Wie geht es den Helfenden? 05/20 - DEUTSCHE POLIZEI Mai 2020
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05/20
Das Magazin
der Gewerkschaft
der Polizei
In Zeiten des Virus
Wie geht
es den
Helfenden?
Für alle Polizeibeschäftigten bleiben wir gemeinsam am Ball.
Als weltweit größte Interessenvertretung der Polizei und des Zolls setzt sich
die Gewerkschaft der Polizei (GdP) für Ihre beruflichen Belange ein.
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DP
05
DEUTSCHE POLIZEI 05/2020
Inhalt
IN EIGENER SACHE Titel Innenleben
Liebe Leserschaft, 2 Vor die Lage kommen 29 „Wir packen es an!“
bitte bleibt alle gesund. Wer jedoch krank 3 Tägliche Ansage: Die Polizei 36 70 Jahre GdP
ist, komme ganz schnell wieder auf die Bei- braucht ausreichend
ne – selbstverständlich auch jenseits einer Schutzausrüstung
COVID-19-Infektion. Vor Ort
5 Wie Corona unsere Gefühle
Im Gespräch hören wir oft, das Wichtigste herausfordert 30 Die Schattenseiten des
sei die Gesundheit. Das sagt man so, und Straßenverkehrs
dem stimmen viele gern und unbeschwert 6 Der Alltag ist die Krise
zu. Kleinere und manch größere Hürden des
Alltags werden leichter genommen. 9 Mit Kollegialität und Im Gespräch
Eine Krankheit ist aber genau so wenig Organisationstalent
eine Krankheit wie Gesundheit ewige Jugend 33 Miniatur unserer alltäglichen
verspricht. Womöglich denkt daher nicht je- Lebensumwelt
der so. Vielleicht werden dann die persönli- Hilfreich
che Freiheit und das hedonistische Konsu-
mieren subjektiv höher bewertet als die eige- 10 Diese Checkliste kann beim Buchtipp
ne Unversehrtheit. Darüber ließe sich schon Helfen helfen
eher streiten. Aber was ist, wenn das Ego die 15 Das Dienstunfallrecht für Bundes-
Solidarität schlägt? Geht gar nicht, oder? 35 Gewinnbringende Zeiten und Landesbeamte
Diesem Spektrum sieht sich ein Großteil
unser Leserschaft von Berufs wegen gegen- 29 Extremismus und Radikalisierung
über. Daher haben wir gefragt, wie es den Hingeschaut
Helfenden dabei geht, in dieser Corona-Kri-
se – zwischen den Regierenden und den Re- 14 Die OK bleibt im Geschäft Forum
gierten. Und immer in der Gefahr einer An-
steckung. 16 Die Sprache der neuen Rechten 38 Lesermeinung
Die Pandemie hat übrigens die Planungen 20 Die rechte Bedrohung 40 Impressum
für diese Ausgabe ein wenig durcheinan-
der gebracht. Einige Texte sind etwas kür- 23 Nach Hanau: Das Rudel der
zer ausgefallen, manche Autoren sind noch einsamen Wölfe
reingerutscht, andere müssen auf ihre Ver-
öffentlichungen warten. Wir bitten um Ver- 26 Nur ein Spiel? Wenn Online-Terror
ständnis. blutige Realität wird
Das Heft gefällt hoffentlich trotzdem. 34 Als Deutschland befreit wurde
Alles Gute.
Für die Redaktion
Michael Zielasko
IN DIESER AUSGABE KURZ VOR REDAKTIONSSCHLUSS
Das Radikalisieren zum Rechtsterroristen Corona-Krise: Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten hatten beraten. Vorsichtige
über das Internet: Sind es Einzeltäter? Sind Lockerungen des sogenannten Shutdowns wurden vereinbart. GdP-Vize Jörg Radek warnte
es Menschen, die aus einer Gruppe mit einer daraufhin die Ministerpräsidenten vor einer unterschiedlichen Umsetzung der Corona-Be-
verheerenden Tat herausbrechen? DP blickt schlüsse. Gegenüber der „Rheinischen Post“ sagte er: „Die Bewältigung dieser Krise darf
ausführlich auf dieses Thema. Dazu: Wie und kein Anlass sein, in einen politischen Wettbewerb einzutreten.“ Die Regelungen müssten
warum missbrauchen die neuen Rechten unse- für die Bürger nachvollziehbar sein. Deshalb dürfe es in einem Bundesland nicht mehr oder
re Sprache in den sozialen Medien? weniger Freiheitsbeschränkungen geben als in einem anderen. Wer durch unterschiedliche
Vorgaben eine widersprüchliche Botschaft an die Bürger sende, erschwere die Arbeit der
Polizei bei der Umsetzung der Beschlüsse, betonte er.
2 DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 DP
Titel
KOM
waltung“ zu oft mit Aktendeckel und Abhef-
ten in Verbindung gebracht wird.
MEN
Gehört werden wollen
Schauen wir nach vorn. Irgendwann wird
auch diese Krise Geschichte sein. Was
bleibt? Hinterfragt werden wird die Glaub-
TAR
würdigkeit des politischen Handelns. Es
wird Schlussfolgerungen geben – ohne
Schutzmaske und Mindestabstand. Risiko-
Foto: Hagen Immel/GdP
analysen sind dann Ladenhüter. Hochkon-
junktur haben die Auswerter der Gescheh-
nisse und Abläufe.
Bisher galt: keine Kritik im laufenden Ein-
CORONA – UND DANN? satz. Das ist weiterhin richtig. Doch nach dem
Vor die Lage
Einsatz geht das Leben weiter. Wer danach
zur Tagesordnung übergehen will und sich
denkt „Hurra, wir leben noch“, verpasst –
hoffentlich nicht sehenden Auges – eine gute
kommen Chance, vor die Lage zu kommen. Wir Polizis-
tinnen und Polizisten wissen, wovon wir re-
den. Wir hören einander zu, aber werden wir
gehört? Von anderen da draußen?
Jörg Radek
Stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Immun
Noch können wir die Krise nicht abschreiben.
A
ngesichts der unsichtbaren Bedro- gen wir an den Lippen der Fachleute, lernen Sie ist allgegenwärtig, und sie wird auf alle
hung durch das Corona-Virus und des aber täglich, dass sich der reale Verlauf ei- gesellschaftlichen Bereiche wirken. Es sind
ungewissen Verlaufs der Krisenlage ner Virusausbreitung zwar in Modellen er- gute Debatten, die über den Grad der Ein-
ist es tröstlich zu erfahren, dass viele enga- rechnen lässt. Nur hält sich das Virus auch schränkungen unserer Freiheit zum Schutz
gierte Menschen „den Laden zusammen und an die statistischen Expertisen? und der Wiederherstellung der körperlichen
am Laufen“ halten. Ein „Danke dafür“ – von Vor diesem Hintergrund verhältnismä- Unversehrtheit geführt werden. Sie verdeutli-
ganzem Herzen – ist das Mindeste. ßige Maßnahmen zu treffen ist schwierig. chen die Relevanz der Regeln unserer Verfas-
Wenn in trockenen Sommern die Wälder Denn hier wird über kein lebloses Ding sung. Die Statik unseres Grundgesetzes stabi-
brennen, heftige Stürme den Verkehr lahm entschieden. Aufgelastet wird es dieser lisiert unsere offene, zivile Gesellschaft. Ich
legen, nach starkem Regen oder zu viel ge- Bevölkerung, den Bürgerinnen und Bür- empfinde es als Glück und Privileg, in einer
schmolzenem Schnee die Flüsse über die gern unseres Landes. Das ist eine außerge- solchen Gesellschaft zu leben.
Ufer treten, dann wissen wir grundsätzlich, wöhnlich große Herausforderung an eine Das Virus bedroht zwar jede und jeden
was auf uns zukommen wird. Damit kön- wichtige politische Disziplin: die der Re- Einzelnen von uns. Wir können krank wer-
nen wir – trotz vieler begleitender trauriger gierungskunst. den, wir können sterben. Auch unser Ge-
Schicksale – umgehen. Wer sich dieser Herausforderung stellt sundheitssystem leidet. Doch der Verfas-
und schon seit Wochen stellen muss, ver- sung kann COVID-19 nichts anhaben. Sie ist
fügt nicht mehr über die großen Spielräu- immun, wird unsere Freiheit und unseren
Die Zeiten der Verwaltung me des Gestaltens. Jetzt sind Regierende ge- gesellschaftlichen Frieden erhalten.
fragt, die das Ruder fest in der Hand halten, Mir ist durchaus bewusst, dass diese
Die aktuelle pandemische Krise – ja, ich den Kurs fest im Blick haben und handeln. Worte die Sicht mancher auf das, was war,
spreche auch von einer Notlage – fordert Und dann brechen die Zeiten der Verwal- oder noch kommt, für eine abgehobene Per-
uns deutlich mehr heraus. Wir wissen nicht tung an. Da schreiten keine Bürokraten zur spektive halten. Da ist er wieder, der Rufer
genau, was jetzt noch passieren wird. Wir Tat. Damit käme man nicht voran. Da wir- aus dem Elfenbeinturm. Und was ist mit
wissen nicht, wie lange es am Ende dau- ken kreative Menschen, die Probleme nicht „meinem“ persönlichen Schicksal?
ert. Und wir wissen nicht um die Schwere einkreisen, sondern aktiv lösen. Wirklich Was Kritiker als staatliche „Schikanen“
und die Folgen von Corona. Letztlich hän- schade und unnötig, dass der Begriff „Ver- oder vermeintlich autoritäre Zwangsmaß-
DP DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 3
Titel
nahmen verleumden, dient unserer Demo- DIE GdP-PRÄSENZ IN DER MEDIALEN CORONA-KRISE
Tägliche Ansage: Die
kratie ausschließlich zur Lösung des Kern-
problems. Es gilt das verfassungsmäßige
Schutzversprechen für Leib, Leben, Gesund-
Polizei braucht
heit. Dem dienen staatliche Maßnahmen.
Gut, dass der weit überwiegende Teil der Ad-
ressaten das erkennt. Und sie können beru-
higt sein: Die Verfassung ist der Prüfstein
der Verhältnismäßigkeit dieses Tuns. Des
Tuns derer, die das Ruder führen und den
ausreichend
Kurs zeichnen.
Schutzausrüstung
Abgemagert
Wenn wir bald wieder ohne Vorbehalte in Leere Plätze in Talkrunden, geschützte Mikrofone, Anrufe
soziale Nahdistanz zu entfernterer Familie,
unseren Bekannten, Freunden und Kollegen
aus dem Homeoffice, TV-Interviews per Skype, zwei Meter
treten dürfen, werden sich die Gespräche Distanz beim Live-Studio-Gespräch. Die Medien verändern
womöglich auch darum drehen, ob es der
richtige Weg war, dem ökonomischen Ide-
sich in Pandemiezeiten gravierend. Das erleben auch
albild des „Schlanken Staates“ hin zum Cre- Funktionäre der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Ihr Motto:
do der schwarzen Null zu folgen. Es war da-
mals von staatlichem Ballast die Rede, den
sich schützen und Abstand halten.
man nicht mit sich herumschleppen wolle.
Die vernünftige Redundanz unserer staatli- Wolfgang Schönwald
chen Exekutive wurde als überflüssig und
zu teuer diskreditiert.
Und heute? Unter dem Strich hat die eiser-
ne Finanzdisziplin der 1990er-Jahre die Leis-
D
tungsfähigkeit der Polizeien in den Ländern as Corona-Virus „erreichte“ Mitte haupt- und ehrenamtlichen Gewerkschaf-
wie beim Bund spürbar geschmälert und März die GdP-Kommunikationsab- tern der GdP zum medialen Bild. Zugleich
schließlich an Grenzen geführt. Innerhalb teilung in der Berliner Stromstraße. engagieren sich die Stellvertreter des sich
von nur fünf Jahren haben die Massenmi- Die Interviewanfragen aus den Hauptstadt- längerfristig im Krankenhaus befindlichen
gration und die Corona-Pandemie den Schlei- redaktionen zu den Auswirkungen der neuen Bundesvorsitzenden Oliver Malchow, neben
er endgültig gelüftet. Dem Anblick dessen Seuche auf die Arbeit der Polizei häuften sich Radek die Landeschefs von Niedersachsen
trotzten viele mit überwältigendem Einsatz massiv: Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und Nordrhein-Westfalen, Dietmar Schilff
unter teils schwierigsten Bedingungen. meldete sich fast täglich, Tageszeitungen wie und Michael Mertens, sowie Tarifexper-
#aufeinwort heißt es häufiger in unseren „Die Welt“, „Bild“ oder „Der Tagesspiegel“ te Rene Klemmer auch in der täglichen Ge-
Posts auf den Online-Kanälen der Gewerk- klingelten in den ersten Tagen regelmäßig werkschaftsarbeit im Interesse der großen
schaft der Polizei. Lasst uns reden. Nicht nur durch. Die Einschätzungen von GdP-Vize GdP-Familie in allen Bereichen.
über das reibungslose, störungsfreie Funk- Jörg Radek waren auch in den Studios von
tionieren von Lieferketten, siehe Mund-Na- Welt TV oder Bild TV gefragt.
sen-Schutz oder Desinfektionsmittel. Allein in den ersten zwei Wochen vermit- GdP-Positionen vor
Auf den Prüfstand gehören der Grad der telte die GdP-Bund-Pressestelle 33 Interviews Millionenpublikum
Globalisierung, die Ausgestaltung des Föde- nach Medienanfragen. Dazu kamen noch
ralismus, die Privatisierung in der öffentli- zahlreiche Gespräche mit Hintergrundinfor- Als sich das hierzulande zunächst unter-
chen Verwaltung und die Ökonomisierung mationen und Pressemitteilungen. Zusam- schätzte COVID-19 stark ausbreitete, strahlte
der inneren Sicherheit. Die nächste Krise men mit den vielfältigen Presseaktivitäten in das ZDF am 17. März erstmals einen „Maybrit
kommt bestimmt. Lasst uns dann vor der den Ländern und Bezirken stellte und stellt Illner Spezial“-Talk live aus Berlin aus. Als Ex-
Lage sein. die Gewerkschaft der Polizei in diesen stür- perte neben Kanzleramtschef Helge Braun mit
mischen Zeiten eine starke Interessenvertre- am Tisch – GdP-Vize Radek. Er verwies in der
tung für die mehr als 190.000 Mitglieder dar. Diskussion darauf, dass die Polizei momen-
Ob Twitter oder Facebook, Print oder tan sehr sensibel bei der Durchsetzung der An-
Fernsehen – fast überall, wo es um Sicher- ordnungen vorgehe. Er machte in der mehr als
heitsaspekte ging, gehörten Aussagen von einstündigen Sendung, die rund 3,3 Millionen
4 DP
„„ „„
DEUTSCHE POLIZEI 05/2020
Sehen Sie Gefahren für die Jörg Radek: Nein. In ungewissen Wichtig ist, dass die Länder
Innere Sicherheit im Fall einer Zeiten verlangen Menschen von ihrer an einem Strang ziehen und
Verschlimmerung? politischen Führung transparente abgestimmte Entscheidungen
Informationen, nachvollziehbare treffen. Da scheint man ja
Vorgaben und eine klare Sprache. voranzukommen.
werden“, sagte Vize Radek mit Blick auf erste
Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen.
Die Verordnungen würden mit Augenmaß,
aber aller Konsequenz durchgesetzt. „Wer da-
bei den Dialog nicht versteht, muss auch mit
empfindlichen Strafen rechnen.“ Die Polizei
helfe nach Kräften mit, eine schnelle Weiter-
verbreitung des Coronavirus zu verhindern.
Erstmals Live-Schalte via Skype
Foto: Screenshot zdf.de
Der 31. März 2020 geht als erstes Live-Inter-
view via Skype in die Öffentlichkeitsarbeit
der GdP ein. Dabei unterstrich Radek in ei-
Zuschauer zu später Stunde verfolgten, jedoch „Handelsblatt“. Die Kontrollen seien ein ner Online-Schalte mit dem Nachrichtensen-
gleichzeitig deutlich: „Wir werden sogenann- wichtiger Schritt, um die Ausbreitung des der Welt TV (ehemals N24) aus seinem Wohn-
te Corona-Partys konsequent auflösen. Derje- neuartigen Virus zu verlangsamen. haus im Niedersächsischen, dass auch unter
nige, der eine Quarantäne bricht, ist eine All- In einem weiteren Interview forderte die erschwerten Umständen jeder in der Coro-
gemeingefahr.“ GdP die Einschränkung des Flugverkehrs. na-Krise gefordert sei, sich solidarisch zu zei-
„Wenn wir die Grenzen an Land schließen, gen. „Wir dürfen einander nicht gegenseitig
dann müssen wir auch den Luftverkehr ein- gefährden.“ Er kritisierte zudem, der Polizei
GdP mahnt genügend schränken“, sagte Radek dem Redaktions- mangele es derzeit an Schutzausstattung. De-
Schutzausrüstungen an netzwerk Deutschland (RND) mit Hinweis ren Beschaffung stelle die Behörden vor eine
auf nach wie vor durchgeführte Flüge aus große Herausforderung. Doch auch hier sei
Am selben Tag äußerte sich der Gewerk- Hochrisikozonen wie dem Iran ohne me- Solidarität gefragt, betonte der Gewerkschaf-
schafter in einem Gespräch mit der Tages- dizinische Kontrollen an den betroffenen ter. „Bei der Beschaffung von Schutzausrüs-
zeitung „Die Welt“ besorgt darüber, dass Flughäfen. Man müsse Maßnahmen treffen, tung darf es nicht zu Konkurrenz kommen.“
nicht genug Schutzausrüstungen in allen „dass so etwas nicht möglich ist“. In einem ausführlichen Interview mit der
Landespolizeien vorhanden seien: „Dar- „Süddeutschen Zeitung“ (Onlineausgabe, 3.
an muss noch gearbeitet werden“, mahnte April) berichtete der GdP-Vize über neue Be-
Radek unter Verweis auf eine GdP-Umfra- Klare und allgemeinverständliche trugsmaschen und die Frage, wie lange die
ge in den Ländern, bei der Bundespolizei Ansagen der Politik gefordert Polizei den Ausnahmezustand durchhält.
und dem Bundeskriminalamt. Auf den ers-
ten Blick seien bundesweit entsprechende Auf großes Unverständnis bei unseren Kol-
Schutzmaßnahmen, darunter Einmalhand- leginnen und Kollegen stoße die zu beo- Zunächst im
schuhe, Schutzmasken und Desinfektions- bachtende viel zu große Sorglosigkeit eines höflichen Miteinander
mittel, ergriffen worden oder zumindest in Teils der Bevölkerung, erklärte der stellver-
akuter Planung. tretende GdP-Bundesvorsitzende gegenüber Wer sich nicht an die geltenden Ausgangs-
„Ich habe volles Vertrauen in unsere Per- der Deutschen Presse-Agentur. „Unsere Kon- beschränkungen halte, ernte womöglich
sonalräte, die dafür Sorge treffen, dass Po- trollen zeigen, dass sich noch viele Men- Feindseligkeit. Wer Verstöße bei der Poli-
lizeibeschäftigte nicht unnötigen Gefahren schen versammeln und offensichtlich nicht zei melde, ebenso. GdP-Vize Radek sprach
ausgesetzt werden.“ Um diese Situation zu die Gefährlichkeit der Pandemie erkannt ha- sich Gründonnerstag in einem weiteren
umgehen, schlug Radek vor, der Bund kön- ben. Das Ansteckungsrisiko für alle Betei- dpa-Interview klar gegen ein solches Ver-
ne in diesem Fall die Beschaffung zentral ligten wird so nicht reduziert“, konstatierte halten aus: „Wogegen wir uns auch ver-
regeln. Dazu gehöre ebenso sicherzustel- er Ende März. Dieser deutliche Appell fand wahren müssen, ist mögliche Wichtigtue-
len, dass bei Kolleginnen und Kollegen im sich in vielen Medien wieder. rei und vor allen Dingen auch Denunzian-
Dienst beispielsweise die Kinderbetreuung In der 20.00-Uhr-Ausgabe der „Tages- tentum. Das birgt Zündstoff.“ Er schlug vor,
oder ausreichende Möglichkeiten der Pflege schau“ am 21. März forderte die GdP von den Konflikte erst einmal untereinander zu klä-
Angehöriger gewährleistet seien. Regierungschefs der Bundesländer klare ren. „In einem höflichen Miteinander kann
Die GdP positionierte sich auch zu der be- und allgemeinverständliche Ansagen, wenn man sich da schon verständigen, ohne dass
schlossenen Wiedereinführung von Grenz- sie Ausgehbeschränkungen und Verbote ver- man gleich die Polizei ruft.“
kontrollen. Diese Maßnahme sei sinnvoll. künden. „Es ist wichtig, dass die zuständigen An diesem Tag herrschten drei Wochen
„In dieser Situation haben sie die Funktion Spitzen der Verwaltung ihre Entscheidungen verschärfte Ausnahmebeschränkungen in
eines Wellenbrechers“, erklärte Fachmann erklären und klarstellen, dass Verstöße ge- Deutschland und der DP-Redaktionsschluss
Radek, von Hause aus Bundespolizist, dem gen Ausgehbeschränkungen auch geahndet für die Mai-Ausgabe stand bevor. I
DP DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 5
Titel Besucht uns im Netz
GdP.de
gdp.bund
@gdppresse
gdp.de
GdP-SOCIAL-MEDIA-KANÄLE ren verschwunden. Stattdessen:
Solidaritätsbekundungen für die
Wie Corona Krisenhelfer. Die GdP-Danksa-
gung an das Gesundheitswesen
erreichte über 13.000 Menschen.
unsere Gefühle Darin stand: „Für alle, deren Ho-
meoffice keine weiche Couch
hat.“ Der Kampf gegen einen ge-
herausfordert meinsamen Feind hatte die Men-
schen geeint. Für einen kurzen
Moment…
Facebook und Co. sind Informationsquelle
und Zeitvertreib. Doch Social Media ist Misstrauen
auch Seismograph unserer Gefühle. Die
Auf deren Abwesenheit reagier-
Corona-Krise hat das verdeutlicht. Eine te die GdP am 10. März auf Face-
Online-Chronik unserer Emotionen. book: „Transparente Infos, ver-
ständliche Vorgaben, klare Spra-
Danica Bensmail che – JETZT!“, stand unter einem
Foto der „Merkelraute“. Diese
Forderung nach Führung gefiel
106 Menschen. Sie machten ih-
D er Mund der Frau war hinter einem Blatt Papier verborgen. Darauf
stand: „Lieber ein Lächeln schenken, statt Hände schütteln.“ Es
war die erste Reaktion der GdP in den sozialen Medien auf das Coro-
ren Sorgen Luft: Merkel sei nur
eine „Kanzlerdarstellerin“ schrieb
einer. „Ich vertraue lieber dem
na-Virus. An diesem 27. Februar war das Internet noch in Aufruhr über Robert-Koch-Institut“, kommen-
den Thüringer AfD-Wahleklat. Damit war jetzt Schluss. Die Krankheit tierte eine andere. Und die Kanz-
hatte Deutschland erreicht: Zwei Menschen waren daran gestorben. lerin? Ließ auf sich warten… Panik & Zorn
Die Medien gingen in Dauerberichterstattung. Social Media wirkte
wie ein Brandbeschleuniger für die von ihnen geschürte Unsicherheit: Mit steigenden Infektionszahlen
Wo bitteschön steckte in dieser Situation eigentlich die Kanzlerin? wuchs die Panik. Die GdP pos-
tete am 19. März: „Keine Zeiten
für Partys – Virus ausbremsen“.
Der Appell erreichte 17.000 Men-
schen. In den Kommentarleisten
wurden Rufe nach Strafen lau-
ter. Quarantänebrecher und Co-
rona-Party-Gäste wurden auf
Twitter und Co. öffentlich an den
Pranger gestellt.
Besonnenheit
Einigkeit Vielleicht war es die Sonne, die
sich jetzt öfter zeigte, aber das
Als sie vor die Kameras trat, hat- Miteinander im Netz wurde wie-
te Corona unseren Alltag bereits der verträglicher. Unter dem grü-
grundlegend verändert. Nicht nen Stern war klar: Das Virus
nur die Straßen waren leer. Au- kann man nur gemeinsam erfolg-
Fotos (4): Screenshot Facebook
genscheinlich hatte das Virus reich bekämpfen. Kurz:
die üblichen Streithähne aus den #werkannbleibtzuhause. Die-
Kommentarleisten vertrieben: ser GdP-Hashtag stieß Online auf
Nazis, Antifa und Populisten wa- reichlich Zustimmung.
6 DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 DP
Titel
Anfang April in Hessen: Die Polizei
auf Streife. Gesperrte Zufahrtsstraßen
zum Großen Feldberg sollen einen
Massenandrang von Freizeitlern
verhindern.
Foto: Screenshot Facebook
Für den Moment schien das aber
Humor egal, denn Humor ist, wenn man
trotzdem lacht.
Die plötzliche Bedrohung hat-
te dem Gewohnheitstier Mensch
ein hohes Maß an Flexibilität ab-
Foto: Andreas Arnold/dpa
verlangt. Doch die Bewältigung
der neuen Belastungen hatte Gelassenheit
auch sein Selbstvertrauen ge-
stärkt. Genug, um (über sich Die GdP hatte in den vergange-
selbst) zu lachen? Am 3. April nen Wochen immer wieder zu So-
DIE POLIZEI IN DER CORONA-LAGE
postete die GdP ein Bild. Es glich lidarität und einem gelassenen
Der Alltag
der Anzeige einer Online-Tausch- Umgang miteinander aufgerufen.
börse. Darunter stand: „EILT: Tau- Am Gründonnerstag postete sie
sche ROLEX gegen Klopapier.“ folgenden Appell auf Facebook:
ist die Krise
Angst, Zorn und der verbissene “Anschwärzen und verpfeifen?
Kampf um Ressourcen waren in Redet miteinander bevor ihr die
den Kommentaren einem brei- 110 wählt”. Bei Redaktionsschluss
ten Grinsen gewichen. Sicher, hatte der Beitrag über 265.000
noch war die Kuh nicht vom Eis. Menschen erreicht. Er sammelte
1.105 Likes und wurde fast 2.000
Mal geteilt. Aller Ungewissheit
Es ist nur eine Momentaufnahme. Bis Mitte
zum Trotz: Dieses gewaltige Maß April hat DP ins Land gefragt, wie Corona
an Zustimmung lässt uns nicht
nur optimistisch in die Zukunft bli-
auf den Dienst wirkt. Ein vollständiges Bild
cken, sondern auch gelassen... I zeichnete sich selbstverständlich nicht ab,
jedoch die Gewissheit, dass die Folgen der
Pandemie nach COVID-19 gewerkschaft-
lich aufgearbeitet werden müssen.
Eindrücke aus der Mitgliedschaft.
DP DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 7
Künftig müssen wir die Frage beantworten,
ob wir einen entsprechenden Vorrat an
Führungs- und Einsatzmitteln anlegen oder
hierzulande eine Notfallindustrie etablieren,
die solche Produkte vorhält.
Foto: beermedia – stock.adobe.com
Michael Zielasko die wegen eventueller Quarantänemaßnah- um das Spurenbild nicht zu verunreinigen.
men ausfallen. Natürlich ist auch für das Durchführen einer
Und: Bürgerkontakte werden möglichst Leichenschau in Altenpflegeheimen aktuell
reduziert. Die GdP hat ja auch schon appel- ein besonderer Schutz nötig.
Wie sieht es mit den getroffenen Schutz- liert, zum Beispiel die weit verbreiteten On- Künftig müssen wir die Frage beantwor-
maßnahmen für die Polizei aus? line-Wachen zu nutzen. ten, ob wir einen entsprechenden Vorrat an
Mundschutz – teils auch FFP3-Masken – Führungs- und Einsatzmitteln anlegen oder
scheinen prinzipiell ausreichend vorhan- Ist die notwendige Ausstattung flächen- hierzulande eine Notfallindustrie etablie-
den. Manche „Interventionsfahrzeuge“ deckend vorhanden, regelmäßiger Nach- ren, die solche Produkte vorhält.
sind mit höherwertigem Material bestückt. schub gesichert?
Tagesaktuell werden Bedarfe statistisch er- Krisenstäbe kümmern sich darum, die Ver- Fühlt Ihr Euch durch den Dienstherrn
fasst, notwendige Umverteilungen eingelei- sorgung sicherzustellen. Aber: auf ein- ausreichend informiert?
tet und Nachbestellungen ausgelöst. zelnen Dienststellen sind die Materialen Intern sorgt der Dienstherr für Informations-
Dass ein gewisser Abstand untereinan- knapp. Das betrifft gleichermaßen Einweg- fluss, die Medien sind allgegenwärtig. In die-
der gehalten wird, ist in den Einsatzein- anzüge, Atemschutzmasken, Einweghand- sen Zeiten hat der Informationswert jedoch
heiten nicht immer konsequent umzuset- schuhe und Desinfektionslösungen. Es wird nur eine sehr kurze Halbwertzeit. Nahezu je-
zen. Beamtinnen und Beamte werden ins jedoch auch berichtet, dass sich die Lage zu- der Einsatztag ist mit neuen Vorgaben und
„Homeoffice“ beziehungsweise als Reserve nehmend verbessert und die Abläufe einge- rechtlichen Voraussetzungen verbunden.
nach Hause geschickt, um im Bedarfsfall übt sind. Und die Kripo? Die Schutzausstat- Ja, das stresst zusätzlich und sorgt bei vie-
gesund bereit zu sein. Natürlich sollte man tung wird ja dort durchaus schon für die len Bürgern, aber auch bei uns, für Verwir-
auch Einsatzkräfte schnell ersetzen können, „ganz normale“ Tatortaufnahme benötigt, rung. An manchen Tagen ist es schwierig,
„„
8 DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 DP
Unterm Strich wird deutlich, dass auf allen
Ebenen unglaublich engagiert gearbeitet wird.
Krisen schweißen zusammen, und das erleben
wir aktuell hautnah.
Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Corona-Lage Anfang April:
Polizeikräfte kontrollieren in
einem beliebten Stuttgarter Park.
alle Informationen zeitgerecht zu erfassen. ne Rede sein. Mindeststärken wurden redu-
Da rutscht auch mal etwas durch. Die inter- ziert, Dienstplanmodelle teilweise geändert,
ne Öffentlichkeitsarbeit ist aber meist breit zum Beispiel 12-Stunden-Dienste wieder ein-
angelegt und umfasst vielfältige Medien. Zu
vernehmen ist ebenso, dass die Kommuni-
kation mit den Personalvertretungen sich
„„Der Bedarf an
geführt. Gleitzeit wurde ausgedehnt und alle
denkbaren Maßnahmen getroffen, damit ein
Arbeiten in Einzelbüros möglich ist.
verbessert hat. Man ist ja auf schnelle Zu- sichtbarer polizeilicher Es gibt auch ein Gefälle zwischen der
stimmungen angewiesen. Aber, ob das über- Stadt – mit starken Ordnungsbehörden –
all so ist? Präsenz ist im Übrigen und dem Land mit praktisch keinen Ord-
nungsbehörden im Außendienst – und ei-
Wie wirkt sich die Coronakrise auf Euren
gestiegen. Es zeigt sich, ner dann starken Einbindung der Polizei.
dienstlichen Alltag aus? Kann man noch dass polizeiliche Unterm Strich wird deutlich, dass auf al-
von Alltag sprechen? len Ebenen unglaublich engagiert gearbeitet
Alltag ist die Krise. Das Durchsetzen der Co- Aufgabenwahrnehmung wird. Krisen schweißen zusammen, und das
ronaverordnungen ist eine völlig neue He- nicht in Zahlen nach erleben wir aktuell hautnah.
rausforderung. In der DNA der Schutzpo-
lizei ist das so nicht verankert. Dazu kom- Ordnungswidrigkeiten, Behindert der Föderalismus koordinierte
men sich schnell verändernde Vorschriften. polizeiliche Maßnahmen?
Wer sich als Reserve am Heimatort befindet,
Strafanzeigen oder Man bemerkt die Unsicherheit bei den Bür-
weiß, dass jederzeit der Abruf zum Einsatz Verkehrsunfällen zu gern. Welche Maßnahmen gelten denn nun
kommen kann. Da sind Organisationstalent konkret für das jeweilige Land? Oft werden
und Leidensfähigkeit, vor allem von der Fa- zählen ist. Verbote oder Bußgeldkataloge aus anderen
milie, gefragt. Ländern zitiert, und die Kolleginnen und
Trotz allem beweisen die Kolleginnen und Kollegen klären dann auf. In diesem Fall
Kollegen ein sehr ausgeprägtes Fingerspit- führt der Föderalismus zu einem Mehrauf-
zengefühl und arbeiten mit Auge. Das ist be- wand. Bei einer einheitlichen Vorgehens-
eindruckend. Von Normalität kann aber kei- weise wäre das vermieden worden.DP DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 9
Titel
Besonders deutlich wird das in Stadt- DIE POLIZEI IN DER CORONA-LAGE
staaten. Die Wege zu den Landesgrenzen
sind nicht weit. Teils ist Verunsicherung
bei denen gegeben, die Landesgrenzen
überqueren. Das führt zu verstärkten loka-
Mit Kollegialität und
len Anfragen.
Wie begegnen Euch die Bürger? Erfahrt
Organisationstalent
Ihr mehr Unterstützung, spürt Ihr ver-
stärkt skeptische Blicke?
Der weitaus größte Teil der Bevölkerung Was machen die Polizeiverwaltungen in diesen Zeiten?
hat Verständnis. Erklärungen sind da not-
wendig, wo andere Behörden nicht konse-
Auch sie halten den Laden am Laufen. Was jedoch nicht so
quent handeln und die Amtshilfe der Poli- einfach ist. DP fragte Mitte April nach und fasste Stimmen
zei erschweren. So ist kaum vermittelbar,
warum Kioske, die überwiegend vom Al-
aus dem Land zusammen. Momentaufnahme zweiter Teil.
koholverkauf profitieren, geöffnet haben
dürfen – und das entsprechende Klientel
zum Verweilen einlädt –, während Restau-
rants geschlossen sein müssen. Auch wenn
Kräfte einschreiten müssen, um bei schö- Michael Zielasko
nem Wetter Personengruppen zu zerstreu-
en, überwiegen Verständnis und Vernunft.
Aber: Nach einer anfänglichen Schockstarre
scheint das Einsatzgeschehen wieder Fahrt
D
aufzunehmen. Die Menschen zieht es wie- er Dienstbetrieb in den Poli-
der auf die Straße, womöglich auch in Grup- zeiverwaltungen müsse na- chentlichem Wech-
pen. Das ist eine Herausforderung. Und es türlich in dieser Krisenzeit sel. Auch dort sei es möglich, mit
gibt Gruppierungen, die die Handlungser- aufrecht gehalten werden, erklärt ein Kol- VPN-Notebooks zu arbeiten. Dies allerdings
fordernisse nie verstehen werden. Und Er- lege. Getreu dem Motto #stayathome sei es nur, weil Kontaktbereichsbeamte Schicht-
klären hilft da in aller Regel nicht. wichtig, dass sich möglichst viele Beschäf- dienst versähen und die Laptops aus den Sta-
tigte in den eigenen vier Wänden schützen tionen zur Verfügung stünden.
In sozialen Medien wird nun behauptet, könnten. Zwar ließen sich trotz aller ver- An anderer Stelle, so wird DP gemel-
die Polizei könne ja jetzt Überstunden ab- fügbaren Technik nicht alle Verwaltungs- det, gebe es relativ viel Telearbeit. Im Prä-
bauen? tätigkeiten von zu Hause erledigen, mit Kol- sidium „fühle“ man eine Anwesenheit von
Wer so argumentiert, hat von der aktuel- legialität und Organisationstalent könne rund 40 Prozent. Manche seien zum Schutz
len Situation schlicht keine Ahnung. Rund jedoch vieles im Homestatus gelöst werden. in Dienstbefreiung geschickt worden. Inte-
um die Uhr sind Beamtinnen und Beamte So drucke ein Kollege auf der Dienststelle ressant sei jedoch, dass der Krankenstand
im Einsatz, um die Bürger oft auch vor sich für die anderen aus und bringe die Post weg. in der Behörde lange nicht mehr so niedrig
selbst zu schützen. Wie in allen Bereichen Sofern sich das ausgleiche und abwechselnd war, wie im Moment.
sind Regeln, vor allem offenbar Quarantä- erfolge, steigere dies das Zusammengehörig- Manche würden zwar gerne ihre Arbeit
neverfügungen, nicht jedermanns Sache. keitsgefühl. im Homeoffice erledigen – manche dürften,
Der Bedarf an sichtbarer polizeilicher Prä- andere nicht. Das führe auch zu Frust, sagt
senz ist im Übrigen gestiegen. Es zeigt sich, eine Kollegin.
dass polizeiliche Aufgabenwahrnehmung Im Homeoffice? Einem Kollegen zufolge unterstützt der
nicht in Zahlen nach Ordnungswidrigkei- Da, wo es geht. Verwaltungsdienst in seinem Land ver-
ten, Strafanzeigen oder Verkehrsunfällen mehrt auch die Polizeiärzte sowie das me-
zu zählen ist. Bei entsprechend vorhandenen Arbeitsauf- dizinische Personal bei administrativen Tä-
Interessant wird, ob der Resturlaub über- gaben werde Homeoffice angeordnet und tigkeiten.
haupt noch abgebaut werden kann und wie würden Beschäftigte mit Laptops ausgestat-
die Länder damit umgehen. Gleiches gilt für tet, von denen aus der externe Zugriff auf die
Foto: fotohansel – stock.adobe.com
die Verjährung von Mehrarbeit und den Ver- dienstliche E-Mail-Adresse und Netzlaufwer- Der heiße Stein
fall von Arbeitszeit. Aber, die Regierungen ke (VPN) möglich ist, ergänzt ein Kollege. In
sind auf das Engagement der Kräfte ange- der Dienststelle eines anderen Landes waren Gerade jetzt seien die Polizeiverwaltungen
wiesen. Das fördert die Kompromissbereit- die Beschäftigten in zwei Gruppen aufgeteilt gefragt. Einsatzmittel, Fahrzeuge, Rechnun-
schaft. I worden: Homeoffice und Dienststelle in wö- gen und natürlich: dringende Beschaffungs-„„
10 DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 DP
Lieferungen kämen Hilfreich
tröpfchenweise und
seien dann immer
Überraschungseier,
hören wir.
maßnahmen für BAO-Lagen seien weiterhin SEXUELLE GEWALT GEGEN KINDER
Diese Checkliste
„täglich Brot“, schreibt ein Kollege der DP.
Die Kräfte des operativen Dienstes vermittel-
ten dem Bürger ein Sicherheitsgefühl: „Wir
sind für Euch da. Und wir sind es eben für
unsere Kolleginnen und Kollegen.“ Und so
greife ein Rad ins andere.
Übrigens hatten Polizeiverwaltungen kann beim
Helfen helfen
schon in den ersten Tagen der Krise ver-
sucht, „aufzurüsten“. Da erntete man noch
ein Lächeln, stellt eine Kollegin fest. Bestän-
de waren gezählt und gleichmäßig verteilt
worden. Kleine Mengen Hand- und Flächen-
desinfektionsmittel konnten nach langem
Telefonieren und Verhandeln mit Apothe- „Zu vermuten ist, dass Straftaten wie Gewalt im häuslichen
ken erworben werden – der sprichwörtli-
che Tropfen auf den heißen Stein. „Bei uns
Umfeld zunehmen werden, womöglich auch Vorfälle
wurden Hebeldesinfektionsspender ange- gegenüber Kindern“, so der stellvertretende
fordert. 50 haben wir organisiert, das dazu-
gehörige Desinfektionsmittel gab es leider
Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP)
nicht. Und die Pumpe passte nicht auf un- Jörg Radek zur Zeitung „Die Welt“. Die Redaktion hatte
sere vorrätigen Desinfektionsflaschen.“ Um
die Lieferzeit zu überbrücken, hatten die Lo-
nach seiner Prognose der Straftatenentwicklung 2020 vor
gistiker jedoch ein bisschen „gebastelt“. dem Hintergrund der Corona-Krise gefragt. Das DP-
Ein Kollege erzählt: „Wir haben tatsäch-
lich noch einen Karton Desinfektionsmittel
Autorentrio gibt den Kolleginnen und Kollegen im Einsatz
erhalten, und wir bekommen Einweghand- eine ausführliche Checkliste an die Hand.
schuhe gestellt.“ Bestellt worden waren jetzt
auch Trennwände aus Plexiglas für die Kun-
densachbearbeitung. Anderenorts wurde
festgelegt, Lenkräder und Schaltelemente Josefine Barbaric „Nein, lass das!“ e. V. und
nach der Fahrzeugnutzung zu desinfizieren. Rainer Becker, Deutsche Kinderhilfe e. V.,
unter Mitwirkung von Dr. Verena Kolbe,
Institut für Rechtsmedizin der Universität Rostock
Überraschungseier
Schnell wird klar: Die Lieferketten funkti-
onieren momentan nicht wie gewohnt. Die
starke Nachfrage nach Latexhandschuhen
oder Masken überfordern die Lieferanten.
Auch Logistikzentren könnten nicht mehr
alle zentral zu beschaffenden Artikel or-
dern. Lieferungen kämen tröpfchenweise
und seien dann immer Überraschungseier,
hören wir. Zwischenzeitlich stellten auch
Apotheken Desinfektionsmittel für die Po-
lizei her. Es meldeten sich externe Firmen,
die beispielsweise Atemschutzmasken an-
bieten. „Das freut uns“, sagt ein Kollege.
Eine Kollegin erzählt DP noch von einer
Foto: Андрей Яланский – stock.adobe.com
Rechenaufgabe, die den Verwaltungskräf-
ten gestellt worden war: Wie viel Schutzaus-
rüstung werde in den nächsten zwei Mona-
ten gebraucht? Das habe große Fragezeichen
ausgelöst. Letztendlich habe man aus dem
Bauch heraus einen Bedarf bestimmt. I„„
DP DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 11
Zum Download Sexuelle Gewalt an
des Beitrags
www.gdp.de Kindern ist eine stille
Gewaltform.
Kinder erleben sexuelle Gewalt häufig im Vollständige und umrissene Symptomlisten,
Eigene Arbeit verbessern engsten familiären oder sozialen Umfeld. So die sexuelle Gewalt an Kinder klar aufzei-
bleiben von Eltern, einem Elternteil oder Ge- gen können, liegen derzeit nicht vor. Kon-
Fakt ist: Checklisten sind kein Allheilmittel. schwistern verübte Taten häufig länger un- krete Hinweise sind derzeit Geschlechtser-
Sie können und sollen ein an die jeweilige entdeckt. Für betroffene Kinder ist es sehr krankungen wie Genitalherpes, der nahe-
Situation angepasstes eigenes Denken und schwer, über den erlebten Missbrauch mit zu nur über sexuelle Handlungen an einem
Handeln nicht ersetzen. Einen Fall einfach Dritten zu sprechen. Sie ängstigen sich davor, oder mit einem Kind übertragbar ist. Oder
nur abzuarbeiten, wäre jedoch nicht richtig. die Täterin oder den Täter zu verraten. Zudem auch Spermanachweise am oder im Körper
Das Nutzen durchdachter Listen kann ge- fürchten sie sich, unter Umständen ihre Fa- des Kindes sowie eine Schwangerschaft.
machte Erfahrungen und erkannte Fehler milie und damit ihr Zuhause zu verlieren. Doch nicht jedes Opfer weist entsprechen-
mit in die eigene Arbeit – und für den jewei- Betroffene Kinder sind oft von Tätern de Befunde auf. Umso wichtiger ist es, sich
ligen Fall – einfließen lassen. Das Berück- oder dem nicht missbrauchenden Elternteil bewusst zu machen, dass jedes betroffene
sichtigen einer solchen Checkliste wird die abhängig. Verstanden werden muss, dass Kind sich unterschiedlich bemerkbar macht.
Qualität der eigenen Arbeit bei Gefahrenab- sie seelisch extrem hin- und hergerissen Diese Hinweise können sowohl sehr auffälli-
wehr und Strafverfolgung verbessern. Nicht sind. Klar ist: Ein Kind löst den sexuellen ger als auch subtiler Natur sein. Die Zeichen
zuletzt können sie eine Diskussionsbasis für Missbrauch niemals selbst auf. Darum sind richtig zu deuten, ist nicht immer einfach.
ein konstruktives Hinterfragen des eigenen eine nachhaltige Beweisaufnahme und eine Jedoch gibt es Symptome, bei denen man ge-
Vorgehens bei der Arbeit vor Ort sein. sensible Befragung durch die Polizei umso nauer hinschauen sollte.
wichtiger.
Übrigens: Bei Ermittlungen in Zusam-
Eine polizeiliche menhang mit kinderpornografischen Taten Die Kinder …
Checkliste bei (Bild- und Tonträger) sollte insbesondere bei
Durchsuchungen und Befragungen in Be- … klammern sich stark an eine Bezugsper-
sexueller Gewalt tracht gezogen werden, dass Tatverdächtige son.
oder sexuellem aktiv sexuellen Missbrauch an eigenen oder
fremden Kindern begangen haben könnten.
… wollen nicht mehr allein zu Hause blei-
ben, wenn der Täter beispielsweise aus
Missbrauch von Erfahrungsgemäß geschieht dies in 20 bis dem familiären Umfeld kommt.
30 Prozent aller Fälle. Angeraten sind daher …
wollen nicht mehr zum Sport gehen,
Kindern bis zu entsprechende Ermittlungen und tiefer ge- wenn der Täter aus dem sportlichen oder
14 Jahren hendes Hinterfragen. dem Vereinsumfeld kommt.
… wollen das häusliche Umfeld nicht mehr
allein verlassen, wenn der Täter aus dem
Strafgesetzbuch (StGB): Paragrafen 174 Erster Angriff: sozialen Umfeld kommt.
StGB, 174 a StGB, 174 b StGB, 174 c StGB; 176 Erkennungsmerkmale und … wollen nicht mehr mit bestimmten Ange-
StGB, 176 a StGB, 176 b StGB; 177 StGB; 184 mögliche Symptome beim hörigen konfrontiert werden.
b und184 c StGB betroffenen Kind … wollen nicht mehr allein schlafen.
GdP_Deutsche_Polizei_Anzeige_Maiausgabe_032020.pdf; s1; (210.00 x 75.00 mm); 24.Mar 2020 12:49:36; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien ANZEIGE
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zeitpunkt getragen hat. Wechselkleidung milie, Onkel, Tante, Mutter, Großmutter,
ist hilfreich, falls Kleidungsstücke sicher- Bruder, Schwester, Trainer/Übungsleiter,
gestellt werden. Begleitende oder anzeigen- Schwimmlehrer, Musiklehrer, Lehrer oder
de Elternteile sowie andere Erwachsene be- Erzieher.
nötigen dringend diesen Hinweis. Denn:
Überdurchschnittlich viele Strafverfahren Zustand …
von sexuellem Missbrauch an Kindern wer-
den aus Mangel an Beweis- oder Spurensi- … Alkoholisiert? Blutprobe.
Foto: altanaka – stock.adobe.com
cherung eingestellt.
Zudem braucht es eine vertraute und war- … Drogeneinfluss? Urin-, Blut-, oder Haar-
me Gesprächsatmosphäre für die Befragung probe.
des Kindes und des anzeigenden Erwachse-
nen. Natürlich können auch anzeigende Er- … DNA-Test: Speichelprobe.
… haben Schlafstörungen und Albträume. wachsene selbst verunsichert oder vielleicht
… zeigen plötzliche Verhaltensänderungen. traumatisiert sein. Also: sensibel und ruhig Machen:
… sprechen in Fäkalsprache. vorgehen. Signale, dass man den Aussagen
… benutzen unter Umständen obszöne Be- des Kindes sowie der Begleitperson Glau- — Feststellen der Identität, gegebenenfalls
grifflichkeiten für Genitalien. ben schenkt, sollten zu jeder Zeit gesendet erkennungsdienstliche Behandlung.
… werden selbst sexuell übergriffig. werden.
… haben Konzentrationsstörungen und ei- — Zeugen ermitteln – Mit- und Hausbewoh-
nen Schulleistungsabfall. Fragen: Wo befand sich der Tatort oder die ner, Auskunftspersonen Mitschüler, bes-
… nehmen an Gewicht ab oder zu und ent- Tatorte? te Freundin oder bester Freund); Feststel-
wickeln womöglich Essstörungen. len der Personalien bei Zeugen.
… waschen sich unangemessen oft oder gar Machen: eine sofortige „Sicherstellung“ des
nicht mehr. Tatortes sowie eine kriminaltechnische Un- — Fragen, zum Beispiel nach der Häufigkeit
… tragen an bestimmten Tagen nicht nach- tersuchung auf eventuelle Spuren. und Art wahrgenommener Übergriffe so-
vollziehbar mehrere Kleidungsstücke Auf Suggestivfragen verzichten. Die Ge- wie der An- oder Abwesenheit personen-
übereinander. fahr der Manipulation sollte beim Kind sorgeberechtigter Personen.
… nässen oder koten wieder ein. und dem anzeigenden Erwachsenen aus-
… lehnen Zärtlichkeiten ab. geschlossen sein. Der „Vorgang“ sollte stets — Täterverhalten wahrnehmen.
… sprechen häufig vom Tod. ernst genommen werden. Unter Umständen
… laufen von zu Hause weg. ist der ermittelnde Beamte die einzige In- — Sofortige Übergabe des Vorganges an ein
stanz, die helfen kann. Kinder können den Kriminalkommissariat, eine Kriminalpo-
sexuellen Missbrauch nicht allein beenden, lizeiinspektion oder Fachkommissariat.
Worauf zu achten ist: sind auf die Hilfe von begleitenden erwach-
senen Menschen und der Polizei angewie- Und:
Bei einem begründeten Verdacht auf einen sen. Auch dem anzeigenden Erwachsenen
akuten sexuellen Missbrauch eines Kindes fällt es häufig enorm schwer, sich zu ent- Gibt es keinen längeren zeitlichen Abstand
sollte in den ersten 24 Stunden nach der scheiden, die Polizei einzuschalten. zwischen der vorgeworfenen Tat und den
möglichen Tat unbedingt eine Beweissiche- Im Gespräch sollte keinesfalls ein Ge- Antreffen des Täters? Dann die komplette
rung in einer Opferambulanz oder vergleich- neralverdacht gegen den begleitenden Er- Kleidung sicherstellen.
baren rechtsmedizinischen Einrichtung er- wachsenen erhoben werden. Zum Beispiel
folgen. Die dortigen Ärzte sind auf diese Fäl- wegen des Verdachts auf eine sogenannte (Sexuelle) Gewalt gegen Kinder sollte im-
le geschult und können das Verletzungsbild Bindungsintoleranz. Das verunsichert nur mer als Sofortsache bearbeitet werden. Dies
genau zuordnen. Bei akuten behandlungs- unnötig. gilt auch für die Abgabe des (vorläufigen) Er-
bedürftigen Verletzungen sollte abhängig Beim Gefühl eigener Unsicherheit sollte mittlungsergebnisses an die Staatsanwalt-
vom Alter des Kindes eine Vorstellung in ei- eine Kollegin oder ein Kollege hinzugezogen schaft (StA).
ner Kinderklinik beziehungsweise Gynäko- werden. Auch eine Anfrage bei einer spezi-
logie unter Hinzuziehung der Rechtsmedi- alisierten Beratungsstelle für Betroffene se- Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die
zin erfolgen. xueller Gewalt ist hilfreich. Frage lohnt, ob der Vorgang bei der StA ein-
Das Kind sollte nach der Tat bis zum Ab- gegangen ist. Die Bitte nach einer Eingangs-
schluss der rechtsmedizinischen Untersu- Zum Täter … bestätigung ist empfehlenswert, auch der
chung und Sicherung eventueller Spuren persönliche Kontakt ist ratsam. Mehr als zu-
am Körper nicht gereinigt werden. … häufig aus dem engsten oder engerem rückgewiesen zu werden, kann einem nicht
Zur Untersuchung erscheint das Kind im sozialen und familiären Umfeld: Vater, passieren. Zudem hilft es, Aktenvermerke
besten Fall in der Kleidung, die es zum Tat- Stiefvater, Großvater, Freunde der Fa- anzulegen und zu bewahren. IDie bessere Bank
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Folgen Sie uns14 DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 DP
Hingeschaut Bei der Zollverwaltung wisse die Öffentlichkeit nicht einmal, was sie mache,
geschweige denn, wie viel Personal sie habe, erklärte Frank Buckenhofer,
für den Zoll zuständiger stellvertretender Vorsitzender der GdP Bundes-
polizei, der „Berliner Zeitung“ Mitte April: „Wir haben eine Kokainschwemme,
eine Crystalschwemme und vieles mehr. Aber dafür interessiert sich
niemand ernsthaft im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags.“
T
riebfeder Nummer eins der Organi-
sierten Kriminalität (OK) ist das Geld-
verdienen. Die „Branchen der Gier“
sind oft kriminell, nahezu unerschöpflich
und umfassen sämtliche Bereiche des ge-
sellschaftlichen Lebens. Wirtschaft, Politik,
Kultur, Soziales, Sport, Freizeit, Wissen-
schaft und selbst Behörden sind Ziel kri-
minell organisierter Gruppen, die sich auf
„Fette-Beute-Machen“ spezialisiert haben.
So wie Verbote – beispielsweise die Pro-
hibition in den USA – die Mafia stark ge-
macht haben, sind heute marktwirtschaft-
lich bedingte erhebliche Verknappungen
lebenswichtiger Waren eine günstige Gele-
genheit, zweifelhafte Gewinne zu scheffeln.
Und so etwas wie Prostitution floriert in der
Unterwelt.
Mit zur rechten Zeit gemachten spekula-
tiven Aufkäufen oder gar Diebstählen drin-
gend benötigter Produkte sowie dem Ver-
kauf von Produktfälschungen lassen sich
schon jetzt beachtliche Profite erzielen.
Foto: Oleg – stock.adobe.com
Und das mitten im Shutdown der erschüt-
terten Industrieländer. Man muss jedoch
über Strukturen einer internationalen, ar-
beitsteiligen und skrupellosen Gruppierung
verfügen, die eine solche Logistik stemmen
CORONA-KRISE? kann. Manche gewinnen schon am bloßen
Die OK bleibt
„Online-Vortäuschen“ des Besitzes begehr-
ter Waren. Größere Summen ergaunern las-
sen sich mit der geschickten Abzocke von
zurzeit hastig und mit wenig Kontrolle be-
im Geschäft reitgestellten öffentlichen Mitteln. Mit ihnen
sollen eigentlich medizinische, wirtschaftli-
che und infrastrukturelle Herausforderun-
gen abgefedert werden.
Nach der Corona-Krise werden wir in die
Analyse-Phase eintreten. Bewilligungs- und
Die Corona-Krise ist für Kriminelle Fluch und Segen Genehmigungsbehörden entdecken in ihren
Bescheiden Fälle, die sicherlich auch für Er-
zugleich. Drogen und illegale Zigaretten finden zurzeit nur mittler von Polizei und Zoll von größtem In-
schwer Absatz, Bordellen fehlen die „Kunden“. Der teresse sind. Auch die üblichen Märkte (Dro-
gen, Zigaretten und Prostitution) bedienen
Arbeitsmarkt boomt nicht und aus Restaurants und ihre Interessenten. Gebunkerte illegale Ge-
anderen Geschäften, die geschlossen haben, kann man winne von Bargeld und Gold werden wie-
der mobilisiert. Polizei, Zoll und Justiz ha-
kein Geld herauspressen. Dennoch erschließen sich neue ben dann genug zu tun.
Möglichkeiten der illegalen Bereicherung. Alles in allem wird die Organisierte Kri-
minalität (OK) jede Krise gestärkt überleben.
Frank Buckenhofer Selbst in der nur theoretischen Annahme ei-
Vorsitzender der GdP-Bezirksgruppe Zoll nes unmittelbar bevorstehenden Weltunter-
gangs wird sie noch Kapital schlagen. Die
OK agiert eben ökonomisch mit der gleichen
Gier wie Teile der redlichen Wirtschaft – nur
kriminell und grenzenlos. IDP DEUTSCHE POLIZEI 05/2020 15
Buchtipp Das Dienstunfallrecht für Bundes-
und Landesbeamte, Dienstunfall –
Begutachtung, Unfallfürsorge
Dr. Jörg-Michael Günther,
Prof. Dr. Lars Oliver Michaelis, Jörg Brüser
C.H.BECK, 2019, 286 Seiten, 59 Euro,
ISBN 978-3-406-73586-8
Das Dienst- der Lauf bahnausbildung, Verletzungen
durch Angriffe im Dienst, Wegeunfällen,
die sich bei Unkenntnis schnell als Stolper-
stein der Rechtedurchsetzung herausstel-
unfallrecht für bei Auslandsverwendungen, im Homeof-
fice, Infektionen durch Ansteckung vom
len können. Dabei ist es gelungen, in – ge-
rade für Anwender und Betroffene – über-
polizeilichen Gegenüber bis zu psychischen aus verständlicher und gut lesbarer Form
Bundes- und Erkrankungen nach belastenden Situatio- die Grundlagenbegriffe und Zusammenhän-
nen. Das Feld ist von der Einstellung bis ge des Dienstunfallrechts darzustellen und
Landesbeamte zur Pensionierung sehr weit gestreut, die nachvollziehbar zu erläutern.
Folgen für Einkommen, Behandlungs- und In sehr übersichtlicher Gliederung wer-
Folgekosten enorm. den Hinweise, Beispiele und Ratschläge zu
Das zum Jahresende erschienene Buch Herangehensweisen bei Dienstunfällen,
über das Dienstunfallrecht und seine prakti- zu beachtenswerten Feinheiten und doku-
Sven Hüber sche Handhabung ist deshalb eine erstklas- mentationswürdigen wichtigen Details ge-
Vorsitzender des sige Hilfe für alle, die sich mit der Materie geben, zudem Sonderfragen wie Steuern,
GdP-Bundesfachausschusses befassen, ob als Betroffener, Rat und Rechts- Grad der Behinderung oder Unfallrecht für
Beamten- und Besoldungsrecht schutz gewährender Gewerkschafter, Perso- Personalvertreter behandelt. Ein Paragra-
nalrat, Vorgesetzter oder Personalsachbear- fenspiegel des vergleichbaren Rechts der
beiter. einzelnen Länder und des Bundes rundet
W enige Bereiche des öffentlichen
Dienstes sind so stark unfallgeneigt
wie die Polizei. Von Sportverletzungen in
Die Autoren zeigen unter Einbeziehung
der jüngsten Rechtsprechung kritisch die
engen Grenzen des Dienstunfallrechts auf,
das Werk ab.
Ein absolut empfehlenswertes, praxisori-
entiertes Sachbuch. I
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Standard-Roaming. In der EU ist Roaming für vorübergehende Reisen mit angemessener Nutzung enthalten. In der Schweiz darf die Nutzung eine angemessene Nutzung (1.000 Minuten und 1.000 SMS pro Monat sowie ein monatliches
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