Ausgabe 1/2017 - Affen weltweit vom Aussterben bedroht 10 Jahre - Deutsches Primatenzentrum

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Ausgabe 1/2017 - Affen weltweit vom Aussterben bedroht 10 Jahre - Deutsches Primatenzentrum
Affen weltweit vom         10 Jahre           DPZ bei der
 Aussterben bedroht   Feldstation Simenti   Nacht des Wissens

                                                            Z
                                                          DP
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                                                     Ja
                                                  40

Ausgabe 1/2017
Ausgabe 1/2017 - Affen weltweit vom Aussterben bedroht 10 Jahre - Deutsches Primatenzentrum
Editorial

                         Liebe Leserinnen                  Inhalt
                         und Leser,
                          Fast 40 Jahre ist es nun her,    Highlights aus der Forschung.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 3
                          dass der Gesellschaftsver-       Aus dem Freiland .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 6
                          trag unterzeichnet und da-
                                                           Wissenschaftspolitik.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 10
                          mit das DPZ gegründet wur-
                          de. Es ist einigen engagierten   Kongresse und Workshops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
                          Wissenschaftlern zu verdan-      Veranstaltungen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18
ken, dass es trotz großer Widrigkeiten überhaupt zu
einem deutschen Primatenzentrum gekommen ist,              Jubiläum: 40 Jahre DPZ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
die Vorbehalte seitens Politik und Öffentlichkeit wa-      Im Portrait .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 37
ren in der Anfangsphase groß: Könnten die Affen aus-
                                                           DPZ intern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
brechen und Krankheiten auf Anwohner übertragen?
Oder mit ihren Ausscheidungen das Grundwasser ver-         Preise und Auszeichnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
derben? Oder Fliegen anlocken? Hinzu kamen Fragen          Abschlüsse und Publikationen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 46
nach der ethischen Vertretbarkeit von Tierversuchen
mit Affen, radikale Tierversuchsgegner schreckten          Aus der Leibniz-Gemeinschaft .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 49
auch vor Brandanschlägen auf den Neubau nicht zu-          Termine.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 52
rück. Wie das DPZ diese Anfangshürden genommen
und sich über vier Jahrzehnte entwickelt hat, werden
wir Ihnen in den vier Ausgaben des Jahres 2017 erzäh-
len. Freuen Sie sich auf Berichte aus der DPZ-Chronik,
Interviews und interessante Geschichten aus unserer
Rubrik „Randnotizen“.

Auf unserer Website unter www.dpz.eu/jubilaeum
finden Sie alle Informationen über unsere Veranstal-
tungen im Jubiläumsjahr: Vorträge renommierter
Wissenschaftler, Führungen für die Öffentlichkeit und
die Ausstellung „Primaten“. In der Rubrik „Heute vor...“
schauen wir auf die wissenschaftlichen Highlights
und kuriosen Ereignisse in der 40-jährigen Geschichte
des DPZ.

Ein weiteres Jubiläum wurde bereits im Januar 2017
                                                                 Am 21. Januar 2017 präsentierte sich das DPZ
gefeiert: Das 10-jährige Bestehen der Forschungs-
                                                                 bei der „Nacht des Wissens“ und informierte
station Simenti im Senegal. Den Forschern ist es dort
                                                                 die zahlreichen Gäste über Infektionsforschung,
gelungen, eine Gruppe von Guineapavianen an den
                                                                 Primatenbiologie und Neurowissenschaften.
Menschen zu gewöhnen, so dass sie nun das Verhal-
                                                                 Mit dem elektromagnetischen Datenhand-
ten der Tiere und ihre Rolle im Ökosystem erforschen
                                                                 schuh demonstrierten die Wissenschaftler, wie
können. Dies werden sie auch in Zukunft tun, eine
                                                                 verschiedene Grifftypen analysiert werden und
Verlängerung des Kooperationsvertrages mit der se-
                                                                 wie eine Hand im virtuellen Raum agiert.   On
negalesischen Nationalparkverwaltung wurde bereits
                                                                 January 21, 2017, the DPZ presented itself at the
unterzeichnet.
                                                                 “Nacht des Wissens” and informed the numerous
                                                                 visitors about infection research, primate biology
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
                                                                 and neurosciences. With an electromagnetic data
Ihre Susanne Diederich
                                                                 glove the scientists showed how different grip ty-
                                                                 pes are analyzed and how a hand operates in the
                                                                 virtual space. Photo: Luzie J. Almenräder
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Highlights aus der Forschung

Der in China und Myanmar lebende Skywalker-Gibbon (Hoolock tianxing) wurde erst 2017 beschrieben und ist bereits vom Aus-
sterben bedroht.     The Skywalker-Gibbon (Hoolock tianxing), a new primate species from China and Myanmar, was only described in
2017 and is already threatened with extinction. Photo: P.-F. Fan

Weltweite Bedrohung von Primaten
betrifft uns alle
DPZ-Wissenschaftler fordern zusammen mit einem internationalen Expertenteam
sofortige Maßnahmen zum Schutz von Primaten

Weltweit sind 60 Prozent der derzeit rund 500 bekann-             der Primaten sollten auf Erhaltung und Nachhaltig-
ten Primatenarten vom Aussterben bedroht. Primaten                keit ausgerichtet sein.
leben in tropischen und subtropischen Gebieten der
Erde und sind vor allem in Regionen Afrikas, Südame-              Goldstumpfnasen, Kattas, Java-Plumploris oder Rot-
rikas, Madagaskars und Asiens verbreitet. Dennoch ist             kehl-Nachtaffen – noch ist die Artenvielfalt von Pri-
das Artensterben ein globales Problem. Ein internatio-            maten groß. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der
nales Forscherteam, dem auch zwei Wissenschaftler                 tropischen Biodiversität, tragen zur natürlichen Rege-
des Deutschen Primatenzentrums angehören, bewer-                  neration und damit zum Funktionieren tropischer Le-
teten in ihrer Studie die wirtschaftliche, soziale, kul-          bensräume bei und sind integraler Bestandteil vieler
turelle, ökologische und wissenschaftliche Bedeutung              Kulturen und Religionen. Weltweit stehen über die
von Primaten und die globalen Konsequenzen des Ar-                Hälfte aller Primatenarten vor dem Aussterben. Um ab-
tensterbens. Sie rufen dazu auf, das Bewusstsein für              schätzen zu können, wie stark der Mensch das Artster-
die bevorstehenden Aussterbeereignisse zu stärken                 ben beeinflusst, kombinierte das Forscherteam Daten
und umzudenken. Sofortige Maßnahmen zum Schutz                    der internationalen Roten Liste der Weltnaturschutzor-

                                                                                                   DPZ aktuell, Februar 2017        3
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Highlights aus der Forschung

                                                                      Nachhaltige Flächennutzungspläne sollten entwickelt
                                                                      werden, um traditionelle Lebensgrundlagen zu erhal-
                                                                      ten, die zur Ernährungssicherheit und zum Umwelt-
                                                                      schutz beitragen. „Die Lebens- und Wirtschaftsweise in
                                                                      den industrialisierten Ländern trägt zur Bedrohung von
                                                                      Primaten bei. Viele der Ressourcen und Produkte, zu de-
                                                                      ren Gewinnung Lebensräume von Primaten vernichtet
                                                                      werden, wie beispielsweise Bodenschätze, Rindfleisch,
                                                                      Palmöl und Soja, werden letztlich in den industriali-
                                                                      sierten Ländern verbraucht“, sagt DPZ-Wissenschaftler
                                                                      Eckhard W. Heymann, ebenfalls Co-Autor der Studie.

                                                                      Das Expertenteam ruft Regierungsverantwortliche,
                                                                      Wissenschaftler, internationale Organisationen, Nicht-
                                                                      regierungsorganisationen, die Wirtschaft und Bürger
                                                                      dazu auf, das Bewusstsein für die Aussterbeereignisse
                                                                      zu stärken und sich der Konsequenzen für den Men-
                                                                      schen bewusst zu werden. „Arterhaltung ist eine öko-
                                                                      logische, kulturelle und soziale Notwendigkeit. Wenn
                                                                      unsere nächsten Verwandten, die nicht-menschlichen
                                                                      Primaten, aussterben, ist dies ein Alarmsignal, dass
    Auf vielen Märkten wird illegal mit Affen gehandelt. Sie werden   sich die Lebensbedingungen auch für Menschen sehr
    als Haustiere oder für traditionelle Medizin verwendet.     On    bald dramatisch verschlechtern“, so Heymann.
    many markets, monkeys are illegally traded. They are used as
    pets or for traditional medicine. Photo: V. Nijman

                                                                      Global threat to primates concerns us all
    ganisation IUCN (International Union for the Conserva-
    tion of Nature) mit Daten aus der Datenbank der Ver-              In cooperation with an international team of experts,
    einten Nationen (United Nations). Für die nächsten 50             scientists from the German Primate Center demand im-
    Jahre sagen die Wissenschaftler Aussterbeereignisse               mediate measures to protect primates
    vieler Arten voraus. „Der Mensch greift immer stärker
    in den Lebensraum der Primaten ein und beutet die na-             Worldwide, around 60 per cent of the 500 known pri-
    türlichen Ressourcen aus“, erklärt Christian Roos, Wis-           mate species are threatened with extinction. Primates
    senschaftler am DPZ und Co-Autor der Studie.                      live in tropical and subtropical areas and are mainly
                                                                      found in regions of Africa, South America, Madagascar
    Primaten leben meist in Regionen, in denen große Ar-              and Asia. However, the extinction of a species must be
    mut und mangelnde Bildung herrscht. Diese Bedin-                  considered a global problem. An international research
    gungen zwingen die Bevölkerung dazu, Raubbau an                   team that includes two scientists from the German Pri-
    den Umweltressourcen zuzulassen. Umfangreiche                     mate Center evaluated the economic, social, cultural,
    Waldregionen werden abgeholzt und gerodet, um freie               ecological and scientific importance of primates and
    Flächen zum Beispiel für Landwirtschaft nutzen zu                 the global consequences of species extinctions. They
    können. Für den Transport und Export der Güter wer-               call for a strengthening of awareness and a rethinking
    den Straßennetze durch die Wälder gebaut. Rund 76                 of the impending extinction events. In order to protect
    Prozent der Arten haben durch Landwirtschaft große                primates, immediate action must be focused on conser-
    Teile ihrer Lebensräume verloren. Das Artensterben                vation and sustainability.
    wird auch direkt durch illegale Jagd und Handel mit
    Primaten in großem Maßstab beeinflusst. In manchen                Golden snub-nosed monkey, ring-tailed lemur, Ja-
    Regionen sind bis zu 90 Prozent der Arten betroffen.              van slow loris, Azara’s night monkey – we still have a
    Sofortmaßnahmen in diesen Regionen sollten darauf                 large diversity of primates. They are an essential part
    ausgerichtet sein, die Gesundheit und den Zugang zu               of tropical biodiversity, contribute to natural regenera-
    Bildung für die regionale Bevölkerung zu verbessern.              tion and thus to the functioning of tropical habitats

4   DPZ aktuell, Februar 2017
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Highlights aus der Forschung

and are an integral part of many cultures and religions.       contribute to food security and environmental protec-
Worldwide, more than half of all primate species are           tion, sustainable land-use initiatives must be developed.
threatened with extinction. In order to evaluate the           “The lifestyle and the economy in the industrialized
role of human-induced threats to primate survival, the         countries contribute to the threat for primates. Many
researchers combined data from the international Red           of the resources and products such as mineral resources,
List of the International Union for the Conservation of        beef, palm oil and soya that are destroying the habitats
Nature (IUCN) with data from the United Nations (UN)           of primates are ultimately consumed in industrialized
database. For the next 50 years the scientists predict ex-     countries,” says Eckhard W. Heymann, a scientist at the
tinction events for many primate species. “Humans in-          DPZ and a co-author of the study.
creasingly encroach primate habitats and exploit natu-
ral resources,” explains Christian Roos, a scientist at the    The team of experts calls on government officials, aca-
German Primate Center and a co-author of the study.            demics, international organizations, non-governmental
                                                               organizations, the business community and citizens to
The natural habitat of primates is mostly found in re-         strengthen the awareness of the extinction events and
gions with high levels of poverty and a lack of education.     the immediate consequences for humans. “Conserva-
These conditions lead to the exploitation of natural re-       tion is an ecological, cultural and social necessity. When
sources. Deforestation for agricultural land-use has be-       our closest relatives, the non-human primates, become
come widespread. Road networks are built for the trans-        extinct, this will send a warning signal that the living
portation and the export of goods. Around 76 per cent of       conditions for humans will soon deteriorate dramati-
the species have lost large parts of their habitat because     cally,” says Heymann.
of agricultural expansion. Another major threat is illegal
hunting and the primate trade. In some regions, up to          Original publication
90 per cent of species are affected. Immediate action in
these regions should be aimed at improving health and          Estrada, A. et al. (2017): Impending extinction crisis of
providing access to education for the local populations.       the world’s primates: why primates matter. Sci. Adv.
In order to preserve the traditional livelihoods that will     2017, 3: e1600946

Großflächige Abholzung und Lebensraumzerschneidung bedrohen viele Primatenarten.     Large-scale deforestation and habitat
fragmentation are major threats for many primate species. Photo: W. F. Laurance

                                                                                              DPZ aktuell, Februar 2017      5
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Aus dem Freiland

    Andenspringaffe beim Verzehr von Früchten eines Schwarzmundbaumes (Miconia, Melastomataceae). Foto: Eckhard W. Heymann

    Zu Besuch bei den Andenspringaffen
    DPZ-Verhaltensökologe Eckhard W. Heymann besichtigte in Peru eine Organi-
    sation zum Schutz von Andenspringaffen

    Andenspringaffen (Plecturocebus oenanthe) gehö-              in der kleinen Stadt Moyobamba und lebt in erster
    ren zu den weltweit am stärksten vom Aussterben              Linie von dem starken Engagement junger perua-
    bedrohten Primatenarten. Ursache dieser starken              nischer Biologinnen und Biologen. Aber auch aus-
    Gefährdung ist in erster Linie die extreme Zerstö-           wärtige Studierende sowie Praktikantinnen und
    rung ihres Lebensraumes – den Regenwäldern an                Praktikanten wirken bei der Erforschung, Entwick-
    den Ostabhängen der Anden im Department San                  lung und Durchführung von Schutzmaßnahmen mit.
    Martín in Peru. Zudem werden die Tiere häufig                Um die Bemühungen des PMT zu unterstützen, habe
    gejagt, um entweder an ihr Fleisch oder an junge             ich zwischen 2014 und 2016 als externer Betreuer
    Springaffen zu gelangen, die dann als Haustiere ge-          drei peruanische Studierende bei der Konzeption und
    halten werden.                                               Durchführung von Bachelorarbeiten zur Nahrungs-
                                                                 ökologie der Andenspringaffen beraten. Während
    Um die prekäre Situation der Andenspringaffen zu             meiner Dienstreise nach Peru im September und
    erforschen und Maßnahmen zu ihrem Schutz zu er-              Oktober 2016 nutzte ich daher die Gelegenheit, das
    greifen, wurde 2009 das Proyecto Mono Tocón (PMT)            PMT in Moyobamba zu besuchen und mir einen per-
    von dem holländischen Biologen und Tiergärtner Jan           sönlichen Eindruck von den Andenspringaffen und
    Vermeer ins Leben gerufen. Das PMT hat seinen Sitz           ihrem Lebensraum zu verschaffen.

6   DPZ aktuell, Februar 2017
Ausgabe 1/2017 - Affen weltweit vom Aussterben bedroht 10 Jahre - Deutsches Primatenzentrum
Aus dem Freiland

Um zum PMT zu kommen, flog ich von Iquitos nach
Tarapoto und fuhr von dort mit einem Taxi nach Mo-
yobamba. Schon während dieser Fahrt war die Lebens-
raumzerstörung und -fragmentierung überall sichtbar.
In Anbetracht dieser Situation ist es erstaunlich, dass
die Tiere überhaupt noch existieren können. Manche
Waldgebiete sind kaum größer als ein Hektar, beher-
bergen aber trotzdem noch Andenspringaffen. Diese
offenbare Anpassungsfähigkeit gibt Anlass zur Hoff-
nung, dass durch Schutz von Fragmenten und Schaf-
fung von bewaldeten Korridoren, die eine Verbindung
zwischen den Waldstücken herstellen, die Situation
der Andenspringaffen zumindest stabilisiert werden
kann. Notwendig sind aber auch weitere Studien,
um die ökologische Einnischung und das Ausmaß der
Anpassungsfähigkeit zu verstehen. Während meines
Besuchs beim PMT wurde daher eine weitere Zusam-                Prof. Dr. Eckhard W. Heymann mit Mitarbeitern und Praktikanten
menarbeit vereinbart. Insbesondere werden vertiefte             vor dem Sitz des Proyecto Mono Tocón in Moyobamba.
ökologische und verhaltensbiologische Studien und               Foto: Eckhard W. Heymann
Untersuchungen zur Auswirkung der Fragmentierung
auf die genetische Diversität der Andenspringaffen              Weitere Informationen zum Proyecto
angestrebt.                                                     Mono Tocón finden Sie auf folgender
                                Eckhard W. Heymann             Website: www.monotocon.org

Der natürliche Lebensraum der Andensprinaffen ist durch die Entwaldung extrem fragmentiert. Foto: Eckhard W. Heymann

                                                                                                 DPZ aktuell, Februar 2017       7
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Aus dem Freiland

    Luftbildaufnahme der DPZ-Forschungsstation CRP Simenti im Niokolo-Koba-Nationalpark, aufgenommen mit einer Forschungs-
    drohne des Projektes. Foto: Ludwig Ehrenreich

    Zehn Jahre Feldstation Simenti
    Anlässlich des Jubiläums organisierte die Abteilung Kognitive Ethologie
    ein Symposium

    Im Jahr des 40-jährigen Bestehens des DPZ gibt es            Anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Feldstation
    ein weiteres Jubiläum zu feiern: Die DPZ-Feldstation         organisierte die Abteilung Kognitive Ethologie ein
    Simenti wurde im Januar zehn Jahre alt. Die Stati-           Symposium in Tambacounda, der Provinzhauptstadt
    on liegt im Nationalpark Niokolo-Koba im Südos-              mit Sitz der Nationalparkverwaltung. Ziel des Sym-
    ten Senegals, einem der größten Nationalparks in             posiums war es, die Nationalparkverwaltung, Öffent-
    Westafrika. Im Januar 2007 wurde zwischen der                lichkeit und Politiker über die Arbeit des DPZ im Se-
    Abteilung Kognitive Ethologie und der Direction              negal zu informieren und den Kooperationsvertag zu
    des Parcs Nationaux der Vertrag zur Errichtung des           verlängern. Das Symposium fand am 9. Januar 2017
    Centre de Recherche de Primatologie Simenti (CRP             statt und war in erster Linie durch die Stationsma-
    Simenti) geschlossen. An der Station wird vor allem          nagerin des CRP, Sonia Domínguez Alba, vorbereitet
    das Verhalten und die Ökologie der Guineapaviane             worden. Sie leistete hier ausgezeichnete Arbeit und
    (Papio papio) untersucht, aber auch die Kommunika-           hatte nicht nur das Symposium, sondern auch ein
    tion und die kognitiven Fähigkeiten der westafrika-          feierliches Abendessen am Vorabend hervorragend
    nischen Grünen Meerkatzen (Chlorocebus sabaeus)              vorbereitet.
    werden vor Ort erforscht. Neben den Pavianen kom-
    men im Gebiet der Feldstation noch Husarenaffen              Insgesamt nahmen etwa 50 Personen an der Veran-
    (Erythrocebus patas), Temminck-Stummelaffen (Pilio-          staltung teil. Der Direktor der senegalesischen Na-
    colobus temminckii) und Senegal-Buschbabies (Gala-           tionalparks, Colonel Souleye Ndiaye, der Conserva-
    go senegalensis) vor.                                        teur des Niokolo-Koba-Nationalparks, Capitaine Mal-

8   DPZ aktuell, Februar 2017
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Aus dem Freiland

                                                                                      lé Gueye, der Vertreter des Bürger-
                                                                                      meisters von Tambacounda, der Chef
                                                                                      des Départements Tambacounda
                                                                                      und der Gouverneur der Region Tam-
                                                                                      bacounda würdigten in ihren Gruß-
                                                                                      worten das Engagement des DPZ in
                                                                                      der Region und zeigten sich über die
                                                                                      Arbeit des DPZ vor Ort bereits bes-
                                                                                      tens informiert. Regionale Fernseh-
                                                                                      und Radiosender berichteten über
                                                                                      das Symposium, so dass auch die
                                                                                      breite Öffentlichkeit über die Arbei-
                                                                                      ten des DPZ informiert wurde.

Prof. Dr. Julia Fischer und der Direktor der Nationalparks im Senegal, Colonel Sou-   Von Seiten der Nationalparkverwal-
leye Ndiaye, bei der Unterzeichnung der Verlängerung des Kooperationsvertrags.        tung gab Sous-Lieutenant Amy Samb
Foto: Ludwig Ehrenreich                                                               eine Einführung in die Ökologie und
                                                                                      die Probleme des Nationalparks. Julia
                                                                                      Fischer, Leiterin der Abteilung Kogni-
                                                                                      tive Ethologie am DPZ, präsentierte
                                                                                      eine Übersicht über die Entwicklung
                                                                                      des Projekts sowie die wichtigsten
                                                                                      Einsichten in das Sozialsystem der
                                                                                      Guineapaviane, während Dietmar
                                                                                      Zinner, ebenfalls Wissenschaftler in
                                                                                      der Abteilung Kognitive Ethologie,
                                                                                      die vorliegenden Ergebnisse zur Po-
                                                                                      pulationsgenetik und Ökologie der
                                                                                      Tiere vorstellte. Im Anschluss daran
                                                                                      berichteten die Doktoranden Fede-
                                                                                      rica Dal Pesco, Lauriane Faraut, Fili-
                                                                                      pa Paciencia und Davide Montanari
Das DPZ-Team in der Forschungsstation Simenti. Foto: Ludwig Ehrenreich                vom Fortschritt ihrer Arbeiten in kur-
                                                                                      zen Beiträgen. Zur technischen Un-
                                                                                      terstützung war Ludwig Ehrenreich
                                                                                      mit in den Senegal gekommen, der
                                                                                      sich im Anschluss an das Symposium
                                                                                      einer Überprüfung des Equipments
                                                                                      auf der Station widmete. Das Sym-
                                                                                      posium schloss mit der feierlichen
                                                                                      Unterzeichnung der Verlängerung
                                                                                      des Kooperationsvertrages durch
                                                                                      Colonel Souleye Ndiaye und Julia Fi-
                                                                                      scher.

                                                                                                           Dietmar Zinner

                                                                                      Weitere Information
Guineapaviane im Niokolo-Koba-Nationalpark. Ein Teil der DPZ-Studiengruppe
                                                                                      zur Station finden Sie
ruht nach einer relativ kalten Nacht auf einem Weg in der Region Simenti, bevor es    auf der Webseite der
zur Nahrungsaufnahme in den umliegenden Wald geht. Foto: Ludwig Ehrenreich            Forschungsstation.

                                                                                                  DPZ aktuell, Februar 2017    9
Ausgabe 1/2017 - Affen weltweit vom Aussterben bedroht 10 Jahre - Deutsches Primatenzentrum
Wissenschaftspolitik

     Prof. Dr. Stefan Treue (links), Direktor des DPZ, und Theresia Bauer (rechts), Wissenschaftsministerin des Landes Baden-Württemberg, disku-
     tierten am 7. November 2016 im Rahmen der Veranstaltung „Leibniz debattiert“ über Tierversuche in der Forschung. Moderiert wurde die
     Debatte von Kathrin Zinkant (Mitte), Redakteurin im Ressort Wissen der Süddeutschen Zeitung. Foto: Peter Himsel/Leibniz-Gemeinschaft

     „Die offene Diskussion ist unsere
     gesellschaftliche Verantwortung“
     Bei der Veranstaltung „Leibniz debattiert“ diskutierten Stefan Treue
     und Theresia Bauer über Tierversuche in der Forschung

     Tierversuche sind in der Grundlagenforschung nach                       diskutierten im Rahmen der Veranstaltung „Leibniz
     wie vor unverzichtbar. Mit den Experimenten unter-                      debattiert“ am 7. November 2016 in Berlin über die-
     suchen Wissenschaftler komplexe biologische Pro-                        ses Thema. Am Ende des Abends blieb die Erkenntnis,
     zesse in Tieren, um den menschlichen Organismus                         dass diese ethische Frage nicht mit einem einfachen
     und seine Funktionsweise besser zu verstehen. Auch                      Ja oder Nein zu beantworten ist. Der Wissenschaft
     in der Medizin spielen Tierversuche eine entschei-                      und auch der Politik obliegt jedoch die Verantwor-
     dende Rolle, etwa bei der Entwicklung neuer Medi-                       tung, mit der Öffentlichkeit darüber in einen offenen
     kamente und Therapieverfahren. Dennoch kritisie-                        und sachlichen Dialog zu treten.
     ren Tierversuchsgegner, dass Wissenschaftler auf
     existierende Alternativmethoden umsteigen sollten.                      Moderiert wurde die Debatte von Kathrin Zinkant,
     Sie fordern die Abschaffung der Experimente. Sind                       Redakteurin im Ressort Wissen der Süddeutschen Zei-
     Tierversuche für die Forschung notwendig? DPZ-                          tung, die die Diskussion souverän durch alle relevan-
     Direktor Stefan Treue und Theresia Bauer, Wissen-                       ten Themenbereiche führte. So kamen das 3R-Prinzip,
     schaftsministerin des Landes Baden-Württemberg,                         Möglichkeiten und Grenzen von Alternativmethoden

10   DPZ aktuell, Februar 2017
Wissenschaftspolitik

und die gesetzliche Kontrolle von Tierversuchen ge-       Theresia Bauer: „Bei der Umsetzung des 3R-Prin-
nauso zur Sprache wie die Chancen und Risiken der         zips bezüglich alternativer Methoden ist noch Luft
Gentechnik, die Übertragbarkeit von Tierversuchen         nach oben.“
auf den Menschen und natürlich die Kommunikation
mit der Öffentlichkeit.                                   „Alternativmethoden haben in vielen Bereichen schon
                                                          eine sehr vielversprechende Entwicklung erfahren“,
Theresia Bauer: „Es ist unstreitig, dass wir in abseh-    erklärte Stefan Treue. „Allerdings können sie Tierver-
barer Zeit nicht auf Tierversuche in der Forschung        suche noch nicht vollständig ersetzen. Mit einer Zell-
verzichten können. Deshalb müssen wir über die Rah-       kultur beispielsweise, kann man Giftigkeitsprüfungen
menbedingungen reden, welche Möglichkeiten es             an einzelnen Zellen vornehmen. Wenn man allerdings
gibt, diese einzugrenzen und Alternativen zu stärken.“    wissen will, wie das gesamte Immunsystem auf die-
                                                          se Substanz reagiert, ist das in einer reinen Zellkultur
Gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion warf Zin-          nicht mehr möglich.“ Die Zellkulturen, Computermo-
kant die Einstiegsfrage nach der Notwendigkeit von        delle und bildgebenden Verfahren seien aber sehr
Tierversuchen in den Raum. Sowohl Stefan Treue als        wichtige Ergänzungsmethoden in der Forschung, füg-
auch Theresia Bauer bestätigten, dass Forschung zu-       te Treue hinzu.
mindest in den nächsten zehn Jahren noch nicht auf
Tierversuche verzichten könne. Allerdings müsse man       Stefan Treue: „Alternativmethoden sind gute Ergän-
über die Rahmenbedingungen reden und die Möglich-         zungsmethoden. Sie können Tierversuche jedoch noch
keiten ausloten, Tierversuche zu begrenzen und durch      nicht vollständig ersetzen.“
Alternativmethoden zu ersetzen, so Bauer. Stefan
Treue argumentierte mit der Verantwortung, die die        Von Alternativmethoden ging die Debatte über zur
Wissenschaft gegenüber der Gesellschaft habe, durch       Übertragbarkeit von Tierversuchen, ein Thema, das
Forschung Therapien gegen Krankheiten zu finden           viele Tierversuchsgegner immer wieder als Grund für
und damit Patienten zu helfen. „Ohne Tierversuche         die angebliche Sinnlosigkeit von Tierversuchen an-
kommen wir da leider in den nächsten Jahren nicht         prangern. Stefan Treue machte hier sehr klar, dass die
aus“, sagte Treue.                                        Wissenschaft immer eine Forschung an Modellen ist,
                                                          mit deren Hilfe, die Wirklichkeit abgebildet werden
Stefan Treue: „Wir brauchen Tierversuche in der For-      soll. Dabei könne der Sprung zur Anwendung größer
schung. Das heißt nicht, dass wir Tierversuche wollen.    (wie zum Beispiel von der Maus zum Menschen) oder
Auch als Forscher versuchen wir, wo es geht, Tierversu-   kleiner (wie vom Affen zum Menschen) sein, es bliebe
che zu vermeiden und zu reduzieren.“                      aber ein Modell, so Treue. „Keines der Modelle, die wir
                                                          anwenden, kann abschließende Sicherheit geben. Die
Ein wichtiger Leitgedanke bei der Arbeit mit Versuchs-    Kombination verschiedener Methoden, kann aber hel-
tieren sei das 3R-Prinzip, dass Wissenschaftler anwen-    fen, der Wahrheit ein Stück näher zu kommen“, fasste
deten und das als ethischer Grundsatz auch in die EU-     Treue zusammen.
Richtlinie zu Tierversuchen aufgenommen wurde, so
Treue weiter. Die drei Grundregeln „Reduce“ (Verringe-    Ein ganz besonderes Anliegen beider Gäste war es, die
rung der Versuchstierzahlen), „Replace“ (Anwendung        Bedeutung der Kommunikation über Tierversuche mit
von Ersatzmethoden) und „Refine“ (Verbesserung der        der Öffentlichkeit hervorzuheben. „Die Wissenschaft
Untersuchungsmethoden zum Wohl des Tieres) sollen         ist jahrelang den einfachen Weg gegangen und hat
dazu beitragen, den Einsatz und die Belastung von         über dieses schwierige Thema zu wenig kommuni-
Versuchstieren zu reduzieren. Theresia Bauer meinte       ziert“, sagte Stefan Treue. „Wir brauchen aber Trans-
dagegen, dass auch wenn schon erhebliche Fortschrit-      parenz und Information. Wir müssen den Leuten er-
te bezüglich des Tierwohls erreicht wurden, man Al-       klären, was Tierversuche sind, wie sie durchgeführt
ternativmethoden noch stärker fördern müsse. Das          werden und warum wir sie in der Forschung brauchen.
Land Baden-Württemberg ist ein Vorreiter, was die         Als Wissenschaftler haben wir da eine wichtige ge-
Unterstützung alternativer Projekte angeht. Im Sep-       sellschaftliche Verantwortung.“ Eine verständliche In-
tember 2016 gab die Landesregierung bekannt, mit          formation für die Öffentlichkeit zu diesem Thema ist
rund 400.000 Euro die Entwicklung von Ersatzmetho-        auch Theresia Bauer ein wichtiges Anliegen. Die De-
den fördern zu wollen.                                    batte um Tierversuche, das „Ringen und Streiten um

                                                                                       DPZ aktuell, Februar 2017     11
Wissenschaftspolitik

     Theresia Bauer ist seit 2011 Ministerin für Wissenschaft, For-    Prof. Dr. Stefan Treue ist Direktor des Deutschen Primatenzen-
     schung und Kunst des Landes Baden-Württemberg. Im Septem-         trums, Präsidiumsbeauftragter der Leibniz-Gemeinschaft in
     ber 2016 gab die baden-württembergische Landesregierung           Tierschutzfragen sowie Sprecher der Initiative „Tierversuche
     bekannt, mit rund 400.000 Euro alternative Projekte zu Tierver-   verstehen“ der Allianz der Wissenschaftsorganisationen in
     suchen fördern zu wollen.                                         Deutschland. Foto: Peter Himsel/Leibniz-Gemeinschaft
     Foto: Peter Himsel/Leibniz-Gemeinschaft

     den richtigen Weg“ sei von großer Relevanz und müs-
     se von den einzelnen Wissenschaftlern an den Stand-                 Offene Online-Debatte zu
     orten geführt werden.                                               Tierversuchen
                                                                         Auf dem Online-Diskussionsportal des Tages-
     Stefan Treue: „Ohne Information kann man keine                      spiegel-Verlags „Open Debate“ führt die Leibniz-
     sachgerechte Diskussion führen.“                                    Gemeinschaft derzeit die Debatte zum Thema
                                                                         „Braucht Forschung Tierversuche?“ im Netz fort.
     Theresia Bauer: „Verständliche Information muss                     Dabei kommen namhafte Expertinnen und Exper-
     mehr sein als glattgebügelte Wissenschafts-PR.“                     ten zu Wort, die in unterschiedlichen Kontexten
                                                                         mit Tierversuchen zu tun haben. Weil sie selbst
     Nach einer einstündigen Podiumsdiskussion wurde die                 Tierversuche in ihrer Forschung einsetzen, weil
     Debatte auch für das Auditorium geöffnet und sowohl                 sie Tierversuche für ersetzbar halten oder weil sie
     Stefan Treue als auch Theresia Bauer stellten sich ab-              sich dem ethischen Dilemma widmen, vor das uns
     schließend den Fragen aus dem Publikum. Am Ende des                 Tierversuche stellen. Die Online-Debatte soll ein
     Abends wurde klar, dass die sensible Frage nach dem                 Beitrag für eine fundierte und sachliche Diskussion
     Einsatz von Tieren in der Forschung keine einfachen Ant-            über Tierversuche sein und die unterschiedlichen
     worten zulässt, dass sowohl Wissenschaft als auch die               Argumente transparent machen. Auf der Website
     Politik transparenter darüber kommunizieren müssen.                 können Interessierte die Beiträge der Experten le-
                                                                         sen, erhalten einen Überblick über alle Argumen-
     Die gesamte Debatte können Sie sich auf der Websi-                  te und Gegenargumente und können selbst Kom-
     te der Leibniz-Gemeinschaft ansehen                                 mentare zu den einzelnen Artikeln verfassen.
     unter: www.leibniz-gemeinschaft.de/
     medien/mediathek/                                                   Die Leibniz-Online-Debatte zu Tier-
                                                                         versuchen finden Sie hier:

12   DPZ aktuell, Februar 2017
Kongresse und Workshops

DPZ-Neurowissenschaftlerin Dr. Cliodhna Quigley (zweite von links) und Wendy Jarret (links) von der Organisation „Understanding
Animal Research“ sowie DPZ-Direktor Prof. Dr. Stefan Treue (rechts) im Gespräch mit einem Besucher am Informationsstand zum Thema
„Tierversuche kommunizieren“. Foto: Valeska Stephan

Wissenschaftler sprechen über Tierversuche
Bei der Neuroscience-Tagung organisierten DPZ-Wissenschaftler mit interna-
tionalen Organisationen einen Stand zum Thema „Tierversuche kommunizieren“

Jährlich findet in den USA die größte Konferenz zum               in der Allianz der Wissenschaftsorganisationen feder-
Thema Neurowissenschaften statt – dieses Mal im                   führenden Nationalen Akademie der Wissenschaften
sonnigen San Diego. Mit rund 30.000 Teilnehmern                   Leopoldina, bei der Vorstellung der Initiative im Wissen-
ist das Meeting der Society of Neuroscience eine der              schaftsForum Berlin. Hacker unterstrich den Anspruch
größten Veranstaltungen in der südkalifornischen                  und die Bereitschaft der Wissenschaft, auch zu kontro-
Stadt. Bei der Konferenz, die vom 12. bis zum 16. No-             versen und häufig emotional diskutierten Themen wie
vember 2016 stattfand, gab es zudem eine Premie-                  dem Einsatz von Versuchstieren offen über ihre Arbeit
re. Unter der Federführung von DPZ-Direktor Stefan                zu informieren und Hintergründe transparent zu ma-
Treue und der Informationsinitiative „Tierversuche                chen. „Wir haben in der Vergangenheit immer wieder
verstehen“ hatten sich zum ersten Mal verschiedene                festgestellt, dass sich festgefügte Positionen zu Tierver-
internationale Organisationen zusammengeschlos-                   suchen bewegen und Vorurteile auflösen, wenn wir mit
sen und einen Stand zum Thema Tierversuchskommu-                  Öffentlichkeit und Medien einen aktiven Dialog führen“,
nikation organisiert.                                             so Hacker. „Dies wollen wir nun noch intensiver tun.“

„Wir betrachten es als unsere gesellschaftliche Verant-           Neben „Tierversuche verstehen“ hatten sich aus Eu-
wortung, nicht nur die biomedizinische Forschung                  ropa die Organisationen „Understanding Animal Re-
selbst zu fördern, sondern auch die Kommunikation dar-            search“, „European Association for Animal Research“,
über“, sagte Jörg Hacker, der Präsident der in diesem Jahr        „Basel Declaration Society“, „Gicor“ und „FENS“ ange-

                                                                                                   DPZ aktuell, Februar 2017        13
Kongresse und Workshops

                                                                                       vorgetragen, wie man einen Dialog
                                                                                       mit der Öffentlichkeit in die Wege
                                                                                       leiten kann. Im Blickpunkt standen
                                                                                       dabei einerseits die Institute selbst,
                                                                                       die dazu aufgefordert wurden, öf-
                                                                                       fentlich und proaktiv über die Arbeit
                                                                                       mit Tieren an ihrem Institut zu spre-
                                                                                       chen, andererseits wurde jeder ein-
                                                                                       zelne Wissenschaftler dazu aufge-
                                                                                       fordert, sich aktiv an Diskussionen
                                                                                       zum Thema zu beteiligen, sei es im
                                                                                       lokalen, eigenen Umfeld oder auch
                                                                                       in den sozialen Medien.

                                                                                      Sowohl der Stand, als auch das
     Am Informationsstand konnten die Kongressteilnehmer ihre Meinungen und State-    Seminar waren gut besucht und
     ments zur Arbeit mit Versuchstieren in den Neurowissenschaften auf vorgedruckte
                                                                                      machten deutlich, dass von Seiten
     Zettel schreiben. Diese wurden dann am Stand ausgehängt. Foto: Valeska Stephan
                                                                                      der wissenschaftlichen Gemein-
                                                                                      schaft ein großer Bedarf zum The-
     schlossen. Die USA waren vertreten mit den Organisa-           ma „Tierversuche kommunizieren“ besteht. Dem-
     tionen „Americans for Medical Progress“, „Speaking of          entsprechend wird es wohl auch bei der nächsten
     Research“ und „Foundation for Biomedical Research“.            Konferenz, die in diesem Jahr in Washington statt-
                                                                    findet, einen Stand und ein Diskussionsforum zu die-
     Der Schwerpunkt des Stands lag vor allem auf dem               sem Schwerpunkt geben.
     Thema „Tierversuche kommunizieren“. Dazu hielten
     die Organisationen nicht nur Informationsmaterial in                                                 Valeska Stephan
     Form von Flyern oder Webseiten bereit, sondern luden
     auch Wissenschaftler und andere Gäste des Meetings
     an den Stand ein, um über ihre Arbeit und Erfahrun-
     gen zum Thema Tierversuche zu sprechen und sich
     auszutauschen. Begleitet wurde die Initiative mit ei-
     nem Twitter-Feed unter dem Kennwort @AR_Consor-
     tium, der nicht nur über die Arbeit der Organisationen
     informierte, sondern insbesondere die Wissenschaft-
     lerinnen und Wissenschaftler zu Wort kommen ließ.
     Mit einem Bild und einem Satz zu ihrer Arbeit konnten
     sich hier die Konferenzteilnehmer verewigen und da-
     mit direkt etwas zum Thema „Tierversuche kommuni-
     zieren“ beitragen.

     Die Kommunikation über Tierversuche war ebenfalls
     Thema im „Animal Research Panel“, welches von der
     Society of Neuroscience organisiert worden war. Dort
     berichteten Wissenschaftler und Vertreter verschiede-
     ner Organisationen über ihre Erfahrungen und Strate-
     gien im Bereich der Tierversuchskommunikation. Eine
     der wichtigsten Aussagen des Forums war der Aufruf
     an die wissenschaftliche Gemeinschaft, offen über
                                                                    Zwei Kongressteilnehmerinnen präsentieren ihr Statement
     ihre Arbeit zu sprechen. Dazu wurden von Teilneh-              zum verantwortungsvollen Umgang mit Versuchstieren. Vie-
     mern unter anderem Beispiele aus dem persönlichen              le solcher Aufnahmen wurden auch per Twitter versendet.
     Umfeld genannt, aber auch ganz konkrete Vorschläge             Foto: Valeska Stephan

14   DPZ aktuell, Februar 2017
Kongresse und Workshops

Die Teilnehmerinnen des Berufundfamilie-Netzwerktreffens der Leibniz-Gemeinschaft am 5. und 6. Dezember 2016 am DPZ.
Foto: Karin Tilch

Von Instituts-Kita bis Homeoffice
Beim Netzwerktreffen zum Audit „berufundfamilie“ diskutierten 23 Mitarbeiterin-
nen von Leibniz-Instituten über aktuelle Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit

Ob flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuungsangebo-             Michael Lankeit, Administrativer Geschäftsführer,
te, mobile Heimarbeit oder Weiterbildungen zur fa-             begrüßte alle Gäste und gab zu Beginn des Meet-
milienbewussten Personalführung – die Maßnahmen                ings eine kurze Einführung zu Organisation und
zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind          Forschungsarbeit am DPZ. Dabei ging er auch auf
vielfältig und mittlerweile fester Bestandteil der Per-        die Bedeutung des Audits „berufundfamilie“ für das
sonalpolitik vieler Unternehmen und Institutionen.             Institut ein. „Das DPZ arbeitet aus Überzeugung an
Das DPZ ist seit 2010 „berufundfamilie“-zertifiziert           der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, nicht, weil
und hat sich damit verpflichtet, Familienfreundlich-           es eine Anforderung der Leibniz-Gemeinschaft an
keit im Institut zu leben und Maßnahmen diesbe-                ihre Mitglieder ist“, sagte er. Besonders junge Leute
züglich kontinuierlich auszubauen. Damit ist das DPZ           stellten heute höhere Anforderungen an Familien-
eines von derzeit 42 Leibniz-Instituten, die das Audit         freundlichkeit am Arbeitsplatz. Ein Arbeitgeber, der
„berufundfamilie“ führen. Einmal im Jahr treffen sich          sich darauf nicht einstelle, habe zukünftig erhebliche
die verantwortlichen Vertreterinnen und Vertreter der          Wettbewerbsnachteile, so Lankeit.
Einrichtungen zum „berufundfamilie“-Netzwerktref-
fen, um sich über eigene Erfahrungen, neue Ideen und           Anschließend präsentierte Andrea Wagner, Audito-
aktuelle Entwicklungen zur Vereinbarkeit von Beruf             rin der berufundfamilie Service GmbH, verschiedene
und Familie auszutauschen. Am 5. und 6. Dezember               Tools für Arbeitgeber, wie die Notfallmappe für Be-
2016 fand das Treffen bereits zum fünften Mal in Fol-          schäftigte oder die Mitarbeiterbefragung zur Arbeit-
ge statt – dieses Mal im DPZ.                                  geberattraktivität. Außerdem stellte sie verschiede-

                                                                                               DPZ aktuell, Februar 2017   15
Kongresse und Workshops

     ne Studien zum Thema Familienfreundlichkeit und                  die kombinierte Nutzung des Zimmers als Ruheraum
     kommende Veranstaltungen der Akademie vor. Im                    und Betreuungsort bis hin zum Eltern-Kind-Arbeits-
     zweiten Teil ihres Vortrages ging Andrea Wagner auf              zimmer mit PC-Arbeitsplatz reichen. Kinderbetreu-
     das Dialogverfahren für mehrfach auditierte Insti-               ungseinrichtungen sind dagegen an den Instituten
     tutionen ein. Dieses neue Verfahren ermöglicht eine              seltener. Erfahrungsberichte zeigten aber, dass man
     dauerhafte Bestätigung des Audits „berufundfami-                 bezüglich der Kinderanzahl und Betreuungszeiten
     lie“ bei Unternehmen, die bereits neun Jahre Zertifi-            klein anfangen sollte. Wichtig sind auch geeignete
     katsträger sind. Das Konzept sieht kein Prüfverfahren            Kooperationspartner und Träger, die die Kita bewirt-
     mehr vor und ist eine verschlankte Version des bis-              schaften. Die Qualität der Betreuung und die Aus-
     herigen aufwändigen Re-Auditierungsverfahrens.                   wahl des Trägers sind für neue Mitarbeiter und für
     „Oberstes Gebot ist allerdings die Sicherung der Qua-            den frühen Wiedereinstieg nach der Elternzeit ent-
     lität“, betonte Andrea Wagner. „Der Status quo eines             scheidende Kriterien.
     Institutes hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf
     und Familie muss gehalten werden. Andernfalls kann                Ein letztes großes Thema des Treffens war die Digita-
     das Zertifikat auch wieder entzogen werden.“                      lisierung zur Förderung von Vereinbarkeit von Beruf
                                                                                               und Familie. Die Weiterentwick-
                                                                                               lung der Technologie führt zu
                                                                                               mehr Flexibilität in der Arbeits-
                                                                                               welt und damit zur Einführung
                                                                                               von mobilen Arbeitsmodellen.
                                                                                               Immer mehr Arbeitgeber be-
                                                                                               fürworten deshalb die zeitwei-
                                                                                               se Arbeit von zuhause. Andrea
                                                                                               Wagner hielt dazu einen Vortrag
                                                                                               und erläuterte, was unter den
                                                                                               verschiedenen Arbeitsmodellen,
                                                                                               wie beispielsweise Teleheimar-
                                                                                               beit, alternierende Teleheimar-
                                                                                               beit oder mobile Telearbeit zu
                                                                                               verstehen ist. Die Vielfalt ist groß
                                                                                               und kann auf die Bedürfnisse der
                                                                                               Mitarbeiter besonders im Hin-
     Kinder im Spielzimmer am DPZ. Der Betreuungsraum kann bei Veranstaltungen gebucht         blick auf Familienfreundlichkeit
     werden, um Eltern die Teilnahme zu ermöglichen. Foto: Karin Tilch                         zugeschnitten werden. „Voraus-
                                                                                               setzung für mobiles Arbeiten
                                                                       ist allerdings eine Vertrauenskultur im Unternehmen“,
     Viel Diskussionsstoff lieferte anschließend das                   sagte Andrea Wagner. Auch würde mobiles Arbeiten in
     Schwerpunktthema Kinderbetreuung. Susanne Die-                    vielen Instituten noch zu wenig befürwortet, weil es
     derich, Leiterin der Abteilung Kommunikation am                   nicht für alle Mitarbeiter gleichermaßen umsetzbar sei.
     DPZ, präsentierte den Teilnehmern zunächst die Er-                „Dort wo man diese Möglichkeiten schaffen kann, soll-
     gebnisse der Bedarfsanalyse für eine DPZ-eigene                   ten sie aber auch angeboten werden“, fügte sie hinzu.
     Kita, die im Sommer 2016 durchgeführt wurde, und
     stellte das Kinderbetreuungszimmer und die regel-                 Das Treffen bot insgesamt viele interessante Themen
     mäßige Ferienbetreuung als Maßnahmen des DPZ                      und ließ den Teilnehmern viel Raum für Diskussionen
     vor. Im Anschluss wurden Erfahrungen und Ideen                    und Erfahrungsaustausch. Das nächste Leibniz-Netz-
     zur Kinderbetreuung aus anderen Leibniz-Instituten                werktreffen „berufundfamilie“ findet im November
     ausgetauscht. Dabei wurde schnell klar, dass Kin-                 2017 im Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bio-
     derbetreuungszimmer in nahezu allen Leibniz-Ins-                  ökonomie (ATB) in Potsdam statt. Dann soll es unter
     tituten vorhanden sind. Unterschiede gibt es nur in               anderem um die Sensibilisierung von Führungskräf-
     der Ausstattung und Nutzung der Zimmer, die von                   ten für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und
     stundenweiser Betreuung bei Veranstaltungen über                  individualisierte Personalentwicklung gehen.

16   DPZ aktuell, Februar 2017
Kongresse und Workshops

Das Führungskräftetraining zeichnete sich durch dynamische Elemente in der Präsentation, Diskussion und Arbeit in wechselnden
Kleingruppen aus. Foto: Thomas Ziegler

Man kann nicht nicht kommunizieren
Seminar vermittelt Wissenswertes zur Rolle und Verantwortung als Führungskraft

Insgesamt neun DPZ-Mitarbeiter aus verschiedenen                praktischen Gruppenarbeiten zum „aktiven Zuhören“
wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Or-             und zum „Kritikgespräch zwischen Vorgesetztem und
ganisationseinheiten trafen sich am 25. und 26. Januar          Mitarbeiter“ für besondere, mitunter auch emotionale
2017 zu einem zweitägigen Führungskräfteseminar,                Aha-Erlebnisse. Eine fundamentale Erkenntnis hierbei
das von der Agentur „Lightwings Consulting“ am In-              war, dass es wichtig ist, sowohl die eigenen als auch
stitut durchgeführt wurde. Das Seminar richtete sich            die Persönlichkeitsmerkmale des Gesprächspartners
speziell an jene Kollegen, die nur wenig Erfahrung als          zu kennen, um sie bei der Gestaltung und Führung des
Führungskraft in ihren Leitungspositionen mitbringen            Gesprächs entsprechend einzubeziehen.
oder ihre Fähigkeiten in der Führung von Mitarbeitern
erweitern wollten. Der Kurs vermittelte aber nicht nur          „Das hätte ich so nie versucht“, „Das höre ich zum ers-
allgemeine Grundkenntnisse in der Kommunikation                 ten Mal“ oder „Hätte nicht gedacht, dass das so funktio-
und Mitarbeiterführung. Bereits im Vorfeld wurden               niert“, war immer wieder aus der Runde der Teilnehmer
die Seminarinhalte durch persönliche Vorgespräche               zu hören, deren Aufmerksamkeit sich die Referentin
mit der Referentin über Skype auf den individuellen             von der ersten Minute an sicher sein konnte.
Bedarf der Teilnehmer angepasst.
                                                                Auch der Austausch vorhandener Erfahrungen der
Durch wiederholtes Arbeiten in kleinen Gruppen wur-             Teilnehmer, die im Kurs direkt professionell analy-
de zudem sichergestellt, dass die Teilnehmer das neu            siert wurden, trug maßgeblich zum Erkenntnisge-
erworbene theoretische Wissen auch in die Praxis um-            winn für alle bei.
setzen können. Dadurch wurde für jedes angesproche-
ne Themenfeld auch ein enger Bezug zum beruflichen              Durch die knapp bemessene Zeit von nur zwei Tagen
Alltag geschaffen.                                              konnten leider nicht alle wichtigen Elemente der Mit-
                                                                arbeiterführung so umfänglich vermittelt werden, wie
Im Fokus der Fortbildung stand wichtiges Grundlagen-            sich dies die Teilnehmer im laufenden Kurs wünsch-
wissen unter anderem zum Führungskräfteleitbild,                ten. Das Feedback der Fortzubildenden war jedoch
den unterschiedlichen Führungsstilen, der Kommu-                schon am Ende des ersten Tages so positiv, dass es si-
nikation, des Führens eines Kritik- oder Krisengesprä-          cher eine Fortsetzung dieses Führungskräftetrainings
ches sowie zur Delegation von Aufgaben und zu ge-               geben wird.
meinsamen Zielvereinbarungen. Dabei sorgten die                                                       Thomas Ziegler

                                                                                                DPZ aktuell, Februar 2017       17
Veranstaltungen

     Was gibt es da zu sehen? Jungforscher bei der Nacht des Wissens 2017 staunen beim Blick durch das Mikroskop. Foto: Luzie J. Almenräder

     „Wissen begeisterte“ hunderte Besucher
     am Stand des DPZ
     Mit dem Forscherpass ging es auf Entdeckungsreise durch die Primatenfor-
     schung bei der dritten Nacht des Wissens

     Kann man dem Gehirn beim Denken zusehen? Wie                         kop. Die Infektionsbiologen erklärten den Besuchern,
     breiten sich Viren im Körper aus? Warum singen Gib-                  wie sich Viren ausbreiten und wie sie den Eintritt von
     bons lange Duette? Die wissbegierigen Besucher                       Viren in die Zelle verhindern wollen. Aber wie geht
     hatten viele spannende Fragen an die DPZ-Wissen-                     man vor, wenn eine Viruserkrankung bereits ausge-
     schaftler. Von 17 Uhr bis Mitternacht zog die dritte                 brochen ist? Dann ist eine schnelle und zuverlässige
     Göttinger Nacht des Wissens rund 25.000 Besucher zu                  Diagnose wichtig. In schwer zugänglichen Gebieten,
     den fünf Veranstaltungsorten. Dieses Jahr informierte                wie zum Beispiel in abgelegenen Dörfern in Afrika, ist
     das DPZ die interessierten Besucher im zentralen Hör-                für eine Diagnose das Kofferlabor von Ahmed Abd El
     saalgebäude am Zentralcampus über Primatenbiolo-                     Wahed gefragt. Das Labor im Koffer enthält alles was
     gie, Neurowissenschaften und Infektionsforschung.                    man braucht um eine Infektion mit Ebola- oder Zika-
     Viele Mitmachaktionen und Vorführungen boten den                     viren in wenigen Minuten zuverlässig nachweisen zu
     kleinen und großen Besuchern ein abwechslungsrei-                    können. „Wie werden die Elektrogeräte betrieben? In
     ches Programm.                                                       den Dörfern gibt es wahrscheinlich keinen Strom“,
                                                                          fragt Julia, 30 Jahre alt, die für die Nacht des Wissens
     Zahlreiche „Jungforscher“ übten am DPZ-Stand der                     aus Bremen angereist ist. Ahmed Abd El Wahed er-
     Infektionsforscher Pipettieren in echter Sicherheits-                klärte ihr wie das Labor im Koffer bis zu 16 Stunden
     kleidung und staunten beim Blick durch das Mikros-                   mit Solarstrom auskommt.

18   DPZ aktuell, Februar 2017
Veranstaltungen

Das außergewöhnliche MRT-Quiz brachte so man-           können. Die Nacht des Wissens ist deshalb ein wun-
chen Besucher ins Grübeln: Handelt es sich auf den      derbares Konzept, die Öffentlichkeit anzusprechen.“
Bildern wirklich um ein menschliches Gehirn oder
doch eher um eine Walnuss? Die Wissenschaftler
der Abteilung Funktionelle Bildgebung erklärten
den Besuchern, wie die Methode der Magnetreso-
nanztomografie funktioniert und wie sie mit Hilfe
dieses Verfahrens die Funktion von Organen unter-
suchen.

Wer brüllt denn da so laut? Beim Affenstimmen-
quiz lernten die Besucher die Lautäußerungen
unserer nächsten Verwandten kennen. Ob es sich
nun um den Duettgesang von Gibbons in den frü-
hen Morgenstunden handelt oder um die Warnrufe
von Grünen Meerkatzen, die Besucher waren von
                                                        Mit Kind und Kegel bei der dritten Nacht des Wissens. Beim
der Bandbreite an Lautäußerungen fasziniert. Am
                                                        MRT-Quiz kam so mancher Besucher ins Grübeln.
Stand der Primatenbiologen gab es nicht nur etwas       Foto: Luzie J. Almenräder
zu hören. Die Besucher konnten außerdem erfah-
ren, wieso wir bekannte Gesichter auch nach vielen
Jahren und mit kleineren Veränderungen immer
(wieder)erkennen.

Bei den Neurowissenschaftlern testeten die Besu-
cher, ob sie ihren Augen wirklich trauen konnten
und wie spielerisches Lernen funktioniert. Mit einem
elektromagnetischen Datenhandschuh, der alle Fin-
ger- und Handbewegungen am Computer aufzeich-
net, konnten Besucher herausfinden, wie verschiede-
ne Grifftypen analysiert werden und wie eine Hand
im virtuellen Raum agiert.

„Es gibt so tolle Mitmachaktionen hier am DPZ, da ist   Hier gab es was auf die Ohren: Besucher rätseln beim Affenstim-
ein Abend eigentlich zu kurz um alles einmal auszu-     menquiz, welcher Affe so schön singen kann.
                                                        Foto: Susanne Diederich
probieren“, sagt Tanja (41) aus Dransfeld. „Mit dem
Forscherpass hatte nicht nur meine Tochter Spaß“,
fügt Tanja hinzu. Wer Lust hatte, konnte einen For-
scherpass machen. An den DPZ-Ständen haben die
Besucher wissenschaftliche Fragen beantwortet,
Stempel gesammelt und anschließend ein Erinne-
rungsfoto in der DPZ-Fotobox gemacht. Die Stim-
mung war sowohl bei den Gästen als auch allen DPZ-
Mitarbeitern großartig.

„Wir haben uns sehr gefreut, dass wir so viele Besu-
cher an unseren DPZ-Stationen begrüßen durften“,
fasste Stefan Treue die Resonanz am Ende des Abends
zusammen. „Von Familien mit kleinen Kindern, über
Jugendliche und Studenten bis hin zu Erwachsenen        Gute Stimmung herschte bei der Nacht des Wissens. Mit
konnten wir viele interessierte Leute erreichen. Das    „Henry“ demonstrierten die Infektionsforscher, wie Sicherheits-
zeigt, dass wir Wissen auch für Laien greifbar machen   kleidung im S3-Labor aussieht. Foto: Susanne Diederich

                                                                                         DPZ aktuell, Februar 2017        19
Warum werden Tierversuche notwendig?
     Veranstaltungen

                                                                 Schutz von
                                                               Mensch und Tier

                                                                                                                     Erforschung
        Überprüfung von                                                                                              von Körper-
         Wirkstoffen auf                                                                                             funktionen
        Unbedenklichkeit

           Erforschung
       von Krankheiten
                                                                                                                     Aus- und
      und Verbesserung
                                                                                                                     Weiterbildung
        der Behandlung

     Die Grafik zeigt, für welche Fragestellungen Tierversuche notwenig sind. Grafik: Tierversuche verstehen, www.tierversuche-verstehen.de

     Tierversuche im Fokus
     Rund 100 Studierende der Göttinger Universität diskutierten mit
     DPZ-Direktor Stefan Treue über Tierversuche

     Warum sind Tierversuche für den medizinischen                         suche – Sackgasse oder notwendiger Weg des medi-
     Fortschritt immer noch notwendig? Kann man sie ir-                    zinischen Fortschritts?“ ein. Die Vereinigung, die die
     gendwann vollständig durch Alternativen ersetzen?                     Interessen aller Studierenden der Universität Göttin-
     Welche Rückschlüsse können wir überhaupt durch                        gen vertritt, wollte damit eine Diskussion zu diesem
     Tierversuche auf die Funktionsweise des menschli-                     wichtigen, aber kontroversen Thema anregen. Das
     chen Körpers ziehen? Und wiegen diese Erkenntnis-                     Deutsche Primatenzentrum beteiligte sich an der
     se das mögliche Leid der Tiere auf? Wenn es um das                    Veranstaltungsreihe und lud die Studenten zu einer
     schwierige Thema Tierversuche geht, gibt es seitens                   Führung mit anschließender Diskussion in das Insti-
     der Öffentlichkeit meist viele Fragen aber oft nur we-                tut ein.
     nig sachliche Antworten. Auch in der „Wissenschafts-
     stadt“ Göttingen werden in einzelnen außeruniver-                     Rund 100 Studierende folgten der Einladung, die die
     sitären Instituten und an einigen Einrichtungen der                   Organisatoren des AStA auf ihrer Homepage, über
     Universität, Tiere für wichtige Forschungsfragen                      Facebook und mit Plakaten veröffentlicht hatten, und
     verwendet. Grund genug, dieses Thema auch einmal                      kamen am 13. Januar 2017 ans DPZ. Im vollen Hörsaal
     innerhalb der Studierendenschaft der Göttinger Uni-                   gab Sylvia Siersleben, Mitarbeiterin der Stabsstel-
     versität zu diskutieren. Im November 2016 lud der                     le Kommunikation, zunächst einen Überblick über
     Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) deshalb                       die Forschung am Deutschen Primatenzentrum und
     zu einer Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Tierver-                  nannte wichtige Zahlen und Fakten zu Tierversuchen

20   DPZ aktuell, Februar 2017
Veranstaltungen

in Deutschland, die schon für erste Aha-Momente bei      Vor der Führung und Diskussion am DPZ wurden
den Besuchern sorgten.                                   zwei Dokumentarfilme („Im Namen der Tiere“, 2015
                                                         und „Earthlings“, 2005) gezeigt, die das Für und Wi-
„Das Tierversuche für die Entwicklung von Kosmetika      der verschiedener Aspekte der menschlichen Tiernut-
verboten sind, wusste ich bis heute nicht“, meinte ein   zung wie Massentierhaltung, Tierzucht, Tierheime,
Student nach dem Vortrag sichtlich erstaunt. Susanne     Leder- und Pelzproduktion sowie medizinische und
Diederich, Leiterin der Stabsstelle Kommunikation,       wissenschaftliche Verwendung thematisierten. Am
erklärte, dass Tierversuche für Kosmetika in Deutsch-    8. Dezember 2016 war Eva Katharina Kühner, Mitar-
land schon seit 1986 verboten sind und seit 2013 auch    beiterin der Organisation „Ärzte gegen Tierversuche“,
keine im Ausland an Tieren getesteten Kosmetikpro-       zu Gast in Göttingen und hielt am Universitätsklini-
dukte mehr in der EU verkauft werden dürfen.             kum einen Vortrag mit dem Titel „Sackgasse Tierver-
                                                         such“, in dem sie für die Abschaffung aller Tierversu-
Nach dem Vortrag ging es zur Führung in zwei Gruppen     che plädierte.
durch die Außenanlagen des DPZ. Auch hier hatten die
Studierenden viele Fragen zur Zucht und Haltung der
Affen, die Uwe Schönmann, Koloniemanager am DPZ,
und Susanne Diederich geduldig beantworteten.

Dass das Interesse der Besucher danach noch nicht
erschöpft war, zeigte die über einstündige Diskussi-
on im Anschluss an die Führung. DPZ-Direktor Stefan
Treue nahm sich für die Studierenden viel Zeit, beant-
wortete auch kritische Fragen zu Tierversuchen und
informierte über die Art der Versuche am DPZ, ge-         Führungen zum Jubiläum
setzliche Bestimmungen, interne Kontrollmechanis-
men und die Verantwortung der Wissenschaftler für         Anlässlich unseres Jubiläumsjahres bietet das DPZ
das Wohlergehen der Tiere. Darüber hinaus betonte         von Ende August bis Ende September 2017 Besu-
er, dass Primaten für die biomedizinische Forschung       cherführungen an, zu denen sich auch Einzelperso-
aufgrund ihrer Ähnlichkeit zum Menschen von gro-          nen anmelden können. Die Führungen richten sich
ßer Bedeutung sind, jedoch nur einen sehr geringen        an Erwachsene und Jugendliche ab 15 Jahren und
Anteil aller Tierversuche ausmachen.                      dauern anderthalb bis zwei Stunden. Sie umfassen
                                                          einen Vortrag über die Forschung am DPZ sowie
So viel Transparenz kam auch beim Auditorium gut          eine Tour durch die Außenanlagen der Primaten-
an. „Herr Treue, sie machen hier einen guten Job!“,       haltung.
kommentierte ein Zuhörer die offene Diskussion.
                                                          Termine für die Führungen können dem Ver-
„Dass sich so viele Studenten freitagnachmittags          anstaltungskalender auf der DPZ-Website
drei Stunden Zeit nehmen, um über Tierversuche zu         entnommen       werden     unter:
diskutieren, zeigt die Relevanz der Debatte und den       www.dpz.eu/veranstaltungen.
vorherrschenden Redebedarf“, sagte Stefan Treue im        Anmeldungen werden ebenfalls
Anschluss an die Diskussion. „Ich persönlich habe         über den Kalender erbeten.
mich über die große Resonanz der Veranstaltung
sehr gefreut. Die Fragen der Studenten waren nicht
oberflächlich oder einseitig motiviert, sondern sehr
gut durchdacht und zeugten von ehrlichem Inter-
esse. Das DPZ ist ein offenes Zentrum. Transparenz,
gerade bei dem schwierigen Thema Tierversuche, ist
uns wichtig.“

Die Veranstaltungsreihe des AStA zum Thema Tier-
versuche lief von November 2016 bis Januar 2017.

                                                                                     DPZ aktuell, Februar 2017    21
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