Nachnutzung Flughafen Tegel - Standortkonferenz: Einblicke in die "Werkstatt Berlin TXL"
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Nachnutzung Flughafen Tegel 7. Standortkonferenz: Einblicke in die „Werkstatt Berlin TXL“ Dokumentation der Veranstaltung am 20. Januar 2015
7. Standortkonferenz | Dokumentation Inhalt Begrüßung 7 Uwe Madel, Rundfunk Berlin-Brandenburg Einführung 8 Senator Andreas Geisel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt TXL: Zum Stand der Entwicklung 10 Dr. Philipp Bouteiller, Geschäftsführer, Tegel Projekt GmbH TXL und Berlin: Zu den veränderten Rahmenbedingungen 14 Michael Künzel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Die „Werkstatt Berlin TXL“ 17 Daniel Bormann, REALACE GmbH Im Interview 18 Prof. Dr.-Ing. Hans Gerber, 1. Vizepräsident, Beuth Hochschule für Technik Harald Herweg, Leitender Branddirektor, Berliner Feuerwehr Abschlussdiskussion 21 Staatssekretär Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Dr. Philipp Bouteiller, Geschäftsführer, Tegel Projekt GmbH Prof. Dr.-Ing. Hans Gerber, 1. Vizepräsident, Beuth Hochschule für Technik Moderation Uwe Madel, rbb Berlin 5
Vorwort verbindlich beschlossen. Parallel wurden die Bebauungsplanverfahren eingeleitet, damit schon mit Rückgabe des Flughafen- geländes an die beiden Eigentümer Bund (BImA) und Land verbindliches Baupla- nungsrecht für die zukünftigen Nutzungen besteht. Die 7. Standortkonferenz zur Nachnutzung des Flughafens Tegel fand am 20. Januar Was passiert in Berlin TXL, wenn der Flug- 2015 statt. Die Planungen und konkreten hafen geschlossen wird? Diese Frage wird Projektvorbereitungen sind weitergegan- seit 2008 unter Einbeziehung einer breiten gen und wurden mit einer interessierten Öffentlichkeit intensiv diskutiert. In einem Öffentlichkeit diskutiert. Dabei wurden mehrstufigen diskursiven Werkstattver- nicht nur die Maßnahmen für das Projekt fahren erarbeiteten sechs internationale Berlin TXL – The Urban Tech Republic vor- Teams aus Architekten, Stadt- und Land- gestellt (einen Industrie- und Forschungs- schaftsplanern Ideen, die mit weiteren Ex- park für urbane Technologien), sondern perten und der interessierten Berliner Öffent- auch die Pläne für ein Wohnprojekt im öst- lichkeit in mehreren Standortkonferenzen lichen Bereich des fast 500 Hektar großen weiterentwickelt wurden. 2011 hat das Land Flughafengeländes. Berlin die Ergebnisse des Planungsprozes- ses mit Festsetzung eines entsprechenden Wir wünschen viel Freude bei der Lektüre. Flächennutzungsplans manifestiert. In ei- nem weiteren Werkstattverfahren mit den Planungsteams wurde 2012 der Master- plan entwickelt und 2013 vom Land Berlin Andreas Geisel Senator für Stadtentwicklung und Umwelt Die Diskussion zum Wohnprojekt war im Januar 2015 noch geprägt von der Bewerbung Berlins für die Olympi- schen Sommerspiele 2024. Dies spiegelt sich in den Beiträgen der Referenten wider, die sich auf die Entstehung des Olympischen Dorfes auf dem Flughafengelände beziehen. Inzwischen ist Hamburg der ausgewählte Kandidat – aber auch ohne ein Olympisches Dorf wird die Entwicklung eines Wohnprojektes am Kurt-Schumacher-Platz vorangetrieben. 6
7. Standortkonferenz | Dokumentation 7. Standortkonferenz Dokumentation Begrüßung mitzudiskutieren. Wir werden heute einen Bericht bekommen, wie es im Augenblick in Uwe Madel der „Werkstatt Berlin TXL“ aussieht. Wie ist der Stand der Dinge? Wie weit sind die Pla- Guten Abend, meine Damen und Herren. ner? Was sind die aktuellen Diskussions- Ich darf Sie herzlich willkommen heißen punkte, Schwierigkeiten? Was ist Ihre Mei- zur mittlerweile 7. Standortkonferenz zur nung dazu, Ihre Kritik, sind Ihre Wünsche Nachnutzung des Flughafens Tegel in die- zum Thema Berlin Tegel und Nachnutzung ser wunderschönen Peter-Behrens-Halle. Tegel? – Das wollen wir gemeinsam disku- Die Halle hat eine lange Zeit der AEG ge- tieren. hört, war eine Industriehalle und wird jetzt Ich freue mich sehr auf Senator Andreas von Studenten und Forschenden der TU Geisel, der heute zum ersten Mal bei der Berlin genutzt, eine Versuchshalle, die in Standortkonferenz ist und sich in neuer Nutzung ist. Diese Halle ist ein gelungenes Funktion als Senator auch der Urban Tech Beispiel für sinnvolle Nachnutzung einer Republic widmen wird. Ich freue mich sehr alten Industriehalle, heute mit neuem Le- auf Ihre einführenden Worte. ben gefüllt. Vielleicht ist das ein gutes Omen für die Diskussion zur Nachnutzung des Flughafens Tegel. Ich bin Journalist beim Rundfunk Berlin Brandenburg und habe die große Freude, diese Konferenzen moderieren zu dürfen. Die Diskussion um die Nachnutzung des Flughafens Tegel ist für Berlin beispielge- bend. Da haben wir viele andere Erfahrun- gen gemacht. Hier funktionierte das ganz gut, ausgehend von der Frage: Was machen wir eigentlich mit dem Flughafen, wenn der irgendwann geschlossen wird? Mittlerweile sind wir beim Masterplan 2012 angekom- men, beschlossen vom Senat in Berlin: „Forschungs- und Industriepark Zukunfts- Uwe Madel, rbb Berlin technologien“ oder neudeutsch: „Urban Tech Republic“. Was das eigentlich genau ist, können wir heute Abend besprechen. Ist es das, was die Bürger Berlins auch wollen? Viele Leute wissen noch gar nicht, was in Tegel pas- siert. Sie haben auch ihre eigenen berech- tigten Wünsche. Die haben auch alle eine Rolle in der Diskussion in den vergangenen Jahren gespielt. Wir haben viele Argumente wiedergefunden, die wir auch schon 2008, 2009 und 2010 diskutiert haben. Ich würde Sie heute gern einladen, wieder 7
Einführung min für die Schließung des Flughafens Te- gel wäre dann etwa ein halbes Jahr nach Andreas Geisel, Senator für Eröffnung des BER, folglich im Jahr 2018 Stadtentwicklung und Umwelt möglich. Der zweite Termin ist der 21. März 2015. Sehr geehrter Herr Vizepräsident Prof. Ger- Da findet eine außerordentliche Mitglieder- ber, sehr geehrter Herr Dr. Boutellier, sehr versammlung des Deutschen Olympischen geehrter Herr Staatssekretär Lütke Dal- Sportbundes statt. Entschieden wird, ob es, drup, sehr geehrter Herr Madel, meine sehr und wenn ja, mit Hamburg oder Berlin eine geehrten Damen und Herren, ich freue deutsche Bewerbung für die Olympischen mich, dass ich heute die 7. Standortkonfe- und Paralympischen Spiele 2024 oder 2028 renz zur Nachnutzung des Flughafens Te- geben wird. gel eröffnen kann. Ich will die Gelegenheit nutzen, für Olympia Zwei Bemerkungen vorab: Immer wieder in Berlin zu werben. Ich weiß, dass wir eine staune ich, über was für tolle Immobilien Diskussion in Teilen der Stadt haben nach die Technische Universität verfügt. Die Pe- dem Motto: Haben wir keine anderen Pro- ter-Behrens-Halle passt hervorragend zum bleme? Ist es angesichts des Zustandes der Konzept der Urban Tech Republic, dem Ge- Infrastruktur beispielsweise auf den Sport- danken, Industrialisierung wieder nach stätten Berlins, in den Sporthallen vieler Berlin zu holen. Die zweite zu meiner Per- Schulen angemessen, ein solches Projekt son: Für mich, muss ich gestehen, ist das aufzulegen? Ich sage: Ja, gerade deshalb Thema heute neu. Ich bin die letzten Tage wollen wir uns bewerben, weil Berlin Visio- sozusagen druckbetankt worden mit dem, nen braucht. Wenn wir wollen, dass sich was in den vergangenen Jahren passiert Berlin weiterentwickelt, dass es auch in ist. zehn, in zwanzig Jahren noch Gründe gibt, Berlin zu besuchen, in Berlin zu investieren, dann brauchen wir neue Ziele. Olympia kann ein solches Ziel sein. In London hat es im Vorfeld eine heftige Diskussion um Olympia gegeben. Zum Schluss waren alle begeistert. London ist mit 30 Mio. Euro plus und einem Schub für die Stadt rausgegan- gen. Allein die Bewerbung für die Olympi- schen Spiele im Jahre 2000 hat Berlin einen Schub gegeben. Viele Sportstätten gäbe es heute sonst nicht. Die Rummelsburger Bucht, damals als olympisches Dorf ge- plant, ist heute ein attraktives kinder- und familienfreundliches Wohngebiet. Meine Damen und Herren, wenn wir wol- len, dass wir in öffentliche Infrastruktur Senator Andreas Geisel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt investieren, dann ist es angemessen, dass sich ein so reiches Land wie Deutschland, Diese Veranstaltung gibt uns allen die eine — im weltweiten Vergleich — so rei- Möglichkeit, gemeinsam zu diskutieren. che Stadt wie Berlin bewirbt. Wir wollen Der heutige Termin findet zwischen zwei keine Gigantomanie, sondern Reformspie- wichtigen Daten statt. Am 12. Dezember le. Wenn das IOC seine Entscheidung da- 2014 hat der Aufsichtsrat der Flughafenge- nach ausrichtet, dass es gigantische Spiele sellschaft Berlin-Brandenburg das zweite werden, dann ist das nicht die Berliner Be- Halbjahr 2017 als Termin zur Inbetriebnah- werbung. Es geht aber auch ums Herz: me des BER genannt. Der endgültige Ter- Denken wir kurz an die Fußballweltmeis- 8
7. Standortkonferenz | Dokumentation terschaft, das Sommermärchen 2006 zu- Wohnungen. Die Potenziale sind also nicht rück, was das für die Internationalität Ber- das Problem. Schwieriger ist es, diese Po- lins und internationale Anerkennung tenziale kurzfristig zu erschließen. Das gilt Deutschlands bedeutet hat. Im Spannungs- nicht für alle Flächen. Zudem sollen nicht feld zwischen Schließung des Flughafens nur Schlafstädte, sondern Orte entstehen, Tegel und Entscheidung des DOSB wollen die selber urbane Angebote bieten. Die wir mit Ihnen heute gemeinsam diskutie- Menschen sollen gern dort wohnen. ren. Nach der Schließung entsteht ein For- schungs- und Industriepark für urbane Technologien, die Urban Tech Republic. Das ist eine Symbiose aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unterneh- men. Etwa 800 Unternehmen siedeln sich dort an – 15.000 Arbeitsplätze, 5.000 Stu- dierende, ein bedeutender Wirtschafts- standort. Wir alle miteinander sollten aber auch wissen, dass dies Zeit braucht. Die WISTA hat mit der Entwicklung von Ad- lershof Anfang der 1990er-Jahre begonnen und wird demnächst fertig. Mehr als 25 Jahre. Auch bei der Entwicklung von Tegel sollten wir eher in Jahrzehnten rechnen. Im Kurt-Schumacher-Quartier soll ein neu- Die Peter-Behrens-Halle wird heute von der TU Berlin als Forschungsstandort genutzt. es Wohnquartier mit 5.000 Wohneinheiten entwickelt werden. Sollten sich die Berline- Viel ist weitergegangen seit der letzten rinnen und Berliner in der Volksbefragung Standortkonferenz im August 2012. Die am 13. September 2015 für Olympia 2024 städtebaulichen und freiräumlichen Vor- oder 2028 entscheiden, könnte im Kurt- qualifizierungen sind abgeschlossen. Auf Schumacher-Quartier das Olympische Dorf dieser Grundlage können Erschließungs- entstehen. Aber es geht nicht nur um das planungen, also die Straßen und techni- Olympische Dorf, sondern um neuen Wohn- sche Infrastruktur und die Freiraumpla- raum in Berlin. nung im Jahr 2015 weiter vorangetrieben Die Einwohnerprognose sagt, dass wir bis werden. Das Bedarfsprogramm der Beuth zum Jahr 2030 etwa um 250.000 Einwoh- Hochschule steht kurz vor dem Abschluss. nerinnen und Einwohner wachsen. Wenn Die Weiterführung der Planung ist 2015 be- wir die Istzahl der letzten zwei Jahre be- absichtigt. Ich habe mit der Präsidentin der trachten, stellen wir fest, wir übertreffen Beuth Hochschule bereits einen Termin die Prognose. Wohnraum wird knapp in verabredet, um das konkreter zu bespre- Berlin. Wie stellen wir neuen Wohnraum chen. Der Standort insgesamt bekommt möglichst schnell her? Denn wenn wir das große Bedeutung für Berlin. Und diese Ver- entsprechende Angebot nicht schnell an anstaltung, die „Werkstatt Berlin TXL“, ist den Markt bringen, werden die Mieten in offen für Ihre Ideen. Sie alle miteinander der Stadt steigen. Es geht aber vor allem sind aufgefordert, Fragen zu stellen, Mei- um bezahlbares Wohnen. nungen zu äußern und mit den Referenten Die Senatsverwaltung für Stadtentwick- ins Gespräch zu kommen. lung und Umwelt hat in einer Potenzial- Tegel habe ich bisher nur als Tourist oder analyse festgestellt, dass in Berlin an ca. Dienstreisender kennengelernt. Die letzten 1.000 verschiedenen Standorten Flächen Male habe ich mir die Frage gestellt, ob ich für etwa 170.000 Wohnungen vorhanden dort eigentlich wohnen möchte, wenn ein sind. Bis 2025 brauchen wir etwa 140.000 Wohnquartier entsteht. Die öffentliche An- 9
bindung ist ja nicht so gut. Nicht bedacht TXL: Zum Stand der Entwicklung habe ich, dass man das auch im Perspektiv- wechsel sehen kann. Es ist weniger die An- Dr. Philipp Bouteiller fahrt zum Terminal als der Blick vom Kurt- Schumacher-Platz, der relevant ist. Dann Sehr geehrter Herr Senator Geisel, ich dan- stellt man fest, dass die U-Bahn-Station ke Ihnen sehr für die Einführung. Das The- Scharnweberstraße ziemlich nah liegt. Es ma „Wohnen“ ist in der aktuellen politi- geht also eigentlich darum, diesen U-Bahn- schen Diskussion sehr viel präsenter Anschluss zu nutzen – beispielsweise durch geworden. Dies zeigt sich auch in unserem den Bau einer Brücke zum neuen Quartier Planungsprozess. hin. Und schon verändert sich die Standort- Ich werde Ihnen, sehr geehrte Damen und qualität. Ich finde, das sollten wir kommu- Herren, jetzt einen Abriss darüber geben, nizieren. was in den letzten Jahren passiert ist. Be- Der zweite Punkt ist die Autobahn 100. Der vor wir uns anschauen, was urbane Tech- Stummel, der zur Umfahrung des Tunnels nologien eigentlich sind und was wir an Tegel dient, muss entwidmet werden. Si- diesem Standort konkret planen, möchte cherlich brauchen wir diesen als Ausweich- ich noch mal an den Kontext erinnern. Viele möglichkeit, falls der Tunnel einmal ge- von Ihnen waren ja bereits bei unserer schlossen ist. Aber nicht als Autobahn. Das Standortkonferenz 2012 dabei. Es freut heißt, dort werden wir eine Veränderung mich sehr, dass Sie die Entwicklung weiter- vornehmen. Eine spannende Diskussion ist hin verfolgen. Vorweg: Auf dem riesigen das, zu der ich ganz ausdrücklich aufforde- Gelände planen wir eigentlich nicht nur ein re. Klar ist: Gute öffentliche Anbindung ist Projekt, es sind eigentlich drei Großprojek- notwendig, um ein attraktives Quartier für te. Gewerbe und Wohnen entstehen zu lassen. Diese drei Großprojekte gliedern sich ein- Kurz vor Schluss möchte ich den Zeitdruck mal in das, was Sie kennen, nämlich den nun doch etwas erhöhen: Von Tegel sollte Forschungs- und Industriepark Berlin TXL — ein positives Signal für die Stadtentwick- The Urban Tech Republic. lung ausgehen. Wenn Tegel 2018 geschlos- Dazu kommt ein ungefähr 203 Hektar gro- sen wird, dürfen wir also nicht zu viel Zeit ßer Landschaftsraum. Dafür haben die Pla- ins Land gehen lassen, bevor wir bauliche nungen noch nicht begonnen. Das werden Aktivitäten zeigen. Wir müssen gemeinsam wir nachgelagert in Angriff nehmen. auf dieses Zieldatum 2018 hinarbeiten. Als drittes Projekt ist das Thema „Wohnen“ Vielen Dank. hinzugekommen. Die Erschließung eines Wohnquartiers macht vor allem dann Sinn, wenn man es vom Kurt-Schumacher-Platz her und nicht von der Urban Tech Republic aus betrachtet. Wir haben also die ganze Perspektive umgedreht. Und dann sehen Sie, dass dieses Tortenstück des Flugha- fens im Prinzip immer aus der Stadt raus- geschnitten war und dass wir die Stadt an der Stelle jetzt wieder vervollständigen können. Das ist eine sehr sinnvolle Maß- nahme, auf die wir uns freuen. Es ist unglaublich, was in den letzten 25 Jahren seit dem Mauerfall in Berlin passiert ist. Was alles neu entstanden ist, renoviert, restauriert wurde – das gibt es in keiner an- deren Metropole in Europa. Dazu gehört, Die Entwicklung des ehemaligen Flughafens Tegel ist entscheidend für die Berliner Stadtentwicklung. dass wir zwei komplett getrennte Städte 10
7. Standortkonferenz | Dokumentation zusammengefügt haben – mit all ihren In- Forschungsinstitute befinden sich in der frastrukturen. Und dazu gehört eben auch, unmittelbaren Nähe. Es ist eine tolle Umge- dass wir redundante Infrastrukturen hat- bung, die sich wirklich perfekt für das eig- ten, nämlich drei Flughäfen. net, was wir vorhaben: die urbanen Tech- Tempelhof wurde 2008 geschlossen. An nologien weiterzuentwickeln. Die das Jahr 2017 bei Tegel mache ich kein Fra- Industriepartner sind im Prinzip schon vor gezeichen dran, sondern ein Ausrufungs- Ort. zeichen. Diesmal rechnen wir damit, dass der Termin wirklich gehalten wird. Alle un- sere Planungen sind darauf ausgerichtet. Kommen wir zum eigentlichen Masterplan und zu dem, worum es heute geht. Sie se- hen hier im Zentrum den Campus. Um die- ses Wissensgebiet mit der Beuth Hochschu- le und anderen Instituten herum liegt ein Gewerbeband. In diesem können die Ideen, die auf dem Campus kreiert werden, in die Kommerzialisierung gehen. Oberhalb be- findet sich ein ca. 80 Hektar großes Indus- trieband. Dort kann das, was pilotiert und kommerzialisiert wurde, schließlich in die Großfertigung gehen. Das heißt, auf die- sem Gelände kann die komplette Wert- schöpfungskette von der Ideengenerierung Dr. Philipp Bouteiller, Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH bis zur Großfertigung realisiert werden. Das gibt es in dieser Form nirgends. Als reines Immobilienprojekt wäre die Ent- Wir haben Hunderte von Industrieparks, wicklung schwierig. Trotz der zentralen Gewerbeparks und Forschungsparks welt- Lage ist das Gebiet ein bisschen isoliert. Im weit ausgewertet. Die einzigen, die funktio- Norden grenzt es an ein großes Waldgebiet nieren, haben eine Universität im Zentrum. und nordöstlich an ein Gewerbegebiet. Im Deswegen ist die Ansiedlung der Beuth Süden liegt eine Kaserne. Die Autobahn Hochschule an der Stelle so wichtig. durchschneidet das Gebiet und eine Schie- Inzwischen haben wir das Konzept verfei- nenanbindung gibt es nicht. Deswegen nert und einen Maßstabsprung gemacht. stand am Anfang des Ganzen die Sinnfra- Das Gebiet ist riesig: 495 Hektar. Das ent- ge: Worum geht es eigentlich? spricht in etwa fünf Prozent der Größe des Am Ausgangspunkt unserer Überlegungen Stadtgebietes von Paris. Wir Berliner verlie- standen die großen Herausforderungen ren manchmal ein bisschen aus den Augen, des 21. Jahrhunderts, nämlich Ressourcen- was das an Planungsaufwand bedeutet. mangel, Klimawandel, Urbanisierung usw. Dazu kommt, dass das Gelände eigentlich Wir hatten die Möglichkeit, das Projekt auf gar nicht so peripher liegt, sondern ganz im vielen internationalen Veranstaltungen Gegenteil ziemlich zentral. Und es ist ein- vorzustellen. So auch in China und Japan. gebettet in das traditionelle Industrie- und Es ist unglaublich, die Städte und die städ- Fertigungsgebiet Berlins. Rundherum se- tische Entwicklung dort mit dem zu verglei- hen Sie zum Beispiel die Fertigungsstätten chen, was wir hier erleben, und gleichzeitig von Siemens, die die größten Fertigungsan- zu sehen, wie sie hilfesuchend zu uns lagen weltweit nach wie vor hier in Berlin schauen und nach neuen Konzepten von haben. Um die Ecke produziert BMW Mo- Stadt suchen. torräder für den weltweiten Vertrieb. Wir Dort werden auf dem Reißbrett Fünf- und haben hier auch Hidden Champions wie IAV Zehnmillionenstädte geplant. In China al- und andere. Die TU Berlin und zahlreiche lein werden in den nächsten 15 Jahren 11
noch mal etwa 300 Millionen Menschen in Es ist also nicht nur eine herausragende Städte ziehen. Das entspricht der kompletten Chance für Berlin, sondern auch ein gutes urbanen Kapazität Nordamerikas. Nur in Geschäft. Wir setzen auf einen Wachstums- China wird in 10 bis 15 Jahren das komplet- markt und Berlin ist dafür hervorragend te Nordamerika noch mal neu gebaut! Sie gerüstet. Wir haben nicht nur die vier Uni- sehen, es ist eine riesige Herausforderung. versitäten, sondern über 31 polytechnische Über die Hälfte der Weltbevölkerung lebt und private Hochschulen, 70 außeruniver- auf weniger als drei Prozent der Erdober- sitäre Forschungseinrichtungen und fläche und verbraucht 75 Prozent der Res- 165.000 Studierende. Berlin wächst jedes sourcen. Aber, um es mal andersrum zu Jahr um die Größe einer Kleinstadt. Das ist drehen, es finden auch 80 Prozent der Wert- eine gigantische Herausforderung. Wie ge- schöpfung dort statt. Bevor wir jetzt in eine hen wir als Stadt damit um? Negativspirale kommen, lade ich Sie zu ei- Schauen wir ein bisschen in den Bereich der nem Perspektivwechsel ein. Denn Städte urbanen Technologien und lassen uns ins- sind gut für uns! Sie sind unheimlich res- pirieren: Warum drucken wir nicht unsere sourceneffizient pro Kopf! Stadt? In China und Holland werden Häuser Städte sind aber vor allem auch Kreativi- mit 3-D-Druckern gedruckt. Damit sind täts-Hubs. Es sind ökologische Wertschöp- ganz andere Kubaturen möglich, ganz an- fungsgiganten. Und die hohe Lebensquali- dere Farb- und Formgebungen als beim tät, die wir alle so schätzen, macht ja den herkömmlichen Bauen. Das heißt, man Reiz von Berlin aus. Deswegen sind wir kann sich plötzlich völlig von dem lösen, auch alle hier in der Stadt. was wir bisher als Stadt kennen, als Stadt- Diese hohe Lebensqualität ist es, an der wir bild. Man kann völlig frei arbeiten – hochef- im Augenblick arbeiten – emissionsfreie, fizient, weil Sie nur das Material verbrau- lebenswerte, grüne Innenstädte. Das ver- chen, das Sie drucken. bindet uns alle als Ziel. Und weltweit gibt Als Nächstes möchte ich Ihre Aufmerksam- es im Augenblick jede Menge Smart-City- keit auf das automatisierte Fahren lenken: Projekte. Etliche davon haben wir auch Was passiert eigentlich, wenn wir nicht schon gesehen. Nur in Deutschland fehlt mehr selber die Autos fahren, sondern das große Vorzeigeprojekt. Das ist die gro- wenn das Fahren automatisiert wird? Alle ße Chance für uns als Berliner, mit dieser großen Hersteller arbeiten im Augenblick Fläche das große Smart-City-Projekt zu an diesem Thema. Das wird nicht nur Aus- werden. Bei den urbanen Technologien wirkungen auf unser Mobilitätsverhalten geht es darum, am Ende klügere Städte zu haben, sondern auch auf die Stadtplanung. bauen. Wir brauchen weniger Platz für den ruhen- Berlin TXL — The Urban Tech Republic 12
7. Standortkonferenz | Dokumentation den Verkehr, wenn sich die Fahrzeuge sel- te-trasse legen? Wenn wir schon keine U- ber wegparken. Wir können den Straßen- Bahn und keine S-Bahn haben, kann es raum wieder den Menschen zur Verfügung nicht vielleicht auch etwas anderes sein, stellen, Begegnungsräume schaffen. eine Spur, die getrennt ist vom fließenden Ich habe mich bei meinen ehemaligen Kol- Verkehr, sodass man staufrei durch das legen von McKinsey schlaugemacht und sie Gelände kommt? Am Anfang mit Elektro- haben folgende Zukunftstechnologien als bussen, später vielleicht mit anderen, mit Schlüsseltechnologien identifiziert, mit de- automatisierten Fahrzeugen? nen wir uns beschäftigen müssen, wenn wir uns mit der Urban Tech Republic befas- sen: das Internet der Dinge, Hochleistungs- werkstoffe, fortgeschrittene Robotik, alter- native Antriebe, regenerative Energie, 3-D-Druck etc. Das sind Themen, bei denen wir recht gut dastehen in Deutschland. Auf der anderen Seite stehen Cyber Security, Cloud Computing, Big Data oder das mobile Internet. Da haben uns die Amerikaner den Rang abgelaufen und wir müssen an unse- rer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten. Wir tun gut daran, an diesen Trends dran- zubleiben. Industrie 4.0 verändert unser Leben. Wir werden zum ersten Mal wieder in der Lage sein, günstiger zu produzieren als in Asien. Das ist eine riesige Chance für Besucher der Standortkonferenz informieren sich über die Potenziale des Flughafengeländes. Berlin, weil wir so gut aufgestellt sind, weil wir so viel Talent, Kreativität und die ganze Wie sieht ein Freizeitkonzept aus? Wie er- Start-up-Industrie hier haben. höhen wir die Aufenthaltsqualität? Im Au- Es gibt noch viel zu tun! Das wollen wir genblick sieht es da ziemlich grau aus, wie nicht nur auf dem Gelände machen. Es geht Sie wissen. Das muss man aktiv kuratieren, darum, Wissenschaft, Forschung und In- sonst bleibt es langweilig. dustrie zusammenzuführen und miteinan- Dieser Anspruch zieht sich durch den ge- der an diesen Lösungen zu arbeiten. Das samten Planungsprozess durch, macht das heißt für uns auch, dass wir den Planungs- Ganze etwas komplexer als eine normale prozess anders aufgesetzt haben, als das Planung, aber es soll eben nicht das Gewer- normalerweise bei Großprojekten passiert. begebiet am Saatwinkler Damm, sondern Wir planen Gewerke parallel und versuchen die Urban Tech Republic werden! immer wieder mal, alle Planer an einen Dazu gehört auch, dass dieses das erste Tisch zu holen. Das sind dann manchmal Quartier in Berlin wird, das zweite in ganz 20 bis 30 Leute an einem Tisch. Das heißt, Deutschland, was sich nach DGNB zertifi- Infrastruktur und Technik und die Ver- zieren lässt, der Deutschen Gesellschaft für kehrsplanung werden gleich zusammen nachhaltiges Bauen. Da sind viele Kriterien mit den Experimentierfeldern geplant. Das festgelegt. Wie gehen wir mit den Stoff- ist ein unheimlicher Kommunikations- und kreisläufen um? Wie behandeln wir das Koordinationsaufwand, aber es lohnt sich, Wasser? Was für Materialien werden ver- weil am Ende jeder vom anderen weiß, wo- wendet? Woher kommen die? Das sind ran er gerade arbeitet. ziemlich hohe Anforderungen, aber wir Fragen, die wir uns stellten, waren: Wie re- halten das für ausgesprochen wichtig. Die- integrieren wir das Flughafengelände in se Konzepte dann hinterher auf das Wohn- das Stadtbild? Wo sind die Fahrradverbin- quartier zu übertragen, das ist die große dungen? Wohin werden wir unsere Freihal- Chance. Was wir in der Urban Tech Republic 13
an Konzepten entwickeln, können wir im TXL und Berlin: Zu den veränderten Wohngebiet zur Anwendung bringen. So Rahmenbedingungen wird ein Ganzes daraus. Vom ersten Tag an werden wir 150.000 Michael Künzel Quadratmeter Immobilienbestand haben, die wir bespielen müssen. Und eine wesent- Wir haben uns in den letzten zweieinhalb liche Aufgabe ist für uns im Augenblick, Ge- Jahren seit der 6. Standortkonferenz auf bäude für Gebäude durchzugehen und uns die gewerblich-industrielle Entwicklung genau zu überlegen, was man dort machen und die Nachnutzung der Terminalgebäu- kann, mit wem und wie. Welche Nutzung? de fokussiert. Ein bisschen ist in dieser Zeit Was können wir für Fördermittel in An- aus dem Blickwinkel gefallen, dass sich spruch nehmen? Was macht Sinn, zum Bei- Rahmenbedingungen und Einschätzungen spiel bei der Fire and Rescue Academy? auch verändern können. Auch die Feuerwehr ist heute Abend hier Die Situation auf dem Wohnungsmarkt in vertreten. Das freut mich sehr, herzlich Berlin hat sich erkennbar verändert. Die willkommen. Eines der schönsten Projekte, Bevölkerungszunahme der letzten Jahre wie ich finde, ist tatsächlich die Berliner und die prognostizierte Entwicklung der Feuerwehr- und Rettungsdienstakademie. nächsten Jahre ergeben einen erhöhten Be- Unter der Woche kann die Feuerwehr im darf an Wohnungsbauflächen und vor al- Hangar wetterunabhängig trainieren und lem an preisgünstigen Wohnungen. Ein in der vorlesungsfreien Zeit können dort Baustein der Wohnungsbaustrategie des Messen und Kongresse stattfinden. Landes Berlin ist die Bereitstellung landes- Sie sehen, an vielen Stellen überlegen wir eigener Flächen zur Entwicklung sozial eben nicht nur monothematisch, sondern ausgeglichener urbaner Wohngebiete. wie man die Dinge miteinander verbinden Daneben hat aber ganz konkret die Auffor- kann, sodass wir eine optimale Auslastung derung des Deutschen Olympischen Sport- hinbekommen und auch das meiste raus- bundes, das Interesse an der Austragung holen für die Stadt im Ganzen. Olympischer und Paralympischer Spiele Das, was aber Senator Geisel eben schon 2024 oder 2028 zu bekunden, eine Stand- erwähnte, nämlich die 800 bis 1.000 Unter- ortsuche für das Olympische und Paralym- nehmen, die wir dort in 20 Jahren nach pische Dorf ausgelöst. Im Ergebnis beider Baubeginn angesiedelt haben wollen, die Themen ist mit dem Kurt-Schumacher- 15.000 Arbeitsplätze, die wir dort geschaf- Quartier ein weiterer Projektbaustein für fen haben wollen, die etwa zwei Milliarden eine nachhaltige, sozial verträgliche und Euro Umsatz, die dort generiert werden zukunftsweisende Nachnutzung des Flug- sollen, von denen dann etwa 180 Millionen hafens Tegel auf die Agenda genommen an Steuereffekten dem Land direkt zugute- worden. Heute habe ich die Freude, Ihnen kommen, diese Vision, diese Zahlen, die wir das erste Mal darüber berichten zu können. uns vorgenommen haben, sind in Wirklich- Mit der Aufwertung des Themas „Wohnen“ keit nichts anderes als das, was wir in den gegenüber 2008 gelingt eine bessere Inte- letzten 20 Jahren in Adlershof geschafft gration des Flughafengeländes in das haben. Das sind nämlich, ehrlich gesagt, Stadtgefüge. Und die Sozialverträglichkeit, die Adlershofer Zahlen. Und das wollen wir die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit wieder erreichen. Das heißt, wir haben es des gesamten Konzeptes steigt. Auch wenn schon einmal gemacht als Stadt und wir die schon sehr früh geführte und ange- wollen es wieder machen. Und Sie alle wer- mahnte Diskussion über die Mischung von den ein Teil dessen sein. Ich freue mich, Wohnen und Arbeiten nach wie vor im Zu- dass Sie hier sind und uns in diesem Pro- sammenhang mit der angestrebten gewerb- zess unterstützen – auch mit kritischen lich-industriellen Nutzung im Kernbereich Fragen. Wir werden noch eine Menge Dis- nicht möglich sein wird, so ist doch die Nähe kussionen haben. Herzlich willkommen. und Beziehung zwischen beiden Nutzungen 14
7. Standortkonferenz | Dokumentation und das Gleichgewicht zwischen beiden Nut- zungen nun deutlich weiterentwickelt. Das Olympische Dorf soll — auf 40 Hektar Gesamtfläche — eine zentrale Lage zu den wichtigen Austragungsorten haben. Es soll selbst einen Sportstättenbezug haben, ins- besondere auch zu Trainingsplätzen. Es soll insgesamt 5.000 Wohneinheiten für ca. 17.500 Athleten und Offizielle enthalten und, auch aus Sicht des Deutschen Olympi- schen Sportbundes, eine gute Nachnutz- barkeit bieten. Aus Sicht des Landes Berlin war Prämisse für die Standortfindung ein zusammenhängen- Michael Künzel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt des Olympisches Dorf auf einer landeseige- nen Fläche. Wir wollen das Olympische Dorf entwickelt, das sich — weil es natürlich aus als ein sozial durchmischtes nachhaltiges Sicherheitsgründen auch eingezäunt wer- Wohngebiet nutzen können und wir wollen den muss in der Phase, in der es ein Olym- vorhandene Verkehrsinfrastrukturen im öf- pisches Dorf ist — einschmiegt in die gro- fentlichen Nahverkehr und im Individual- ßen Verkehrstrassen, Bezug nimmt auf den verkehr für eine effiziente und nachhaltige Landschaftsraum, der während der Olym- Erschließung vorhalten. pischen Spiele für temporäre Sportstätten, Wir wollen aber auch keine stadtentwick- für temporäre Veranstaltungsflächen ge- lungspolitisch wichtigen Vorhaben blockie- nutzt werden kann. Teile der gewerblichen ren oder schwerwiegende Eingriffe in Natur Bauflächen könnten als Betriebsflächen ge- und Landschaft vornehmen. nutzt werden. Und schon im Hinblick auf Dies alles leistet das Kurt-Schumacher- eine spätere Nutzung würde die Plaza sich Quartier am Standort Flughafen Tegel. An- ganz in die Nähe des Kurt-Schumacher- dere Standorte sind wegen mangelnder Platzes schieben, weil dort auch in Zukunft Größe, wegen schlechter Erreichbarkeit, sinnvoll Flächen für Versorgungseinrich- wegen weiter Wege, wegen Eingriffen in tungen, für Dienstleistungen, für Ärzte, für Natur und Landschaft ausgeschieden. Aus Apotheker, für den Bäcker sein könnten. den Potenzialen am Standort Tegel hat Der Vorteil, den wir in dieser Planungspha- sich ein Konzept für das Olympische Dorf se aus dem Gesamtkonzept bereits hatten, Entwurf für das Kurt-Schumacher-Quartier im Rahmen der Interessenbekundung für die Olympischen Spiele 2024. 15
war, dass die schalltechnischen Untersu- ge Ort zu sagen, dass die Spezialgebäude, chungen für das Gewerbe- und Industrie- die in dem Olympischen Dorf unterge- gebiet, die Klimauntersuchungen, die Un- bracht werden, wie eine Mensa, wie eine tersuchungen zu Natur und Landschaft Klinik, wie eine Sporthalle, natürlich von und das Verkehrskonzept bereits so weit Anfang an erstens so positioniert und zwei- gediehen waren, dass sie mit relativ wenig tens auch hochbaulich so konzipiert wer- Aufwand auf das Kurt-Schumacher-Quar- den müssen, dass sie dann nachgenutzt tier ausgedehnt werden konnten. Das werden können als eine Schule, als eine heißt, all die Themen, die in den früheren Kindertagesstätte, als eine Schulsporthalle. Standortkonferenzen während des Flä- Zu guter Letzt wird zu entscheiden sein, in- chennutzungsplanverfahrens diskutiert wieweit ein Smart Olympic Village entsteht, worden sind, haben wir im Sommer 2014 das CO2-neutral ist, das eine Null-Energie- nachgearbeitet auf der bereits detaillierte- Bilanz hat, 100 Prozent recyclebar ist und ren Grundlage der Bebauungsplanung, so- selbst als Gebiet unabhängig zertifiziert dass wir erkennen konnten, dass aus Lärm- werden kann. gründen, aus Klimagründen, aus Gründen Am Schluss möchte ich noch die Philoso- der Natur und Landschaft und der Ver- phie des Olympischen Dorfes und des kehrserschließung keinerlei Hindernisse im Wohngebietes Kurt-Schumacher-Quartier Wege liegen, das Gebiet größer zu fassen, verdeutlichen. Es geht um eine Weiterent- als wir das ursprünglich in der Masterplan- wicklung des Bestandes an der Scharnwe- diskussion gedacht haben. berstraße und am Kurt-Schumacher-Platz Die Kolleginnen und Kollegen von reicher auf das Flugfeld, um die Wohnquartiere haase associierte, die die städtebauliche Reinickendorfs direkt auf das Flugfeld zu Vorqualifizierung für den Kernbereich erar- bringen, zu verbinden mit den Landschafts- beitet haben, haben auch ein Beispiel erar- räumen, mit dem Tegeler Forst, mit den beitet, wie dieses Olympische Dorf sich Havelseen im Hintergrund, und so ein at- dann zum Beispiel im städtebaulichen Bild traktives und nachhaltiges urbanes Quar- präsentieren kann. Für die weitere Bearbei- tier zu schaffen. An dieser Stelle kann ich tung ist hier sicher auch ein qualifizieren- nur sagen, die Urban Tech Republic sagt des Verfahren unter Beteiligung vieler Kol- „Herzlich Willkommen“ zum Olympischen leginnen und Kollegen erforderlich. An Dorf. Und ich bedanke mich für Ihre Auf- dieser Stelle ist dann sicher auch der richti- merksamkeit. Vielen Dank. Studentische Arbeit: Ein Konzept aus der Werkstatt Berlin TXL 16
7. Standortkonferenz | Dokumentation Die „Werkstatt Berlin TXL“ Der Grundgedanke war, dass aus der Ver- netzung und Generierung von Ideen eine Daniel Bormann Republik entstehen kann. Der Austausch findet dann nicht innerhalb von Bürowän- Der Begriff „Urban Technology“ ist für die den statt, sondern spannt einen Bogen zwi- meisten Bürger gar nicht verständlich. schen verschiedenen Unternehmen. Was ist das eigentlich, wie funktioniert das? Wir haben auch die 70 Studierenden bei der Ideenwerkstatt gefragt, ob sie vor- her etwas von dem Projekt gehört haben. Es waren drei! Da sieht man, dass das Pro- jekt bei der „Jugend“, für die das eigentlich alles gebaut wird, noch gar nicht richtig angekommen ist. Warum diese Ideenwerkstatt? Als ich auf die Marke „Urban Tech Republic“ gestoßen bin, hatte ich mit der Tegel Projekt GmbH mal darüber gesprochen, was sie darunter verstehen. „Urban“ war für mich noch recht einfach verständlich, aber was ist die „Republic“ an der Urban Tech Republic? Da wurde mir die Vision erklärt, dass es darum geht, eine Standortgemeinschaft auszubil- Daniel Bormann, REALACE GmbH den. Aber wie kann das eigentlich gelingen? Wie funktioniert eine „Republic“, die einem Ein zweiter wichtiger Punkt war die Diskus- bestimmten Thema zugeordnet ist? sion über die Orte der Republik. Welche Das herauszufinden, war die Aufgabe der Orte braucht die Gemeinschaft? Wo kön- Studierenden: Wie kann sich eine „Repu- nen diese Orte neben den großen Struktu- blic“ bilden? Was sind Ansätze? Was sind ren entstehen und bestehen? Sind das klas- Ideen, so eine Republik zu gründen? Wie sische Stadtplätze? Oder Orte, die ganz kann das funktionieren? anders funktionieren? In dem Zusammenhang haben wir mit den Die Gruppe, die das untersucht hat, kam im drei Hochschulen TU Berlin, HTW und UdK ersten Schritt zu einer sehr interessanten gearbeitet — mit 18 Gruppen, 70 Studie- Aussage, nämlich, dass die „Urban Tech renden, in ganz unterschiedlichen Verfah- Republic“ eigentlich relativ dünn besiedelt ren — und auch verschiedenste Experten ist, sie zwar über sehr viel Fläche verfügt, dazugeholt, um uns Input aus unterschied- aber sehr wenige Personen dort angesie- lichen Perspektiven geben zu lassen, was delt sein werden. Einfach deswegen, weil diese „Republic“ sein kann. Wir wollten der die Unternehmen gerade im Industriebe- Frage auf den Grund gehen, wie eigentlich reich relativ wenig Personal haben. Partizipationsprozesse ablaufen? Was Die Gruppe stellte sich die Frage: Wenn es muss man alles bedenken? Auf diese As- eine Agora, also einen zentralen Platz ge- pekte möchte ich heute ein paar Schlag- ben sollte, an der sich diese Republik fin- lichter werfen. det, wo kann dieser überhaupt sein? Wie Studierende der Gesellschafts- und Wirt- sieht er genau aus? schaftskommunikation der UdK haben Auch wurde überlegt, dass die bisherigen „Berlins Bricoleure“ entwickelt. Da ging es Planungen noch erheblich verdichtet wer- im Wesentlichen darum, wie Ideen an dem den müssten, um überhaupt eine physische Standort der Hochschule entstehen kön- Vernetzung der Republik erreichen zu kön- nen, die über Crowdfunding oder andere nen, die dann auch eine gewisse Attraktivi- Finanzierungsmodelle realisiert werden. tät darstelle. 17
Das letzte Beispiel der Vernetzung stellt Im Interview eine einzelne Person in den Mittelpunkt. Der Vorschlag zielt darauf, dass Vernet- Prof. Dr.-Ing. Hans Gerber und zung im Wesentlichen dann stattfindet, Harald Herweg wenn ein gemeinschaftliches Interesse er- zeugt werden kann und auch Leidenschaf- Moderation ten geteilt werden können. Wir machen jetzt mit einem Gespräch wei- Die Frage, wie so etwas entstehen und ge- ter, in dem wir Ihnen die ersten Nachnut- fördert werden kann, führte eine Gruppe zer, die ersten „Besiedler“ der Urban Tech zu... Bob. Bob, der Community-Manager. Republic vorstellen. Es sitzen also die bei- Bob ist eine Figur, die hauptsächlich die den „Gründungsväter“ der Republik hier Aufgabe hat, die Urban Tech Republic da- auf dem Podium: Prof. Hans Gerber ist der hin gehend zu unterstützen, dass die Mit- Vizepräsident der Beuth Hochschule für glieder miteinander reden, dass sie sich Technik in Berlin und Harald Herweg ist vernetzen, dass sie Ideen teilen. So etwas Leitender Branddirektor für Aus- und Fort- passiert nicht einfach von selbst und es bildung, Chef der Feuerwehrakademie. Wie passiert auch nicht im Rahmen normaler groß ist die Vorfreude auf den Umzug nach Stadtentwicklungsprozesse. Tegel, Herr Gerber? Das Ganze wurde dann durchkonzipiert. Wir haben auch schon das Stellenprofil. Hans Gerber Bob kann eingestellt werden. Im Kern geht Die Vorfreude ist so groß, dass sie die Halle es darum, dass er als Community-Entre- hier sprengen würde. Lassen wir es bei die- preneur die „Republic“ und ihre Vernet- sem Bild. zung gestalten kann, dass er Künstler ist, dass er ein Idealist ist, dass er das Ganze Harald Herweg nach vorne bringt und ihr ein Herz, ein Ge- Wir freuen uns auch schon sehr auf den sicht und einen Motor gibt, der auf einer Tag, wo wir unsere Ausrüstung am alten völlig anderen Ebene funktioniert, als wir Standort einpacken und umziehen können heute Dinge teilweise tun. in eine wirklich zukunftsweisende neue Mit Bob als Idee möchte ich enden, danke Ausbildungsstätte. für die Aufmerksamkeit und wünsche Ih- nen noch einen spannenden Abend. Moderation Die Vorfreude wird noch ein bisschen auf die Probe gestellt. Immer wieder gibt’s Nutzungsschema Agora: Connecting the Urban Tech Republic 18
7. Standortkonferenz | Dokumentation neue Termine, was die Flughafeneröffnung Moderation in Schönefeld angeht und damit zusam- Nun könnte man ja sagen: „Na ja, eine Feu- menhängend die Schließung von Tegel. erwehr gibt’s überall. Was hat die mit Ur- Jetzt haben wir 2017 gehört. Glauben Sie ban Tech Republic zu tun?“ daran? Hans Gerber Das Glauben überlasse ich anderen Perso- nen. Ich denke, unsere Aufgabe besteht da- rin, dass wir stetig an dem Prozess der Ent- wicklung des Areals mitarbeiten, dass wir für unseren Bereich hohe Qualität errei- chen. Natürlich braucht man ein gewisses Maß an Frustrationsfähigkeit. Ich möchte daran erinnern, dass wir die Schnellbesied- lung 2012 im Plan hatten. Aber ich denke, durch die Zeit, die wir nunmehr hatten, ha- ben die einzelnen Planungsschritte noch mehr Qualität erreicht. Unsere Vorfreude ist wirklich noch gewachsen. Aber einfach abwarten, was kommt? Nein, wir arbeiten Harald Herweg und Prof. Hans Gerber im Gespräch mit Uwe Madel daran mit, dass etwas kommt und dass et- was Gutes kommt. Harald Herweg Das können Sie schon daran erkennen, Moderation dass Herr Gerber und ich hier nebeneinan- Herr Herweg, wie sieht es bei Ihnen aus? In der auf der Bühne stehen. Denn es gibt der Feuerwehrakademie, die Sie leiten, schon seit Jahrzehnten eine Kooperation nehmen 7.000 Teilnehmer pro Jahr an ver- zwischen der Beuth Hochschule – früher schiedenen Lehrgängen teil. Wie bilden Sie der Technischen Fachhochschule – und der jetzt aus? Und was erhoffen Sie sich vom Berliner Feuerwehr. Zum Beispiel im Be- neuen Standort Tegel? reich Maschinenbau/Sicherheitstechnik. Es gibt einige Lehrbeauftragte an der Hoch- Harald Herweg schule, die kommen aus der Berliner Feuer- Wir sind zurzeit an einem Standort, der wehr. Und weil das so gut funktioniert, uns wirklich sehr limitiert. Unser größtes wollen wir das auch noch intensivieren. Wir Problem ist, dass wir keine Halle haben, arbeiten gerade an der Entwicklung eines in der wir unsere praktische Ausbildung dualen Studienganges. unabhängig von der Witterung und von der Jahreszeit durchführen können. Die Moderation Situation ist für uns sehr, sehr schwierig. Herr Gerber, mal nach vorne geblickt: Wie Deswegen ist der Standort Tegel für uns planen Sie? Wie bereiten Sie so einen Um- so unglaublich attraktiv und interessant. zug vor? Wie konkret sind die Vorstellun- Wir haben dort die Möglichkeit, uns wei- gen? terzuentwickeln und unseren Einsatz- kräften eine Ausbildung zu bieten, die Hans Gerber sich auch auf dem Stand der Technik be- Das waren natürlich mehrere Prozess- wegt. Ich denke, das haben diese Leute schritte: Zunächst haben wir uns dem Ort auch verdient, die teilweise im wahrsten angenähert. Ist das ein Ort, an dem wir uns Sinne des Wortes Kopf und Kragen für wiederfinden können? Wir haben also et- Berlin, für die Berlinerinnen und Berliner was entwickelt, was ich „qualifiziertes riskieren. Bauchgefühl“ nenne. Dann sind wir in die 19
genaueren Planungen eingestiegen, haben Moderation die Erfordernisse aller Beteiligten zusam- Herr Herweg, auf dem Flughafen Tegel gibt mengetragen, Raum- und Funktionspro- es ja eine Flughafenfeuerwehr. Wenn Sie gramme entwickelt – also so eine Art Ein- als Akademie da sind, werden Sie dann nur passplanung vorgenommen. Dabei haben lehren oder auch als Feuerwehr im Einsatz wir aber nicht jedem gesagt: „Da wirst du sein? mal sitzen.“ Es ging um etwas anderes, zum Beispiel um die Beziehung zwischen Harald Herweg innen und außen. Wir haben ja nicht nur In dem Moment, in dem der Flugbetrieb in Innenräume, sondern auch Flächen im Au- Tegel endet, wird auch die Flughafenfeu- ßenraum, die für unsere Studiengänge ei- erwehr dieses Areal verlassen. Das heißt, gentlich überlebenswichtig sind und die die dass der gesamte Technologiepark und hohe Qualität des Standortes ausmachen. die Stadtteile, die sich darum befinden, Gerade für urbane Technologien ist der Au- letztlich brandschutzmäßig und auch ret- ßenraum sehr wichtig. tungsdienstmäßig neu abgedeckt werden müssen. Wir werden nahtlos die Feuerwa- che der Flughafenfeuerwehr dort beset- zen, um der Bevölkerung wieder die ent- sprechende Sicherheit zu gewähren. Daran können Sie schon erkennen, dass wir nicht in einem akademischen Elfen- beinturm sitzen bei der Akademie, son- dern dass wir eine ganz enge Vernetzung zur Praxis haben. Und das, was Herr Gerber schilderte, haben wir auch schon gemacht. Wir haben auch eine Einpassplanung vorgenommen und wissen schon sehr genau, welche Teile der Akademie wo reinpassen in die Bestands- gebäude. Wir wissen auch, wo es noch et- was klemmt. Und was vielleicht auch in Die Diskussion wurde auch in den Pausen fortgesetzt. diesem Zusammenhang interessant ist: Wenn wir Trainingseinrichtungen ersetzen Im Ergebnis dieser vielen Einzelschritte oder modernisieren müssen, dann bauen haben wir gesehen, dass die Hochschule wir sie schon seit Längerem so, dass wir sie perfekt in den alten Flughafen reinpasst. mobil ausführen. Wir können sie am alten Man könnte denken, die Ursprungsarchi- Standort zerlegen, einpacken, nach Tegel tekten haben wohl damals übersehen, bringen und dort wieder aufbauen. Sie se- dass sie eigentlich eine Hochschule ge- hen: Wir wollen dort sehr schnell mit dem plant haben, und nur aus Versehen einen Betrieb beginnen. Flughafen draus gemacht haben. Im Ernst: Es gab eine sehr differenzierte Moderation Auseinandersetzung mit der Frage, wie Schnell mit dem Betrieb beginnen – wie aus dem Flughafen eine Hochschule wird. muss man sich das konkret vorstellen? Die Architekten und Planer, die uns da Wenn ein halbes Jahr nach der Eröff- begleitet haben, haben wirklich gute Ide- nung von BER Tegel geschlossen wird, en gehabt. Die Attraktivität des Ortes wann ziehen Studierende dann ein? wuchs und wuchs und wir haben immer Wann ist die Feuerwehr vor Ort? Auf wel- mehr Chancen entdeckt. Diese Auseinan- chen Zeitraum des Leerstandes und der dersetzung erfüllt uns auch mit Zuver- Zwischennutzung müssen wir uns ein- sicht. stellen? 20
7. Standortkonferenz | Dokumentation Hans Gerber Kollegen in Berlin sind 2008 mit einem sehr Die Frage stellen Sie bitte dem Abgeordne- offenen Ansatz gestartet. Da sind viele be- tenhaus, denn das hängt natürlich von der teiligt worden, auch der Bund. Diese Ergeb- Finanzierung ab. Wir als Hochschule sind nisse wurden schrittweise zu der Konzept- bereit. Unser ursprüngliches Ziel lautete idee für einen Industrie- und Gewerbe- 201X. Daraus müssen wir jetzt wahrschein- standort mit ergänzenden Wohnfunktio- lich eine 2020 machen oder 2021. nen und einem großen Freiraum entwi- ckelt. Harald Herweg Ich glaube, das ist eine Entwicklung, die Was die Feuerwache betrifft, müssen wir perfekt zu Berlin passt. Wir haben die Blau- das sozusagen nahtlos gestalten mit einer pause in Adlershof. Dort sieht man, dass Schaltsekunde in der Mitte. Bei der Akade- diese Idee trägt. Dort sitzen heute viele mie haben wir vielleicht noch einige Wo- Technologieunternehmen, eine ganze chen mehr Zeit. Aber dadurch, dass wir uns Menge Wohnungen werden gebaut, es ist schon sehr intensiv vorbereitet haben, kön- ein Park entstanden. Langsam entwickelt nen wir es aus meiner Sicht auch innerhalb sich ein richtig urbaner Stadtteil. weniger Wochen schaffen, mit dem Akade- miebetrieb zu beginnen. Moderation So wird die Feuerwehr in der Tat die Schnellste sein ... Harald Herweg Das ist unser Image. Moderation Dann danke ich Ihnen, meine Herren, und wünsche Ihnen viel Erfolg. Vielen Dank an die beiden „Gründungsväter“ der Urban Tech Republic! Abschlussdiskussion Engelbert Lütke Daldrup, Hans Gerber und Philipp Bouteiller im Gespräch mit Uwe Madel Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup Dr. Philipp Bouteiller In Tegel ist der Akzent etwas anders, stär- Prof. Dr.-Ing. Hans Gerber ker industrie- und technologieorientiert, aber das ist etwas, was Berlin dringend Moderation braucht! Und wir können darüber hinaus Herr Prof. Lütke Daldrup, schön, dass Sie diesen Standort mit seinen Wohnquartie- bei uns sind. Bei der zweiten Standortkon- ren am Rande sehr schön mit der Stadt ver- ferenz waren Sie noch Staatssekretär im netzen. Bundesbauministerium. Wir sind bei der Ich glaube, das ist hier in einem sehr guten siebten gelandet. Sind wir mittlerweile auf Prozess durchgebracht worden. Deshalb einem guten Weg? bin ich zufrieden. Engelbert Lütke Daldrup Moderation Das würde ich natürlich qua Amt schon mal Sie sind angetreten als Staatssekretär, um bejahen. Ich muss ehrlich sagen, ich bin vor allem Wohnungsbau in Berlin voranzu- über diese Entwicklung sehr zufrieden. Die treiben. Wie groß ist die Versuchung, noch 21
Moderation Philipp Bouteiller, wo sehen Sie möglicher- weise Konfliktpunkte zwischen der Industrie und der Wohnnutzung? Und wie kann man die möglicherweise umgehen oder vermei- den? Philipp Bouteiller Der grundsätzliche Zielkonflikt besteht im- mer dann, wenn Industrie an Wohnen grenzt. Das Problem dabei ist nicht so sehr der In- dustrielärm, sondern im Wesentlichen der Lieferverkehr. Deswegen achteten wir von vornherein in der Planung darauf, dass das Wohnen immer einen respektablen Ab- stand zum Industriegebiet hat. Beitrag aus dem Publikum Diese Segregation, dieses komplette Tren- nen zwischen Arbeiten und Wohnen ist ei- mal so ein bisschen nachzufragen bei Tegel gentlich nicht modern, sondern ein Über- Projekt, „noch ne Wohnung mehr, noch bleibsel des letzten Jahrhunderts – und das eine mehr?“ Wo ist die Grenze zwischen in- ist keine moderne Stadtplanung. Aber das dustrieller Nutzung und Wohnnutzung in Planungsrecht lässt es nicht anders zu. diesem Areal? Hier soll kein ganz althergebrachtes, son- dern sehr smartes und modernes Wohnen Engelbert Lütke Daldrup entstehen. Das heißt, wir haben sofort ein Ich glaube, Stadtentwicklung ist immer ein Anwendungsfeld für das, was wir im ge- Geschäft mit Augenmaß. Wir haben hier ei- werblich-industriellen Teil oder im wissen- nen klaren Profilschwerpunkt. Das sind die schaftlichen Teil der Urban Tech Republic urbanen Technologien. Das ist das Industrie- entwickeln. Wir können es gleich im Wohn- und Gewerbegelände. Das sind die Hoch- gebiet zur Anwendung bringen. schuleinrichtungen, diese Vernetzungside- Dieses Miteinander, dieser Austausch, die- en, die wir heute sehr schön kennengelernt se Synergien, die dort entstehen, sind un- haben. heimlich reizvoll. Trotzdem geht es auch darum, dass Ber- lin auch andere Probleme lösen muss. Publikumsbeitrag Wer hat hier am Anfang an die Feuerwehr So ganz überzeugt mich das noch nicht. gedacht? Genauso haben wir ein erhebli- Insbesondere dort, wo wir nicht nur Gewer- ches Wohnungsmarktproblem und es beflächen, sondern auch Industrieflächen gibt Bereiche, die wir vernünftig mit und produzierendes Gewerbe haben, krie- Wohnungsbau am Rand entwickeln kön- gen wir immer ein Problem mit dem Thema nen und die dann eine Bereicherung für „Lieferverkehr“. Unter uns gesagt, ich teile die urbanen Technologien und das Quar- Ihren Optimismus nicht, dass das dort so tier darstellen. konfliktfrei abgehen wird. Ein Wohnquartier kann uns auch dabei hel- Und: 5.500 Wohnungen sind eine ganze fen, die neuen Technologien konkret vor Menge. Ich habe die Sorge, dass wir der Er- Ort zu zeigen. Insofern gibt es eine ganz satzstandort für Tempelhof werden. Das schöne Synergie zwischen der technologi- betroffene Quartier in Reinickendorf ist schen Komponente und einem smarten, nicht gerade als sozial stark bekannt. Inso- einem interessanten Wohnquartier, wo fern muss man aufpassen, ob das dort so neue Technologien auch vor Ort gezeigt stadtverträglich ist, wenn dort ein High- werden können. tech-Wohnquartier entsteht. 22
7. Standortkonferenz | Dokumentation Engelbert Lütke Daldrup schaftliche herauszuhören, dass es also Berlin braucht dringend Wohnungen und nicht nur um technische Trends und Inno- Berlin braucht auch zusätzlichen Woh- vationen geht, sondern auch um gesell- nungsbau in Reinickendorf. Ich weiß, dass schaftliche Innovationen. Es soll in dem Reinickendorf bisher nicht sehr viel reali- Tech-Part ein bisschen Wohnen stattfin- sieren konnte. Das liegt daran, dass wir ei- den, vielleicht auch für Studenten, sodass nen Flughafen haben, der große Teile, die es abends keine tote Stadt ist oder eine rei- in Reinickendorf entwicklungsfähig wären, ne Bürostadt wird. extrem belastet. Mit der Schließung wird Wie wäre es denn, nicht nur mit den alten sich die Situation völlig ändern. Das ist eine Stadtplanungsvorstellungen an dieses Pro- große Chance gerade für die Quartiere, die jekt ranzugehen und dort vielleicht tat- Probleme haben. Wir werden sehr sorgfäl- sächlich mal was zu mischen, was früher tig darüber nachdenken müssen, wie wir entmischt werden sollte? das neue Wohnen und das, was im Umfeld vorhanden ist, so aufeinander beziehen, Moderation dass es gut zusammenpasst. Das ist eine spannende Frage. Dieses Al- Die zweite Frage ist: Wie ist eigentlich die leinstellungsmerkmal, große Flächen zu Beeinträchtigung von Wohnen und ge- haben, Abstand zu haben, wie kann man werblicher Entwicklung? das mit dem Bedürfnis nach Wohnraum, Da macht mir das neue Quartier, das als nach Nähe, nach Menschen, die da auch le- Olympisches Dorf im Gespräch ist, eigent- ben, zusammenbringen? lich gar keine Sorge. Wir haben klar gesagt, die Urban Tech Republic mit dem verabre- deten gewerblichen Konzept ist der Eck- pfeiler, den wir gesetzt haben – auch durch Senatsbeschluss. Und das Wohnen ergänzt diesen Eckpfeiler. Wir werden nichts tun, was diese Kernentwicklung beeinträchti- gen wird! Moderation Wie kann man einen Kommunikationspro- zess so gestalten, dass die große Vision Urban Tech Republic weiterlebt, trotz der Debatte ums Wohnen? Hans Gerber Die zentrale Frage für uns war: Wie beleben Die Peter-Behrens-Halle blieb bis zum Schluss gut gefüllt. wir das Areal? So wie wir das auch von Herrn Bormann gesehen haben, fragen wir Philipp Bouteiller uns immer: Was ist abends los? Wo sind die Urbanität ist in solchen Gebieten immer ein Menschen? Wo ist die Interaktion, dass ich kritisches Thema. In Tegel wird es Sonder- nicht durchs Niemandsland nach Hause nutzungsformen geben. Das heißt, ein fahre? Dies kann durch einen attraktiven bisschen studentisches Wohnen und Ähnli- Wohnstandort erreicht werden. Es ist eine ches kann man sich vorstellen. Aber es ist Chance, auch für die gesamte Erschließung kein reguläres Wohnen. Es ist nicht die des Areals. Wohnbebauung, die Sie sonst kennen. Das Wohnen bietet die riesige Chance, dass Publikumsbeitrag eben nicht um 18 Uhr die Bürgersteige Ich glaube, aus dem Begriff „Republic“ tat- hochgeklappt werden, sondern dass man sächlich auch ein bisschen das Gesell- dort auch Formen von Gastronomie oder 23
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