Planen lohnt sich - Haufe

Die Seite wird erstellt Sibylle-Barbara Bühler
 
WEITER LESEN
Planen lohnt sich - Haufe
05.2017 | 12.40 EUR

                                                                                                              www.personalmagazin.de
MATERIAL-NR. 04062-5199

                                                                                                              Entsend
                                                                                                                        ung
                                                                                                            Manage
                                                                                                                     ment,
                                                                                                             Richtlin
                                                                                                                      ien,
                                                                                                            Versiche
                                                                                                                     rung
                          Planen lohnt sich
                                                                                                                    S . 62

                          Wie strategische Personalplanung im Mittelstand und in agilen Konzernen gelingt   S. 18

                          RECRUITING Worauf Sie bei        GESUNDHEITSMANAGEMENT             KÜNDIGUNG Was das neue
                          der Personalauswahl in den       Wo Unternehmen wirklich           Bundesteilhabegesetz für Schwer-
                          USA achten müssen S. 38          ansetzen müssen S. 50             behinderte vorschreibt S. 74
Planen lohnt sich - Haufe
Planen lohnt sich - Haufe
EDITORIAL 3

Liebe Leserinnen und Leser,
ein alter Studienfreund, inzwischen Dekan der Evanglischen Kirche,
berichtete mir, dass sie in seiner Heimatstadt neulich einen Vertreter
von Google eingeladen haben, um den Dialog mit der Wirtschaft zu
pflegen. Mein Freund ist liberal und weltoffen, ein intellektueller
Kopf und sehr belesen, gleichwohl irritierte ihn die Visitenkarte des
Gesprächspartners, ja er echauffierte sich sogar: Auf der Visitenkarte
des Firmenvertreters stand als Berufsbezeichunung „Evangelist“.
                                            Der christliche Hinter-
                                           grund des Wortes ist offen-

              „Evangelis-                   sichtlich. Das Wort heißt
                                            ursprünglich „Verkünder
              ten bringen
                                            der frohen Botschaft“,
              neue Ideen
                                           wurde zunächst für die
              in die Fir-                  Verfasser der Evangelien
              men. Die                     verwendet, später für die
christliche Tradition dient                Missionare, die in fremde
als Inspirationsquelle.“                   Gefilde auszogen. Im 20.
Reiner Straub, Herausgeber                 Jahrhundert nannten sich
                                            in den USA evangelikale
                                           Überzeugungstäter wie
Billy Graham, die am rechten Rand angesiedelt waren, Evangelisten.
Die US-Technologiebranche hat den Begriff adaptiert, er gilt als „cooler“
Jobtitel. Bei Linkedin sind über 30.000 „Evangelisten“ verzeichnet, bei
Xing knapp 2.000. Die „Technologie-Evangelisten“ arbeiten wie christ-
liche Missionare: Sie haben eine Idee, die sie verbreiten möchten. Das
machen sie nicht über Machtstrukturen, sondern durch die Kraft der
Begeisterung. Sie sind Überzeugungstäter im besten Sinne des Wortes.
Mit den Missionaren haben sie noch etwas gemeinsam: Sie wollen
Sinn stiften und die Welt besser machen.
Bei aller Begeisterung – denn meist handelt es sich bei „Technologie-
Evangelisten“ ja um sympathische Leute – sie sollten auch von der
dunklen Seite der Geschichte lernen: Wo das Evangelisieren zur
Schwärmerei wird, kann sich die gute Idee in ihr Gegenteil verkehren.

05 / 17 personalmagazin
Planen lohnt sich - Haufe
4 INHALT_MAI 2017

                                                  „Wertschätzung ist wichtig“
                                                  Audi-Arbeitsdirektor Thomas Sigi erläu-
                                                  tert im Interview, wie Inklusion gelingt.

                                                                                              © AUDI
     Diese Symbole weisen
     auf Add-Ons in der
     Personalmagazin-App hin.
         Video

         Audio

         Bildergalerie

         Umfrage

         Rechner
                                                     42                                                      18
         Zusatzinfo

           SZENE                                             MANAGEMENT                                     ORGANISATION

     06 News und Events                               32 News und Dienstleistungsmarkt                 48 News und Softwaremarkt

     09 Experimentierfreude                           34 Agile Führung mit Zielen                      50	Trend und praktische
        Rückblick auf den DGFP-Kongress                  Ein agiler Rahmen für einen struk-               Bedeutung
                                                          turierten Zielvereinbarungsprozess               Worauf Betriebe beim Gesundheits-
     10 „Auf Augenhöhe“                                                                                     management wirklich setzen sollten
        Wo die Selbst-GmbH steht und wo              38 Personalauswahl in den USA
        sie hin will, erläutert der Vorsitzende          So umgehen Sie die Stolperfallen             53	Senior-Experten digital
        Joachim Schledt                                                                                    managen
                                                      42 „Wertschätzung ist wichtig“                       Seit 17 Jahren beschäftigt Bosch
     12 Exzellente Arbeitsplatzkultur                    Audi-Arbeitsdirektor Thomas Sigi                  Mitarbeiter im Ruhestand als Be-
        „Deutschlands Beste Arbeitgeber                  über Diversity und Inklusion                     rater. Jetzt setzt das Unternehmen
         2017“ wurden ausgezeichnet                                                                         sogar eine Software dafür ein
                                                      44	Online wird das neue
     16 HR-Start-ups                                      Premium                                      56 Kilometer automatisch erfassen
        Personalmanagement mit Personio                  Trends bei MBA-Programmen                       Worauf es bei elektronischen
                                                                                                           ­Fahrtenbüchern ankommt

           TITELTHEMA                                                                                  59 Wie arbeiten wir 2025?
                                                                                                          Eine Kolumne von Frank Schrader,
     18 Planen lohnt sich                            26 Planen ja, aber bitte agil                         Piening Personal
         Warum auch kleinere Unternehmen               Bausteine für die Personalplanung
          eine strategische Personalplanung              im agilen Umfeld                              60 Digitalisiert in die Zukunft
          brauchen                                                                                        Workforce Management unterstützt
     22	Hintergründe zum BMAS-Projekt               30	„Keine starren Pläne“                             die Mobilität der Mitarbeiter
                                                         Wie Siemens Agilität mit Langfrist-
     24 Lösungen für kleines Geld                         planung vereint, zeigt Personalvor-
        Tools für die Personalplanung                    stand Janina Kugel

                                                                                                                                personalmagazin 05 / 17
Planen lohnt sich - Haufe
5

                                                      © LDPROD / SHUTTERSTOCK.COM
                                                                                Planen lohnt sich
                                                                                Egal ob Mittelständler
                                                                                oder Konzern: Eine
                                                                                strategische Personal-
                                                                                planung ist auch in
                                                                                Zeiten schnellen Wan-
                                                                                dels unverzichtbar. Mit
                                                                                welchen Instrumenten
                                                                                dies gelingt, lesen Sie
                                                                                im Titelthema.

        SPEZIAL                             PERSÖNLICH

62 Entsendung passgenau regeln         84 News und Weiterbildung
   Wie Core-Flex-Richtlinien helfen
                                       86 Mangelberuf HR
64 Zulagen richtig abrechnen              Dem Personalbereich fehlen
   Häufige Fehler in der Entgelt­         Fach- und Führungskräfte
   abrechnung für Expatriates
                                       88 Buchtipps
67 Das Risiko reist mit
   Warum Auslandskrankenver­          90 Ganz persönlich
    sicherungen kein Luxus sind           Dominik Hahn, Allianz SE,
                                           beantwortet den Fragebogen

        RECHT
                                            RUBRIKEN
72 News und aktuelle Urteile
                                       03 Editorial
74 Das Bundesteilhabegesetz
   Neue Regeln zum Umgang mit         89 Impressum, Rückblick
    Schwerbehinderten
                                       90 Vorschau
78 Gegen die Lohnlücke
   So bereiten Sie sich auf das
    Entgelttransparenzgesetz vor

80 Umgang mit Phantomlohn
   Wie Sie Fallen in der Sozial­
    versicherung vermeiden

05 / 17 personalmagazin
Planen lohnt sich - Haufe
6 SZENE_NEWS

               Stellenwechsel
                                                                                    ANA-CRISTINA GROHNERT

               Noch ist sie Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin bei Ernst & Young in Hamburg. Zum
               1. Juli wird Ana-Cristina Grohnert in den Vorstand der Allianz Deutschland wechseln.
               Dort übernimmt sie die Position von Wolfgang Brezina, derzeit Arbeitsdirektor und im
               Vorstand verantwortlich für das Ressort Personal und Interne Dienste. Der 55-Jährige
               wechselt als Head of HR Operations zur Allianz SE, wo er den Bereich aufbauen und ope-
               rationalisieren wird. Die Diplom-Betriebswirtin Grohnert begann ihre Karriere 1992 bei
               Preussag und arbeitete bei ABB Asset Finance und DG Hyp, bevor sie 2007 als Partnerin
               zu Ernst & Young kam. Sie engagiert sich unter anderem als Vorstandsvorsitzende bei der
               Charta der Vielfalt. Ihr Wechsel in den Vorstand der Allianz steht unter dem Vorbehalt der
               Zustimmung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.

                                                MELANIE CALVI

                                                Seit dem 1. Februar ist Melanie Calvi bei Nissan Centre Europe als Manager Human Resources &
                                                General Affairs für die Personalarbeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz zuständig. Die
                                                45-Jährige folgte auf Roger Schneider, der zu Yanfeng Automotive Interiors gewechselt ist. Seit April
                                                2012 war die ausgebildete Touristikfachwirtin als Leiterin Human Resources in der Zentrale der
                                                Autobahn Tank & Rast Gruppe tätig. Davor arbeitet Melanie Calvi, die ihre Laufbahn in der Reisever­
                                                anstaltung bei Rocktours begonnen hatte, als persönliche Assistentin des Geschäftsführers bei Tank
    © NISSAN

                                                & Rast, bevor sie in den Personalbereich des Unternehmens wechselte.

                                                                                                      STEFAN GROSCH
               Bereits seit Januar 2017 ist Stefan Grosch als Executive Vice President bei Bosch Automotive Stee-
               ring tätig. Er trat die Nachfolge von Henning Wagner nicht nur als Arbeitsdirektor an, sondern
               auch als Geschäftsführer für Finanzen und Einkauf. Zuvor hatte Stefan Grosch, der seine berufliche
               Laufbahn 1992 bei Bosch gestartet hatte, innerhalb der Unternehmensgruppe Führungsaufgaben in
               Werken in Spanien und Brasilien sowie als Leiter der Zentralabteilung Planung und Controlling in
               der Konzernzentrale inne. Zuletzt war er als Leiter der Zentralabteilung Unternehmensrevision bei
               der Robert Bosch AG tätig.

               ANA CAMPOS                                                             BERNHARD WILKEN
               Seit Jahresanfang ist Ana Campos als Head of Human Resources des       Seit 15. Februar ist Bernhard Wilken Abteilungsleiter Personal bei
               IT-Dienstleisters Trivadis tätig. Die Wirtschaftsinformatikerin war    der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin. Nach Personallei-
               zuletzt als Head of Human Resources für die Rückversicherungs-Ge-      tungsfunktionen bei der Spar Handels AG, der Deutschen Bahn AG
               sellschaft New Reinsurance tätig und verfügt über mehr als 15 Jahre    und der Bundesagentur für Arbeit war er zuletzt bei der Deutschen
               Führungserfahrung in global tätigen Unternehmen.                       Rentenversicherung Berlin-Brandenburg tätig. Beim Demogra-
                                                                                      phie-Netzwerk leitet er das Regionalnetzwerk Berlin-Brandenburg.
               FRIDTJOF HELEMANN
               Mit Wirkung zum 1. Februar wurde Fridtjof Helemann in die Ge-          EVELYNE ZAFFINO
               schäftsleitung des Pharmaunternehmens Lonza berufen. Dort ist er       Anfang 2017 startete das neue Führungsgremium von ZF After-
               für die Bereiche Human Resources, Kommunikation sowie Umwelt,          market – entstanden durch den Zusammenschluss von ZF Services
               Gesundheit und Sicherheit zuständig. Zuvor war Helemann, der           und TRW Aftermarket. Innerhalb der Geschäftsleitung hat Evelyne
               seine Laufbahn als HR-Manager bei Daimler-Benz begann, unter           Zaffino die Position als Vice President Human Resources inne. Zuletzt
               anderem als Corporate Vice President HR bei Henkel tätig.              war sie Personalleiterin bei TRW Global Parts and Services in Paris.

               Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de                                                           personalmagazin 05 / 17
Planen lohnt sich - Haufe
7

                                  Als Art Coach leitet die Kunsthis-
                                  torikerin DR. ULRIKE LEHMANN
                                  Mitarbeiter und Führungskräfte
                                  an, sich mit Kunst zu beschäftigen.
                                  Dies bietet nach ihrer Erfahrung
                                  eine gute Möglichkeit, Kreativität
                                  in Unternehmen zu fördern.

Drei Fragen an ...
             ... Ulrike Lehmann zum Thema Kunst und Kreativität

Frage eins: Frau Lehmann, wie wichtig       ternehmen kommen – etwa durch
ist Kreativität überhaupt für Unter-        Ausstellungen, Führungen oder
nehmen?                                     kunstbasierte Kreativ-Workshops,
Ulrike Lehmann: 2016 hat das Welt-          die die eigene Kreativität trainie-
wirtschaftsforum in Davos eine Stu-         ren. So kann Kunst aktiv in den Ar-
die herausgegeben, die feststellte,         beitsalltag eingebunden werden. Es
dass Kreativität zu einem der drei          ist wichtig, es den Menschen zu er-
wichtigsten Skills für Unternehmen          leichtern, sich der Kunst zu öffnen.
wird. Laut Studie stand Kreativität
2015 noch auf Platz fünf, 2020 wird         Frage drei: Wie kann ein Betrachter
sie auf Platz drei stehen. Die Unter-       von Kunst seine Kreativität trainie-
nehmen werden große Anstrengun-             ren? Haben Sie ein Beispiel?
gen machen müssen, Kreativität zu           Lehmann: Als Beispiel kann ich eine
fördern und ins Haus zu holen, um           mehrteilige Bilderserie von Picasso
im Wettbewerb und im digitalen              nennen. Diese war Gegenstand eines
Wandel bestehen zu können. Aber             Seminars in der Apple-University:
Kreativität muss irgendwo herkom-           Auf Bild eins bis drei war ein Stier
men. Die Beschäftigung mit Kunst            zu sehen, der immer detaillierter dar-
ist eine Möglichkeit dafür.                 gestellt wurde. Ab dem vierten Bild
                                            wurde der Stier immer stärker abs-
Frage zwei: Wie soll Kunst in die Un-       trahiert, bis auf Bild elf nur noch ein
ternehmen kommen? Sollen Arbeit-            Strich mit dem Umriss eines Stiers
geber Bilder in den Werkshallen oder        zu sehen war. In der Abstraktion
Chefbüros aufhängen?                        lag die Essenz: Der Stier war immer
Lehmann: In den Werkshallen sind            noch zu erkennen. Die Apple-Mit-
Bilder sicherlich besser platziert          arbeiter ließen sich davon anregen,
als in den Chefbüros. In den Chef-          eine übersichtlich gestaltete Fern-
büros ist die Kunst isoliert. Nur we-       bedienung zu entwickeln. Damals
nige Personen haben Zugang. Noch            gab es nur Fernbedienungen mit 50
besser wäre es, Meeting-Räume               und mehr Knöpfen. Das Ergebnis war
auszustatten, in denen Mitarbeiter          eine minimalistische Fernbedienung,
zusammenkommen, um neue Ideen               die nur ein Rad enthielt, das gedreht
und Projekte zu entwickeln. Kunst           und geklickt werden konnte. Das war
kann aber auch anders in die Un-            ein gutes Beispiel für Reduktion.

05 / 17 personalmagazin
Planen lohnt sich - Haufe
8 SZENE_NEWS
  SZENE_EVENTS

     „Xing New Work Award 2017“:                                                                                              BILDERGALERIE
     New Worker treffen sich in Berlin                                                                               Mehr zu den Gewinnern des „Xing New
                                                                                                                     Work Award“ erfahren Sie in einer Bil-

     A
            lles in New Work: Unter die-           ger bei den Start-ups wurde Edition F,                            dergalerie in der Personalmagazin-App.
            sem Zeichen stand die diesjäh-         auf den Plätzen folgten das Jungunter-
            rige Verleihung der „Xing New          nehmen Pippa and Jean und das Start-
     Work Awards“. Als Location hatte sich         up Leadership 3. Bei den etablierten
     das Business-Netzwerk diesmal das             Unternehmen wurde der Tech-Riese                             Lena Felixberger (Descape), Julia Küm-
     neue Kongresszentrum am Westhafen             Cisco als Gewinner gekürt, Platz zwei                        per (Match-Watch), Hermann Arnold
     Berlin ausgesucht. Neu war auch, dass         ging an die Online-Plattform Traum-Fe-                       (Haufe-Umantis), Sven Franke („Au-
     ein ganztägiger New-Work-Kongress             rienwohnungen, Platz drei an das Wie-                        genhöhe“-Film), Christa Weidner (Free­
     die Preisverleihung begleitete und dass       ner Technikunternehmen Tele Haase.                           lance IT) und Ali Mahlodji (Whatchado).
     diesmal neben Firmen auch einzelne            In der neuen Kategorie wurden gleich                         Einen ausführlichen Nachbericht lesen
     New Worker ausgezeichnet wurden. Sie-         sechs „New Worker“ ausgezeichnet:                            Sie unter:        www.haufe.de/personal.de

                                                                                                            TERMINE
                                                                                                                                              ­

                                                                                                            4. Mai, Köln      2. Innovationstagung „Arbeit,
                                                                                                                              ­ ildung und Gesundheit 4.0“
                                                                                                                              B
                                                                                                                              Tel. 0211 806-0
                                                                                                                              www.tuv.com

                                                                                                            9. und 10.        Personal 2017 Süd und Corporate
                                                                                                            Mai, Stuttgart    Health Convention
                                                                                                                              Tel. 0621 70019-0
                                                                                 © EYECATCHME.PHOTOGRAPHY

                                                                                                                              www.personal-sued.de
                                                                                                                              www.corporate-health-convention.de

                                                                                                            10. und 11.       4. Personalkonferenz
                                                                                                            Mai, Mainz        Tel. 06131 2409-807
                                                                                                                              www.personalkonferenz-mainz.de

                                                                                                            19. Mai, Berlin   Hoffest von HR Pepper

     Von Sparringspartnern lernen                                                                                             Tel. 030 2593575-0
                                                                                                                              www.hrpepper.de

     E
            s gibt ganz unterschiedliche Wege, den idealen Pfad ins digitale                                22. und 23.       10. Recruiting Convent
                                                                                                            Mai, Bensberg     Tel. 0261 9528-171
            Zeitalter zu beschreiten. „Viel wichtiger als Gegensätze zu postu-
                                                                                                                              www.recruiting-convent.de
            lieren ist es, voneinander zu lernen“, sagen die Organisatoren
     der 16. Kienbaum Jahrestagung. Deshalb wartet die Veranstaltung,                                       20. und 21.     16. Zukunftskongress
                                                                                                            Juni, Wolfsburg Tel. 0341 12479646
     die am 18. Mai in Ehreshoven bei Köln stattfindet, mit Sparring-Work-
                                                                                                                            http://kongress.zukunft.business/
     shops auf, in denen unterschiedliche Geschäftsmodelle und Organi-
     sationsformen gegenübergestellt werden. In den „HR-Ring“ steigen                                       21. Juni, Köln    Digital Leadership Summit
                                                                                                                              Tel. 0160 90967353
     Airbus und Datev, Axel Springer und Zalando, die Deutsche Bahn und
                                                                                                                              www.digital-leadership-summit.de
     die Bundesagentur für Arbeit, Google Germany und IBM Deutschland.
     Anschließend werden die Sparring-Ergebnisse zusammengeführt und                                        29. bis 30.       Personalmanagementkongress
                                                                                                            Juni, Berlin      Tel. 030 848590
     diskutiert. Den Abschlussvortrag hält Verleger und Autor Jakob Aug-
                                                                                                                              www.personalmanagementkongress.de
     stein zum Thema „Ethik und Digitalisierung“.            www.kienbaum.com

                                                                                                                                                  personalmagazin 05 / 17
Planen lohnt sich - Haufe
SZENE_DGFP-KONGRESS 9

                                                                                                         Beim DGFP-Kongress gewann Swisscom
                                                                                                         den St. Galler Leadership Award.

                                                                                                                   BILDERGALERIE
                                                                                                              Mehr zum DGFP-Kongress und der Ver-
                                                                                                              leihung des St. Galler Leadership Award
                                                                                                              erfahren Sie in einer Bildergalerie in der
                                                                                                              Personalmagazin-App.

                                                                                                              beiter und Führungskräfte fit für die
                                                                                                              Arbeitswelt 4.0 macht. Ein Höhepunkt
                                                                                                              war der Vortrag von Professor Heike
                                                                                                              Bruch von der Universität St. Gallen:
                                                                                                              Sie erklärte, wie Leadership und New
                                                                                                              Work zusammenhängen, und warnte da-

                                                                                  © DGFP / JAN ZAPPNER
                                                                                                              vor, neue Arbeitsformen nur deswegen
                                                                                                              umzusetzen, weil sie gerade angesagt
                                                                                                              seien. „Erst müssen Unternehmen ihre
                                                                                                              Kultur- und Leadership-Hausaufgaben
                                                                                                              machen“, mahnte Bruch, „dann können

Experimentierfreude
                                                                                                              sie mobile Arbeitsformen einführen –
                                                                                                              und zwar genau in dieser Reihenfolge.“
                                                                                                              Zum Abschluss des ersten Kongresstags
                                                                                                              wurden bei der Verleihung des St. Gal-
RÜCKBLICK. Beim DGFP-Kongress 2017 wurde viel ex-                                                             ler Leadership Award 2017 vorbildliche
                                                                                                              Leadership- und Kulturinitiativen vorge-
perimentiert, etwa mit einer Start-up-Tour. Gleichzeitig                                                      stellt. Als Sieger kürten die Kongress­
blieb der Verband bewährten Erfolgsfaktoren treu.                                                             teilnehmer Swisscom für ihr einfaches,
                                                                                                              kurzes und schnell zu bedienendes
                                                                                                              Bottom-up-Befragungstool, das eine leb-
                                                                                                              hafte Kulturdiskussion anstößt.

                                                                                                              Ausprobieren, aus Erfahrungen lernen
Von Andrea Sattler (Red.)                  warb DGFP-Vize Gerhard Rübling auch                               Lebhaft ging es am zweiten Kongresstag
                                            zu Beginn des Kongressprogramms am                                weiter, den Wolfgang Fassnacht von

D
           ie Digitalisierung praktikabel   Nachmittag: Er propagierte eine schnel-                           SAP mit seiner mitreißenden Key­
           machen: Dieses Ziel hatte sich   lere, agilere, experimentierfreudigere                            note eröffnete. „Es sind goldene Zeiten
           die Deutsche Gesellschaft für    HR-Arbeit. „Man muss nicht alles bis                              für Personaler“, rief Fassnacht seinen
           Personalführung (DGFP) bei       zum Ende durchdenken, dafür haben                                 HR-Kollegen zu. „Wir haben so viele
ihrem Kongress in Berlin auf die Fahnen     wir keine Zeit“, so Rübling. „Wir brau-                           Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen!“
geschrieben. Dort trafen sich am 23. und    chen 80-Prozent-Lösungen, müssen pilo-                            Ein spannendes Beispiel dafür lieferte
24. März rund 400 Personaler im Kon-        tieren, ausprobieren.“ Rübling ergänzte                           Ariane Reinhart von Continental: Sie
gresscentrum Westhafen. Statt einem         aber, dass künftig nicht alles digital und                        berichtete von einem Projekt zum stra-
herkömmlichen Kongressprogramm              disruptiv werde. Manche Arbeitsplätze                             tegischen Skill Management mit dem
startete am Vormittag des ersten Tags       würden bestehen bleiben wie bisher.                               Start-up HR Forecast. Auch DGFP-Che-
zunächst eine sogenannte „Innovation           Praktikable Antworten auf die Frage,                           fin Katharina Heuer rief zum Abschluss
Tour“: Mit dem Bus ging es kreuz und        welche Rolle HR bei der Digitalisierung                           zu mehr Lust am Ausprobieren und Ein-
quer durch Berlin, um in Acceleratoren      spielen kann, gaben im Laufe des Kon-                             mischen auf. Firmen und Politik hätten
junge Start-up-Ideen kennenzulernen.        gresses hochkarätige Speaker: Milagros                            noch keine fertigen Lösungskonzepte
  Für die HR-Arbeit, die die Personaler     Caina Carreiro-Andree von BMW stellte                             parat, sondern probierten Dinge aus
in den Ideenschmieden erleben konnten,      dar, wie HR bei dem Autobauer Mitar-                              und lernten aus ihren Erfahrungen.

05 / 17 personalmagazin                                               Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
Planen lohnt sich - Haufe
10 SZENE_NETZWERKTREFFEN

      „Begegnung auf Augenhöhe“
      INTERVIEW. Was macht gegenwärtig die Selbst-GmbH? Wofür steht sie? Joachim
      Schledt, Vorsitzender des Netzwerks und Personalleiter von Alnatura, gibt Einblick.

      personalmagazin: Die Selbst-GmbH wurde                                                    personalmagazin: Sie haben ein E-Book mit
      1999 von Heinz Fischer, Werner Then                                                       dem Titel „Positives Menschenbild in der
      und Thomas Sattelberger gegründet, Letz-                                                  Personalarbeit“ auf den Markt gebracht.
      terer war viele Jahre die Gallionsfigur.                                                  Formuliert der Titel die gemeinsame
      Wo steht die Selbst-GmbH heute?                                                           Überzeugung Ihrer Mitglieder?
      Joachim Schledt: Es war für uns ein Rie-                                                  Schledt: Das trifft auch mein persönliches
      senschritt aus dem Windschatten einer                                                     Menschenbild, den Menschen als Indivi-
      Gallionsfigur herauszutreten, die lange                                                   duum mit Befindlichkeiten, mit Eigenar-
      Zeit die Organisation geprägt hat. Wir                                                    ten, mit Individualitäten zu sehen, ohne
      alle mussten uns emanzipieren, agie-                                                      wertend zu sein. Wir wollen Menschen
      ren statt mitlaufen. Da hat im positiven                                                  auf Augenhöhe begegnen, im Netzwerk-
      Sinne auch eine Bereinigung unter den                                                     kontext und im Arbeitskontext.
      Mitgliedern stattgefunden. Heute haben
      wir sehr viel Energie und ein hohes Maß                                                   personalmagazin: In den Firmen gehören
      an Selbstverantwortung.                                                                   Machtkämpfe zum Alltag, es gibt zahl-
                                                                                                reiche Compliance-Verstöße. Der Mensch
      personalmagazin: Wofür steht das Persona-                                                 hat offenbar auch schlechte Seiten.
                                                     JOACHIM SCHLEDT ist Vorsitzender des
      ler-Netzwerk heute?                                                                       Schledt: Wenn wir vom positiven Men-
                                                     Personaler-Netzwerks Selbst-GmbH und
      Schledt: Wir begegnen uns auf Augen-                                                      schenbild reden, heißt das ja nicht, dass
                                                     Personalleiter bei Alnatura.
      höhe, unabhängig von Hierarchien                                                          wir das Böse ausschließen. Wir gehen
      und Funktionen. Wir arbeiten in einer                                                     aber davon aus, dass der Mensch von
      freundschaftlich zugewandten Atmo-                                                        Grund auf positiv in die Welt kommt
      sphäre, die das Informelle betont und          personalmagazin: Was tun Sie, um neue,     und sich seine Welt gestalten kann. Wir
      wir wollen gemeinsam eine konstrukti-          auch jüngere Mitglieder für Ihr Netzwerk   sind aber kein idealistischer Verein und
      ve Zeit verbringen. Unser Anspruch ist         zu gewinnen?                               sind auch der Überzeugung, dass nicht-
      es, am Puls der Zeit zu sein und neue          Schledt: Wir müssen die Themen und         gesetzeskonformes Verhalten in Un-
      Trends früher als andere aufzugreifen.         die Formate so gestalten, dass wir offen   ternehmen sanktioniert werden muss,
                                                     und attraktiv für die jungen Menschen      gerade auf der Führungsebene. Die
      personalmagazin: Bei Ihnen stehen wie beim     sind. Wir wissen, dass wir hier mehr       Grenzen müssen für alle deutlich sein.
      Bundesverband der Personalmanager              tun müssen. Wir arbeiten an dieser
      persönliche Mitgliedschaften im Vorder-        Herausforderung. Mit Angela Langner-       personalmagazin: Ihr Unternehmen, Alna-
      grund. Was unterscheidet Sie vom BPM?          Thiele haben wir jetzt eine neue Frau      tura, orientiert sich an den Prinzipien
      Schledt: Mit unseren 500 Mitgliedern           für den Vorstand gewonnen, die für die     kollegiale Führung und Selbstorganisati-
      sind wir deutlich kleiner und haben            jüngere Generatione steht und uns hel-     on. Warum?
      keinen großen Kongress, auf den die            fen kann, unsere Themen und Formate        Schledt: Wir beobachten, dass die Welt
      Mitglieder kommen, um Vorträge anzu-           aufzufrischen. Sie hat auch die Aufga-     komplexer wird und sich mit herkömm-
      hören. Die Selbst-GmbH ist ein Mitmach-        be, sich speziell um junge Personalpro-    lichen Führungsstrukturen nicht mehr
      Netzwerk, in dem man Anregungen und            fis, die im Sinne von „New Work“ neue      steuern lässt. Arbeiten und entscheiden
      Ideen bekommt, aber auch selber zum            Anforderungen an Arbeitgeber stellen,      lässt sich nicht mehr trennen. Zweitens
      Austausch beiträgt.                            zu kümmern.                                müssen wir in den Unternehmen in Zu-

      Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de                                                    personalmagazin 05 / 17
11

                                                    NETZWERKTREFFEN DER SELBST-GMBH

                                           Mehr Partizipation für das Individuum
                                           Neue Partizipations- und Mitbestimmungsmodelle wurden auf dem Netzwerktreffen
kunft so führen, wie wir heute un-
                                           der Selbst-GmbH diskutiert, zu dem sich 60 Mitglieder bei der Haufe Gruppe in Freiburg
sere Kinder erziehen – nämlich auf
                                           versammelten. Auch ein neuer Vorstand wurde gewählt.
Augenhöhe. Drittens zeichnet sich
ab, dass sich unser Gründer und Ge-        Mit einem kritischen Blick auf Führungspraxis eröffnete Hermann Arnold, Verwaltungsrats-
sellschafter aus dem operativen Ge-        präsident und Ermutiger von Haufe-Umantis, das Treffen. Statt auf Weisung und Kontrolle
schäft zurückzieht. Wenn sich eine         sollten Unternehmen mehr auf Selbstorganisation und Partizipation setzen, so Arnold. Dabei
prägende Führungspersönlichkeit            räumte er auch mit Missverständnissen in der Debatte um Demokratie in Unternehmen auf:
zurückzieht, müssen die Kräfte der         „Demokratie heißt nicht, dass jeder zu jedem Thema mitredet.“ Michael Guggemos, Ge-
Selbstorganisation und Selbstver-          schäftsführer der Hans Böckler Stiftung, äußerte sich kritisch: „Wer Responsekultur als Ersatz
antwortung gestärkt werden.                für Mitbestimmungsrechte betrachtet, wird scheitern“, sagte er und warb für die klassische
                                           Mitbestimmung: „Die Betriebsverfassung stellt sicher, dass die Arbeitnehmer auf Augenhöhe
personalmagazin: Was ist für Sie die Vi-   mit dem Arbeitgeber verhandeln können.“ Hans-Peter Löw widersprach und fragte, ob man
sion für die Selbst-GmbH? Wo stehen        die Betriebsverfassung nicht in Rente schicken müsse. „Rechtsbegriffe wie Arbeitsort oder
Sie in fünf Jahren im Vergleich zu         Arbeitszeit verändern sich grundlegend und passen nicht mehr in die neue Arbeitswelt“,
anderen HR-Organisationen?                 sagte der Arbeitsrechtler von Allen & Overy. Sven Frank stellte das Projekt „Mitbestimmung
Schledt: Wir haben keine Vision im         Plus“ der Bahn vor: Sozialpartner, Führungskräfte und Mitarbeiter des Konzerns waren aufge-
herkömmlichen Sinne und sehen              fordert, neue Ideen zur Mitbestimmung einzureichen. Aus den 55 eingereichten Ideen sollen
uns nicht im Wettbewerb. Wir ma-           Prototypen entstehen. Joachim Schledt, Personalleiter bei Alnatura, gab einen Einblick, wie
chen unser Ding, bieten coole The-         das Öko-Unternehmen Selbstorganisation umsetzt. „Unsere Kultur ist darauf angelegt, die
men, coole Menschen, coole Loca-           Mitwirkung der Mitarbeiter außerhalb der Betriebsverfassung hinzubekommen.“ Im Rahmen
tions. Und wer da mitmachen will,          des Netzwerktreffens fand auch die Mitgliederversammlung der Selbst-GmbH statt, bei der
ist herzlich eingeladen. Und sollten       der alte Vorstand in seinem Amt bestätigt wurde. Vor-
wir keine coolen Dinge mehr zu             sitzender bleibt Joachim Schledt (Alnatura), zweite Vor-
bieten haben, wird sich unsere Or-         sitzende Dr. Wolfgang Runge (Manpower) und Stephan
                                                                                                                BILDERGALERIE
ganisation von selbst auflösen. Von        Grabmeier (Haufe-Umantis). Neu hinzu gewählt wurde             Bilder vom Netzwerktreffen
Visionen bin ich ganz weit weg.           Angela Langner-Thiele (Evonik Industries), die sich um         der Selbst-GmbH sehen Sie in
                                           den Nachwuchs kümmern soll. (str)                              der Personalmagazin-App.
Das Interview führte Reiner Straub.
12 SZENE_ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT

       Exzellente Arbeitsplatzkultur
       AWARD. „Stolz wie Bolle“ können „Deutschlands Beste Arbeitgeber 2017“ sein. Die
       Preisträger des Wettbewerbs zeichnen sich durch exzellente Arbeitsplatzkultur aus.

       Von Daniela Furkel (Red.)                   – das ist doch total verrückt“, erinnert
                                                    sich Andreas Schubert, Geschäftsführer

       W
                       ürde Carl Julius Andreas     von Great Place to Work Deutschland, an
                       Bolle noch leben, würde er   die ersten Reaktionen aus der deutschen
                       vermutlich als einer von     Wirtschaft. Sein Geschäftsführungskolle-
                       „Deutschlands Besten Ar-     ge Frank Hauser ergänzt: „Das erste Jahr
       beitgebern 2017“ auf der Bühne der Ber-      war stark davon geprägt, dass wir unsere
       liner Bolle Festsäle stehen. Nach seinem     Botschaft ‚Mitarbeiterorientierung ist ei-
       Berufsstart als Maurerlehrling entwi-        ne Erfolgsgarantie für Unternehmen‘ ins
       ckelte er sich zu einem äußerst kreativen    Land getragen haben.“ In einer Zeit, die
       Unternehmer. 1887 nahm seine Meierei         von hohen Arbeitslosenzahlen geprägt
       C. Bolle, auf deren Gelände sich 130 Jah-    war, sei das von vielen Arbeitgebern be-
       re später die Top-Arbeit­geber Deutsch-      lächelt worden. Aber schon damals gab
       lands treffen, ihren Betrieb auf. Von dort   es einige Weitsichtige, die die Bedeutung
       aus vertrieb Bolle nicht nur sehr erfolg-    von Arbeitsplatzkultur erkannt und sich
       reich Frischmilch, Käse, Butter und Mar-     an den Wettbewerben beteiligt haben.
       garine, sondern er setzte sich auch stark
       für seine Arbeitnehmer ein.                  Die Gewinner der Größenklassen
                                                    Heute, in einer Zeit, in der viele Bran-
       Stolze Mitarbeiter                           chen von einem zunehmenden Fach-
       Für die Kinder seiner Arbeiter richtete      kräftemangel geprägt sind, erkennen
       er eine Schule ein, für die Erwachsenen      immer mehr Unternehmen, dass sie
       eine Kapelle. Außerdem sorgte Carl Bol-      etwas für die Attraktivität als Arbeitge-
       le mit einer Gastwirtschaft und einer        ber tun müssen. Insgesamt 700 Unter-
       Leihbücherei für das körperliche und         nehmen beteiligten sich am Wettbewerb
       geistige Wohl seiner Mitarbeiter. Nicht      „Deutschlands Beste Arbeitgeber“. Die
       von ungefähr entstanden Redensarten          besten 100 dürfen nun für ein Jahr das
       wie „stolz wie Bolle“, die heute noch im     Gütesiegel tragen.
       Sprachgebrauch sind. Ende des 19. Jahr-        Bei den Unternehmen mit mehr als           zwei und drei folgen die DIS AG und Vec-
       hunderts schuf Carl Bolle eine außeror-      5.000 Mitarbeitern erreichte Infineon        tor Informatik. Das größte Teilnehmer-
       dentliche Arbeitsplatzkultur.                Technologies den ersten Platz. Auf Platz     feld machen die Unternehmen mit 50 bis
          Für die Initiatoren des Wettbewerbs       zwei folgte Lidl Deutschland. Ein drit-      500 Mitarbeitern aus. In dieser Größen-
       „Deutschlands Beste Arbeitgeber“ stellte     ter Platz wurde in dieser Größenklasse       klasse erreichte Pascoe Naturmedizin
       es daher eine besondere Fügung dar, ihre     nicht vergeben. In der Größenklasse der      den ersten Platz, gefolgt von St. Gereon
       diesjährige Preisverleihung in den Räum-     Firmen mit 2.001 bis 5.000 Mitarbeitern      Seniorendienste und Maiborn-Wolff.
       lichkeiten mit bedeutsamer Historie zu       siegte die Sick AG, gefolgt von der Ma-
       veranstalten. Auch sie selbst blicken        schinenfabrik Reinhausen und der Ing-        Mitarbeiterbefragung und Kultur-Audit
       mittlerweile auf eine bewegte 15-jährige     Diba. Die Größenklasse von 501 bis 2.000     Der Prämierung ist ein umfangreiches
       Geschichte zurück. „Unternehmen las-         Mitarbeitern wird in diesem Jahr von         Bewertungsverfahren vorausgegangen,
       sen sich von ihren Mitarbeitern bewerten     Adobe Deutschland angeführt. Auf Platz       das im ersten Schritt eine anonyme Mit-

                                                                                                                         personalmagazin 05 / 17
13

       BILDERGALERIE
In der Personalmagazin-App sehen Sie
weitere Bilder von der Preisverleihung
in den Bolle Festsälen in Berlin.           Zahlreiche Teilnehmer nutzen die Er-                               in allem einen sehr guten Arbeitsplatz“.
                                          gebnisse aus Mitarbeiterbefragung und                                In durchschnittlichen Unternehmen stim-
                                          Kultur-Audit auch für die laufende Wei-                              men dieser Aussage hingegen nur 65 Pro-
                                          terentwicklung der Arbeitsplatzkultur.                               zent der Beschäftigten zu. Auch in puncto
       ADD-ON                             Daher beteiligen sich einige bereits seit                            kompetentes Führungsverhalten (81 ge-
Eine alphabetische Liste der 100 aus-     fünf, sieben oder zehn Jahren an den re-                             genüber 56 Prozent), gutes Betriebsklima
gezeichneten Arbeitgeber stellen wir in   gelmäßigen Wettbewerben. Dazu Dr. Ger-                               (93 gegenüber 64 Prozent), Anerkennung
der App zur Verfügung.                    trud Demmler, Mitglied des Vorstands                                 guter Arbeit (74 gegenüber 36 Prozent),
                                          der SBK: „Für uns als Dienstleister ist                              Unterstützung der beruflichen Entwick-
                                                                                                               lung (75 gegenüber 44 Prozent), betrieb-
                                                                                                               liche Gesundheitsförderung (78 gegen-
                                                                                                               über 38 Prozent) und in vielen weiteren

                                                                © GERO BRELOER FÜR GPTW
                                                                                                               Bereichen der Arbeitsplatzkultur liegen
                                                                                                               die ausgezeichneten Arbeitgeber weit
                                                                                                               über dem Unternehmensdurchschnitt.
                                                                                                                  Daher ist es wenig verwunderlich,
                                                                                                               dass 85 Prozent der Angestellten der
                                                                                                               diesjährigen Wettbewerbssieger dazu
                                                                                                               bereit sind, ihr eigenes Unternehmen
                                                                                                               als Arbeitgeber weiterzuempfehlen. Bei
                                                                                                               den „durchschnittlichen“ Arbeitgebern
                                                                                                               sind nur 57 Prozent dazu bereit.

                                                                                                               Erfolgsmotor Arbeitsplatzkultur
                                                                                                               Von einer guten Arbeitsplatzqualität
                                                                                                               profitieren Beschäftigte und Arbeitgeber
                                                                                                               zugleich. So weisen die Wettbewerbssie-
                                                                                                               ger nur 9.3 Krankentage pro Mitarbeiter
                                                                                                               und Jahr auf (Durchschnitt 19 Kranken-
                                                                                                               tage), eine geringe Fluktuation von fünf
                                                                                                               Prozent (Durchschnitt 14 Prozent) sowie
                                                                                                               eine hohe Innovationskraft von 72 Pro-
                                                                                          Allen Grund zum      zent (Durchschnitt 58 Prozent).
                                                                                          Jubeln hatten           Die 100 Gewinner aus Deutschland
                                                                                          die Preisträger      sind auch für den europaweiten Wettbe-
                                                                                          des diesjährigen     werb „Europas Beste Arbeitgeber 2017“
                                                                                          Wettbewerbs.         qualifiziert, an dem sich rund 20 Länder
                                                                                                               beteiligen. Dessen Gewinner werden am
                                                                                                               8. Juni in Paris bekannt gegeben. Partner
arbeiterbefragung zu Kernthemen wie       das Thema Mitarbeiterengagement ein                                  des Great-Place-to-Work-Wettbewerbs
Führung, Vertrauen, Förderung, Zusam-     entscheidender Punkt. Deshalb sind wir                               sind das Personalmagazin, das Handels-
menarbeit und Teamgeist vorsieht. Im      bereits seit zehn Jahren mit dabei.“                                 blatt und das Demographie Netzwerk
zweiten Schritt findet ein Kultur-Audit                                                                        DDN. Bewerbungen für den Folgewett-
statt – eine Managementbefragung zu       Das zeichnet Top-Arbeitgeber aus                                     bewerb sind ab sofort möglich unter
Maßnahmen der Personal- und Füh-          Die Siegerunternehmen zeichnen sich                                  www.greatplacetowork.de. Mitmachen
rungsarbeit. Die Ergebnisse beider Ins­   insbesondere durch eine gute Arbeitskul-                             können Unternehmen aller Branchen,
trumente werden im Verhältnis zwei        tur und durch fördernde Arbeitsbedin-                                Non-Profit-Organisationen und öffent-
(Mitarbeiterbefragung) zu eins (Kultur-   gungen aus. Das zeigt eine Auswertung                                liche Arbeitgeber ab 50 Beschäftigten.
Audit) gewichtet und führen im Ver-       der Studienergebnisse: 89 Prozent der                                Die Teilnahme an den Benchmark-Befra-
gleich mit den Resultaten der anderen     Mitarbeiter von „Deutschlands Besten Ar-                             gungen ist auch ohne Wettbewerbsteil-
Wettbewerbsteilnehmer zur Siegerliste.    beitgebern 2017“ sagen, sie hätten „alles                            nahme möglich. 

05 / 17 personalmagazin                                                                    Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
14 SZENE_ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT

      „Zutrauen und Wertschätzung“
       INTERVIEW. Lidl Deutschland erreichte den zweiten Platz in seiner Größenklasse.
      ­Torsten Heimann, Geschäftsleiter Personal, über die Bedeutung von Arbeitsplatzkultur.

       personalmagazin: Herzlichen Glückwunsch                                                  tet. Ein wichtiger Punkt ist auch das
       zum zweiten Platz bei den Unternehmen                                                    Thema „Zutrauen“. Wir trauen unse-
       mit über 5.000 Mitarbeitern. Werden Sie                                                  ren Mitarbeitern zu, Verantwortung zu
       die Auszeichnung für das Personalmar-                                                    übernehmen. Dafür bieten wir ihnen
       keting verwenden?                                                                        beispielsweise entsprechende Entschei-
       Torsten Heimann: Danke! Wir freuen uns                                                   dungsspielräume und unterstützen sie.
       sehr über die Auszeichnung, vor allem
       weil unsere Mitarbeiter uns direkt be-                                                   personalmagazin: Wie groß sind die Heraus-
       wertet haben. Das Siegel verwenden wir                                                   forderungen für die Mitarbeiterbindung
       für unser Personalrecruiting beispiels-                                                  in Ihren Filialen?
       weise auf Broschüren, Flyern und Ban-                                                    Heimann: In unseren Filialen findet das
       nern sowie auf unserer Karriere-Web-                                                     Kerngeschäft statt. Selbstverständlich
       site. Auch unsere Kunden informieren                                                     wollen wir unsere Mitarbeiter langfristig
       wir im Lidl-Haushaltshandzettel über                                                     an uns binden und Perspektiven bieten,
       die Auszeichnung.                                                                        deswegen ist uns eine positive Arbeits-
                                                                                                platzkultur sehr wichtig. Dazu tragen
       personalmagazin: Was ist für Sie an einem                                                zum Beispiel ein Lidl-Mindestlohn von
                                                      TORSTEN HEIMANN ist seit September
       Wettbewerb wie „Deutschlands Beste                                                       zwölf Euro pro Stunde, Gesundheits­tage,
                                                      2016 Geschäftsleiter Personal bei Lidl
       Arbeitgeber“ wichtig?                                                                    interne Weiterbildungsmaßnahmen und
                                                      Deutschland.
       Heimann: Wir haben zum zweiten Mal                                                       flexible Arbeitszeit- sowie Ausbildungs-
       am Wettbewerb „Deutschlands Beste                                                        modelle für unserer Mitarbeiter in den
       Arbeitgeber“ teilgenommen. In diesem                                                     Filialen bei.
       Jahr haben wir erstmals die Auszeich-          schaffen, auf unterschiedliche Bedürf-
       nung erhalten, darauf sind wir sehr            nisse und Wünsche einzugehen. Wir         personalmagazin: Welchen Mehrwert bringt
       stolz. Wichtig für eine Teilnahme an           tun dies, indem wir individuelle Auf-     die Teilnahme am Great-Place-to-Work-
       Wettbewerben ist uns, dass der Vergabe­        stiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten     Wettbewerb für Ihr Unternehmen?
       prozess objektiv und transparent ist.          über alle Hierarchiestufen und Bereiche   Heimann: Über 4.100 Lidl-Mitarbeiter wur-
       Außerdem sollten die jeweiligen Aus-           hinweg aufzeigen, betriebliche Sozial-    den bundesweit aus allen Bereichen und
       zeichnungen eine gewisse Relevanz und          und Gesundheitsleistungen sowie eine      über alle Hierarchien befragt. Die Er-
       Bekanntheit haben.                             überdurchschnittliche Vergütung bie-      gebnisse nutzt der Personalbereich, um
                                                      ten und jedem einzelnen Mitarbeiter       Handlungsfelder zu identifizieren und
       personalmagazin: Great Place to Work           Fairness, Zutrauen und Wertschätzung      Maßnahmen abzuleiten. Klar ist, dass
       Deutschland prämiert Exzellenz in Ar-          entgegenbringen. Wir leben einen res­     wir uns auf unserem Erfolg nicht ausru-
       beitsplatzkultur. Was macht die Arbeits-       pektvollen und fairen Umgang mitei-       hen, sondern jeden Tag weiter daran ar-
       platzkultur bei Ihnen besonders?               nander, unabhängig von Position und       beiten, zufriedene Mitarbeiter zu haben
       Heimann: Unsere Herausforderung ist,           Arbeitsplatz. Das bestätigen auch die     und auch extern als engagierter Arbeit-
       dass ein Teil unserer insgesamt rund           Umfrageergebnisse von „Great Place to     geber mit attraktiven Arbeitsbedingun-
       78.000 Mitarbeiter im Büro und ein             Work“: Mit über 90 Prozent haben die      gen wahrgenommen zu werden. 
       großer Teil in den Filialen und Lagern         Befragten Lidl in der Kategorie „Fair-
       arbeiten. Wir müssen also den Spagat           ness“ überdurchschnittlich gut bewer-     Das Interview führte Daniela Furkel.

       Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de                                                      personalmagazin 05 / 17
16 SZENE_HR START-UP

      Was ist die Idee dahinter?
      Wer im deutschen Markt nach Personalsoftware sucht,
      findet zunächst etablierte Anbieter von Individualsoftware.
      Wegen der hohen Kosten und langen Einrichtungszeiträume
      kommen diese für Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern
      oft nicht infrage.
      Zudem existieren zahlreiche „Insellösungen“, die nur einen
      bestimmten HR-Prozess abbilden, zum Beispiel die Urlaubs-
      verwaltung. Die Verwendung einzelner Tools wird in der Praxis
      jedoch schnell unübersichtlich und führt zu inkonsistenten
      Daten und ineffizienten Abläufen. Andererseits können US-
      amerikanische Cloud-Anbieter in Sachen Datenschutz häufig
      nicht die strengen Anforderungen in Deutschland erfüllen.
      Die Idee hinter Personio war, sämtliche HRM- und Recruiting-
      Prozesse kleiner und mittlerer Unternehmen in einer intuitiv
      bedienbaren Software zu bündeln und dabei den deutschen
      Standards in punkto Datenschutz gerecht zu werden. Beim
      Betrieb der Server setzt Personio daher ausschließlich auf
      zertifizierte Anbieter mit Rechenzentren in Deutschland.
                                                                         Wie war die Entwicklungszeit?
      Personio umfasst unter anderem die Bereiche Job-Multi-
      Posting, Bewerbermanagement, Mitarbeiter-Onboarding,               Die Software wurde in der Anfangsphase mit einer kleinen
      digitale Personalakte, Urlaubsverwaltung, Genehmigungs-            Zahl Pilotkunden getestet und kontinuierlich verbessert. In den
      prozesse, Gehaltsmanagement, Anwesenheitsverwaltung,               vergangenen zwölf Monaten wuchs der Kundenstamm durch
      Dokumentenverwaltung, Performance, Berichte sowie vorbe-           Empfehlungen und ohne aktives Marketing auf mehr als 100
      reitende Lohnbuchhaltung.                                          Unternehmen mit 20 bis 600 Mitarbeitern an. Die „Entwick-
      Jeder Mitarbeiter erhält ein eigenes Benutzerkonto mit             lungszeit“ betrachten wir als kontinuierlichen Prozess: mit
      bestimmten Zugriffsrechten und kann je nach Bedarf direkt          jedem neuen Kunden kommen neue Anforderungen und Ideen.
      in HR-Prozesse wie Urlaubsanträge, Stammdatenänderungen            Von der Umsetzung dieser Ideen profitieren wiederum alle
      oder Bewerberevaluation einbezogen werden.                         bestehenden und künftigen Kunden.

                                                                                                                                                  © RAKETE: FRANK PETERS / THINKSTOCKPHOTOS.DE; RESTLICHE FOTOS: PERSONIO

                                                                                                              Personio lässt sich ohne
                                                                                                              Installation auf jedem
                                                                                                              browserfähigen Gerät
                                                                                                              nutzen und wird
                                                                                                              auf zertifizierten Rechen­
                                                                                                              zentren in Deutschland
                                                                                                              betrieben.

      Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de                                                  personalmagazin 05 / 17
17

                Wer hat‘s gegründet?
                                                                                         Was können etablierte Unter­
                Personio wurde 2015 von Hanno Renner, ­Roman Schumacher,                 nehmen von Ihnen lernen?
                Arseniy Vershinin und I­gnaz Forstmeier gegründet. Die Gründer
                                                                                         Eine unserer Stärken liegt in der
                lernten sich am Münchner Center for Digital Technology and Ma-
                                                                                         Geschwindigkeit, mit der Neues um-
                nagement (CDTM) kennen, aus dem bereits erfolgreiche Unterneh-
                                                                                         gesetzt und Bestehendes verbessert
                men wie Outfittery, Stylight, Freeletics oder eGym entstanden sind.
                                                                                         wird. Oft liegen nur wenige Wochen
                                                                                         zwischen einer Kundenanfrage und

   HR
                                                                                         der Implementierung einer neuen
                                                                                         Funktion. Diese Agilität erhalten wir
                                                                                         uns durch flache Hierarchien und
   START         In unserer Serie stellen wir Ihnen

   UP
                                                                                         große Gestaltungs- und Entschei-
                 ­Jung­­unternehmer aus dem HR-Bereich                                   dungsspielräume für jeden Einzelnen.
                                                                                         Unsere Mitarbeiter arbeiten sich nicht
                 mit ihrer Idee vor. In dieser Ausgabe
                                                                                         durch vorgegebene Aufgabenlisten,
                 das Unternehmen Personio.                                               sondern bewegen sich in crossfunk-
                                                                                         tionalen Teams gemeinsam auf ein
                                                                                         höheres Organisationsziel hin. Diese
                                                                                         Ziele versuchen wir in regelmäßigen
                                                                                         Abständen genau zu messen, etwa
Was soll noch geändert werden?
                                                                                         Kundenzufriedenheit anhand des „Net
Ziel ist es, Personio zur zentralen HR-Plattform für kleinere und mittlere Unternehmen   Promoter Score“. Das motiviert und
in Europa auszubauen, an die andere HRM- oder Recruiting-Tools „andocken“ können.        schafft Transparenz. Als Schmankerl
Aus Kundensicht liegen die Kernprozesse und Mitarbeiterinformationen einheitlich und     stellen wir allen Mitarbeitern Elektro-
sicher bei Personio und können je nach Anforderung mit anderen Services ausgetauscht     roller der Marke Unu als „Geschäftswa-
und verknüpft werden. Diesen Ansatz verfolgen wir heute bereits mit dem Recruiting-      gen“ zur Verfügung. Gerade zur Rush
Service „Go Hiring“. Jobanzeigen, die einmal in Personio erstellt wurden, können damit   Hour gibt es kaum ein schnelleres und
automatisch auf mehr als 100 deutschen Karriereseiten veröffentlicht werden.             unterhaltsameres Fortbewegungsmittel.
18 TITEL_PERSONALPLANUNG

      Planen lohnt sich
      PROJEKT. Auch kleinere Unternehmen brauchen eine strategische Personalplanung.
      Wie viel das bringt, belegen die Teilnehmer eines vom BMAS geförderten Projekts.

      Von Christoph Stehr                              gefördert wird. Ziel war es, einen um-
                                                        fassenden Werkzeugkasten zur strate-

      D
                ie Großen, die Kleinen, die             gischen Personalplanung für kleine und
                Dicken zu uns!“, warb das               mittelständische Unternehmen – laut
                Modehaus Marx in Trier in               Definition der EU-Kommission sind das
                den 1970er-Jahren für seine             Betriebe bis 250 Mitarbeiter – zusam-
      reiche Auswahl an Sonder- und Zwi-                menzustellen. Nach knapp drei Jahren
      schengrößen. Heute noch behauptet                 befindet sich das Projekt in der End-
      sich damit das Traditionsunternehmen,             phase und das Projektteam, bestehend
      das 87 Mitarbeiter hat, gegen die starke          aus dem Institut für Beschäftigung und
      Konkurrenz in der Fußgängerzone der               Employability IBE als Leitung, der Deut-
      100.000-Einwohner-Stadt an der Mosel.             schen Gesellschaft für Personalführung
      „Wie für unsere Kunden gilt auch für              e.V. (DGFP), der Dynaplan AG, der WMP
      unsere Mitarbeiter: Sie haben höchst              Consult – Wilke Maack GmbH und der
      unterschiedliche Eigenschaften, Bedarfe           Zukunftsallianz Arbeit & Gesellschaft
      und Ansprüche“, sagt die Geschäftsfüh-            e.V. (ZAAG), legt nun ein Ergebnis vor,
      rende Gesellschafterin Karin Kaltenkir-           das „Starter-Set Strategische Personal-
      chen. „Das spiegelt sich in einer Vielzahl        planung – geeignet für KMU“. Zentraler
      beruflicher Qualifikationen wider. Wenn           Baustein ist der KMU-Planungsrechner,
        © HELMUT THEWALT TRIER

                                 „Wenn wir unsere HR-Ressourcen lang-
                                 fristig sichern wollen, müssen wir neue
                                 Wege in der Personalplanung gehen.“
                                 Karin Kaltenkirchen, Modehaus Marx in Trier

      wir diese fein abgestimmte Mischung               der auf der Simulationssoftware Dyna-
      an HR-Ressourcen langfristig sichern              plan Smia beruht und zukünftige Per-
      wollen, müssen wir neue Wege in der               sonalbedarfe mit der Entwicklung des
      Personalplanung gehen.“                           Mitarbeiterbestands abgleicht. Dabei
         Seit Mitte 2014 nimmt das Modehaus             geht es nicht nur um die Anzahl der be-
                                                                                                   © TUTYE / THINKSTOCKPHOTOS.DE

      Marx an dem Projekt „Strategische Per-            nötigten Mitarbeiter, sondern auch um
      sonalplanung für KMU“ teil, das vom               die Kompetenzen, die in Zukunft benö-
      Bundesministerium für Arbeit und                  tigt werden. In wenigen Wochen können
      Soziales (BMAS) im Rahmen der Ini-                alle mittelständischen Arbeitgeber das
      tiative Neue Qualität der Arbeit (Inqa)           aus sechs Instrumenten, darunter ein

      Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
19

Online-Selbstcheck und ein Planungs-         mensdaten zur personalwirtschaftlichen     die Führungskräfte des Modehauses
rechner, bestehende Starter-Set kosten-      Planung und Steuerung. 2010 befasste       veranstalteten. Im Mittelpunkt standen
los anfordern.                               sich das Modehaus Marx in einem Vor-       die fünf Schritte der Strategischen Per-
  Es ist nicht das erste Mal, dass Kalten-   gängerprojekt des BMAS mit lebenspha-      sonalplanung: Jobfamilien bilden, den
kirchen Erfahrungen mit HR-Analytics         senorientierter Personalarbeit. Das neue   aktuellen Personalstand ermitteln, den
macht, dem Gewinnen, Verknüpfen und          Projekt mündete in einen Workshop, den     strategischen Personalbedarf festlegen,
Extrapolieren von HR- und Unterneh-          zwei IBE-Mitarbeiterinnen in Trier für     daraus mögliche Unter- und Überbeset-

Wer strategisch plant, muss
sich um den Nachwuchs keine
Sorgen machen.
20 TITEL_PERSONALPLANUNG

           zungen ableiten sowie Handlungsfelder                                                      gesgeschäft schon die nötige Motivation
           bestimmen, beispielsweise Maßnahmen
                                                               LINK-TIPP                              und Zeit? So war das Projekt für mich ein
           zu Rekrutierung und Weiterbildung. Ein                                                     willkommener Anstoß zur Selbstreflexi-
                                                           Mehr Informationen zum BMAS-Projekt
           wichtiges Thema war die eigenständige                                                      on und strategischen Ausrichtung, nach-
                                                           und Zugang zum Starter-Set unter
           Anwendung des Starter-Sets – schließ-                                                      dem ich 20 Jahre lang Personalplanung
                                                                                    www.spp-kmu.de
           lich sollen die Unternehmen in die Lage                                                    eher aus dem Bauch gemacht habe.“
           versetzt werden, ihren Personalbedarf
           ohne fremde Hilfe, etwa durch Berater,                                                     Unterstützung im „War for Talents“
           strategisch zu planen.                                                                     Das „Starter-Set Strategische Personal-
              Für das Modehaus Marx sind neun              und Nachwuchskräfte sowie 50-plus-         planung – geeignet für KMU“ wird un-
           Jobfamilien relevant, wie sich heraus-          Mitarbeiterinnen. Dazwischen klafft        entgeltlich bereitgestellt, was in dieser
           stellte, darunter Einkauf, Modeberatung,        ein Loch. „Wenn die älteren Mitarbei-      Zielgruppe sicher kein zu vernachlässi-
           Kasse, Dekoration, Einkauf, Buchhal-            terinnen irgendwann auf einen Schlag       gender Aspekt ist. Das Paket enthält ne-
           tung und Änderungsschneiderei. Als              in Rente gehen, haben wir ein richtiges    ben dem KMU-Planungsrechner einen
           Planungshorizont wurden fünf Jahre              Problem“, sagt Kaltenkirchen. „Dies in     webbasierten „Check: Strategische Per-
           bestimmt. In diesem Zeitraum kann sich          nackten Zahlen präsentiert zu bekom-       sonalplanung“ zum Einstieg ins Thema
           viel ändern, wie Kaltenkirchen erläutert:       men, war für mich ein Aha-Erlebnis.“       und zur Selbstanalyse (https://personal-
           „Es gibt spezifische Trends im Textilein-       Die „nackten Zahlen“ beruhen darauf,       planung.inqa-check.de/startseite), ein
           zelhandel, die unseren Personalbedarf           dass der KMU-Planungsrechner jeden         Handbuch für Personalverantwortliche,
           quantitativ und qualitativ prägen wer-          Beschäftigten mit Namen, individuel-       eine Präsentation zur internen Doku-
           den. Beispielsweise kommen zukünftig            ler Wochenarbeitszeit, FTE-Kapazität,      mentation im Betrieb, einen Ratgeber
           mehr digitale Medien im Verkaufsraum            Geburtstag und Jobfamilie erfasst und      für Betriebsräte sowie ein Trainingskon-
           zum Einsatz, etwa Kundeninformati-              anhand von Erfahrungswerten das vo-        zept zur Schulung von Betriebsräten.
           onssysteme. Die müssen unsere Mitar-            raussichtliche Ausscheiden, etwa zum       Der Name „Starter-Set“ lässt schon ver-
           beiterinnen und Mitarbeiter bedienen            Renteneintritt, ermittelt. Kaltenkirchen   muten, dass es den Initiatoren auf eine
           können.“ Die Arbeit mit dem KMU-Pla-            will gegensteuern, indem sie künftig       Verstetigung der Arbeit mit den Mate-
                                                                                                      rialien ankommt. So müssen die Per-
      ­­
                                                                                                      sonaldaten im KMU-Planungsrechner
                                                                                                      sorgfältig gepflegt werden, weil sonst
                                   „Betriebe erhalten mit unseren Instru-                             die Prognosen nicht mehr stimmen. Im
                                                                                                      Modehaus Marx übernimmt die Perso-
                                   menten einen ersten Überblick über die                             nalbuchhaltung diese Aufgabe. Verein-
                                   Schritte einer Personalplanung.“                                   bart ist, dass sie bei jedem Mitarbeiter-
                                   Jutta Rump, Institut für Beschäftigung und Employability IBE       zu- oder -abgang die Daten aktualisiert.
                                                                                                        Dass das BMAS mit erheblichem
                                                                                                      Zeit- und Kostenaufwand ein derart
                                                                                                      ausgefeiltes HR-Instrument für den
           nungsrechner ergab, dass die Mitarbei-          verstärkt Bewerberinnen zwischen 30        Mittelstand entwickelt hat, hängt mit
           terzahl im Modehaus Marx insgesamt              und 40 Jahren einstellt, auch wenn dies    dem hohen Stellenwert zusammen, den
           steigen muss, wenn das Unternehmen              andere Probleme mit sich bringe, weil      Berlin dem demografischen Wandel
           seine Marktstellung halten will. Der            Frauen in diesem Alter oft kleine Kin-     beimisst, wie BMAS-Referatsleiter An-
           Verkauf benötigt mindestens drei zu-            der haben und deshalb zeitlich weniger     dré Große-Jäger im Interview in dieser
           sätzliche Vollzeitäquivalente (FTE), in         flexibel sind.                             Personalmagazin-Ausgabe erläutert. „In
           der Dekoration muss die Mitarbeiterzahl            „Ich denke, dass die Bedarfsprogno-     den nächsten 15 Jahren werden mehr als
           von zwei auf drei steigen.                      sen, die wir im Projekt erstellt haben,    zwei Millionen Fachkräfte in Engpass-
                                                           valide sind“, sagt Kaltenkirchen. „Über-   berufen in Rente gehen“, erläutert Pro-
           Anstoß zur Selbstreflexion                      zeugt hat mich, dass wir uns alles in      fessorin Jutta Rump, die das IBE leitet.
           Ein weiteres Ergebnis aus dem Projekt           Workshops selbst erarbeitet haben. Na-     „Insbesondere KMU sind davon betrof-
           war, dass in der Altersstruktur kom-            türlich wäre dies auch ohne das Projekt    fen. Für sie gewinnt die Thematik noch
           plett die Mitte fehlt. Das Modehaus             und die Beratung durch das IBE möglich     stärker an Brisanz, als es bei großen
           Marx beschäftigt viele Auszubildende            gewesen, aber wer findet dafür im Ta-      Playern der Fall ist. Denn im Gegensatz

                                                                                                                               personalmagazin 05 / 17
21

zu großen Unternehmen verfügen KMU           schen einem Textileinzelhändler und            optimal einzusetzen. Außerdem hat das
häufig nicht über die strukturellen und      einer Behörde könnten die für die Per-         Instrument eine Art Weckfunktion: Es
finanziellen Mittel, um mit groß ange-       sonalplanung relevanten Unterschiede           macht auf zukünftige Bedarfe aufmerk-
legten Kampagnen und Maßnahmen am            nicht sein: hier 87 Mitarbeiter, dort 438;     sam und erzeugt dadurch einen Hand-
War for Talents zu partizipieren – und       hier tarifvertraglich geregelte Anstel-        lungsdruck.“ In welche Richtung dieser
sich dabei durchzusetzen.“                   lungsverhältnisse, dort in weiten Teilen       Druck wirkt, weiß Kentenich bereits.
   Eine langfristige strategische Perso-     Beamtenrecht; hier vielfältige Rekru-          Beispielsweise werden digitale Techni-
nalplanung, die die Entwicklung des
gesamten Unternehmens berücksichti-
ge, könne diesen Nachteil wettmachen.
Rump sieht einen wesentlichen Vorteil                                „Das Instrument bringt keine neuen Be-
des Starter-Sets darin, dass die einzel-
nen Produkte ohne großen Zeiteinsatz
                                                                     werber, aber es hilft, die Ressourcen, die
und mit wenig Vorwissen angewendet                                   der Markt hergibt, optimal einzusetzen.“
werden können. „Gerade der Zeitaspekt                                Jürgen Kentenich, Finanzamt Trier
ist es, der leider häufig dazu führt, dass
kleine und mittlere Unternehmen vor der
Umsetzung weiterer personalpolitischer
Maßnahmen zurückschrecken“, sagt die         tierungswege mit eigener Berufsausbil-         ken in der Finanzverwaltung wichtiger;
Professorin. „Darüber hinaus erhalten        dung, aber auch viele Quereinsteiger,          entsprechende Qualifikationen früh auf-
Betriebe mit unseren Instrumenten ei-        dort starre Laufbahnmodelle, nach de-          zubauen, ist wichtig. Ein anderer Trend
nen ersten Überblick über die wesent-        nen ein Großteil der neuen Mitarbeiter         besteht darin, dass eine steigende Zahl
lichen Schritte einer Personalplanung        schlüsselfertig von der landeseigenen          von Steuervorgängen das Ausland be-
und mögliche Folgemaßnahmen.“ Der            Hochschule für Finanzen kommt.                 trifft. Die Finanzwirte müssen sich des-
Bedarf an solcher Unterstützung ist si-         Trotzdem hat sich auch für das Finanz-      halb künftig auch in anderen nationalen
cher da, wie der „Monitor Arbeitsqualität    amt Trier die Mitarbeit im Projekt als         Steuerrechtssystemen – für Trier spielt
und wirtschaftlicher Erfolg“ des BMAS        fruchtbar erwiesen. Behördenleiter Jür-        Luxemburg eine besondere Rolle – zu-
aus dem Jahr 2014 zeigt. Danach verfü-       gen Kentenich schätzt vor allem die Pra-       rechtfinden, möglichst inklusive Fremd-
gen zwar zwei Drittel der befragten Be-      xisnähe und die einfache Handhabung:           sprachenkenntnisse.
triebe über einen Personalplan, doch nur     „Das Instrument ist ungeheuer simpel
22 Prozent planen länger als drei Jahre in   – sodass ich gedacht habe, darauf hätte        Anschub für die Karriere
die Zukunft.                                 man selber kommen können. Auch mei-            Zwei Mitarbeiter der Geschäftsstelle
                                             ne Sachgebietsleiter haben sich überzeu-       werden künftig die Daten im KMU-Pla-
Individuelle Anpassung möglich               gen lassen. Das will schon etwas heißen,       nungsrechner halbjährlich aktualisie-
Häufig wird an HR-Software kritisiert,       schließlich sind wir Steuerfachleute, kei-     ren. Die Ergebnisse sollen intern veröf-
dass sie ein grobes Raster vorgibt, in das   ne gelernten Personaler. Uns muss man          fentlicht werden. Kentenich verspricht
sich nicht jeder Betrieb einpassen lässt.    erst einmal für solche weichen Themen          sich davon auch einen Motivationseffekt
Moderne Produkte sind deshalb flexibel       begeistern, was aber den Leuten vom IBE        bei den Beschäftigten: Indem sie erfah-
und können die betriebliche Realität         und der DGFP gelungen ist.“                    ren, mit welchen Zusatzqualifikationen
gut modellieren. Auch der KMU-Pla-                                                          sie ihre Karriere vorantreiben können,
nungsrechner bietet diese Möglichkeit.       Instrument erzeugt Handlungsdruck              ziehen sie einen persönlichen Nutzen
Die Unternehmen legen beispielswei-          „Das Instrument löst sicher nicht meine        aus der strategischen Personalplanung
se die Anzahl der Jobfamilien und die        Beschaffungsprobleme am Jobmarkt“,             ihres Arbeitgebers – ganz im Sinne der
Dauer des Planungshorizonts selbst           meint Kentenich. „Die Bewerberzah-             Inqa: Sie hat die Zukunftsfähigkeit von
fest. Das Finanzamt Trier, das wie das       len im öffentlichen Dienst sind zwar           Unternehmen genauso im Blick wie das
Modehaus Marx zu den Pionieren im            noch ausreichend, aber schon jetzt             Bedürfnis der Beschäftigten nach moti-
BMAS-Projekt gehört, hat sich für zehn       zeichnet sich ab, dass die Qualität der        vierender, guter Arbeit.
Jobfamilien, darunter Außendienst/           Bewerbungen sinkt. In dieser Situation
Steuerfahndung oder Sachgebietsleiter,       bringt mir das Instrument keine zu-
                                                                                            CHRISTOPH STEHR ist freier Journalist in
sowie einen Planungshorizont von sie-        sätzlichen Bewerber, aber es hilft mir,
                                                                                            Hilden.
ben Jahren entschieden. Größer als zwi-      die Ressourcen, die der Markt hergibt,

05 / 17 personalmagazin                                                Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
Sie können auch lesen