Säugetieren und über 100 Arten von Vögeln wurden im
Nationalpark festgestellt. 1991 wurden erstmals in Österreich aufgezogene Bartgeier ausge-
setzt, um zu beobachten, wie sich diese Vogelart in den Bündner Bergen wieder integrieren
wird.    www.nationalpark.ch

1.7       Tourismus
Wirtschaftlich die grösste Bedeutung für den Kanton hat der Tourismus, vorbereitet durch den
jahrhundertelangen Passverkehr. Eine Pioniertat war der Bau der Rhätischen Bahn (RhB). Diese
Privatbahn, die mehrheitlich im Besitz des Kantons Graubünden ist, wuchs aus der Stammlinie
Landquart-Klosters-Davos heraus, die auf Initiative des Davoser Hoteliers W.J. Holsboer in den
Jahren 1888 - 90 gebaut wurde. Sie ist zweifellos die kühnste Alpenbahn, die mit dem
Albulatunnel mit der höchsten Scheitelhöhe (1789 m ü. M.) und der Vereinatunnel mit
19,042 km der Längste. Ihr Schmalspurnetz umfasst 384 km, worunter sich 115 Tunnels mit
58,7 km, 42 Galerien mit 3,3 km und 592 Brücken von 15.4 km Länge befinden. Zu den
eindrücklichsten Kunstbauten zählen etwa das Wiesner-Viadukt (das Höchste) zwischen Filisur
und Wiesen, welches 89 m hoch und 210 m lang ist. Das Langwieser-Viadukt (das Längste)
zwischen Langwies und Arosa mit 285 m und 65 m Höhe.

Quelle: https://www.rhb.ch/de/unternehmen/kennzahlen/infrastruktur

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Graubünden mit seinen Topkurorten Davos, St. Moritz, Arosa und weiteren bekannten
Ferienzentren wie Flims, Lenzerheide, und vielen anderen ist das bedeutendste Tourismusge-
biet der Schweiz. Eine vielfältige Landschaft, reiche Winter- und Sommersportmöglichkeiten
dank vielen attraktiven Bergbahnen, eine leistungsfähige Hotellerie und Parahotellerie,
Mineralquellen und klimatische Vorzüge haben Graubünden zum Ferienparadies gemacht.
Rund zwei Drittel der Bevölkerung lebt direkt oder indirekt vom Tourismus.

1.8     Sitten und Bräuche
Besonders bei den rätoromanischen und katholischen Bündnern gibt es noch viele alte
Bräuche. Bekannt ist die „Schlitteda“ im Engadin, bei der junge und auch ältere Paare in froher
Fahrt mit ihren Schlitten durch die winterliche Landschaft ziehen und sich abends dann bei
fröhlicher Unterhaltung vergnügen. Der ebenfalls im Engadin, in den Südtälern und dem
Oberhalbstein festlich begangene „Chalanda Marz“ entspricht dem alten römischen Jahresbe-
ginn „Calendae Mariis“ am 1. März. Mit Glocken und anderen Lärminstrumenten zieht dabei
die Jugend, Gaben heischend, durchs Dorf. Grosse kirchliche Feste sind, vor allem in katholi-
schen Gebieten, die Kirchweihen.

Von der Januarmitte bis Aschermittwoch leben im ganzen Land alljährlich uralte Fasnachtssit-
ten wieder auf. Mit dem Maskentreiben sollen die bösen Geister des Winters gebannt und
vertrieben werden.

1.9     Essen und Trinken
Die Vielfalt Graubündens zeigt sich auch beim Essen und Trinken. Wohlbekannt sind das
luftgetrocknete Bündnerfleisch und der Bündner Rohschinken sowie der Salsiz und die
Engadiner Würste. Dazu kommt die währschafte Bündner Gerstensuppe, Maluns (gebratene
mit Weissmehl vermengte Kartoffelbrocken) oder Capuns (Krautknödel). Besonders reichhaltig
sind die Bündner Gebäcke, was nicht verwundern kann, sind die Engadiner, Puschlaver,
Davoser u.a. auch als Zuckerbäcker in alle Welt gekommen.

Die Bündner Herrschaft ist dank dem milden Klima zu einem grossen Weinanbaugebiet
Graubündens gewachsen. Zwischen den Dörfern Fläsch, Maienfeld, Jenins und Malans
erstrecken sich die Rebberge. Chur, Felsberg und Zizers produzieren ebenfalls ihren eigenen
Wein.

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Ein anderer bekannter Wein ist seit über 160 Jahren in ausländischem Besitz: Der Veltliner.
Das Veltlin war jahrhundertelang Bündner Untertanengebiet. Am Wiener Kongress ging es
dann aber aus kleinlichen Gründen an Italien. Seither, so sagen die Bündner, erobern sie das
Veltlin „schluckweise“ zurück, denn der Hauptabsatz des Veltliners geht auch heute noch
nach Graubünden.

1.10 Kunst
Überaus reich an Kunstdenkmälern aus allen Epochen ist Graubünden, wobei südliche und
nördliche Einflüsse in vielfältiger und reizvoller Weise sich begegnen. Interessante Streufunde
hat die alpenländische Melaunerkultur aus der Bronzezeit und der beginnenden Eiszeit an
verschiedenen Orten in Graubünden zurückgelassen. Dazu kommen „etruskische“ Helme
(Fundorte Igis und Obersaxen) und schöne nordetruskische Geräte. Aus vorgeschichtlicher Zeit
sind auch die Steinhütten auf Puschlaver Alpen, die an Bauten in Apulien und auf Kreta
erinnern. Neben Hausfragmenten und vereinzelten Figürchen hat die Römerzeit im Wesentli-
chen nur Münzen hinterlassen.

Einige eindrückliche Baudenkmäler hat auch die romanische Zeit hinterlassen. Die Churer
Kathedrale stammt aus dem Ende der Romanik und zeigt schon gotische Konstruktionselemen-
te. Das bedeutendste romanische Kunstdenkmal aber ist die mit Malereien versehene
Kirchendecke von Zillis, der ältesten, fast vollständig erhaltenen Holzdecke der abendländi-
schen Kunst. Die über 150 Bildfelder erinnern in ihrer naiv-eindrücklichen Art an Buchmalerei-
en. Zur romanischen Zeit sind auch die meisten Höhenburgen entstanden, von denen in
Graubünden noch eine grosse Zahl eindrücklicher Ruinen zurückgeblieben ist.

Aus der Epoche der Früh- und Hochgotik sind kaum kirchliche Baudenkmäler überliefert,
hingegen einige Plastiken, Marienfiguren und - als eine Neuschöpfung dieser Zeit - Vesperbil-
der, in denen sich schwäbischer Einfluss geltend macht. Auch hier hat die Malerei die
wertvollsten künstlerischen Zeugen dieser Zeit hinterlassen.

Im Gegensatz zur Früh- und Hochgotik sah die Spätgotik in Graubünden eine überaus
vielfältige Kirchenbautätigkeit. Es waren die Österreicher Steffan Klain, A. Bühler, ein Bernhard
von Poschiavo und weitere, die eine lange Reihe sehenswerter spätgotischer Kirchen errichte-
ten.

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1.11     Sprachen
Graubünden ist der einzige dreisprachige Kanton der Schweiz. Die Amtssprachen sind Deutsch,
Rätoromanisch und Italienisch. Das romanische Sprachgebiet ist in verschiedene Regionen und
Idiome unterteilt: Im Unterengadin und Val Müstair wird Vallader und Jauer gesprochen, im
Oberengadin Puter, im Bündner Oberland Sursilvan, im Domleschg und im Schams Sutsilvan
sowie im Oberhalbstein und im Albulatal Surmiran. Rumantsch Grischun findet vor allem als
gemeinsame Schriftsprache und Amtssprache Verwendung. Für die Förderung der romani-
schen Sprache und Kultur setzt sich die Lia Rumantscha ein.

Die vier Südtäler Graubündens, in denen Italienisch gesprochen wird, werden die "valli"
genannt. Es handelt sich dabei um die Mesolcina, das Val Calanca, das Val Bregaglia und das
Valposchiavo. Sie zeichnen sich durch eine ausgesprochene sprachliche Eigenständigkeit und
durch verschiedenste lokale Dialekte aus. Die Pro Grigioni Italiano setzt sich für die Erhaltung
der Italienischen Sprachregionen ein.

Weitere Informationen zu den Sprachen in Graubünden finden Sie unter Kapitel 5.

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2 Geographie Graubündens

Bevölkerung (Stand Ende Dezember 2015)

Einwohnerzahl              195‘885 (Schweiz: 8.1 Mio.)

Sprachenaufteilung

Deutsch                    68%

Romanisch                  14%

Italienisch                10%

andere                     8%

Politische Gliederung (Stand Januar 2016)

11        Bezirke

39        Kreise

114       Gemeinden

11        Regionen

Bodenfläche

7‘105 km2 (Schweiz: 41'300 km2) / grösster Schweizer Kanton

150 Täler

615 Seen

937 Gipfel

Waldfläche                                      170‘000 ha

Landwirtschaftlich genutztes Land               58‘442 ha (8.2% der Bodenfläche)

Grösste und kleinste Gemeinde

Chur               ca. 37‘000 Einwohner (Jan.2015)
Mulegns            ca. 30 Einwohner

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Höchstes und tiefstes Dorf

Juf (Avers)                               2‘126 m ü. M.

San Vittore                               279 m ü. M.

Höchster und tiefster Punkt

Piz Bernina                               4‘049 m ü. M.

bei San Vittore                           260 m ü. M.

Verkehrswege in Graubünden

Strassennetz                                     1‘632 km

Rhätische Bahn                                   384 km

Schweizer Bundesbahnen                           20 km

92 Postautolinien mit 1561 Haltestellen          1‘560 km

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Kantonsgrenze des Kantons Graubünden           701 km

davon mit:

Tessin                                         103 km

Uri                                            46 km

Glarus                                         41 km

St. Gallen                                     45 km

Fürstentum Liechtenstein                       12 km

Österreich                                     123 km

Italien                                        331 km

Bruttoinlandprodukt (BIP), Jahr 2011

BIP pro Einwohner                      69’252 CHF

Beschäftigungsstruktur in % (2013)

Land- und Forstwirtschaft              4.5%

Industrie und Gewerbe                  24,7%

Dienstleistungen                       70.8%

Schülerdokumentation                                    12
2.1       Bezirke und Kreise im Kanton Graubünden
(11 Bezirke, 39 Kreise, 114 Gemeinden) (Stand Januar 2016)

Bezirke                         Kreise

1. Albula                       Alvaschein / Belfort / Bergün / Surses

2. Bernina                      Brusio / Poschiavo

3. Hinterrhein                  Avers / Domleschg / Rheinwald / Schams / Thusis

4. Imboden                      Rhäzüns / Trins

5. Inn                          Ramosch / Suot Tasna / Sur Tasna / Val Müstair

6. Landquart                    Fünf Dörfer / Maienfeld

7. Maloja                       Bregaglia / Oberengadin

8. Moesa                        Calanca / Mesocco / Roveredo

9. Plessur                      Chur / Churwalden / Schanfigg

10. Prättigau/Davos             Davos / Jenaz / Klosters / Küblis / Luzein / Schiers / Seewis

11. Surselva                    Disentis / Ilanz / Lumnezia / Lugnez / Ruis / Safien

http://geo.gr.ch/karten/admin_einteilung/einteilung_in_bezirke_kreise_gemeinden.pdf

3 Geschichte auf einen Blick

3.1 Das Kantonswappen
Die heutige Darstellung des Bündner Wappens wurde vom kleinen Rat im Jahre 1932
festgelegt und vom Bundesrat genehmigt.

Historische Rangfolge/ Bedeutung

Grauer oder Oberer Bund (1395)

gespaltenes Schild (weiss, schwarz)

Gotteshausbund (1367)

Schülerdokumentation                                                                            13
schwarzer, aufrechter Steinbock

Zehngerichtebund (1436)

gevierteltes Schild / Kreuz (blau, gelb)

Der Steinbock (Romanisch: capricorn) gehört zu Graubünden wie das Wasser in den Bergseen.
Der Steinbock ist überall präsent: nicht nur auf dem Kantonswappen, sondern auch auf
Autokennzeichen, als Brunnenfigur oder gemaltes Wappen auf Hauswänden. Und nicht
zuletzt lacht einem im Graubünden Logo ein Steinbock entgegen.

3.2     Der Bau der Rhätischen Bahn
Vor über 100 Jahren wurde die Rhätische Bahn ins Leben gerufen. Sie ist heute eine Erfolgsge-
schichte und meistert auch die grossen Berge wie den Bernina-Pass in Graubünden.

Gut 1500 Menschen sorgen heute dafür, dass die Rhätische Bahn eine Jahrtausend alte
Kulturlandschaft erfahrbar macht, dass die Rhätische Bahn auf schönste Weise Menschen
miteinander verbindet und dass die Rhätische Bahn auch in Zukunft die Harmonie von Natur
und Technik in aller Sinnlichkeit erlebbar macht.
Die Idee einer Bündner Gebirgsbahn begann bereits 1888 Wirklichkeit zu werden. Auf die
Initiative des Niederländers Willem-Jan Holsboer hin, wurde damals die Schmalspurbahn
Landquart–Davos AG gegründet. Noch im selben Jahr erfolgte der Spatenstich und bereits
1890 fuhren die Dampfzüge von Landquart nach Davos hinauf. Als «jäher und zäher Aufstieg,
der nicht enden zu wollen scheint», beschrieb Thomas Mann, der berühmte Schriftsteller, solch
eine Fahrt in die «heilig-phantasmagorisch sich türmende Gipfelwelt».
Nur ein Vierteljahrhundert nach dem ersten Spatenstich war fast das ganze Streckennetz der
Rhätischen Bahn gebaut. Und seither bietet die Fahrt in der Rhätischen Bahn ein elementares
Erlebnis: Im Blickfeld die erhabene Bergwelt zwischen Schrecken und Schönheit, erfahrbar in
der Behaglichkeit des Zugabteils. Und wie einst winden sich die Züge auch heute noch auf
abenteuerlichen Strecken ins Hochgebirge hinauf, immer noch sind die Tunnels gleich
stockfinster wie ehedem, und immer noch ist es gleich beglückend, wenn nach dem finsteren
Tunnel der Tag zurückkehrt – und mit ihm die grandiose Aussicht auf die Bergwelt.

Auch das Postauto ist ein wichtiges Transportmittel für Graubünden. So engagiert sich
PostAuto Graubünden für ein gutes Angebot im öffentlichen Verkehr. Zum Beispiel verbindet
der gelbe Riese Chur mit St. Moritz via den Julierpass

Schülerdokumentation                                                                          14
1889                   Landquart-Klosters

1890                   Klosters-Davos

1896                   Chur-Thusis

1903                   Thusis-Celerina

1903                   Reichenau-Ilanz

1904                   Celerina-St. Moritz

1908                   Samedan-Pontresina

1909                   Davos-Filisur

1910                   St. Moritz-Tirano

1912                   Ilanz-Disentis

1913                   Bever-Scuol-Tarasp

1914                   Chur-Arosa

1926                   Furka-Oberalp (Glacier Express)

1999                   Klosters-Scuol (Vereinatunnel)

2008                   Albula /Bernina Landschaft als UNESCO Welterbe

Schülerdokumentation                                                    15
3.3       Tourismusgeschichte
Eine noch vor 200 Jahren als feindselige und schwer zugänglich erscheinende Natur und
Landschaft bildet heute die Grundlage eines florierenden Sport-, Erholungs- und Gesundheits-
tourismus. Es waren vor allem die intensive Verbesserung der Verkehrswege, aber auch die
neuen Erkenntnisse über die Heilwirkung des Gebirgsklimas und der Mineralquellen, welche
zur Entwicklung des modernen Tourismus in Graubünden beitrugen.

15 v.Chr.              Unterwerfung der Bündner durch die Römer

8. Jh. n.Chr.          Eingliederung Rätiens durch Karl den Grossen

1000 n.Chr.            Allmähliche Germanisierung Currätiens

13. Jh.                Einwanderung der Walser

1352                   Werdenberg-Belmont-Fehde

1512                   Eroberung des Veltlins

1524                   Verfassung der Drei Bünde

1618-1639              Bündner Wirren während des Dreissigjährigen Krieges

1803                   Untergang des Freistaates und Anschluss an die
                       Eidgenossenschaft

1815                   Veltlin nach Wienerkongress endgültig verloren

1830-1870              Blüte des Transit

1854                   Neue Verfassung, Einteilung des Kantons in Bezirke,
                       Kreise und Gemeinden

1880                   Beginn des Tourismus

1926                   Zulassung des Automobilverkehrs

1938                   Anerkennung des Romanischen als 4. Landesprache

Schülerdokumentation                                                                       16
3.4 Tourismusentwicklung
Es dauerte bis zur zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, bevor der Tourismus seinen
eigentlichen Aufschwung in Graubünden nahm. Zuerst beschränkt auf wenige Sommermonate
entwickelte sich der Tourismus mit dem Aufschwung des Wintersports vor 100 Jahren in
rasantem Tempo mit St. Moritz, Davos und Arosa als Vorreiter. Zahlreiche andere Orte
nutzten die Gunst der Stunde und setzten auf die Karte Tourismus. So spielt Graubünden seit
Anfang dieses Jahrhunderts eine entscheidende Rolle im Tourismus.

Aufschwung und Belle Epoque (1880 – 1914)

Der touristische Aufschwung erzeugte in den Tourismusorten und Nachbardörfern Graubün-
dens positive Bevölkerungszahlen. Die Abwanderung konnte jedoch nicht in allen Regionen
gestoppt oder gar umgekehrt werden.

Krisen (1914 – 1945)

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs setzte der Belle Epoque ein abruptes Ende. Die einen
Hotels wurden geschlossen, andere verzeichneten drastische Abnahmen, so dass Beschäftigte
im Fremdenverkehr ihre Stellung verloren und die Gewerbebetriebe ohne Aufträge dastanden.
Die nachfolgende Zwischenkriegszeit kann gesamthaft auch als Krisenzeit bezeichnet werden.
Bis 1930 kamen wieder vermehrt Gäste ins Bündnerland, die Weltwirtschaftskrise 1929/30
schwächte den Aufwärtstrends jedoch wieder markant ab.

Die berühmte Wette von Johann Badrutt, 1864/1865 – Beginn des Wintertourismus

Anfangs September 1864 schloss der St. Moritzer Hotel-Pionier, Johannes Badrutt, mit vier
britischen Sommergästen folgende Wette ab: Sie sollten doch einmal im Winter kommen. Falls
es ihnen nicht gefalle, zahle er ihre Reisekosten ab London und zurück. Wenn aber St. Moritz
ihnen im Winter zusage, lade er sie als seine Gäste ein, so lange zu bleiben, wie sie wollten.
Den Engländern gefiel diese Wette, bei der sie so oder so gewinnen würden. Sie akzeptierten,
kamen an Weihnachten und blieben bis Ostern. Sie waren die ersten Wintertouristen der
Alpen, und sie entdeckten eine neue Welt - die "weissen Winterferien".

Schülerdokumentation                                                                          17
Meilensteine des Wintertourismus in Graubünden (Stand: Januar 2012)

1864            St. Moritz, erster Verkehrsverein „Verschönerungskommission“
1883            Gründung des ersten Schweizer Schlittelclubs in Davos
1888            RhB, längste Privatbahn; seit 1888; 384 km lang-> Erschliessung d. Winter-
                Orte in GR
1892            erstes elektrisches Tram der Schweiz in St. Moritz zwischen Dorf und Bad (vor
                allen Schweizer Städten!)
1899            Inbetriebnahme der Schatzalp-Bahn, Davos
1904            Inbetriebnahme des Olympia Bobrun St. Moritz-Celerina, der ältesten Bobbahn
                der Welt und zugleich die letzte noch übriggebliebene Natureisbahn der Erde
1906            erstes Pferderennen auf Schnee
1907            Eröffnung Muottas Muragl Bahn (2007: 100 Jahr Jubiläum)
1907            erstes offizielles Pferderennen auf gefrorenem See in St. Moritz
1923            1. Austragung des Spengler Cups in Davos (Eishockey)
1928+1948       Olympische Winterspiele in St. Moritz (neben Innsbruck einziger 2-facher
                Olympiaort)
1929            erste Skischule der Schweiz in St. Moritz
1934            erster Bügelskilift der Welt (Bolgenlift in Davos)
1945            erste kuppelbare Sesselbahn der Schweiz (Flims)
1964            erste Pauschalskiwochen der Schweiz (Savognin)
1965            erster automatischer Schnee- und Pistenbericht (Savognin)
1978            erste Gross-Beschneiungsanlage der Schweiz in Savognin (30 ha)
1977            erster bargeldloser Ferienort Europas (Savognin)
1979            erstes Golfturnier Europas auf schneebedecktem, gefrorenem See in St. Moritz
1984/85         erste Snowboardschule der Schweiz in Scuol
1985            erstes Poloturnier auf schneebedecktem, gefrorenem See in St. Moritz
1987            erste Snowboard-Weltmeisterschaft in St. Moritz
1995/96         erste Doppelstockbahn der Welt in Samnaun (grösste Schweizer Seilbahnkabi-
                ne)
1998            erster Snowboardolympiasieger der Welt: Gian Simmen, Arosa (Olympiade
                Nagano)
2002            erste Skateline/Eisweg der Schweiz im Albulatal
2003            FIS Alpine Ski Weltmeisterschaften, St. Moritz-Pontresina (Kandidatur Ski-WM
                2013)
2005/06         erster Sessellift der Schweiz mit geheizten Sitzen, Flims Laax
2007/08         erster Coaster der Schweiz für Tschuggen Grand Hotel, Arosa
2011            erster Solarskilift der Welt in Tenna, Safiental
2012            erstes Plushotel der Alpen Muottas-Muragl
                http://www.engadin.stmoritz.ch/winter/de/aktivitaeten/bergerlebnis/bergbahnen/muottas-muragl-
                bergerlebnis/fuehrungen-im-1-plusenergie-hotel-des-alpenraums/

Schülerdokumentation                                                                                            18
Die Meilensteine des Alpinismus in Graubünden

Der Begriff Alpinismus umfasst verschiedene Formen des Bergsteigens in den Alpen und in
anderen Gebirgen der Welt. Bis ins ausgehende Mittelalter wurden die Alpengipfel von
Menschen gemieden. Sie waren von Sagen und Legenden umwoben und galten als Sitz von
Dämonen.

Als Geburtsstunde des Alpinismus wird einerseits die Erstbesteigung des Mont Ventoux am
23. April 1336 durch Francesco Petrarca, andererseits 1492 die Besteigung des Mont Aiguille
durch eine Söldnertruppe, befohlen von Karl VIII, betrachtet.

Meilensteine

um 1730     älteste Bergfahrtenschilderung aus den Ostalpen „Schesaplana Bergreis“ von
            Niklaus Serehards
1789        Erstbesteigung des Rheinwaldhorns (3402 m ü. M.) durch Placidus a Spescha
            (1752 - 1833), Pater in Disentis
1846        Erstbesteigung des Piz Lischana (3105 m ü.M.) durch Johann Wilhelm Fortnunat
            Coaz (1822 – 1918), Topograf im Dienste Dufours
1848        Erstbesteigung des Piz Quattervals (3165 m ü.M.) durch J. Coaz
1850        Erstbesteigung des Piz Bernina (4049 m ü. M.) durch Johann Wilhelm Fortunat
            Coaz
1865        Erstbesteigung des Piz Buin (3312 m ü. M.; ist rätoromanisch und heisst „Ochsen
            kopf“) durch Joseph Anton Specht und Jakob Johann Weilenmann mit den
            Führern Jakob Pfitscher und Franz Pöll
1860        erste „Hüttenunterkunft“ ist das „Hotel Colani“ nicht weit von der heutigen
            Boval-Hütte
1863        Gründung des Schweizer Alpen-Club (SAC)
1863        Erste SAC-Hütte (Grünhornhütte am Tödi)
1868        Erster Bündnerischer Bergführerkurs, veranstaltet durch J. Coaz fand im Engadin
            statt.
1871        Gründung der ersten Bergführervereinigung Graubünden in Pontresina (Erste
            Bergführervereinigung der Schweiz 1857)
1877        Bau der Chamanna da Boval
1880        Bau der Capanna Marinelli
1890        Erstbegehung des Piz Roseg (3937 m ü.M.) durch Christian Klucker und Ludwig
            Normann-Neruda
1899        Erstellung der Tschiervahütte als Ausgangspunkt für den Biancograt.
1907        erster kantonaler Bergführerkurs (durchgeführt in Pontresina)

Schülerdokumentation                                                                     19
4 Tourismus in Graubünden
4.1     Touristische Fakten zu Graubünden

Schülerdokumentation                        20
4.2     Bedeutung des Tourismus im Kanton Graubünden
Jährlich besuchen schätzungsweise sechs Millionen Gäste den Kanton Graubünden. Die eine
Hälfte als Ausflügler, die andere Hälfte als Feriengäste. Letztere übernachteten jährlich rund 12
Millionen Mal in den insgesamt 47‘000 Bündner Hotelbetten Von den total 156‘000 Woh-
nungen im Kanton Graubünden fallen rund 45% auf Ferien- und Zweitwohnungen.

Die gesamte touristische Wertschöpfung beträgt in Graubünden pro Jahr rund CHF 3.3 Mia.
(rund 30% des kantonalen BIP). Diese Gästeausgaben treiben die Bündner Volkswirtschaft an
und sind Grundlage eines weitverzweigten Wirtschaftslebens im Kanton.

So sichern die Einnahmen aus dem Tourismus jedem dritten Bündner seinen Arbeitsplatz,
einerseits direkt z.B. in der Hotellerie, im Gastgewerbe, den Bergbahnen oder den Gäste-
informations-Stellen. 17% aller Unternehmen und 15% aller Arbeitsplätze in Graubünden sind
im Gastgewerbe angesiedelt (im nationalen Vergleich Spitzenwerte). Andererseits sichern sie
indirekt Arbeitsplätze im Einzelhandel, bei Garagen und Tankstellen, in Coiffeurgeschäften,
Bäckereien und Metzgereien, bei der Eisenbahn und dem Postbetrieb, in der Bauwirtschaft, bei
Banken und Versicherungen, im Gesundheitswesen und vielen anderen Wirtschafts- und
Verwaltungsstellen. Damit trägt der Tourismus entscheidend zur Erhaltung des einheimischen
Gewerbes bei und verhindert in vielen Fällen die Abwanderung aus den Bergtälern.

4.3     Das 3.3 Mrd.-Unternehmen „Tourismus Graubünden“
Die folgenden Zahlen illustrieren eindrücklich die Wichtigkeit des Tourismus in Graubünden:

-   Ca. 780 Hotels

-   Rund 60 000 Ferienwohnungen (inkl. Zweitwohnungen)

-   Rund 365 Bahnanlagen (6 Standseilbahnen, 28 Pendelbahnen, 23 Gondelbachnen,
    106 Sesselbahnen, 130 Skilifte und 72 Kinderanlagen)

-   Rhätische Bahn

-   45 Campingplätze

-   Ca. 800 Restaurants

Schülerdokumentation                                                                           21
4.4 Sommerurlaub in Graubünden
10 000 km Wanderwege und 39 Bergbahnen stehen dem Gast in Graubünden zur Verfügung,
von der Schlenderwanderung bis zur Bergtour findet jeder seine ideale Route. Im Trend liegen
auch die Weitwanderungen in Graubünden, bei welchen man während mehreren Tagen von
Ort zu Ort wandert.

Die grösste Ferienregion der Schweiz ist auch ein Bikeparadies. Rund 4000 km signalisierte
Bike Routen machen die Bündner Bergwelt zum ultimativen Fahrvergnügen. Gemütliche
Touren für Familien oder eine anstrengende für Bike-Freaks - die Auswahl ist riesig.

Golfer kommen in Graubünden besonders zum Zug. Insgesamt 15 Golfclubs bieten dem Profi
wie auch Anfängern höchsten Golfgenuss mit ausgezeichneten Greens.

Graubünden ist sehr kinderfreundlich. Dies zeigen zahlreiche durch Schweiz Tourismus
ausgezeichnete „Familien willkommen“ Orte, welche sich durch Familienfreundlichkeit
einsetzen. Ihre Angebote sind speziell auf die Wünsche der kleinen ausgerichtet, damit sich
Familien so richtig wohl fühlen können.

Immer häufiger findet man „all inklusive“ Angebote, sprich Angebote mit einem höheren
Wert für denselben Preis. Beispielsweise die gratis Benützung der Bergbahnen, freie Nutzung
von Hallenbad und Sauna, Elektrobikes oder Museumsbesuche.

4.4.1 Sommer Insider Tipps in Graubünden
Längste Rodelbahn in Pradaschier, Seilpark Savognin, Globi Wanderwege in der Lenzerheide,
Themenwege in Brigels, Handy-Schatzsuche in Brigels etc.

4.4.2 Weitere Aktiv-Sportmöglichkeiten im Sommer
Kanu, River-Rafting, Canyoning, Segeln, Tauchen, Fischen, Delta-Segeln, Gleitschirmfliegen,
Ballonfahren, Go-Kart, Indoor-Klettern, Lamatrekking, Mountainbiking, Klettern, Gletscher-
Touren, Pfeilbogenschiessen, Tontaubenschiessen, Dart, Aerobic, Yoga, Judo, Tanzen, Joggen,
Badminton, Ballspiele, Turnen und Fitnessprogramme für die ganze Familie, Kiten etc.

Schülerdokumentation                                                                          22
4.5 Winterurlaub in Graubünden
In Graubünden, der Schweizer Ferienregion Nr. 1 warten 86 Ferienorte auf Gäste. Rund 1/3
dieser Orte sind höher als 1500 m ü. M. Insgesamt 2200 km präparierte Pisten versorgen die
Wintersportler. Schneesporthungrige finden in den Top Skigebieten wie Davos, Arosa, Laax,
Engadin St. Moritz, Lenzerheide oder auch familiären Gebieten wie beispielsweise Brigels
ideale Voraussetzungen.

Für alle, die gerne auf Kufen unterwegs sind bietet Graubünden abwechslungsreiche
Schlittenpisten.

Im Winter lässt sich in Graubünden auch gut wandern. Auf insgesamt 1400 Kilometer
präparierten Winterwanderwegen darf Graubünden zu Fuss erkundet werden.

Im Trend liegen die Schneeschuh-Touren. Abseits vom Rummel lässt sich da die Natur
besonders geniessen. Graubünden bietet ausgeschilderte Routen in traumhaften Landschaften.

4.5.1 Winter-Insider-Tipps in Graubünden
Schatzsuche im Schnee mit GPS Gerät, Skateline Alvaneu, Bobtaxi in St. Moritz, Snowboard
Freeride auf der Pischa in Davos, Schlitteln in Bergün, Nachtlanglaufen in Lenzerheide oder
Trin.

4.5.2 Weitere Aktiv-Sportmöglichkeiten im Winter
Eislaufen, Eishockey, Eissurfen, Bob, Skeleton, Skibob, Skispringen, Skiakrobatik, Telemark,
Carving, Schneeschuhwandern, Skitouren, Skiwandern, Wintergolf, Indoor-Golf, Skijöring,
Deltasegeln, Gleitschirmfliegen, natürlich Aprés-Ski und Tanzen, Airboard, Curling, Eisklettern,
Eisfischen, Hundeschlitten, Snowbike, Snowkiting, Snowtubes, Reiten, Biken, Wintergolfen etc.

4.6 Was bringt die Zukunft
Graubünden setzt auf einen leistungsstarken, wettbewerbsfähigen Tourismus. Während in den
vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Gebiete neu entwickelt und erschlossen wurden, hat sich
seit Anfang der 80er Jahre die Situation gewandelt. Die zukünftige Entwicklung wird in erster
Linie auf der Verbesserung des bereits Bestehenden gründen. Der touristische Erschliessungs-
grad ist hoch, so dass die Verbesserung und die Anpassung des bereits Bestehenden und nicht
Neuerschliessungen im Vordergrund stehen.

Schülerdokumentation                                                                            23
Förderungsmassnahmen zielen in erster Linie auf Qualitätsverbesserungen bei den touristi-
schen Anlagen und Dienstleistungen, auf den Erhalt der natürlichen Umwelt und Landschaft
und auf eine bessere Auslastung bestehender Kapazitäten, sei es in Hotels und Ferienwohnun-
gen, bei Sportanlagen und Bergbahnen.

Die touristische Weiterentwicklung soll dort ihre Grenzen finden, wo der Schutz der Umwelt
höher einzustufen ist, als die weitere Ausdehnung des Tourismus. Dabei wird er auch der
bündnerischen Eigenart, Vielfalt und Eigenständigkeit, Rechnung tragen und dafür sorgen,
dass sowohl Gäste wie Einheimische zufrieden sein können.

Der Bündner Tourismus wird auch in Zukunft einen gewichtigen Beitrag an die kantonale
Volkswirtschaft und an eine regional ausgewogene Entwicklung leisten müssen und dazu
beitragen, einen wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich lebenswerten Kanton zu
erhalten.

4.7 Klimaerwärmung

Die Klimaerwärmung wirkt sich auf den Wintertourismus aus.

Bei einem Temperaturanstieg um vier Grad wird die Schneesicherheit in tieferen Skigebieten
gefährdet. Vor allem die kleinen und nicht so hoch gelegenen Orte brauchen Alternativen, um
mit weniger Schnee auszukommen.

Glücklicherweise sind die meisten Skiorte in Graubünden verhältnismässig hoch gelegen,
jedoch können auch schon Temperaturanstiege von nur einem Grad Auswirkungen haben.
Der durchschnittliche Temperaturanstieg war in den vergangenen zweieinhalb Jahren drei Mal
grösser als im globalen Durchschnitt. Die Jahre 1994, 2000, 2002 und 2003 waren die
wärmsten der letzten 500 Jahre.

Die Modell-Rechnungen zeigen, dass in den kommenden Jahrzehnten die Entwicklung noch
schneller fortschreiten dürfte. Es gibt aber auch positive Aspekte. So würden viele Gäste
wegen den heissen Temperaturen am Mittelmeer in die kühleren Alpenregionen gelockt. Auch
die Gletscher sind in Gefahr und ziehen sich zurück. Diese Entwicklung ist nicht mehr zu
übersehen und bringt grosse Gefahren wie Flutwellen oder Abbrüche. Mit Gletscherabdeckun-
gen will man das kostbare Eis gegen die Sonneneinstrahlung schützen.

Schülerdokumentation                                                                         24
4.8 Projekt „Bündner Tourismusreform“
Der Bündner Tourismus soll auch in Zukunft das sichern, was er in den vergangenen knapp
150 Jahren war: Die natürliche Ferienregion für erholungssuchende Gäste aus aller Welt sein
und gleichzeitig lebenswerter Kanton für Einheimische bleiben.

Um die durch den Tourismus generierte Wertschöpfung zur Ankurbelung der Bündner
Wirtschaft wieder zu erhöhen, Arbeitsplätze im Tourismus zu sichern und neue zu schaffen,
hat der Kanton im Jahr 2005 zusammen mit Tourismusorganisationen und dem Institut für
Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus der Universität St. Gallen das Reformprojekt
„Wettbewerbsfähige Strukturen und Aufgabenteilung im Bündner Tourismus“ (nachfolgend
Tourismusreform) lanciert.

4.9 Ziele für den Bündner Tourismus 2014-2021

Aufbauend auf der Vision sind folgende strategischen Grundsätze einzuhalten:

•   Die Wettbewerbsfähigkeit des Bündner Tourismus ist nachweislich gestärkt
•   Die Position in den Märkten ist ausgebaut.
•   Die Mehrwerte der Kooperationsprojekte und Systemvorteile sind nachweisbar.
•   Die Destinationen und Standorte funktionieren verlässlich und sind weiter profiliert.
•   Die strategische und operative Führung (Governance) im Bündner Tourismus schafft
    Mehrwerte
Durch das Erreichen dieser Ziele soll die Grundlage geschaffen werden, damit die Bündner
Tourismusdestinationen weiter aus eigener Kraft an Wettbewerbsfähigkeit dazugewinnen
können und das Tourismussystem Graubünden gestärkt werden kann.

4.10 Aufgabenteilung im Bündner Tourismusmarketing
Damit die Tourismusorganisationen in der Lage sind, die Marktbearbeitung professioneller und
internationaler anzugehen, drängt sich eine Konzentration der Marketingmittel und Marketing
Kompetenzen auf die kantonale Organisation Graubünden Ferien, vier bis sechs Des-
tinationsmanagement-Organisationen für grössere Tourismusregionen und einige regionale
Tourismusorganisationen auf. Die drei Typen von Tourismusorganisationen haben unter-

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schiedliche Aufgaben, die sich gegenseitig ergänzen und damit optimale Voraussetzungen für
eine erfolgreiche Vermarktung der Tourismusdestination Graubünden schaffen (vgl. Abb. 6):

•   Destinationsmanagement-Organisationen (DMO): Eine DMO verfügt über eine explizit
    formulierte Strategie für ihre Tourismusregion und über ein strategisches Führungs- und
    Controllingsystem. Sie ist in der Lage, eine wirkungsvolle, effiziente Marktbearbeitung im
    In- und Ausland umzusetzen und verfügt über frei verfügbare Marketingmittel im Umfang
    von mindestens CHF 4 bis 7 Mio. pro Jahr. Die Schlüsselfunktionen Marketing und Verkauf
    sowie PR sind mit fachlich ausgewiesenem Personal besetzt. Gegen eine finanzielle Ent-
    schädigung übernehmen die DMO das Marketing aller ihr angeschlossenen ReTOs.

•   Regionale Tourismusorganisationen (ReTO): Als ReTO werden selbständige Organisatio-
    nen bezeichnet, die für die Aufgaben zuständig sind, welche bisher traditionellerweise von
    den Verkehrsvereinen wahrgenommen wurden, wie z.B. Informationsschalter vor Ort,
    Pflege und Betrieb von touristischen Infrastrukturen (z.B. Langlaufloipe, Eisfeld), Interes-
    senvertretung nach innen, Durchführung von kleineren Veranstaltungen als Rahmenpro-
    gramme für die Gäste vor Ort. Die Marktbearbeitung ist hingegen nicht Aufgabe der
    ReTO. Sie wird mittels eines Mandats an eine geeignete DMO delegiert.

•   Graubünden Ferien: Während sich die DMO primär auf die Bearbeitung der Kernmärkte
    fokussieren, ist das wichtigste Ziel von GRF, Aufbau- und Zukunftsmärkte zu erschliessen
    (z.B. Grossbritannien, Benelux), um neue Gäste für Graubünden zu gewinnen. Ein weiteres
    Ziel von GRF ist die Verbesserung der Auslastung der touristischen Kapazitäten in der
    Nebensaison. Die Massnahmen erfordern eine enge Zusammenarbeit mit den DMO.

4.11 Strukturen im Bündner Tourismus (Stand Januar 2013)
Im Zuge der Tourismusreform sind in allen Regionen des Kantons Graubünden die Touris-
musstrukturen überprüft worden und aus über 90 meist lokalen Tourismusorganisationen
sind gemeindeübergreifende Organisationen entstanden.

Die klare Aufgabenteilung, die Verschlankung von Strukturen, die Ausrichtung des Marketings
auf die Gewinnung neuer Gäste und eine sichere Finanzierung stärken Graubünden im
internationalen Wettbewerb. Per Januar 2013 zählt Graubünden 4 Destinationsmanagement-
Organisationen (DMO), 11 Regionale Tourismusorganisationen (ReTO) sowie 3 lokale
Tourismusorganisationen (TO).

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Destinationsmanagement-Organisationen (DMO)   10 Prättigau
    1 Davos Klosters                             11 San Bernardino, Mesolcina/Calanca
    2 Scuol Samnaun Val Müstair                  12 Savognin Bivio Albula
    3 Engadin St. Moritz                         13 Surselva (inkl. Safiental)
    4 Flims Laax                                 14 Valposchiavo
                                                 15 Viamala
   Regionale Tourismusorganisationen (ReTO)
    5 Arosa (inkl. Schanfigg)                    Lokale Tourismusorganisationen (TO)
    6 Bregaglia Engadin                          16 Bergün Filisur
    7 Bündner Herrschaft                         17 Disentis Sedrun
    8 Chur                                       18 Vals
    9 Lenzerheide

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5     Das bedrohte Sprachen-Kaleidoskop Graubündens

5.1     Ein Hauch von Babylon
"Kaleidoskop" ist die passende Bezeichnung für die Sprachenkarte Graubündens; nur wenige
Landstriche der Erde warten mit einer vergleichbaren Vielfalt von Sprachen auf. Die Lage
erweist sich als so unübersichtlich und kompliziert, dass selbst manche Einheimische nicht
sagen können, wo die Sprachgrenzen verlaufen. Die Sprachengeographie Rätiens wird noch
dadurch kompliziert, dass sie sich stetig - zugunsten des Deutschen - verschiebt.

Von den 193‘400 Einwohnern Graubündens sprechen rund 68% als Muttersprache deutsch,
15% rätoromanisch, 10% italienisch und knapp 7% andere Sprachen. Was die Volkszählungs-
Computer in Bern ausgespuckt haben, ist jedoch höchstens eine Annäherung an das sprachli-
che Kaleidoskop Rätiens. So ist Rätoromanisch nicht eine Sprache, sondern eine Familie von (je
nach Definition) fünf bis sieben Idiomen. Bergeller und Puschlaver sprechen Italienisch; die
Dialekte unterscheiden sich jedoch stark. Wagt man sich gar an die Ausscheidung der
erstaunlichen Schattierungen der deutschen Dialekte, so ergibt sich ein äusserst buntes Bild.

5.2     Die Römer als Sprachschöpfer
In den Geschichtsbüchern weit zurückblättern muss, wer die heutige sprachliche Wirklichkeit
Graubündens verstehen will. Als die Römer im Jahre 15 vor Christi Geburt unter den Feldher-
ren Drusus und Tiberius in Rätien einbrachen, lebten in den gegeneinander abgeschotteten
Gebirgstälern mehrere Volksstämme, deren Sprache wir nicht genau kennen. Nach dem
aktuellen Forschungsstand gelten die Rätier als nicht indogermanisch; ihre Sprache war also in
ihrem Kern unseren heutigen europäischen Sprachen nicht verwandt. Die in der Poebene
lebenden Etrusker und die Kelten, ein indogermanischer Volksstamm in Mittel- und Westeuro-
pa wirkten sprachlich und kulturell auf das Rätien vor der Okkupation durch das grosse
italienische Kulturvolk ein. Es gehört zur Magie Graubündens, dass die Unterlagen der
heutigen Sprachgeographie nicht voll erhellt sind. Römische Sprache, römisches Wesen,
Brauchtum und Staatsorganisation überlagerten und durchdrangen im Laufe der Jahrhunderte
die ursprüngliche Lebensweise und die Sprachen in den rätischen Tälern. Entlang der Passwege
gewann das Latein verhältnismässig rasch an Bedeutung; doch die Romanisierung des

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Alpenbogens dauerte viele Generationen. Am Hinterrhein oder im Engadin sprachen die
Menschen nicht das Latein der Metropole Rom. Bis die Sprache in die entfernten Bergtäler
eingesickert war, hatte sie sich längst in ein Volkslatein umgeformt. Von Tal zu Tal, ja von Dorf
zu Dorf entwickelte die Sprachfamilie, die wir heute mit rätoromanisch bezeichnen, ein zum
Teil frappant unterschiedliches Vokabular und unterschiedliche grammatikalische Strukturen.
Das sogenannte Vulgärlatein entstand, als das römische Reich seinen Zenit bereits überschrit-
ten hatte. Kaum aufgekeimt, sahen sich die romanischen Sprachen der Alpen bereits den
ersten bedrohenden Kräften ausgesetzt. Soziale Unrast und Bürgerkriege erschütterten drei
Jahrhunderte nach der Eroberung Rätiens das Römische Imperium und liessen es schliesslich
unter dem germanischen Ansturm aus dem Norden zusammenbrechen. Und damit begann,
wenige Jahrhunderte nach seiner Entstehung bereits wieder der Rückzug des Romanischen,
der bis heute anhält.

5.3     Rätoromanisch, Sprache ohne Hinterland
Der Zeitraffer offenbart teils dramatische Ereignisse, teils einen unspektakulären Abbröcke-
lungsprozess, der die romanische Sprache zurückdrängt. Am 27. April 1464 äscherte ein
Grossbrand fast die ganze, damals noch romanisch sprechende Stadt Chur ein. Nach dem
verheerenden Feuer strömten viele deutsch sprechende Handwerker in die rätische Kapitale.
Innert weniger Jahre machte das "Churwälsch", wie das Romanische der Bündner Hauptstadt
genannt wurde, dem Churerdeutschen Platz. Nach dem Verlust der Hauptstadt schwand das
Gewicht der romanischen Sprache rasch. Heute zerfällt der Sprachraum in mehrere, kaum
mehr zusammenhängende Teile. Die Surselva (das Bündner Oberland) umfasst das ausge-
dehnte nordwestliche Gebiet; mit 17'000 romanisch sprechenden die grösste und kompakteste
romanisch sprechende Region Graubündens. Eine, freilich brüchig gewordene, Brücke zum
Engadin bilden die teilweise noch romanisch sprechenden Täler Mittelbündens und das
Oberhalbstein. Das östliche Sprachgebiet umfasst das Engadin und das Val Müstair. Fünf
verschiedene Idiome; gesprochen und zum Teil geschrieben von 51'000 Menschen (davon
sind 16'000 aus dem Sprachgebiet abgewandert) bilden zwar einen erstaunlichen sprachlichen
Reichtum, die Aufsplitterung ist jedoch heute auch eine grosse Hypothek. Dazu kommt, dass
das sprachliche Hinterland fehlt; die Rätoromanen sind weitgehend von der deutschen Sprache
eingekreist. Die Lia Rumantscha, die Dachvereinigung der Rätoromanen, lancierte 1983 das
"Rumantsch Grischun", eine Überbrückungssprache, welche auf den verbindenden Elementen

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in den verschiedenen Idiomen basiert. Überraschend schnell hat das Rumantsch Grischun an
Boden gewonnen. Gesetze, Inserate und Zeitungsartikel, ja bereits sogar literarische Texte sind
in der neuen romanischen Schriftsprache verfasst worden. Ob sie wirklich tief im Volk
verankert werden kann, wird erst die Zukunft weisen.

5.4     Dominanz der deutschen Sprache
Deutsch ist die Haupt- und Verbindungssprache des Kantons. Die eingangs zitierten Zahlen
spiegeln die wahre Macht des Deutschen jedoch nur unzulänglich. Sozusagen alle Rätoroma-
nen und ein Grossteil der Italienischbündner sprechen auch deutsch. Durch die modernen
Medien strömen "Schwiizertütsch" und Hochdeutsch ins romanische Sprachgebiet; eine
Infiltration, der die romanische Medienwelt wegen ihrer schmalen Basis vergleichsweise wenig
entgegenzusetzen hat. Unter der Macht der germanischen Sprachglocke verbiegen sich die
Satzstrukturen des Rätoromanischen, und das Vokabular, wenn auch ständig aktualisiert,
genügt oft den Anforderungen des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts nicht mehr.
Unversehrt sind freilich viele Zeugen der rätoromanischen Kultur: Engadinerdörfer mit
intakten, liebevoll restaurierten Dorfkernen und eine ganze Reihe eindrucksvoller Gotteshäuser
wie die Kirche von Zillis mit ihrer farbigen, spätmittelalterlichen Holzdecke.

5.5     Walserdeutsch im Clinch
In der Brandung des Hochdeutschen kämpft auch das originelle und melodische Walser-
deutsch um seine Existenz. Zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhundert nahmen die aus dem
Wallis kommenden Einwanderer ausgedehnte, wenn auch damals noch kaum besiedelte
Gebiete Romanischbündens in Beschlag. Im Valsertal, in Obersaxen, dem Schanfigg, dem
Prättigau und in Davos konnte sich das Walserdeutsch mehr oder weniger ausgeprägt bis
heute erhalten. Statt "schwatzen" sagen die Walser "bladara" und einem "Butterbrot" sagt
man "Briitschi". Doch die Durchmischung der Bevölkerung durch Aus- und Zuwanderung und
der Tourismus setzen dem walserischen zu. Auch die Erosion der Walsersprache vollzieht sich
schleichend; wie bei den Rätoromanen ist jedoch auch bei den Walsern eine Rückbesinnung
auf die gefährdete Sprache zu beobachten. Auch in den Walsergebieten entwickelte sich eine
eigene Kultur, ein typischer Baustil. Die wohlproportionierten, alten Walserhäuser sind meist
mit Sprüchen geschmückt; Holzbauten, die von einer hochentwickelten ländlichen Architektur
zeugen.

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5.6     Italianità in den Bündner Südtälern
Die kleinste einheimische Sprachgruppe bilden die Italienischbündner. Misox, Calanca,
Puschlav, Bergell und die Oberhalbsteiner Enklave Bivio sind sprachlich und kulturell nur
bedingt eine Einheit und geographisch so zersplittert wie die Rätoromanen. Verteilt auf 20
politische Gemeinden leben in Italienischbünden rund 13'000 Menschen. Ein Aktivposten für
den Fortbestand der Sprache ist das grosse italienischsprechende Hinterland mit Italien und
dem Kanton Tessin. Dennoch: jedes der "Valli" hat seine eigene Geschichte, seine eigene
Tradition.

Auch konfessionell sind die einzelnen Täler eigene Wege gegangen: Misox und Calanca sind
praktisch ausschliesslich katholisch, das Bergell ist evangelisch und das Puschlav paritätisch,
wobei die Zahl der Protestanten schwindet. Knappes Land und eine auf Landwirtschaft und
Kleingewerbe basierende Wirtschaftsstruktur sind der Grund für die Emigration aus den
Bündner Südtälern. Die Einwohnerzahl in den Valli nimmt ab, daran kann auch die bescheide-
ne Zuwanderung nichts ändern. Anders als in rätoromanischen Gebieten ist jedoch die Sprache
in den Bündner Südtälern nicht gefährdet, denn die Zuzüger lernen rasch italienisch; eine der
grossen europäischen Sprachen mit Dutzenden von Millionen Sprechenden. Ja selbst den
lokalen Dialekt lernen die Immigranten in der Regel schnell. Der Südbündner Ricardo Tognina
schreibt zur Italianità der Valli: "Der Italienischbündner hat sein Sprach- und Kulturbewusst-
sein, aber auch sein Gemeinschafts- und Staatsbewusstsein. Er würde um keinen Preis auf
seine Sprach- und Kulturzugehörigkeit, aber auch auf seine staatspolitische Zugehörigkeit
verzichten." Trotz der Nachbarschaft Italiens sind die Bewohner der Valli hundertprozentige
Bündner und geradezu Superschweizer, was die Randlage und die Abgrenzung gegen Italien
erklären. Die kulturelle Kapitale der Bündner Südtäler mag Mailand sein, die politische
Hauptstadt ist Chur, wo im Übrigen Hunderte von Italienischbündner als Lehrer, Verwaltungs-
beamte und in anderen Berufen arbeiten. Ihrem Einsatz und dem Wirken der Parlamentarier
aus den Südtälern ist es zu verdanken, dass sich das Italienische als Kantons- und Amtssprache
einen festen Platz gesichert hat. Was die Rätoromanen sich zum Teil erst jetzt, Schritt für
Schritt erkämpfen, zum Beispiel der Gebrauch der Muttersprache vor Gericht, ist für die
Italienischbündner längst selbstverständlich.

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5.7     Die Sprachenvielfalt, ein Prüfstein der Demokratie
Die Bündner Sprachlandschaft ist in Bewegung. Vor allem das Rätoromanische muss seine
Befestigungsanlagen verstärken, will es der Macht des anbrandenden Deutschen widerstehen.
„Die entscheidende Frage für die Rätoromanen lautet, ob es möglich sein wird, ihre Mutter-
sprache neben einer zweiten Sprache zu erhalten,“ schreibt der surselvische Sprachprofessor
Iso Camartin, „alle Erfahrungen, die man mit sprachlichen Minderheiten hat, die zur Zweispra-
chigkeit übergegangen sind, zeigen die Gefahr auf, dass die statusmässig schwächere Sprache
allmählich ganz auf den privaten Bereich zurückgedrängt wird und aus dem öffentlichen Leben
verschwindet.“ Wie in der restlichen Schweiz leben auch in Graubünden die Sprachgruppen
eher nebeneinander als miteinander; fast wie in einem Haus mit vielen Wohnungen, deren
Bewohner zwar freundlich miteinander umgehen, die sich aber nicht wirklich kennen. Die
Sprachen sind der Prüfstein des Bündner Demokratieverständnisses. Und dazu kann auch der
Einzelne beitragen: wer sich in einer romanisch oder italienisch sprechenden Gemeinde
niederlässt, hat die Pflicht, die lokale Sprache zu lernen. Feriengäste haben mehr von ihrem
Aufenthalt in Graubünden, wenn sie sich mit Sprache und Kultur etwas vertraut machen.

Erst wenn es dem Kanton gelingt, auch den schwächeren Territorien der oszillierenden
Sprachenlandschaft ihren Platz zu sichern, hat der bündnerische Völker- und Sprachenbund die
Nagelprobe bestanden. Denn darüber sind sich alle Bündner und wohl auch die meisten
Schweizer einig: Nichts wäre trauriger als ein Graubünden, in dem von Landquart bis Maloja
und von Disentis bis Ramosch Schwiizertüütsch die Szene beherrscht.

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