Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e

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Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
nikolausbrief
aus der evangelischen Kirchengemeinde Nikolausberg   06/2021 bis 08/2021

                                        Die Kraft der Bilder
Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
Inhalt

Editorial /                      2    Die Kraft der Bilder
Impressum
                                      Liebe Leserin, lieber Leser,
Angedacht                        3        als die Tages- oder Wochenzeitun-
                                      gen durch Magazine (stern, Spiegel,
Gemeinde aktiv                   5    Bunte u.a.) ergänzt wurden, wurde dies
Thema:                         12     mit der Kraft der Bilder erklärt. Diese
                                      Entwicklung in der Medienlandschaft
Die Kraft der Bilder                  wurde stark durch die Verbesserung
Aus dem KV                     22     der Fotografie befördert. Das vor Ort
                                      aufgenommene Foto versprach, ein au-
Redaktion intern               22     thentisches Zeugnis des Geschehens zu
                                      sein. Bildhafte Darstellungen erzeugten     jeden Tag „ins Auge springen“. Online-
Portrait                       22     und erzeugen bei den Betrachter*innen       Magazine haben Bereiche für „Bilder
                               24     die Vorstellung, quasi vor Ort bei der      des Tages“ eingerichtet, in denen bei-
                                      Aufnahme gewesen zu sein. Hieraus           nahe stündlich neues Fotomaterial zur
                                      speist sich ganz wesentlich die (Über-      öffentlichen Betrachtung eingestellt
Für Kinder                     29     zeugungs-)Kraft von Bildern.                wird. Die große Zahl der Internetnut-
                                          Diese medialen Erkenntnisse sind        zer ergänzt das schon üppige Angebot
5 KiNO im Nordosten            30     aus heutiger Sicht fast Binsenweishei-      durch private Fotos, die z. B. bei Face-
Kirchenkreis                   32     ten. Auch dieser Gemeindebrief be-          book, Instagram oder WhatsApp im
                                      dient sich der Abbildungen, um Über-        Status „gepostet“ werden. Die starke
Lesen                          32     zeugungskraft zu entfalten.                 Verbreitung des Smartphones hat dafür
                                          Bilder können aber auch Fehlvorstel-    gesorgt, dass jährlich mehr als 1 Billion
Termine                        34     lungen von Realität erzeugen, manch-        Fotos jährlich geschossen werden (de-
Regelmäßige                    38     mal sogar gewollt. Fast alle Fake-News      ren Anteil: mehr als 85 Prozent). Reiz-
                                      der vergangenen Jahre waren mit Fotos       überflutung. Hier ist offensichtlich ein
Veranstaltungen                       garniert, die die aufgestellte Behaup-      Überangebot entstanden, das keine ge-
So erreichen                   39     tung als wahr erscheinen lassen sollten.    steigerte Überzeugungskraft mehr ent-
Sie uns                               In Bildern liegt nicht nur Überzeugungs-    faltet, sondern Desinteresse erzeugt.
                                      kraft, sondern auch Täuschungspoten-
Moment noch ...                40     zial − die Macht der B  ­ ilder.               Kurzweiliges Vergnügen beim Le-
                                          Bilder im Kopf des Betrachters ent-     sen, ohne Desinteresse zu erzeugen,
                                      stehen aber nicht nur durch Fotogra-        wünschen
                                      fien, durch gemalte oder gezeichnete                         Ulrich Hundertmark
                                      Abbildungen, sondern auch z. B. durch                   und die ganze Redaktion
                                      Musik, die beim Hörer ähnliche Emp-
                                      findungen wie Fotos auslösen können.
                                      Schließlich entstehen Bilder im Kopf des
                                      Lesers auch durch Texte, z. B. Gedichte
                                      oder Geschichten. Selbst die Bibel ist
                                      voller textlicher Bilder, die Glaubensin-
                                                                                  Titelfoto:
                                      halte mit Überzeugungskraft darbieten.
                                                                                  Die Klosterkirche im „Farbrausch“.
                                      So können Menschen, die nicht mit Au-       Das Gotteshaus präsentiert sich hier als
                                      gen sehen, teilhaben. Zu all dem erfah-     ­optischer und akustischer Kunstraum.
                                      ren Sie etwas in diesem Heft.                ­Andreas Düker fotografierte während des
                                          Das Leitthema dieses Heftes „Die          Konzerts der Gentle Spirits „Across the
                                      Kraft der Bilder“ lässt uns aber auch an      ­Isles“ im Mai 2019 (vgl. auch die Betrach-
                                      die zahlreichen Fotos denken, die uns          tung von J. Zirkel, GB 2019-4, S. 5).

Impressum:
Herausgeber:    Kirchenvorstand Nikolausberg – Adressen siehe S. 39
Redaktionsteam: Andreas Düker (ad), Heinrich-Otto Hannemann (hh), Ulrich Hundertmark (uhu), Gaby Jahn (gab),
                Rolf Janetschek (jan), Anna Kiefner (ak), Jens Kuhlmann (jk), Thomas Markschies (thm),
                Annika Quentin (aqu)
Fotos:          Ulrich Hundertmark, wenn nicht anders angegeben
Anzeigen:       Thomas Markschies (thm)
Layout:         Beate Hautsch
Druck:          klartext GmbH, Auflage: 2.000 Exemplare
2                                                                                       nikolausbrief             3 | 2021
Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
Angedacht
An(ge)dacht: Die Kraft der Bilder
Vor gut einem Jahr bin ich mit mei-          mich, dass die Jünger, die auf dem Weg
ner Familie ins Pfarrhaus einge-             nach Emmaus sind und hier im Bild ge-
zogen. Nicht alle Möbel, Bücher,             rade den Spaziergang durch den Wald
Lampen und Bilder haben sofort ih-           machen, noch sehr aufgewühlt von der
ren festen Ort gefunden. Und wenn            Kreuzigung Jesu sind. Sie erkennen in
ich ehrlich bin, irren einige immer          dem Mann aber nicht ihren Freund Je-
noch bestimmungslos durchs Haus              sus. Sie gehen also alle drei ein Stück
und machen mal hier und mal dort             des Weges zusammen. Jesus fragt sie
halt, je nachdem wo sie gerade ge-           „Worüber unterhaltet ihr euch auf eu-
braucht werden.                              rem Weg?“ Einer der Jünger − laut dem
    Aber darum soll es heute nicht pri-      Lukasevangelium heißt er Kleopas − ist
mär gehen, um die umherirrenden              ganz erstaunt und antwortet dem ihm
Dinge. Vielmehr liegt mir daran, einen       unbekannten Mann – Jesus − mit einer
bestimmten Gegenstand in den Mittel-         Gegenfrage: „Du bist wohl der einzige
punkt zu rücken. Dieser Gegenstand ist       in Jerusalem, der nicht weiß, was dort in
ein Bild in einem goldenen Rahmen von        diesen Tagen passiert ist?“ Darauf fragt
meinem Opa. Er war − beziehungsweise         Jesus wiederum: „Was denn?“
ist es eigentlich noch immer − leiden-           Vielleicht denken Sie und denkt
schaftlicher Flohmarktgänger und hat         ihr jetzt: „Das ist doch Jesus, der muss
auf seinem Dachboden und in seiner           doch nicht so dumm oder viel schlim-
Wohnung so einige schöne Schätze             mer noch ‚scheinheilig‘ nachfragen. Will
(an-)gesammelt. So also auch dieses          er die Jünger etwa prüfen oder gar aus-
besondere Bild. Wir haben es von ihm         horchen, was sie über die Kreuzigung         immer und überall auf der Hand liegt,
schon während meines Vikariats in Ros-       denken? Ich bin überzeugt davon, dass        was einem anderen Menschen gerade
dorf geschenkt bekommen.                     gerade das Gegenteil der Fall ist. Denn      auf dem Herzen liegt. Was jemandem
    Wer die Geschichte hinter dem Bild       diese Geschichte zeigt mir, was ‚gelebte     Kummer macht, was ihn oder sie be-
nicht kennt, sieht auf den ersten Blick      Jesusnachfolge‘ bedeuten kann. In der        schäftigt. Es erinnert mich aber auch
vermutlich bloß einen etwas düsteren         Geschichte wird erzählerisch gezeigt,        daran, dass es eine riesige Erleichte-
Wald. Zwischen den Bäumen verläuft           dass es egal ist, dass Jesus die Ge-         rung ist, wenn man die Last, die Ver-
ein geschwungener Weg. Dieser Weg            schichte schon kennt – ja, dass er sie so-   antwortung und vielleicht auch den
führt über eine kleine steinerne Brücke,     gar selbst erleiden musste. Für Gesprä-      Kummer mit anderen Menschen tei-
durch die ein kleiner Bach fließt. Der       che ist es oft hilfreich, wenn ich mein      len kann. Sei es im direkten Gespräch
Himmel im Hintergrund ist wolkenver-         Vorwissen und vor allem auch meine           mit Mitmenschen, oder im direkten Ge-
hangen. Die großen alten Bäume tau-          Vorurteile – die ja jeder Mensch hat –       spräch mit Gott und seinem Sohn Jesus
chen den Weg in abwechselnde Licht-          beiseiteschiebe. Es ist zunächst einmal      Christus, wenn wir beten „Vater unser
und Schattenfelder. So weit ist es also      egal, was ich selbst denke, denn es geht     im Himmel…“
bloß ein Bild, das eine schöne, wenn         darum, mit offenen Ohren und offe-              Bleibt behütet und kommen Sie gut
auch etwas dunkle Landschaft abbildet.       nen Augen durch die Welt zu gehen.           durch diese andauernde Pandemie.
Warum es für mich aber weit mehr ist,        Jemand anderen am Telefon oder in ei-        Ihre/Eure Pastorin Anna Kiefner.
erklärt sich nun.                            nem Brief oder wo möglich auch in ei-
    Auf dem Weg – gerade in einem der        nem direkten Gespräch zu fragen „Was
Schattenfelder und damit eher etwas          ist denn passiert?“ Vielleicht ist es ge-
unscheinbar – gehen drei Männer in lan-      nau diese Frage, die gerade gebraucht
gen Gewändern. Von einem sieht man           wird. Für die beiden Jünger ist es das
nur den Rücken, der von einem roten          auf jeden Fall. Denn sie können Jesus
langen Gewand bedeckt ist. Von den           auf ihrem Weg nach Emmaus erzählen,
beiden anderen Männern kann man das          was sie erlebt haben. Ganz frei aus ih-
Gesicht im Profil sehen. Der mittlere der    rer eigenen Perspektive. Jesus teilt ihre
drei Männer hat ein weißes langes Ge-        Geschichte mit ihnen. Er hört ihnen zu
wand an und reckt seinen Finger hoch         und geht ein Stück des (schweren) We-
in die Luft. Es ist eine alte und bekannte   ges mit ihnen. Diese Geschichte, die in
Redegeste. Vermutlich wissen Sie und         dem wunderschönen Bild meines Opas
wisst ihr jetzt schon, welche biblische      so unscheinbar daherkommt, hängt in
Geschichte auf dem Bild dargestellt          unserem Wohnzimmer über der Couch
ist. Es ist die sogenannte Emmaus-Ge-        und hat dort beim Umzug sofort sei-
schichte, sie steht im Lukasevangelium       nen angestammten Platz gefunden.
im 24. Kapitel in den Versen 13-31. Das      Das Bild erinnert mich das ganze letzte
Besondere an dieser Geschichte ist für       Corona-Jahr daran, dass es eben nicht        Pastorin Anna Kiefner

nikolausbrief          3 | 2021                                                                                               3
Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
4   nikolausbrief   3 | 2021
Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
Gemeinde
                                                                                                  aktiv
Zwischen Absurdität und Hoffnung
Gottesdienste in Corona-Zeiten in der Klosterkirche
Während in vielen Gemeinden keine oder nur sehr wenige Gottesdienste
gefeiert werden, kann die Kirchengemeinde Nikolausberg auf eine ganze                        Ohne Requisiten und ohne Bühnen-
Reihe von Gottesdiensten zurückblicken. Zwei ganz besondere Veranstal-                   bild ist es Majewski und Zinck in zwei
tungen fanden am 14. und 21. März 2021 statt: „Warten auf Godot“ und                     Szenen als Wladimir und Estragon ge-
„Words of wisdom – Sehnsucht nach Frieden und Gewaltlosigkeit in der                     lungen, das ganze Dilemma der beiden
Pop-Kultur“                                                                              Gefährten glaubhaft darzustellen. Den
                                                                                         biblischen Bezug zum Hoffen, War-
                                                                                         ten und Erwarten stellte Sup.i.R. Heinz
                                                                                         Behrends in seiner Predigt neben ei-
                                                                                         nem von Harald Knoke gemalten Por-
                                                                                         trät des Autors dar.
                                                                                             Umrahmt wurde die Aufführung
                                                                                         von Elke Hardegen-Düker (Blockflöte
                                                                                         und Flügel), Andreas Düker (E-Gitarre)
                                                                                         und Nils Weinrich (Orgel), die mit zeit-
                                                                                         genössischer Musik einen besonderen
                                                                                         musikalischen Akzent setzen.
                                                                                             „Nichts zu machen, gehen wir.“ ist
                                                                                         der letzte Satz des Stückes. Und dann
                                                                                         gehen sie nicht. Sie warten. Kommt ei-
                                                                                         nem absurd, aber irgendwie bekannt
                                                                                         vor.

                                                                                         Words of wisdom – Worte der
                                                                                         Weisheit
                                                                                         Nicht der gewohnte gewaltige Klang
                                                                                         der Orgel begleitete die Gedanken
                                                                                         von H. Behrends zur „Sehnsucht nach
Gerd Zinck u. Roman Majewski lesen aus „Warten auf Godot“                                Frieden und Gewaltlosigkeit in der
                                                                                         Pop-Kultur“. Es war vielmehr Uwe Mei-
Warten auf Godot – gar nicht so               nem Schuh. Nichts bewegt sich, er ver-     le, der an diesem Tag sein Können
absurdes Theater                              sucht es aufs Neue. Sein Gefährte Wla-     am Flügel eindrucksvoll unter Beweis
Die Tatsache, dass es zzt. keinen Ge-         dimir tritt auf. Gemeinsam warten sie      stellte. Große Varianz zeichnete sein
meindegesang geben kann, verändert            auf Godot, der aber nicht erscheint. Ob    Spiel bei den unterschiedlichen Stü-
den Charakter der Gottesdienste er-           sie tatsächlich mit ihm verabredet sind,   cken aus, mit denen er die Gemeinde
heblich.                                      bleibt ebenso im Dunkeln wie die Frage,    musikalisch durch den Gottesdienst
    Der vierte Sonntag in der Fastenzeit      ob sie ihn an diesem Tag und an dieser     führte, virtuos auch und besonders bei
„Laetare“ (lat. „Freue dich“) mitten in der   Stelle treffen sollen. Auch im Gespräch,   den leisen Tönen.
strengen Fastenzeit soll den Gläubigen        das sich entwickelt, bleiben für den Zu-       Mit insgesamt 16 Stücken wurde ein
schon einen ersten Vorgeschmack auf           schauer einige Fragen offen. „Nichts       weiter Bogen geschlagen. Er reichte von
die Osterfreude gewähren. Und so war          zu machen.“: Bezieht sich das auf den      Die Gedanken sind frei bis zu Some­where
es für die Besucher der Klosterkirche         Schuh, der nicht vom Fuß will oder auf     over the rainbow (Eva Cassidy), von Udo
eine Freude, einen Literaturgottesdienst      das sinnlose Warten auf Godot? „Ich
der besonderen Art erleben zu können.         glaub es fast auch …“ auf das „Nichts
Denn zentrales Element im Gottesdienst        zu machen“ oder darauf, ob Godot nun
waren – in diesen theaterlosen Zeiten –       kommt oder doch nicht? Es bleibt Vieles
zwei leibhaftige Schauspieler!                im Dunkeln, das Stück ist aber auf ab-
    Roman Majewski und Gerd Zinck             surde Weise sehr unterhaltsam.
vom Deutschen Theater spielten an die-            Die ersten Aufführungen von War-
sem Tag – in einem Dialog von Theater         ten auf Godot kamen beim Publikum
und Theologie – Szenen aus Warten auf         übrigens nicht gut an, wie Heino Han-
Godot von Samuel Beckett (1906-1989).         nemann in einem kurzen Text zu Autor
Das 1953 in Paris uraufgeführte Stück         und Stück zu berichten wusste. Zahlrei-
begründete Becketts Ruhm als Autor            che Zuschauer verließen damals in der
des „Theater des Absurden“.                   Pause empört das Theater. Mittlerweile
    Estragon steht an einer Landstraße        ist das Stück allerdings zu einem Klas-    Uwe Meile am Piano mit Pop-Songs
unter einem Baum und zerrt an sei-            siker geworden.                            zum Frieden

nikolausbrief          3 | 2021                                                                                               5
Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
6   nikolausbrief   3 | 2021
Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
Gemeinde
                                                                                                    aktiv
Lindenbergs Wozu sind Kriege da? bis          Frieden aber bleibt unverwüstlich,
zu Pete Seegers Where have all the flo-       nicht nur in Bibel und der Verkündi-
wers gone?, von John Lennons berühm-          gung Jesu. Auch die Pop-Kultur bringt
ter Ballade Imagine bis zu Louis Arm-         diese Sehnsucht auf vielfältige Weise
strongs Traum What a wonderful world.         zum Ausdruck.“ Pop-Songs können vi-
    Manche der etwas betagteren Besu-         sionär sein, so etwa, wenn John Len-
cher des Gottesdienstes mochten sich          non in Imagine singt „Stell dir vor, alle
an die friedensbewegten Zeiten ihrer          Menschen leben in Frieden …“. Und sie
Jugend zurückerinnert haben. Doch es          können bei aller Ernsthaftigkeit auch
war nicht nur der Blick zurück, der den       ein Lächeln auf das Gesicht der Zuhö-
besonderen Reiz dieses Gottesdienstes         rer zaubern, z. B. wenn es in Somewhere
ausmachte. Es war auch die erschrec-          over the rainbow heißt, dass Probleme
kende Aktualität der Texte aus den 60er       „dahinschmelzen wie Zitronendrops“          Foto: Internet
und 70er Jahren, die zeigen, dass viele       und man den Geschmack auf der Zunge
der damals beschriebenen Probleme             zu spüren meint.                            anreden lassen“ konnte, wie er es stets
noch heute unverändert fortbestehen               Dank gebührt all denen, die in die-     am Anfang seiner Gottesdienste for-
und dass die Sehnsucht nach Frieden           sen besonderen Wochen und Monaten           muliert. Und so war die Welt der Got-
wohl ein zeitloses Hoffen ist.                Gottesdienste in der Klosterkirche er-      tesdienste in Nikolausberg keineswegs
    Schon in der Ankündigung des Got-         möglicht und gestaltet haben. Ein be-       „vorübergehend geschlossen“ wie ein
tesdienstes hieß es: „Jesus predigt Ge-       sonderer Dank an Sup.i.R. Heinz Beh-        Kino dieses Namens in den USA. Wie
waltlosigkeit und wird selbst Opfer ei-       rends, der unermüdlich dafür gesorgt        schön!
ner Gewalttat. Die Sehnsucht nach             hat, dass die Gemeinde sich „von Gott                                            jk

Ostern 2021 in Bildern
In diesem Jahr hat unsere Kirchenge-          tars mit dunkelviolettem Tuch, so dass      mahl. Wegen der herrschenden Co-
meinde das Osterfest auf besondere            der Blick „automatisch“ auf die Kreuzi-     rona-Beschränkungen bekamen die
Weise gefeiert. Während der Elternzeit        gungsszene auf Golgatha im Mittelteil       Besucher*innen einen Einzelkelch und
unserer Pastorin Anna Kiefner gestal-         gezogen wurde.                              ein Stück Brot, säuberlich abgedeckt
tete Sup. i.R. Heinz Behrends (Gast-             Am Gründonnerstag feierte die            neben dem jeweiligen Sitz. Die Ein-
dienst) die Karwochenandachten.               Gemeinde erstmals nach mehr als ei-         nahme des Abendmahls zelebrierte
Ungewohnt war in diesem Jahr die Ab-          nem Jahr wieder das Abendmahl, aber         Behrends feierlich; niemand musste
deckung der Seitenflügel des Hauptal-         nicht als traditionelles Tischabend-        ein erhöhtes Infektionsrisiko befürch-

(Gründonnerstag) Kerzen symbolisieren die 12 Apostel

nikolausbrief          3 | 2021                                                                                                7
Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
8   nikolausbrief   3 | 2021
Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
Gemeinde
                                                                                                     aktiv
ten. Am Karfreitag hielt Pn. Charlotte      gesang und mit dem Anzünden der Os-
Scheller (pfarramtliche Vertretung) den     terkerze. Begleitet wurde die Andacht
Gottesdienst am Vormittag und über-         durch das Konzert der Vögel, die sich
raschte die Anwesenden mit einem kla-       nach und nach zu einem Vogelchor zu-
ren, wunderschönen Sologesang. Zur          sammenschlossen. Im feierlichen Fest-
Sterbestunde hielt Behrends noch eine       gottesdienst um 10.00 Uhr wurde die
kurze und prägnante Andacht. Am Os-         Osterkerze dann erneut angezündet.
tersonntag in der Frühe um 05.30 Uhr        Insgesamt gab es ein außerordentlich
feierte die Gemeinde die Auferstehung       dichtes und stimmiges Gottesdienstan-
Christi auf dem Friedhof – als Lebens-      gebot, das zahlreiche Gemeindeglieder
raum – in einer sehr stimmigen Andacht      wahrgenommen haben.              uhu
mit Lesungen aus der Bibel, mit Solo-

                                                                                           Ostergottesdienst: Sup. i.R. Behrends

Pastorin Scheller                                      Passion: Das Kreuz im Mittelpunkt

Frühgottesdienst zwischen den Gräbern am Ostermorgen

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Nikolausbrief - Die Kraft der Bilder - wir-e
Auf dem Anger 1 · 37130 Gleichen

      Tel.: 0551/795375
                                        Bedachungen + Bauklempnerei + Solaranlagen
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10                                                                               nikolausbrief   3 | 2021
Gemeinde
                                                                                               aktiv
Die Pflanze des Monats Juni 2021 –
der Echte Lorbeer
Der Echte Lorbeer, der in seiner Heimat Vorderasien und im Mittelmeer-
raum zu großen Bäumen heranwachsen kann, wird in unseren Breiten zu-
meist als kleinere Gewürzpflanze gezogen, deren Blätter z. B. Suppen,
Eintöpfen, aber auch Fisch- und Fleischgerichten Aroma verleihen. Frische
Lorbeerblätter schmecken herb-aromatisch und leicht bitter, sie duften
zart-würzig. Verwendung finden in erster Linie die zweijährigen Blätter,
wobei frische wesentlich aromatischer sind als getrocknete.
   Die alten Griechen und Römer nutz-      Entwicklungen. Entsprechende Abbil-
ten den Echten Lorbeer als Heilpflanze     dungen finden sich z. B. auf Briefmar-
bei Problemen mit dem Magen oder           ken der Deutschen Bundespost.
der Blase. Auch heute noch wird Lor-          Erfolgreiche Sportler und Musiker
beer in der Naturheilkunde geschätzt.      unseres Landes werden mit dem Sil-
Im alten Christentum galt Lorbeer als      bernen Lorbeerblatt der Bundesregie-       Der kleine Lorbeerstrauch im Klostergarten
Symbol der Unvergänglichkeit wegen         rung geehrt. Der Verfasser erinnert sich
seiner immergrünen Blätter und man         auch an Bundesjugendspiele in NRW,             Akademische und schulische Lor-
bahrte die Toten auf ihnen auf. In den     bei denen ein Lorbeerkranz die begehr-     beeren wurden und werden mit dem
Überlieferungen der griechischen My-       teste Auszeichnung war, bei etwas we-      Baccalaureat (frz. Abitur) und anderen
thologie verwandelt sich Daphne in ei-     niger guten Leistungen gab es immer-       Titeln honoriert. Auch die antike Tradi-
nen Lorbeerbaum, um sich vor ihrem         hin noch ein kleines „Sträußchen“, auch    tion, hervorragende Dichter mit einem
Verehrer Apollon zu verstecken, der        aus Lorbeerzweigen.                        Lorbeerkranz zu schmücken, wird fort-
wiederum aus Trauer Kränze aus Lor-                                                   geführt, so gibt es z.B. in England und
beerlaub trug. Lorbeerblätter wurden                                                  den USA einen „poet laureate“, einen
in Griechenland genutzt, um Olympi-                                                   „lorbeergekrönten“ Dichter.
oniken zu ehren, im Römischen Reich                                                       Die Pflanze steht im Beet Nr. 7 bei
ehrte man siegreiche Feldherren mit                                                   den mediterranen Gewürzpflanzen.
Lorbeerkränzen, eine Tradition, die sich                                                  Der Lorbeer ist leider nicht winter-
bis in die Neuzeit fortgesetzt hat. Al-                                               hart, wenn man ihn also gepflanzt hat,
lerdings bezieht sich die Symbolik des                                                kann man sich nicht auf seinen Lorbee-
Lorbeerkranzes heute nicht allein auf                                                 ren ausruhen :), man muss sich immer
die heroischen Sieger nach Kriegen,                                                   wieder kümmern!
sondern sie zielt auf den darauf hof-                                                                      Heinz-Bernd Zirkel
fentlich folgenden Frieden und positive                                                            für das Klostergartenteam

 Schick uns Dein Lied!
 Wir suchen die Top 5 für das neue Gesangbuch
 „Lobe den Herrn“ oder „Da wohnt           hen müssen. Ab Sonntag, 2. Mai, sind       die Geschichte des evangelischen Ge-
 ein Sehnen tief in uns“? „Anker in        die Leitungen freigeschaltet. Dann         sangbuchs und ein Anmeldeformular
 der Zeit“ oder „Von guten Mächten“?       können Sie im Internet auf der Seite       für den E-Mail-Newsletter, der regel-
 Welches Lied singen Sie am liebsten       www.ekd.de/top5 drei Monate lang           mäßig erscheint.
 im Gottesdienst? Was ist Ihr persön-      Ihre Vorschläge eintragen. Aus al-            Der QR-Code führt Sie direkt zur
 licher Hit? Genauer gefragt: Was sind     len genannten Liedern wird eine ge-        Homepage (ht tps://w w w.ekd.de/
 Ihre TOP 5? Denn genau die suchen         meinsame TOP 5 gebildet, die Sie           schick-uns-dein-lied-63832.htm) mit
 wir. Und zwar für das neue Gesang-        voraussichtlich Ende dieses Jahres in      der Umfrage und vielen weiteren In-
 buch, das bis 2030 erscheinen soll.       der Liederapp „Cantico“ finden. Das        formationen.
 Zunächst digital, später auch in ge-      neue „Gesangbuch“ wird viele Hinter-
 druckter Form. Dabei können Sie uns       grundinfos und deutlich mehr Lieder
 unterstützen. Schicken Sie uns Ihre       enthalten. Auf der Website www.ekd.
 Lieblingshits und zwar von Platz 1 bis    de/evangelisches-gesangbuch finden
 5. Also genau die Songs, die auf je-      Sie viele weitere Informationen zur
 den Fall im neuen Gesangbuch ste-         Entstehung des neuen Gesangbuchs,

nikolausbrief         3 | 2021                                                                                               11
Thema: Die Kraft
   der Bilder
 Die Kraft der Bilder
 Täglich werden wir mit Bilddarstel-         die Allgegenwar t der Fotografie            Kopf, z. B. durch bildhafte Sprache, die
 lungen konfrontiert, ob wir es wollen       (nachfolgend), banal oder manipula-         die Fantasie inspiriert. Die Bibel selbst
 oder nicht. Bilder drängen sich auf.        tiv (S. 13) umgibt uns wohl am inten-       liefert anschauliche Beispiele (S. 16).
 Es ist die Kraft der Bilder, der äuße-      sivsten. Künstlerisch selektiv gestal-      Wie aber wird das Unsichtbare sicht-
 ren, aber auch der inneren, die unse-       tet erzeugt sie ästhetische Eindrücke.      bar, wenn jemand sein Augenlicht ver-
 re Vorstellungen prägt.                     Abbildungen in unserer Klosterkirche        liert (S. 17)?
    Hierzu lesen Sie nachfolgend. Die        stehen im Mittelpunkt mehrerer Arti-            hh
 tägliche Bilderflut, ausgelöst durch        kel (S. 14, 18). Bilder entstehen auch im

Die tägliche Bilderflut
Jeden Tag werden wir überall mit einer großen Anzahl an Bildern konfron-                 Fotos werden dann natürlich auch im
tiert: auf der Straße, in Zeitschriften, im Internet. Laut einer Studie des              Internet geteilt. Während Fotos früher
Digitalverbandes Bitkom wurden im Jahr 2017 weltweit 1,2 Billionen Di-                   vor allem als Erinnerungen geschossen
gitalfotos geschossen, heute sind es vermutlich viele mehr. Jedes Bild, das              wurden, sind sie heute ein zentraler Be-
wir sehen, beeinflusst uns, ob es uns bewusst ist oder nicht, und übermit-               standteil der Interaktion und Gruppen-
telt eine Nachricht. Es ist paradox: Peter Vorderer, Medienpsychologe an                 bildung. Social-Media Plattformen le-
der Universität Mannheim, sagt: „Bildern haftet nichts Besonderes mehr                   ben davon, dass Privatpersonen und
an“. Sie verlieren also an Bedeutung, denn es gibt immer mehr davon, und                 Prominente Bilder teilen, die einen Ein-
dennoch werden sie wichtiger genommen denn je.                                           blick in ihr Privatleben erlauben. Dar-
                                                                                         über hinaus verdienen Influencer Geld
                                                                                         damit, dass sie Artikel online durch Fo-
                                                                                         tos bewerben. Auch offline begegnen
                                                                                         uns in jeder Zeitschrift und an Plakat-
                                                                                         wänden an Bushaltestellen riesige Wer-
                                                                                         bebilder.
                                                                                             Doch was macht das mit uns? Be-
                                                                                         sonders junge Menschen sind oft ver-
                                                                                         unsichert, wenn sie die Fotos „perfekt
                                                                                         aussehender“ Menschen sehen. Dass
                                                                                         diese Fotos meist stark bearbeitet sind,
                                                                                         gerät dabei in Vergessenheit. Schnell
                                                                                         neigt man dazu, sein eigenes Aussehen
                                                                                         mit dem anderer zu vergleichen, und
                                                                                         sich schließlich schlecht zu fühlen. Aber
                                                                                         die Fotos implizieren meist auch etwas,
                                                                                         das weit über die Optik hinausgeht: Sie
                                                                                         suggerieren ein perfektes Leben und
                                                                                         zeigen einen immer glücklichen Men-
                                                                                         schen, obwohl sie selbstverständlich
                                                                                         nur sorgfältig ausgewählte Momentauf-
                                                                                         nahmen sind. Sie zeigen nur das, was
Selbst das Essen wird fotografiert                                    Foto: Wikipedia   gesehen werden soll. Dies wird auch
                                                                                         als impression management, also Steu-
    Bis vor einiger Zeit war die Situation   tage besitzt so gut wie jeder Mensch        erung des Eindrucks, den man auf an-
noch ganz anders. Im Mittelalter sahen       eine Kamera in Form eines Smartpho-         dere Menschen machen will, bezeich-
europäische Christen Bilder nur in Kir-      nes, und die meisten tragen sie ständig     net. Man präsentiert also mindestens
chen. Die Kirche war, neben den Adli-        mit sich herum. Dadurch, und vor al-        seine beste Seite, und meistens sogar
gen, der Hauptauftraggeber für Male-         lem auch, weil Fotografieren heute kos-     mehr als das. Doch besonders junge
rei und Bildhauerei. Dies änderte sich       tenlos ist, schießen viele von uns täg-     Menschen, die gerade auf der Suche
im Laufe der Zeit, u.a. mit der Erfindung    lich Bilder, seien es Landschaftsfotos,     nach sich selbst sind, haben häufig
des Fotoapparates und später der Ver-        Selfies oder Aufnahmen ganz banaler         Schwierigkeiten, sich dies bewusst zu
breitung handlicher Kameras. Heutzu-         Dinge, wie unseres Essens. Und diese        machen. Das kann zu negativen Auswir-

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Thema: Die Kraft
                                                                             der Bilder
kungen auf das Selbstbewusstsein und          entsteht, die Anzahl der Likes mit je-         Mensch” ist eine Illusion und oft nur ein
die Identitätsbildung führen. Identitäts-     dem neuen Foto wieder zu erreichen             Resultat entsprechender Bildbearbei-
bildung ist immer ein Zusammenspiel           oder zu übertreffen. Eine Abhängig-            tungsprogramme oder langen Wartens
der inneren und der äußeren Welt. Da-         keit kann entstehen. Neben diesen Aus-         auf den „richtigen” Moment. Anderer-
für ist es wichtig wahrzunehmen, wie          wirkungen bewerten manche Forscher             seits haben wir heute alle die Chance,
uns die Außenwelt wahrnimmt. Anders           auch ein schlechteres Erinnerungs- und         mit unserem Smartphone kreative Fo-
als offline erhalten wir online für hoch-     Konzentrationsvermögen sowie Angst-            tos zu schießen und unsere Liebsten an
geladene Fotos direkt positives, aber         zustände als Folge der Bilderflut, der         unserem Leben auch digital teilhaben
unter Umständen auch negatives Feed-          wir täglich ausgesetzt sind.                   zu lassen. Durch Bilder lassen sich wun-
back, z.B. durch Likes und Kommentare.            Doch der Wandel vom analogen Bild          derbar Emotionen ausdrücken und ver-
Likes haben häufig einen ähnlichen Ein-       hin zum Digitalfoto ist nicht mehr auf-        mitteln. Gerade in einer Zeit wie dieser
fluss auf uns wie Schokolade: Sie akti-       zuhalten. Wir alle sollten uns der Ge-         können uns Bilder helfen, uns auch mit
vieren unser Belohnungssystem, wes-           fahren einerseits und der Chancen an-          Abstand nah zu sein.
wegen unterbewusst das Verlangen              dererseits bewusst sein. Der „perfekte             aqu

Der Blick durch die Kamera – arrangierte Wirklichkeit
„Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“, sagt ein Sprichwort, wenn es einem                      im aktuellen Pressekodex des Deut-
Bildmotiv eine besonders starke Bildwirkung zuschreibt. In der deutschen                     schen Presserats unter Ziffer 2: „Zur
Sprache hat es Kurt Tucholsky erstmalig im Jahre 1926 verwendet, also zu                     Veröffentlichung bestimmte Informa-
einer Zeit, als die Fotografie auf dem Vormarsch war und andere bildge-                      tionen in Wort, Bild und Grafik sind mit
bende Verfahren – die Zeichnung, die Malerei – an Bedeutung verdrängte.                      der nach den Umständen gebotenen
Während die anfängliche Fotografie des 19. Jahrhunderts lediglich insze-                     Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu
nierte oder arrangierte Realität abbilden konnte, wurden die Filmmate-                       prüfen und wahrheitsgetreu wieder-
rialien zunehmend lichtempfindlicher, so dass die „schnelle“ Fotografie                      zugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbei-
Sekundenbruchteile einer Bewegung „einzufrieren“ in der Lage war. Der                        tung, Überschrift oder Bildbeschrif-
technische Prozess der Bildherstellung durch Betätigen des Kameraver-                        tung weder entstellt noch verfälscht
schlusses − frei von künstlerischen Gestaltungseingriffen – vermittelte                      werden.“ In Zeiten, in denen Fake-
den Eindruck der klaren, unverfälschten Dokumentation der Wahrheit.                          News zur Alltäglichkeit geworden sind,
   Der zu Beginn des letzten Jahr- tagen geradezu die authentische Wie-                      ist es wert, diesen guten journalisti-
hunderts aufkommende bildgestützte dergabe des tatsächlichen Geschehens                      schen Grundsatz wieder einmal her-
Journalismus nahm mit seinen Repor- für sich in Anspruch. So heißt es auch                   vorzuheben.

Zwei Versionen: Soldaten der Roten Armee hissen die rote Sowjetflagge auf dem Dach des Reichstags am 2. Mai 1945. Es wurde das Symbol
für das Ende des Zweiten Weltkriegs und Inbegriff über den Sieg des Faschismus.
Quelle: Volland/Krimmer: Jewgeni Chaldej – Der bedeutende Augenblick, 2008

nikolausbrief          3 | 2021                                                                                                    13
Thema: Die Kraft
   der Bilder
    Längst wissen wir, dass Fotografien   den? Sicher gibt es eindeutige Fälle            Anders verhielt es sich zwei Jahre
auch lügen können. Überspitzt wird von    der Bildmanipulation, in dem nicht nur     später. Der italienische Fotograf Gio-
Fachleuten gerne behauptet, die Bild-     Flecken wegretuschiert, sondern ganze      vanni Troilo hatte eine Fotostrecke über
manipulation, also die Meinungsbeein-     Berge versetzt werden, Personen ver-       bestimmte Quartiere der belgischen
flussung durch Fotos, sei genauso alt     schwinden oder Objekte hinzugefügt         Stadt Charleroi eingesandt, aus der auch
wie die Fotografie selbst. Damit wird     werden. Mit Photoshop oder anderen         das Siegerfoto stammte. Nach der Preis-
darauf hingewiesen, dass praktisch alle   Bildbearbeitungsprogrammen der di-         verleihung hagelte es Proteste aus der
fotografischen Parameter die Wirkung      gitalen Fotografie ist das kein großes     unrühmlich dargestellten Stadt. Troilo
einer Fotografie in gewisser Richtung     Problem, aber auch in der Dunkelkam-       musste einräumen, dass ein Foto der Se-
beeinflussen: die Wahl des Aufnah-        mer wurde früher manipuliert und re-       rie (nicht das Siegerfoto) an einem ande-
mestandorts, der gewählte Bildaus-        tuschiert. Bildbände enthalten schon       ren Ort aufgenommen worden war und
schnitt, die Abbildungseigenschaft        lange den Hinweis, dass die veröffent-     dass das prämierte Foto eine gestellte
des Objektivs (Tele, Weitwinkel), die     lichten Fotos nicht bearbeitet worden      Szene darstellte, an der sein Cousin mit-
Belichtungsdauer, die Fokussierung        seien, um die hohe Fotokunst des Au-       gewirkt hatte. Das kostete ihn die Aus-
(Schärfe-/Unschärfebereich). Auch der     tors zu unterstreichen.                    zeichnung, obwohl er keines der einge-
Kontext ist von Bedeutung (s. Presse-         Vor der schwierigen Abgrenzungs-       reichten Fotos selbst manipuliert hatte.
kodex). Ein guter Fotograf wird diese     frage der noch erlaubten Bildgestal-       Beide Entscheidungen werden in der
Gestaltungsmöglichkeiten einsetzen,       tung zur nicht mehr erlaubten Manipu-      Fachwelt kritisch diskutiert.
um die gewünschte Bildwirkung beim        lation steht jährlich die Jury des World        Auch der deutsche Presserat muss
Betrachter zu erzeugen. Meister dieses    Press Photo Award, der für die besten      sich zunehmend mit angeblich oder
Fachs schufen Fotos, die sich als „Iko-   Pressefotos in verschiedenen Katego-       tatsächlich unerlaubten Manipulati-
nen der Zeitgeschichte“ in das kollek-    rien ausgelobt wird. Das Siegerfoto        onen befassen. 2020 war ein Rekord-
tive Gedächtnis „eingebrannt“ haben,      des Jahres 2013, das den Trauerzug für     jahr. 4.085 Anzeigen gegen Print- und
z.B. das Hissen der roten Sowjetfahne     zwei im Gaza-Streifen getötete Kinder      Onlinemedien wurden registriert. Die
auf dem ausgebrannten Reichstags-         zeigt, wurde nach der Preisverleihung      meisten Rügen sprach der Presserat
gebäude bei Kriegsende (Chaldei), der     von Experten in Zweifel gezogen, weil      wegen Verstoßes gegen den oben zi-
genüsslich Zigarre rauchende Revoluti-    die Lichtwirkung nicht stimmig erschien.   tierten Kodex Nr. 2 aus (mangelnde
onär Che Guevara (Burri), die brennen-    Der schwedische Fotograf Paul Hansen       Sorgfaltspflicht): etwa 225 Mal. Wen
den Twin T­ owers des World Trade Cen-    gab zu, dass er das Foto schichtweise      die Rügen treffen? Das kann den Inter-
ter (Drews u. a.).                        mit anderen Fotos optimiert hatte, bevor   netseiten und dem Jahresbericht 2020
    Wie aber ist gut gestaltete von ma-   er das Gesamtwerk einreichte. Er durfte    entnommen werden.                    uhu
nipulativer Fotografie zu unterschei-     den weltweit begehrten Preis behalten.

Musikengel der Klosterkirche treffen Marc Chagall
Was haben die Musikengel in unserer Klosterkirche mit einem von Marc                 ihn in seiner großen Herrlichkeit! Lobet
Chagall gestalteten Glasfenster in der Kathedrale von Chichester (GB) ge-            ihn mit Posaunen, lobet ihn mit Psal-
meinsam? Klingt ziemlich weit hergeholt, oder? Aber überraschenderwei-               ter und Harfen! Lobet ihn mit Pauken
se haben die beiden bildlichen Darstellungen nach meiner Auffassung                  und Reigen, lobet ihn mit Saiten und
dasselbe Thema: Psalm 150, den letzten der Psalmen, das große Halleluja.             Pfeifen! Lobet ihn mit hellen Zimbeln,
   Die Kirche als Bilderbuch! Eine not-   Skulpturen auch in unserer Klosterkir-     lobet ihn mit klingenden Zimbeln! Al-
wendige Erscheinung, um v.a. in frühe-    che in Nikolausberg, die im Mittelalter    les, was Odem hat, lobe den HERRN!
ren Jahrhunderten den religiösen Emp-     als Wallfahrtskirche einen großen Ein-     Halleluja!
findungen der Menschen Richtung und       zugs- und Wirkungsbereich hatte. Da            So der Text der Lutherbibel 2017.
Ziel zu geben, denn bis in die Neuzeit    war jedes Detail von Bedeutung (s. Ar-     Man kann feststellen, dass zumindest
hinein waren Lese- und Schreibfähig-      tikel auf S. 24/25).                       eine Auswahl der genannten Instru-
keit den Geistlichen, Gelehrten, Teilen       So ist es kein Zufall, dass sich die   mente in den Händen der Engel zu se-
des Adels und später dem gehobenen        Darstellung der Engel im Vierungsge-       hen ist, wenngleich über ihren eigent-
Bürgertum vorbehalten. Biblische Ge-      wölbe befindet. Sie umgeben das Zent-      lichen Charakter – konsultiert man
schichten und damit Glaubenserfah-        rum: Christus, dargestellt als das Lamm    verschiedene Übersetzungen – nicht
rungen wurden ermöglicht mit Hilfe        Gottes, das die Sünden der Welt trägt      immer Übereinstimmung zu erzielen
von Skulpturen und Gemälden, ge-          und sie erlöst. Um ihn kreist das große    sein wird. So entspricht die Posaune
dacht zur Illustration und als Hilfen,    Halleluja des letzten Psalms:              dem dargestellten sog. Serpent, dem
uns selbst als Menschen im Bezug zur          Halleluja! Lobet Gott in seinem Hei-   geschwungenen Blasinstrument; Psal-
Schöpfung zu verstehen. Hiervon zeu-      ligtum, lobet ihn in der Feste seiner      ter und Harfe waren im Mittelalter wohl
gen die Altäre, Gemälde, Fresken und      Macht! Lobet ihn für seine Taten, lobet    auch Instrumente in Gestalt der 4-saiti-

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Thema: Die Kraft
                                                                           der Bilder
                                                                                         Farbe Rot, aufgebrochen durch eine
                                                                                         Anzahl grüner, blauer und gelber Far-
                                                                                         belemente: Gestalten, Engel, Men-
                                                                                         schen, Tiere, in festlicher Stimmung
                                                                                         rühmen den Herrn, tanzen und prei-
                                                                                         sen seine Größe und seine Schöpfung.
                                                                                         Die Musiker spielen die Instrumente,
                                                                                         die der Psalm 150 nennt: Blasinstru-
                                                                                         mente, Trommel, Saiteninstru­ment und
                                                                                         Zimbeln. Ein Mann neben einem Tier,
                                                                                         ganz rechts im Bild, hält ein geöffne-
                                                                                         tes kleines Buch und zeigt damit an,
                                                                                         dass auch das Wort in diese Lobes-
                                                                                         hymne einstimmt. Dies verweist auf
                                                                                         den Psalter in der Form des Stunden-
                                                                                         buches, des Verzeichnisses der Psal-
                                                                                         men. Im Zentrum halten zwei Figuren
                                                                                         den siebenarmigen Leuchter, während
                                                                                         David, der Dichter des Psalms, die ge-
                                                                                         samte Darstellung krönt und auf ei-
                                                                                         nem Tier reitend seine Harfe spielt.
                                                                                         Auf diese Weise stellt Chagall zusätz-
                                                                                         lich eine Beziehung von Judentum und
                                                                                         Christentum her, die das große Halle-
                                                                                         luja bewirkt.
                                                                                             Die beiden Darstellungen, unsere
                                                                                         mittelalterlichen Musikengel und die
                                                                                         Figuren im Glasfenster in der Kathe-
                                                                                         drale von Chichester, sind nicht nur
                                                                                         geografisch und zeitlich, sondern
                                                                                         auch künstlerisch meilenweit vonei-
                                                                                         nander entfernt. Und auch die Wir-
                                                                                         kung, die von ihnen ausgeht, ist un-
                                                                                         terschiedlich. Beide sind Zeugnisse
                                                                                         der Menschheitsgeschichte als Bild-
                                                                                         geschichte. Wir sehen die Fresken in
                                                                                         unserer Klosterkirche mit anderen Au-
M. Chagall, Glasfenster zu Psalm 150, Chichester Cathedral, GB               Foto: hh   gen als die Wallfahrer des Mittelalters.
                                                                                         Und wir betrachten die Farbpracht des
gen Cithara, einer Art Laute, die, wenn        späten Mittelalter. Sie werden zuneh-     Glasfensters von Chichester auch auf
man genau hinsieht, in unserer Dar-            mend als Mittler zwischen Gott und den    dem Hintergrund der Geschichte des
stellung ebenfalls 4 Saiten besitzt. So        Menschen aufgefasst und mit menschli-     20. Jahrhunderts. Mit den Engeln, die
steht die Laute stellvertretend für alle       chen Zügen versehen, werden dadurch       über unserer Vierung schweben, ver-
Saiteninstrumente. Der Reigen wird in          Teil der sinnlich erfahrbaren Welt und    binden wir ganz konkret Gottesdienste
anderen Übersetzungen mit dem Chor             auch musizierend dargestellt. Insofern    und zahlreiche Veranstaltungen kon-
bezeichnet. Und damit ist eine Bezie-          müssen unsere Musikengel und ihre In-     zertanter Musik geistlicher und weltli-
hung zur Gemeinde hergestellt, die sich        strumente zu ihrer Entstehungszeit sehr   cher Natur, die die Gültigkeit des 150.
unter dieser Darstellung seit Jahrhun-         modern gewesen sein.                      Psalms immer wieder ‚betonen‘(!). Viel-
derten versammelt und in das Lob mit               Blicken unsere Engel gewisserma-      fach greift gerade die Kunst auf Traditi-
Gesang einstimmt. Gegenüber befin-             ßen noch als Abgesandte der Himmli-       onen zurück. Die Kirchenfenster eines
det sich der Engel mit dem Organum,            schen Heerscharen auf uns herab, sieht    Marc Chagall aus dem 20. Jahrhundert
einer kleinen tragbaren Orgel. Zuletzt         die künstlerische Verarbeitung des 150.   sehen anders aus als diejenigen ver-
verdienen die Zimbeln Aufmerksam-              Psalms bei Marc Chagall aus dem Jahre     gangener Jahrhunderte, die als Bilder-
keit, denn dieser Begriff kennzeichnet         1978 vollkommen anders aus. Der zur       bibeln dienten. Aber indem die Kunst
im späten Mittelalter kleine Handglo-          Zeit der Entstehung 88-jährige Künst-     Inhalte und Motive mit neuen Formen
cken unterschiedlicher Tonhöhen, die           ler taucht das große Halleluja in den     versieht und interpretiert, vermag sie
zu besonderen festlichen Anlässen ge-          Farbrausch eines Glasfensters. Die tri-   eine Beziehung über Raum und Zeit
läutet wurden. Abbildungen musizie-            umphale Qualität dieses Gesangs wird      herzustellen.
render Engel findet man erst seit dem          ausgedrückt durch die Dominanz der            hh

nikolausbrief           3 | 2021                                                                                             15
Thema: Die Kraft
   der Bilder
Brunnen und Flut, Taube und Schlange, Flüsse und Meer
Von der Bildersprache der Bibel
Die Sprache der Bibel wird zu allen Zeiten verstanden werden. Denn sie
spricht in Bildern, die es geben wird, solange Menschen leben. Es sind Bil-
der aus dem Alltag, aus dem Erleben der Menschen: Berg und Tal, Baum
und Haus, Hand und Fuß, Brot und Wein. Die Worte erzeugen Bilder im
Kopf, sie rufen Vertrautes ab. Sie rufen ein Gefühl ab. Bilder werden ge-
zeigt ohne Fotoapparat, sie lassen Raum zum Assoziieren.
    In der Ausbildung der Rundfunkau-         Wo das Morgenrot aufgeht, da ist An-
toren lernen wir, diese Bilder zu benut-      fang, Auferstehung. Eines der schöns-
zen. Wir haben 90 Sekunden Zeit für           ten poetischen Worte dazu in Ps. 139
eine Botschaft. Die Bilder müssen kon-        „Nähme ich Flügel der Morgenröte“. Die
kret sein und ansprechen, trösten, ermu-      Geschichte des Menschen beginnt mit
tigen, anregen. Also sage nicht Blume“,       dem Garten, dem unbelasteten Anfang
sondern „Rose“ oder „Tulpe“ oder „La-         und schließt mit der Stadt Jerusalem mit
vendel“. Dann entsteht eine konkrete          ihren 12 geöffneten Toren und den flie-
Vorstellung im Hörer. Die Bibel tut das       ßenden Bächen in den Straßen, dem Ort
schon seit mehr als 3000 Jahren. Das          des Friedens, an dem keine Gefahr mehr
ist ihre Stärke. Jesus von Nazareth war       droht. Die Entwicklung des Menschen
darin ein Meister. Jedes Bildwort lässt       von der Natur zur Kultur.
eine andere Wirklichkeit durchschim-              So lebt die Bibel von der Fülle an
mern. Der Sturm auf dem See ist die Be-       Bildworten aus den elementaren Le-
drohung des Lebens, der Feigenbaum,           benswelten des Menschen.
der keine Frucht bringt, ist eine Mah-        • Die Jahreszeiten: Abend und Mor-          Der Weinstock und die Reben – ein zentrales
                                                                                          Bildmotiv in der Bibel            Foto: hh
nung. Das volle Netz der Fischer steht           gen, Sommer und Winter.
für den Erfolg. Das Boot, das das an-         • Die Tiere: Schlange und Drachen,
dere Ufer ansteuert, das ist der Mensch          Schaf und Lamm, Fische, Taube, Esel      •   Wasser: See, Ufer, Fluss, Brunnen,
im Übergang seines Lebens. Der Stall –           und Ross.                                    Quelle, Meer, Boot, Flut.
die Kargheit, in der Gott den Menschen        • Pflanzen: Garten, Feigenbaum, Wei-        •   Gegenstände: Tisch, Leuchter, Sche-
in seiner Geburt ganz nahekommt. Oh-             zen.                                         mel, Tür, verlorener Groschen, Buch
ren – der Mensch versteht oder er ver-        • Landschaft: Berg und Tal, Hügel,              mit 7 Siegeln.
steht nicht. Augen – er ist blind für Gott.      Wüste, Felsen.                           •   Körper: Leib, Glieder, Hand und Fuß,
                                                                                              Nieren, Herz, Auge und Ohr, Salbe.
                                                                                          •   Nahrung: Brot und Wein, Salz.
                                                                                          •   Gebäude: Haus und Hütte, Turm zu
                                                                                              Babel, Tür, Arche, (Stadt)Tor.

                                                                                          Alle verstehen. Sie bilden innere Bilder
                                                                                          ab, die durch das Hören und Lesen der
                                                                                          Worte wach werden und sich im Men-
                                                                                          schen ausbreiten und etwas auslösen.
                                                                                          Erinnerungen, Gefühle. Das ist un-
                                                                                          schlagbar. Das ist nicht autoritär, wie
                                                                                          ein abfotografiertes Bild es sein kann.
                                                                                          Selbst die neueren Bibelübersetzun-
                                                                                          gen rühren diese Bilder nicht an.
                                                                                              Anschaulich gemacht werden möge
                                                                                          ihre Wirkung an Psalm 23. Er ist immer
                                                                                          noch der bekannteste Text.
                                                                                              Der HERR ist mein Hirte, mir wird
                                                                                          nichts mangeln. 2 Er weidet mich auf ei-
                                                                                          ner grünen Aue und führet mich zum fri-
                                                                                          schen Wasser. 3 Er erquicket meine Seele.
                                                                                          Er führet mich auf rechter Straße um sei-
                                                                                          nes Namens willen. 4 Und ob ich schon
                                                                                          wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein
                                                                                          Unglück; denn du bist bei mir, dein Ste-
Pieter Bruegel d.Ä. Der Turmbau zu Babel                               Foto: Wikipedia   cken und Stab trösten mich. 5 Du be-

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Thema: Die Kraft
                                                                          der Bilder
reitest vor mir einen Tisch im Angesicht     den. Führen, wandern, bereiten, salben,       teres Tal. Gefahren werden abgewehrt,
meiner Feinde. Du salbest mein Haupt         schenken, folgen, bleiben. Die Bewe-          Stecken und Stab. Es findet Liebe in der
mit Öl und schenkest mir voll ein. 6 Gutes   gung eines menschlichen Lebens. An-           Gemeinschaft, der gedeckte Tisch. Es
und Barmherzigkeit werden mir folgen         schaulich durch die Bilder. Das Kind          kommt an im Zuhause, im Hause des
mein Leben lang, und ich werde bleiben       spielt auf dem begrenzten Raum einer          Herrn. Es schaut zurück: Ja, es war alles
im Hause des HERRN immerdar.                 Aue, es erfreut sich am frischen Was-         gut. Barmherzigkeit ist mir immer ge-
    Er lebt von den Tätigkeitsworten.        ser. Es geht hinaus ins Leben, die rechte     folgt.
Wo Tätigkeit ist, da ist Bewegung. Wei-      Straße, es erlebt Freud und Leid, fins-                              Heinz Behrends

Das Licht der Welt
In den Wochen meiner Erblindung habe ich nie über meinen Konfirmati-                           War das ein hellseherisches Lebens-
onsspruch nachgedacht. Sobald mein Augenlicht dann aber restlos ver-                       motto für eine Theologin, die exakt an
schwunden war und mein Spiegelbild auf Nimmer-Wiedersehen zu einer                         ihrem dreißigsten Geburtstag aus der
Vergangenheit gehörte, fiel er mir wieder ein. „Ich bin das Licht der Welt.                Dimension des sichtbaren Lichts ge-
Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis bleiben, sondern wird das                  worfen wurde …?
Licht des Lebens haben.“                                                                       Das Licht des Lebens ist kein opti-
                                                                                           sches, sondern ein existenzielles Phä-
                                                                                           nomen. Es kann nicht von Sehnerv und
                                                                                           Netzhaut in Bilder verwandelt werden,
                                                                                           sondern muss vielmehr durchwandert,
                                                                                           durchlitten, eingeatmet, gespürt und
                                                                                           mitgefühlt, schließlich auch gedeutet
                                                                                           werden.
                                                                                               Zugegeben: Ich habe eine Weile
                                                                                           gebraucht, bis ich solche Unterschiede
                                                                                           tröstlich finden konnte. „Nichts!“, so
                                                                                           nannte ich das Chaos um mich herum.
                                                                                           Dennoch: Dieses Nichts ist nicht nichts.
                                                                                           Es fühlt sich voll oder leer an, rau oder
                                                                                           kuschelig, kalt, warm, lau. Ich weiß nicht
                                                                                           mehr, wann das Licht der Welt wieder
                                                                                           bei mir anklopfte. Irgendwann öffnete
                                                                                           ich die Tür meines Lebens und war be-
                                                                                           reit, die Dimension der Unsichtbarkeit
                                                                                           zu erkunden.
                                                                                                                 Pn. Susanne Krahe
                                                                                                     Aus: Der Andere Advent 2020,
Foto: Grit Taschenberger                                                                             Andere Zeiten e. V., Hamburg

                                                                   Baum & Garten
                                                                   Pflegen · Schneiden · Fällen
                                                                   Ich übernehme für Sie fachgerecht und kompetent:
                                                                   − Baumschnitt
                                                                   − Fällarbeiten an Problemstandorten
                                                                   − Hecken- und Strauchschnitt
                                                                   − Dachrinnenreinigung

                                                                   Alexander Auth,
     ABNEHMEN DURCH HYPNOSE                                        Diplom-Forstingenieur
            Hypnosepraxis Andrea Ruß                               Mobil: 01520 - 956 37 33
            Homepage www.hypno4motion.com                          E-Mail: auth.baumpflege@gmail.com
            Telefon  0176 568 424 00

nikolausbrief              3 | 2021                                                                                             17
Thema: Die Kraft
   der Bilder
Licht und Schatten
Ein fotografischer Blick in die Klosterkirche
Fotografien von Andreas Düker und Zitate aus dem Buch „Die helle Kammer“ von Roland Barthes

                                                           Fotografie ist eine „Emanation des
                                                           Referenten. Von einem realen Objekt, das
                                                           einmal da war, sind Strahlen ausgegangen,
                                                           die mich erreichen, der ich hier bin.“

      „Ich kann zwar der PHOTOGRAPHIE nicht auf
      den Grund kommen, sie nicht durchdringen.
      Ich vermag nur meinen Blick über ihre stille
      Oberfläche schweifen zu lassen.“

18                                                                           nikolausbrief        3 | 2021
Thema: Die Kraft
                                                               der Bilder

                                                               „Das Charakteristische der sogenannten
                                                               fortgeschrittenen Gesellschaften ist dies:
                                                               sie konsumieren heute Bilder und nicht
                                                               mehr, wie die früheren Gesellschaften,
                                                               Glaubensinhalte; sie sind daher liberaler,
                                                               weniger fanatisch, dafür aber auch ›falscher‹
                                                               (weniger ›authentisch‹).“

                „Was immer auch ein Photo dem Auge zeigt und wie immer es gestaltet sein
                mag, es ist doch allemal unsichtbar: es ist nicht das Photo, das man sieht.“

nikolausbrief   3 | 2021                                                                                       19
Thema: Die Kraft
   der Bilder

     „Das punctum einer Photographie, das ist
     jenes Zufällige an ihr, das mich besticht
     (mich aber auch verwundet, trifft).“

                                                 Was ist das für eine Anziehungskraft,
                                                 »die etwas in mir zum Klingen bringt«?

                                                 Roland Barthes:
                                                 Die helle Kammer
                                                 Bemerkungen zur Photographie

                                                 Barthes (1915-1980) war ein französischer Philosoph,
                                                 Schriftsteller und Literaturkritiker des 20. Jahrhunderts.
                                                 Seine letzte Veröffentlichung ist eines der Standard­
                                                 werke über die Fotografie.

20                                                                       nikolausbrief         3 | 2021
Aus dem
                                                                            Kirchenvorstand
                                            leistet werden, da diese nur eine halbe     dem Laufenden gehalten. Angesichts
                                            Stelle ermöglicht. Pn. Kiefner ist in ih-   fortschreitender Durchimpfung der
                                            rem Probedienst je zur Hälfte in Niko-      Bevölkerung und umfänglicher Tes-
                                            lausberg und St. Petri Weende tätig.        tungen dürfen wir aber die Hoffnung
                                            Wie die Gottesdienstlandschaft in un-       haben, dass sich dieser einschränken-
                                            serer Kirchengemeinde in Zukunft aus-       de Zustand bessert. Übrigens: Auch
                                            sehen kann und wird, stand zum Re-          die Kirchengemeinde bietet wie je-
                                            daktionsschluss noch nicht fest, wird       der Arbeitgeber ihren Haupt- und Eh-
                                            aber im Rahmen der Region 5KiNO in          renamtlichen zweimal wöchentlich
                                            Zusammenarbeit von Hauptamtlichen           Selbsttestungen an.
Pastorin Kiefner zurück                     und Ehrenamtlichen fortlaufend durch-
Seit dem 28. April ist Pastorin Anna        dacht.                                      Liegenschaften
Kiefner nach Mutterschutz und Eltern-           Noch eine Bitte: Melden Sie Ihren       Am Samstag, dem 5. Juni, veranstal-
zeit in den Dienst zurückgekehrt. Die       Gottesdienstbesuch vorher über die In-      tet der Kirchenvorstand erneut einen
Mitarbeitenden und der Kirchenvor-          ternetseite nikolausberg.gottesdienst-      „Reinigungstag“ in und um die Klos-
stand freuen sich und heißen sie will-      besuchen.de oder telefonisch während        terkirche. Einsatzzeit: von 09:30 Uhr
kommen.                                     der Bürozeiten an.                          bis 13:00 Uhr. Wenn es die Corona-In-
    Während der „Auszeit“ von Mitte                                                     fektionslage zulässt, gibt es zum Ab-
November letzten Jahres bis zum 27.         Mitgliedschaft                              schluss ein kurzes Zusammensein mit
April wurde unsere Pastorin vertreten       Mit gewisser Sorge betrachtet der Kir-      Essen und Trinken. Es sollen vor allem
von Pn. Charlotte Scheller (Pfarramt)       chenvorstand die Entwicklung, dass          solche Arbeiten ausgeführt werden,
und Sup. i.R. Heinz Behrends (Gast-         sich die Gesamtzahl der Gemeinde-           die nicht in der wöchentlichen Reini-
dienst). Beide haben ihre Aufgaben sehr     mitglieder stetig verringert. Die Ursa-     gungsroutine liegen. Alle Gemeinde-
engagiert wahrgenommen und wurden           chen sind unterschiedlich und für den       mitglieder sind herzlich eingeladen,
deshalb während ihrer letzten Gottes-       KV nicht immer erkennbar: Wegzug,           sich einzubringen. Um einen Überblick
dienste am 18. und 25. April mit gro-       Kirchenaustritt, Tod. Dieser Mitglie-       über die Anzahl der Teilnehmer*innen
ßem Dank und einem Geschenk verab-          derrückgang führte auch dazu, dass          zu bekommen, melden Sie sich bit-
schiedet. An dieser Stelle noch einmal      unsere ehemals ganze Pastorenstel-          te wie bei einem Gottesdienst über
herzliches Dankeschön beiden Geist-         le in zwei Schritten auf nunmehr eine       die Internetseite nikolausberg.gottes-
lichen für ihren umfänglichen Einsatz.      halbe reduziert wurde.                      dienst-besuchen.de oder telefonisch
                                                Nicht selten stellt der Kirchenvor-     während der Bürozeiten.
Gottesdienste                               stand fest, dass der Verlust der Ge-
Unser Sakristeibuch weist in ganz           meindezugehörigkeit unbewusst er-
nüchternen Fakten einen großen Er-          folgt, nämlich dann, wenn ein Mitglied
folg nach: In der Vertretungszeit           in ein Senioren- oder Pflegeheim wech-
haben Pn. Scheller und Sup. i.R. Beh-       selt und seinen/ ihren Wohnsitz in Ni-
rends 33 Gottesdienste und Andach-          kolausberg aufgibt. Der Verlust der Mit-
ten gehalten, mehr als 1.000 Personen       gliedschaft muss aber nicht sein. Es ist
mit der Verkündigung von Gottes             möglich, jederzeit einen Antrag auf Op-
Wort erreicht und dabei „ganz neben-        tierung zu unserer Kirchengemeinde
bei“ etlichen Künstler*innen eine Büh-      zu stellen, um die Bindung zu unse-
ne geboten, die die Kirchengemeinde         rer christlichen Gemeinschaft nicht zu
mit Gesang, mit Musik, mit Lesungen         verlieren bzw. wiederherzustellen. An-
und szenischem Spiel bereichert ha-         tragsformulare sendet die Pfarrsekretä-
ben. Dies ist gerade in Corona-Zei-         rin gerne zu. Jeder Antrag ist willkom-
ten eine beeindruckende Bilanz. Die         men.
Teilnehmer*innen haben es den Geist-
lichen gedankt mit zahlreichen posi-        Gemeindeleben
tiven Rückmeldungen, aber auch mit          Bis zur Drucklegung war nicht klar,
erheblichen Spendensummen: 5.363            wann welche Lockerungen staatlicher-
EUR sind zusammengekommen, da-              seits zugelassen werden. Daher können
von allein für die Arbeit in der Gemein-    wir noch keine verlässlichen Aussa-
de 1.611 EUR. Nochmals ein herzliches       gen zu unseren einstigen Gruppen            Heinz Behrends im „Rotmann“
Dankeschön allen Spender*innen.             und Treffen tätigen. Bitte beachten Sie
    Es ist offensichtlich, dass es in der   die Internetseite der Kirchengemein-           Am 30. März besuchte Herr Brauk-
Vertretungszeit gewissermaßen eine          de (nikolausberg.wir-e.de), den News-       müller als Mitarbeitender des Eigen-
Vollversorgung der Kirchengemeinde          letter (Anmeldung via: newsletter@          tümers, der Klosterkammer, die Klos-
gab. Dies ist natürlich erfreulich, kann    nikolausberg.de), den Schaukasten           terkirche zu einer Gebäudeschau. Die
aber aufgrund der Anzahl der Kirchen-       und die Abkündigungen in den Got-           elektrische Anlage ist zu überprüfen,
mitglieder langfristig nicht gewähr-        tesdiensten; dort werden Sie stets auf      der Brandschutz soll durch Austausch

nikolausbrief         3 | 2021                                                                                            21
Portrait
und Erhöhung der Anzahl der Feuerlö-
scher verbessert werden. Wesentliche
                                          Ulrike Maßmeyer,
„Beanstandungen“ gab es nicht.
    Die Heizungsanlage des Gemeinde-
                                          Künstlerin
hauses bekam im Anschluss an die jähr-    Seit über zwanzig Jahren lebt Ulri-
liche Wartung im April und Mai eine       ke Maßmeyer mit ihrer Familie (und
Optimierung: Sämtliche Thermostat-        Haustieren) in Nikolausberg und
ventile wurden gegen moderne ausge-       bietet nebenberuflich Malkurse im
tauscht, zudem wurde die stromfres-       Einzelunterricht in ihrem hauseige-
sende Zirkulationspumpe gegen eine        nen Atelier an. Dort traf ich sie für
neue bedarfsgesteuerte ausgewech-         ein Interview.
selt. Die erwartete Senkung der Ener-         gab: Liebe Ulrike, für mich bist du
giekosten wird die Modernisierungs-       eine begabte Künstlerin. Beruflich ge-
kosten in wenigen Jahren amortisieren.    sehen bist du allerdings Gesundheits-
                                          und Krankenpflegerin. Wie bist Du ei-
Termine                                   gentlich zur Malerei gekommen?
Sie sind herzlich eingeladen, an den          UM: Gefühlt müsste die Frage für
öffentlichen Sitzungen des Kirchen-       mich andersherum lauten. Wie bin ich
vorstands als Gast teilzunehmen. Die      Krankenschwester geworden, obwohl
nächsten Sitzungen finden statt am:       ich immer künstlerisch arbeiten wollte?
    Mi. 9. Juni                               Die Malerei hat mich, denke ich,
    Mi. 14. Juli                          unterbewusst schon immer fasziniert.
    Änderungen sind vorbehalten. Die      Und kreativ sein, ist wie atmen. Ich
Sitzungen beginnen jeweils um 19.30       kann auch nicht lange die Luft anhal-
Uhr und werden digital abgehalten. Sie    ten. Ich wollte nach dem Abitur Kunst
sind herzlich willkommen! Wenn Sie        studieren. Das ging aber nicht. Ich bin
teilnehmen möchten, melden Sie sich       nämlich in der DDR aufgewachsen,
bitte unter redaktion@nikolausberg.de     als Tochter eines Pastorenehepaars.
an; Sie bekommen dann einen Link zur      Ich wollte Restauratorin werden und
Teilnahme. Da die Sitzungen mit einer     helfen, die vielen Kirchen zu erhalten.
kleinen Besinnung beginnen, bitten wir    Ein Grund der Ablehnung war, dass
Sie, rechtzeitig dabei zu sein.           ich, Zitat: „nicht gesellschaftlich, poli-
                    Ulrich Hundertmark    tisch organisiert“ war, d.h. ich war kein
                           Vorsitzender   Mitglied der FDJ und der DSF (Ges. für
                                          Dt.-Sowjet. Freundschaft). Dazu bin ich
                                          auf dem Land groß geworden, (in Klö-
                                          den an der Elbe, unweit der Luther-
                                                                                       Ulrike Maßmeyer vor ihrem Atelier
                                          stadt Wittenberg) Dort gab es keine          Foto: privat
                                          künstlerische Förderung. Mir fehlte so-
                                          mit der Nachweis künstlerischer Fach-
                                          kurse. Dazu mein christliches Eltern-        alten Pfarrhaus, 1730 gebaut, hingen
                                          haus – das war dann wohl zu viel. Ich        Portraits der ersten Pfarrer. Dunkle Bil-
                                          wurde abgelehnt. Ein Jahr später kam         der mit düster dreinblickenden Perso-
                                          die Wende. Ich hatte gerade ein Dia-         nen. Ich gruselte mich als Kind davor.
                                          konisches Jahr in einem Altenheim in         Kunst kann auch deprimierend wir-
                                          Gernrode/Harz begonnen, um mich              ken. Aber eben auch faszinieren. Zum
                                          neu zu orientieren. Meine Großeltern         Beispiel die wunderschönen, Jahr-
                                          lebten dort. Irgendwie kam ich damals        hunderte überdauernden Wandbilder
                                          gar nicht darauf, dass mir nun die Tü-       in den Kirchen. Und sie können ein-
 Liebe Leserin, lieber Leser,             ren wieder offenstehen würden, was           schüchtern, üben Macht aus. So wie die
 das neue Outfit unseres „nikolaus-       die Kunst betrifft. Relativ unentschlos-     Bilder von Erich Honecker, die in je-
 brief“ hat allgemein Zustimmung          sen rutschte ich dann, mehr oder we-         dem Klassenzimmer hingen. Wir sind
 gefunden. Vereinzelt haben uns           niger zufällig, in die Ausbildung zur        viel mehr von Bildern und ihrer kraft-
 auch noch Verbesserungsvorschlä-         Krankenschwester und lernte noch in          vollen Wirkung umgeben, als uns klar
 ge erreicht, die wir gern aufgreifen.    der Ausbildung meinen Mann in der            ist. Natürlich nehmen wir die Bilder mit
 Die Redaktion freut sich, wenn Sie       UMG kennen. Und irgendwie ist ein            unterschiedlichem Interesse wahr. Das
 unsere Arbeit auch in Zukunft enga-      Teil von mir noch immer dort.                ist mit Musik und z.B. Fußball ja nicht
 giert und kritisch begleiten.                gab: Woher kam die Faszination?          anders.
 uhu                                         UM: Die Kraft der Bilder hat eben             gab: Hier bei Dir hängt die Mona
                                          auch bei mir früh gewirkt. In unserem        Lisa! Natürlich nicht die Echte.

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