PRESS REVIEW Tuesday, May 25, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
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PRESS REVIEW Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal Tuesday, May 25, 2021
PRESS REVIEW Tuesday, May 25, 2021 Frankfurter Allgemeine Zeitung, DB, DIVAN "Ein Opfer rechtfertigt nicht das andere" Wolfgang Schäuble spricht über Juden, Muslime und Christen Spiegel Online, PBS Berliner Theater öffnen für Pilotprojekt Der Tagesspiegel, PBS Der zweite Versuch: Berliner Bühnen können testweise wieder spielen Berliner Zeitung, PBS Das Pilotprojekt "Perspektive Kultur" wird wieder aufgenommen Berliner Morgenpost, PBS Theater öffnen wieder für Pilotprojekt Göttinger Tageblatt, DB, DIVAN In Israels Küstenmetropole kehrt mit der Waffenruhe langsam der Alltag zurück. Doch die Gewalt hat die Illusion von der liberalen Blase zerstört Berliner Morgenpost Zur Vollendung des Humboldt Forums fehlen noch 27 Kolossalstatuen, zwei Portale – und 4,5 Millionen Euro für die Beauftragung der Arbeiten Welt am Sonntag Ende Juni läuft die gesetzliche Grundlage für eine Vielzahl der Grundrechtseinschränkungen in der Pandemie aus. Doch die Koalition arbeitet bereits an der Fortführung Berliner Zeitung Das DT beginnt sein Open-Air-Theater mit der Komödie „Tartuffe oder das Schwein der Weisen“ Welt am Sonntag Mit Mühe repräsentiert das Theater eine uralte Tradition. Und die Pandemie verbannt es in den digitalen Raum. Ein Lagebericht aus Anlass des Berliner Theatertreffens
Der Tagesspiegel Berliner Konzerthaus: Ein Geburtstagswunsch nach zweihundert Jahren Gegenwart am Gendarmenmarkt Berliner Morgenpost Seit Jahrzehnten drücken sich Museen und Verantwortliche vor der Rückgabe der geraubten Bronzen. Nun kommt offenbar Bewegung in die Sache Die Welt Die herrliche Gegenwart seiner Romantik: Plädoyer für die Wiederentdeckung des jüdischen Komponisten und Brahms-Freundes Friedrich Gernsheim
Print Quelle: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 23.05.2021, S.2 (Wochenzeitung / Sonntag, Frankfurt (am Main)) Reichweite: 892.944 Auflage: 220.480 Ressort: Politik Seitentitel: Politik "Ein Opfer rechtfertigt nicht das andere" Wolfgang Schäuble spricht über Juden, Muslime und Christen und nimmt die AfD vor dem Vorwurf Trotzdem hat Alexander Gauland sche Eltern ihren Kindern sagen müs- des Antisemitismus in Schutz die Nazizeit als Vogelschiss bezeich- sen: "Setz lieber keine Kippa auf, net. wenn du zur Schule gehst." Weil wir ja Herr Bundestagspräsident, wir ha- Ich verstehe vieles bei Alexander auch nicht sagen, dass eine Muslimin ben in den vergangenen Tagen Anti- Gauland gar nicht, und noch weniger kein Kopftuch tragen darf und ein semitismus auf unseren Straßen gese- billige ich es. Aber er hat sich nun so Christ kein Kreuz. hen. Zum Hass von Rechtsextremis- oft für dieses Wort entschuldigt, dass Das hängt miteinander zusammen. ten kommen Migranten, die die Ver- ich sagen muss: Das ist kein Ausdruck Mir haben früh jüdische Vertreter ge- nichtung Israels fordern... von Antisemitismus, sondern von ei- sagt, wir sollten Fremdenfeindlichkeit ... und vergessen Sie nicht den An- nem völlig falschen Geschichtsbild. insbesondere gegen Menschen mit tisemitismus der extremen Linken. muslimischer Abstammung verhin- Wir müssen jeden jüdischen Kinder- Sind solche Distanzierungen nicht dern. Wenn ich dann gefragt habe: garten, jede jüdische Einrichtung poli- nur Taktik? "Wieso warnt ausgerechnet ihr da- zeilich schützen, und es ist unerträg- Als Bundestagspräsident nehme vor?", war die Antwort: "Weil wir wis- lich, dass sich viele Juden im Alltag ich ernst, was jemand sagt. Im Übri- sen, wie es anfängt. Wenn es gegen bedroht sehen. Dabei ist die Mehrheit gen ist mir lieber, wenn die AfD an Minderheiten geht, sind wir am Ende in Deutschland nicht antisemitisch. der Holocaust-Gedenkstunde am 27. immer schnell beim Antisemitismus." Im Gegenteil: Sie empfindet es als Januar teilnimmt, als wenn sie es Glück, dass nach der Shoah wieder nicht tut. Bislang waren die Abgeord- Die EU verurteilt die Raketenangriffe Juden hier leben. Ich finde es wun- neten immer da, und sie mussten sich der Hamas auf Israel, aber sie sagt derbar, wenn junge Israelis sagen, etwa von Charlotte Knobloch, der Prä- auch, die zivilen Opfer der israeli- dass Berlin die Stadt ist, die sie am sidentin der Israelitischen Kultusge- schen Gegenschläge seien "inakzepta- liebsten besuchen. Die jüdischen Ge- meinde München, herbe Kritik anhö- bel." Hat sie recht? meinden sind gewachsen, und ein Ju- ren. Trotzdem haben sie sich danach Das eine Opfer rechtfertigt nicht de in Deutschland sollte nichts Beson- erhoben wie alle anderen. Unter ihren das andere, das stimmt. Der Umgang deres mehr sein - umso schlimmer, Anhängern gibt es allerdings auch An- mit den Palästinensern ist ja auch un- dass er jetzt wieder besonders bedroht tisemiten, so wie das unter Linksext- ter Israelis umstritten. Nehmen Sie ist. remisten übrigens immer war. Da gibt den jüdischen Dirigenten Daniel Ba- Diese Bedrohung ist gewachsen. es eine Szene, die über Jahrzehnte renboim. Er liegt mit der israelischen Wir haben es überall in Europa mit Kontakte zu Terroristen im Nahen Os- Regierung im Konflikt, weil er aus- dem Problem eines importierten Anti- ten hatte - und die die Opferrolle der spricht, dass das, was Israel mit den semitismus aus muslimisch geprägten Palästinenser instrumentalisiert. Palästinensern mache, nicht akzepta- Regionen zu tun. Der Konflikt zwi- Auch beim aktuellen Angriff der Ha- bel sei. In Deutschland müssen wir schen Muslimen und Juden hat viel- mas gegen Israel sind ja in der Mehr- tun, was immer wir können, um zu fältige, auch historische Wurzeln, und zahl die Opfer wieder die Palästinen- unterstützen, was Daniel Barenboim in einer Katastrophe wie aktuell in ser selbst. Die Führung der Palästi- mit seinem Orchester des West-Östli- Gaza und Israel entsteht schnell eine nenser erfreut sich jedenfalls keiner chen Divans leistet, das Zusammen- Lage, in der sich manche radikalisie- besonders hohen Zustimmung, die wirken von Israelis und Arabern. Und ren. kann von so einer Krise profitieren. wo das Existenzrecht Israels in Frage Die Täter sind allerdings meist gestellt wird, müssen wir dem konse- nicht Migranten, sondern Rechtsext- Gilt das auch für die Führung Isra- quent entgegentreten. reme. els? Ja, und das hat zugenommen. Da- Benjamin Netanjahu hat auch in- Was tun? gegen braucht es alle rechtsstaatliche nenpolitische Motive. Man muss die Neben polizeilichen Maßnahmen Härte - und den Konsens der Politik, Politik einer israelischen Regierung brauchen wir vor allem noch mehr In- dass es keinen Platz für Antisemiten nicht immer für richtig halten. Aber tegrationsanstrengungen. Ein Zusam- gibt. Auch die AfD im Bundestag ist der Grat zwischen Kritik an der israe- menleben ist nur unter einer Bedin- peinlich bemüht, nicht in die antise- lischen Politik und Antisemitismus ist gung möglich: Die Würde jedes Men- mitische Ecke gerückt zu werden. Sie sehr schmal. Wir Deutschen haben für schen ist unantastbar. Das ist das gro- hat der Berufung eines Antisemitis- das Existenzrecht Israels eine beson- ße Angebot unserer Freiheitsordnung. musbeauftragten der Bundesregie- dere Verantwortung. Jeder, der in Und da haben wir bereits auch viel er- rung und einer Antisemitismusresolu- Deutschland lebt, muss das verstehen. reicht. Der Zentralrat der Muslime hat tion genauso zugestimmt wie alle an- Wenn junge Menschen aus Marokko die jüngsten Ausschreitungen rück- deren Parteien, und zwar einstimmig. oder aus der Türkei nach Deutschland haltlos verurteilt. Nächste Woche wer- kommen, dann muss man ihnen das de ich dabei sein, wenn der Grund- erklären. Es ist furchtbar, dass jüdi- stein für das "House of One" hier in
Berlin gelegt wird. Das wird ein Haus, wieder, dass gerade junge Migranten War die Aufnahme von vielen hun- in dem Christentum, Islam und Ju- danach aufgewühlt sagen: "Das war derttausend Menschen 2015 falsch? dentum gemeinsam Platz finden. Die also wirklich so! Der Judenmord ist Die Entscheidung vom 4. Septem- große Aufgabe für das wechselseitige also keine Lüge." ber 2015 war richtig. Nicht die Auf- Verständnis bleibt, dass wir uns im- nahme war falsch, sondern die Kom- mer wieder gegenseitig unsere Sicht Haben wir in Deutschland zu viele munikation danach hat sich über die erklären. Ich erinnere mich, wie ich Muslime aufgenommen? sozialen Netzwerke verselbständigt. mit dem israelischen Innenminister Wir sollten die Herausforderung Durch die Bilder kam in der Welt die Avi Dichter am Mahnmal für die er- der Migration nicht bloß auf eine Fra- falsche Botschaft an: "Germany is mordeten Juden Europas war. Dort ge von Religion reduzieren. Wenn ich open." Die Schwierigkeit ist doch: Sie sind Fotos von Opfern ausgestellt. Er alle Menschen aufnehme, denen ich handeln in der Politik immer im Be- zeigte auf eines und sagte: "Schauen als Christ ja eigentlich helfen will, reich des Unvollkommenen. Das ist Sie, da sind meine Angehörigen." Und wird uns das in Europa überfordern. nicht nur bei der Migrationskrise der er musste weinen. So etwas vergessen Ich denke da immer an Nathan den Fall: Schwärmen allein rettet auch das Sie nicht. Weisen, der zu seiner Tochter sagt: Klima nicht. Wir müssen handeln, "Begreifst du aber, wie viel leichter und wir machen Fehler. Im Paradies Wie macht man das in Deutschland andächtig schwärmen als gut handeln ist es anders. Aber wir sind nicht im einem muslimischen Migranten klar? ist?" Wir dürfen Flüchtlinge nicht er- Paradies. Zum Beispiel, indem man gerade trinken lassen. Aber wir dürfen auch Die Fragen stellte Konrad Schuller. auch die, die aus ihren Herkunftskul- keine falschen Anreize schaffen, das (Abbildung) turen ganz andere Erzählungen ken- eigene Leben im Mittelmeer zu riskie- Wolfgang Schäuble Foto Jens Gyarmaty nen, mit der Realität der Konzentrati- ren. Der Grat zwischen Unschuld und onslager konfrontiert. Ich höre immer sich schuldig zu machen, ist schmal.
Spiegel Online Berliner Theater öffnen für Pilotprojekt 14.16 Uhr: Bereits kommende Woche sollen die ersten Berliner Bühnen wieder drinnen spielen. Ein Pilotprojekt, das im März begonnen wurde, soll dann fortgesetzt werden. Bis Anfang Juni ist eine Reihe von Veranstaltungen geplant, wie die Senatskulturverwaltung am Freitag bekannt gab. So feiert nächsten Mittwoch etwa René Polleschs neue Inszenierung «Goodyear» am Deutschen Theater Premiere. Das Publikum soll vorab zum Coronatest und im Saal Maske tragen. Unter diesen Bedingungen hatten die Berliner Philharmoniker im März bei einem Testkonzert vor rund 1000 Menschen gespielt, auch das Berliner Ensemble hatte zwei Abende geöffnet. Wegen der Infektionslage war das Projekt dann ausgesetzt worden. Jetzt soll auch geprüft werden, wie gut zum Beispiel die Kontrolle von Impfnachweisen funktioniert. Auch das Berliner Ensemble plant unter diesen Bedingungen für den 3. Juni die Uraufführung von Ersan Mondtags neuer Inszenierung vor rund 350 Zuschauerinnen und Zuschauern. Menschen, die vollständig geimpft oder von einer Corona-Infektion genesen sind, sollen keinen Test mehr benötigen. Im Rahmen des Projekts sind auch eine Lesung und Kabarett geplant. Es sei beabsichtigt, möglichst viele Berliner Kultureinrichtungen auf eine breitflächige Öffnung vorzubereiten, teilte die Senatskulturverwaltung mit. Am Projekt beteiligen sich etwa auch die Kudammbühnen, der Pierre Boulez Saal, der Quatsch Comedy Club und das Schlosspark Theater von Dieter Hallervorden.
Print Quelle: Tagesspiegel, Der vom 22.05.2021, S.23 (Tageszeitung, Berlin) Auch in: 2 weiteren Quellen » Reichweite: 238.515 Ressort: Kultur Auflage: 110.937 Autor: F. H. Quellrubrik: Kultur Der zweite Versuch Berliner Bühnen können testweise wieder spielen Das "Pilotprojekt Testing" der Berliner Kulturverwaltung Berliner Ensemble, im Schlosspark Theater und der Schau- kann wieder anlaufen. Kurz vor Ostern hatte Senator Klaus bühne sowie dem Quatsch Comedy Club. Die Deutsche Lederer die gerade erst gestartete Initiative zur Wiederer- Oper und die Staatsoper holen ihre Termine dagegen erst öffnung der Bühnen wegen der Pandemieentwicklung vor- nach dem Ende der Testphase nach. zeitig abbrechen müssen. Nun ist eine Fortführung dank Die Bühnen müssen jeweils einen aktuellen negativen der gesunkenen Inzidenzahlen möglich. Es konnten gegen- Test, den Ausweis und das Ticket der Besucherinnen und über dem Frühjahr sogar deutlich mehr teilnehmende Besucher kontrollieren. Anders als bei der ersten Phase des Bühnen zugelassen werden. Projekts müssen Geimpfte und Genesene nun aber keinen Den Anfang macht am 26. Mai das Deutsche Theater Test mehr vorweisen. Zum Vorhaben der "Draußenstadt", mit einer Pollesch-Uraufführung. Am selben Tag gibt es bei dem Freiluftveranstaltungen mit mehreren Millionen auch eine Lesung im Brecht-Haus mit Raphaela Edelbauer. Euro vom Senat gefördert werden, hieß es auf Tagesspie- Bis zum 4. Juni folgen weitere Vorstellungen der Tanz- gel-Nachfrage aus der Kulturverwaltung, über den Start- kompanie "cie. toula limnaios", Konzerte im Pierre Boulez termin der Ausschreibung werde bis Ende kommender Saal, Aufführungen im Kabarett "Die Stachelschweine", in Woche eine Entscheidung fallen. F. H. der Komödie am Kurfürstendamm, im Grips Theater, dem Alle weiteren Quellen: msn Deutschland • Tagesspiegel online, Der zum Anfang dieses Artikels
Print Quelle: B.Z. Nr. 117/2021 vom 22.05.2021, S.13 (Tageszeitung / täglich ausser Sonntag, Berlin) Auflage: 90.583 Reichweite: 194.753 Quellrubrik: Kultur KULTUR-PILOT-PROJEKT GEHT WEITE R Mitte - Das Pilotprojekt "Perspektive Kultur" wird wieder melt werden: Optimierung der Vorab-Informationen zum aufgenommen. Wie die Senatskulturverwaltung mitteilte, Testprozedere an die Besucher sowie die praktische Um- ist geplant, bis zum Ende der Pilotphase am 4. Juni die setzung der zweiten Covid-Infektionsschutzmaßnahmen- ausgesetzten Aufführungen teilweise nachzuholen und verordnung, wozu die Prüfung der Einlassberechtigung weitere Vorstellungen durchzuführen. Man beabsichtige, von Geimpften und Genesenen zählt. Bei dem Projekt ma- möglichst viele Kultur-Einrichtungen auf eine breitflächige chen etwa Deutsches Theater, cie. toula limnaios, Pierre Öffnung vorzubereiten. Zu den bereits gewonnenen sollen Boulez Saal, Grips, Stachelschweine, Berliner Ensemble, in der folgenden Pilotphase weitere Erkenntnisse gesam- Komödie und Schlosspark-Theater mit.
Print Quelle: Berliner Morgenpost Nr. 136/2021 vom 22.05.2021, S.9 (Tageszeitung, Berlin) Auflage: 49.668 Reichweite: 106.786 Ressort: Kultur Theater öffnen wieder für Pilotprojekt Bereits kommende Woche sollen die ersten Berliner Büh- Jetzt soll auch geprüft werden, wie gut zum Beispiel die nen wieder drinnen spielen. Ein Pilotprojekt, das im März Kontrolle von Impfnachweisen funktioniert. Menschen, die begonnen wurde, soll dann fortgesetzt werden. Bis Anfang vollständig geimpft oder von einer Corona-Infektion gene- Juni ist eine Reihe von Ver-anstaltungen geplant, wie die sen sind, sollen keinen Test mehr benötigen. Im Rahmen Senatskultur-verwaltung am Freitag bekanntgab. So feiert des Projekts sind etwa auch eine Lesung und Kabarett ge- nächsten Mittwoch etwa René Polleschs neue Inszenierung plant. Es sei beabsichtigt, möglichst viele Berliner Kultur- "Goodyear" am Deutschen Theater Premiere. einrichtungen auf eine breitflächige Öffnung vorzuber- Das Publikum soll vorab zum Corona-Test und im Saal eiten, teilte die Senatskulturverwaltung mit. Am Projekt Maske tragen. Unter diesen Bedingungen hatten die Berli- betei-ligen sich etwa auch die Kudammbühnen, der Pierre ner Philharmoniker im März bei einem Testkonzert vor Boulez Saal, der Quatsch Comedy Club und das Schloss- rund 1000 Menschen gespielt. park Theater vonDieter Hallervorden.
Print Quelle: Göttinger Tageblatt vom 25.05.2021, S.2 (Tageszeitung / täglich ausser Sonntag, Göttingen) Auch in: 89 weiteren Quellen » Reichweite: 49.005 Auflage: 22.793 Autor: Win Schumacher Ressort: Blick in die Zeit Tel Aviv ist im Innersten verwundet In Israels Küstenmetropole kehrt mit der Waffenruhe langsam der Alltag zurück. Doch die Gewalt hat die Illusion von der liberalen Blase zerstört. Besonders im historischen Stadtteil Jaffa, wo Juden und Araber eng zusammenleben. E Balha s war schlicht Liebe", sagt Ora und lacht. Alles begann vor Gewalt habe ich hier nie erlebt", sagt Balha. oft wie durch eine unsichtbare Trenn- wand getrennt scheint. Nun ist dieses sechzehn Jahren mit einem Urlaub Bild ins Wanken geraten. Nicht nur auf der Sinai-Halbinsel. Sie verliebte Friedensarbeit im Kleinen hatten mehr Raketen der Hamas als je sich auf Anhieb in Ihab. Eine Ge- Doch die Balhas gehören zu denen in zuvor die Metropole zum Ziel, die schichte wie die von unzähligen Israe- Jaffa, deren Hoffnung größer ist als Ausschreitungen in Jaffa erschütter- lis - wäre Ora Balha nicht Jüdin und die Ohnmacht angesichts eines aus- ten auch eine von Tel Avivs liberalen ihr Mann Ihab Muslim. sichtslos erscheinenden Konflikts. Mit und weltoffenen Bewohnern gern ge- "Ich war keine Friedensstifterin. ihrer Organisation Orchard of Abra- pflegte Illusion. Ihre Stadt war keine Ich habe ihn einfach geheiratet und ham’s Children setzen sie sich in Be- Insel mehr im tosenden Ozean innen- zog zu ihm." gegnungs- und Bildungsprojekten für und außenpolitischer Wogen. Die Balhas haben inzwischen drei das Zusammenleben von Juden, Söhne und wohnen in Jaffa. In dem Christen und Muslimen ein. Das Ende der Leere historischen Stadtteil im Süden von Ihren Ursprung hat die NGO in ei- Im Norden Jaffas scheint inzwischen Tel Aviv leben Juden und Araber seit nem Dilemma. Die Balhas suchten für wieder ein Stück Alltag zurückgekehrt vielen Generationen zusammen. Fa- ihren ältesten Sohn Noor einen Kita- zu sein. In dem Viertel um den bei milien sowohl mit jüdischen als auch Platz, aber "gemischte Kindergärten Touristen beliebten Flohmarkt haben muslimischen Wurzeln gibt es jedoch gab es damals nicht". Traditionell ist die Bars und Restaurants geöffnet. nur ein paar wenige. Für ihre Famili- das Erziehungssystem in Israel schon Nicht weit davon kontrollieren Poli- en in Jaffa und Galiläa dauerte es lan- ab dem Kindergarten getrennt. Juden, zisten an Straßensperren Autos und ge, bis sie die Liebe der beiden akzep- Muslime und Christen haben ihre ei- Mopedfahrer. tieren konnten. "Bei meinem Vater ist genen Einrichtungen. Also gründeten Für Tom Betsalel ist es der erste das Eis erst nach zehn Jahren gebro- die Balhas eine neue Kita mit zwei Abend, an dem er wieder länger un- chen", erzählt die 45-Jährige. "Heute Kindern, zwei Sprachen und zwei Re- terwegs ist. Der 34-jährige Musiker ist unser Verhältnis aber umso enger." ligionen. lebt seit sechs Jahren in Jaffa und ar- Während der jüngsten Eskalation Heute betreibt die Organisation beitet als Pauker und Schlagzeuger im der Gewalt zwischen Israel und der sechs gemischte Kindergärten in Jaffa Orchester an der Israeli Opera in Tel Hamas kam die in Jaffa oft unsichtba- und einen in Galiläa. Sie betreuen 200 Aviv. re Kluft zwischen Menschen, die Tür Kinder. "Etwa 50 Prozent sind jü- "Die letzte Zeit war nicht einfach", an Tür nebeneinander leben, beson- disch, 40 Prozent muslimisch und 10 sagt Betsalel. "Manchmal gibt es Situ- ders schmerzhaft zum Vorschein. Prozent christlich", sagt Ora Balha. ationen, die Angst machen, etwa, Nicht nur hier, auch in anderen ge- Nun hofft sie, auch eine gemischte wenn man auf jugendliche Araber mischtreligiösen Städten Israels wie Schule aufmachen zu können, denn: trifft, die gelangweilt auf der Straße Lod, Ramla, Akko und Haifa kam es "Bildung ist so entscheidend. Die ge- herumlungern. Dann geht einem zu heftigen Ausschreitungen und teil- trennte Erziehung hat so viel Hass er- schon mal durch den Kopf, ob sie ge- weise bürgerkriegsähnlichen Szenen. zeugt, und so viele Menschen wurden walttätig werden könnten. Viele Fami- "Was hier passiert ist - das ist nicht verletzt." lien hier haben einen nicht einfachen Jaffa, wie wir es kennen", sagt Ora Mag die Waffenruhe zwischen Isra- sozialen und wirtschaftlichen Hinter- Balha. "Wir haben Respekt vor unse- el und der Hamas auch anhalten, Isra- grund. Das geht mir aber auch nicht ren Nachbarn. Die Demonstranten elis und Palästinensern ist bewusst, anders, wenn ich in einem armen kamen von außerhalb, teils mit Bus- dass die Konfliktlinien längst nicht Viertel meiner Heimatstadt Nahariya sen." nur um die umkämpften Grenzen zwi- auf jüdische Jugendliche aus einem Nur wenige Straßen von ihrer schen Israel, dem Westjordanland ähnlichen Umfeld mit fehlender Bil- Wohnung stießen rechtsextreme jüdi- und Gaza verlaufen. Die Ausschrei- dung treffe." sche Demonstranten und Araber auf- tungen haben deutlich gemacht, dass Betsalel spielt seit 2007 auch für einander. "Wir konnten sie hier hö- die Gräben mitten durch die Gesell- das West-Eastern Divan Orchestra. ren", sagt Balha. Autos wurden in schaft gehen. Das 1999 von Daniel Barenboim, Ed- Brand gesetzt, Fenster eingeworfen, In Tel Aviv wird dies besonders ward Said und Bernd Kauffmann ge- Geschäfte verwüstet. Die Polizei warf deutlich. Israels Wirtschaftsmetropo- gründete Sinfonieorchester bringt Blendgranaten in Wohnhäuser. Nach le, Kulturzentrum und Lebestadt, Musiker aus Israel, den palästinensi- Augenzeugenberichten galten sie al- wird von Einheimischen wie von Isra- schen Gebieten, etlichen arabischen lein arabischen Bewohnern. Etliche elis aus anderen Landesteilen als "Ha- Ländern, Iran und Andalusien zusam- Menschen auf beiden Seiten wurden bua", die Blase, bezeichnet - die Stadt, men und gastiert weltweit. "In dem verletzt. "Solch einen Ausbruch der die vom ewig schwelenden Konflikt Moment, wo man gemeinsam Musik
macht, spielt alles andere keine Rolle. Die vergangenen Wochen waren Weg finden, dass unsere Stimme viel Religion, Nationalität, Herkunft, das für Gil Naveh und seine kleine Patch- mehr gehört wird", sagt er. "Die Ge- alles bleibt außen vor", sagt Betsalel. workfamilie mit seinem Partner und setze und Medien sollten nicht in den Gewichtige Paukenschläge mögen der Mutter seiner Töchter zermür- Händen von Rechtsextremisten sein. sein Beruf sein, in der Politik des Na- bend. "Diese Dreifachbelastung aus Das Erziehungssystem sollte sowohl hen Ostens wünscht er sich jedoch lei- Corona, Elternsein und einem forder- von Arabern als auch von Juden kon- sere Töne. "Wir alle tragen Wunden nden Job ist nicht einfach zu meis- trolliert werden und nicht von Fanati- mit uns herum", sagt er. "Aber die tern", sagt er. Nun kam noch der kern." Menschen wollen verzweifelt zurück Krieg hinzu. In letzter Zeit überlegt er immer zum Zusammenleben und gegenseiti- "Die Hälfte unseres Amnesty- häufiger, mit seiner Freundin nach gem Respekt." Teams lebt in Jaffa", sagt Naveh. "Ich Berlin zu ziehen. "Im Moment ist das Im Zentrum von Tel Aviv, nur ein bin traurig und außer mir, was ge- aber noch ein wenig weit weg. Jetzt paar Kilometer weiter nördlich, schehen ist, aber ich bin kein bisschen muss ich erst mal mein Studium ab- scheint der Konflikt so fern wie die überrascht. Wir sagen auf Hebräisch: schließen." Grenze zu Gaza. Die beängstigende Wer Wind sät, wird Sturm ernten." Er Am Ende des Abends sind es nach Leere, die während der strikten Lock- hält inne. "Von Wunden zu sprechen Angaben der Veranstalter übrigens downs und zuletzt während des Rake- ist ein Understatement. Etwas hier ist Tausende, die vom Rabin Square zum tenalarms auf der breiten Ibn-Gavi- zerbrochen. Selbst wenn die Regie- Habima-Theater ziehen. Juden und rol-Straße herrschte, ist längst der rung wechselt, weiß ich nicht, ob eine Araber. Die alle eine gemeinsame Zu- üblichen Hektik gewichen. Die Stra- andere die richtigen Schritte geht, um kunft wollen. ßencafés sind voll. Über einer riesigen diese Wunden heilen zu können." Zitat-Text: Baustelle hängt eine dichte Staubwol- Auf dem zentralen Rabin Square Die getrennte Erziehung hat so viel ke. Im Histadrut-Park gleich daneben haben sich am Samstagabend Hunde- Hass erzeugt, und so viele Menschen - versucht Gil Naveh eine Reihe von Te- rte Demonstranten versammelt. Sie wurden verletzt. lefonaten zu deichseln, ohne seine halten violette Schilder hoch mit der Ora Balha, Betreiberin gemischter beiden Töchter aus den Augen zu ver- Aufschrift "Friede, Israel, Palästina" Kindergärten in Jaffa lieren. Der 37-Jährige ist Sprecher in Hebräisch und Arabisch. Die Gras- Von Wunden zu sprechen ist ein von Amnesty International Israel. wurzelbewegung Omdim B’Yachad Understatement. Etwas hier ist zer- "Wir wohnen da drüben", sagt Na- (Wir stehen zusammen) hat Juden brochen. veh. "Seit dem Raketenalarm will die und Araber aufgerufen, für eine ge- Gil Naveh, Künstler und Vater, über Kleine nicht über die Straße kommen. meinsame Zukunft zusammenzukom- die Ausschreitungen in Tel Aviv Sie ist gerade mal vier Jahre alt und men. (Abbildungen) betreibt schon Risikomanagement". "Ich war keine Friedensstifterin. Ich habe ihn ein- In der Tel Aviver LGBT-Szene ist Hoffen auf den Wechsel fach geheiratet und zog zu ihm": Die Jüdin Ora Naveh bekannt als verruchte Diva Ga- Unter ihnen ist auch Ahmad Nedal und der Muslim Ihab Balha leben in Jaffa. Haj mit seiner deutschen Freundin Foto: Win Schumacher lina Port De Bras. Mal tritt er im rosa Zwischen Kunst und Konflikt: Dragqueen Gil Na- Glitzerfummel, mal auch in lässig sit- Anna. "Es stimmt mich hoffnungsvoll, veh im Histadrut-Park (oben), Paukist Tom Bet- zender Soldatenjacke auf die Bühne. dass viele gekommen sind", sagt der salel im Szeneviertel Jaffa. Die Politik wird in seinen Shows nie 22-jährige Informatikstudent, "wenn Fotos: Win Schumacher Gil Naveh im Histadrut Park in Tel Aviv. ausgespart. "Ich bin in Jerusalem auf- ich auch noch mehr erwartet hätte." Foto: Win Schumacher gewachsen", erzählt Naveh, "aber die Nedal kommt aus einem arabischen Szenen einer friedlichen Insel: Der berühmte Stadt wurde mit der Zeit immer bizar- Dorf bei Nazareth. Seit vier Jahren Flohmarkt Jaffas ist am Pfingstmontag wieder lebt er in Tel Aviv. "Florentin, wo ich geöffnet, ein paar Männer spielen am Rande rer. Das ständige Sperrfeuer aus Hass Backgammon. wurde unerträglich." lebe, ist ein liberales und vorurteils- Foto: D. Goldman/AP/dpa (2) 2010 zog er nach Tel Aviv, "eine freies Viertel", sagt er. "Ich fühle mich "Wir stehen zusammen": Der Student Ahmad Stadt, wo ich willkommen bin und es hier sehr sicher und willkommen." Nedal hat sich der Demonstration von Juden und Arabern angeschlossen. keine Rolle spielt, wer du bist". Viele würden ihn nicht sogleich als Foto: Win Schumacher Wegen Corona waren die schillern- Araber einordnen. Angst vor Vertreibung: Arabische Frauen rufen den Auftritte in vollgestopften Bars Zuletzt holte ihn der Konflikt aber Parolen gegen jüdisch-nationalistische Gruppen, auch in Tel Aviv ein. Sein Cousin wur- die Eigentum im arabischen Viertel von Jaffa auf- bis vor Kurzem unmöglich. Nach dem kaufen. enormen Impferfolg in Israel trat Na- de als Demonstrant in Jaffa festge- Foto: A. Schalit/AP veh im April endlich wieder auf, bis nommen und einen Monat unter die Raketen der Hamas ihn erneut Hausarrest gestellt. "Es muss einen stoppten. Wechsel geben. Wir müssen einen
LOKALES SEITE 15 | DIENSTAG 25. MAI 2021 Mehr Barock fürs Berliner Schloss Zur Vollendung des Humboldt Forums fehlen noch 27 Kolossalstatuen, zwei Portale – und 4,5 Millionen Euro für die Beauftragung der Arbeiten Die allegorischen Figuren der Tugend – Gerechtigkeit (l.) und Weisheit – stehen auf den Säulen des Eosanderportals Jörg Krauthöfer FUNKE Foto Sercices Von Isabell Jürgens 105 Millionen Euro haben Spender aus aller Welt gegeben, damit das teilrekonstruierte Berliner Schloss in barocker Pracht erstrahlen kann. Doch zur Vollendung fehlen dem Schloss in Berlins historischer Mitte noch ein paar wesentliche Schmuckelemente, sagt Wilhelm von Boddien.
Der inzwischen 79-Jährige hat 1992 den Förderverein Berliner Schloss gegründet und maßgeblich dafür gesorgt, dass nicht nur die zugesagten 80 Millionen Euro für die Barockfassade, sondern auch weitere 25 Millionen für die Rekonstruktion der Schlosskuppel und weiterer Bauteile wie die Innenportale I, II und III zur Verfügung standen. „Nun fehlen noch einmal 4,5 Millionen Euro, damit wir auch noch 27 Balustradenfiguren sowie die beiden Portaldurchgänge auf der Lustgartenseite rekonstruieren können“, sagt von Boddien. Die Hauptarbeit, so von Boddien weiter, sei zwar erfüllt. Doch damit die Anfertigung der jeweils 3,10 Meter hohen Kolossalstatuen in Auftrag gegeben werden könne, seien je Figur noch rund 250.000 Euro notwendig. Ganz genau lasse sich die Summe nicht beziffern: „Eine Dame im wallenden Gewand ist weniger aufwendig herzustellen als ein Heroe mit nackten Füßen und muskulösen Waden“, sagt der Schlossförderer. Nur eine originale Statue ist erhalten – ihr fehlt der Kopf Von den Original-Statuen, die einst auf den Balustraden über den Portalen standen, sei nur noch eine einzige erhalten – und dieser fehle der Kopf, erläutert von Boddien. Ob sie einen neuen Kopf bekommt und wieder auf das Dach kommt, müsse der Stiftungsrat noch entscheiden. Am prächtigen Eosanderportal, auf dem auch die Schlosskuppel thront, haben seit Dezember vergangenen Jahres schon die vier allegorischen Figuren, die die Tugend symbolisieren, ihre Positionen eingenommen. Seitdem schauen „Stärke“, „Mäßigung“, „Gerechtigkeit“ und „Weisheit“ auf der Westseite des Schlosses auf die Besucher herab. Links und rechts über ihnen auf den Balustraden haben zudem die Propheten Moses und Elias Platz gefunden. Doch auf den anderen Portalen fehlt noch ein entsprechender Schmuck.
So waren die Portale I und II am Schlossplatz einst ebenfalls mit insgesamt acht allegorischen Balustradenfiguren geschmückt. Diese symbolisierten den Ackerbau, die Fischerei, den Bergbau und den Eisenbahnbau (Portal I). Das Portal II dagegen war den Wissenschaften gewidmet. Auf den Portalen IV (Handel, Kunst, Industrie und Schifffahrt) und V (Hochherzigkeit, Gnade, Freigiebigkeit und Tapferkeit) auf der Lustgartenseite fehlen die Monumentalfiguren ebenfalls. Dazu kommen noch weitere acht Propheten, die einst die Kuppelbalustrade schmückten sowie drei weitere allegorische Balustradenfiguren an der Nordost- und Südwestecke. „Für alle Figuren läuft derzeit die Abstimmung mit dem Stiftungsrat“, sagt von Boddien. Der Beginn der Arbeiten könne zeitnah erfolgen, schließlich weise der aktuelle Kassenbestand des Fördervereins noch ein Plus von zwei Millionen Euro auf. Voraussichtlich Mitte Juni können die Aufträge erteilt werden. Bildhauerwerkstatt soll Dauereinrichtung werden In der Bildhauerwerkstatt der sogenannten Schlossbauhütte, die in einer ehemaligen Panzer- und Lastwagenwerkstatt der einst britischen Alexander Barracks in Spandau untergebracht ist, ruhen seit Jahresende die Arbeiten. „Unser Auftrag ist bei den Bildhauern also hochwillkommen, damit es dort weitergehen kann“, sagt von Boddien.
Als Grundlage für ihre Arbeit dienen den Bildhauern alte Schwarz-Weiß-Fotografien und Pläne. Die Monumentalfiguren entstehen in einem monatelangen Arbeitsprozess, der mit der Erstellung einer Gipsvorlage beginnt, die anschließend in Ton übertragen wird. Von dem so entstandenen Modell wird schließlich ein Silikon-Abdruck genommen, der anschließend mit Gips ausgegossen wird. Erst diese Gipsfigur dient den Bildhauern als Vorbild, nach dem sie die Figuren aus den tonnenschweren Sandsteinblöcken schlagen. „Die Schlossbauhütte in Spandau soll auch nach Fertigstellung des Schlosses in Betrieb bleiben“, verrät von Boddien. In der früheren Panzerwerkstatt, die nun dem Bund gehört, soll auf Dauer die Werkstatt für alle historischen Gebäude in Berlin untergebracht werden. Neben den 27 Kolossalskulpturen sucht von Boddien auch noch Spender für die einst prächtig ausgestalteten Portaldurchgänge IV und V. „Das Portal IV befindet sich noch im Rohbauzustand“, sagt der Schlossförderer. Und bei Portal V fehlten die Säulen innen sowie die berühmten Schlüterschen Reliefs an der Decke. Im Dezember 2020 hat die etappenweise Eröffnung der Ausstellungen und Themenbereiche des Humboldt Forums im Berliner Schloss begonnen. Pandemiebedingt sind die Ausstellungen jedoch immer noch geschlossen – das soll sich bei weiter sinkenden Inzidenzen jedoch bald ändern. Doch ob mit oder ohne Besucher: „Den Betrieb im Humboldt Forum werden wir nicht beeinträchtigen, die Figuren werden mit dem Tieflader angeliefert, mit dem Kran auf die Balustraden gesetzt, dazu sind nur temporäre Sperrungen an Ort und Stelle nötig“, sagt von Boddien. Traum von der Gigantentreppe im Schlüterhof
„Bis Ende 2022 habe ich mir eine Deadline gesetzt“, nennt von Boddien das Ziel. Dann sei das Programm, wie es der Förderverein 2002 dem Deutschen Bundestag unterbreitet habe, abgearbeitet. „Wenn ich dann noch lebe, kann ich mir aber auch vorstellen, noch weitere Vorhaben am und im Schloss umzusetzen“, sagt von Boddien. Ein Herzenswunsch sei natürlich der Einbau der Gigantentreppe im Schlüterhof. „Daran ist aber im Augenblick nicht zu denken, Kulturstaatsministerin Grütters will das Humboldt Forum schließlich endlich baustellenfrei betreiben“, sagt von Boddien. Doch glaube er fest daran, dass eines Tages auch die schönste Raumschöpfung im Schloss wiedererstehen könne: „Wenn uns die vergangenen 30 Jahre eines gelehrt haben, dann dies: Beharrlichkeit lohnt sich.“ Voraussichtlich am 30. Juni wird die Schloss-Ausstellung in der Container-Anlage vor Portal IV am Lustgarten schließen. Darum schließt auch der Schloss-Shop. Bücher, Bilder, CDs, DVDs, Plakate, Schloss-Souvenirs, Geschenk-Ideen – „Alles muss raus – wir verkaufen zu stark reduzierten Preisen, ein Besuch lohnt sich“, verspricht von Boddien. Anschließend soll der Förderverein zusammen mit der landeseigenen Tourismusagentur Visit Berlin einen rund 140 Quadratmeter großen Raum im Portal V beziehen. Dort wird dann auch wieder das 40 Quadratmeter große Stadtmodell von Berlin um 1900 zu sehen sein. Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten.
will nach vVELT-Informationen de1 von Offshore-vVindparks antreibe1 sauberen Wasserstoff liefern soller genannter grüner vVasserstoff gil Treibstoff der Zukunft. Airlines s Zuschüsse erhalten, wenn sie Ma nen mit Hybridantrieben anschaffe so Motoren, die Treibstoff verbre und elektrisch angetrieben werden Endei ,,Unstrittig, dass w-ir die epideinische Lage noch eininal verlängern'' Auf der CSU-Programr E Ende Juni läuft die gesetzliche Grundlage für eine Vielzahl der Grundrechtseinschränkungen in der Pandemie aus. Doch die Koalition arbeitet bereits an der Fortführung s war der erste öffentlich, V meinsame Auftritt von < or allem die SPD hatte auf einer zu hören. Man könne das Gesetz nicht bremse' herauskommen", sagt der Das Parlament kann Verlängerungen ne Aschenber g -Dugnus WELT. W ä h demische Notlage bis in den späten Chef Armin Laschet und 1 Befristung bestanden. Nur noch einfach auslaufen lassen, heißt es. Denn C D UG - esundheitspolitiker Rudolf H e n der epidemischen Lage allerdings nicht renddessen steige die Zahl der Geimpf Herbst zu verlängern", sagt Bernhard Chef Markus Söder seit der Ents bis zu1n 30. Juni ,volle n1an die noch seien die Infektionsgefahren kei ke. ,,Die Landesregierungen dü1fen jetzt einfach durch,vinken. Schon im vergan ten. ,,\Venn diese Tendenz weiter so a n Bornhofen, Sprecher des Fachausschus dung über die Kanzlerkandidatw epidemische Lage von nationaler T r a g nesfalls gebannt. nicht zu schnell ihre Schutzmaßnah genen Jahr ,viesen Ve1fassungsrechtler hält, sind die Kriterien für die epidemi ses Infektionsschutz des Bundesverbands Partei. Am Donnerstagabend hiel weite verlängern, sagte Fraktionschef E s geht es um den Kern der Pande men lockern, sonst landen v.ir iin darauf hin, dass die Hürden für eine sche Lage nicht n1ehr gegeben." der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen schet bei einer Programmkonferen RolfMützenich im Februar. Damit gebe miebekämpfung: Die epidemische N o t nächsten Jo-Jo-Effekt." Die jetzigen In solch weitreichende Regelung hoch s e i Und auch in der großen Koalition gibt Gesundheitsdienstes. Erst dann werde bayerischen Schwester ein Gruß· man dem Bundestag die Möglichkeit, lage, die vom Bundestag erstmals im zidenzwerte sprächen immer noch en. So schrieb der Regensburger Verfas es Streit. Zu1nindest über die Frage, wie man sicher sehen können, ob sich die La Eine echte Konfrontation oder G1 noch vor der Sommerpause erneut d a März 2020 festgestellt wurde, gibt B u n ,,klar" für die Fortsetzung der epidemi sungsrechtler Thorsten Kingreen in ei lange die Regelung verlängert ,verden ge durch die Impfungen \Virklich ent überstellung der beiden wurde , rüber zu beraten, ob eine "veitere Ver desgesundheitsminister Jens Spahn schen Lage. nem Gutachten aus dem vorigen Jahr, sollte. Unionspolitiker Henke spricht spannt habe und ob es noch weitere Aus gleichwohl vermieden. Laschet VI längerung nötig sei. Tnzwischen ist klar, (CDU) weitreichende Befugnisse: So Auch der Grünen-Gesundheitspoliti dass die epidemische Notlage an Vo sich für eine Verlängerung um dreiMo wirkungen durch Virusvarianten gibt. nur zugeschaltet. dass es wohl dazu kommen wird: Trotz kann er et,va Regelungen zu Corona ker Janosch Dah1nen warnt vor einem raussetzungen gebunden sei. So müsse nate aus. Sollten die Voraussetzungen Wenn man die Regeltmg jetzt schon be sinkender Tnzidenzen quer durch die Tests und -Impfungen auf dem Verord vorzeitigem Ende. Z\var entspanne sich eine „systemische Gefahr für die , ö f nicht mehr vorliegen, könne das Parla schließe, habe man auch StabiJität für die VON THOMAS VITZTHUM Republik und stetig steigender I1npf nungs,veg erlassen. Sie ist außerdem die Infektionslage derzeit. ,,Nur weil die fentliche Gesundheit'" bestehen, eine ment den Zustand jederzeit auch v o r Zeit nach der nächsten Bundestagswahl. quoten ,vollen Union und SPD den Co Voraussetzung für die zahlreichen Ein Richtung stimmt, bedeutet das aber individuelle Gesundheitsgefahr reiche zeitig beenden. Die SPD will hingegen Und dann ist da noch die sogenannte Das ersparte den beiden unsc rona-Ausnahmezustand über den Juni dämmungsmaßnahmen und Grund nicht, dass die Pandemie bereits vorbei nicht aus. Lägen die Voraussetzungen schon jetzt eine knappere Frist: ,,Ich Bundesnotbremse, die ab einer Inzidenz Bilder. Man hat da so seine Erfal hinaus feststellen. Die Frage ist nur, für rechtsbeschränkungen durch die Regie ist." Eine Verlängerung der epidemi nicht mehr vor, müsse die epidemische \VÜrde mich für eine Verlängerung um von 100 bundesweit einheitliche Ein gen. Unvergessen ist eine Pressek wie lange. rungen in den Bundesländern - \\rie Be schen Lage sei auch deswegen notwen Lage durch das Parlament beendet w e r maximal vier Wochen aussprechen", schränkungen vorsieht. Auch sie ist bis renz von Kanzlerin Angela Merke: triebsschließungen, Kontaktverbote dig, ,,\veil zurzeit noch rund so Millio den. Eine „Blankovollmacht für weite sagt \Viese. Eine Verlängerung bis in Ende Juni befristet. Was soll aus ihr ,ver CSU-Chef Horst Seehofer vor eil VON RICARDA BREYTON und Ausgangssperren. Liefe die epide- nen l\lfenschen in Deutschland u n Teile der Gesundheitsgesetzgebung" sei den Herbst hinein halte er „aus psycho den? ,,Die ,Bundesnotbre1nse' wird auf Jahren in 1\11.ünchen. Bei dem als 1nische Notlage an1 30. Juni aus, müsste geimpft, also gänzlich ohne Impfschutz verfassungsrechtlich problematisch. logischen Gründen für das falsche Sig jeden Fall ain 30. Juni auslaufen", sagt söhnungstreffen" gedachten Stell ,,Es ist unstrittig, dass ,vir die epide ein Großteil der l\1aßnahmen von e i gegen Sars-CoV -2 sind", so Dahmen. Die F D P -Fraktion fordert des\vegen nal". Auch in der parlamentarischen SPD-Fraktionsvize Wiese. ,,Angesichts ein übertrafen einander die beiden mische Lage noch einmal verlängern", nem Tag auf den anderen enden. Das Hinzu käinen neue, ,,ungelöste Heraus ein baldiges Ende der Regelung. ,,Die Sommerpause könne der Bundestag je sinkender Inzidenzen gibt es ftir ein tagonisten 1nit schlechter Laune sagt S P D F- raktionsvize Dirk vViese sei zu früh, finden nun zahlreiche Par forderungen" im Sommer, darunter Vi Zahl der Covid-19-Intensivpatienten derzeit zusammenkommen, um erneut Fortbestehen keinen ,veiteren Bedarf. maximal düsteren Blicken. WELT. ,;viele Verordnungen sind daran lamentarier. rusmutationen, die In1pfung von Kin sinkt täglich, die Inzidenz der über 60- zu entscheiden. Sollten die Infektionszahlen im Herbst Die Zuschaltung über 1\1.onitor, fi geknüpft, dan1nter solche, die die Si ,,Bei aller Erleichten1ng über die E n t dern und Jugendlichen und die Frage, Jährigen liegt bei 35, und die Zahl der Die Amtsärzte bringen denveil noch ei wider Envarten erneut explodieren, sich in diesen Zeiten keiner mehr cherung der Krankenhauskapazitäten wicklung der Lage ist e s so, dass ,vir ge ob und ,vann Auffrisch-In1pfungen an Todesfälle geht zurück", sagt die ge nen deutlich längeren Zeitrahmen ins könnte n1an neu entscheiden, ob eine schuldigen muss, ersparte den Scl betreffen." Ähnliches ist aus der Union rade mit vielMühe aus der ,Bundesnot- stehen müssten. sundheitspolitische Sprecherin Christi- Spiel. ,,Ich würde dafür plädieren, die e p i - ,Notbremse' sinnvoll ist." terparteien diesesMal dieses Schau ___ ....... .- ............ ..,,,-........ ........._, ........... __..._. ·-·- .......___.-..,.
Dienstag, 25. Mai 2021, Berliner Zeitung / Analog und draußen Das DT beginnt sein Open-Air-Theater mit der Komödie „Tartuffe oder das Schwein der Weisen“ Auf der Freilichtbühne vor dem Deutschen TheaterDavid Baltzer DORIS MEIERHENRICH M an hätte sich ein laueres Lüftchen gewünscht an diesem ersten Theaterabend seit über sechs Monaten. Immerhin durften Premie‐ rengäste erstmals, wenn auch noch nicht hinein, so doch bis kurz vor das Deutsche Theater, wo eine kleine Zuschauertribüne steht, die von nun an den ganzen Sommer über das DT-Portal selbst zur großen Bühne macht. Im Inneren, so die schöne Koinzidenz dieses stürmisch zerfurchten Premieren‐ abends, röchelten die auswattierten „Zauberberg“-Kreaturen ganz für sich durch Sebastian Hartmanns Theatertreffen-Livestream für das Digitalpublikum zu Hau‐ se. Draußen hoben die Hartgesottenen, maskiert, aber ungetestet, gegen alle Widrig‐ keiten das lang ersehnte Analogtheater wieder mit aus der Taufe – unter „gesteiger‐ ten Bedingungen“, wie Intendant Ulrich Khuon freudig kommentierte, während kalte Sturmböen ihm und uns um die Ohren fegten und schwarze Wolken den bald einsetzenden Regen herbeischoben. Meterhohe Barockfrisuren Ach, man hätte es fast vergessen, welche schönen Strapazen echtes Theater immer auch bedeutet, wie man allein schon dadurch mit den Schauspielern ein Schicksal teilt, dass man dieselbe Kälte in sich aufsteigen fühlt. Auch wenn die Spielenden dabei natürlich im Vorteil sind, wohingegen man sich als Sitzender zweifellos bes‐ ser amüsieren kann über die so witzige wie zum Moment passende Kommunikati‐ onskomödie, die der Pop-Poet PeterLicht aus Molières Frömmler-Parodie „Tartuf‐ fe“ gebastelt und Regisseur Jan Bosse mit schallendem Geläut, meterhohen Ba‐
rockfrisuren und flatterhaften Krinolinen als heiter-ernstes Brimborium vors Haus gesetzt hat. Dabei verweht an diesem Abend natürlich viel von den bis ins Absurde mäandern‐ den Sprechlianen, mit denen PeterLicht die entzweite Hausgemeinschaft um den sinnsuchenden Großbürger Orgon (Orgi), der dem Heuchler Tartuffe (Tüffi) verfal‐ len ist, in einen dauerdiskutierenden Workshop der Superwoken verwandelt. Setzt man aber auch mal eine Weile aus, kann man später unbesorgt auf gleichem Dis‐ kursstand wieder einsteigen, denn das Reden spricht sich hier quasi von selbst und dreht sich dazu im Kreis. Der Betrug, um den die Workshopis hier palavern, ist nicht mehr an den Hoch‐ stapler Tartuffe gebunden, er vollzieht sich stets und ständig im alltäglichen Unei‐ gentlichkeitssprech aller mit allen über alles. Genau darin verliert er auch seinen Schrecken, weil PeterLicht zeigt, wie Wahrheit und Unwahrheit sich unvermeidlich in jedem Sprechen ständig übereinanderschieben und vergären zu etwas Drittem. Man muss sich nur mal locker machen in Bezug auf die Trugbildhaftigkeit der Rea‐ lität. Perni, die übergeschlechtliche Mutter, also auch Vater von Orgi, ist noch nicht so weit, sie sucht verbissen das „Geile im Ungeilen“ und findet es in Tüffi, der nachge‐ wiesenermaßen im „Zustand der Vollgeilheit umherwandelt“, also geil ist und ge‐ gen die allgemeine Ungeilheit der Welt – man muss sich nur umsehen! – Orientie‐ rung. Das allerdings sieht nur noch Orgi ähnlich, der den Tüffi angeschleppt hat. Eine flotte Rumba Felix Goeser hat erst nach einer Stunde seinen großen Orgi-Auftritt auf chefigem Hochsitz mit schwarzer Narrenkappe. Die quirlige Regine Zimmermann strampelt schon zu Beginn wie Frau Holle auf dem Minirad aus dem Foyer ins Freie und um‐ kreist ihre Adressaten Natalie Seelig als Schwiegertochter Elmire im roten Ganz‐ körpertrikot, Moritz Groves als Bruder Cleante im Musketier-Style und die unbe‐ darften Märchen-Kinder Kotbong Yang und Tamer Tahan zwischen Rehlein und Wildschwein, die alle ihre „Ungesupertheit“ in Bezug auf Tüffi pflegen. Bis er selbst, der „Daseiende!“ sich in Gestalt des grunzenden, balzenden Bozidar Kozevski vom Balkon herablässt. Zupackend, wie das „Schwein der Weisen“ nun mal ist, weiht es seinen ersten Ausstülpungsworkshop sofort mit Elmis Gesicht in seinem Hintern ein. Eine flotte Rumba wird draus, wie Jan Bosse überhaupt dem Sprechstück viel Musik, Lockerheit und Kürze beibringt. Mit der kommenden Wär‐ me wird sicher auch die Tendenz zur Geilheit steigen. Tartuffe oder Das Schwein der Weisen bis 30. Mai ausverkauft, wieder im Juni, Karten und Informationen: deutschesthea‐ ter.de oder Tel.: 28 44 12 25
Im SCHATTEN von Netflix 23. MAI 2021 WELT AM SONNTAG NR. 21 Mit Mühe repräsentiert das Theater eine uralte Tradition. Und die Pandemie verbannt es in den digitalen Raum. Ein Lagebericht aus Anlass des Berliner E Theatertreffens in vielsagender Moment des diesjährigen Theatertreffens, des zweiten zu Pandemiezei- ten, war in der Nachbespre- chung von Leonie Böhms Zürcher Inszenierung von „Medea*“ (mit Gendersternchen) zu erleben. Das Stück hatten im Livestream circa 1000 Zuschauer verfolgt. „1.0k“ hatte unten links im Vimeo-Player gestanden, auf dem Höhepunkt, nachdem es pünktlich um acht Uhr abends mit rund 600 Leu- ten losgegangen war. Die meisten davon sind bis zum Ende dabeigeblieben, für gut anderthalb Stunden. VON JAN KÜVELER Dann wurde der Bildschirm weiß, und es hieß: Gleich kommt hier die Nachbesprechung. Es dauerte quälend lange, so eine halbe Stunde. Okay für ARNO DECLAIR Theaterkritiker, die sich Notizen ma- chen, frustrierend für alle anderen. Schließlich tauchte das mittlerweile aus allen Zusammenhängen von pandemic work gewohnte Zoom-Mosaik auf – Pretty in Pink: Anne Lenks Berliner „Maria Stuart“ (oben). „Graf Öderland“ Menschen vor ihren Laptopkameras. aus München und Basel (unten) Maja Beckmann, die die Medea ge- spielt hatte, quasi ganz allein, begleitet nur von einem zaghaft mitspielenden Netz verschwinden. Warum dieses Spielzeiten?) das Publikum sitzt und Pianisten, gab Auskunft über den Pro- übertriebene Zugeständnis an eine typi- jetzt eine Kamera steht. benprozess: Sie habe das Stück von Eu- sche Eigenheit des Theaters, die aber „Sobald du willst, in jedem Augen- ripides zuerst „nicht auf dem Schirm hier, im Internet, endlich abgestreift blick/ Kannst du erproben, dass dein gehabt“: „Medea, was war das noch werden könnte? Was auf den ersten Wille frei ist“, heißt es bei Schiller. Das mal?“ Ein Blättern im Reclam-Heft Blick wie nervige Identitätspolitik wirkt lässt man sich nicht zweimal sagen und D brachte auch keinen Aufschluss; sie ver- – so sind wir eben, das muss sein –, er- tut, was früher im Theater unmöglich E stand kein Wort. Ihr Mitspieler Johan- zeugt dann allerdings doch etwas, was war: sich ein Glas Wein holen zum Bei- nes Rieder auch nicht. zum Kerngeschäft des Theaters gehört: spiel. Oder „Nüsschen“, wie Maja Beck- ein Gefühl. manns Medea vermutet. as soll nicht despektierlich sein. „Medea*“ gibt es, wie die aufgeregte Das Ergebnis war ganz wunder- s ist wie bei einem großen Fuß- Regisseurin Leonie Böhm vor Beginn bar, der zarte Monolog einer im ballspiel, das sich auch nur die erzählt, in einer „One-take-Streaming- Zweifel starken Frau, viel davon impro- härtesten Fans wieder und wie- Version“. Das heißt, dass der Kamera- visiert. Der antike Dramentext schim- der anschauen. Das Bewusstsein, einem mann lautlos über die Bühne huscht, als merte nur noch durch, lag irgendwo un- flüchtigen Ereignis beizuwohnen, mit- Stellvertreter des Zuschauerblicks. Nur ter den sich bauschenden Bettlaken von samt technischen Aussetzern, hängen- manchmal ist sein Schatten zu sehen. BIRGIT HUPFELD Zahava Rodrigos Bühne, ein Echo des den Streams, knisternden Stimmen, Andere Stücke wie „Graf Öderland“, inszenatorischen Minimalismus. Und adelt das Erlebnis. Vielleicht hat man „Maria Stuart“ oder das zauberhaft es geht ja allen so, da müsste man nur, sich während des Lockdowns einen derb-filigrane „Automatenbüfett“ der ähnlich wie die Gruppe Gob Squad in OLED-Fernseher angeschafft, in 55 oder vergessenen jüdischen Autorin Anna ihrer zwölfstündigen Performance 65 Zoll. Dann kann man per Apple TV Gmeyner, inszeniert von Barbara Frey „Show Me a Good Time“, durch die Tausend Zuschauer, obwohl der Eine dieser Zumutungen ist die oder Amazon Fire Stick einen vergesse- an der Wiener Burg, wurden vorab von Stadt laufen und die Passanten fragen: Stream weltweit zu empfangen ist. Bei Quantifizierbarkeit. Solange das Haus nen Max Frisch übers WLAN beamen – einem 3Sat-Team aufgezeichnet – und „Medea, was war das noch mal?“ Man einem mit wer weiß wie vielen Millionen der Berliner Festspiele die Bühne bot „Graf Öderland“ in einer Inszenierung sind deshalb nicht live, dafür für die würde allenthalben Schulterzucken Euro subventionierten Festival. Ist das und sich kurz vor Beginn der Auffüh- von Stefan Bachmann, einer Koproduk- Bildschirmrezeption ausgetüftelt. Wer ernten, abgesehen von ein paar alt- viel oder wenig? Ist das zu wenig oder rungen die Türen schlossen, konnte tion aus München und Basel. Oder Anne führt hier eigentlich Regie, fragt man sprachlichen Gymnasiasten, aber auch genug? Oder sind die Fragen ganz falsch man nur rätseln, wie viele gern gekom- Lenks „Maria Stuart“ aus dem Deut- sich – die Menschen, die im herunterzu- die gucken abends Netflix. gestellt, weil das Theater eben absicht- men wären. Jetzt weiß man es, 1000 schen Theater Berlin, früh in der Coro- ladenden Programmheft stehen? Oder Das Theater hat im Jahr 2021 eine un- lich und systematisch quer steht zu den Leute. Dafür würde Netflix, das mittler- na-Zeit konzipiert, eine Reanimation die Dirigenten der Fernsehfassung? mögliche Position inne: trotz allem im- Zumutungen der Zeit, durch die es segelt weile über 200 Millionen Abonnenten des halb totgesagten Guckkastenthea- Jetzt war gar nicht die Rede von all mer noch Repräsentant einer jahrtau- wie ein altersloser Gott, schnurstracks hat, nicht mal sein Logo anknipsen. ters. Die Schauspieler zappeln verlegen den Debatten, die das Theater zurzeit sendealten Kulturtradition einerseits aus dem Dionysostheater am Fuße der Man kann sich auch fragen, warum in pinken Zimmerfluchten, die nur nach überschatten, über Rassismus und und andererseits raum- und körperloses Akropolis hinein in eine unfassbare Zu- die Videos nicht wenigstens stehen ge- vorn offen sind, zur unsichtbaren vier- Macht. Es schadet nicht. Die gehen Gespenst seines früheren Selbst, ver- kunft, die aber wohl ein Hybrid sein wird lassen werden auf der Seite theatertref- ten Wand, wo normalerweise (kann nicht weg. Aber darüber sollte man das wirrt, zweifelnd, tastend. aus Stein und Samt und Strom. fen.de, sondern gleich wieder aus dem man das noch sagen nach zwei Corona- Zuschauen nicht vergessen. Melancholische Melomanie H Die herrliche Gegenwart seiner Romantik: Plädoyer für die Wiederentdeckung des jüdischen Komponisten und Brahms-Freundes Friedrich Gernsheim in und wieder – nein, eigentlich Gernsheim, ehemaliges Wunderkind, Gernsheim durfte nicht mehr gespielt hinderlich sein zu wissen, wann Gerns- Herausforderung sein, aber den musika- mit elf, in Frankfurt unter anderem mit bei jeder sich bietenden Gele- viel gespielter Spätromantiker, Brahms- werden. heim zum Beispiel seine gewaltige vier- lischen Wert und die Großartigkeit die- einer eigenen Orchesterouvertüre debü- genheit – muss man schon da- Freund und seit 1890 Nachfolger Max Erst in jüngerer Vergangenheit stößt te Violinsonate geschrieben hat. Es mag ses ausschweifend schönen, voller Kraft tierte, so früh gefunden wie sein Stil- rauf hinweisen, dass man den Antisemi- Bruchs an der Spitze der Berliner Aka- er wieder auf Interesse. Hinter wage- für jeden Fortschrittsgläubigen eine innerer Notwendigkeit steckenden Stü- empfinden, sein Formbewusstsein. Er tismus des Richard Wagner, sein ent- demie, sei zwar, stand in der Ausgabe mutigen Plattenlabels und experimen- ckes zu ermessen, ist es vollkommen war, wovor ihn sein Lehrer in Leipzig, setzliches Pamphlet vom „Judentum in des Standard-Werks von 1901, „in allen tier- und recherchefreudigen Ensem- ohne Belang, dass es 1912 entstand – der Salieri-Schüler Ignaz Moscheles, der Musik“ nicht mit einem „War halt Sätteln gerecht und des mannigfaltigen bles und Interpreten her wagen sich im- Gernsheim füllt die Kammermusik früh gewarnt hatte – ein Romantiker. damals so“-Seufzer und einem Achsel- Ausdrucks mächtig“, allerdings, und da- mer mehr Musiker in den totgeglaub- noch einmal bis zum Bersten aus, deren Diesen europäischen Kontinent forschte zucken abtun kann. Weil Wagners ver- mit variierte Riemann Wagners Charak- ten, mit den herrlichsten musikalischen Grenzen von der Schönberg-Schule da er aus, lernte seine Sprachen. Neben öffentlichter Judenhass Folgen hatte. tersierung des typisch Jüdischen in der Rabatten ausgestatteten Park der gerns- längst gesprengt worden waren. dem Deutschen beherrschte er nach den Für die Lebenswege jüdischer Kompo- Musik nur leicht, „ohne die überzeugen- heimerschen Musik. Die Lieder liegen Gernsheim sollte man auch auf gar gut fünf Jahren, die er von 1855 an als Pu- nisten, für den Verbleib ihrer Werke im de Kraft innerer Notwendigkeit“. vor (vom Gernsheim Duo), die Violin- keinen Fall vergleichen. Vor allem nicht bertierender in Paris verbrachte (wo er kulturellen Gedächtnis bis heute. Gernsheim, der sich durchgesetzt sonaten (gerade neu von Christoph mit seinem Freund Brahms, dessen Saint-Saëns traf, Rossini, Lalo, Verdi und hatte, von Mahler und Strauss dirigiert, Schickedanz und Ernst Breidenbach), „Deutsches Requiem“ er aus der Taufe Wagner), vor allem das Französische. ULLSTEIN BILD/RUDOLPH DUEHRKOOP VON ELMAR KREKELER 1914 in Dortmund mit einem zweitägi- die Klavierquartette (gerade neu vom hob. Die Welt des Friedrich Gernsheim Gernsheim war ein immer wieder gen Gernsheim-Fest gefeiert wurde, fabelhaften Mariani Quartett). – der tatsächlich „in allen Sätteln ge- auch zu allerlei rhythmischem Kobold- Dass Friedrich Gernsheim, 1839 als konnte das zu Lebzeiten nicht sehr ge- Gernsheim zu entdecken ist viel recht“ war und „des mannigfaltigen streiben aufgelegter, melancholischer Spross einer alteingesessenen jüdischen fährlich werden. Die Nationalsozialis- mehr als eine historische Wiedergutma- Ausdrucks fähig“ – war eine ganz eige- Melomane. Kein Zersprenger, kein Exis- Familie in Worms geboren, nach seinem ten allerdings machten gerade mit chungspflichtübung. Es ist auch ein Rie- ne, musikalisch polyglotte, nur dezent tenzialist. Ein Brückenbauer, ein Zu- Tod 1916 so derart gründlich vergessen Gernsheims Werk Tabula rasa. Noten senspaß. Seine Musik ist gewisserma- mit ihrer jeweiligen Gegenwart fort- sammenführer. Man hat ihn gern um wurde, hat viele Ursachen. Es hängt wurden verbrannt, aus den Bibliothe- ßen barrierefrei, eingängig. Man muss schreitende. sich, diesen Friedrich Gernsheim. Hof- aber auch mit einem Eintrag im Musik- ken verbannt, Karl Holls Gernsheim- sich vorher kein Wissen aneignen. Es Seinen Klangkontinent, seinen fentlich demnächst auch in den Philhar- lexikon des Hugo Riemann zusammen. Biografie von 1926 wurde eingestampft. könnte sogar dem unbefangenen Hören Friedrich Gernsheim (1839 bis 1916) Grundton hatte Gernsheim, der 1850, monien dieser Welt. © WELTN24 GmbH. 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