Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48

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Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
2021 І Jahrgang 48

Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V.
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
Thema

                                Diversität, Rassismus und
                                Geschlechtergerechtigkeit

                                04        Impressum und
                                          Redaktionskollektiv

                                05        Editorial

                                Empowerment

                                06        Intro І Empowerment
                                          heißt Selbstermächtigung

                                08        Ein offenes Gespräch über
                                          Rassismus und Theater

                                          Wer D(iversität) sagt,

                                10        muss auch R(assismus) sagen!
                                          Ein Crash-Kurs in Sachen

                                                                               44
                                                                                    Die Erfindung einer
                                          Rassismus-Kritik
                                                                                    gemeinsamen Sprache

                                16
                                                                                    Ein Rezeptvorschlag
                                          Olmak ya da Olmamak?

                                                                               47
                                          Bleiben oder nicht bleiben?
                                                                                    Fragen für

                                20
                                                                                    Theater-Frauen
                                          Ist das so ein
                                          türkisches Kammerspiel?
                                                                                    Fremde schauen

                                29        ‫ فرصتی برای شنیده شدن‬،‫تئاتر آماتور‬   50   Ein Blick zurück in die Geschichte
                                                                                    rassistischer Darstellungspraktiken
                                                                                    im europäischen Theater

                                30        Zuhören im Theater

                                                                               54
                                                                                    Auf Augenhöhe
                                                                                    Auszüge aus einer Textsammlung
                                                                                    von Hannah-Sofie Schäfer

                                34
                                          Amateurtheater und

                                                                               57
                                          junge PoC-Künstler*innen
                                                                                    Was ist
                                          Eine Recherche
Inhalt – Spiel und Bühne 2021

                                                                                    transkulturelles Theater?

                                37        Lesenswertes

                                                                               60   Outro І Diversität – viel mehr
                                                                                    als „nur“ ein Jahresthema

                                Opening
                                                                               61   Vom Hören
                                                                                    und Zuhören

                                38        Diversität im Amateurtheater
                                          Sichere Räume für Begegnungen
                                                                               62   Autor*innen
                                                                                    und Redaktion

                                41
                                          Barrierearmut im Theater
                                          Das Beispiel
                                          Kunstdruck CentralTheater            63   Veranstaltungen
                                                                                    des BDAT 2022

                                                                03 І Inhalt
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
Dominik Eichhorn                                 Selen Şahinter
                                         Referent für Bildung BDAT,                       Assistenz Diversitätsentwicklung BDAT
                                         Projektkoordination „Land in Sicht!“,
                                                                                          Stephan Schnell
                                         Endredaktion Spiel und Bühne 2021
                                                                                          Referent für Bildung
                                                                                          und Internationales BDAT
                                         Sigrid Haase
                                         Pädagogische Referentin und                      Moujan Taher
                                         Koordinatorin Bundesfreiwilligendienst           Freie Künstlerin
                                         (BFD) / BDAT
                                                                                          Babette Ulmer
                                         Nils Hanraets                                    Künstlerische Leiterin Kultur- und
                                         Vizepräsident BDAT, Leiter TPZ Lingen            Theaterensemble Stage Divers(e) e. V. /
                                                                                          United Unicorns, Esslingen 


                                         Hülya Karci
                                         freie Dramaturgin,                               Patricia Vester
                                         Theaterpädagogin, Dozentin (D/T)                 Illustrationen

                                         Katrin Kellermann                                Benjamin Weisheit
                                         Öffentlichkeitsreferentin BDAT,                  Gesamtlayout
                                         Redaktionsleitung und
                                                                                          Dr. Ali Fathi
                                         Lektorat Spiel und Bühne
                                                                                          Fachliche Begleitung im
                                         Irene Ostertag                                   persisch-deutschen Austausch
                                         Geschäftsführerin BDAT
                                                                                          Helga Lienenbrink
                                         ManuEla Ritz                                     Korrekturen
                                         Teamerin gegen Diskriminierung
                                                                                          Kontakt Redaktion:
                                         und für machtkritische Diversität
                                                                                          BDAT, Katrin Kellermann:
                                                                                          kellermann@bdat.info

                                         Hinweis zur Genderschreibweise:
                                         Der BDAT verwendet in seinen Beiträgen das Gender- Sternchen (*).
                                         Wir schließen damit alle Menschen ein, auch jene, die sich nicht in der binären
                                         Geschlechterordnung einordnen möchten. Wir respektieren alternative gendergerechte
                                         Schreibweisen unserer Gastautor*innen und verändern ihre Schreibweise nicht.
Impressum und Redaktionskollektiv 2021

                                                                    Herausgeber:
                                                                    Bund Deutscher Amateurtheater e. V.
                                                                    Präsident: Simon Isser,
                                                                    Lützowplatz 9, 10785 Berlin
                                         Fon +49 (0)30 2639859-0 , berlin@bdat.info
                                         www.bdat.info 

ISSN 1616-6809, Gerichtsstand ist Berlin

                                         Anzeigenservice BDAT
                                         Melvin Neumann, Fon +49 (0) 30 2639859-17, neumann@bdat.info
                                         Preise Einzelheft: 8,00 Euro
                                         Abonnement (1 Heft): 7,00 Euro (inkl. Versand)

                                         Förderer Bund Deutscher Amateurtheater e. V.

                                                                  04 І Impressum und Redaktionskollektiv
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
Liebe*r Leser*innen der globalen Mehrheit,
                                       die folgenden Seiten sind ganz speziell Dir gewidmet!

                                                           ir leben in spannenden Zeiten! Frauen* machen bereits seit
                                                           vier Jahren unter dem Hashtag #MeToo männlichen Machtmiss-
                                                           brauch offensichtlich. Die Black Lives Matter Bewegung ver-
                                                           schaffte sich im vergangenen Jahr weltweit und lautstark Gehör
                                                           und prangert auch hier in Deutschland strukturellen Rassismus
                                       an. Auf- und Umbruch allerorten, so nun auch im Bund Deutscher Amateurtheater.
                                       Und so kommt es, dass die traditionsreiche Zeitschrift „Spiel und Bühne“ im
                                       48. Jahr ihres Erscheinens erstmals einen Empowerment-Teil von und
                                       für Menschen mit Rassismuserfahrungen beinhaltet. Besser spät als nie!

                                       Der Weg zu dieser Entscheidung war diskussionsreich. Manche der weißen
                                       Redaktionsmitarbeiter*innen fanden die Idee gar nicht gut. „Wir wollen doch
                                       keine Spaltung, wir wollen Einigkeit“, meinten sie. Der Vorwurf der Spaltung ist
                                       oft zu hören, wann immer Menschen Empowerment-Räume einfordern.
                                       Ich verrate unseren weißen Mitleser*innen an dieser Stelle mal ein Geheimnis,
                                       das wir rassismuserfahrene Menschen längst kennen: Die Spaltung zwischen
                                       weißen Menschen und Menschen, zu deren Lebensrealität die Konfrontation mit
                                       Rassismus gehört, haben wir nicht erfunden. Es gibt sie schon ewig, um die 500
                                       Jahre, um genau zu sein. Doch nun, da weiße Menschen, die von ihren Vorfahren
                                       initiierte und aufrechterhaltene Spaltung namens Rassismus auch erkennen,
                                       rufen sie reflexhaft und laut nach Einigkeit und Verbindung. Viele von ihnen
                                       wissen nicht, welche Verletzungen Rassismus und Sexismus in Menschen hinter-
                                       lässt. Vielleicht ahnen sie nicht, wie groß das Misstrauen gegenüber Angehörigen
                                       von Dominanzgesellschaften in einem Menschenleben werden kann, das von
                                       Diskriminierungserfahrungen geprägt ist. Sicher (er)kennen sie nicht den Wert,
                                       den Empowerment-Räume für marginalisierte Menschen haben können.

                                       Wenn Du selbst rassismuserfahren bist, weißt Du, dass unsere Geschichten
                                       nicht selten Gewalterfahrungen widerspiegeln. Das ist im Empowerment-Teil
                                       dieses Heftes nicht anders als im restlichen Leben. Für manche von uns kann es
                                       manchmal solidarisierend wirkend, sich bestätigend anfühlen oder gar heilsam
                                       sein, sich in den Schmerzerfahrungen anderer wiederzufinden. Aber manchmal
Empowerment heißt Selbstermächtigung

                                       bewirkt das Teilen und Lesen solcher Erfahrungen auch genau das Gegenteil.

                                       Für diesen Fall sind manche Texte mit folgendem Zeichen versehen.
                                       Artikel, die mit solch einer Trigger-Warnung versehen sind,
                                       solltest Du mit Vorsicht oder auch gar nicht lesen, falls es grad         TW
                                       nicht in Deine Zeit und zu Deinem Gemütszustand passt.

                                       Empowerment heißt nicht zuletzt Präsenz zu zeigen, unsere eigenen Geschichten
                                       zu erzählen, und zwar so wie wir es wollen, in den Sprachen, in denen wir
                                       uns wohlfühlen.

                                       Und genau das tun wir in diesem Teil der Zeitschrift, der ganz speziell Dir
                                       gewidmet ist, liebe*r Leser*in der globalen Mehrheit.

                                       Viel Erhellendes und Verbindendes beim Lesen wünsche ich auch
                                       stellvertretend für meine rassismuserfahrenen Mitstreiter-/Schreiber*innen
                                       und unsere Illustratorin.

                                       ManuEla Ritz

                                              07 І Intro Empowerment
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
TW

                                                       An die Leser*innen der weißen Dominanzgesellschaft
                                                       Empowerment-Räume sind in der Regel geschützte Räume, zu denen Du keinen Zutritt hast.
                                                       Nun ist eine Zeitschrift kein Raum und so kann kaum verhindert werden, dass Du Dich auf den
                                                       folgenden Seiten umsiehst. Wenn Du das tust, nimm Texte, die Du liest als Geschenk, denn
                                                       viele von uns offenbaren hier Intimes und Privates. Halte Dich mit Beurteilungen zurück. Spür
                                                       lieber und erkenne, was Diskriminierungsformen wie Rassismus und Sexismus bewirken:
                                                       Verletzungen, Macht- und manchmal Mutlosigkeit, aber auch Kraft, Widerstand und Weisheit.

                                                                              er wissen möchte, warum            weißen deutschen Frau adoptiert.
                                                                              das Amateurtheater nicht alle      Das ging damals im Osten, dass auch
                                                                              Menschen erreicht, muss            ‚alleinstehende Frauen‘ (so hieß das
                                                                              nachfragen! Wir haben die          damals) Kinder adoptieren konnten.
                                                                              Theatermacherin, Dramaturgin       Meine Adoptivmutter arbeitete in dem
                                                   und Künstlerin Moujan Taher eingeladen, über ihre             Heim, in das ich gebracht wurde, als ich
                                                   Erlebnisse und Erfahrungen in Deutschland zu berichten.       sechs Wochen alt war.
                                                   ManuEla Ritz, Teamerin gegen Diskriminierung, war ihre
                                                   Gesprächspartnerin. Begleitet und unterstützt wurden die      Wir lebten in einer kleinen Stadt
                                                   Gespräche von Dr. phil. Ali Fathi und Selen Şahinter.         zwischen Dresden und Leipzig. Dort
                                                   Ali Fathi, 1953 im Iran geboren, lebt seit 1985 in Deutsch-   ging ich in den Kindergarten, zur
                                                   land und arbeitet u. a. als Coach im Bereich machtkritische   Schule, dort machte ich meine Aus-
                                                   Prozessbegleitung. Selen Şahinter, in Berlin geboren, lebt    bildung zur Krippenerzieherin. Im
                                                   seit ihrer Kindheit abwechselnd in der Türkei, Spanien        Frühjahr 1989 zog ich nach Berlin. Ich
                                                   und Deutschland. Die Studentin der Rechtswissen-              landete in Hohenschönhausen, wo
                                                   schaften arbeitet derzeit als Assistenz für Diversitätsent-   ich noch drei Jahre lang als Krippen-
                                                                                                                 erzieherin arbeitete.
 Ein offenes Gespräch über Rassismus und Theater

                                                   wicklung beim BDAT.

                                                   „Was erleben Menschen mit Rassismus-Erfahrungen,              Im Herbst desselben Jahres fiel die
                                                   welche Lebensläufe, Ereignisse und Erfahrungen prägen         Mauer, das heißt eigentlich ist sie ja
                                                   sie, welche Konsequenzen ziehen sie – und was hat das         nicht einfach so umgefallen, sondern
                                                   Ganze mit Theater zu tun?“ Moujan Taher und ManuEla           wurde von den Ostdeutschen zum Ein-
                                                   Ritz war es wichtig, ganz persönlich über ihre Biographien    sturz gebracht. Ich habe an keiner der
                                                   zu sprechen und diese in Teilen öffentlich zu machen.         Montagsdemos teilgenommen. Diese
                                                   Mehrere Gespräche fanden über Zoom statt, dazwischen          Menschenmassen machten mir Angst!
                                                   gab es viel Austausch über Messenger Dienste. In den          Ich dachte: „Jetzt passiert Geschichte,
                                                   folgenden Beiträgen gewährt zunächst ManuEla Ritz             aber irgendetwas fühlt sich nicht gut
                                                   (Manu) einen Einblick in ihren Lebenslauf, dann stellt        dabei an.“ „Wir sind das Volk“, klang für
                                                   sich Moujan Taher vor. In einem weiteren Beitrag gibt         mich als Schwarze Person irgendwie
                                                   ManuEla Ritz einen „Crash-Kurs in Sachen Rassismus-           unheilvoll. Und das Unheil hat sich ja
                                                   Kritik“ mit Praxis-Check am Beispiel der von Moujan           dann auch bewahrheitet. Aus „Wir sind
                                                   erzählten Geschichte.                                         das Volk“ wurde „Wir sind ein Volk“ und
                                                                                                                 als in den 1990er Jahren Wohnhäuser

                                                   Biographisches                                                von eingewanderten Menschen und
                                                                                                                 Unterkünfte für Asylbewerber*innen in
                                                   ManuEla Ritz: Ich wurde in Meißen geboren, das ist in         Brand gesteckt und Menschen aufgrund
                                                   Sachsen. Ich bin das Ergebnis eines Seitensprungs einer       ihrer Herkunft und/oder Hautfarbe
                                                   weißen deutschen Frau und eines kenianischen Studenten.       ermordet wurden, wurde deutlich, wer
                                                   Ich wurde zur Adoption ‚freigegeben‘ und von einer anderen    fortan zum Volk gehören sollte, konnte
                                                                                                                 und durfte und wer nicht.

                                                                                   08 І Empowerment
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
Wenn ich über die Wende und die                Ost- und Westdeutschland als Dis-          Die permanente Frauenunterdrückung
Nachwendezeit nachdenke, ergibt                kriminierungsverhältnis entlarven.         im Iran brachte mich dazu, dass ich
sich in meinem Kopf ein Dreiklang                                                         eine Aktion plante und zu einem be-
„Wir sind das Volk“, „Wir sind ein             Moujan Taher: Meine Geschichte             stimmten Zeitpunkt halbnackt auf die
Volk“ und dann „Deutschland den                beginnt damit, dass ich 1979 –             Straße ging. Ich hatte auf verschiedene
Deutschen“. Nazis zogen in mein Haus           während der Iran-Revolution –              Körperteile geschrieben, z. B. „I’d rather
und an den Hausflurwänden und im               gezeugt wurde. Ich bin das älteste         be a Rebel not a Slave“ („Eher wäre
Fahrstuhl tauchten Hakenkreuze auf.            Kind von drei Schwestern. Meine            ich eine Rebellin als eine Sklavin“).
Eines Nachts schrien Männer auf der            Kindheit verbrachte ich in den acht        Dieser Protest war ein Schrei in eine
Straße: „Ey komm raus, wir schlagen            Jahren des Iran-Irak-Krieges. Meine        schlafende Gesellschaft hinein, um klar
dich tot!“. Die 1990er Jahre waren sehr        Eltern waren in der Kultur aktiv und       zu machen, was es bedeutet, nur wegen
bedrohlich und ich wusste nicht, ob            politisch engagiert gegen das System.      seines Körpers so rechtlos zu sein.
ich bleiben oder Deutschland lieber
verlassen sollte.                              An der Universität in Teheran studierte    Danach kam Deutschland und damit
                                               ich Film-Regie und Dramatische             ein neues Leben, aber hier musste
Nach und nach wurden die Kinder-               Literatur (dazu gehörte das Verfassen      ich erleben: Ja, ich bin als Frau
krippen im Osten dicht gemacht,                von Theaterstücken und Drehbüchern)        willkommen, muss nun aber für
wie so vieles andere auch. Das Gute            und schloss mit dem Master ab. An          meine Rechte als Mensch kämpfen.
im Schlechten war, dass ich Sozial-            der Uni war ich immer auch politisch
pädagogik studieren konnte. Das                aktiv. Aber das war ganz anders,           Dann fand ich eine Theatergruppe
gab‘s in der DDR gar nicht. Als ich mit        als man es von Deutschland kennt.          und dachte mir, ich kann meine
dem Studium fertig war, dachte ich,            Im Laufe der Jahre führte ich bei          Stimme laut auf der Bühne dar-
jetzt kann ich alles machen, was mit           mehreren Kurzfilmen sowie Theater-         stellen. Und ich dachte, ich könnte
Menschen zu tun hat, und gleichzeitig          stücken Regie; außerdem schrieb ich        etwas verändern, sodass Leute wissen,
hatte ich von nichts eine Ahnung. Das          Theaterstücke und führte szenische         was im Iran passiert. Daran arbeite
führte dazu, dass ich ein Jahr lang            Lesungen durch. Als Schauspielerin         ich immer weiter.
alles Mögliche machte: Ich habe ein            sammelte ich in Kurzfilmen und auch
Programmkino für Schwarze Filme                auf der Bühne Erfahrungen.                 In Deutschland engagierte ich mich
aufgebaut, ich habe eine afrikanische                                                     seit meiner Ankunft 2016 in ver-
Band gemanagt – in Grund und                   Im Iran gehörte ich zu den Frauen, die     schiedenen pädagogischen Projekten.
Boden – by the way; und lauter Zeug            nicht schwiegen, sondern ihre Stimme       Ich arbeitete z. B. mit der Stuttgarter
gemacht, was Spaß brachte, aber                erhoben. Natürlich bezahlte ich dafür      Gruppe „Freier Künstler*innen“ am KKT
kein Geld. Und als das Geld alle war,          auch einen Preis. Wir brachten in-         Stuttgart zusammen. Auch mit dem
dachte ich mir, ich muss mir eine              offizielle Demonstrationen auf den         BDAT gibt es eine enge, kontinuierliche
Arbeit suchen, die Geld bringt. Ich            Weg, vernetzten uns und gewannen           Zusammenarbeit.
dachte damals ziemlich pragmatisch:            Leute für unsere Ideen. Dafür wurde
Okay, Rassismus wird in diesem wi(e)-          ich niedergeknüppelt oder verlor           Und jeden Tag engagiere ich mich für
dervereinigten Deutschland ein Thema           meinen Job und so weiter. Ich kannte       meine politischen Überzeugungen,
für mich sein, also kann ich auch Geld         meine Rechte: das Recht existierte in      arbeite gegen Sexismus und Rassismus
damit verdienen. So wurde ich also             den Büchern, aber wenn ich als Frau        und setze mich für Klimaschutz-Aktivi-
Antirassismus-Trainerin und Ali Fathi          auf die Straße ging, hatte ich keines      täten in Deutschland ein. Kinder haben
gehörte zu meinen Mentor*innen.                mehr! Meine Tochter ist Perserin und       für mich Priorität sowie die Zukunft
                                               im Iran geboren. Seit sie zwei Jahre alt   unserer Erde und der Menschen auf
So also bin ich jetzt seit 20 Jahren           ist, wächst sie in Deutschland auf.        ihr. Die Beziehungen zwischen uns
freiberufliche Trainerin gegen Dis-                                                       Menschen sind mir ein großes Anliegen.
kriminierung und Rassismus. Neben              Im Iran dachte ich an meine Tochter
Rassismus und Empowerment gehört               und war in dem Dilemma, für sie            Was für mich auch wichtig ist:
noch das weite Feld von Adultismus1            das Beste zu wollen, aber das war          Ich habe eine Theorie kennengelernt
in mein Portfolio und Workshops,               in dieser patriarchalen Gesellschaft       (RC2), die mir geholfen hat, weiter für
die die Dynamiken zwischen                     nicht möglich. Ich wagte den Schritt,      meine Anliegen zu kämpfen.
                                               woanders hinzugehen, um sie nicht
                                               in einer rechtlosen Umgebung auf-
1 Der Begriff Adultismus leitet sich von dem
                                               wachsen sehen zu müssen. Ich wollte
                                               später nicht von meinem Kind gefragt       2 RC steht für Re-evaluation Co-Counseling,
englischen Begriff „adult“ für „erwachsen“
                                                                                          Peer-basiertes Beratungsverfahren nach
ab und benennt das ungleiche Machtver-         werden, warum ich mir das alles habe
                                                                                          Harvey Jackins; mehr dazu unter:
hältnis zwischen Erwachsenen und Kindern       gefallen lassen und nichts an der
                                                                                          www.rc.org / Anm. d. Red.
und Jugendlichen / Anm. d. Red.                Situation geändert habe.

                                                         09 І Empowerment
Magazin für Amateurtheater und Kulturpolitik І Bund Deutscher Amateurtheater e. V - 2021 І Jahrgang 48
MUSS AUCH R(ASSISMUS) SAGEN!
                               TW

                               Ein Crash-Kurs in Sachen Rassismus-Kritik
WER D(IVERSITÄT) SAGT,

                                                                                 I
                                                                                         m Jahr 2000 wird N‘deye Mareame Sarr in ihrer
                                                                                         Wohnung in Aschaffenburg vor den Augen ihrer Kinder
                                                                                         von einem Polizisten erschossen. Ein Jahr später stirbt
                                                                                         Achidi John nach einem Brechmitteleinsatz durch
                                                                                         die Polizei in Hamburg. Das gleiche tragische Ende
                                                                                   wartet auf Laye-Alama Condé im Jahr 2005 im Bremer
                                                                                   Polizeigewahrsam. Ebenfalls 2005 verbrennt Oury Jalloh bei
                                                                                   lebendigem Leib in einer Gewahrsamszelle der Dessauer
                                                                                   Polizei. 2011 wird Christy Schwundeck in einem Jobcenter in
                                                                                   Frankfurt am Main von einem Polizisten erschossen.
                                                                                   2019 stirbt William Tonou-Mbobda, nachdem er gewaltsam
                                                                                   von Sicherheitskräften in einer Hamburger Klinik
                                                                                   fixiert worden war.

                                                                                   Keiner dieser Morde – viele bleiben hier ungenannt – weißer
                                                                                   Polizisten und Sicherheitskräfte, verübt an Schwarzen
                                                                                   Menschen hier in Deutschland, hat in der Öffentlichkeit
                               ManuEla Ritz, Moujan Taher

                                                                                   nennenswerte Effekte gezeitigt. Offensichtlicher und zugleich
                                                                                   seltsamer Weise brauchte es ein weiteres Schwarzes Todes-
                                                                                   opfer weißer Polizeigewalt in den fernen USA, damit sich die
                                                                                   Black Lives Matter Bewegung auch in Deutschland Gehör ver-
                                                                                   schaffen konnte. Der Bewegung, die bereits im Jahr 2013 mit
                                                                                   einer ersten Demonstration in Berlin aufwartete, gelang es
                                                                                   erst 2020, zigtausende Menschen zu mobilisieren und auch
                                                                                   hier in diesem Land lautstark zu bekunden, dass Rassismus
                                                                                   nicht nur ein Produkt made in USA ist.

                                                                           10 І Empowerment
„Rassismus? In Deutschland?“, dachten sich da vielerorts         Die Einteilung der Menschheit in ver-
weiße Menschen in ihren weißen Vereinen, weißen Schulen          schiedene Personengruppen beginnt
und Universitäten, in ihren weißen Theatern und sonstigen        mit dem Glauben an eine Norm, eine
kunstschaffenden oder auch nicht kulturschaffenden, auf          Art Maßstab, an dem sich alles messen
alle Fälle aber weißen Institutionen. „Problem erkannt!“,        lassen muss. Diese Norm begreift
dachten sie sich wohl und schritten mit der sprichwört-          sich gern als ein „Wir“. In Deutschland
lichen deutschen Effizienz zur Tat. Quasi über Nacht             gehört zu diesem Wir, wer in diesem
schossen Anfragen nach diversitätssensiblen, diversitäts-        Land als Weiße*r geboren wird und die
orientierten, diversitätsöffnenden, diversitätssonstwas          deutsche Sprache akzentfrei spricht.
Workshops und Prozessbegleitungen wie Pilze aus dem              Mit diesen drei Aspekten (Land, Haut-
Boden. Weniger gefragt waren und sind hingegen macht-            farbe und Sprache) verhält es sich
und rassismuskritische Ansätze. „Ja, wir sind zwar schon         wie mit der Heiligen Dreifaltigkeit, sie
ein ziemlich … oder … naja … Hand auf’s Herz … ein aus-          funktionieren nur im Dreierpack. Wer
schließlich weißes Team – aber rassistisch? Nein, rassistisch    – so wie ich – in diesem Land geboren
sind wir nicht!“, mag sich der eine oder die andere weiße        und aufgewachsen, der deutschen
deutsche Otto- respektive Ottilienormalverbraucherin             Sprache mächtig, jedoch nicht weiß ist,
gedacht haben. „Holen wir uns einfach ein paar BIPoC in‘s        ist weder vor individuellem noch vor
Team. Vielfalt liegt im Trend und sieht hübsch aus. Das          strukturellem Rassismus gefeit.
kriegen wir doch hin.“
                                                                 Das „Wir“, die Norm, der Maßstab ver-
Zu kurz gedacht, lieber Otto, liebe Ottilie, lieber Thomas,      leiht sich Privilegien: Rechte, Zugänge,
liebe Inge, Sabine oder wie ihr sonst noch heißen mögt. Die      Freiheiten, eigentlich Selbstverständ-
Black Lives Matter Bewegung prangert nicht nur einzelne          lichkeiten, die nur jenen Menschen
Neonazis und Rassist*innen an, sondern attestiert Deutsch-       gewährt werden, die die Bedingung des
land ein strukturelles Rassismusproblem. Wie kann es also        Dreierpacks erfüllen. Selbstverständ-
sein, dass du in einer, die Gesellschaft durchdringenden,        lichkeiten, die jene, die sie erleben,
rassistischen Struktur der rassismusfreie Fels in der            kaum wahrnehmen. Privilegien wie: sich
Brandung bist? Und was, wenn auch die Horsts, Christians         nicht dafür rechtfertigen zu müssen,
und Annalenas dasselbe von sich behaupten? Wer ist dann          dass mensch in dem Land lebt, in dem
die Gesellschaft? Wer schafft rassistische Strukturen            mensch geboren wurde. Nicht unver-
und/oder sorgt dafür, dass sie erhalten bleiben?                 mittelt von Polizist*innen, Security-
                                                                 Menschen oder Kassierer*innen im
Bereits 1986 stellten Prof. Dr. Annita Kalpake und Prof. Dr.     Supermarkt an- und aufgehalten und
Nora Räthzel in ihrem gleichnamigen Buch „Die Schwierig-         kontrolliert zu werden. Nicht darüber
keit, nicht rassistisch zu sein“ fest: Wir rassismuserfahrenen   nachdenken zu müssen, ob mensch
Menschen brauchen wirklich viel Geduld mit unseren               den neuen Job nur bekommen hat, um
weißen Mitbürger*innen, bis sie endlich schnallen, was die       die Quote weißer Mitarbeiter*innen zu
meisten von uns längst wissen, weil wir es nahezu täglich        erhöhen. Nicht zu erleben, an einem
am eigenen Leib, in unseren Seelen erfahren. Denn ja, die        ersten Arbeitstag mit dem Putzpersonal
Würde des Menschen ist durchaus antastbar.                       verwechselt zu werden. Niemals dazu
                                                                 genötigt worden zu sein, Strategien zum
Rassismus ist ein historisch bewusst herbei geführtes,           Umgang mit Rassismus zu entwickeln
weltumspannendes Machtsystem, das darauf abzielt,                …um nur einige wenige Privilegien zu
Menschen einzuteilen. Diese jahrhundertlange (Ein)Teilung        nennen, über die weiße Menschen
bezweckte unter anderem immer auch, den Kontakt                  in diesem Land ganz selbstver-
zwischen Menschen unterschiedlicher Personengruppen              ständlich verfügen.
zu unterbinden. Die Folge dessen spüren und erleben wir
auch heute noch überall dort, wo es Menschen nur schwer          Privilegien stärken das Wir-Gefühl,
gelingt, entlang der Grenzlinien zwischen Schwarz und            verleihen Selbst-Sicherheit und Macht.
weiß, In- und „Ausländer*innen“, Menschen mit oder ohne          Doch Privilegien haben auch Risiken
Migrationsbiographien, Menschen mit oder ohne Flucht-            und Nebenwirkungen im Gepäck. Sie
erfahrungen etc., in einen gleichwürdigen Kontakt und            beeinträchtigen das Seh-, Empathie-
Dialog zu treten.                                                und Denkvermögen Privilegien
                                                                 begünstigter Menschen. Nur so ist zu
erklären, dass es für viele weiße Mitbürger*innen ver-        rassistischer Gewalt für Mikroaggressionen1 verantwortlich
wunderlich war, im Jahr 2020 scheinbar plötzlich und          zeichnen. Mikroaggressionen werden im Volksmund gern als
vollkommen unerwartet zu erfahren, dass es auch in            Alltagsrassismus bezeichnet. Abgesehen davon, dass das
Deutschland Rassismus gibt. 400 Jahre Kolonialismus, an       Wort so tut, als gäbe es auch einen Sonn- und Feiertags-
dem auch Deutschland beteiligt war mit der Besatzung          rassismus (Wie der wohl aussieht und sich anfühlt? Fest-
und Plünderung afrikanischer Länder, mit dem Völker-          licher? Gemächlicher?), suggeriert das Wort Alltag in meinen
mord an den Herero und Nama, mit der Errichtung erster        Kopf so etwas wie: „Pech gehabt! Als Schwarze Frau hast du
Konzentrationslager in Namibia, mit Völkerschauen im          in diesem Land Rassismus nun mal mitgebucht, also stell‘
eigenen Land … 400 Jahre, in denen die Überzeugung            dich nicht so an.“ Ähnliches warf mir übrigens neulich tat-
weißer Überlegenheit und Vorherrschaft entstand, wuchs        sächlich eine weiße deutsche pensionierte Künstler*innen-
und gedieh, sollen keine Spuren im Denken und Handeln         Agentin an den Kopf: „Wenn dir so etwas … “ (Weiße
weißer Menschen hinterlassen haben?                           Menschen nennen Rassismus übrigens gern „so etwas“
                                                              oder „das Thema“ oder „die Sache“) „Wenn dir so etwas so
Bei einer derartigen Ignoranz können BIPoC in der Tat lange   oft passiert, weiß ich gar nicht, warum du immer noch so
warten, bis weiße Menschen wissen bzw. wissen und an_er-      empfindlich darauf reagierst. Da muss man doch irgendwann
kennen wollen, dass sie sich jenseits von offensichtlicher    drüberstehen!“ Das hatte sich diese Inge fein ausgedacht.

                                                              1 Funk (2019): Clip "Das war doch nur als Kompliment gemeint!"
                                                              des Web-Formates "Softie", URL: https://bit.ly/3l4DSoH

                                                     12 І Empowerment
Der Subtext lautete: „Lass mir mein rassistisches             das einen Zustand beschreibt, wird ein Verb, ein sogenanntes
Vergnügen, steh einfach drüber!“.                             Tu-Wort, um zu verdeutlichen, dass etwas nicht einfach nur
                                                              ist, sondern getan wird. Menschen sind entweder alle
Keine Ahnung, ob diese unverschämte Äußerung noch             anders oder niemand ist es. Doch Othering trifft im Kontext
als Mikroaggression durchgeht. Fakt jedoch ist,               von Rassismus nur jene, die nicht in die Norm der heiligen
Mikroaggressionen werden vom „Wir“ verübt. Das, was           Dreifaltigkeit hineinpassen. Damit klipp und klar und
rassismuserfahrene Menschen auf die Dauer stresst,            deutlich ist, wer zur Norm dazu gehört und wer nicht,
sind Deine Blicke Thomas, Deine Fragen Sabine, Deine          ersinnt das „Wir“ Lable für die Geanderten. Da werden
Unterstellungen und Verdächtigungen. Und sie treffen uns,     beispielsweise aus „ganz normalen Menschen“ plötzlich
die Ihr für „die Anderen“ haltet, jene, von denen Ihr Euch    solche mit Migrationshintergrund, auch wenn sie niemals
in der Tradition weißer Überlegenheitsphantasien ab-          von irgendwo nach irgendwohin migriert sind.
setzen wollt. Das tut Ihr gern in konträrer Weise. Während
sich das „Wir“ beispielsweise als gebildet, zivilisiert und   Diese Dichotomie zwischen dem „Wir“ und den Geanderten
fortschrittlich inszeniert, erwartet es von „den Anderen“     könnte nun als unschönes Neben- oder Gegeneinander
nur ein Minimum an Bildung, unterstellt ihnen Primitivität    gewertet werden. Damit das Ganze zu Rassismus wird,
und Rückschrittlichkeit. Dass es sich bei derartigen Zu-      braucht es Regeln und Gesetze, die einerseits die Zweiteilung
schreibungen um Konstruktionen handelt, checkt nur ein        aufrechterhalten (und den Kontakt weiterhin erschweren)
Teil des weißen „Wir“. Das englische Wort Othering – zu       und andererseits dazu dienen, die geanderten Menschen zu
Deutsch „Andern“ – beleuchtet den Mechanismus, der hier       verwalten, sie in die Bahnen zu lenken, auf denen das Wir
in menschlichen Gehirnen greift. Aus dem Adverb „anders“,

                                                     13 І Empowerment
sie haben will. Im Reich der Gesetze werden beispielsweise     Moujan ist einer jener Menschen, die
Asylgesetze erlassen und verändert. Da werden Obergrenzen      wir „Flüchtling“ nennen oder auch
für Personengruppen festgelegt, die von ihrem Menschrecht      „Geflüchtete“, wenn wir gelernt haben,
der Asylsuche Gebrauch machen wollen. Da werden räum-          dass das Suffix „ling“ etwas Passives,
liche Beschränkungen alias Residenzpflichten wie Steine in     Verniedlichendes oder auch negativ
den Weg jener Menschen gelegt. Und im Bereich der Regeln       Konnotiertes an sich hat. Geflüchtete
werden im zwischenmenschlichen Kontakt herkömmliche            hingegen, darin kommt Aktivität zum
Umgangs- und Kommunikationsformen einfach über Bord            Ausdruck, mögen jene argumentieren,
geworfen, als gäbe sich das weiße „Wir“ die Legitimation,      die meinen, das Recht der Fremd-
Menschen, die es als „anders“ wahrnimmt, auch anders           bezeichnung gepachtet zu haben.
behandeln zu dürfen.
                                                               Wir können nur erahnen, was sie, die
Doch Grau ist alle Theorie. Machen wir einen …                 Frauenrechtlerin, aus ihrem Heimat-
                                                               land Iran vertrieben hat. Ihr Fluchtweg

Praxischeck                                                    führt sie nach Deutschland. Ihr Flucht-
                                                               weg in Deutschland führt sie innerhalb
Auf der Suche nach Antworten auf die Frage, warum sich nur     von zwei Monaten durch sechs ver-
wenige rassismuserfahrene Menschen dafür entscheiden,          schiedene Lager. Ihr Fluchtweg endet
traditionellen Theatergruppen beizutreten, und warum           vorerst in einer kleinen Gemeinde im
viele von ihnen die Gruppe nach einer Weile wieder ver-        Süden Deutschlands. Die Gemeinde
lassen, sprach ich mit Moujan Taher. Ihre Geschichte rund      hat ein Hotel in ein „Sammellager für
um ihre Erfahrungen mit Amateurtheatern in Deutschland         Flüchtlinge“ umgebaut.
ist lang und voll von Absurditäten und Abgründen, weißer
Dominanz und Unwissenheit. Ich will gar nicht erst ver-        Es gibt nicht viel zu tun, als ge-
suchen, Moujans Geschichte hier in Gänze nachzuerzählen.       flüchtete Person ohne Arbeitserlaubnis
Hier nur ein paar High- bzw. Lowlights für die ungläubigen     in Deutschland. Und wenn sie dann
Thomasse, skeptischen Sabines und sonstigen Rassismus-         irgendwann Arbeit bekäme, so fragt
Leugner*innen unter den weißen Mitleser*innen. Vielleicht      sich Moujan, die gelernte Drehbuch-
erkennst Du ja, welche Aspekte von Rassismus und weißer        autorin und Expertin für Literatur und
Vorherrschaft sich in den jeweiligen Episoden widerspiegeln.   Theater, ob sie dann putzen müsse
Als kleine Hilfestellung mag folgende Liste dienen.            oder Wäsche waschen?

Handelt es sich in den einzelnen Szenen um:                    In der wartenden Langeweile sind die
                                                               allsonntäglichen Kaffee-Kuchen-Treffen
1. Normierung                                                  – wie Moujan es nennt – in einem Haus
                                                               nahe der Kirche eine willkommene
2. Othering                                                    Abwechslung. „Aber die Begegnungen
                                                               sind einseitig“, sagt sie. „Uns werden
3. „Kontaktstörung“                                            Fragen gestellt, wir haben geantwortet
                                                               und gewartet, was sonst passiert.“
4. die Dichotomie erhaltende Gesetze
                                                               Dann eines Tages passiert Folgendes:
5. unverhältnismäßige Regelverdrehungen                        Moujan erzählt bei einem dieser Treffen
                                                               von ihren Erfahrungen als Theater-
6. Mikroaggression                                             macherin. Eine der Zuhörer*innen
                                                               reagiert prompt. Sie habe einen
7. weiße Vorherrschaft und Überlegenheit in Form von:          Neffen, der in der Theaterbranche tätig
                                                               sei, erzählt sie und fragt Moujan, ob
a) weißer Dominanz                                             sie ihn kennenlernen möchte. „Was
                                                               wünscht sich eine Blinde von Gott?“,
b) weißer Ignoranz                                             fragt sich Moujan in diesem Moment.
                                                               „Zwei Augen!“ Freudig sagt sie Ja und
und/oder                                                       bezeichnet diese Fügung als Wunder.
                                                               Sie spricht von Brecht, von dem, was
c) um weiße Arroganz.                                          Theater kann und ermöglicht und ich
                                                               spüre Moujans Leidenschaft für diese
Mehrfachantworten sind möglich.                                Welt und ihre Arbeit.
Das Gespräch über „das Wunder“ wird in englischer              Moujan bekommt immer mehr den Eindruck, dass sie für
Sprache geführt, doch die Formulare mit denen Moujan           eine aufdringliche Person gehalten wird, „die so ein Schiff im
ihre Motivation, am Theaterprojekt teilzunehmen, darlegen      Meer der Bedürfnisse der Weißen irgendwie aufrechterhalten
soll, sind auf Deutsch verfasst, einer Sprache, die Moujan     muss.“ Das spiegelt sich auch in Feindlichkeit wider, „wie
zu dieser Zeit noch nicht spricht, geschweige denn, dass sie   mich ruhig zu stellen oder mir meine Grenzen aufzuzeigen.“
Deutsch lesen oder schreiben kann.
                                                               Im ersten Jahr des Projektes gibt es eine Aufführung, in der
Die Verständigungsschwierigkeiten dauern im Theater-           es jeder und jede schafft, mit einem deutschen Satz auf die
projekt fort. Es ist als Begegnungsort für Einheimische und    Bühne zu gehen. In der Folge bietet Moujan immer wieder
Menschen aus Syrien, dem Iran und Afghanistan angelegt,        verschiedene Ideen an, doch keines ihrer Stücke wird von
aber es gibt keine Person, die dolmetschen kann. Moujan        der Gruppe angenommen. Vor allem die weißen Mitglieder
erkennt im Laufe der Zeit, dass die zwei Gruppen, jene, die    kritisieren, das sei alles zu traurig. Sie wollten lieber etwas
Deutsch sprechen, und jene, die andere Sprachen sprechen,      mit Tanz und Musik machen. Irgendwann nickt Moujan nur
nie wirklich zusammenfinden werden.                            noch. „Ja, können wir machen.“

Und dann geht es los. Ach nein, es geht nicht los. Quälend     „Ein wahnsinnig schwerer Prozess für mich ist, dass die mich
lange – schon nur beim Zuhören – erzählt Moujan vom            einfach nicht verstehen wollen. Die haben eine Vorstellung
Warten. Nichts geschieht bei den Treffen und Moujan            im Kopf: Das muss passieren. Was ich sage, ist egal, wahr-
beginnt sich zu fragen: „Wo ist mein heiliges Theater! Wo      scheinlich, weil ich aus einem diktatorischen Land komme.
ist unsere Stimme?“ Doch anstatt ihre eigenen Geschichten      Für mich war es klar, das ist ein Machtplatz und nicht so ein
erzählen zu können, bekommen die Menschen, die noch            willkommener Platz.“
nicht so lange in Deutschland leben, erzählt, wie es hier in
diesem Land läuft. „Die Grundkenntnisse, die in diesen         Meine abschließende Frage an Moujan lautet:
Begegnungen als Lernprozess angeboten werden, sind:            „Angenommen, du bekämst die Möglichkeit hier in Deutsch-
dass man* Deutsch spricht, wie man* Müll trennt, und die       land eine Theatergruppe aufzubauen. Wie würdest du das
dritte Säule ist, dass die Frauen hier ganz anders             denn machen?“ „Bestimmt würde ich erstmal mit einer
behandelt werden!“                                             Geschichte anfangen und allen erzählen: Das ist unsere
                                                               Geschichte, wollt ihr das zusammen spielen? Ich dachte, im
Die Fluktuation in der Gruppe ist hoch. Da braucht einer ein   Theater muss immer ein Kern sein, damit Menschen dasselbe
Zimmer, ein anderer leidet an Einsamkeit. Es ist wie „ein      Interesse haben und sich um diesen Kern versammeln. Was
Sammelbecken für soziale Bedürfnisse, aber das Theater         bringt uns Theater, das ist die erste Frage. Wollen wir echt
lässt weiter auf sich warten.“                                 Theater machen? Oder ist es ein Spiel im weißen Kopf wie
                                                               mit Labormäusen, in dem Sinne, dass sie uns testen,
So vergeht Woche um Woche, Treffen um Treffen. „Das            berühren, gucken, wie wir reagieren – beißen wir oder nicht?
Warten dauert lange und ich brenne innerlich mit der           Es ist so: Menschen versuchen (in Amateurtheatergruppen,
Annahme, sie wollen wissen, was in meinem Kopf und in          Anm. d. Red.) reinzukommen und ich habe meinen Platz
meinem Herzen los ist.“ Moujan ist bereit, all das mit den     nicht gefunden. Wer braucht eine Frau aus dem Iran, die
Anwesenden zu teilen. Sie will schreien: „Hey, es ist alles    kein Deutsch spricht?“
okay! Mülltrennung, Frauenrolle, aber ich brenne doch! Ich
spreche Englisch, aber egal ob Deutsch oder Schwäbisch:        An dieser Stelle besinnt sich Moujan auf jene Art des Selbst-
Wann kommen wir endlich zur Sache?“                            aufbaus und der Selbstermutigung, die viele marginalisierte
                                                               Menschen kennen. „Dann habe ich mir gesagt, du bist in
Trotz der Anwesenheit eines weißen deutschen Theater-          dieser Branche Moujan, weil du was zu sagen hast. Und das
pädagogen kommt die Gruppe also nicht zur Sache und so         ist deine Art zu arbeiten, genauso wie ein Schriftsteller, der
mischt sich Moujan – die erfahrene Theatermacherin – ein.      wie ich mit Worten spielt, um sich auszudrücken.“
„Der weiße Mann konnte nicht situativ reagieren. Jeder ging
auf seine Aussage ein und damit verschwand die eigent-         Wie Verantwortungsübernahme jener weißer Theater-
liche Intuition. Der weiße Pädagoge wollte seine Macht         macher*innen aussehen sollte, die nicht nur von Teilhabe
nicht loslassen. Ich hatte Mut“, sagt Moujan, „aber ohne       sprechen, sondern Gleichwürdigkeit im Amateurtheater auch
Kompromisse geht es auch nicht weiter“.                        leben wollen, weiß Moujan ganz genau. „Sie müssten sagen:
                                                               Okay Moujan, wenn du was sagen willst, geben wir dir den
Sie beschreibt ihre Bemühung: „Ich habe mich in dem            Raum! Wenn X etwas sagen will, geben wir dem auch Raum!“
Sinne reduziert. Aber es kam weder von den deutschen
Akteur*innen noch von den anderen etwas. Keiner brachte        Ganz einfach! Was - liebe*r weiße*r Theaterleiter*in -
einen Text mit. Und vor allem sagten die Akteur*innen aus      hindert dich daran, jenen Raum zu geben, die nicht zur
der deutschen Gruppe, dass nicht immer jemand sagen soll,      Norm gehören? Was hindert uns daran, gemeinsam ein
wo es lang geht.“                                              großes „Wir“ zu bauen und zu leben?

                                                     15 І Empowerment
OLMAK YA DA OLMAMAK?                          Böyle tiyatro olmaz diye düşündüm,
                                           buradan ne çıkar ki! Şimdi biliyorum ki,
                                         sonunda hep bir gösteri var. Bu çok güzel!
                                                                                          Werner Daniel,
                                                              Sultaniyeler tiyatro grubundan bir katılımcı

                                A
                                               lman ve Türkiyeli
                                               sanatçılar yıllardır
                                               alışveriş içindeler. Onlar
                                               buraya geliyor, Türkiyeli
                                               sanatçılar oraya gidiyor.
                                Burada Almanya’da pek çok ortak             yapmış, Berlin duvarını sık sık aşıp
                                çalışma yapıldı ve hala yapılmakta.         Berliner Ensembel’da oyunlar izleyerek
                                Tarihsel olarak da çok güçlü ve             bir tiyatro geleneği yaratmış Vasıf
                                çetrefelli bağlar var. Son 60 yıldır bu     Öngören1’den mahalledeki balıkçımıza
                                etkileşim kültürün bütün alanlarında        kadar pek çok Türkiyelinin tiyatro ile
                                sürdüğü gibi sahnede de sürüyor.            hemhal olmuşluğu vardır.
                                Bu zengin geçmişin bize sunduğu bir
                                armağan ve sorumluluk da yüklüyor.          İzmir 9 Eylül Üniversitesi Güzel Sanatlar
                                                                            Fakültesi Tiyatro bölümü hocalarımız
                                Alman tiyatrosu hem yarattığı tiyatro       çoğunlukla Alman ekolünden geliyordu.
                                ekolleri, hem de oyun yazarları             Buraya, Berlin’e geldiğimde tiyatro
                                ile dünya tiyatro tarihinin temel           camiasında yabancılık çekmedim
                                taşlarından biri. Dünya tiyatro tarihine    bu yüzden. Dramatik çözümlemesi
                                tarzları ve eserleriyle iz bırakan          üzerinde ayrıntılı çalıştığımız oyunları,
                                sanatçıların bu şehrin üzerinde hala        Almanca’ya henüz hakim olmadan
                                gezindiği ve köken ayrımı gözetmeden        büyük tiyatroların sahnelerinde izlemek
                                tiyatro tozunu herkese serptikleri          müthiş bir deneyim oldu benim için.
                                rivayet edilir. Belki bu yüzdendir ki
                                Berlin’de Türkiye’den gelen özellikle       Dramaturg ve oyun yazarı olarak
                                birinci ve ikinci kuşak içinde amatör       Türk tiyatrosu TİYATROM’da bir süre
                                ya da profesyonel tiyatroya değmemiş,       profesyonel olarak çalıştıktan sonra
                                sahne tozu yutmamış pek az insana           amatör tiyatro alanına geçtim. Burada
                  Hülya Karci

                                rastlarsınız. İlk deneme pratiklerini       yepyeni bir deneyimle karşılaştım.
                                Berlin‘de kadın işçi yurtlarında            Uzun bir süre okul öncesi çocuklardan
                                                                            yaşlılara kadar oluşan geniş bir
                                                                            yelpazede tiyatro çalışmalarımı

                                                                            1 Vasıf Öngören (1938-1984)
                                                                            Epik Tiyatro’nun Türkiye’deki ilk uygulayıcısı

                                            16 І Empowerment
sürdürdükten sonra son yıllarda daha                                                  kimlik ve klişelere karşı çıkma ve kendi
çok handikaplı bireylerle çalışıyorum.                                                perspektiflerini sahneye taşıma olanağı
Yaşlılar, zihinsel-bedensel engelli                                                   buluyor... Bu bazen klişeye uymuyor
bireyler, demanslılar, öğrenme zorluğu                                                ya da klişeyi kırıyor ya da bir hayali
çekenler, baskı altındaki kadınlar                                                    gerçekleştiriyor... Ama zaten tiyatronun
ve dil problemi içinde olanlar.                                                       amacı da bu değil mi? Eleştirel olmak,
Gördüğünüz gibi büyük toplumun                                                        yeni perspektifler sunmak ve bunu
dilini iyi kullanamamak bir dezavantaj                                                sanatsal anlatım yolları deneyerek ve
oluşturuyor. Tartışmasız kabul                                                        eğlendirerek yapmak...
gören bir tespit bu.
                                                                                      Yaşlılar tiyatro gruplarında da yoğun
Onbeş yıl kadar önce Deneyimliler          doğan, beş kuşaktır burada yaşayan         olarak kullandığımız Augusto Boal’in
Tiyatrosu’nun (Theater der Er-             ve sonradan gelmiş her kim olursa          “Ezilenlerin Tiyatro” metodlarını hem
fahrungen, Berlin) katkılarıyla            olsun bu topluluğa aittir görüşünden       estetik hem de cesur buluyorum. Aynı
Neukölln’de, Alman, İranlı, Leh,           yola çıkıyoruz. Toplumun bütün             zamanda biyografi tiyatrosu ve belgesel
Litvanyalı, Macar ve Türkiyeli             kesimlerinin ve yaş gruplarının            tiyatro ana çalışma yöntemlerimizden.
oyunculardan oluşan “Sultaniyeler”         sahnede yeralabildikleri tiyatro olarak    Bu yöntemlerle katılımcılarımızın
(Die Sultaninen) amatör tiyatro            anlıyorum Halk tiyatrosunu. Farklı         getirdikleri yaşam hikayelerini sahneye
grubunu kurduk. Bu çok kültürlü            kültür çevrelerinden gelmiş ve farklı      taşıyoruz. Bunların arasında bazen
amatör tiyatro grubu hala bu               dillere sahip oyuncular sahnede            göç hikayeleri çoğunlukta olabiliyor.
alanda az sayıda örnekten biridir.         hep birlikte bir hikaye anlatmaya          Katılımcıların biyografilerine bağlı
Katılımcılarının hem yaşlılardan,          çalışıyorlar. Burada süreç içersinde       olarak oyunun konusu ortaya çıkıyor
emeklilerden oluşması, hem farklı          karşılaştığımız ve cevabını hep            ve birlikte karar veriyoruz. Hikayeleri
kültür çevrelerinden geliyor olmaları      birlikte aramamız gereken şu sorular       sahneye koyarken, katılımcıların
hem de yıllarca oynamaya ve                akla geliyor: Türkiyeliler, Suriyeliler,   “kurban” olarak yansıtıldığı anlatım
üretmeye devam ediyor olmalarıyla.         İranlılar, Yunanlar v.b. bu topluma        biçimlerini tercih etmiyoruz. Başka bir
Ben de burada bu örnekten yola             ait görülüyorlar mı? Aksanlı Almanca       perspektiften bakmaya çalışıyoruz. Ama
çıkarak yazıma devam edeceğim.             konuşmak şive olarak sahneye               şu açık ki kendi hayat hikayelerinin
                                           taşınabilir mi? Ağır aksanlı Almanca       yazarı, rejisörü olma şansları
Amatör tiyatro alanı aynı zamanda          konuşan bir tiyatro sevdalısının tiyatro   buluyor katılımcılar, amatör tiyatro
sosyal politik yanı da olan bir çalışma    yapması “halk tiyatrosu” kapsamına         çalışmalarında. Boal’in dediği gibi,
çerçevesi sunmakta. Burada gerçek          girer mi? Yabancı olmak ne zaman           tiyatroda anlaşılır olmak için klişeyi
insanların hikayelerini onlarla birlikte   sona erer? Bunun için bir yerde kaç yıl    kullanabiliriz ama aynı zamanda
sahneye taşımak çok heyecan verici ve      yaşamak gerekir?                           oyunun içinde bu klişeyi de kırmalıyız.
öğretici bir süreç. Genellikle Augusto                                                Bunu çok kıymetli ve önemli bulmakla
Boal’in metodlarıyla çalışıyorum.          Kuşkusuz Almanca dilini ağır               beraber, karmaşık ve çetrefilli olduğunu
Sahnede “Hayatın provasını yapıyoruz”      aksanla ve kıt sözcük dağarcığıyla         kabul ediyorum...
Boal’in dediği gibi. Belki bir ütopya      konuşmak meşakkatli bir süreç.
ama hayata geçirmeye çalıştığımız bu       Hem kendini ifade etmek isteyen            Bilindik toplumsal kategorileri kabul
konseptte dezavantajları bir avantaja      hem de dinleyen, anlamaya                  etmeyen, buna karşı çıkan bir tiyatro
dönüştürmeye çalışıyoruz.                  çalışan için. Ama bence ilginç olan,       alanı sunmaya çalışıyoruz. Bunun kolay
                                           buradan, bu farklı kültürel çevrelerin     bir şey olmadığını kendi deneyimimden

Bir yerde yabancı olmak                    karşılaşmasından ortaya çıkıyor.
                                           Tiyatronun çelişkiden, çatışmadan
                                                                                      biliyorum. Ama, “buradayız, alanı
                                                                                      terketmiyoruz!” diyoruz tiyatro
ne zaman sona erer?                        hayat bulması gibi. Farklı deneyim         gruplarımızla. “Rahatsız etsek de,
                                           ve arka planlara sahip kişilerin           görünür olmaya devam edeceğiz!”
Amatör tiyatro alanında bir nevi           getirdikleri enerjinin toplamından         diyoruz. İşte “Olmak ya da olmamak?”/
halk tiyatrosu yapıyoruz. Almanya’da       çıkan oyun bize, bakış açımızı             “Kalmak ya da kalmamak?” sorusu
yaşayan toplumu oluşturan herkesin         değiştirme imkanları sunmakta.             burada devreye giriyor sanıyorum.
kendini ifade etmek için tiyatro           Farklı yaşam tarzlarına sahip farklı       Bizim yaşamımız, bizim seçimlerimizin
yapması, kültürünü geliştirmesi,           kültürel arka planlardan gelen             bir toplamı sonuçta...
kültürel etkinliklere katılması            katılımcılar, kendilerine dayatılan
anayasal bir hak. Halk tiyatrosu           hayatı kabul etmeyen kişiler bizim         “Hala Almanca bilmeden tiyatro
bütün bu kültürel ve dil çeşitliliğini     tiyatro çalışmalarımızda bu dayatılan      yapmak mümkün mü?” gibi sorularla
sahneye yansıtan bir konsept olarak                                                   karşılaşabiliyoruz amatör tiyatro
kabul görmekte. Buna göre burada                                                      alanında. Uzun yıllar, “Sultaniyeler”

                                                       18 І Empowerment
tiyatro grubuna katılmak isteyen                                                      Çatışmalar, çelişkiler, ayrımcılıklar,
yeni katılımcılarla bir ön konuşma                                                    savaşlar, göçler, aşk, ölüm v.s. bir
yapmam gerekti. “Sultaniyeler” tiyatro     Bu yeni bir politik-sanatsal bakış         tiyatronun tabii ki ana temalarıdır.
grubunun üyelerinin farklı kültür          açı ve belki bir gün hep birlikte          Özellikle amatör tiyatroda yaratıcı
çevrelerinden geldiğini, Almancaya         ütopya gibi görünen bu dileği              grup içinde bu sorunları yaşamış
hakim olmayan üyelerin de bulunduğu        gerçekleştireceğiz.                        katılımcılarla çalışmak, onların
konusunda uyarmak zorunda kaldım.                                                     deneyimlerini teatral ve estetik
Zira ilk provaya gelip hayal kırıklığına   Bu yıl Türkiye’den sözleşmeyle işçi        yorumla sahneye aktarmak çok heyecan
uğrayıp ve grubu da hayal kırıklığına      alımının başlamasının altmışıncı           verici bir süreç. Bu hikayelerin içinde
uğratarak gidenler oldu. Sadece dile       yılı. İlk gelenler davetle gelmişlerdi.    en güçlü ve en güncel olanları yolculuk
yoğunlaşırsak, her iki taraf açısından     Sonraları Türkiye’deki 1971, 1980 askeri   hikayeleri, geri dönememe hikayeleri,
da çok meşakkatli bir iletişim aracı       darbeleriyle Avrupa’ya gelen politik       bize göre. Bu yüzden çoğunluğun kabul
seçmiş oluruz. Oysa, başka iletişim        göçmenler, Kürt sığınmacılar ve son on     gördüğü temaları ele almakla birlikte
araçlarımız da mevcut. Hataları ve         yıldır da totaliterleşen rejimden kaçıp    azınlığın temalarından göç hikayelerini
yanlış anlamaları da içeren, ayrım         gelenlerle ve savaşlardan canlarını        anlatmaya sahneye getirmeye
gözetmeyen bir çalışma ortamı              kurtarmak için gelen Suriyeliler ve        devam edeceğiz.
yaratabilirsek daha az yorucu ve           Afganlarla göç hala devam ediyor.
daha eğlenceli çalışabileceğimizin         Her bir sığınmacı topluluğunu ayrı         Bize dayatılan kimliklerimizle
farkındayız. Bunu yapmak için              ayrı değerlendirmek gerektiğini            tanıtılmadığımız zaman göç sonrası
yaratıcı süreçleri teşvik etmeye ve        düşünüyorum. Çünkü geliş nedenleri         tiyatro ütopyasına erişmiş olacağımızı
aynı zamanda hoşgörülü olmaya              ve biçimleri farklı.                       düşünüyorum. Daha çok karşılaşma
ihtiyacımız var sadece.                                                               alanı, daha çok maddi destek ve daha
                                           Bu nedenle bizim yeni buluşma              çok ufuk açıcı sahneleme olanaklarıyla

Göç sonrası                                mekanlarına ve yeni hikaye
                                           anlatma biçimlerine ihtiyacımız var.
                                                                                      birlikte tabii ki.

tiyatro ütopyası                           Yoksa hikayeler üç bin yıldır aynı.
                                           “Hikayelerin sayısı dörttür” diyor
Temelde toplumsal sorunları yerli ve       Luis Borges: “Biri, en eski olanı, yiğit   Hülya Karcı, Berlin ve Türkiye’de
göçmen kategorilerine ayırmadan ele        adamların kuşattıkları ve savundukları     dramaturg, tiyatro pedagoğu,
alan göç sonrası tiyatro kavramını bir     kale kentin öyküsüdür (Troya).             rejisör, oyun ve senaryo yazarı
perspektif olarak görüyorum. Tıpkı         İlkine bağlı bir başkası, bir dönüş        olarak çalışmalarını sürdürmekte.
bizim amatör tiyatro alanında yıllardır    yolculuğunun öyküsüdür (Odysseus).
egemen kültürün ayrımcı ve suçlayıcı       Üçüncüsü, bir arayışın öyküsüdür           www.hulyakarci.com
bakış açısını eleştirerek yaptığımız       (Altın Post). Sonuncusu, bir tanrının      www.payizfilm.com
tiyatro çalışmaları gibi.                  kurban edilişinin (İsa) öyküsü... Bize
                                           kalan zamanda onları anlatmayı
                                           sürdüreceğiz, değiştirerek.” (Gölgeye
                                           Övgü, Luis Borges, s.274)

  „Bleiben oder nicht bleiben?”
  Deutsche und türkische Künstler_innen tauschen sich seit Jahren aus. Deutsche Künstler_innen gehen in
  die Türkei, türkische Künstler_innen kommen nach Deutschland. Hier in Deutschland haben sie mehrere
  künstlerische Zusammenarbeiten kreiert und kreieren sie immer noch.

  Historisch gesehen gibt es sehr starke und komplizierte Verbindungen. Seit 60 Jahren setzt sich dieser gegenseitige
  Einfluss auf der Bühne sowie in allen Bereichen der Kultur fort. Seit sechzig Jahren hat sich innerhalb der in
  Deutschland lebenden türkischen Community eine reiche und intensive Theaterbewegung entwickelt. Und dies ist
  für uns heute ein Geschenk und eine Verantwortung. (…)

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                                                     19 І Empowerment
BLEIBEN ODER NICHT BLEIBEN?                                 Ich dachte, so was kann doch kein
                                                      Theater sein. Was soll das denn werden?
                                                      Inzwischen weiß ich, zum Schluss gibt es
                                                     immer eine Aufführung. Das finde ich toll!
                                                                 Werner Daniel, Teilnehmer von der Theatergruppe
                                                                   Die Sultaninen, Theater der Erfahrungen Berlin

                                            D
                                                          eutsche und türkische
                                                          Künstler_innen tauschen
                                                          sich seit Jahren aus.
                                                          Deutsche Künstler_innen
                                                          gehen in die Türkei,
                                            türkische Künstler_innen kommen            haben, noch immer durch den Himmel
                                            nach Deutschland. Hier in Deutschland      der Stadt streifen und den Staub des
                                            haben sie mehrere künstlerische            Theaters über alle streuen, unabhängig
                                            Zusammenarbeiten kreiert und kreieren      von ihrer Herkunft. Vielleicht trifft man
                                            sie immer noch. Historisch gesehen         deshalb in Berlin gerade in der ersten
                                            gibt es sehr starke und komplizierte       und zweiten Arbeiter_innengeneration
                                            Verbindungen. Seit 60 Jahren setzt         aus der Türkei auf sehr wenige
                                            sich dieser gegenseitige Einfluss auf      Menschen, die das Amateur- oder
                                            der Bühne sowie in allen Bereichen         professionelle Theater nicht angerührt
                                            der Kultur fort. Seit sechzig Jahren       und keinen Bühnenstaub geschluckt
                                            hat sich innerhalb der in Deutschland      haben. Von Vasıf Öngören1, der in
                                            lebenden türkischen Community eine         Berlin seine ersten Theaterproben in
                                            reiche und intensive Theaterbewegung       Arbeiterinnenwohnheimen machte und
                                            entwickelt. Und dies ist für uns heute     häufig die Berliner Mauer durchbrach,
                                            ein Geschenk und                           indem er Theaterstücke des Berliner
                                            eine Verantwortung.                        Ensembles besuchte und somit eine
                                                                                       Theatertradition in der Türkei gründete,
                                            Das deutsche Theater ist mit den von       bis hin zu unserem Fischladenbesitzer
                                            ihm geschaffenen Theatertheorien und       in der Nachbarschaft sind viele
                                            seinen Dramatikern einer der Eck-          Türk_innen mit dem Theater vertraut.
                                            pfeiler der Welttheatergeschichte. Es
                                            wird erzählt, dass diese Künstler_innen,   Unsere Dozent_innen der Fakultät für
                              Hülya Karci

                                            die mit ihren Stilen und Werken die        Bildende Künste an der “Universität des
                                            Welttheatergeschichte mitgeprägt           9. September” in Izmir kamen größten-
                                                                                       teils von der deutschen Theaterschule.
                                                                                       Deshalb habe ich mich in der Theater-

                                                                                       1 Vasıf Öngören (1938-1984), der erste
                                                                                       Praktiker des epischen Theaters in der Türkei.

                                                       20 І Empowerment
verfassungsmäßiges Recht, Theater zu machen, seine Kultur
                                                                zu entwickeln und an kulturellen Aktivitäten teilzunehmen,
                                                                um die eigene Persönlichkeit zu entfalten. Volkstheater wird
                                                                als ein Konzept verstanden, das all diese kulturelle und
                                                                sprachliche Vielfalt auf der Bühne widerspiegelt.
                                                                Dementsprechend gehen wir davon aus, dass zu dieser
szene nicht wie eine Fremde gefühlt, als ich hier nach
                                                                Gesellschaft gehört, wer hier geboren wurde oder schon seit
Berlin kam. Obgleich ich die deutsche Sprache noch nicht
                                                                fünf Generationen hier lebt oder auch erst später im Leben
beherrschte, war es für mich ein tolles Erlebnis,
                                                                hier angekommen ist. Und so ist das Volkstheater auch ein
die Theaterstücke, an deren dramaturgischen Analysen
                                                                Theater, an dem alle Altersgruppen und Schichten der Ge-
wir ausführlich an der Uni gearbeitet hatten, auf den
                                                                sellschaft auf der Bühne teilnehmen können. Daraus folgt,
Bühnen großer Theaterhäuser zu sehen.
                                                                dass Schauspieler_innen aus unterschiedlichen Kultur-
                                                                kreisen und mit unterschiedlichen Sprachen und Sprach-
Nachdem ich beruflich als Dramaturgin und Bühnenautorin
                                                                ebenen auf der Bühne eine gemeinsame Geschichte erzählen
am türkischen Theater “Tiyatrom” gearbeitet hatte, begann
                                                                können. Dabei kommen uns folgende Fragen in den Sinn, die
ich im Bereich Amateurtheater zu arbeiten. Hier machte
                                                                uns während der Theaterarbeit begegnet sind und auf die
ich ganz neue Erfahrungen. Nachdem ich meine Theater-
                                                                wir alle Antworten suchen sollten: Werden Türk_innen,
arbeit lange Zeit in einem breiten Spektrum vom Vorschul-
                                                                Syrer_innen, Iraner_innen, Griech_innen u. a. als Teil dieser
kind bis zum Senior fortführte, arbeitete ich in den letzten
                                                                Gesellschaft angesehen? Kann gebrochenes Deutsch als
Jahren überwiegend mit Menschen, die gehandikapt sind:
                                                                Dialekt auf die Bühne gebracht werden? Macht ein_e
mit älteren Menschen, Menschen mit geistigen und körper-
                                                                Theaterliebhaber_in, der/die Deutsch mit starkem Akzent
lichen Behinderungen, Menschen mit Demenz, Menschen
                                                                spricht, Theater im Rahmen des „Volkstheaters“?
mit Lernschwierigkeiten, benachteiligten Frauen und
                                                                Wann endet das Fremdsein in einer anderen Gesellschaft?
Menschen mit Sprachproblemen. Wie wir selbst erfahren
                                                                Wie viele Jahre muss man dafür an einem Ort leben?
mussten, ist es ein Nachteil, die Sprache der Mehrheits-
gesellschaft nicht gut sprechen zu können. Dies ist eine
                                                                Natürlich ist es ein mühsamer Prozess, die deutsche Sprache
allgemein unbestrittene Erkenntnis.
                                                                mit starkem Akzent und begrenztem Wortschatz zu sprechen.
                                                                Es ist sowohl für diejenigen anstrengend, die sich in der
Vor etwa fünfzehn Jahren gründeten wir in Neukölln mit
                                                                fremden Sprachen ausdrücken wollen, als auch für die-
Unterstützung des Theaters der Erfahrungen (Berlin) die
                                                                jenigen, die zuhören und versuchen, das Gesprochene zu
Amateurtheatergruppe „Die Sultaninen”. Diese Theater-
                                                                verstehen. Aber ich denke, dass trotzdem für alle Beteiligten
gruppe besteht aus deutschen, iranischen, polnischen,
                                                                interessante Erfahrungen aus der Begegnung dieser
litauischen, ungarischen und türkischen Schauspieler_
                                                                verschiedenen Kulturkreise gemacht werden können. Wie
innen. Diese vielfältige Amateurtheatergruppe ist noch
                                                                eben auch das Theater von Widerspruch und Konflikt lebt.
immer eines der wenigen Beispiele interkultureller
                                                                Das gemeinsam geschaffene Theaterstück, das die Summe
Theaterarbeit. Die Teilnehmer_innen sind Senior_innen
                                                                der Energie ist, die von Menschen mit unterschiedlichen
und Rentner_innen, die aus unterschiedlichen Kulturkreisen
                                                                Erfahrungen und Hintergründen eingebracht wird, bietet uns
kommen und über Jahre hinweg gemeinsam Theater spielen
                                                                neue Perspektiven, einen Perspektivwechsel. Teilnehmende
und eigene Theaterstücke produzieren. Anhand dieses
                                                                aus unterschiedlichen Kulturkreisen, mit unterschiedlichen
Beispiels werde ich diesen Artikel hier fortsetzen.
                                                                Lebensstilen, Menschen, die das ihnen aufgezwungene Leben
                                                                nicht akzeptieren wollen, haben die Möglichkeit, sich diesen
Der Bereich Amatuertheater bietet auch einen
                                                                aufgezwungenen Lebensweisen und Stereotypen zu wider-
Arbeitsrahmen mit gesellschaftspolitische Relevanz. Die
                                                                setzen und ihre eigenen Perspektiven in unseren Theater-
Geschichten realer Menschen hier mit ihnen auf die Bühne
                                                                arbeiten auf die Bühne zu bringen. Manchmal passt es nicht
zu bringen, ist ein sehr spannender und lehrreicher Prozess.
                                                                zum Stereotyp oder es bricht das Stereotyp oder lässt sogar
Überwiegend arbeite ich mit den Methoden von Augusto
                                                                einen Traum wahr werden. Aber ist das nicht sowieso der
Boal. „Wir proben für das Leben" auf der Bühne, wie
                                                                Zweck des Theaters? Kritisch zu sein, neue Perspektiven zu
Boal sagte. Vielleicht ist es eine Utopie, aber mit diesem
                                                                bieten und dies durch Experimentieren mit künstlerischen
Konzept, das wir umzusetzen versuchen, beabsichtigen wir
                                                                Mitteln und Unterhaltung.
im Idealfall, Nachteile in einen Vorteil umzuwandeln.

                                                                Ästhetisch und zugleich gewagt finde ich Augusto Boals
Wann endet das Fremdsein                                        „Theater der Unterdrückten“-Methoden, die wir in Theater-

in einer anderen Gesellschaft?                                  gruppen für Senior_innen ausgiebig anwenden. Dabei zählen
                                                                biographisches Theater und Dokumentar-Theater zu unseren
Wir machen eine Art Volkstheater im Bereich des Amateur-        Hauptarbeitsmethoden. Mit diesen Methoden bringen
theaters. Es ist für jede_n, der/die in Deutschland lebt, ein   wir die Lebensgeschichten unserer Teilnehmer_innen auf

                                                        22 І Empowerment
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