PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch

 
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PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch
Ausgabe 3 · September 2020 · www.medizinonline.ch

PNEUMOLOGIE
ALLERGOLOGIE
    Ärztliches Magazin für interdisziplinäre Fortbildung

                           CME-FORTBILDUNG

                           Tuberkulose
                           Die neuen WHO-Empfehlungen

                           Seltene Lungenerkrankungen
                           Granulomatosen jenseits der
                           Sarkoidose

                           Medizin
                           SARS-CoV-2
                           Suche nach dem Impfstoff
                           Asthmakontrolle
                           Fit für den Winter
                           Asthma
                           Sauberes Haus –
                           asthmatisches Kind
                           COVID-19 und chronische
                           Lungenerkrankungen
                           Rauf oder runter mit den Medis?
                           Tabakentwöhnung
                           Das einzig Vare gegen die Nikotin-
                           sucht
                           Vocal Cord Dysfunction
                           «Angst, die man als Arzt verstehen
                           muss»
                           Nicht-kleinzelliger Lungenkrebs
                           Viele Deckel für viele Töpfe
                           Interstitielle Lungenerkrankungen
                           Beispielhafte Diagnostik einer IPF
PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch
Fasenra® ist angezeigt als Add-on-Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma,
                           das trotz hochdosierter inhalativer Kortikosteroide plus lang wirksamer Beta-Agonisten unzureichend kontrolliert ist1

                  FASENRA® ZIELT AUF DIE NULL

                                          0 Eosinophile
                                                                                                                                                                                                         2,3

                              74 % hatten 0 Exazerbationen
                                                            *                                                                                                                                                                               ,4

                              52 % hatten 0 orale Kortikosteroide
                                                                                                                                                                                                                                                                                   5

                                                                                                                                             Patientenservice

                  Referenzen: * Patienten aus Vorläuferstudien (SIROCCO und CALIMA), die während des 56-wöchigen Beurteilungszeitraums die Q8W-Dosierung fortsetzten.1. Fachinformation, www.swissmedic.ch. 2. Nair P et al. Oral glucocorticoid-sparing effect of benralizumab in severe
                  asthma. N Engl J Med 2017; Supplementary Appendix. 3. Tan L et al. Benralizumab: a unique IL-5 inhibitor for severe asthma. J Asthma Allergy 2016; 9: Efficacy and steroid-sparing effect of benralizumab: has it an advantage over its competitors: 71–81. 4. Busse WW et al. Long-
                  term safety and efficacy of benralizumab in patients with severe, uncontrolled asthma: 1-year results from the BORA phase 3 extension trial. Lancet Respir Med 2019; 7(1): 46–59. 5. Nair P et al. Oral glucocorticoid-sparing effect of benralizumab in severe asthma. N Engl J Med
                  2017; 376: 2448–2458.
CH-2897_08/2020

                  Fasenra®, Injektionslösung zur subkutanen Verabreichung Z: Benralizumab, 1 ml à 30 mg; Liste B. I: Zusatz zur Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patienten ab 18 Jahren mit schwerem eosinophilem Asthma, welches durch folgende Kriterien gekennzeichnet ist:
                  mindestens zwei Exazerbationen in den vorausgegangenen 12 Monaten unter aktueller Standardtherapie (hochdosierte inhalative Kortikosteroide plus langwirksame Bronchodilatatoren) und/oder Notwendigkeit zur Behandlung mit systemischen Kortikosteroiden;
                  Eosinophilenzahl im Blut von ≥ 0,3 G/Liter (entspricht ≥ 300 Zellen/μL). D: 30 mg subkutan alle 4 Wochen, ab Woche 8: 30 mg subkutan alle 8 Wochen. KI: Überempfindlichkeit. V: akute Asthma-Exazerbationen, abruptes Absetzen von
                  Kortikosteroiden nicht empfohlen, Patienten mit Helminthenbefall sollten entsprechend vorbehandelt sein. IA: keine. UAW: häufig: Kopfschmerzen, Pharyngitis, Fieber, Reaktionen an der Injektionsstelle, Überempfindlichkeitsreaktionen.
                  Gelegentlich, selten, sehr selten: siehe www.swissmedicinfo.ch. Stand der Information: April 2020. Weitere Informationen: www.swissmedicinfo.ch oder AstraZeneca AG, Neuhofstrasse 34, 6340 Baar. www.astrazeneca.ch.
PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2020; Vol. 2, Nr. 3                                                                                                                                EDITORIAL

SARS-CoV-2-Wirkstoff

Warten auf die Impfung
                       ■ Einig ist man sich in erster Linie darüber, dass man                            Schweiz wurden im vergangenen Jahr laut Bundesamt
                       sich nicht einig ist: Während manche Experten damit                               für Gesundheit ganze zehn Fälle diagnostiziert. 2018
                       rechnen, dass noch in diesem Jahr erste Corona-Impf-                              waren es sogar nur sieben. Dennoch ist es – gerade für
                       stoffe auf den Markt kommen werden, geht die Mehr-                                Pneumologen – wichtig, auf diesem Gebiet weiterhin
                       zahl davon aus, dass dies nicht vor Mitte kommenden                               up to date zu sein, auch wenn die Wahrscheinlichkeit,
                       Jahres geschehen wird. Und will man korrekt arbeiten                              dass ein betroffener Patient vorstellig wird, verhält-
                       und der Sorgfaltspflicht nachkommen, scheint dieses                               nismässig gering ist. Unser erster CME-Fortbildungs-
                       Zeitfenster auch das realistischere zu sein – sieht man                           beitrag in dieser Ausgabe beschäftigt sich daher mit
                       einmal von den Russen ab, die ihre «Sputnik V»-Vak-                               den neuen WHO-Empfehlungen zur Diagnostik und
                       zine schon fröhlich auf den Markt geworfen und dabei                              Behandlung der Tuberkulose. Und auch der zweite
                       u.a. die komplette Phase III übersprungen haben.                                  CME-Artikel thematisiert eine eher seltene Lun-
                            Von solch plumpem Aktionismus und der Jagd                                   generkrankung: Ein Kollege aus der Rheumatologie
                       nach Anerkennung einmal abgesehen, steht bei der                                  stellt Granulomatosen jenseits der Sarkoidose aus dem
                       seriösen Forschung die Sicherheit nach wie vor an                                 Blickwinkel seines Fachgebiets vor.
                       erster Stelle. Das ist auch gut so, denn in der breiten                                Weitere Themen dieser Ausgabe der InFo
                       Bevölkerung werden Impfstoffe nur akzeptiert, wenn                                ­ neumologie & Allergologie sind u.a. die Asth-
                                                                                                         P
                       deren Nutzen die Risiken überwiegt. Andernfalls kann                              makontrolle in den Wintermonaten, die Medikation
                       die ganze Sache bei unseren ohnehin impfskeptischen                               chronisch Lungenkranker mit COVID-19 sowie die
                       Mitmenschen auch schnell nach hinten losgehen. Und                                Optionen bei der Tabakentwöhnung.
                       um den Nutzen und die Sicherheit zu gewährleisten,                                     Die Redaktion der wünscht Ihnen viel Vergnügen
                       ist eine breit angelegte Phase-III-Studie nun mal uner-                           beim Lesen.
                       lässlich.
                            Impfstoff-Kandidaten gibt es mittlerweile wie                                Bleiben Sie gesund!
                       Sand am Meer, bis zur besagten Phase-III-Studie
                       haben es bislang aber nur etwas mehr als eine Hand-
                       voll geschafft, die derzeit an Patientenpopulationen
                       getestet werden. Welche das sind und was genau die
                       Schwierigkeiten, Herausforderungen und Risiken bei
                       der Arbeit an einem wirksamen Vakzin sind, können
                       Sie in unserem Update-Artikel zur Entwicklung eines
                       Impfstoffes nachlesen.
                            Bei all den Entwicklungen rund um COVID-19
                       sollte nicht ausser Acht gelassen werden, dass es nach
                       wie vor auch noch andere Krankheiten gibt, vom ordi-
                       nären Schnupfen bis zu Exoten, die man mit unseren
                       Breitengraden eigentlich gar nicht mehr in Verbin-
                       dung setzt. So etwas wie Tuberkulose etwa: In der                                 Jens Dehn, Redaktion

                                                       Die Fortbildungsthemen in dieser Ausgabe:

                                                          Tuberkulose..................................................................................................................................... Seite 6
                                                          Seltene Lungenerkrankungen.............................................................................................. Seite 12

                                                          CME-Fortbildungsfragen.......................................................................................................... Seite 17

                                                          Credits auf medizinonline.ch
                                                          Einloggen, Fragen beantworten und direkt CME-Zertifkat downloaden.

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INHALTSVERZEICHNIS                                                                                              medizinonline.ch

     PNEUMOLOGIE
     ALLERGOLOGIE
     Ärztliches Magazin für interdisziplinäre Fortbildung

                EDITORIAL                                                 34	Nicht-kleinzelliger Lungenkrebs
                                                                              Viele Deckel für viele Töpfe
                1	SARS-CoV-2-Wirkstoff
                   Warten auf die Impfung                                 36	SARS-CoV-2
                         Jens Dehn, Redaktion                                 Wie tangiert die Coronapandemie das
                                                                              Disease-Management bei COPD?

                                                                          38	Tabakentwöhnung
                CME-FORTBILDUNG                                               Das einzig Vare gegen die Nikotinsucht

                6	Tuberkulose                                            39	Asthma-Therapie mit SCS
                   Die neuen WHO-Empfehlungen für                             Eine gute Option – aber nicht für jeden
                   schnelle Diagnostik und Behandlung
                         Dr. med. Ralf Otto-Knapp, M.Sc.,
                         Dr. med. Brit Häcker,
                         Prof. Dr. med. Torsten Bauer, Berlin (D);        PRAXISMANAGEMENT
                         Dr. med., dipl. Stat. Ekkehardt Altpeter, MPH,
                         PD Dr. med. Gunar Günther, MPH, DTM&H, Bern      24	SARS-CoV-2
                                                                              Entwicklung eines Impfstoffes – ein Update
                12	Seltene Lungenerkrankungen
                    Granulomatosen jenseits der Sarkoidose:               25	SARS-CoV-2
                    der rheumatologische Blick                                Pneumokokkenimpfung zur Vorbeugung
                         Dr. med. Alexander Kleymann, Dresden (D)             von Komplikationen nicht sinnvoll

                16       Credits auf medizinonline.ch
                         Anleitung zur Online-Fortbildung
                                                                          WEITERE RUBRIKEN
                17       CME-Fortbildungsfragen
                                                                          4         News

                                                                          37        Publireportage
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                                                                          40        Impressum
                18	COPD-Therapie
                    Grosse Wirkung in den kleinen Atemwegen

                20       COVID-19 und chronische Lungenerkrankungen       Titelbild: stockdevil, iStock

                         Rauf oder runter mit den Medis?

                22	Asthmakontrolle
                    Fit für den Winter

                26	Vocal Cord Dysfunction
                    «Angst, die man als Arzt verstehen muss»
                         Interview mit Prof. Dr. med. Klaus Kenn,
                         Schönau am Königssee (D)

                28       Interstitielle Lungenerkrankungen
                         Beispielhafte Diagnostik einer IPF

                32	SARS-CoV-2
                    Telemonitoring von Beatmungstherapie
                    verringert Ansteckungsrisiko

                33	Kleinzelliges Lungenkarzinom
                    Zulassungserweiterung für Durvalumab

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PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch
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   17. Schweizer Fachtagung Psychoonkologie
           Krebs - Komplexität in der existenziellen Krise
                   22. April 2021, Fabrikhalle 12, Bern
                        www.psychoonkologie.ch
                                                                                 KEYNOTES
                                                                               My Survival Story
                                                                         Martin Inderbitzin, Zürich
                                                Kultursensible Beratung und Behandlung in
                                                                existenziellen Lebenskrisen
                                                       Barbara Abdallah-Steinkopff, München
                                                          Der Beitrag der klinischen Ethik im
                                                          Umgang mit ethischer Komplexität
   WORKSHOPS                                                 Settimio Monteverde, Bern/Zürich
   1. Kultursensible Beratung und Behandlung in
      existenziellen Lebenskrisen
   2. Ethische Komplexität in der Patientenbetreuung:
      Lösungswege mit METAP
   3. Spezialisierte Pflege —
      Herausforderungen und wie wir diesen begegnen
   4. Über mich hinaus schreiben —
      kreatives Schreiben und Selbstwirksamkeit
   5. Onko-Sexologie

                             Credits: SGPO | SGPP | SGMO | SGH | SAPPM | ASP

                             Tagungssekretariat            Veranstalter
                             Organizers Schweiz GmbH       Schweizerische Gesellschaft für
                             registration@organizers.ch    Psychoonkologie (SGPO)
PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch
NEWS                                                                                                                              medizinonline.ch

Studie                                                                                               Patienten ein, die zwölf Wochen nach dem Auf-
                                                                                                     treten von COVID-19 über Atembeschwerden

Folgeschäden in der Lunge                                                                            oder andere Beeinträchtigungen klagen. Die
                                                                                                     Untersuchung wird nach einem koordinierten
                                                                                                     Protokoll vorgenommen, sodass die gewonne-
SARS-CoV-2 befällt bei einer COVID-19-Erkrankung primär die Lunge. Sekundär                          nen Daten national ausgewertet werden kön-
können Schädigungen des Gefässsystems stattfinden. Noch völlig unbekannt                             nen. Ende der Jahres soll eine erste Zwischen-
sind die Folgeschäden, und es ist unklar, welche Therapien dafür geeignet sind.                      bilanz gezogen werden.
Die erste Studie in den nationalen Zentren der Schweiz untersucht mögliche
Schädigungen der Lunge und weitere mittel- und langfristige Folgeschäden.                            Langzeitfolgen richtig behandeln
                                                                                                     «Mit einer angepassten Behandlung von ehema-
■ Seit Juni werden unter der Leitung der Univer-   schwere Lungenentzündungen. Zudem wurde           ligen COVID-19-Patienten können wir hoffent-
sitätsklinik für Pneumologie am Inselspital Bern   über Lungenembolien bei COVID-19 berichtet.       lich Folgeschäden vermindern und so die Kosten
Patientinnen und Patienten, die eine COVID-        Nun müssen wir uns klar darüber werden, wel-      ungeeigneter Therapien und unnötiger Medika-
19-Erkrankung durchgemacht haben und aktu-         che Folgeschäden diese Erkrankungen nach          mente vermeiden», betont Dr. Funke-Chambour.
ell unter Beschwerden leiden, untersucht und       sich ziehen werden und wie wir diese thera-       Wenn es gelingt, möglichst rasch einen aner-
längerfristig dokumentiert.                        pieren können», sagt die Studienleiterin PD Dr.   kannten Standard für die Nachbehandlung von
     Die vergangenen Monate haben gezeigt,         Manuela Funke-Chambour.                           COVID-19-Patienten zu etablieren, können mög-
dass genesene COVID-19-Patienten häufig über           Die Studie «Prospective Observational         liche bleibende Beeinträchtigungen der Lunge
persistierende Atembeschwerden klagen. Die         Cohort Study to Investigate Long-term Pulmo-      minimiert werden, so ihre Hoffnung. Ein solcher
Vermutung liegt in diesen Fällen nahe, dass        nary and Extrapulmonary Effects of COVID-19»,     Standard wäre derzeit in der medizinischen
sich aufgrund von COVID-19 eine Lungenfibrose      die Dr. Funke-Chambour initiiert hat und zu der   Grundversorgung gefragt.
entwickelt. «Wir beobachteten bei einer bedeu-     das Universitätsspital Zürich (USZ) und das
tenden Anzahl von Patienten mit COVID-19           Kantonsspital St. Gallen beitragen, schliesst     Quelle: Inselgruppe

Neue Leitlinie                                                                                       erfolgreicher Konversion des Sputums noch 12
                                                                                                     Monate fortgesetzt werden. Eine leichte nodulo-

Nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM)                                                                bronchiektatische Form sollte dreimal wöchent-
                                                                                                     lich mit Azithromycin (oder Clarithromycin) und
                                                                                                     Ethambutol sowie Rifampicin (oder Rifabutin)
Die erste evidenzbasierte Leitlinie zur Behandlung von Lungenerkrankungen                            behandelt werden.
durch nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM-LD) ist seit Juli verfügbar. Sie                               Bei fortgeschrittener, kavernöser oder
wurde erstmals gemeinsam von europäischen und amerikanischen Fachgesell-                             Makrolid-resistenter MAC-LD wird empfohlen,
schaften aus den Bereichen der Pneumologie und Infektiologie erstellt.                               das Behandlungsschema um Amikacin i.v. oder
                                                                                                     Streptomycin i.v. zu erweitern und die Behand-
■ Die Leitlinie kombiniert den aktuellen Stand     gen, beeinträchtigt. Makrolide zeigen zwar eine   lungsfrequenz auf einmal täglich zu erhöhen.
der Forschung mit der jahrelangen Praxiserfah-     gute Wirksamkeit in vitro und in vivo, können     Eine Neuerung: Bei Therapieversagen, definiert
rung zahlreicher Experten weltweit. Zur Bewer-     jedoch bei Monotherapie zu einer Makrolid­        als fehlende Sputum-Konversion trotz leitlini-
tung der Qualität der Evidenz und Einstufung der   resis­tenz bei MAC führen.                        engerechter Therapie über sechs Monate, wird
Empfehlungsstärke, wurde das GRADE-System                                                            liposomales Amikacin zur Inhalation (ALIS) als
verwendet. Beteiligt waren die europäischen        Wenn nötig Erweiterung um                         zusätzlicher Teil des Therapieregimes empfoh-
Fachgesellschaften European Respiratory            ein Aminoglykosid                                 len. ALIS wurde 2018 von der FDA auf Basis
Society (ERS) und European Society of Clinical     Deshalb wird bei MAC-Lungenerkrankungen           der CONVERT-Studienergebnisse zugelassen.
Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID)      auch eine Makrolid-basierte Kombinationsthe-      In der EU liegt allerdings keine Zulassung vor.
sowie die amerikanischen Fachgesellschaften        rapie empfohlen. Um Rezidive oder eine Rein-
American Thoracic Society (ATS) und Infectious     fektion zu vermeiden, muss die Therapie nach      Quelle: Insmed
Diseases Society of America (IDSA).
     Im Gegensatz zu den ATS/IDSA-Empfehlun-
                                                                                                                                                       Dr_Microbe, istock

gen von 2007 fokussiert sich die neue Leitlinie
auf vier der am häufigsten isolierten pathoge-
nen NTM-Spezies: M. abscessus, M. kansasii,
M. xenopi sowie den M. avium complex (MAC),
zu dem unter anderem M. intracellulare, M.
avium und M. chimaera gehören. MAC wird
weltweit am häufigsten bei Patienten mit NTM-
LD isoliert. Die Wirksamkeit der meisten Anti-
biotika gegenüber MAC wird durch eine Vielzahl
von Mechanismen, darunter die Bildung von
Biofilmen oder einer Persistenz in Makropha-

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PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2020; Vol. 2, Nr. 3                                                                                               NEWS

                         Tuberkulose                                                                                             Neue Entwicklungen in der Therapie der
                                                                                                                                 Tuberkulose können Sie in dieser Aus­
                         Was Betroffene wissen müssen                                                                            gabe der InFo Pneumologie & Allergologie
                                                                                                                                 auch in dem CME-Artikel «Die neuen WHO-
                                                                                                                                 Empfehlungen für schnelle Diagnostik und
                         Weltweit sterben etwa 4000 Menschen trotz verfügbarer Therapie jeden Tag an                             Behandlung» nachlesen.
                         Tuberkulose. In der Schweiz ist die Erkrankung gut behandelbar – allerdings
                         zögern Betroffene aufgrund der Coronapandemie, reguläre Versorgungstermine                            kung und somit auch eine vermehrte Übertra-
                         wahrzunehmen. Dazu besteht kein Grund: Patienten können und sollen                                    gung vermieden werden», sagt Prof. Dr. Torsten
                         ärztliche Versorgung in vollem Umfang in Anspruch nehmen.                                             Bauer, Generalsekretär des DZK. «Betroffene
                                                                                                                               sollten ihre Therapie nicht unterbrechen und
                         ■ Zum Zusammenhang von Tuberkulose und                Um den Erfolg einer laufenden Tuberkulo-        die notwendigen Arzttermine wahrnehmen.»
                         SARS-CoV-2 beziehungsweise COVID-19 sind         setherapie nicht zu gefährden, muss die Versor-           In den letzten Wochen wurde zudem disku-
                         bisher nur wenige wissenschaftliche Daten vor-   gung auch unter den derzeitigen Pandemiebe-          tiert und in verschiedenen Ländern in Studien
                         handen. Zusätzliche Risiken durch eine Tuber-    dingungen in vollem Umfang aufrechterhalten          geprüft, ob eine Tuberkulose-Impfung vor einer
                         kuloseerkrankung für einen schweren COVID-       werden. Vielerorts hat Corona Umstrukturierun-       Infektion mit SARS-CoV-2 schützen könne. Zum
                         19-Verlauf können daher zum jetzigen Zeitpunkt   gen im Gesundheitssystem zur Folge. Kliniken         jetzigen Zeitpunkt hält der Experte den Einsatz
                         weder belegen noch ausgeschlossen werden.        und Praxen sind zeitweise überlastet. «Dass es       einer solchen BCG-Impfung ausserhalb von Stu-
                         Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung       bei der Diagnostik der Tuberkulose nicht zu Aus-     dien jedoch nicht für gerechtfertigt.
                         der Tuberkulose (DZK) plädiert an Betroffene,    fällen oder Verschiebungen kommt, hat jedoch
                         alle notwendigen Arzttermine wahrzunehmen,       hohe Priorität. Nur so kann ein verzögerter The-     Quelle: Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der
                         um Therapieunterbrechungen zu vermeiden.         rapiebeginn bei schon fortgeschrittener Erkran-      Tuberkulose e.V. (DZK)

                         Kuhmilch-Protein                                                                                      bringt und dadurch eine Entzündung verhindert
                                                                                                                               wird», so Franziska Roth-Walter. «Die natürli-

                         Beta-Laktoglobulin verhindert Allergien                                                               chen Liganden verhindern ausserdem, dass
                                                                                                                               IgE-Antikörper an Beta-Laktoglobulin-Protein
                                                                                                                               andocken können, wodurch diese von Milch-
                         Zahlreiche Studien beweisen, dass sowohl das Aufwachsen auf einem Bauern-                             allergischen Kindern besser vertragen werden
                         hof als auch das Trinken von unverarbeiteter, natürlicher Kuhmilch in den                             sollte.»
                         ersten Lebensjahren vor der Entwicklung von Immunglobulinen E (IgE) schützt,
                         die für allergische Symptome verantwortlich sind. In einer aktuellen Studie der                       Neues Schlüsselmolekül
                         MedUni Wien konnte nun gezeigt werden, dass ein von Kühen abgesondertes                               Die Studie präsentiert daher mit Beta-Lakto-
                         Protein, welches auch in der Milch vorkommt, ein Schlüsselmolekül für den                             globulin ein neues Molekül, das zusammen mit
                         sogenannten Bauernhofschutz gegen Allergien darstellt.                                                seinen natürlichen Liganden für die Bauernhof-
                                                                                                                               Schutzwirkung gegen Allergien von Interesse ist.
                         ■ Kinder, die im Kuhstall spielen und unver-     sität Wien – zeigte in Labor- und Tiermodellstu-     Umstände, die zu einem Verlust oder einen Man-
                         arbeitete Milch trinken, leiden seltener unter   dien, dass Beta-Laktoglobulin, wenn es seine         gel dieser Liganden führen können, z.B. durch
                         Allergien und Asthma. Diesen Effekt nennt man    natürlichen Liganden, wie Pflanzenpigmente aus       die industrielle Milchverarbeitung oder mangel-
                         Bauernhofschutz. Die Studie unter der Leitung    grünem Gras, mit sich trägt, Allergien verhindert.   hafter Tierfutterqualität, können das gut ver-
                         von Franziska Roth-Walter und Erika Jensen-           Im Gegensatz verhielt sich das Protein          trägliche Milchprotein allerdings in ein Allergen
                         Jarolim vom Institut für Pathophysiologie und    ohne seine natürlichen Liganden wie ein All-         verwandeln. Die Forscher hoffen, dass der Bau-
                         Allergieforschung und dem interuniversitären     ergen. «Die antiallergischen Eigenschaften           ernhof-Allergieschutz-Effekt durch ihre Studie
                         Messerli Forschungsinstitut – einer gemein-      von natürlichem Beta-Laktoglobulin lassen            praktikabler gemacht und genutzt werden kann.
                         samen Einrichtung der Vetmeduni Vienna, der      sich damit erklären, dass dieses Protein seine
                         Medizinischen Universität Wien und der Univer-   Liganden gezielt zu den Immunabwehrzellen            Quelle: Medizinische Universität Wien (A)
matka_Wariatka, istock

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CME-FORTBILDUNG                                                                                                     medizinonline.ch

Tuberkulose

Die neuen WHO-Empfehlungen
für schnelle Diagnostik und Behandlung
Ralf Otto-Knapp, Brit Häcker, Torsten Bauer, Berlin (D); Ekkehardt Altpeter, Gunar Günther, Bern

Tuberkulose | Medikamentenresistenzen | WHO

                      ■ 2018 erkrankten ca. 10 Millionen Menschen an            konnte nur bei 39% der Patienten eine erfolgreiche
                      Tuberkulose, 1,45 Millionen verstarben. Eine zuneh-       Behandlung dokumentiert werden [4]. Stichtag für die
                      mend grosse Herausforderung stellt die Betreu-            Auswertung dieser an das RKI übermittelten Behand-
                      ung von Patienten mit multiresistenter Tuberku-           lungsergebnisse war der 1. März 2019. Bei knapp 45%
                      lose ­(MDR-TB) dar, bei der die beiden wichtigsten        der Patienten war die Therapie zum Zeitpunkt der
                      Medikamente der Standtherapie der Tuberkulose –           Auswertung allerdings nicht abgeschlossen und das
                      ­Isoniazid und Rifampicin – ihre Wirksamkeit verloren     Therapieergebnis somit unbekannt. In der Schweiz
                       haben. Medikamenten-Resistenzen sind wahrschein-         wurden gemäss Angaben des Bundesamtes für
                       lich nicht selten durch die unterschiedliche Pharma-     Gesundheit sieben Fälle im Jahr 2018 und zehn Fälle
                       kokinetik der TB-Medikamente bedingt [1]. In Re­gio­     im Jahr 2019 mit MDR-TB diagnostiziert (Bundesamt
                       nen mit einem hohen Anteil von MDR-TB an den             für Gesundheit, persönliche Kommunikation).
                       Neudiagnosen werden jedoch immer häufiger auch               Im Folgenden werden die 2019 und 2020 deutlich
                       direkte Übertragungen der MDR-Erreger beobachtet         veränderten Empfehlungen der WHO zur Diagnos-
                       [2]. Die Therapie ist langwierig und kann nebenwir-      tik und Therapie der Medikamenten-resistenten TB
                       kungsreich sein, daher wird ein interdisziplinäres und   näher erläutert.
                       erfahrenes Team für das Management der Behandlung
                       benötigt. Der Therapieerfolg bei der multiresistenten    Diagnostik
                       Form der Tuberkulose lag laut jährlichem Bericht der     Bei Patienten, bei denen aufgrund typischer Symp-
                       Weltgesundheitsorganisation (WHO) aktuell weltweit       tome oder aufgrund einer auffälligen Thorax-Röntgen-
                       bei nur 55–56% [2,3]. Problematisch ist weiterhin die    aufnahme der Verdacht auf eine Lungentuberkulose
                       weltweit geringe Fallfindungsrate bei MDR-TB. Bevor      besteht, sollten laut WHO-Empfehlungen mindestens
                       eine sinnvolle Therapieentscheidung gefällt werden       2 Sputumproben guter Qualität auf Mykobakterien
                       kann, muss eine Diagnostik zur Verfügung stehen,         untersucht werden [5,6]. Den höchsten Stellenwert
                       mithilfe derer möglichst alle relevanten Medikamen-      in der initialen Diagnostik haben in den letzten Jah-
                       tenresistenzen festgestellt werden können. Von den       ren Nukleinsäure-Amplifikationstests (NAATs) für
                       beispielsweise für das Jahr 2018 geschätzten 500 000     pulmonale und auch extrapulmonale Formen der TB
                       neuen MDR-TB Erkrankungen wurden nur 187 000             gewonnen. Durch NAATs ist es möglich M. tubercu-
                       diagnostiziert und gemeldet. Entsprechend gering war     losis-Komplex von nicht-tuberkulösen Mykobakte-
                       mit 156 000 die Anzahl der Fälle, die einer Behandlung   rien (NTMs) zu unterschieden. Mit automatisierten
                       zugeführt werden konnten. Da nur ca. die Hälfte laut     Verfahren wie beispielsweise dem Xpert® MTB/RIF
                       WHO-Statistik die Behandlung erfolgreich abschlies-      kann ein Testergebnis zur Erregeridentifikation und
                       sen, verbleiben rechnerisch über 80% der geschätzten     zur Rifampicin-Resistenz schon nach wenigen Stunden
                       MDR- Fälle, welche unkontrolliert zur Weiterverbrei-     erwartet werden. Die neue Version des Xpert® MTB/
                       tung beitragen [2].                                      RIF Ultra zeigte verglichen mit der Vorversion eine
                            In Deutschland wurden 118 Fälle mit einer MDR-      verbesserte Gesamtsensitivität (90% versus 85% [6]),
                       TB im Jahr 2018 gemeldet, dies entspricht einem über     besonders auch bei paucibacillärer pulmonaler Tuber-
                       die letzten Jahre stabilen Anteil von 3,1% an den        kulose ohne mikroskopischen Nachweis der Mykobak-
                       Neudiagnosen. Im Bericht des Robert Koch-Instituts       terien (Sensitivität 77% versus 67% [7]). Diese Ver-
                       (RKI) von 2019 liegen die Behandlungsergebnisse          besserung ging jedoch mit einer Verschlechterung der
                       von MDR-Tuberkulosefällen von 2017 vor und es            Spezifität einher (96% versus 99% [6]). Vor allem bei
                                                                                Patienten mit einer TB in der Vorgeschichte der letz-
                                                                                ten 5 Jahre sind vermehrt falsch positive Ergebnisse
                                          Dr. med. Ralf Otto-Knapp, MSc.        möglich [7].
                                          Ärztlicher Mitarbeiter                    Die Mikroskopie des Sputums zum Nachweis säu-
                                          Deutsches Zentralkomitee zur          refester Stäbchen gibt einen Hinweis auf die Bakte-
                                          Bekämpfung der Tuberkulose e.V.       rienlast des Sputums und damit das Infektionsrisiko.
                                          Walterhöferstrasse 11, Haus Q,        Allerdings ist eine Übertragung auch bei negativer
                                          D-14165 Berlin
                                                                                Mikroskopie und positiver NAAT möglich [8]. Bei
                                          rotto-knapp@dzk-tuberkulose.de
                                                                                jedem Verdacht auf eine Tuberkulose sollte eine

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PNEUMOLOGIE ALLERGOLOGIE - Über medizinonline.ch
InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2020; Vol. 2, Nr. 3                                                       CME-FORTBILDUNG

kulturelle Anzucht des Erregers angestrebt werden.         TAKE-HOME-MESSAGES
Die Kultur stellt aktuell noch den Standard der TB-
                                                           ― Tuberkulose ist in der Schweiz eine seltene Erkrankung, weltweit erkranken
Diagnostik dar. Im Vergleich zu festen Kulturmedien
                                                             allerdings jährlich 10 Millionen neu an Tuberkulose.
besitzt die Flüssigkultur dabei eine etwas höhere
­Sensitivität, zudem ist ein Wachstum von Mykobak-         ― Bei der multiresistenten Tuberkulose sind die beiden wichtigsten Medika-
 terien methodisch bedingt etwa zwei Wochen früher           mente der Tuberkulosetherapie Isoniazid und Rifampicin nicht mehr wirksam.
 erkennbar.                                                ― Die Therapie in Deutschland und der Schweiz erfolgt individualisiert nach
                                                             ausführlicher Resistenztestung.
Diagnostik von Medikamentenresistenzen                     ― Molekularbiologische Verfahren ermöglichen eine schnelle Diagnostik
Trotz methodischer Herausforderungen hat die kul-            zur Einleitung einer gezielten Therapie. Die Ergebnisse sollten derzeit noch
turelle oder phänotypische Resistenztestung derzeit          durch eine phänotypische Testung bestätigt werden.
in Deutschland und der Schweiz noch einen hohen
                                                           ― Die komplexe und langwierige Therapie einer MDR-Tuberkulose sollte durch
Stellenwert für klinische Therapieentscheidungen
                                                             erfahrene Experten geleitet werden. Es existieren kostenfreie Beratungs­
[9]. Die phänotypische Resistenztestung von Isonia-
                                                             angebote der Lungenliga Schweiz (Tel.: 0800 388 388).
zid, Rifampicin, Fluorchinolonen, Aminoglykosiden
und Polypeptiden erscheint hierbei zuverlässiger als
bei anderen Tuberkulosemedikamenten [10]. Die              und kulturellen Verfahren vorzuziehen. Dies gilt ins-
Ursachen hierfür sind einerseits technisch begründet,      besondere für den NAAT Xpert® MTB/RIF und den
wie zum Beispiel durch die Substanzinstabilität der        Xpert® MTB/RIF Ultra der Firma Cepheid bei pulmo-
Carbapeneme. Teilweise fehlen Grenzwerte für die           naler TB. Beide Tests zeigen zusätzlich zur Erreger-
Kategorisierung «sensibel»/«resistent» oder sind wis-      diagnostik eine Rifampicin-Resistenz an. Alternativ
senschaftlich nicht ausreichend belegt. Dies betrifft      können laut WHO die Tests Truenat® MTB, MTB
insbesondere die wichtigen Substanzen Cycloserin/          Plus und MTB-RIF Dx der Firma Molbio eingesetzt
Terizidon sowie para-Aminosalicylsäure (PAS) [11].         werden. Für die Liquor-Diagnostik bei Verdacht
     Erregeranzucht und phänotypische Resistenztes-        auf TB-Meningitis wird eine starke Empfehlung für
tung können 2–10 Wochen in Anspruch nehmen. In             den Einsatz des Xpert® MTB/RIF Ultra als initialen
dieser Zeit müsste eine kalkulierte Therapie durch-        Test ausgesprochen. Für andere Probenmaterialien
geführt werden, die an lokalen Resistenzmustern            bei Verdacht auf eine extrapulmonale Tuberkulose
ausgerichtet ist [12,13]. Wesentlich schneller stehen      rechtfertigen die analysierten Daten nur eine schwa-
die Ergebnisse einer molekularbiologischen oder            che Empfehlung in erster Linie für den Xpert MTB/
genotypischen Resistenztestung zur Verfügung. Diese        RIF [7].
kann in vielen Fällen schon aus Direktmaterial (z.B.            Sogenannte Line Probe Assays (LPAs) wie sie
erregerhaltiges Sputum) durchgeführt werden. Die           beispielsweise von der Firma Hain Lifescience ver-
Ergebnisse sollten nach wenigen Stunden bis Tagen          trieben werden, können bei mikroskopisch oder kul-
zur Verfügung stehen und ermöglichen eine gezielte         turell positiven Sputumproben zur Diagnostik einer
Therapieeinleitung. Mit den molekularbiologischen          Rifampicin- und Isoniazid-Resistenz (GenoType®
Techniken ist es jedoch aktuell nicht möglich, Resis-      MTBDRplus) eingesetzt werden. LPAs für Zweit­
tenzen gegen alle verfügbaren Medikamente zu erfas-        linienmedikamente (GenoType® MTBDRsl) können
sen. Zudem können Resistenzen übersehen werden,            anstelle phänotypischer Tests zur Bestimmung von
die nicht mit den in Schnelltests detektierten Gen-        Resistenzen gegen Fluorchinolone (FQs) und Ami-
mutationen assoziiert sind. Daher sollten Ergebnisse       kacin einsetzt werden, wenn zuvor eine Rifampicin-
molekularbiologischer Schnelltests in der Regel durch      Resistenz festgestellt wurde. Die gleiche Empfehlung
die phänotypische Resistenztestung bestätigt werden.       gilt bei Isoniazid-Monoresistenz vor Einleitung einer
Zunehmend liefert die Sequenzierung des Gesamt-            Therapie mit Fluorchinolonen. Phänotypische Resis-
genoms zusätzliche Ergebnisse und ersetzt in einigen       tenztests werden von der WHO weiterhin empfohlen,
Ländern bereits die phänotypische Resistenztestung         wenn bei der Testung mit LPAs keine Resistenz fest-
für Erstlinienmedikamente [14,15].                         zustellen ist, die Wahrscheinlichkeit für eine zusätzli-
                                                           che Resistenz über die MDR-TB hinaus jedoch hoch
Neue Diagnostik-Empfehlungen der WHO                       erscheint [6,7].
Die Ergebnisse der molekularbiologischen Tests                  Im laufenden Jahr soll der neue NAAT-Schnell-
zeigen für einige Medikamente eine gute Überein-           test Xpert® MTB/XDR zur zeitgleichen Bestimmung
stimmung mit den phänotypischen Ergebnissen [15].          von Resistenzen gegen Isoniazid, Fluorquinolone,
Daher empfiehlt die WHO seit 2020 molekularbiologi-        Amikacin, Kanamycin, Capreomycin und Ethionamid
sche Schnelltests in der initialen Erregerdiagnostik wie   von der WHO evaluiert werden.
auch in der Resistenzdiagnostik den mikroskopischen
                                                           Sequenzierung
                                                           Mit der Sequenzierung des Gesamtgenoms (whole
                                                           genome sequencing, WGS) existiert eine Technik, mit
                                                           der auch seltene, mit Medikamentenresistenzen asso-
                                                           ziierte Mutationen, detektiert werden können. Zudem
                                                           kann die Sequenzierung angewendet werden, um epi-
> Fortbildungsfragen auf Seite 17                          demiologische Daten zu analysieren und bei Ausbrü-
                                                           chen von Tuberkuloseerkrankungen den Ursprung

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CME-FORTBILDUNG                                                                                                                   medizinonline.ch

      Tab. 1     Therapieempfehlungen bei Monoresistenzen oder Unverträglichkeiten gegenüber einem Medikament
                 der Standardtherapie
      Monoresistenz                                            Initialphase                      Kontinuitätsphase         Gesamttherapiedauer
      oder Unverträglichkeit

      Rifampicin (RMP)1                     2 Monate INH, PZA, EMB, FQ2              10–18 Monate INH, EMB, FQ2                    12–20 Monate

      Isoniazid (INH)                      2 Monate RMP, FQ2, PZA, EMB                 4–7 Monate RMP, EMB, FQ2                       6–9 Monate

      Pyrazinamid (PZA)                 2 Monate INH, RMP, EMB, (FQ2,3)                         7 Monate INH, RMP                        9 Monate

                                                                                                                                                        nach [9]
      Ethambutol (EMB)4                  2 Monate INH, RMP, PZA, (FQ2,3)                        4 Monate INH, RMP                        6 Monate

     FQ = Fluorchinolone
     1 Empfehlung gilt nur bei Unverträglichkeit, eine Rifampicin-Monoresistenz wird wie eine MDR-Tuberkulose behandelt.
     2 Moxifloxacin 400 mg /Tag; Levofloxacin 15 mg/kgKG: 750–1000 mg/Tag; Der Einsatz von Ciprofloxacin wird nicht mehr empfohlen. In Kombination

       mit Rifampicin wurden verminderte Serumkonzentrationen von Moxifloxacin gemessen, daher sollte diese Kombination mit besonderer Vorsicht ange-
       wendet und wenn möglich durch eine therapeutische Serumspiegelbestimmung überwacht werden [24–26].
     3 Zusätzlich Fluorchinolone bei ausgedehnter Erkrankung.
     4 Betrifft nur Unverträglichkeiten, Monoresistenzen treten praktisch nicht auf.

                   nachzuverfolgen [16 –18]. Eine umfassende phänoty-                 ohne Isoniazid-Resistenz vor. Da das Fehlen von
                   pische und genotypische Resistenztestung inklusive                 Rifampicin gravierende Auswirkungen auf den The-
                   Sequenzierung wird in Deutschland von Referenz-                    rapieerfolg hat, werden MDR- und RR-TB in WHO-
                   laboren angeboten und sollte zumindest für jeden                   Dokumenten oft zusammengefasst. In den neuen
                   MDR-TB Stamm durchgeführt werden. Dabei stellt                     WHO-Empfehlungen wird kommentiert, dass bei
                   Interpretation von Genmutationen hinsichtlich ihrer                MDR/RR im Rahmen der MDR-Therapie ein Einsatz
                   klinischen Relevanz in vielen Fällen eine Herausfor-               von hoch dosiertem Isoniazid (10 –15 mg/kgKG) im
                   derung dar und ist ein wesentlicher Teil der aktuellen             Fall einer nachgewiesenen Empfindlichkeit oder low-
                   Forschungsbemühungen, um diese Technologie einem                   level Resistenz gegen Isoniazid möglich ist [21]. Die
                   breiten Einsatz zuzuführen [19]. Die Referenzlabore                aktuelle deutsche Therapieleitlinie empfiehlt für Pati-
                   in Deutschland und in der Schweiz bieten WGS inzwi-                enten mit Rifampicin-Unverträglichkeit eine von der
                   schen an.                                                          Rifampicin-Resistenz abweichende Therapie (Tab. 1).

                   Behandlung der Tuberkulose mit Isoniazid-                          Behandlung multiresistenter Tuberkulose
                   Monoresistenz                                                      Die Empfehlungen der WHO wurden auf Grundlage
                   Es wird davon ausgegangen, dass etwa 8% der TB                     der vorhandenen Evidenz zunächst 2019 aktualisiert
                   weltweit eine INH-Resistenz ohne RMP-Resistenz zei-                [21]. Im Jahr 2020 folgte ein vollständiges Update
                   gen. Die WHO hat daher 2018 eine gesonderte Emp-                   der Empfehlungen mit dem zugehörigen Companion
                   fehlung zur Therapie bei INH-Monoresistenz veröf-                  Handbook, das die Empfehlungen um praktische
                   fentlicht, in der eine 4 -fach Therapie mit Levofloxacin           Aspekte bereichern soll [22,23].
                   zusammen mit oder anstelle von INH über die gesamte                    Die für die Behandlung der medikamentenresis-
                   Therapiedauer von 6 Monaten empfohlen wird [20,21].                tenten TB verfügbaren Medikamente werden von der
                   Diese Empfehlung wurde im Jahr 2020 übernommen                     WHO seit 2018 in neue Gruppen eingeteilt (Tab. 2).
                   [22,23].                                                           Diese Einteilung behält auch mit den neuen Empfeh-
                       In Deutschland lag der Anteil der INH-Resisten-                lungen von 2020 ihre Gültigkeit. Vor allem dem neuen
                   zen im Jahr 2018 bei 9,4% [4], in der Schweiz gemäss               Medikament Bedaquilin, aber auch dem Linezolid
                   Angaben des Bundesamtes für Gesundheit bei 6,2%                    werden mit den neuen Empfehlungen ein deutlich
                   der getesteten TB-Stämme (Bundesamt für Gesund-                    höherer Stellenwert eingeräumt. Dabei stellt die Emp-
                   heit, persönliche Kommunikation). Die Empfehlung                   fehlung einer vollständig oralen Therapie für die meis-
                   für die Therapie der INH-Monoresistenz (Tab. 1) wird               ten Patienten einen echten Paradigmenwechsel dar.
                   bei der bereits angemeldeten Aktualisierung der deut-                  Die WHO empfiehlt, für die MDR-Tuberkulose-
                   schen Leitlinie erneut bewertet. Zunächst haben die                Therapie [27] eine Kombination aus mindestens vier
                   Empfehlungen von 2017 aber für die Behandlung in                   Medikamenten mit initial sehr wahrscheinlicher Wirk-
                   Deutschland Bestand. Eine wichtige Voraussetzung                   samkeit zusammenzustellen.
                   für die Behandlung ist die schnelle und zuverlässige               – Alle 3 Medikamente der Gruppe A sollen, wenn
                   Testung von Resistenzen gegen die oft in dieser Situa-               möglich verwendet und durch 1 Medikament der
                   tion eingesetzten Fluorchinolone.                                    Gruppe B ergänzt werden.
                                                                                      – Wenn nur 1 oder 2 Medikamente der Gruppe A ver-
                   Behandlung der Tuberkulose mit Rifampicin-                           wendet werden können, dann werden beide Medi-
                   Monoresistenz oder -Unverträglichkeit                                kamente der Gruppe B ergänzt.
                   In den Empfehlungen der WHO wird die Rifampicin-                   – Sollte sich aus den Gruppen A und B keine vollstän-
                   Monoresistenz einer MDR-Tuberkulose gleichgesetzt.                   dige Therapie zusammenstellen lassen, soll durch
                   Eine Rifampicin-Resistenz (RR) kommt nur selten                      Medikamente der Gruppe C ergänzt werden.

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InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2020; Vol. 2, Nr. 3                                                           CME-FORTBILDUNG

Die European Respiratory Society (ERS), American          Tab. 2        Neue WHO-Einteilung der Tuberkulosemedikamente
Thoracic Society (ATS) und Infectious Disease Soci-
ety of America (IDSA) empfehlen mindestens fünf           WHO-Gruppen (und Empfehlung)               Medikamente (WHO-Abkürzung)
wirksame Medikamente in der Intensivphase, und vier
                                                          Gruppe A                                   Levofloxacin (Lfx) oder Moxifloxacin (Mfx)
Medikamente im Anschluss [28].
                                                          (alle 3 Medikamente verwenden)             Bedaquilin (Bdq)*
     Leider ist die Resistenztestung mit Ausnahme der                                                Linezolid (Lzd)
Fluorquinolone für die Medikamente der Gruppe A
und B nur in Referenzlaboren etabliert. Die neuen         Gruppe B                                   Clofazimin (Cfz)
Empfehlungen der WHO schlagen für diese längere           (eines oder beide Medikamente hin-         Cycloserin (Cs) oder Terizidon (Trd)
Therapie weiterhin eine Dauer von 18 –20 Monaten          zufügen)
vor. Allerdings wird kommentiert, dass die Therapie­      Gruppe C                                   Ethambutol (E)
dauer an das individuelle Ansprechen auf die MDR-         (Medikamente hinzufügen, wenn es           Delamanid (Dlm)
TB-Therapie angepasst werden kann. Für die meisten        nicht möglich ist, die Therapie mit        Pyrazinamid (Z)
MDR-TB-Patienten sollte eine Therapiedauer von            Medikamenten der Gruppe A und B            Imipenem – Cilastin (Ipm-Cln)
15 –17 Monaten nach Kulturkonversion ausreichend          zu vervollständigen)                       oder Meropenem (Mpm)
sein. Sofern Amikacin oder Streptomycin verwendet                                                    Amikacin (Am) (oder Streptomycin (Sm)
wird, sollte die Intensivphase mit Aminoglykosiden in                                                Ethionamid (Eto) oder Protionamid (Pto)

                                                                                                                                                    nach [21]
den meisten Fällen 6 –7 Monaten dauern [21].                                                         Para-Aminosalicylsäure (PAS)
     Eine bedeutende Neuerung ist die Herabstufung       * Bedaqulinewird für mindestens 6 Monate empfohlen. Eine längere Nutzung scheint sicher.
der Aminoglykoside in der MDR-TB-Therapie. Die            Ob es das Therapieergebnis positiv beeinflusst, ist aktuell unklar.
WHO empfiehlt diese, wenn möglich aus der Thera-
pie zu entfernen. Nur Amikacin (alternativ Streptomy-
cin) sollte noch eingesetzt werden, wenn keine andere
Möglichkeit besteht eine MDR-TB Therapie zu ver-         – wenn ein Therapieregime aus Medikamenten der
vollständigen. Capreomycin und Kanamycin werden             Gruppen A und B nicht zusammengestellt werden
generell nicht mehr empfohlen.                              kann,
     Mit den neuen WHO-Empfehlungen von 2020             – die Ergebnisse der Resistenztestung eine Wirksam-
wird nun auch der Einsatz von Bedaquilin                    keit des Medikaments nahelegen
– über 6 Monate hinaus,                                  – und sichergestellt werden kann, dass ein engma-
– gleichzeitig mit dem neuen Medikament Delamanid           schiges Monitoring erfolgt, um die Entwicklung von
– oder in der Schwangerschaft                               Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen [29].
als ausreichend sicher angesehen. Die Datengrundlage     Ein solches Monitoring ist in den meisten speziali-
für diese Empfehlungen war limitiert, daher muss die     sierten Zentren in Deutschland und der Schweiz rea-
Therapie gerade in solchen Situation gut überwacht       lisierbar, sodass Amikacin hier weiterhin eine Thera-
werden können [22,23].                                   pieoption bleibt. Die neuen WHO-Empfehlungen von
                                                         2020 unterstützen diese Position unter den genannten
Stellungnahme zu den WHO-Empfehlungen                    Bedingungen [22].
aus deutscher Sicht                                           In der Schweiz gibt es keine eigenen Empfehlun-
Nach der Aktualisierung der WHO-Empfehlungen             gen für die Therapie der MDR-TB. Aktuell empfehlen
2019 wurde eine gemeinsame Stellungnahme durch           das Bundesamt für Gesundheit und die Lungenliga die
das Forschungszentrum Borstel (FZB) und das DZK          Konsultation von Experten im Falle einer Rifampicin-
veröffentlicht, in der die neuen WHO-Empfehlungen        Resistenz. Dabei sind werktags von 8 –12 und 14 –17
unterstützt werden.                                      Uhr Experten über die kostenfreie Telefonnummer
     Für die MDR-Behandlung in Deutschland wird die      der Lungenliga Schweiz 0800 388 388 erreichbar.
Einleitung einer aus fünf Medikamenten bestehenden       Unter Führung dieser gibt es eine Expertengruppe aus
MDR-Therapie mit Bedaquilin, Linezolid, Levo- oder       Klinikern, Mikrobiologen und Public Health-Spezia-
Moxifloxacin, Clofazimin und Terizidon nach mole­        listen, die auf einer Online-Plattform komplexe Fälle
kularbiologischem Nachweis einer Rifampicin-Resis-       diskutieren und Fragen der Behandler beantworten.
tenz und Ausschluss von Fluorchinolon-Resistenzen
(gyrA Gen Position 90, 91 und 94 Wildtyp) empfohlen.     Kurzzeittherapie der multiresistenten
Im Fall des molekularbiologischen Nachweises einer       Tuberkulose
Fluorchinolon-Resistenz sollte ein intravenöses Port-    Seit 2016 empfiehlt die WHO für selektierte MDR-
system implantiert und eine Therapie mit Bedaqui-        TB-Patienten eine Kurzzeittherapie über 9 –12 Monate
lin, Linezolid, Clofazimin, Terizidon, Amikacin oder     mit einer fixen Medikamentenkombination und bevor-
Meropenem /Amoxicillin-Clavulansäure eingeleitet         zugt diese mit den neuen Empfehlungen gegenüber
werden. Ziel bleibt es, initial min­destens fünf wirk-   der längeren individualisierten Therapie [22,23,30].
same Substanzen zu verabreichen. Die Wahl zusätz­        Voraussetzungen für eine solche Kurzzeitbehandlung
licher Medikamente der Gruppe C sollte in Abhän­         ist die nachgewiesene Empfindlichkeit des Erregers
gigkeit der Ergebnisse der Resistenztestung erfolgen     gegen Fluorchinolone und idealerweise aller anderen
[29].                                                    eingesetzten Substanzen. Zudem darf der Patient mit
     Amikacin wird dabei für die Behandlung von          keinem der eingesetzten Medikamente zuvor für mehr
erwachsenen Patienten mit einer MDR-/RR-TB nur           als 1 Monat behandelt worden sein. In Europa trifft
empfohlen:                                               dies vermutlich nur für wenige Patienten zu, da ein

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CME-FORTBILDUNG                                                                                            medizinonline.ch

           hoher Anteil der MDR-TB Fälle zusätzliche Resisten-        ohne Vergleichsarm (Nix-TB), die mit einem Thera-
           zen aufweist [12,31]. Eine bevorzugte Anwendung der        pieerfolg von 90% eine gute Wirksamkeit bei kompli-
           Kurzzeittherapie kann daher in Deutschland aktuell         zierter Resistenzlage zeigen konnte [33].
           nicht empfohlen werden [9,29].                                  Die WHO verglich die Daten der Nix-TB-Studie
               Die 2016 von der WHO empfohlene Medikamen-             mit Daten von Patienten, die Bedaquilin und Linezo-
           tenkombination enthielt Aminoglykoside, welche             lid als Teil einer Kombinationstherapie über im Mittel
           nicht mehr eingesetzt werden sollten. Nun zeigten          21–26 Monate erhalten haben. Es zeigte sich in bei-
           aktuelle Daten aus Südafrika, dass eine vollständig        den Gruppen ein sehr guter Therapieerfolg von 97%
           orale Kurzzeittherapie unter Einsatz von Bedaqui-          (BPaL) und 92% (Vergleichsgruppe) [23]. Die Ana-
           lin die Therapieergebnisse verbessert und zu weni-         lyse der Nix-TB-Studiendaten zeigte, dass schwere
           ger Therapieabbrüchen führt [32]. Für Patienten mit        Nebenwirkungen unter BPaL bei 25% der Patienten
           MDR-TB Stämmen, bei denen eine Fluorchinolon-              auftreten können. Linezolid wurde in der Nix-TB-
           Empfindlichkeit nachgewiesen wurde und eine Kurz-          Studie in einer Dosierung von 1200 mg täglich ver-
           zeittherapie indiziert ist, empfiehlt die WHO daher seit   wendet. Diese Dosierung ist bei anderen bakteriellen
           2020 auf Aminoglykoside zugunsten von Bedaquilin           Infektionen mit kürzerer Therapiedauer zugelassen.
           zu verzichten. Die vollständig orale Kurzzeittherapie      Dosisabhängige unerwünschte Arzneimittelwirkungen
           über 9 –12 Monate soll Bedaquilin, Levo- oder Moxi-        wie Knochenmarksdepression und periphere Neuro-
           floxacin, Ethionamid, Ethambutol, Pyrazinamid, hoch        pathie traten in der Nix-TB-Studie entsprechend häu-
           dosiertes Isoniazid und Clofazimin enthalten [22,23].      fig auf. Den Erfahrungen der Studie folgend, kann die
                                                                      Linezolid-Dosierung bei relevanten Nebenwirkungen
           Neue Kombinationstherapie für MDR-TB                       nach 4 Wochen Hochdosistherapie auf 600 bis 300 mg
           mit Fluorchinolon-Resistenz                                gesenkt werden. Eine Therapieunterbrechung von bis
           Die Kombinationstherapie Bedaquilin, Pretomanid            zu 35 Tagen erscheint ebenso möglich. Die gesamte
           und Linezolid (BPaL) über 6 – 9 Monate ist in den          Therapiedauer mit BPaL sollte mindestens 6 Monate
           USA seit dem 14.08.2019 zur Behandlung der extensiv        betragen. Wenn nach 4 Monaten keine Sputumkultur-
           resistenten Tuberkulose (XDR-TB) und bei MDR-              konversion erzielt wurde, soll die Therapiedauer auf
           TB-Therapieversagern zugelassen. Die European              9 Monate verlängert werden [23].
           Medicines Agency hat Pretonamid im Juli 2020 für die            Die Anwendung von BPaL wird von der WHO nur
           Therapie der XDR- TB bzw. der MDR- TB bei fehlen-          bei MDR-TB Patienten mit Fluorchinolon-Resistenz
           den anderen Therapieoptionen zugelassen. Das neue          empfohlen, für die anderweitig keine Therapie zusam-
           Nitroimidazol Pretomanid wurde durch die gemein-           mengestellt werden kann. Zudem soll die Anwendung
           nützige Organisation TB-Alliance entwickelt und die        unter Studienbedingungen erfolgen und eine vorherige
           Kombinationstherapie in Südafrika an 109 Patienten         Therapie mit Bedaquilin oder Linezolid über mehr als
           erprobt. Zur Zulassung führte eine Open-Label-Studie       2 Wochen sollte nicht erfolgt sein [23].

                                                         M EH R A L S F O R T B I L D U N G

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InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2020; Vol. 2, Nr. 3                                                                                         CME-FORTBILDUNG

    Weitere Studien mit dem Ziel, die Verträglichkeit                      10. Lange CI, Abukabar I, Alffenaar JW: Management of patients
                                                                               with multidrug-resistant/extensively drug-resistant tuberculosis
der Medikamentenkombination zu verbessern, wer-
                                                                               in Europe: a TBNET consensus statement. 2014.
den derzeit durchgeführt. In der ZeNix-Studie werden                       11. WHO, Technical report on critical concentrations for TB drug suscep-
beispielsweise verschiedene Linezolid-Dosierungen                              tibility testing of medicines used in the treatment of drug-resistant
                                                                               TB. 2018.
getestet.                                                                  12. Otto-Knapp R, et al.: Resistenzen gegen Zweitlinienmedikamente
                                                                               bei Migranten mit multiresistenter Tuberkulose in der Region Berlin.
Fazit und Ausblick                                                             Pneumologie 2014; 68: 496–500.
                                                                           13. Lange C, et al.: Management of patients with multidrug-resistant/
Die weltweite Inzidenz der Tuberkulose (TB) fällt                              extensively drug-resistant tuberculosis in Europe: a TBNET consen-
aktuell um 2% pro Jahr. Dieser Rückgang ist bei                                sus statement. The European Respiratory Journal 2014; 44: 23–63.
Weitem nicht ausreichend, um die Ziele der EndTB-                          14. Public Health England National Infection Service. National Myco-
                                                                               bacterium Reference Service-South (NMRS-South). User handbook
Strategie der WHO zu erreichen [2]. Medikamen-                                 2019.
tenresistenzen sind hierbei ein bedeutendes Hinder-                        15. Allix-Beguec C, et al.: Prediction of Susceptibility to First-Line Tuber-
                                                                               culosis Drugs by DNA Sequencing. N Engl J Med 2018; 379(15):
nis. Die hier zusammengefassten Änderungen der                                 1403–1415.
WHO-Therapieempfehlungen für MDR-TB sind                                   16. Galagan JE: Genomic insights into tuberculosis. Nat Rev Genet
das erfreuliche Resultat zunehmender Forschung in                              2014; 15(5): 307–320.
                                                                           17. Nikolayevskyy V, et al.: Whole genome sequencing of Mycobacte-
diesem Bereich. Dabei stellen die Etablierung einer                            rium tuberculosis for detection of recent transmission and tracing
molekularen Diagnostik und die Zulassung von drei                              outbreaks: A systematic review. Tuberculosis (Edinb) 2016; 98:
neuen Medikamenten zur Behandlung der M /XDR-                                  77–85.
                                                                           18. Merker M, et al.: The Evolution of Strain Typing in the Mycobacteri-
TB (Bedaquilin, Delamanid und Pretomanid) wesent-                              um tuberculosis Complex. Adv Exp Med Biol 2017; 1019: 43–78.
liche Erfolge dar. Dennoch geht die Zahl der jährlich                      19. Meehan CJ, et al.: Whole genome sequencing of Mycobacterium
                                                                               tuberculosis: current standards and open issues. Nat Rev Microbiol
geschätzten MDR-TB Fälle nicht in ausreichendem                                2019; 17(9): 533–545.
Masse zurück und nur 51% der weltweit bestätigten                          20. WHO, WHO treatment guidelines for isoniazid-resistant tuberculosis:
TB-Fälle wurden 2018 überhaupt auf eine Rifampicin-                            Supplement to the WHO treatment guidelines for drug-resistant
                                                                               tuberculosis 2018; World Health Organisation: Geneva.
Resistenz getestet.                                                        21. WHO, WHO consolidated guidelines on drug-resistant tuberculosis
    In Deutschland und der Schweiz sind die MDR-                               treatment 2019; World Health Organisation Geneva
TB-Fallzahlen gering und es stehen ausreichende                            22. WHO consolidated guidelines on tuberculosis. Module 4: treat-
                                                                               ment – drug-resistant tuberculosis treatment. Geneva: World Health
Ressourcen zur Verfügung. Die Therapie erfolgt                                 Organization 2020. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.
individualisiert nach ausführlicher Resistenztestung                       23. WHO operational handbook on tuberculosis. Module 4: treatment –
                                                                               drug-resistant tuberculosis treatment. Geneva: World Health
und kann zu verbesserten Therapieerfolgen führen                               Organization 2020. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.
[34,35]. Die grössten Herausforderungen der TB-                            24. Weiner M, et al.: Effects of rifampin and multidrug resistance gene
Kontrolle im 21. Jahrhundert betreffen allerdings in                           polymorphism on concentrations of moxifloxacin. Antimicrob Agents
                                                                               Chemother 2007; 51(8): 2861–2866.
erster Linie Hochinzidenzländer mit limitierten Res-                       25. Nijland HM, et al.: Rifampicin reduces plasma concentrations
sourcen. Neben innovativen Weiterentwicklungen in                              of moxifloxacin in patients with tuberculosis. Clin Infect Dis 2007;
Diagnostik und Therapie wird die Prävention und ins-                           45(8): 1001–1007.
                                                                           26. Alsultan A, Peloquin CA: Therapeutic drug monitoring in the treat­
besondere die Entwicklung einer wirksamen Impfung                              ment of tuberculosis: an update. Drugs 2014; 74(8): 839–854.
von entscheidender Bedeutung für die Bekämpfung                            27. Ahmad N, et al.: Treatment correlates of successful outcomes
                                                                               in pulmonary multidrug-resistant tuberculosis: an individual patient
der Tuberkulose sein. Dringend muss der weltweite                              data meta-analysis. Lancet 2018; 392(10150): 821–834.
Zugang zu den bereits vorhandenen und neuen Mög-                           28. Nahid P, et al.: Treatment of Drug-Resistant Tuberculosis. An Official
lichkeiten der Diagnostik und Therapie für jeden Men-                          ATS/CDC/ERS/IDSA Clinical Practice Guideline. Am J Respir Crit
                                                                               Care Med 2019; 200(10): e93–e142.
schen verbessert werden.                                                   29. Maurer B, et al.: Gemeinsame Stellungnahme zur neuen
                                                                               Empfehlung der WHO zur Behandlung der multiresistenten und
                                                                               Rifampicin-resistenten Tuberkulose. Pneumologie 2019; 1–4
                                                                               (in press).
Literatur:                                                                 30. WHO Treatment guidelines for drugresistant tuberculosis –
1. Prideaux B, et al.: The association between sterilizing activity and         Update 2016.
     drug distribution into tuberculosis lesions. Nat Med 2015; 21(10):    31. Günther G, et al.: Multidrug-resistant tuberculosis in Europe,
     1223–1227.                                                                2010–2011. Emerging Infectious Diseases 2015; 21: 409–416.
2. Global tuberculosis report 2019. Geneva: World Health Organization      32. Rapid communication: key changes to treatment of drug-resistant
     2019. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.                                       tuberculosis. Geneva: World Health Organization 2019 (WHO/CDS/
3. Global tuberculosis report 2018, World Health Organization Geneva.          TB/2019.26). Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.
4. Bericht zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für 2018.      33. Conradie F, et al.: Treatment of Highly Drug-Resistant Pulmonary
     Robert Koch-Institut 2019.                                                Tuberculosis. New England Journal of Medicine 2020; 382(10):
5. Mase SR, et al.: Yield of serial sputum specimen examinations in            893–902.
     the diagnosis of pulmonary tuberculosis: a systematic review. Int J   34. Olaru ID, et al.: Bedaquiline-based treatment regimen for multidrug-
     Tuberc Lung Dis 2007; 11(5): 485–495.                                     resistant tuberculosis. Eur Respir J 2017; 49(5).
6. WHO operational handbook on tuberculosis. Module 3: diagnosis –         35. Heyckendorf J, et al.: Relapse-free cure from multidrug-resistant
     rapid diagnostics for tuberculosis detection. Geneva: World Health        tuberculosis in Germany. Eur Respir J 2018; 51(2).
     Organization 2020. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.
7. WHO consolidated guidelines on tuberculosis. Module 3: diag­
     nosis – rapid diagnostics for tuberculosis detection. Geneva:
     World Health Organization 2020. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.
8. Tostmann A, et al.: Tuberculosis transmission by patients with
     smear-negative pulmonary tuberculosis in a large cohort in the
     Netherlands. Clin Infect Dis 2008; 47(9): 1135–1142.
9. Schaberg T, et al.: Tuberculosis Guideline for Adults – Guideline
     for Diagnosis and Treatment of Tuberculosis including LTBI Testing
     and Treatment of the German Central Committee (DZK) and the
     German Respiratory Society (DGP). Pneumologie 2017; 71(6):
     325–397.

11
CME-FORTBILDUNG                                                                                                                                                            medizinonline.ch

Seltene Lungenerkrankungen

Granulomatosen jenseits der Sarkoidose:
der rheumatologische Blick
Alexander Kleymann, Dresden (D)

Granulomatose | Vaskulitiden | ANCA

                                                                         ■ Pulmonale Beteiligung im Rahmen einer entzünd-
                                                                                                                                                       Dr. med. Alexander Kleymann
                                                                         lich-rheumatischen Systemerkrankung ist eine relativ                          Facharzt für Innere Medizin
                                                                         häufige Manifestation, welche entsprechende Erkennt-                          und Rheu­matologie
                                                                         nis sowohl bei Pneumologen als auch Rheumatologen                             Oberarzt Bereich Rheumatologie
                                                                         und idealerweise eine interdisziplinäre Betreuung                             3. Med. Klinik Universitätsklinikum
                                                                         solcher Fälle erfordert. Dabei sind diverse parenchy-                         Dresden Carl Gustav Carus,
                                                                         matöse Lungenpathologien zu finden, wobei die gra-                            Fetscherstrasse 74
                                                                         nulomatösen Veränderungen als eine Untergruppe                                D-01307 Dresden
                                                                         darunter zu verstehen sind. Unter Granulom wird                               alexander.kleymann@ukdd.de
                                                                         eine knötchenförmige umschriebene Ansammlung
                                                                         von Entzündungszellen im Gewebe bezeichnet, klas-          zunächst eine Beteiligung des Nasenrachenraums im
                                                                         sischerweise von Makrophagen, aber auch Granulozy-         Sinne einer chronischen Sinusitis oder Rhinitis. Bei
                                                                         ten oder Lymphozyten. Beim histologischen Nachweis         pulmonaler Beteiligung ist GPA bereits als generali-
                                                                         einer granulomatösen Lungenerkrankung sind meh-            sierte Erkrankung einzustufen, sodass typischerweise
                                                                         rere rheumatologische Differenzialdiagnosen abzuar-        begleitende klinische Symptomatik (B-Symptome,
                                                                         beiten. Das Ziel dieses Artikels ist, einen Überblick      Myalgien, Arthralgien, Hautausschlag, Arthritis) und
                                                                         über granulomatöse Lungenerkrankungen aus dem              Paraklinik (CRP- und BSG-Erhöhung, Anämie, Leu-
                                                                         rheumatologischen Fachgebiet mit der Ausnahme der          kozytose, Thrombozytose) zu erwarten sind. Die Lun-
                                                                         Sarkoidose zu geben. Dabei ist der Schwerpunkt auf         genbeteiligung ist in Form von pulmonalen Knoten,
                                                                         die Diagnostik und vor allem Therapie festgelegt.          Infiltraten, Lungenfibrose, Kavernen oder auch alve-
                                                                                                                                    olärer Hämorrhagie möglich (Abb. 1).
                                                                         ANCA-assoziierte Vaskulitiden                              ANCA-Diagnostik
                                                                         Als erstes kommen ANCA-assoziierte Vaskulitiden            Wichtiger Bestandteil der Diagnostik ist die Bestim-
                                                                         infrage. Diese Gruppe der Kleingefässvaskulitis bein-      mung von ANCA (antineutrophile cytoplasmatische
                                                                         haltet drei Entitäten: Granulomatose mit Polyangii-        Antikörper) mit Autoantikörpern gerichtet gegen
                                                                         tis (GPA), mikroskopische Polyangiitis (MPA) und           Proteinase-3 und Myeloperoxidase. ANCA wurden
                                                                         eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA),         erstmalig 1982 bei Glomerulonephritis beschrieben
                                                                         wobei bei MPA histologisch keine Granulombildung           und wurden initial als virusassoziiert bewertet. Erst
                                                                         zu erwarten ist.                                           1985 erfolgte die Beschreibung bei GPA-Patienten.
                                                                         Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), klinisches Bild      Als Goldstandard wird zunächst die Bestimmung
                                                                         GPA kann zunächst oligosymptomatisch verlaufen             mittels indirekter Immunfluoreszenz empfohlen. Die
                                                                         (lokalisiertes Stadium der Erkrankung). Typisch ist        Ergebnisse sind nach Fluoreszenzmuster und Titer
                                                                                                                                    einzuordnen. Bei pANCA handelt es sich um peri-
                                                                                                                                    nukleäres Fluoreszenzmuster, bei cANCA um ein
                                                                                                                                    zytoplasmatisches Muster (Abb. 2). Manchmal wird
                                                                                                                                    das Fluoreszenzmuster als xANCA angegeben, dabei
        Quelle: A. Kleymann, Universitätsklinikum Dresden

                                                                                                                                    ist von unspezifischen ANCA, z.B. im Rahmen einer
                                                                                                                                    Colitis ulcerosa, auszugehen.
                                                                                                                                         Die Spezifität der positiven ANCA-Ergebnisse
                                                                                                                                    wird erst durch den Nachweis von Autoantikörpern
                                                                                                                                    gegen entsprechende Zielantigene, bei pANCA gegen
                                                                                                                                    die Myeloperoxidase und bei cANCA gegen die Pro-
                                                                                                                                    teinase-3 erhöht. Deren Bestimmung erfolgt meis-
                                                                                                                                    tens mittels ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent
                                                                                                                                    Assay). Bei einem geäusserten Verdacht einer ANCA-
                                                                                                                                    assoziierten Vaskulitis ist ein strukturiertes Screening
                                                                                                                                    in Bezug auf mögliche weitere Organmanifestationen
                                                            Abb. 1: Patientin mit GPA mit pulmonaler Manifestation als einschmel-   zu veranlassen. Insbesondere ist an eine Nierenbetei-
                                                            zende Raumforderung mit Kavernenausbildung.                             ligung in Form von Pauci-immuner Glomerulonephri-

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