Moderne Unternehmen im Einklang mit der Natur - Leitfaden für ein naturnahes Betriebsgelände
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Staatliche Naturschutzverwaltung Baden-Württemberg Moderne Unternehmen im Einklang mit der Natur Leitfaden für ein naturnahes Betriebsgelände UNTERZEILE BEHÖRDE
Bildnachweis Titel: Garnhartner Schober Spörl Landschaftsarchitekten, Deg- S. 44: Green Park Reading, Mediaservice, GB (alle Bilder); gendorf (BMW Group Dynamikzentrum, Dingolfing); S. 3: MLR S. 45: Mudra-Magnus Landschaftsarchitekten, Edesbüttel Pressearchiv; S. 6: LohausCarl Landschaftsarchitektur, Hannover; (alle Bilder); S. 46: FAK (alle Bilder); S. 47: Därr Landschafts S. 7: Faktorgruen Landschaftsarchitekten, Freiburg [FAK]; S. 8: architekten, Halle (alle Bilder); S. 48: FAK (alle Bilder); natur-portrait.de/Andreas Giessler; S. 9: LUBW (beide Bilder); S. 49: Reuter Gunda, Landschaftsarchitektin, Dachau (alle S. 10 oben: LUBW; unten: pixelio.de/ Joachim Köhn; S. 11: FAK Bilder); S. 50: Kleine + Kleine Landschaftsarchitekten, Halle; (beide Bilder); S. 12 links: Wartner + Zeitzler, Landschaftsarchi- S. 51: André Winkel; S. 52 oben: Stadt Heidelberg, Umwelt- tekten, Landshut; rechts: Rieger Hofmann, Blaufelden-Rabolds- amt; unten: Oxford Science Park, GB; S. 54: FAK; S. 56 oben hausen [RIE]; S. 13: LohausCarl Landschaftsarchitektur, Hanno- und unten links: FAK; unten mitte: W. Schubert; unten rechts: ver; S. 14: pixelio.de/ Rainer Klinke; S. 15 oben, unten links und Jürgen Tauer, GNU free documentation license; S. 57: FAK unten mitte: FAK; unten rechts: Carola Seifert, Dipl.-Biolog., (beide Bilder); S. 58 unten links: pixelio.de/Kurt Bouda; MA Bernhard Disch [CAR]; S. 16: FAK; S. 17 oben: hochC unten rechts: RIE; S. 59: FAK (alle Bilder); S. 60: Archivnum- Landschaftsarchitektur, Berlin, Marcus Bredt; unten: FAK; mer: 63961, Bruno Caflisch, ROCHE; S. 61: Adler + Olesch unten ganz rechts: Stichting Tijd_Peter Wouda_Creative Landschaftsarchitekten, Nürnberg (alle Bilder); S. 62 oben: Commons License; S. 18: Karl Rapp Landschaftsarchitekt, Adler + Olesch Landschaftsarchitekten, Nürnberg; unten links: Wil Zürich, CH; S. 19: FAK (alle Bilder); S. 20 oben: pixelio.de/Günter Havlena; unten mitte: pixelio.de/Astrid Maria Impressum www.piqs.de_lizenzfrei, Christian Bier Mediastudio-Naumburg; Kauertz; unten rechts: pixelio.de/Wandersmann; S. 63: FAK; unten links: Heiner Luz Landschaftsarchitekt, München; S. 64: FAK (alle Bilder); S. 65 oben und mitte: FAK; unten Herausgeber: LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen unten rechts: FAK; S. 21 oben: Bruns Baumschulen, Bad Zwi- links: pixelio.de/by_Joujou; unten mitte: pixelio.de/Sarah Ward und Naturschutz Baden-Württemberg schenahn; unten: FAK (drei Bilder); S. 22 ganz oben: pixelio.de/ Krause; unten rechts: pixelio.de/Roland Bollinger; S. 66 oben: Postfach 100163, 76231 Karlsruhe Marco Barnebeck; oben: CAR; unten links: FAK; unten rechts: Waitzmann; unten links: FAK; unten mitte: LUBW; unten www.lubw.baden-wuerttemberg.de RIE; S. 23: FAK (alle Bilder); S. 24 oben: Verband deutscher rechts: Jon Sullivan (PD-PDphoto.org)Wikipedia_public use; Wildsamen und Wildpflanzenproduzenten (Karte); unten: S. 67 oben: Andreas Trepte, copyright free; unten links und Mitherausgeber: Baden-Württembergischer RIE (beide Bilder); S. 25: FAK (alle Bilder); S. 26 oben: Garn- mitte: LUBW; unten rechts: pixelio.de/Dieter Haugk; Industrie- und Handelskammertag hartner Schober Spörl Landschaftsarchitekten, Deggendorf; S. 68 oben: pixelio.de/by vHein; unten links: H. Sauerbier; Jägerstraße 40, 70174 Stuttgart mitte und unten: FAK; S. 27: FAK (alle Bilder); S. 28 oben: unten mitte: Felix Reimann; unten rechts: FAK; S. 69 oben: www.bw.ihk.de Birk + Heilmeyer Architekten, Stuttgart; mitte und unten: FAK; Mario Maier; unten links: pixelio.de/Stephan Teckert; S. 29 oben: Chris Kister, Fotodesign BFF; mitte links: FAK; unten mitte: Friedrich Beranger, copyright free; Ingenieurkammer Baden-Württemberg unten links: RIE; unten mitte und rechts: FAK; S. 30 oben: unten rechts: pixelio.de/Hans-Joachim Köhn; Zellerstraße 26, 70180 Stuttgart Solarfabrik Freiburg; unten links: Mudra-Magnus Landschafts S. 70 oben: LUBW; unten links: CAR; unten rechts: FAK; Postfach 102412, 70020 Stuttgart architekten, Edesbüttel; unten mitte und rechts: FAK; S. 71 links: pixelio.de/Rudolpho Duba; rechts: pixelio.de/ www.ingbw.de S. 31 oben: RIE; unten links: pixelio.de/ Günter Havlena; Hans-Joachim Köhn; S. 72 oben: Klaus Bogon; unten mitte: pixelio.de/by_Luise; unten rechts: pixelio.de/ unten links: LUBW; unten rechts: Creative Commons/Ray Eye Gesamtkonzeption: Faktorgruen, Freie Landschaftsarchitekten Uschi Dreiucker; S. 32: FAK (alle Bilder); S. 33 oben: Karl Rapp Freiburg, Rottweil, Heidelberg Landschaftsarchitekt, Wil Zürich, CH; unten: FAK (alle Bilder); www.faktorgruen.de mitte und rechts: FAK; S. 35 oben und unten links: FAK; unten mitte: Fink + Jocher Architekten, München; Gestaltung: VIVA IDEA Grafik-Design, www.vivaidea.de unten rechts: FAK; S. 36 oben: Optigrün, Krauchenwies [OPT]; unten links und mitte: Heiner Luz Landschaftsarchitekt, Bezug: Die Broschüre ist in gedruckter Form und als Download erhältlich München; unten rechts: OPT; S. 37 oben links: FAK; bei der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz oben rechts und unten: OPT; S. 38: FAK (alle Bilder); Postfach 10 01 63, 76231 Karlsruhe S. 39: links und rechts: FAK; mitte: CAR; S. 40 links: pixelio.de/ www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/224023/ by_Luise; rechts: pixelio.de/Maja Dumat; S. 41 oben: FAK; unten: FAK (beide Bilder); S. 42 links: pixelio.de/Adolf Riess; Druck: Systemedia GmbH, 75449 Wurmberg mitte: pixelio.deAndrea Kusajda; rechts: pixelio.de/Ulrich Velten; S. 43 oben: Vogelwarte Sempach, CH; unten links: 1. Auflage, Januar 2013, 5.000 Exemplare pixelio.de/by_picassoda; unten rechts: AuLED, Autev AG; Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Zustimmung der Herausgeber unter Quellenangabe gestattet.
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, das Profil eines Wirtschaftsunternehmens wird heutzutage nicht nur von seiner wirtschaftlichen Leistung und Qualität geprägt. Regionales Engagement, umweltverträgliche Arbeits- und Wirt- schaftsweisen sowie ein naturnahes Betriebsumfeld tragen zum Unternehmens image bei. Aspekte wie die Verwendung ökologischer Baustoffe, die Nutzung erneuerbarer Energien und der ressourcenschonende Umgang mit der Natur gewinnen immer mehr an Bedeutung. Der weltweite Klimawandel und dessen Folgen, zu denen auch der Verlust der biologischen Vielfalt gehört, sind zentrale Themen. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind gemeinsam aufgerufen, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Der Leitfaden greift diesen Themenkomplex auf, indem er auf die Neu- oder Umgestaltung von Freiflächen auf Betriebsgeländen eingeht. Er gibt sowohl Planern als auch Bauherren einen fundierten Überblick sowie vielfältige Anregungen, die Grundsätze der Nachhaltigkeit auch in naturnah gestalteten Außenanlagen umzusetzen. Darüber hinaus nennt er Adressen und Anlaufstellen. Der Leitfaden kann als Grundlage für die Planung und Umsetzung von Projekten dienen, die auch nach Außen das Naturbewusstsein des Unternehmens sichtbar machen – und dies ganz unabhängig von der jeweils zur Verfügung stehenden Flächengröße. Der Leitfaden „Moderne Unternehmen im Einklang mit der Natur“ ist im Rah- men des Aktionsplans „Biologische Vielfalt“ entstanden. Dieser Aktionsplan hat das Ziel, die Vielfalt der in Baden-Württemberg heimischen Tier- und Pflanzen arten und ihrer Lebensräume zu bewahren und zu fördern. Beteiligen Sie sich an dieser landesweiten Aktion und lassen Sie sich von den vielfältigen Ideen und Möglichkeiten inspirieren. Alexander Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz 3
Inhaltsverzeichnis Einführung 6 Aktionsplan „Biologische Vielfalt“ – Patenschaft für die Natur 8 Neues Terrain für Unternehmen 10 Natur im Gewerbegebiet 11 Potentiale der Firmengelände 12 Naturnahe Gestaltung des Betriebsgeländes 14 Was sind naturnahe Gewerbeflächen? 14 Grundsätze einer naturnahen Gestaltung 15 Baustoffe 17 Lebende Materialien 18 Heimische Gehölze und Bäume für Firmenareale 20 Hecke und blühender Saum 22 Wildstaudenpflanzungen 23 Blumenwiese und Saatgut 24 Regenwassermanagement 25 Regenwasseranlagen 26 Vorgaben und Anforderungen ans Regenwassermanagement 27 Eingangsbereiche – grüne Visitenkarten 28 Freiräume für Mitarbeiter und Kunden 30 Kleines Naturerlebnis 31 Parkplätze 32 Fassadenbegrünung 34 Dachbegrünung und Photovoltaik 36 Lagerplätze 38 Quartiere für Tiere 39 Insektenfreundliche Beleuchtung und vogelverträgliche Verglasung 42 4
Moderne Unternehmen mit naturnahen Außenanlagen 44 Green Park Reading, GB 44 Forum Autovision, Wolfsburg 45 Solar Info Center, Freiburg 46 Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik, Halle 47 Zukunftsfabrik Wasserkraft Volk, Gutach 48 Marco GmbH, Dachau 49 Sovello AG, Thalheim 50 Öffentlichkeitsarbeit 51 Ja zum naturnahen Betriebsgelände 54 Schritt 1: Bestand und Planung 55 Schritt 2: Bauausführung 56 Schritt 3: Feinjustierung und Pflege 57 Kostenbeispiele 58 Unternehmen sucht Gemeinde 60 Weichenstellung im Bebauungsplan 61 Ökologische Grundlagen und Tierartengruppen 62 Boden und Wasser 62 Mikroklima und Klimawandel 63 Lebensräume im Gewerbegebiet 64 Abhängigkeiten und Wechselwirkungen 66 Vögel 67 Amphibien und Reptilien 68 Tagfalter 69 Heuschrecken 70 Libellen und Wildbienen 71 Fledermäuse und Kleinsäuger 72 Weiterführende Informationen 73 Adressen, Bezugsmöglichkeiten und Literatur 73 Links 74 Bildnachweis 5
Einführung „Und wen anders als die Siedlungs- und Gewerbegebiete zeichnen sich Naturnah gestalten heißt: Natur können wir fragen, durch Artenreichtum und Vielfalt aus. Diese • sich die Wirkungsweisen der Natur zu Nutze um zu wissen, wie wir Aussage mag verwundern, schließlich handelt zu machen leben sollen, um wohl zu es sich ja um „Ersatzbiotope“. Ökologische leben?“ Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass • natürliche Kreisläufe und ökologische Christoph Martin Wieland die freien Flächen für viele Tiere und Pflanzen Prozesse aufzugreifen, sie zu gestalten und wichtige Lebensräume und Rückzugsgebiete bewusst zu lenken bilden. Industrie- und Betriebsareale sind • Material ressourcenschonend einzusetzen kleine Ökosysteme, die gerne besiedelt wer- den, besonders, wenn sie entsprechend gestal- • sparsamer und effizienter Einsatz von Energie tet sind. • die Eigenarten des Standortes zur Grundlage der Planung machen Mit der Broschüre „Moderne Unternehmen im Einklang mit der Natur“ möchte die LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Gute Gründe für eine naturnahe Naturschutz Baden-Württemberg gemeinsam Gestaltung: mit der Industrie- und Handelskammer und der Ingenieurkammer Baden-Württemberg den • Naturnahe Anlagen leisten einen Beitrag Blick der Firmeninhaber und Unternehmer zum Natur- und Umweltschutz. auf diese Flächen lenken und motivieren, ihre • Natur im Umfeld des Arbeitsplatzes erhöht Betriebsgelände als Vorreiter naturnäher zu unser Wohlbefinden. gestalten. • Der Pflegeaufwand und die Pflegekosten für naturnahe Anlagen sind oftmals geringer als Das Prinzip ist einfach: für gärtnerische Anlagen. Als Unternehmer handeln Sie in Ihren Kernge- Indem Sie Umweltbewusstsein als integrativen schäften wirtschaftlich und zukunftsorientiert. Teil Ihrer Corporate Identity verstehen, kom- Sie setzen auf Qualität und dauerhaften Erfolg. munizieren Sie nach Innen und Außen fort- Diesen Weitblick braucht man auch, wenn es schrittliches Denken und eine Unternehmens- um ökologische Themen geht. Der Schritt hin kultur, die Rücksicht nimmt und Impulse setzt. zu einer bewusst naturnahen Bewirtschaftung Die „grüne Visitenkarte“ ist ein sichtbares, von Betriebsgeländen ist klein, die langfristigen positives Zeichen in der Öffentlichkeit. Auswirkungen jedoch sind groß. Das Bild der Zukunft prägen Durch die naturnahe Gestaltung Ihrer Au- ßenanlagen schaffen Sie neue wertvolle Le- bensräume und leisten einen wirksamen und Nileg Office Center, Hannover nachhaltigen Beitrag für die Erhaltung unserer Umwelt. Durch Ihr freiwilliges Engagement können Sie den Prozess des Umdenkens mit- steuern und weiterentwickeln. 6
Gedanken aufgreifen, … nen diese zu ökologisch wertvollen Freiräumen „Natürliche und bebaute gestaltet werden. Gleichzeitig werden eine Umwelt bilden den Mit seiner zukunftsorientierten Industrie stellt ansprechende Umgebung und ein angenehmes Lebensraum des Men Baden-Württemberg eine der führenden Wirt- Arbeitsumfeld mit hoher Aufenthaltsqualität schen. Bei der bebauten schaftsregionen der Welt dar. Das Land ist in geschaffen. Umwelt geht es darum, der EU eine der Regionen mit sehr hoher In- die Bedingungen für das novationskraft. Begriffe wie nachhaltige Gewer- Wohnen, Arbeiten und begebiete, nachhaltiges Bauen oder nachhaltige Prozesse anstoßen, … Zusammenleben zu ver Produktion etablieren sich zunehmend. Erste bessern.“ Anfragen aus der Wirtschaft nach nachhaltigen Die Broschüre informiert über die wesent- und innovativen Freianlagen zeugen davon, lichen Grundlagen in den Bereichen Umwelt- Architektenkammer Baden-Württemberg dass die Unternehmen im Land sich ihrer vorsorge, Gestaltung, technische Machbarkeit Vorreiterrolle bewusst sind und selbstverständ- und Kostenkontrolle. Darüber hinaus gibt sie lich Verantwortung für ihre Umwelt überneh- einen Einblick in ökologische Zusammenhän- men. „Spitzenreiter in Technik, Wissenschaft, ge. Indem wir mögliche Wege aufzeigen, wie Wirtschaft und Ökologie“. So könnte in der Sie Neues optimal gestalten oder Bestehendes Zukunft die Innovationsregion Baden-Württ- zum Positiven hin verändern können, möchten emberg betitelt werden. wir Ihnen eine Entscheidungshilfe an die Hand geben. … weiter entwickeln … … Meinungen bilden … Die Attraktivität des Standortes, die Qualität der Arbeits- und Lebensbedingungen sind Herausgeber ist die Landesanstalt für Umwelt, beim Wettbewerb um gute Mitarbeiter ent- Messungen und Naturschutz, die Sachwalterin scheidende Kriterien. Sie gehören zu den Soft der Umweltbelange in Baden-Württemberg. Skills jedes Unternehmens und gewinnen zu- Erarbeitet wurde sie zusammen mit Planern, nehmend an Bedeutung. Denn auch sie tragen die selbst Unternehmer sind. Wesentliches zum Image und zur Wertschöp- fung eines Unternehmens bei. Wenn Ihr Interesse geweckt ist, haben wir un- ser Ziel erreicht und freuen uns über Ihr En- gagement – und über mehr heiteres Heuschre- … und mit neuem Leben füllen. ckenzirpen und etwas weniger Einheitsgrün. Außenanlagen von Produktions- und Dienst- leistungsunternehmen müssen spezifische … und aktiv werden. Anforderungen an Funktionalität und Ästhetik erfüllen. Mit geringen Unterhaltskosten kön- Solar Info Center, Freiburg 7
Aktionsplan Biologische Vielfalt – 111- Alt- und Arten- Totholzkonzept Patenschaften für die Natur Korb im Wald Über zwei Millionen Tier- und Pflanzenarten sind bisher weltweit bekannt und es gibt Klimawandel immer noch Arten zu entdecken. Auch für Biodiversitäts- und Wissenschaft und Technik ist die Natur ein un- Check biologische erschöpfliches Reservoir an Inspiration. Schon Vielfalt immer haben die Menschen die Natur er- forscht, Formen, Strukturen und Funktionswei- sen nachgebildet und sich zu Nutze gemacht. Es gäbe wohl keine Flugzeuge ohne Vögel und Klientel an, sodass viele Sparten und Gruppen wer staunt nicht über die selbstreinigenden des Landes im Laufe der letzten Jahre erreicht Oberflächen mit dem Lotuseffekt. Natur in all werden konnten. ihren Facetten zu erhalten, bedeutet auch, die Grundlagen für zukünftige Innovationen zu Der 111-Arten-Korb ist bisher der öffent- sichern. … Übrigens: auch unsere Kapuziner- lichkeitswirksamste Baustein des Aktions- kresse, Schilfrohr oder die Akelei sowie viele planes. Er enthält 111 in Baden-Württem- Insektenflügel sind „selbstreinigend“. berg heimische Tier- und Pflanzenarten, die besonders auf unsere Hilfe angewiesen sind. Der Aktionsplan „Biologische Vielfalt“ Der Biodiversitäts-Check auf Ge- meindeebene versteht sich als eine Die vielfältige und schöne Landschaft Baden- umfassende Inventur der Biotoptypen und der Württembergs mit ihren Tier- und Pflan- Artengruppen mit dem Ziel, die biologische zenarten ist eine der Besonderheiten, die Vielfalt zu erhalten und zu fördern. Künftig unser Land ausmachen. Trotz umfangreicher könnte er auch für größere Betriebsgelände Anstrengungen des Naturschutzes und vieler Anwendung finden. Teilerfolge ist die biologische Vielfalt bedroht. Es finden sich weiterhin viele Arten auf den Das Alt- und Totholzkonzept ist ein Roten Listen und wertvolle Lebensräume sind weiterer Baustein des Aktionsplanes, gefährdet. Deshalb der im Staatswald bereits verbindlich und in hat die Landesregie- kommunalen Wäldern auf freiwilliger Basis rung in Zusammen- umgesetzt wird. Sogenannte Waldrefugien bie- arbeit mit der LUBW ten Lebensraum für Waldtierarten wie Spechte und Verbänden einen und totholzbewohnende Käfer. Der Erhalt der Aktionsplan zur natürlichen Alterungs- und Zerfallsprozesse Sicherung der bio- führt zu einer ausgeglichenen Altersstruktur logischen Vielfalt in des Waldes und damit zu einer Erhöhung der Baden-Württemberg Artenvielfalt. aufgestellt. Der Baustein Klimawandel und biolo- Dieser Plan setzt sich gische Vielfalt beschäftigt sich mit der bisher aus vier eigen- Frage, welche Risiken und welche Chancen der ständigen Bausteinen zusammen. Die einzel- Klimawandel für Lebensräume und Arten in nen Bausteine sprechen jeweils eine eigene Baden-Württemberg mit sich bringt. 8
Der 111-Arten-Korb Draußen und drinnen werden verlinkt Die UN hat für dieses Jahrzehnt die „Dekade Bisher lag der Schwerpunkt des Aktionsplanes der biologischen Vielfalt“ ausgerufen. Der auf dem Erhalt historisch gewachsener Lebens- Aktionsplan „Biologische Vielfalt“, zusammen räume an Ortsrändern und in der freien Land- mit anderen Programmen des Landes, trägt schaft. Diese Kulturlandschaften, bestehend seinen Teil dazu bei, unsere heimische Flora aus Feldhecken, Obstwiesen, Moorbereichen und Fauna zu schützen. Auch andere Länder, oder dem Altholzbereich im Wald, sollen auch wie die Schweiz, die ein Forschungsprogramm weiterhin bewahrt und ausgeweitet werden. Streuobstwiesen erfordern zur Biodiversitätsstrategie innerhalb der Sied- regelmäßigen Baumschnitt: lungs- und Infrastrukturentwicklung auf den Zur Stabilisierung dieser positiven Entwick- gemeinschaftliche Pflegeaktion Weg gebracht hat, Österreich – dort hat der lungen in der freien Landschaft kommen nun Naturschutzbund gemeinsam mit der Wirt- folgerichtig die besiedelten Bereiche hinzu – schaftskammer einen Leitfaden „Natur im der Leitfaden stellt den ersten Schritt in diese Betrieb“ erstellt – oder die Niederlande und Richtung dar. Mit den in dieser Broschüre zu- Großbritannien haben die Wichtigkeit des sammen getragenen Möglichkeiten zum Schutz Erhaltes der Artenvielfalt erkannt und setzen der biologischen Vielfalt auf dem Betriebsge- sich aktiv dafür ein. lände schaffen wir einen „Link“ zwischen den erfolgreichen Maßnahmen „draußen“ in der Baden-Württemberg hat in den letzten Jahren freien Landschaft und der Natur im besiedelten mit dem 111-Arten-Korb bereits Unternehmen Bereich. gewinnen können, die sich für Projekte in Natur und Landschaft engagieren. Von den Ortsrändern aus wird die Verbindung geknüpft nach innen, in die Gewerbegebiete, Gemeinsam mit der EnBW Energie Baden- Technologieparks und in die Städte. Auch Württemberg AG hat die Landesanstalt für diese Bereiche spielen im ökologischen Ge- Umwelt im Jahr 2011 das erste landesweite samtsystem eine wichtige Rolle. Durch die Förderprogramm für Amphibien initiiert. Die Schaffung von neuen Gewerbe-, Industrie- und EnBW hat damit die Patenschaft für eine ganze Stadtbiotopen werden beide Lebensräume Tiergruppe übernommen. Unter den weiteren sinnvoll miteinander verbunden. Erhaltungs- Partnern befinden sich bereits große, in Baden- maßnahmen und die gezielte Schaffung neuer Württemberg ansässige Unternehmen, wie die Standorte sind aufeinander abgestimmt und Weleda AG, die Kärcher AG oder die Hans- ergänzen sich. Die erlangte räumliche Verzah- grohe AG. Sie alle sind Paten für Arten des nung führt zu einem Synergieeffekt, der unsere 111-Arten-Korbes und setzen sich über mehre- Artenvielfalt sichert. re Jahre hinweg für das Fortbestehen und die Verbesserung der Lebensräume ein. Naturnah gestaltete Außenanlagen können den „stadttauglichen“ Tieren aus dem 111-Arten- Korb wertvollen Lebensraum bieten. Artenreiche Wiese mit Karthäusernelken. Notwendig für ihren Erhalt sind zweimalige Mahd pro Jahr und Verzicht auf Düngung. 9
Neues Terrain für Das Umfeld von Betriebsgebäuden besitzt für Unternehmen diese zurückgedrängten Arten ein hohes Ent- wicklungspotenzial. Hier können sie sich auf Naturrefugium im Gewerbegebiet ungedüngten Böden entfalten. Mensch und Natur teilen sich ihre Lebens- Zu den auf Betriebsgeländen vorkommenden räume in einem Miteinander. Nicht nur die Tieren des 111-Arten-Korbes zählen Wechsel- Menschen, sondern auch Tiere und Pflanzen kröte und Laubfrosch, die Mauer- und Zaunei- leben inzwischen in einer Kultur- und Stadt- dechse, die Mehlschwalbe und der Gartenrot- landschaft. Denn es gibt nur noch wenige schwanz, sowie bunte Schmetterlinge, wie der Refugien unverfälschter Natur wie unzugäng- Gartenrotschwanz mit Wiesenknopf -Ameisenbläuling. erbeutetem Insekt liche Felswände, Hochmoore und Bannwälder. Diese letzten Gebiete zu erhalten, ist genauso wichtig, wie neue Lebensräume zu schaffen. Moderne Unternehmen im Einklang mit der Natur An diesem Punkt setzen wir bewusst mit der Ausweitung unseres Aktionsplanes an. Mit der Wie Sie selbst von einer naturnah gestalteten Entwicklung der Gewerbeflächen möchten wir Außenanlage profitieren können, wollen wir Neue Räume neue Räume für die Natur schaffen. Ihnen auf den folgenden Seiten zeigen. für die Natur durch Entwicklung Stellen Sie sich als innovative Idee ein Biotop der Gewerbeflächen auf Ihrem Firmengelände vor. Gerade die für Die Broschüre uns Menschen wenig ästhetischen und kaum • macht Vorschläge für eine naturnahe Gestal- beachteten Randbereiche und Abstandsflä- tung von Außenanlagen chen, Parkplätze und Lagerflächen sind nach einer ökologischen Aufwertung für viele Pflan- • zeigt konkrete Gestaltungsbeispiele und zen- und Tierarten genau der richtige Platz unterschiedliche Gestaltungselemente zum Leben. • führt in verschiedene Materialien ein Mit einer naturnahen und gestalterisch ge- • informiert über Kostenstrukturen für die konnten Umgestaltung werden diese Bereiche Umsetzung und den Erhalt der neuen optimiert für so manchen Schmetterling – und Flächen für uns Menschen wiederum zur Augenweide • beschreibt die unterschiedlichen Phasen und und Quelle der Erholung. den zeitlichen Ablauf einer Um- oder Neu- gestaltung Unscheinbar schön und ganz schön bunt Wir zeigen, wie Sie schrittweise den Aktions- 21 Pflanzenarten befinden sich im 111-Arten- plan „Biologische Vielfalt“ auf dem eigenen Korb. Es sind Arten, die an nährstoffarme Firmengelände realisieren können. Standorte gebunden sind. Das heißt, sie sind an harte Bedingungen gewöhnt, ja brauchen diese sogar zum Überleben. Ihr Bestand ist rückläu- fig, weil sie dem Konkurrenzdruck nährstofflie- bender Pflanzenarten nicht Stand halten kön- nen, und von diesen verdrängt werden. Bläuling auf einer Esparsettenblüte 10
Natur im Gewerbegebiet Es gibt Ameisen, die auf Hochhäusern leben: „Man muss mehr denken, In Höhen von 50 m („Dachcafé 16“ in Würz- mehr forschen, erfinden Stadtnatur entwickelt sich spontan burg), ja sogar 130 m (Commerzbank Frank- und wagen, um allen Men furt), finden sich zahlreiche Bodentiere und schen ein friedliches Leben Im besiedelten Bereich, in der Stadt, in Ge- Wildbienen. Auch hoch gelegene Dachgärten in der von ihnen selbst werbe- und Industriegebieten kann eine ganz können also einen temporären, oft auch dauer- behüteten Natur zu ermög eigene und sehr spezifische Art von Natur haften Lebensraum bilden. lichen.“ entstehen. Die Natur entwickelt sich hier auf nicht oder wenig genutzten Bereichen spontan Frei Otto Die Natur überwindet große Distanzen und und sehr variantenreich. Selbständig besiedelt nimmt hohe Hürden, sie unterscheidet nicht sie hier so genannte „Sekundärstandorte“ und zwischen ungestörter Natur, Kulturland- findet spezifische Nischen. Durch ihre optima- schaften oder städtischen Standorten. Unsere le Anpassung an ihren jeweiligen Standort ist heimische Natur zeigt sich sehr flexibel und sie überraschend vielfältig, zeigt unterschied- anpassungsfähig, trotz allem ist sie verwundbar. lichste Erscheinungsformen und eine hohe Artenvielfalt. Die „zweite“ Natur Die Stadt ist ein extremer und komplexer Lebensraum sowohl für Menschen als auch für Natur in der Stadt lässt sich in unterschied- Tiere und Pflanzen. Das trocken-warme Klima liche Bereiche aufteilen. Abhängig vom Grad (Beton und Asphalt sind Wärmespeicher), die menschlicher Störungen, Eingriffe oder Pflege- besonderen Bodenverhältnisse (Abgrabungen maßnahmen unterscheidet man: und Aufschüttungen) und der Wasserhaushalt • Ungenutzte Bereiche: Industriebrachen, (versiegelte Oberflächen und Drainagen) sind aufgelassene Militärflächen, unbeachtete entscheidende Faktoren, die zu einer eigenen „Rückseiten“, ehemalige Bahnanlagen Stadtökologie führen. • Extensiv genutzte Bereiche: Randzonen Von der ursprünglichen Natur unterscheidet großer Parkanlagen, Hinterhöfe, bewachsene sich Stadtnatur vor allem durch diese extremen Dächer, Gärten älterer Wohngebiete, Klein- Standortbedingungen. gartenanlagen, Randzonen der Gewerbege- biete, ungestörtes „Abstandsgrün“, Lager plätze Experten für Nischen und Extreme • Gestaltete Natur: Naturgärten, naturnahe Weil in der Naturlandschaft manche Lebens- Außenanlagen an Gewerbe- und Verwal- raumtypen selten geworden sind, wird ihren tungsgebäuden, Dachbegrünung, „Guerilla- Bewohnern die Lebensgrundlage entzogen. Sie Gardening“ in der Großstadt machen sich auf die „Suche“, gehen auf Wan- derschaft, lassen sich kilometerweit vom Wind Im Folgenden wollen wir die gestaltete Natur wehen, solange bis sie andere geeignete Sekun- der Firmengelände betrachten. därstandorte oder Nischen finden, die sie neu besiedeln können. Ehemaliges Industriegleis (ganz links) und spontan aufkommende Vegetation im Landschaftspark Duisburg-Nord (links). 11
Potentiale der Firmengelände Zone befinden sich die Gewerbeareale. Ihnen kommt also auch eine wichtige Verbindungs- Artenreiche Stadtlandschaft funktion zu. Kaum zu glauben: auf extensiv genutzten Hier können sich die überlebenswichtigen so Flächen gibt es überraschend viel Natur in der genannten Trittsteinbiotope entwickeln. Sie Stadt, hier kann das Insektenangebot bereits funktionieren wie kleine Inseln, die Tieren eine Vielzahl von Vögeln ernähren. Das liegt und Pflanzen die Übersiedlung von einem daran, dass es im besiedelten Bereich eine Bereich in den anderen ermöglichen. Selbst vor Bandbreite an Biotopelementen unterschied- dem Hintergrund, dass ein Teil dieser Flächen lichsten Wertes gibt. künftig vielleicht bebaut wird, ist es wün- schenswert, wenn die Betriebe einen aktiven Beitrag zur ökologischen Standortoptimierung Verdichtung verknappt das Angebot der verbleibenden Flächen leisten und sei es Die neuesten Entwicklungen, insbesondere nur temporär. die Nachverdichtung, geben Grund zur Be- fürchtung, dass die besten Zeiten artenreicher Großstädte schon vorbei sein könnten. Warum? Unternehmen wollen gestalten Wo die Stadt allzu sehr verdichtet wird, nimmt Erste Anfragen zeigen, dass Unternehmen nach die Vielfalt zwangsläufig ab. Nachverdichtung ökologischen Gesichtspunkten konzipierte zur Nutzung von Flächenreserven ist zweifellos Freiflächen wollen. Gleichzeitig möchten sie sinnvoll, sie beschneidet aber den ohnehin nicht auf die kreative Freiheit in der Gestaltung schon knappen Lebensraum zusätzlich. verzichten. Ästhetik, Innovation und Ökologie schließen „Inselhopping“ und einander keineswegs aus. Sie lassen sich im Standortoptimierung Gegenteil sehr individuell miteinander zu Umso wertvoller und wichtiger ist es, dass neue einer repräsentativen Anlage verbinden. Natur Biotope geschaffen werden, um den Verlust eröffnet einen sehr breiten Gestaltungs- und alter Lebensbereiche auszugleichen. Die ziel- Handlungsspielraum. Ob schlicht oder auffällig, gerichtete Vernetzung neuer und alter Bio- die Unternehmer entscheiden, was zu ihrer topeinheiten führt zu neuen Lebensstrukturen. Firmenphilosophie oder ihrem Image besser Besonders die Verzahnungsbereiche mit dem passt: Naturnahe Gestaltung weckt auf jeden Umland beherbergen viele Arten. In dieser Fall Aufmerksamkeit und ist immer ein „Hin- gucker“. Gestaltung mit Regenwasser und Sumpfiris (Spital Pattendorf) Eine Blumenwiese umgibt ein Unternehmen 12
Birkenhain mit Fingerhut, Gräsern und Efeu im Innenhof eines Unternehmens (Nileg Office Center, Hannover) Materialien Pflanzenbilder und Stimmungen Es muss keine Bodenversiegelung mit Asphalt Der Landschaftsarchitekt oder Staudengärtner sein, kein trister Einheitsrasen. Wie wäre es kann mit heimischen Gehölzen, Gräsern und mit einer artenreichen Blumenwiese? Welche Blütenstauden stimmungsvolle Pflanzenbilder schönen, teilweise kostengünstigen und res- schaffen. Diese sind nicht statisch wie ein sourcenschonenden Alternativen es gibt, zeigt Teppich aus Bodendeckern, sie leben mit den die Broschüre ab S. 17. Jahreszeiten, ziehen Schmetterlinge, Vögel oder Käfer an. Und sie erfreuen die Mitarbeiter von der Entwicklungsabteilung bis zur Ferti- Regenwasser gung, bringen sie auf kreative Gedanken... … ist zu schade für die Kanalisation, wenn man sich überlegt, was sich alles damit gestalten lässt. Mal ganz abgesehen davon, dass es zur Grundwasseranreicherung beiträgt und hilft, Hochwasser zu vermeiden. 13
Naturnahe Gestaltung des Betriebsgeländes Was sind naturnahe zeiten erleben und Vögel beobachten. Eine Gewerbeflächen? Regenwassermulde mit integriertem Teich lässt Froschlöffel und Iris wachsen, schafft Lebens- Das Prinzip: Mit der Natur arbeiten raum für Frosch und Molch und lässt Libellen um die Büros fliegen. Das Team aus Unternehmer, Planer und Land- Mit der Natur zu arbeiten, schaftsgärtner sollte versuchen, mit der Natur statt gegen sie, ist zugleich zu arbeiten und zu gestalten. Auf jede Situati- ökologisch und ökonomisch. Die Vorteile on wie schattig, sonnig, trocken, feucht, gibt es eine passende Antwort. Auch für Bereiche mit Naturnah gestaltete Gewerbeflächen tragen zur „Stress“ durch den laufenden Betrieb oder für Artenvielfalt bei und bieten Lebensmöglich- ruhige Randzonen. keiten für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Ansprechend und naturnah gestaltete Fir- Das können sowohl gestalterische Antworten menareale können überzeugen, transportieren sein, um die Situation in Szene zu setzen, als die innovative Haltung eines Unternehmens auch ökologische, durch die Wahl einer diesem nach außen, werden als grüne Visitenkarte speziellen Standort gerechten Pflanzengesell- wahrgenommen. Wegen der Synergien sind sie schaft. Dadurch wird Energie gespart, denn auch kostengünstiger. man dirigiert durch behutsame Pflege nur das, was auch von Natur aus auf diesem Standort wachsen würde. Mentale Regeneration Unsere Arbeitswelt ist kein Spaziergang, da tut Das ist angewandte Nachhaltigkeit. es gut, auch mal „die Seele baumeln zu lassen“. „Mal die Seele baumeln lassen tut so gut, danach In der Natur gibt es keine Normen, Natur ist Das Ziel: Mehr Natur kann ich viel konzentrierter präzise, aber auf andere Art, auch ihre „Ter- arbeiten …“ Statt steriler und unterhaltungsintensiver mine“ sind andere. Indem wir dies am Vesper- geschnittener „grüner Wände“ lässt eine platz oder vor unserem Bürofenster beobach- heimische Hecke mit Blüten, Früchten und ten, können wir ein klein wenig entspannen. unterschiedlicher Herbstfärbung die Jahres- Das wär’s doch: So ein Vesper- platz mitten in der Natur, mal zwischendrin den Kopf auslüften und dann wieder an die Arbeit. 14
Grundsätze einer Hungerkünstler. Und die Vielfalt derartiger naturnahen Gestaltung Standorte ist auf eine Klimaveränderung besser vorbereitet. Naturnahe Standorte brauchen Die Grundsätze einer naturnahen Gestaltung keinen oder nur wenig Humus. lassen sich in wenigen Punkten zusammenfassen: Verzicht auf Dünger und Pestizide Versiegelung minimieren Dünger selektiert zu Gunsten der „Dicken“ Versiegelter Boden verliert seine Funktion als unter den Pflanzen. Vergleichbar mit einer Ein Kleiner Blaupfeil rastet auf Speicher und Puffer, als Ausgleich im Wasser- Ernährung aus zu viel Fett, zuckerhaltigen einem Schilfstängel. kreislauf, als Standort für natürliche Vegetation Getränken, übermäßigem Fleischgenuss und und Kulturpflanzen. Offener Boden lebt, mangelnder Bewegung. Pestizide sind schlicht bietet Tieren und Pflanzen die Möglichkeit, und einfach Gift, sie bekämpfen nicht nur eine sich anzusiedeln. Bereits auf einem Kiesbett „Unkraut“-Art, sondern alle Wildkräuter. Und gedeihen Flechten und Moose; Gräser, Kräuter gerade diese wollen wir ja in der naturnahen und Gehölzsämlinge gehen auf. Außenanlage haben. Oder sie töten nicht nur alle Schädlinge son- Regenwasser zurückhalten dern auch die Nützlinge. Unkraut-Ex ist ein Produkt der 1950–1970er Jahre und gehört Auch bei Regenwasser gilt das Verursacherprin- heute hoffentlich der Geschichte an. Sein zip. Wo immer es möglich ist, sollte es da wo Schaden ist langfristig nämlich größer als der es anfällt – also auf dem Grundstück – zurück- Nutzen. gehalten werden. Dies dient der Hochwasser- vorsorge und der Grundwasserneubildung. Ab S. 25 geht die Broschüre auf naturnahe Regen- Heimische und standortgerechte wasseranlagen wie z. B. eine wechselfeuchte Pflanzen verwenden Sickermulde mit Restwassertümpel ein. Unsere Natur hält eine große Auswahl hei- mischer Gehölze, Wildstauden, Gräser und Wie Sie den Weg zum natur Nährstoffarme Standorte schaffen Farne bereit. Heimische Pflanzen gedeihen in nahen Firmengelände Schritt der Regel besser und sind unverzichtbarer Be- für Schritt angehen können, Ärmere Standorte bringen buntere und viel- standteil im Lebenszyklus unserer heimischen erfahren Sie auf S. 55. fältigere Pflanzengesellschaften hervor. Auf Tiere. fetteren Standorten verdrängen mastige Arten wie Ampfer und Löwenzahn die feingliedrigen Storchschnabel und Thymian in den Ritzen einer Trockenmauer Zypressen-Wolfsmilch auf Kalkschotter Mauereidechse 15
Auf Vielfalt achten Verwilderung in Teilbereichen zulassen Je vielfältiger in seinen Strukturen und je Gepflegt bedeutet für die meisten Menschen besser diese untereinander vernetzt sind, desto ordentlich und sauber. Für Tiere stehen Krite- stabiler ist ein Ökosystem. Viele Tierarten rien wie Deckung, Nistmöglichkeit, Nahrungs- brauchen die Ergänzung und Nachbarschaft angebot im Vordergrund. Igel und Eidechse verschiedener Teillebensräume. Insekten und brauchen Laub, Fallobst, Würmer und In- Vögel stellen unterschiedliche Ansprüche an sekten. Hierzu gehören auch Erdlöcher und den Schwarmplatz, die Sitzwarte, den Sonnen- Pfützen, Totholz, morsche Baumhöhlen und platz, die Nahrungsquelle sowie die Überwin- ungemähte Grassäume. terungs- und Fortpflanzungsstätte bzw. ihren Brutplatz. Auf sachkundige Pflege achten Ein Unkundiger kann die schönste Anlage ru- inieren, wenn das von den Vorgesetzten ohne eingehend darüber nachzudenken verlangt wird. Zu „gründliche“ Pflege kann beginnende Lebensgemeinschaften gefährden. So wie eine neue Maschine oder Software eine Schulung erfordern, muss die Pflege der neuen natur nahen Außenanlage erlernt werden. Gilbweiderich im Schatten einer Baumkrone; hier im Randbereich darf die Pflanzung verwildern, Pflege ist kaum notwendig. 16
Baustoffe Holz Holz ist ein traditioneller Baustoff im Land- Naturstein schaftsbau. Es kann als gesägte Schwelle oder Naturstein ist wertbeständig. Er altert in Wür- naturbelassener Stamm zur Sitzgelegenheit de und kann wieder verwendet werden. Am oder Stufe werden. besten ist es, wenn er in der Nähe gewonnen wird, und nicht von weither transportiert werden muss. Aber immer lässt sich dies nicht Recyclingmaterial Ziegelbruch vermeiden. Bei der Herkunft aus Asien sollte Ziegelmaterial fällt beim Gebäudeabbruch man auf ein glaubwürdiges Zertifikat achten. in größeren Mengen an. Aufgrund seiner Herkunft (Ton aus heimischen Tongruben) ist es ein reines Naturprodukt. Es wird zur Betonpflaster Herstellung von Pflanzerden und Substraten Betonpflaster ist kostengünstig, ebenflächig und z. B. für Dachbegrünung verwendet, weil es Innenhof der Firma SOLON, pflegeleicht. Formatwahl, Farbe und Oberfläche leicht ist, ein hohes Porenvolumen besitzt und Berlin-Adlershof, Naturstein grauer Schiefer, unterliegen hier stärker modischen Schwankun ideal Wasser speichern kann. Ziegelbruch gibt hochC Landschaftsarchitektur, gen. Öko- oder Drainpflaster ist sickerfähig. wie Schotter einen idealen Untergrund für Berlin Pflanzenbilder aus Stauden und Gräsern ab. Außerdem kann Beton- und Ziegelabbruch Asphalt für Beläge oder kleine Mauern wie Naturstein verwendet werden. Asphalt gibt es in verschiedenen Körnungen. Er hat deshalb unterschiedliche Oberflächenstruk- turen. Asphalt ist gut zu reinigen und im Winter Schotter – ideal für Wildstauden leicht zu räumen. Er ist in der Regel wasserun- durchlässig und versiegelt den Boden. Damit ist Schotter zur Abdeckung von naturnahen Pflan- eine höhere Abwassergebühr verbunden. zungen wird in größerem Umfang erst seit etwa zehn Jahren verwendet. Eine Abdeckung mit Rindenschrot ist dagegen schon lange bekannt. Wassergebundene Decke Ziel der Abdeckung ist es, die Feuchtigkeit im Boden zu halten und den Pflegeaufwand für Die wassergebundene Decke ist günstig in der das Unkrautjäten zu minimieren. Herstellung, ermöglicht eine eingeschränkte Regenwasserversickerung, bringt aber erhöhte Der Schotter kommt, abgesehen von besonde- Unterhaltungskosten mit sich. ren Farbwünschen, in der Regel aus der nähe- ren Umgebung, ist also ein regionaler Baustoff. Eine Mischung mit Betonbruch ist möglich. Stahl Stahl fällt oft beim Umbau in Form von Trägern, Platten oder Teilen alter Maschinen an. Derarti ges Material ist geeignet, Kontraste zu setzen. Ecokathedraal in Mildam, Heerenveen NL, Verwendung gebrauchter und lose aufge- Trockenbiotope an der Rand Lava und Ziegelbruch sind schichteter Klinker, Louis Le Roy bebauung der Bundesgartenschau neben Schotter ideal für Landschaftspark Duisburg Nord: Architekt, NL. Er ist der Pionier München 2005 wärmeliebende Wildstauden Stahlplatten aus der Gießerei naturnaher Außenanlagen. 17
Lebende Materialien Globalisierte Pflanzenauswahl Unsere Baumschulpflanzen kommen seit den Schotterrasen 1930er Jahren traditionell aus Norddeutschland Schotterrasen integriert die Befahrbarkeit einer und Holland, später aus Italien und Polen. Das unbelebten Befestigung mit den Eigenschaften heißt, es handelt sich um europäische Einheits- einer Vegetationsfläche. ware ohne Anpassung an regionale Besonder- heiten wie Klima und Boden. Ingenieurbiologische Bauweisen Regionale Herkunft Diese werden zur Sicherung von Böschungen oder Bachufern eingesetzt. Sie kombinieren Das Saatgut gebietsheimischer (autochthoner) tote Bauweise aus Steinen, Schotter und E rde Gehölze stammt aus dem jeweiligen Natur- mit der Wurzelkraft der Natur. Es werden raum, ist also optimal an diesen angepasst. Die Steckhölzer oder vor Ort gewonnene Weiden- dort lebenden Tiere sind auf ihre jeweiligen ruten verbaut. Die Weidenruten bewurzeln Wirtspflanzen angewiesen. sich, treiben aus und bilden eine natürliche und lebende Armierung, die technischen Bau- weisen oft überlegen ist, weil sie flexibel auf Ausgraben gilt nicht Setzungen oder Erosion reagieren kann. Die Entnahme wild wachsender Pflanzen aus der Natur ist grundsätzlich nicht zulässig. Pflanzen Pflanzen beschafft sich der Landschaftsgärtner Gehölze, mehrjährige Wildstauden, Gräser und aus Baumschulen, Staudengärtnereien oder einjährige Wildkräuter bieten ein weites Re- vom Saatguthandel. Die Verwendung hei- pertoire, aus dem sich der Planer bedient, um mischer Arten, nach Möglichkeit regionaler einen naturnahen, aber zugleich wirkungsvoll Herkunft, sollte soweit verfügbar im Vorder- inszenierten Freiraum im und um das Unter- grund stehen. nehmen zu gestalten. Die Bandbreite dieses Repertoires stellen wir auf den nachfolgenden Seiten vor. Pflanzen, hier hochwüchsige Gräser, auf einer flachen Erdmodellierung sorgen für Raumbildung, lassen den dahinter liegenden Parkplatz „verschwinden“. (Firma Bürkert, Triembach au Val, Frankreich) 18
Naturstein, Kies und heimische Pflanzen (Königskerze) sind hier die Bestandteile einer Außen anlage. Gärtnerisch gestaltete Natur Im Gegensatz zur „echten Natur“ und zur Bei der Planung neuer Anlagen ist dies ein- „spontanen Stadtnatur“ wird die „gestaltete facher, weil sich – außer an der Funktionalität Natur“ ganz bewusst durch gärtnerische Pflege der Anlage und der Gestaltungsabsicht des und Unterstützung stabil gehalten. Planers – alles an der Ökologie orientieren kann. Ihre Qualität als Lebensraum für die wild le- bende Flora und Fauna ist sehr unterschiedlich. Bei Beibehaltung der Grundzüge bestehender Anlagen ist es das Ziel, dort, wo es sich ge- stalterisch realisieren lässt, die Ansprüche der Auf einer Tiefgarage lassen sich Natur stärker zu integrieren. Bäume nur in erhöhten Baum- quartieren pflanzen, hier aus Cortenstahl (Esplanade Karlsruhe). Lockere Feldhecke aus heimischen Gehölzen und vorgelagertem Krautsaum 19
Heimische Gehölze und Fremde Pflanzenarten können sich aggressiv Bäume für Firmenareale ausbreiten und die natürlichen Tier- und Pflan- zengemeinschaften verfälschen und gefährden. Unsere heimischen Bäume und Sträucher eignen sich größtenteils gut für eine natur Die Verwendung heimischer Arten ist deshalb nahe Gestaltung von Betriebsgeländen. Es sind innerhalb von Firmenarealen zu empfehlen: diejenigen Arten, die in der Naturlandschaft Sie sind besonders robust und pflegeleicht. Baden-Württembergs natürlich vorkommen. Gehölze richtig pflanzen Gebietsheimische Gehölze Dem Planer stehen für Standorte auf der Wiese Apfelblüte Gebietsheimische (autochthone) Gehölze sind oder in der Pflanzfläche viele Gehölzarten zur Arten, die aus regionalem Saatgut gewonnen Verfügung. Dort sind die Wuchsbedingungen wurden und in süddeutschen Baumschulen ähnlich günstig wie in der Natur und deutlich herangewachsen sind. Innerhalb von Baden- besser als bei Anpflanzungen auf befestigten Württemberg gibt es vier große Herkunftsregi- Flächen. onen (Näheres auf S. 24). Diese „Lokalgewächse“ sind optimal an die Bäume in Belagsflächen Heimische Arten regionalen Standortbedingungen angepasst und Innerhalb von Belagsflächen wird die Verwen- sind besonders robust dienen als Lebensraum und Futterpflanzen für dung stadtklimaverträglicher Baumarten emp- und pflegeleicht. die heimische Tierwelt. fohlen. Hier kommen die gebietseinheimischen Bäume oft an ihre Grenzen. Für den Wurzel- raum sind besondere Vorkehrungen zu treffen. Standortgerechte heimische Gehölze Wegen der größeren Strahlungshitze über dem Stehen Bäume und Sträucher zu nass oder zu Belag ist es sinnvoll, Baumquartiere mit einer trocken, zu schattig oder zu sonnig, gedeihen Belüftungs- und Bewässerungsschleife aus- sie nicht und können sogar absterben. Jede zustatten. Wenn die Größe der Baumscheibe Art hat ihre spezifischen Standortansprüche. eingeschränkt ist, kann ein verdichtungsfähiges Es gibt Spezialisten für feuchte nährstoffreiche und dennoch gut durchwurzelbares Baum- Standorte wie Erle oder Esche. Hungerkünstler substrat verwendet werden. Im Bereich von wie Felsenbirne oder Schlehe vertragen dage- Leitungen sollte der Einbau einer Wurzelsperre gen Trockenheit. erwogen werden. Robert Bosch Entwicklungszentrum Abstatt: heimische Laubbäume auf einem wasserdurchlässigen Kiesbelag sorgen für Schatten und Kühle; Heiner Luz Landschaftsarchitekt, München Feld-Ahorn und Vogelkirsche, Bäume mit schöner Herbstfärbung 20
Diese Maßnahmen verhelfen Bäumen auf Große Nadelbäume einem Betriebsgelände zu einem guten Start (15 – 25 m) und zu einer dauerhaften Entwicklung. Hier handelt es sich meist um Flachwurzler, die große Wurzelteller entwickeln. Mit ihrer immergrünen Benadelung eignen sie sich als Kleine Bäume (6 –12 m) Ergänzung von Laubbäumen. Kleinkronige und kompakte Bäume sind oft Uptown München, auf der die erste Wahl, wenn der Raum beengt ist. Mit Beispiele: Wald-Kiefer, Fichte trockenen Münchner Schotter dem Austrieb zarter Blätter, Blüten, schattiger ebene ist die Wald-Kiefer Kronen, Früchte, Herbstfärbungen und der heimisch, weil sie sich optimal an den Standort anpasst; winterlichen Aststruktur lassen Laubbäume die Feldgehölze (6 – 9 m) Gustav Lange Landschafts Jahreszeit am Arbeitsplatz intensiver erleben. architekt, Lankau Anker Hasel, Kreuzdorn, Weißdorn, Kornelkirsche, Sal-Weide, Purpur-Weide, Rosmarin-Weide Beispiele: Feld-Ahorn, Elsbeere, Hainbuche, Traubenkirsche, Rotdorn, Obstbäume Sträucher (3 – 6 m) Große Laubbäume (15 – 25 m) Liguster, Blut-Hartriegel, Wolliger Schneeball, Hundsrose, Schlehe, Felsenbirne Große Bäume können zu stattlichen Monu- menten auf dem Firmenareal heranwachsen, brauchen dafür allerdings ihren Raum zur Ent- Bodendecker (0,5 – 1,5 m) wicklung ihrer Baumkrone und ihres Wurzel- systems. Ein ausreichendes Lichtraumprofil für Alpenjohannisbeere, Brombeere, Efeu LKW, ein Kronenansatz in über 4 m Höhe ist zu beachten. Leitungstrassen können die Stand- Da es kaum heimische bodendeckende Ge- ortfindung erschweren. Für die Wurzeln ist hölze gibt, können ergänzend kleinwüchsige gutes Bodensubstrat sowie ein ausreichender Selektionen heimischer Sträucher zum Einsatz Wurzelraum mit Wasserversorgung und Belüf- kommen: kleine Heckenkirsche, niedrige tung unverzichtbar. Purpur-Weide. Beispiele: Winter-Linde, Berg-Ahorn, Spitz-Ahorn, Gewöhnliche Esche, Stiel-Eiche, Vogelkirsche Herbstfärbung Elsbeere Herbstfärbung Felsenbirne Heimische Winter-Linden als städtische Baumreihe 21
Hecke und blühender Saum Ausnahmefälle Außer den heimischen Pflanzenarten kann Die Anlage einer Feldhecke kann als Rahmen auch der eine oder andere „ausländische“ entlang der Grundstücksgrenze dienen. Frei Begleiter die Vielfalt erweitern. wachsende Hecken unterscheiden sich von geschnittenen Hecken. Sie wirken natürlicher Der aus Asien stammende Schmetterlings- und bieten Lebensraum als Vogelnähr- und strauch ist der Inbegriff einer Nektarpflanze. Nistgehölz. Da sie nicht geschnitten werden, Er ist ein „Gartenflüchtling“, der sich in un- sind sie im Unterhalt deutlich günstiger. serem milden Klima ausbreitet. Obwohl er Dafür benötigen sie mehr Platz. Deshalb nicht heimisch ist, bietet er unseren Schmetter- sollte bei der Planung ihre spätere Breiten- lingen eine bevorzugte Nahrungsquelle. entwicklung realistisch berücksichtigt werden. Abgesehen davon, dass einseitig beschnittene Auch der Lavendel stammt nicht aus dem Feldhecken verstümmelt wirken, sind sie auch Ländle. Er gedeiht aber perfekt im trocken ökologisch nur eingeschränkt wirksam. warmen Stadtklima, findet hier seine „Provence des Nordens“ und erfreut Bienen und Men- Ganz oben: Bläuling auf Wildem Majoran; oben: Feuerfalter schen. Komplex mehrerer Lebensraumtypen Eine ideale Abfolge mehrerer Lebensraum- Dasselbe gilt für ein Ergänzungssortiment aus typen lässt sich ohne großen Aufwand auf dem Bäumen, die sich in der Stadt teilweise besser Firmengelände realisieren. Beginnend mit einer bewährt haben als heimische Arten. Feldhecke, einer vorgelagerten Steinschüttung über einen ungemähten Saum bis zur Wiese. Im Schutz der Hecke heizt sich der Stein auf. Stein und Saum bilden für zahlreiche wärme- liebende Tier- und Pflanzenarten wertvolle Zwischentöne zwischen den Grobstrukturen Hecke und Wiese. Hecke aus heimischen Sträuchern Blühender Saum als Lebensraum für Eidechse, Igel, Wildbienen und Tagfalter 22
Wildstaudenpflanzungen kritisch zu sehen, da sie einen erheblichen Anteil nichthei- Vorbilder aus der Natur mischer Arten enthalten. Auch aus dem 111-Arten-Korb (S. 9) lassen sich Im Sinne der Ökologie ist Pflanzenbilder unterschiedlicher Vegetationsge- es ratsam, weitestgehend sellschaften komponieren, beispielsweise: heimische Arten anzupflan- Stauden-Gräserpflanzung mit • Bergwiesen: Arnika, Pfingstnelke, Trollblume zen. Schlichtere, aber nicht weniger schöne Strauchweiden im Spätherbst Pflanzenbilder lassen sich komponieren. • Sumpfstandorte: Sumpfbinse, Dichtes Laichkraut, Froschbiss, Färberscharte Die Ergänzung durch gärtnerische „Prärie • Ackerwildkräuter: Sommer-Adonisröschen, stauden“ soll die Ausnahme bleiben. Acker-Kleinling, Weinbergs-Traubenhyazinthe • Magerrasen: Küchenschelle, Kartäusernelke Magerer Standort Diese selteneren Arten gedeihen jedoch nur Wie bei den Bäumen und Sträuchern entschei- in Gesellschaft mit zum Standort passenden det auch bei Stauden und Gräsern der Standort Begleitern und Gräsern. Spezielles Wissen (Boden, Feuchtigkeit, Besonnung, Klima) und einer Ökologin oder Landschaftsarchitektin ist die Auswahl und Kombination der Arten über hier wichtig. das langfristige Gedeihen einer Pflanzung. Oft befindet sich im Boden ein Samenpotenzial nicht gewollter Arten. Es kann deshalb sinnvoll Silbersommer sein, ein gemischtes „unkrautfreies“ Stauden- substrat zu verwenden (alternativ den Boden Die Verwendung von Stauden, Wildstauden zunächst ein Jahr mit Folie abzudecken). Auch und Gräsern in städtischen Anlagen und auf die Pflegekosten verringern sich dann. Firmengeländen steht im Spannungsfeld zwi- schen Ökologie, Gestaltungsanspruch (es soll möglichst immer etwas blühen) und geringer Winterschönheiten Pflegeintensität. Mit Reif besetzt, umhüllt von glitzernden Mischungen pflegeleichter Präriestauden Eiskristallen und unter Schneehäubchen malen wurden in der Praxis erprobt. Sie werden von trockene Ähren, Blüten- und Samenstände Staudengärtnereien standardisiert angeboten. ein wunderschönes Bild (z. B. Mädesüß, Blut- Bekanntestes Beispiel ist das Sortiment „Sil- weiderich, filzige Klette, Federgras). Ihr Rück- bersommer“. Diese Mischungen sind jedoch schnitt erfolgt deshalb erst Ende Februar. Sonniger Standort: mit den Halbschatten: Magerer Standort mit heimischen Schotterfläche mit heimischen Wildstauden Färber Mädesüß, Wiesen- wärmeliebenden Wildstauden Kleinem Habichtskraut kamille und Rosen-Malve raute, Blutweiderich 23
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