POLIZEI - IST DIE POLIZEI WIRKSAM GESCHÜTZT? NEUE INFEKTIONSGEFAHREN: GDP
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DEUTSCHE POLIZEI JUNI 2015 ZEITSCHRIFT DER GEWERKSCHAFT DER POLIZEI Neue Infektionsgefahren: Ist die Polizei wirksam geschützt?
DP_0615_Ethik.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 07.May 2015 18:02:42; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien POLIZEILICHE BERUFSETHIK Ein Studienbuch Von Ulrike Wagener. 1. Auflage 2015 Umfang: 224 Seiten Format: Broschur, 16,5 x 24 cm Preis: 24,90 € [D] ISBN: 978-3-8011-0576-1 Format: EPUB, Mobipocket Preis: 18,99 € [D] Ausgehend von Fallbeispielen will dieses Studienbuch zur ethischen Analyse polizeilicher Alltagspraxis und zur Reflexion des eigenen Berufsverständnisses anleiten. Im Einzelnen handelt die Autorin folgende Themen ab: • Berufsbilder und Berufsmotivation, • der Diensteid als „Hochleistungsversprechen“, • Achtung und Schutz der Menschenwürde als polizei- liche Aufgabe, Kein Beruf wie jeder andere! Die Bedeutung von Vertrauen und das Potenzial für Misstrauen im Polizeiberuf Kapitel 1 Kein Beruf wie jeder andere! 1.1 Die Bedeutung von Vertrauen und das Potenzial für Miss- • die neuere Diskussion um die Folter, Ein erster Zugang zu ethischen Herausforderungen der polizei- lichen Arbeit trauen im Polizeiberuf Die Polizei genießt in der Bundesrepublik Deutschland ein hohes gesellschaftliches Vertrau- en. Dies zeigt sich in den regelmäßig durchgeführten Umfragen zum Vertrauen der Bevöl- kerung in Institutionen. In der letzten Befragung von November 2014 gaben 79 % von 1610 • Menschenwürde der Polizeibeamtin/des Polizeibeamten, Im Dienstrecht heute ging es um die „volle Hingabe“. Müssen wir wirklich alles geben? Befragten ab 15 Jahren an, der Polizei eher zu vertrauen, und nur 17 %, ihr eher nicht zu ver- Das hat doch Grenzen!? Ich hab erst mal eins von diesen „What my buddies think I do“- trauen (TNS Infratest 2014). Eine Studie von 2012 mit 3480 Befragten ab 18 Jahren erbrachte MARC Postern rumgeschickt – echt witzig! Kennt ihr die? War der Lacher! das Ergebnis, dass insgesamt 70 % der deutschen Wohnbevölkerung der Polizei Vertrauen bzw. großes bis sehr großes Vertrauen entgegenbringen (TNS Infratest 2012). Weißt du, Marc, worauf es als Allererstes ankommt? Dass du nach der Schicht heil nach • die Herausforderungen des staatlichen Gewaltmonopols, Im Vergleich mit anderen Institutionen belegt die Polizei in den Vertrauensumfragen seit Hause kommst. Und warum sollten wir eigentlich bessere Menschen als der Rest sein? Jahrzehnten einen der vorderen Ränge oder sogar den Spitzenplatz (vgl. Abb. 1). ALEX Die Polizei ist doch einfach nur ein Querschnitt der Gesellschaft. Vertrauen gegenüber ... Angaben in %, Top 2 Boxes Wir haben in Berufsethik einen Satz diskutiert, „polizeilicher Imperativ“ hieß der: „Ver- • legitime und illegitime Gewalt, halte dich so, als ob von dir ganz allein und ganz persönlich das Ansehen und die Wirk- der Polizei 55 56 BIANCA samkeit der Polizei abhinge.“ Da ist was dran: Ein einziger Kollege, der Mist baut – und 51 dem Rechtssystem 35 sofort ist das Vertrauen in die gesamte Polizei beschädigt. 27 38 der Bundeswehr 34 Bearbeiten Sie die folgenden Aufgaben und verwenden Sie dabei die Materialien 36 27 • Umgang mit Opfern und Tätern bei häuslicher Gewalt, 1.1–1.7 sowie die weiterführende Literatur aus Kap. 1.8. dem Gesundheitssystem 24 25 21 1. Analysieren Sie das Leitbild Ihrer eigenen Polizei (oder das Leitbild der Polizei Ba- dem Bildungssystem 23 23 Gesamt den-Württembergs, Abb. 6) mithilfe des Wertevierecks von Wieland (Abb. 3): Aus 23 der Presse / den Medien 17 West welchem Bereichen stammen die im jeweiligen Leitbild vertretenen Werte? 14 18 Ost • Verhältnis von Professionalität und Mitgefühl, 2. Vergleichen Sie das Leitbild Ihrer eigenen Polizei (oder das Leitbild der Polizei Ba- der evangelischen Kirche 17 17 16 den-Württembergs, Abb. 6) mit den Handlungsmustern der Polizistenkultur nach der aktuellen Bundesregierung 15 Rafael Behr (Abb. 7). 15 14 3. Sofern Sie in Ihrer bisherigen Ausbildung schon Praxiserfahrung gesammelt haben: den Banken 14 14 15 • Umgang mit Hinterbliebenen, Welche der Handlungsmuster nach Rafael Behr haben Sie in der polizeilichen Praxis der katholischen Kirche 7 7 wiedergefunden? Werden diese von den Kolleginnen und Kollegen in „Reinform“ 6 oder mit Modifikationen vertreten? Basis 1.000 Personen ab 14 Jahren, Feldzeit: 09.-12. April 2010 Frage: Bitte geben Sie an, wie sehr Sie den einzelnen Bereichen und Institutionen in Deutschland vertrauen. 4. Was sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Eigenschaften eines guten Polizisten Antworten Sie anhand einer Skala von 1= „vertraue ich sehr“ bis 5= „vertraue ich überhaupt nicht“. oder einer guten Polizistin? Vergleichen Sie Ihre Liste mit der Ihrer Mitstudieren- • Überbringen von Todesnachrichten, den sowie mit der Liste positiver Eigenschaften in Abb. 9. 5. Mit welchem der in Kap. 1.6 dargestellten Berufsbilder können Sie sich am ehesten identifizieren, mit welchem am wenigsten? Abb. 1: Vertrauen in Institutionen in Deutschland. Quelle: Ipsos GmbH 2010 Bremer Einsatzerfahrungen 2011 6. Darf man einen Eid brechen? Diskutieren Sie in Ihrer Studiengruppe Pro und Con- „Ich war erschrocken über die Gewalt, die aus der Menschenmenge hervorging“, berichtete • Verhältnis von Fürsorge und Selbstsorge, tra. 7. Die polizeiliche Berufsausübung kann einzelne Beamtinnen oder Beamte manch- mal in einen Gewissenskonflikt führen. Überlegen Sie, in welchen (Einsatz-)Situati- am Dienstag ein Polizist, der am Wochenende dabei war. „Nicht linkes Klientel hat den Ärger verursacht, der normale Bürger hat uns attackiert“, sagte der Beamte, seit 32 Jahren im Polizeidienst. „Wir wurden von Menschen bespuckt und beschimpft, die eigentlich mein Papa oder mein Opa hätten sein können“, zeigte sich eine junge Polizistin noch zwei Tage onen das der Fall sein kann. Was tut die Organisation Polizei dafür, um Gewissens- • Umgang mit Stress und eigener Belastung. konflikte bei den Einzelnen möglichst zu vermeiden? nach dem Einsatz betroffen. „Es war erschreckend zu sehen, dass uns normale Bürger von 17 bis 60 Jahren gezielt attackiert haben“, sagte ein Kollege. 8. Steht im Fall eines Gewissenskonfliktes das Gewissen über oder unter dem Gesetz? Begründen Sie Ihre Meinung. Gewalt gegen Polizei in Bremen, Hamburger Abendblatt 6.9. 2011 Das Buch richtet sich an Berufsanfänger in der Polizei, 12 13 insbesondere an Studierende des Bachelor-Studiengangs für den gehobenen Polizeivollzugsdienst. Es vermittelt prüfungsrelevante Kompetenzen ethischen Denkens und Urteilens. Arbeitsaufgaben und Kontrollfragen ermög- DIE AUTORIN lichen es, den eigenen Lernfortschritt selbstständig zu Dr. Ulrike Wagener, Professorin für Berufsethik an der überprüfen. Hochschule für Polizei Villingen-Schwenningen. VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb Forststraße 3a . 40721 Hilden . Telefon 0211 7104-212 . Telefax 0211 7104-270 service@vdpolizei.de . www.vdpolizei.de Weitere Informationen, Leseproben und Bestellmöglichkeit unter: www.vdpolizei.de
INHALT Juni 2015 1. MAI-EINSÄTZE 2 1. MAI-EINSÄTZE Nicht an Gewalt gewöhnen 4 TITEL/GESUNDHEIT Neue Infektionsgefahren – Foto: mzo Ist die Polizei wirksam geschützt? Waren die Einsätze rund um 8 Wenn alle an einem Strang ziehen – den 1. Mai so friedlich, wie offizielle Statements es Bremer Erfahrungen zum Thema glauben ließen? Die Antwort: Infektionskrankheiten Jein. Fakt ist aber: Gewöhnen darf man sich auch nicht an weniger Gewalt. 8 Gesetz zur Behandlung bei Infektionen Seite 2 mit übertragbaren Krankheiten durch Dritte (BremBIüKDG) ANTISEMITISMUS 9 GdP INTERN GdP-Bundesfachausschuss Schutzpolizei hat sich konstituiert 10 GESPRÄCHE Breite Themenlage erörtert Foto: Maja Hitij/dpa 11 DEMONSTRATIONEN Der Preis des Rechtsstaates oder geht es auch anders? Ist es besser in manchen Stadt- 15 MEINUNG Zum „Feind und Opfer“ geworden teilen, zum Beispiel in Berlin, auf das Tragen der traditio- nellen jüdischen Kopfbedeckung 17 STANDPUNKT Judenhass von rechts – Kampf Kippa zu verzichten? Das wird gegen Antisemitismus bleibt gesellschaftliche und zumindest von hier lebenden polizeiliche Aufgabe jüdischen Bürgern angesichts jüngster antisemitischer Vorfälle diskutiert. 21 EHRUNG 25. GdP-Stern an „letzten“ und Seite 17 echten „Bullen“ 22 POLIZEIALLTAG Mit mehr interkultureller Sensibilität POLIZEIALLTAG polizeiliches Handeln verbessern 31 INTERNATIONALES Indonesische Delegation besucht Foto: Bodo Schackow/dpa GdP-Bundesvorstand 33 VERKEHR Tempo 80, damit es nicht kracht – Unfallrisiko Landstraße Interkulturelle Sensibilität kann 38 FRAUENGRUPPE Personalentwicklungs-Projekt den Dienstalltag leichter machen. Wenn man weiß, wie der Frauengruppe (Bund) der andere tickt und aus welchen kulturellen Hintergrün- 39 ARBEITSSCHUTZ Keine relevanten Risiken den heraus das Gegenüber handelt, läuft es auch für Poli- durch Tonerstaub zisten im Einsatz besser. Und zwar ohne, dass der polizeiliche 40 IMPRESSUM Auftrag darunter leiden muss. Seite 22 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI 1
1. Mai-Einsätze Nicht an Gewalt gewöhnen mer 2009 in Dortmund erleben wir jetzt in Weimar eine Neuauflage“, sagte er. Dem Thüringer Innenministerium zu- folge wurden gegen 27 Tatverdächtige Am Tag nach den Mai-Einsätzen, deren Schwerpunkte wie fast in jedem aus Sachsen, Brandenburg, Hessen und Jahr in Hamburg und Berlin lagen, zogen Politik und Polizei eine zumeist Thüringen Ermittlungen aufgenommen. positive Bilanz. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) dämpfte jedoch die in Etwa 40 Neonazis hatten die Gewerk- einigen offiziellen Statements zu erkennende Euphorie. „Wir können erst schaftskundgebung in der Stadt Goe- thes und Schillers gestürmt und drei zufrieden sein, wenn alle Demonstrationen am 1. Mai mit einer Handvoll Menschen leicht verletzt. Sie attackier- Polizeibeamtinnen und -beamten in normaler Uniform begleitet werden ten auch den aus Erfurt stammenden können, statt mit tausenden Einsatzkräften in schwerer Sicherheitsaus- SPD-Bundestagsabgeordneten Carsten stattung“, betonte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow, der sich Schneider, der gegenüber Nachrich- am Tag der – für die Polizei sprichwörtlichen – Arbeit ein Bild von der tenagenturen von einer „von vorn bis Einsatzlage in der Hansestadt gemacht hatte. hinten“ durchorganisierten Aktion der Neonazis sprach. D er GdP-Bundesvorsitzende Motto „Die GdP ist an eurer Seite!“ ein Friedlich blieb es dagegen bei Pro- zeigte sich zwar erfreut, paar freundliche Worte zu wechseln. testen gegen zwei NPD-Kundgebungen dass die Zahl der verletzten Als neue Qualität bezeichnete Mal- in den Berliner Stadtteilen Lichtenberg Kolleginnen und Kollegen chow unvermittelte Angriffe gewaltsu- und Marzahn/Hellersdorf. Hunderte und der festgenommenen Straftäter zu- chender Rechtsextremisten auf fried- Gegendemonstranten hatten versucht, mindest in Berlin rückläufig war. Jedoch liche Gewerkschaftsdemonstrationen in die Aufzüge zu blockieren. Der Polizei hatten in Hamburg, wo 34 Einsatzkräfte Thüringen. „Nach den feigen Angriffen war es gelungen, die Gruppen zu tren- verletzt wurden, linksautonome Gewalt- von Neonazis auf friedliche Arbeitneh- nen. mzo täter zunächst den Schutz des Versamm- lungsrechts missbraucht, um massiv die eingesetzten Polizeikräfte anzugreifen. Die Polizei war gezwungen, gegen Ver- mummungen und andere Straftaten aus den Aufzügen heraus vorzugehen. In der Hauptstadt wie in Hamburg hatten die GdP-Landesbezirke erneut eine umfangreiche Betreuung der ein- gesetzten Kräfte gewährleistet. Viele Personalräte, Funktionsträger und frei- willige Helfer waren bis in die Nacht unterwegs, um Kolleginnen und Kol- legen mit Erfrischungen zu versorgen, sich nach eventuell aufgetretenen Pro- blemen zu erkundigen oder unter dem Berliner GdP-Betreuer im Einsatz. Foto: Claudia Fröhlich Die Reiterstaffel der Hamburger Polizei begleitet die dortige „Revolutionäre 1.Mai Demonstration“. Foto: Markus Scholz/dpa 2 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI
Schloss Elmau Eure GdP ist mit ihren Betreuungs- kräften vor Ort im Einsatzraum. Unter der Hotline: 089 – 57838819 sind wir rund um die Uhr für Euch erreichbar! Imm vor er Ort © Foto: GdP Bayern 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI 3 GdP Landesbezirk Bayern · Hansastr. 17 · 80686 München · Telefon 089/578388 -01 · Fax 089/578388 -10 www.gdpbayern.de
TITEL Gesundheit Neue Infektionsgefahren – Ist die Polizei wirksam geschützt? Von Wolfgang Schönwald Foto: Fotoatelier Liemann, Stadtlohn 4 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI
Gesundheit Respektlosigkeit, Pöbeleien, Beleidigungen gehören leider für viele Poli- einer jungen Kollegin im vergangenen zistinnen und Polizisten hierzulande mittlerweile zum Dienstalltag. Immer Sommer war schockierend: Ein mög- häufiger, so klagen Beamtinnen und Beamten angewidert, würden sie bei licherweise infizierter Tatverdächtiger spuckte im Streifenwagen wild um Einsätzen jedoch auch gekratzt, gebissen und sogar angespuckt – vor sich. Blutgemischter Speichel lande- allem von Drogenabhängigen, Betrunkenen, Festgenommenen oder Abzu- te nicht nur auf der Uniform und im schiebenden. Solches Verhalten sei früher eher die Ausnahme gewesen, Gesicht der Beamten, sondern auch heißt es. Gewerkschafter und Personalräte fordern schon seit Längerem im geöffneten Mund der Polizistin. einen besseren Schutz der Kolleginnen und Kollegen vor diesen ekel- Der 54-jährige Drogenabhängige hatte haften Attacken. Häufig leiden sie wochenlang unter der Ungewissheit sich mit Faustschlägen und Fußtritten gegen Polizeibeamte und Mitarbeiter einer Infektion mit einer durch Körperflüssigkeiten übertragbaren Krank- einer Sicherheitsfirma gewehrt, als heit. Zudem gibt es längere Perioden wiederkehrender Untersuchungen. er bei einer Fahrscheinkontrolle als „Das ist ein wichtiges Thema, dass viele Kolleginnen und Kollegen be- „Schwarzfahrer“ auffiel. Nach eigenen wegt“, sagt der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Jörg Radek. Den Angaben ist er an Hepatitis C erkrankt. Bremer Einsatzkräften stehen mittlerweile sogenannte Spuckschutzhau- Die belastende Frage: Wurde die Poli- ben zur Verfügung, die entsprechenden Angreifern über den Kopf gezogen zistin angesteckt? „Der Vorfall zeigte eine Gesetzes- werden können. Diese Präventionsmöglichkeit ist bundesweit jedoch lücke auf“, sagt Jochen Kopelke, umstritten. GdP-Landeschef in der Hansestadt. Der Landesvorstand habe nach Be- A n einem Samstagabend Das sind drei Beispiele von vielen, irgendwo in Deutschland: die in den täglichen Polizeiberichten Zwei angetrunkene junge zu finden sind. Sie zeigen jedoch, dass Männer randalieren. Sie für die Polizistinnen und Polizisten in beschädigen Autos, werfen Mülltonnen den unterschiedlichsten Einsatzsituati- um, reagieren auf sich nähernde Pas- onen Infektionsgefahr besteht. „Es gibt santen aggressiv. Alarmierte Polizisten Situationen, da spucken Angreifer mit Foto: Fotoatelier Liemann, Stadtlohn nehmen die Rowdys vorläufig fest. allem, was sie im Mund haben“, so die Während die Beamten den Sachverhalt Meinung von Gewerkschaftern. Nicht erfragen, versucht der 23-Jährige, einer selten sei das auch Blut, weil die Täter Polizistin eine Kopfnuss zu geben und sich vorher aufgrund ihres aggres- aus dem Streifenwagen zu flüchten. Der siven Verhaltens eine Wunde im Mund andere spuckt die Kollegen an und will zugezogen hätten. Im schlimmsten ebenfalls fliehen, was misslingt. Auf der Fall könne so sogar HIV übertragen Polizeiwache müssen die Angreifer erst werden. mal ausnüchtern. kanntwerden des Polizeieinsatzes umgehend Kontakt mit Innensena- E in 18-jähriger Asylbewerber ran- daliert in einer Gemeinschafts- unterkunft einer Kleinstadt. Er verletzt „Er fing sofort zu spucken an“ Wer Polizisten im Dienst bespuckt, tor Ulrich Mäurer und Justizsenator Martin Günthner aufgenommen. Die Fraktionen innerhalb der Bremischen einen Landsmann durch Fausthiebe im überschreitet eine Grenze – dies ist Bürgerschaft seien ebenfalls zum Han- Gesicht und zerreißt dessen Kleidung. nicht nur widerlich, im Zweifel auch deln aufgefordert worden – mit Erfolg. Der Angreifer ist weder durch Sicher- ansteckend und gesundheitsgefähr- „Das Thema Infektionsgefahr ist ernst heitskräfte noch Polizei zu beruhigen. dend. Über den Speichel werden zu nehmen.“ Versuche erwidert er mit Spuckatta- Medizinern zufolge hoch infektiöse cken. Der junge Mann wird gefesselt und ein Handtuch über seinen Kopf gelegt, bis er sich beruhigt. Bakterien und Keime, beispielsweise Hepatitis-Viren transportiert. So be- richtet ein Bremer Polizeibeamter aus D er Innensenator des kleinsten deutschen Bundeslandes hat- te schon vor Jahren die Anschaffung eigener Erfahrung im Streifendienst: angekündigt. Daraufhin wurde eine Z wei Jugendliche stehlen im Mor- gengrauen in einer Großstadt einem 27-Jährigen sein Handy aus der „Kaum am Einsatzort werden wir kör- perlich attackiert. Wir hatten eine Per- son, die hatte TBC. Der Herr erzählte heftige Debatte losgetreten, selbst Vergleiche mit Guantanamo und Af- ghanistan nannten die Gegner als Ab- Hosentasche, der dies jedoch schnell es uns freudestrahlend. Als wir ihn in lehnungsgrund. Mäurer hielt dagegen: bemerkt. Ein Tatverdächtiger wird Gewahrsam nehmen mussten, kippte „Ich halte die Hauben für verhältnis- noch in der Nähe gestellt. Bei seiner die Stimmung, und er fing sofort an mäßig und angemessen.“ Auch Lan- Festnahme setzt er sich massiv zur zu spucken. Ein tolles Gefühl. Kein deschef Kopelke weist die Bedenken Wehr. Nachdem auch der zweite Ver- Einzelfall.“ zurück. „Mit der Haube kann man dächtige erscheint, versuchen beide sehen und hören.“ auf die Beamten einzuschlagen. Trotz Spuckattacken und Tritte gegen die Beine der Einsatzkräfte können beide D er Bremer Senat hat mit Druck der GdP reagiert und im März in der Bürgerschaft einen besseren Mit der sogenannten Spuckschutz- haube, offiziell heißt sie „Pol-I-Veil- Gesichtshaube weiß“, gibt es nun gebändigt und zur Wache gebracht Schutz von Polizeibeamtinnen und nach Einschätzung von Experten ein werden. Polizeibeamten beschlossen. Der Fall zufriedenstellendes Modell: „Es ist 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI 5
Gesundheit aus dünner Baumwolle und im Ge- herrscht Unsicherheit bei Kolleginnen haben dort ihren ersten Halt auf deut- sichtsbereich nahezu durchsichtig – und Kollegen, auch mit Blick auf nach schem Boden. Polizeidirektor Jürgen das sieht sehr ordentlich aus“, sagte Deutschland kommende Flüchtlinge.“ Vanselow, Leiter der Bundespolizei- die Sprecherin des Bremer Innense- inspektion München, einer Schwer- nators, Rose Gerdts-Schiffler, bei der Vorstellung im vergangenen Novem- ber. Die Haube gehört inzwischen zur B ei allen vorbeugenden Schutz- maßnahmen müsse jedem zu jedem Zeitpunkt bewusst sein, „dass punktdienststelle mit Sitz am Haupt- bahnhof: „Unser Aufgabenportfolio ist sehr breit: Neben Fußball und Großla- Ausstattung aller Funkstreifenwagen mein Gegenüber möglicherweise ein gen fordern uns Hilfeleistungen, Dieb- Bremens und Bremerhavens. Dabei Krankheitsbild hat, das hier längst nicht stahl und Sachbeschädigung, viele sei es verboten, sie präventiv einzu- mehr vorstellbar ist. Asylbewerber oder Identitätsfeststellungen und Fahn- setzen, sondern nur dann, wenn der von Menschenhändlern illegal einge- dungen, Schwarzfahrer und Gewalt in Delinquent bereits spucke, selbiges schleuste und dann aufgegriffene Per- jeder Form, von der kleinen Rangelei ankündige oder wenn er der Polizei sonen können beispielsweise an Tuber- bis zur schweren Schlägerei. Wider- Shotshop/ddp Shotshop/ddp bereits einschlägig bekannt sei. „Und kulose oder Diphtherie erkrankt sein, stand ist hier ein sehr großes Thema. sobald es irgendeine Auffälligkeit gibt, die in Deutschland kaum noch eine Re- Gewaltdelikte gegen Vollzugsbeamte muss die Abdeckung sofort wieder levanz haben. Deshalb sollte jede Kol- wie auch schwere Beleidigungen sind runter“, betonte die Sprecherin. legin und jeder Kollege auch immer an an der Tagesordnung. Körperkontakte einen wirksamen Impfschutz denken“, mit unterschiedlichsten Menschen so der Gewerkschafter Radek, der über auch in Ausnahmesituationen sind bei Größere Fürsorge notwendig langjährige Bundespolizei-Kenntnisse uns daher Alltag. Die Gefahr, sich mit verfügt. Seine grundsätzliche Forde- möglichen Krankheiten anzustecken, Die GdP plädiert vor dem Hinter- rung: „Wir brauchen in all den Fragen schwingt bei den Kolleginnen und grund gefährlicher Infektionskrank- arbeitsmedizinische Unterstützung.“ Kollegen häufig mit, wird aber ange- heiten für eine größere Fürsorge der sichts einer Arbeitsbelastung, die an Verantwortlichen für die Polizistinnen manchen Tagen nur im Laufschritt zu und Polizisten vor Ort. GdP-Vize Ra- Mögliche Ansteckungsgefahr bewältigen ist, eher verdrängt.“ dek betont, es reiche bei besonderen Der Umstand, dass drei der vier schwingt bei den Kollegen größten bayerischen Bahnhöfe in Lagen – wie im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit der möglichen im Dienst München und damit innerhalb des Ausweitung der Ebola-Infektion – Inspektionsbereiches liegen, macht nicht aus, Vorsorge-Merkblätter zum Beispiel München. 400.000 Reisen- deutlich, welche Herausforderung die Verhalten bei Verdacht auf Anste- de, in etwa die Einwohnerzahl der vor über einem Jahr einsetzende Mi- ckungsgefährdung zu verteilen. „Es Stadt Bochum, frequentieren täglich grationswelle bedeutet. Nur dank der ist wichtig, dass die Verantwortlichen den Hauptbahnhof. Auch für die bewundernswerten Motivation und in den Dienststellen über die neue Flüchtlings- und Einwanderungswelle Belastungsbereitschaft der Mitarbei- mögliche Bedrohung aufklären. Woran nach Deutschland ist dieser Verkehrs- terinnen und Mitarbeiter vermag die erkenne ich bestimmte Erkrankungen? knotenpunkt ein Nadelöhr. Die Züge eigentlich zu schmal dimensionierte Wie kann ich mich schützen? Dies aus Italien oder Österreich, entweder BPOLI M ihrem Auftrag zumindest schützt auch vor Hysterie, denn es über Salzburg oder aus Innsbruck, annähernd gerecht zu werden.“ 6 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI
Gesundheit A ls das Thema Ebola aufkam, waren auch die Kolleginnen und Kollegen der Bundespolizei in Der Umgang mit deutlich niedrigeren Hygienestandards verlangt der Beleg- schaft einiges ab“, erklärte Vanselow. beispielweise Blutproben Dritter ver- wertbar seien oder die Frage der Ko- stenübernahme bei Blutanalysen von München sehr beunruhigt. Vanselow: Beamtinnen und Beamten in Kranken- „Wir erhielten aber eine gute Aus- hauslaboren nach Einsätzen. Mancher- stattung an Schutzhandschuhen, auch Fürsorgepflicht der Dienstherren orts müssten sie diese zunächst selbst stabilen Schutzhandschuhen. Wir ver- bezahlen. Kritisch gesehen werden fügen zudem über eigene Ganzkör- Auch die Kolleginnen und Kollegen, auch die bestehenden, zu hohen da- perschutzanzüge und ein spezielles die täglich auf den Straßen in den tenschutzrechtlichen Hürden in eini- Desinfektionsspray, das sogar gegen Ländern unterwegs sind, wissen um gen Ländern, wenn es darum geht, Viren geeignet sein soll. Da können die bestehenden Gefahren, müssten nach handgreiflichen Auseinanderset- wir uns eigentlich nicht beklagen. jedoch immer wieder sensibilisiert zungen mit Widerständlern zu erfah- Wir hatten zwei Mal die Situation, werden. Das war der Tenor einer ren, ob jemand infiziert ist oder nicht. Ü ber Spuckschutzhauben wird zwar vielerorts diskutiert, ein- gesetzt werden sie jedoch nur ver- einzelt. In vielen Ländern sind sie Foto: Fotoatelier Liemann, Stadtlohn nicht zum dienstlichen Gebrauch zu- gelassen, lehnen Innenminister diese Möglichkeit der Prävention ab. Erst im Januar erklärte Niedersachsens Ressortchef Boris Pistorius auf eine Anfrage im Landtag in Hannover, „nach eingehender Prüfung haben sich begründete Zweifel an der un- eingeschränkten Handhabungssicher- heit ergeben. Eine Transportmaske ist danach ungeeignet, die Maßnahmen der Eigensicherung der Polizeivoll- zugsbeamtinnen und -beamten nach- haltig zu unterstützen. Zudem können denkbare Einsatzlagen mit den schon vorhandenen Einsatzmitteln adäquat bewältigt werden.“ Dabei verwies der Politiker auch auf eine Bund-Länder- Umfrage, die zu demselben Ergebnis gekommen sei. Deshalb verwende die Mehrheit der Länder diese Masken nicht, so sein Fazit. G egner plädieren vielmehr im- mer wieder für einen Mund- schutz für die Kolleginnen und Kol- legen. Diese Sicherheitsmaßnahme stößt aber bei Gewerkschaftern auf ziemlich viel Skepsis. Der Mundschutz sei bei größeren Diensteinsätzen nicht praktikabel. Es könne den Polizistin- nen und Polizisten nicht zugemutet werden, den Schutz stundenlang zu da zeigten Ankömmlinge scheinbar spontanen Umfrage am Rande einer tragen. Erfahrungen hätten zudem ge- typische Symptome.“ Sitzung des Bundesfachausschusses zeigt, dass in Gefahrensituationen ein Da wurde einmal der Starnberger Schutzpolizei im April in der Berliner Mundschutz zu schnell runterrutsche. Flügelbahnhof abgesperrt und ein GdP-Bundesgeschäftsstelle. Im po- Ein Argument für die Befürworter Schnelltest in einem Institut der Bun- lizeilichen Alltag würden sie oft mit von Spuckschutzhauben. Sie wollen an deswehr durchgeführt. Damals muss- infizierten Personen konfrontiert. Die diesem wichtigen Thema weiter dran- ten selbst die eingesetzten Beamten in mögliche Ausbreitung gefährlicher bleiben. Die Maßnahme helfe nicht Quarantäne. „Als das Ergebnis dann Infektionen erfordere, so die Gewerk- nur gegen den Ekel, sondern schütze da war, haben wir erst einmal alle schafter, Handlungssicherheit seitens auch vor Krankheitsübertragung, ist durchgeatmet. Für die Beamten ist das der Behörden, was bekanntlich mit zu vernehmen. „Die Kosten für die immer auch eine Belastung gewesen, der Fürsorgepflicht der Dienstherren Schutzhauben sind gering, der Nutzen dass sie sich mit einer ihnen nicht ver- umschrieben wird. Dazu gehörten ist groß.“ trauten Krankheit infizieren könnten. rechtliche Rahmenbedingungen, ob Mitarbeit: Rüdiger Holecek 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI 7
Gesundheit Wenn alle an einem Strang ziehen – Bremer Erfahrungen zum Thema Infektionskrankheiten Von Jochen Kopelke, Vorsitzender des GdP-Landesbezirks Bremen Ein Einsatz, der wie so viele andere beginnt und doch einen so bedroh- suchung verweigerte er, was zur Folge lichen Verlauf nimmt. Der Funkspruch kündigt an: „Häusliche Beziehungs- hatte, dass die junge Polizeibeamtin gewalt“. Nach dem Eintreffen kommt es zur körperlichen Auseinanderset- Monate lang in Ungewissheit leben musste. War oder ist sie infiziert? zung mit dem Ehemann. Ein heftiger Kampf, das Überwältigen und die an- Monate des Grübelns, des Was- schließende Verbringung zum Streifenwagen. Harte Polizeiarbeit, wie sie wäre-wenn, der Bedenken und Angst viele von uns kennen. Ein Einsatzgeschehen, bei dem nicht selten Angrei- und gegebenenfalls Monate der medi- fer und einschreitende Polizeibeamtinnen und Beamte verletzt werden. kamentösen Belastung einer Postexpo- sitationsprophylaxe. So auch in diesem Fall in Bremen. jungen Polizeibeamtin. Bei dem Tat- Der Tatverdächtige blutete im Mund. verdächtigen bestand aufgrund poli- Vielzahl von Fällen Während des Einsatzes und der Fest- zeilicher Erkenntnisse der Verdacht nahme spuckte er jedoch zusätzlich einer Hepatitis-C-Erkrankung, zusätz- Dieser eine Fall, der stellvertretend um sich und traf in einem ungünstigen lich prahlte er mit seiner Erkrankung. für eine Vielzahl von Fällen steht, zeigt Moment den geöffneten Mund einer Das Einverständnis für eine Blutunter- auf, dass das Opfer im Nachteil ist, Gesetz zur Behandlungseinleitung bei Infektionen mit übertragbaren Krankheiten durch Dritte (BremBlüKDG) Vom 24. März 2015 Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz: § 1 Zweck des Gesetzes Maßnahmen nach § 25 Absatz 1 bis 3 in § 1 bezeichneten Zweck an die Zweck des Gesetzes ist es Betrof- des Infektionsschutzgesetzes, wenn betroffene andere Person, einen fenen zu ermöglichen, unverzüglich Tatsachen die Annahme rechtferti- sie behandelnden Arzt oder eine notwendige ärztliche Behand- gen, dass eine Übertragung beson- sie behandelnde Ärztin und an die lungen einleiten zu können, sobald ders gefährlicher Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz der Verdacht einer Infektion mit auf eine andere Person stattgefunden zuständigen Behörden im Rahmen übertragbaren Krankheiten gemäß hat, für diese daher eine erhebliche deren gesetzlichen Aufgaben zu- den §§ 6 und 7 des Infektions- Gefahr für Leib oder Leben bestehen lässig. schutzgesetzes durch eine Person könnte und die Kenntnis des Un- nach § 2 Nummer 4 bis 7 des Infek- tersuchungsergebnisses für die Ab- § 4 Datenlöschung tionsschutzgesetzes besteht. Dieses wehr der Gefahr erforderlich ist. Die Untersuchungsdaten aus Maßnah- Gesetz gilt nicht für die Abwehr Grundrechte der körperlichen Unver men nach § 2 sind unverzüglich zu von Gefahren, die durch einver- sehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 löschen, wenn sie zu dem in § 1 ge- nehmliches Zusammenwirken des des Grundgesetzes) und der Freiheit nannten Zweck nicht mehr benötigt oder der Betroffenen und der ande- der Person werden. ren Person verursacht worden sind. (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grund- gesetzes) werden insoweit einge- § 5 Inkrafttreten § 2 Zuständigkeit schränkt. Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Neben den nach dem Infektions- Verkündung in Kraft. schutzgesetz zuständigen Behörden § 3 Übermittlung ist auch der Polizeivollzugsdienst Eine Übermittlung des Untersu- Bremen, den 24. März 2015 zuständig für die Anordnung von chungsergebnisses ist nur zu dem Der Senat 8 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI
Gesundheit wenn es um mögliche Infizierungen Einstimmig beschlossen zeivollzugsdienst im Regelfall die mit geht. Nicht nur Polizeibeamte, auch der „gegenständlichen Konfrontation andere Berufsgruppen wie Rettungs- Um in Zukunft schneller Gewiss- befasste Gefahrenabwehrbehörde“ ist. kräfte, Streetworker und Feuerwehr- heit für die Opfer zu erlangen, zogen leute oder auch privat Handelnde kön- in Bremen alle Verantwortlichen an Die Zeit des langen Wartens ist vor- nen so oder ähnlich betroffen sein. einem Strang: Polizeiführung, Innen- bei, denn die Anordnungskompetenz „Ob ein Mensch mit schweren oder ressort, die Fraktionen der SPD, von ermöglicht eine Blutentnahme bei gar lebensbedrohlichen Krankheiten Bündnis 90/Die Grünen, der CDU, von Tatverdächtigen auch gegen ihren infiziert ist, ist für Dritte in der Regel DIE LINKE und als treibende Kraft die eigenen Willen. Zusätzlich darf das nicht erkennbar. Daher leiden gerade Gewerkschaft der Polizei (GdP). So Ergebnis nun auch an die zuständige die Opfer von Vergewaltigungen – zu- konnte im März ein Bremisches Gesetz Behörde, namentlich die Polizei, über- sätzlich zu dem grausamen Schrecken zur Behandlungseinleitung bei Infek- mittelt werden. Sobald ein Ergebnis der Tat – häufig unter der Ungewiss- tionen mit übertragbaren Krankheiten vorliegt, kann das Risiko einer In- heit einer Infektion mit einer durch durch Dritte (BremBlüKDG) durch die fektion basierend auf verlässlichen Körperflüssigkeiten übertragbaren Bürgerschaft einstimmig beschlossen Untersuchungen eingeordnet und die Krankheit. Was folgt, sind längere Pe- werden. Entscheidung für oder gegen eine be- rioden immer wiederkehrender Unter- lastende Prophylaxe wesentlich besser suchungen, verbunden mit einer nicht Klare Regeln für die Polizei abgewogen werden. unerheblichen Zeit des Bangens. Der sichere Ausschluss einer In- Nun besteht für die Polizei neben In Zeiten, in denen Spuck- und Beiß- fektion ist dabei teilweise erst nach den bereits nach dem Infektionsschutz- attacken auf Polizeibeamte spürbar Ablauf eines Jahres möglich. Bis dahin gesetz zuständigen Behörden die zunehmen, ist dieses Gesetz und die fürchten die Betroffenen um die eigene Kompetenz zur Anordnung der Maß- daraus resultierende Kompetenzerwei- körperliche Gesundheit sowie die der nahmen, soweit es um die Einleitung terung ein wichtiges und deutliches engsten Angehörigen“, wie es in der notwendiger ärztlicher Behandlungen Zeichen der Politik und Gesetzgebung Begründung des Gesetzesantrages, bei einem Betroffenen geht. Diese er- an uns Polizeibeamte und die Wahr- Drucksache 18/1755, in der Bremer weiterte Zuständigkeit ist aus Sicht der nehmung unserer Arbeit. Bürgerschaft heißt. Gesetzgebers notwendig, da der Poli- intern GdP-Bundesfachausschuss Schutzpolizei hat sich konstituiert Ende April hat sich der Bundes- Oliver Malchow und das für den BFA stand Rüdiger Seidenspinner beglück- fachausschuss (BFA) Schutzpolizei der Schutzpolizei zuständige Mitglied wünschten die Neugewählten. Gewerkschaft der Polizei in Berlin neu im Geschäftsführenden Bundesvor- Björn Neureuter konstituiert. Der Vorstand setzt sich nun aus dem Koblenzer Polizeioberrat Björn Neureuter (46), seinem Stellver- treter, Polizeihauptkommissar Reiner Mader (55) aus Würzburg, und dem Mannheimer Polizeihauptkommis- sar und Schriftführer Thomas Mohr (52) zusammen. Hauptanliegen des neuen BFA war eine aktuelle Positi- onsbestimmung und die Festlegung von Leitthemen für die kommende Amtszeit. Teilweise spiegeln diese die Beschlusslagen des letzten Bundes- kongresses wider. Der Fachausschuss hat sich die Überarbeitung des GdP-Positionspa- piers „Arbeitsplatz Funkstreifenwa- gen“ vorgenommen und möchte sich weiter auf die Bereiche „Krisenma- nagement in der Polizei – Umgang mit kritisch wahrgenommenen Einsätzen“ und dem Großthema „Lebensqualität im Wechselschichtdienst“ konzen- Foto (v.l.n.r.): Rüdiger Seidenspinner, Oliver Malchow, Björn Neureuter, Reiner Mader und trieren. Der GdP-Bundesvorsitzende Thomas Mohr. Foto: Lothar Hölzgen 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI 9
Gespräche Breite Themenlage erörtert fassungsschutzes als Konsequenz aus der NSU-Affäre die wichtigsten Anlie- gen seiner Organisation zur Stärkung des Inlandsnachrichtendienstes erfüllt Facettenreiche Gespräche zu sicherheitspolitischen Fragen führte in seien. Malchow: „Die Pannen bei der den vergangenen Wochen der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Aufklärung der NSU-Mordserie wa- Polizei (GdP), Oliver Malchow, mit dem Präsidenten des Bundespolizei- ren nicht auf einen zu starken Verfas- präsidiums, Dieter Romann, dem Vizepräsidenten des Bundesamtes für sungsschutz zurückzuführen, sondern auf seine Schwächen. Mit einer Stär- Verfassungsschutz Thomas Haldenwang und dem Sicherheitschef des kung der Zentralstellenfunktion des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Hendrik Große Lefert, der im DFB- Bundesamtes und eines besseren In- Präsidium der Kommission für Prävention, Sicherheit und Fußballkultur formationsaustausches zieht das neue vorsitzt. Gesetz notwendige Konsequenzen.“ Weniger die Freude am Spiel, son- dern eher die düsteren Nebenerschei- nungen des Fußballgeschehens the- matisierten der früher aktive Fußballer Malchow und der vor seiner Zeit als DFB-Sicherheitschef in Nordrhein- Westfalen aktive Polizeibeamte Große Lefert. Der GdP-Chef bekräftigte da- bei, dass die Gewerkschaft der Polizei eine Kostenbeteiligung der Fußball- vereine für Polizeieinsätze nach wie vor für die falsche Lösung hält, die Gewalt rund um den Fußball einzu- dämmen. So wird laut Malchow der intensiv diskutierte Bremer Gebühren- bescheid für den Polizeieinsatz beim Ligaspiel zwischen Werder Bremen Den Fußball im Fokus hatten Oliver Malchow und DFB-Sicherheitschef Hendrik Große Lefert (r.). Foto: Holecek W ährend es beim Zusammen- treffen mit Bundespolizei- Chef Romann in Potsdam vor allem um GdP-Bundesvor- sitzende betonte, dass mit dem un- die Belastungssituation der Kräfte und längst verabschie- den Stand von Ausrüstung sowie Aus- deten Gesetz zur stattung angesichts immer konkreter Reform des Ver- werdender Bedrohungs- lagen durch den islamis- tischen Terro- rismus ging, Intensiver Meinungsaustausch mit Verfassungsschutz-Vize konzentrierte Thomas Haldenzwang (r.). Foto: Zielasko sich der Mei- nungsaus- und dem Hamburger SV keinen Ge- tausch mit Die aktuelle walttäter abschrecken. Nur Träumer Verfassungs- Lage der Bun- würden zudem annehmen, dass die schutz-Vize despolizei erör- Politik das eingenommene Geld eins Haldenwang terten Präsident zu eins in mehr Sicherheit investieren auf die künf- Dieter Romann würde. Malchow plädierte unterdes- tige Ausrich- (l.) und GdP- sen für eine unverzügliche Bestrafung tung der von Chef Malchow. identifizierter Täter und Rädelsführer. Präsident Foto: Bundes- Schwere Körperverletzung und Land- Hans-Georg polizei friedensbruch seien keine Lappalien. Maaßen ge- Notorischen Machtdemonstrationen führten Be- von Hooligans und Ultras müsse die hörde. Der Bühne Fußball entzogen werden. mzo 10 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI
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demonstrationen Vermummte Straftäter zünden Mitte März bei Protesten gegen die Eröffnung des neuen Gebäudes der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt/Main einen Einsatzwagen der Polizei an. Foto: Arne Dedert/dpa die Wut und die Empörung“ der De- erkennbar gewaltbereiten Akteuren Folgetag das Geschehene nachdrück- monstranten zu bekunden. Dabei muss entgegen getreten sein, was zur Block- lich verurteilte und der Polizei für ihren man froh sein, dass er es sich versagte, upy-Demonstration im Sommer 2013 zu Einsatz den Respekt bekundete. Dank eine „klammheimliche Freude“ über erleben war, dann wird ihr die Schuld gilt auch dem Hessischen Landtag, der die Aktionen der Krawallmacher zum zugewiesen. Der Tenor: Die Polizei sei die Frankfurter Ereignisse in seiner Ausdruck zu bringen. Denn das hatten der Verursacher für die Eskalationen. Sitzung am 24. März auf seine Agen- wir schon einmal! Sie sei martialisch und völlig unange- da gesetzt hatte. Dass die tragenden messen eingeschritten; daher trage sie demokratischen Parteien dabei dem auch die Verantwortung. Landtagsvizepräsidenten Wilken den Keine neuen Phänomene Der 18. März in Frankfurt am Main Kopf wuschen und ihn zu Recht auffor- von Gewalteruptionen aber bot für solche Botschaften keine derten, sein Amt niederzulegen, blieb Nahrung. Vielmehr müssen sich die zwar erfolglos, war aber dringend not- Was in Frankfurt passierte, ist wahr- Initiatoren des „Aktionsbündnisses“ wendig. Dank gilt auch Peter Beuth, lich nicht neu, sieht man davon ab, dass den Vorwurf gefallen lassen, dass sie Hessens Innenminister, der ankündi- die Gewalttäter – atypisch und entge- es waren, die die Geister geweckt, an- gte, eine Bundesratsinitiative zu ergrei- gen ihrer üblichen Taktik – bereits im gelockt und ihnen die Chance geboten fen, um den strafrechtlichen Schutz der Vorfeld einer angemeldeten Demons- hatten, so zu agieren, wie sie aufge- Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst tration und nicht aus ihr heraus agier- treten waren. Davon können sie sich zu erhöhen. Gut gemeint, aber wird ten. Hamburg, Berlin, Göttingen und nicht freisprechen. Bleibt zu hoffen, dies ausreichen? Anfang Mai stand viele andere deutsche Städte können dass es den Ermittlern gelingen wird, jedenfalls der Gesetzesantrag, der vor- ein Lied davon singen. Berlin erlebte nachzuweisen, wer und in welchem sieht, einen neuen Schutzparagrafen solche Randale viele Jahre während der Umfang aus der Aura der Organisa- 112 für Polizei- und Rettungskräfte im Ereignisse rund um den 1. Mai. Und die toren den gewalttätigen Tätergruppen Strafgesetzbuch zu verankern, auf der Abläufe anlässlich der Castor-Trans- aus Nah und Fern, vor allem aus dem Tagesordnung der Länderkammer. porte sprechen die gleiche Sprache. europäischen Ausland, Unterschlupf, Wer über Jahrzehnte hinweg das Verpflegung und sonstige logistische Geschehen aufmerksam verfolgt, muss Unterstützung bot. Das wäre die rich- „So darf es nicht weitergehen!“ konstatieren, dass sich die Verhaltens- tige Antwort gegenüber den Heuch- muster stets wiederholen. Einige – so lern und müsste die Strafjustiz auf den All dies – so meine Einschätzung muss man leider sagen – libertär ein- Plan rufen. – genügt nicht. Es ist an der Zeit, tief- gestellte Organisatoren und Veran- gründig und eingehend darüber nach- stalter initiieren die risikobehafteten zudenken, wie sich das Geschehen Demonstrationen und ducken sich dann Dank für Einsatz der Polizei unfriedlicher Demonstrationen in mehr weg, wenn sie ihnen aus den Händen als 40 Jahren entwickelt hat und ob geglitten sind. Und sollte die Polizei Hoch angerechnet sei es dem Deut- es ausreicht, stets mit den gleichen bereits frühzeitig und wirkungsvoll den schen Bundestag, dass er bereits am rechtlichen und taktischen Instrumen- 12 6 – 2015 DEUTSCHE POLIZEI
demonstrationen tarien dagegen vorzugehen. Die Aus- dorfbeschluss“ des Bundesverfassungs- ergeht es den sicherheitsbezogenen schreitungen in Frankfurt sollten dafür gerichts ausgelegt werden. Auflagen an den Veranstalter, deren Anstoß sein. Erlass den Versammlungsbehörden zur Abwehr von Gefahren zugestan- S olche Vorkommnisse, wo und wann immer sie sich ereignen, finden regelmäßig unter dem Deck- Kaum Chancen für vorbeugende Versammlungsverbote den wird. Gelingt dem Veranstalter der Nachweis, dass die Auflagen nicht dazu dienen, nach den erkennbaren mantel der durch unsere Verfassung Die rechtsbräuchliche Realität ist Umständen zur Abwehr einer Gefahr garantierten Versammlungsfreiheit jedoch eine andere und belegt, dass beizutragen, werden sie von den Ver- statt. Spätestens nach dem legendären die Sicherheitsbelange ein Schattenda- waltungsgerichten gekippt. „Brokdorfbeschluss“ des Bundesverfas- sein fristen. Wer immer eine öffentliche sungsgerichts von 1985 hat dieses Frei- heitsrecht eine Überhöhung erfahren, die so nicht mehr tragbar ist. Die aus Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug veranstalten will, darf dies, ohne wesentlichen sicher- S olche oder ähnliche Beispiele las- sen sich zu Genüge aufzählen. So bleibt das Ritual immer das gleiche: Die Art. 8 GG folgende grundgesetzliche heitsbezogenen Einschränkungen zu Polizei muss es wieder einmal richten. Verpflichtung der Veranstalter und De- unterliegen. Weder ist er verpflichtet, Sie soll die erkennbar bevorstehenden monstrationsteilnehmer, sich „friedlich ein Sicherheitskonzept zu erstellen und Probleme lösen. Keiner der für die Füh- und ohne Waffen“ zu versammeln, ist zu unterbreiten, wie es üblicherweise rung der Polizei verantwortlichen Poli- längst aus dem Blickfeld geraten. Ver- jedem Organisator einer Großveran- tiker fragt heute noch, ob sie dies über- sammlungsfreiheit und Sicherheitsbe- staltung auferlegt ist, noch muss er haupt kann. Immer mehr Beamtinnen lange befinden sich in einem Zustand nachweisen, dass er willens und fähig und Beamte werden eingesetzt und der Dysbalance. Bestätigt wird dies ist, eine Versammlung auch rechtskon- müssen unter Einsatz ihrer Gesundheit auch durch die ins Uferlose geratene form zu gestalten und zu führen. Seine für diese Fehlentwicklung herhalten. und kaum mehr überschaubare Recht- Aufrufe unterliegen ebenfalls keinerlei Das polizeiliche Handeln, das schei- sprechung der Verwaltungsgerichte. sicherheitsbezogenen Begrenzungen. nen unsere politischen Führer aus den Sie entscheiden sich weit überwiegend Wann immer er Lust und Laune dazu Augen verloren zu haben, ist faktisch für die Versammlungsfreiheit und nur verspürt, kann er hart an der Grenze sowohl aufgrund der Versammlungs- selten für die Sicherheitsgewährleis- der Strafbarkeit, allein durch die Art gesetze als auch durch die Rechtspre- tung. Selbstverständlich ist die Ver- und Weise seiner Diktion Öl ins Feuer chung per se defensiv ausgerichtet. sammlungsfreiheit als status activus gießen und die Teilnahme gewaltbe- Erst müssen Rechtsbrüche passiert sein, unstrittig ein hohes Gut, das es unter reiter Gruppen initiieren. bevor es der Polizei erlaubt ist, einzu- allen Umständen zu verteidigen gilt. schreiten. Da hilft auch kein gut ge- Nur dieses Freiheitsrecht räumt dem Staatsbürger die Möglichkeit ein, au- ßerhalb von Wahlen an der politischen V orbeugende Versammlungsver- bote weisen die Verwaltungs- gerichte in aller Regel zurück, wenn meinter juristischer Hinweis, dass das allgemeine Gefahrenabwehrrecht als Ergänzung des Versammlungsrechts Willensbildung teilzuhaben und seine es die Sicherheitsbehörden auf ihre selbstverständlich ein vorbeugendes Meinung kundzutun. Dabei, und das Erfahrungen mit ähnlichen oder ver- Eingreifen ermögliche. ist die Botschaft, dürfen die Sicherheits- gleichbaren Versammlungen stützen. belange jedoch nicht auf der Strecke Solange es nicht gelingt, die prognos- bleiben. Nichts anderes ist aus unserer tizierten Gefährdungsmomente ausrei- Gewitter von Vorwürfen und Verfassung zu entnehmen, die die Ver- chend und tatsachengestützt konkret kritischen Fragen sammlungsfreiheit nur in den Grenzen der anstehenden Versammlung bezie- der Gewaltfreiheit gewährt. Und nicht hungsweise dem Aufzug zuzuordnen, Für die alltägliche Arbeit der Poli- anders kann und darf auch der „Brok- scheitert jedes Verbot. Nicht anders zei trifft das sicherlich zu. Im Kontext Anzeige Habichtswald-Klinik • Wigandstr. 1 • 34131 Kassel • www.habichtswaldklinik.de • info@habichtswaldklinik.de … wieder Atem schöpfen Habichtswald-Klinik In ihrem Selbstverständnis als Klinik für Ganzheitsmedizin Bei den Gesetzlichen Krankenkas- sen ist die Habichtswald-Klinik als Spezielle Behandlungskonzepte zu • Burn-out Symptomatik Fachklinik für Psychosomatik, arbeitet die Habichtswald-Klinik Rehabilitationsklinik anerkannt, • Tinnitus, Schwindel Onkologie und Innere Medizin auf der Ebene einer integrativen bei den privaten Krankenversich- und Lärmschäden Kassel - Bad Wilhelmshöhe. 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