RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden

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RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
RÄUME                 TRÄUME                   ZIELE AM
                             FÜR ALLE              VOM GLÜCK                HORIZONT
                             Drinnen und draußen   Oben, unten und rundum   Überall dem Ötztaler
                             das Ötztal erkunden   urlaubsselig sein        Pioniergeist begegnen
O E T Z TA L - M AG. C O M

                                                                   Ötztal.
                                                                      Tirol in Hochform.

oetztal.com
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RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
EDITORIAL

Liebe Gäste,
bei uns hat alles Priorität, was ein gesundes Miteinander von Besuchern, Bewohnern
und Mitarbeitern möglich macht. Wir vom Ötztal Magazin tragen dazu bei mit Inspira-
tionen und Informationen für die einzigartige, so erholsame wie erlebnisreiche und si-
chere Sommerfrische in unserem Tal.

In unserem neuen Magazin für den Sommer 2021 stehen die Ötztaler Lebensräume als
Fixpunkte im Fokus. Sie sind jederzeit und für immer unsere Freiräume – allen voran die
grandiose Natur der Ötztaler Alpen. Mitten im Klimawandel überrascht sie uns sogar
mit einem neuen Lebensraum, den Gletschervorfeldern und ihrer außergewöhnlichen
Flora. Beobachtet, erlebt, nutzt und schont mit uns die natürlichen Lebensräume, ob als
Abenteuer- oder Sportfreunde, ob als Berg- oder Naturfreunde aller Art!

Lebensräume sind auch Arbeitsräume. Wir zeigen euch, was Dorfchronisten, Historiker,
Seilbahner oder Wetterexperten im Ötztal für uns alle tun. „Hauptsache, wir haben ein
Dach über dem Kopf!“ Das sagten einst hochalpine Bergsteiger. Unser Magazin nimmt
euch mit auf Reisen durch die Außen- und Innenräume der Ötztaler Herbergs- und
Wohnkultur im Wandel der Zeit.

Grenzenlos ist der Lebensraum der Fantasie. Unser Ötztal Magazin nimmt euch mit auf
Schatzsuche und spannende Touren.

Herzlich,
euer Redaktionsteam

                                                                                          O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                       1
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RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
I N H A LT

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                 Vom Eis befreit – Das Gletschervorfeld als neuer Lebensraum

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                 Ein Like fürs Bike
                 So toll lernen Kinder biken

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                 Impressum                                                                                                     Die Geschichte der Therme
                 Herausgeber: Ötztal Tourismus, 6450 Sölden
                 Konzept Inhalt: media von mersi Redaktionsbüro, Wien
                 Konzept Layout: NORDEN Werbeagentur, Innsbruck, www.norden.co
                 Redaktion: Isolde v. Mersi, Carmen Fender, Yvonne Auer
                 Creative Director: Julian Sprengel
                 Fotoredaktion: Yvonne Auer, NORDEN Werbeagentur
                 Coverbild: Wandern in Gurgl, Heinz Zak
                                                                                                                                            G ew i n
                 Bildnachweis: © Ötztal Tourismus – C. Bayer, S. Dierk, W. Elmer, M. Geisler, D. Gehm, U. Grinzinger,
                 R. Gstrein, E. Hessenberger, J. Hohfeld, E. Holzknecht, T. Hupfer, J. Kreulitsch, M. Krings, F. Künzel
                                                                                                                                             4 Ü be
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                 L. Lehmeier, A. Lohmann, E. Lorenzi, F. Oss, C. Penning, B. Ritschel, B. Schäfer, P. Schildbach, C. Schöch                   mit H                   n
                 D. Schultheiß, J. Sprengel, P. Stöckl, T. Vielgut, W. Watzke, R. Wyhlidal, H. Zak , ©Aqua Dome, © Berghotel
                                                                                                                                                    albpen
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                                                                                                                                               eine F              r
                 Gstrein, © Heimatmuseum Längenfeld, © Turmmuseum Oetz, © AREA 47 – R. Wyhlidal, © Bergbahnen                           2 Erwa        amilie
                                                                                                                                              chsen          mit
                 Sölden – C. Nösig, © Bergbahnen Hochoetz – C. Schneider, © Liftgesellschaft Obergurgl-Hochgurgl,                                    en und
                 © Naturpark Ötztal, © Ötzi-Dorf                                                                                                             2 Kind
                 Die jeweiligen Autorenbilder wurden mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.                                ÖTZT
                                                                                                                                              AL SU
                                                                                                                                                      +              ern
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                 Illustrationen: © Ötztal Tourismus – NORDEN Werbeagentur/L. Günther                                                                   € 2.100
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                 Auflage: 32.000 D/EN
                 Druck: Buchdruckerei Lustenau
                 Offenlegung lt. § 15 Mediengesetz: Eigentümer zu 100 % und Herausgeber ist
                 Ötztal Tourismus, 6450 Sölden, T +43 (0) 57200, info@oetztal.com, Direktor Mag. Oliver Schwarz

2   O E T Z TA L - M AG. C O M
RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
Inhalt
     Bergsteigen                             Wandern

12   Vom Eis befreit                    20   5 Fragen zum Bergwetter

16   Vom Luxus des Überlebens           22   Hier geht’s rund

24   Standpunkt: Gebt mir die Gipfel!   25   Standpunkt: Lasst mir die Talgründe!

     Natur                                   Wir Ötztaler
26   Holla die Gams                     19   Heimkehrer

27   Röslein schwarz                    28   Training für die Seele

     Landleben                               Familie
30   Herrgottswinkel                    40   Blicke in den Zauberspiegel

32   Bäuerliche Wort-Antiquitäten       42   Ein Like fürs Bike

     Wasser                                  Abenteuer
34   Quelle des Wohlbefindens           37   Unten am Fluss

     Radsport                                Standards
44   Mountainbiken am Taleingang        01   Editorial

                                        02   Inhalt & Impressum
     Kultur
                                        04   Ötztal Flash
46   Alles außer gewöhnlich
                                        06   Impressionen
50   Das Coole am Ötzi
                                        51   Ötztal Rätsel – mit Gewinn!
53   Talschluss: Am Puls der Zeit
                                        54   Ötztal Landkarte

     Genuss
38   Tradition trifft Innovation

52   Ausklang: Gute Geister

                                                                                    O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                 3
RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
NEWS

                                                  Ötztal Flash
                                                                                                                   Memmingen/
                                                                                                                   München

                                                                                                                      DE
                                                                                                                                            Garmisch/München

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                                                                                                                                                                      Innsbruck
                                                                                                BAHNHOF       HAIMINGER BERG
                                                               Zürich                           A12              OCHSENGARTEN
                                                                              Arlberg                                                                          Zirl
                                                                CH                             SAUTENS                          Kühtai
                                                                                                                     OETZ                                                Salzburg/Wien
                                                                                                                                                                              München

                                                                                                      UMHAUSEN
                                                                                                                            NIEDERTHAI

                                                                                                       LÄNGENFELD                  GRIES

                                                                                                               HUBEN

                                                        DE
                                                                                               WIEN     HOCHSÖLDEN
                                                             MÜNCHEN
                                                                       SALZBURG
                                                                                                                                   SÖLDEN
                                          FRIEDRICHSHAFEN

                                                                                       AT                 ZWIESELSTEIN
                                       ZÜRICH
                                                                                                                                         HOCHGURGL
                                                 CH
                                                                                                                                                               IT
                                                             BOZEN
                                                                         IT                                                                                 Bozen
                                                                                                         VENT                                Timmelsjoch/
                                                                                                                                             Wintersperre
                                                                                                                     OBERGURGL

                                 Ötztal & i-Oetztal – Mobile App                              Das Ötztal im Social Network
                                 Kostenlose Mobile App:                                       Facebook, Instagram, YouTube und
                                 www.oetztal.com                                              WhatsApp führen Sie virtuell ins
                                                                                              Ötztal. Wir bauen unsere Kommuni-
                                                                                              kation über Social Media laufend wei-
                                                                                              ter aus.

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RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
NEWS

Das Ötztal und Covid-19                                              Oetz und sein Kulturturm
Zur Ergänzung behördlicher Corona-Si-                                Mit der Ausstellung „Der Stuibenfall.
cherheitsvorgaben führt Ötztal Touris-                               Kleine Kulturgeschichte eines Natur-
mus seine eigene, 2020 eingerichtete Task-                           denkmals“ und dem Begleitbuch von
force auch in diesem Sommer weiter mit                               Walter Falkner zeigt das Turmmuseum
zusätzlichen Schutzmaßnahmen zur flexiblen und zielge-               Oetz Tirols größten Wasserfall von Mai bis Oktober 2021 aus
nauen Reaktion auf die aktuelle Lage im Tal. Immer aktuell:          neuer Perspektive. Durch den Ortskern ins Turmmuseum
www.oetztal.com/covid-19                                             führen die wöchentlichen Kinder- und Familienführungen
                                                                     „Zeitreise durch das alte Oetz in den Turm“.
                                                                     www.oetztalermuseen.at/turmmuseum

Mehr Öffis für Biker                                                 Sesshafte und Fahrende
Aufgerüstet haben die öffentlichen Lini-                             „Jenische“ nennen sich Nachfahren ei-
enbusse seit 2020 mit neuen, einfach zu                              nes verarmten und diskriminierten Teils
bedienenden Anhängern für jeweils 16 Bi-                             der Tiroler Bevölkerung. Der Geschichte
kes und E-Bikes. Zwischen Imst und Gur-                              dieser umherziehenden Wanderhändler
gl steht Fahrgästen bei 10 Bussen kostenloser Radtransport           oder Pfannenflicker widmet sich der Gedächtnisspeicher in
zur Verfügung. An den Haltestellen gibt es QR-Codes, um per          Lehn/Längenfeld mit der Ausstellung „Fahrend? Jenische Ge-
Smartphone frühzeitig freie Kapazitäten abzufragen.                  schichten“ von Juni 2021 bis Oktober 2021. Die „Jenischen Kul-
www.soelden.com/biken                                                turtage“ sind für den 17. und 18. Juli 2021 im Veranstaltungs-
                                                                     zentrum Kalkbrennanlage Sautens angesetzt.
                                                                     www.oetztalermuseen.at/gedachtnisspeicher

Artenvielfalt in Gefahr                                              Den Stressstecker ziehen
Die Ötztaler Flora und Fauna ist arten-                              Ein Wochenende zum Entspannen und
reich, aber vielfach bedroht. Daher setzt                            Krafttanken mit Bewegung und Natur-
sich der Naturpark Ötztal 2021 mit den                               beobachtung, Kulinarik und Musik bie-
Themen „Artenvielfalt“ und „Artenster-                               tet das Bergsteigerdorf mit dem Wochen-
ben“ auseinander: In der Sommerausstellung                           endprogramm „Vent unplugged“ im September
im Naturparkhaus in Längenfeld, aber auch im talweiten Ver-          2021.
anstaltungs- und Wanderangebot.                                      www.vent.at
www.naturpark-oetztal.at

Ötztaler Genussbotschafter                                           Geolehrpfad Winkelberg 2.0
Seit 2020 dürfen sich die ersten jungen                              Neue Lernimpulse zum Köfler Bergsturz
Köche der gehobenen Gastronomie und                                  und seinen Gesteinen gibt es in Längen-
Hotellerie offiziell „Ötztaler Genussbot-                            feld. Der Erlebnisweg auf der bewähr-
schafter“ nennen. Nachdem sie in 3 Modu-                             ten Route des Geolehrpfads mit Start in
len Zusatzqualifikationen in den Themengebieten „Ötzta-              Winklen und Ziel am Winkelbergsee hat 10 neue
ler Fleischspezialitäten“, „Almwirtschaft im Ötztal“ und „Obst,      Stationen. Mit Hilfe von Installationen vor Ort, einer analo-
Wein, Wild, Fisch, Foodhunting, Natur und Kultur“ erworben           gen Karte und der Locandy App können Besucher das Rätsel
haben, repräsentieren sie in ihren Betrieben die Vielfalt der        des Köfler Bergsturzes lösen.
kulinarischen Traditionen und die Vielfalt des Tals.                 www.laengenfeld.com
www.oetztal-genussbotschafter.at

Preisgekröntes                                                            Ötztal Websites
Ötztal Magazin
                                                                          www.oetztal.com
In der Kategorie Brand Communication –
                                                                          www.soelden.com
Print hat das Ötztal Magazin den German
                                                                          www.gurgl.com
Brand Award 2020 des Rats für Formgebung
gewonnen, eines der weltweit führenden Kompetenzzentren
für Design, Kommunikation und Innovation.

                                                                                                                              O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                                                           5
RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
IMPRESSIONEN

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RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
IMPRESSIONEN

               Christian Schneider   WIDIVERSUM Hochoetz 2.020 Meter

                                                                   O E T Z TA L - M AG. C O M
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RÄUME FÜR ALLE TRÄUME VOM GLÜCK - Sölden
IMPRESSIONEN

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IMPRESSIONEN

         Wolfgang Watzke   BIKE REPUBLIC SÖLDEN „Fernar Trail“

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IMPRESSIONEN

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IMPRESSIONEN

        Heinz Zak   Zirbenwald und Klettersteig in Obergurgl 1.930 Meter

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                              Blick ins Rotmoostal

                                                     Vom Eis
                                                     befreit
                                                                     Bernd Ritschel

                                   Wo die Gletscher geschmolzen sind, entsteht in kurzer Zeit ein neuer Lebens-
                                  raum für Tiere und Pflanzen: das Gletschervorfeld. Unser Autor hat die neuen
                                        Naturwunder am Rand des Rotmoosferners in Gurgl beobachtet.

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„
                                                       BERGSTEIGEN

                                                                                            Es gibt nur wenige
                                                                                           Orte auf der Erde, wo
                                                                                           sich die Natur so frei
                                                                                          entwickeln kann. Hier
                                                                                            passiert maximale
                                                                                             Veränderung auf

E
       ine Herde Haflinger galoppiert        schnell abschmelzen. Die Flächen, die          engstem Raum und
       voller Leichtigkeit und mit we-       das Eis freigibt, nennt man Gletscher-
       henden Mähnen über die Wie-           vorfeld. Dort entwickelt sich binnen we-        in kürzester Zeit.

                                                                                                           “
sen bei der Schönwieshütte. Ein grüner       niger Jahre neues Leben. An den Rän-
Hügel, dahinter ein weites Tal. Bin ich      dern wachsen erste Büsche und Bäume,
hier wirklich in den Alpen? Ja, und wie.     im Vorfeld selbst blühen Dutzende ver-
Auch wenn das Rotmoostal vom Land-           schiedener Blumen. Die Wurzeln die-
schaftsbild wunderbar in das schot-          ser jungen Vegetation stabilisieren den      und Wärme des kurzen Sommers nut-
tische Hochland oder gar nach Island         Boden und verhindern damit das Weg-          zen. Mal überwiegt das Violett des Al-
passen würde, so ist es doch ein Teil der    spülen von Erdreich, Kies und Sand bei       pen-Leinkrauts, dann wieder das
Ötztaler Alpen. Alles hier erinnert an ei-   Starkregen und Hochwasser. Der Bota-         leuchtende Gelb des Fetthennen-Stein-
ne archaische, seit Ewigkeiten unverän-      niker Roland Mayer vom „Naturpark            brechs. Wenige Meter weiter entdecke
derte Urlandschaft. Über vier Kilome-        Ötztal“ ist begeistert: „Es gibt nur weni-   ich einen Alpentragant und einen kom-
ter zieht das Hochtal als grüner Trog        ge Orte auf der Erde, wo sich die Natur      plett mit Stängellosem Leimkraut be-
Richtung Südosten. Erst an seinem En-        – das heißt die Pflanzen- und Tierwelt       wachsenen kleinen Buckel. Niemals
de steilen sich die Geröll- und Felsflan-    – so frei und in so einer Fülle und Viel-    hätte ich in diesem kargen Gelände so
ken auf, bevor die Eisfelder des Rot-        falt entwickeln kann wie in einem neu        eine Blumenvielfalt erwartet.
moos- und Wasserfallferners zu den           entstanden Gletschervorfeld. Hier pas-       Welche Kraft steckt nur in all den win-
schroffen Gipfeln hinaufziehen.              siert maximale Veränderung auf engs-         zigen Blumen, um den von Regen und
Beide Gletscher haben sich in den letz-      tem Raum und in kürzester Zeit.“             Wind verdichteten Sand zu durchdrin-
ten Jahren stark zurückgezogen. Und                                                       gen? In diesem kleinen Gletschervor-
genau dort, wo das Eis zuletzt abge-                                                      feld auf fast 2.500 Meter kann man jeden
schmolzen ist, entsteht ein neuer Le-                                                     Sommer wieder Evolution pur erleben.
bensraum der Natur. Aber was tritt un-                                                    Weit verzweigt hat sich der Gletscher-
ter dem Eis zutage? Wie lange dauert es,                                                  bach vom Rotmoosferner seinen Lauf
bis sich erstes Leben, erstes Grün und                                                    durchs Tal gesucht und die Landschaft
damit wieder eine Pflanzen- und Tier-                                                     gestaltet. Mal mäandert er um Kiesbän-
welt dort ansiedelt?                                                                      ke herum, wenig später sind es fast ein
                                                                     Alpen-Leinkraut      Dutzend einzelner Wasserläufe, die pa-
Maximaler Wandel                                                                          rallel talaus fließen. Selbst auf den In-
Heute weiß man, dass vor allem die           Als der gut markierte Wanderweg hin-         seln dazwischen, die ja nur aus Ge-
Gletscherzungen in den Tieflagen, die        auf zum Rücken der Hohen Mut nach            röll und Sand bestehen, blüht es im Ju-
nicht von Schutt bedeckt sind, sehr          links abzweigt, gehe ich einfach gera-       ni und Juli. Links und rechts der Bach-
                                             deaus weiter. Nur mehr selten entde-         läufe stehen die sattgrünen Wiesen und
                                             cke ich ein paar Trittspuren im Sand.        die feuchten Moos- und Moorflächen,
                                             Eis und Wasser haben hier kleine Morä-       für die das Rotmoostal so bekannt ist.
                                             nenrücken und windgeschützte Mul-            Weißes Wollgras weht im lauen Wind
                                             den entstehen lassen. Vorsichtig setze       des Nachmittags.
                                             ich meine Schritte auf den Fels. Über-
                                             all dort, wo Sand und Kies überwie-          „Es war einmal...“
                                             gen, schmücken bunte Farbkleckse             Mit diesen Worten werde ich wohl in
                             Rotmoostal      den graubraunen Boden. Es sind aber-         ein paar Jahren ein „modernes“ Mär-
                                             tausende kleiner Blumen, die Licht           chen für meine Enkel beginnen. Es wird

                                                                                                                              O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                                                           13
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                                                                                                                                    Vom Rotmoosferner
                                                                                                                                   existieren nur noch ein
                                                                                                                                        paar einzelne
                                                                                                                                       Gletscherreste
                                                                                                                                    unter dem Rotmoos-
                                                                                                                                       joch. Schlimm?
                                                                                                                                         Ja und nein.
                                                                Alpentragant
                                                               im Rotmoostal

              ein Märchen voll eisiger Abenteuer und                             im Talschluss der 3.489 Meter hohe Hintere        Zunge. Mittlerweile hat sich der Wasser-
              leidenschaftlicher Emotionen. Eine                                 Seelenkogel. Links davon das tausend-             fallferner bis weit hinauf Richtung See-
              Frage stellt sich aber jetzt schon: Wird                           fach fotografierte und auf Postkarten             lenkogel zurückgezogen.
              es den Rotmoosferner dann überhaupt                                verewigte Dreigestirn von Scheiber-,              Vom Rotmoosferner existieren nur
              noch geben?                                                        Trinker- und Heuflerkogel. Im Osten ra-           noch ein paar einzelne, nicht mehr mit-
              An manchen Tagen sind es eher trauri-                              gen steil und abweisend Gipfel wie Gra-           einander verbundene Gletscherreste
              ge Erinnerungen, die ich mit dem Rück-                             natenkogel, Hochfirst und Liebenerspit-           unter dem Rotmoosjoch. Schlimm? Ja
              gang der Gletscher in den Alpen verbin-                            ze auf. Alles scheint wie immer – und             und nein. Seit es die Erde gibt, verän-
              de. So manche Eistouren, die wir in un-                            doch hat sich die Landschaft massiv               dert sie ihr Antlitz. Aber wir Menschen
              serer Jugend, das heißt vor mittlerweile                           verändert. Im Frühsommer bedecken                 brauchen sie zum Leben und ohne Na-
              40 Jahren, noch durchwegs mit Steigei-                             noch große, strahlend weiße Schneeflä-            tur gibt es für uns langfristig kein Über-
              sen an den Bergschuhen gehen konn-                                 chen das Eis der Gletscher und vor allem          leben.
              ten, sind heute im Hochsommer eisfreie                             auch die neu entstandenen, weitläufi-
              Bergtouren. Die Gletscher ziehen sich                              gen Geröllhänge. Im Spätsommer, wenn              „Happy End?“
              unaufhaltsam in die Hochlagen der Al-                              nur noch die schneefreien Gletscherflä-           Nur noch ein paar hundert Meter tren-
              pen zurück.                                                        chen im Talschluss zu sehen sind, wird            nen mich von der sonnigen Terrasse der
                                                                                 das volle Ausmaß des Gletscherrück-               Schönwieshütte. Hunger und Durst ha-
              Nichts bleibt, wie es ist                                          ganges sichtbar.                                  ben meinen Schritt zuletzt beschleu-
              Landschaftlich hat sich die Schöpfung                              Schon seit vielen Jahren sind der Rot-            nigt. Selbstverständlich suche ich mir
              mit dem Rotmoostal und der Hohen                                   moos- und der Wasserfallferner nicht              einen Tisch mit ungetrübtem Blick ins
              Mut in epischer Schönheit entfaltet. 15                            mehr miteinander verbunden. Noch in               Rotmoostal. Die Traurigkeit beim Ge-
              Dreitausender umrahmen den Kamm                                    den 1980er Jahren verschmolzen ihre               danken an die zurückweichenden Glet-
              der Hohen Mut. Alles überragend steht                              Eisströme zu einer breiten, mächtigen             scher weicht jetzt Freude und Zuver-

                                                                                                                                                            SÖLDEN

                                                                                                                                                                  HOCHGURGL

                               Noch im Frühling 2003 waren der Rotmoosferner und der Wasserfallferner miteinander verbunden                                    OBERGURGL
                              (links). Mittlerweile ist die schmale Eiszunge längst abgeschmolzen und beide Gletscher haben sich             VENT
                              weit zurückgezogen (rechts).                                                                                               ROTMOOSTAL

14
 O E T Z TA L - M AG. C O M
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     Die Schönwieshütte 2.270 Meter

sicht. Zuversicht deswegen, weil ich dort
hinten niemals in so kurzer Zeit so viel
frisches Leben erwartet hätte und Freu-
de, weil das Rotmoostal auch mit kleine-
ren Gletschern einfach wunderschön ist.
Kein anderes Gletschervorfeld im Ötztal
ist so vielfältig und dank der Seilbahn auf
                                                                                BERND RITSCHEL
die Hohe Mut auch so angenehm zu errei-
chen.                                                          Rotmoostal    Das Ötztal ist seit Jahrzehnten eines der
Seit es die Erde gibt, gibt es den Wandel.                                   bevorzugten Touren- und Fotomotivreviere
Altes geht, Neues entsteht. Natürlich                                        des international renommierten bayeri-
müssen wir alle Anstrengung auf den                                          schen Autors und Fotografen.
Schutz dieser so wertvollen Natur rich-
ten. Deren Kraft und Ressourcen sind be-
grenzt. Doch letztendlich erzählt jedes
einzelne neue Gletschervorfeld, das gera-                                         Weitere Informationen unter
de in den Alpen entsteht, von einem klei-                                         www.oetztal.com
nen Wunder. Und – zumindest lokal be-                                             www.naturpark-oetztal.at
trachtet – von einem kleinen ökologi-
schen „Happy End“. Das sollte uns Men-              Wollgras im Rotmoostal        Berg-Blogs unter
schen Ansporn sein.                                                               www.oetztal.com/magazin

                                                                                                                   O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                                                15
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             Vom Luxus
             des Überlebens
                              Maren Krings

                                                                                     LÄNGENFELD

                                                                                            SÖLDEN   HOCHSTUBAIHÜTTE

                                                                                                     ZWIESELSTEIN

                                             Hochstubaihütte 3.175 Meter

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 O E T Z TA L - M AG. C O M
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Nur vom Sölder Windachtal aus ist die Hochstubaihütte zu Fuß erreichbar.
3.175 Meter über dem Meer ruht der Hüttenzauber auf einem Fundament aus
straffer Logistik und höherer Improvisationskunst.

D
         as Geräusch schlagender Rotoren erreicht        einen Kinoabend – erste Reihe. Hinter uns türmen sich
         mich, als ich auf Augenhöhe mit Bergkräutern    aber bereits große Gewitterwolken auf. Die Urkraft
         eine Wildbiene im Windachtal beobachte. Se-     der Elemente stellt für Thomas oft eine harte Heraus-
kunden später fliegt ein Helikopter über mich hinweg,    forderung dar. Auf dem Weg zum 100 Meter tiefer gelege-
voll beladen mit Nahrungsmitteln und Bauholz an ei-      nen Schmelzwassersee für den Wasserbedarf der Hüt-
nem langen Tau. Knappe zwölf Flugminuten wird der        te zeugen unzählige Blitzeinschläge in der Strom- und
Heli brauchen, um die 1.200 Meter vom Tal zur Hochstu-   Wasserleitung von den heftigen Unwettern, die den
baihütte zurückzulegen. Wir dagegen haben noch viele     Hüttenbetrieb schon behindert haben. Für Thomas al-
Stunden Fußmarsch vor uns.                               les kein Problem, denn neben seiner langjährigen Er-
Silvia, meine Bergführerin, hat diese Route wegen        fahrung als Heeresbergführer ist er gelernter Elektri-
des „Überraschungsei-Effekts“ ausgewählt. Der stei-      ker, leidenschaftlicher Koch, Wasseraufbereitungsex-
le Weg schlängelt sich durch drei Vegetationszonen,      perte, alpiner Ersthelfer vor Ort und …na ja, einfacher
von den Almwiesen des Windachtals ins karge Gelän-       wäre es, Qualitäten aufzuzählen, die er nicht besitzt.
de oberhalb der Baumgrenze und zuletzt in hochal-
pines Gelände, das die „Himmelsleiter“ markiert. Die-    Höhere Logistik
se senkrecht angelegte Treppe im Fels entlässt uns in    „Bevor man sich hier oben darauf verlassen kann, Hil-
das Hochplateau, auf dem majestätisch die Hochstu-       fe zu bekommen, ist es sinnvoller, sich selbst zu helfen“,
baihütte thront. Zugegeben, diese Tour ist nichts für    bemerkt er beiläufig im Gespräch. Auf Hütten in Ext-
einen geschwächten Körper wie meinen, ohne Akkli-        remlage ist alles höherer Logistik unterworfen, von der
matisierung an die Höhe über der Dreitausendergren-      Gasflasche bis zur Müllentsorgung. Dazu zählt wäh-
ze. Für mich kamen die Anzeichen der Höhenkrank-         rend der knapp 3 Monate dauernden Saison außer
heit überraschend. Jedoch komme es häufiger vor,         650 kg Restmüll auch der organische Müll, den die Gäs-
dass Besucher kreideweiß um eine kräftigende Sup-        te erleichtert in zwei Trockentoiletten hinterlassen. Die
pe bäten statt ums wohlverdiente Weißbier, tröstet der   Container müssen ein bis zwei Mal pro Saison ausge-
DAV-Hüttenwart Heiko Kunath.                             schaufelt, ihr Inhalt gut verpackt mit dem Helikopter
Der Hüttenwirt Thomas Grollmus wird auf einer der        abtransportiert werden. Eine echte „Scheißarbeit“, aber
am höchsten gelegenen Hütten im europäischen Al-         sie gehört dazu. Anerkennend erzählt Thomas, dass die
penraum meist mit ganz anderen Herausforderun-           Dresdner DAV-Mitglieder auch bei dieser Arbeit ohne
gen konfrontiert. Denn weit ist der Weg für alles, was   Zögern kräftig mit anpacken. „Hier oben“, so erzählt er
hier oben gebraucht wird. Darum gibt es die Unter-       weiter, „geht eben ohne solidarisches Miteinander gar
scheidung zwischen überlebenswichtigen Dingen und        nichts.“
Luxusgütern. Letztere muss man selbst hoch-, Reste       Auf dem Dach des Winterraums befinden sich neue
selbst wieder hinuntertragen. Eine passende Parabel      Solarzellen. Sie ersetzen das Dieselaggregat, das nur
für unsere ökologische Krise, finde ich.                 mehr ersatzweise bei tiefer Verschneiung zum Ein-
Nach dem köstlichen Abendessen erkunde ich die un-       satz kommt. Allerdings reicht der Solarstrom nicht für
berührte Berglandschaft ringsum. Ein atemberauben-       Warmwasser: Duschen gibt’s nicht. Das Brennholz zum
der Sonnenuntergang schenkt uns ganz ohne Strom          Beheizen bringt der Heli.

                                                                                                                      O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                                                   17
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                                                                                              Hochstubaihütte

                              Teure Luftpost
                              Nur kurz ist die Pause, die Thomas sich gönnen kann,       Cessna auf Kufen auf dem Gletscher vor dem Winter-
                              um mir die Logistik der Hüttenversorgung zu zeigen,        raum. Das geht jetzt nicht mehr, weil das Gletscher-
                              denn auf dem Herd kocht bereits das Gulasch für die        eis massiv weggeschmolzen ist. An ein Relikt aus die-
                              nächsten Hüttengäste. „Wie schaut es mit den Vege-         ser Zeit erinnert sich Thomas noch, der seit neun Jah-
                              tariern aus?“, frage ich. Nun schmunzelt Thomas, der       ren die Hütte bewirtschaftet: Ein Kasten Bier, der am
                              sonst eher ernst wirkt: „Für den Umweltschutz würden       Ende der Cessna-Landebahn deponiert und von einem
                              die Vegetarier besser daran tun, hier Fleisch zu essen.“   Schneesturm begraben wurde. Jahrzehnte später aper-
                              Wie das, wo doch erwiesen ist, dass Fleischkonsum glo-     te der Bierkasten aus – leider leer!
                              bal hohe CO2-Emissionen verursacht? Einleuchtend           Nachdenklich schaut Thomas zum Wütenkarferner,
                              Thomas’ Erklärung: „Auf dieser Höhe gehört frisches        wo sich die Gletscherspalten wie ein Spinnennetz he-
                              Gemüse zur Kategorie ,Luxus’.“                             rausgebildet haben. Er fürchtet, das Ende dieses Glet-
                                                                                         schers noch zu erleben. Am frühen Vormittag zeigt das
                                                                                         Thermometer bereits 21 Grad Celsius auf über 3.000Meter
                                                                                         an. Wir beginnen den Abstieg, zurück zu Leichtigkeit
                                                                                         und Luxus, mit geschärftem Sinn für die fragile Schön-
                                                                                         heit der Alpen.

                                                                                              Weitere Informationen unter
                                                                                              www.hochstubaihuette.at

                                                                                              Berg-Blogs unter
                                                                                              www.oetztal.com/magazin

                                  Hüttenwirt Thomas

                              Den Fleischvorrat für die ganze Saison bringt der Heli
                              beim ersten Versorgungsflug; er wird sofort in der Tief-
                              kühltruhe gelagert. Bei frischen Obst- und Gemüse-
                              sorten ist das nicht ohne weiteres möglich. Tatsächlich
                              hat die steigende Zahl von Vegetariern (im Tal bei we-
                              niger aufwändigen Transportwegen sehr löblich) die
                              Zahl der Versorgungsflüge verdreifacht. Momentan
                              jedoch fliegt der Heli nie leer ins Tal, erzählt Thomas,
                              während er auf den wachsenden Berg Plastikmüll im             MAREN KRINGS
                              Lagerraum deutet. Bis Mitte der 1990er Jahre versorg-
                              ten zwei Materialseilbahnen die Hütte. Weil sie immer      Die Dokumentarfotografin, Autorin und Nomadin ist fokussiert
                              wieder von Lawinen zerstört wurden, stellte man auf        auf soziale und ökologische Auswirkungen der Klimakrise. Sie
                              Belieferung aus der Luft um. Anfänglich landete eine       publiziert in internationalen Medien.

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 O E T Z TA L - M AG. C O M
W I R Ö T Z TA L E R

Heimkehrer
Die Technikleidenschaft hat den Ötztaler Patrick Kuprian hinaus in die
Welt geführt. Heute geht er seiner Berufung bei den Bergbahnen Sölden nach.
  Markus Geisler

B
       ei unserem Zusammentreffen auf der
       Sonnenterrasse in Hochsölden fällt die
       Giggijochbahn ins Blickfeld. Dass Patrick
Kuprian einmal am Bau der weltweit leistungs-
stärksten Seilbahn mitwirken würde, hat er in
seiner Jugendzeit nicht erwartet. Als 15-Jähri-
gem waren ihm nur zwei Dinge klar: „Ich woll-
te einen technischen Beruf erlernen und gleich-
zeitig nicht in die Fußstapfen meines Vaters als
Betriebsleiter treten.“ Zwei Jahrzehnte später
hat sich dieser Vorsatz überlebt. Heute verant-
wortet Kuprian als Betriebsleiter der Bergbah-
nen Sölden sieben Seilbahnanlagen im Bereich
Gampe und führt ein Team von rund 30 Mitar-
beitern.                                                                     Patrick Kuprian

Fort von daheim
Der Lebensweg des                                                         Das Funkgerät
                                                                           ist Patricks ständiger
Mittdreißigers ist ge-
                                                                           Begleiter.
prägt von der Lust auf
neue        Erfahrungen.                                                   Unten: Die weltweit
Beim      Seilbahnprodu-                                                   leistungsstärkste
zenten Doppelmayr ab-                                                      Seilbahn: Giggijoch-
solvierte er seine Aus-                                                    bahn in Sölden.
bildung      zum     Elek-
troanlagentechniker, blieb danach fast 12
Jahre in Vorarlberg. Als Montagetechni-
ker wurde er zum Vielflieger: Auf allen Kon-
tinenten bereitete der Ötztaler neue Berg-
bahnen für die Inbetriebnahme vor. Sein zu-
friedenes Fazit: „Ich bin froh über diese Zeit. Da-
durch schätze ich das Ötztal mehr.“
2012 hatte der Sölder genug vom Leben aus dem
Koffer und startete als Techniker bei den Berg-
bahnen. Nach Aus- und Fortbildungen und ei-
nem Fachhochschulstudium trägt er den Titel
„Akademischer Experte für Seilbahnmanage-
ment“. Die Faszination für seinen Beruf ist un-
gebrochen: „Eigentlich haben wir ja zwei Jobs.                           MARKUS GEISLER
Einmal Dienstleister und dann Techniker. Lei-
der ist die Wahrnehmung für die anspruchsvol-                          Der Längenfelder arbei-
len Tätigkeiten an den Seilbahnanlagen bei vie-                        tet in einer Kommunika-
len Menschen nicht besonders ausgeprägt.“                              tionsagentur in Imst
                                                                       und widmet sich mit viel
                                                                       Leidenschaft den facet-
    Berg-Blogs unter                                                   tenreichen Themen des
    www.oetztal.com/magazin                                            Ötztals.

                                                                                             O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                          19
WA N D E R N

5                             Fragen zum Bergwetter
                              Unser Autor hat mit dem Tiroler Meteorologen Thomas Pichler erör-
                              tert, was Wanderer und Bergsteiger über das sommerliche Wetter in
                              den Alpen wissen sollten. Und dazu passende Profi-Tipps für die Tou-
                              renplanung bekommen.

                              1. Woran erkenne ich seriöse
                              Wetterportale im Internet?
                                                          Uwe Grinzinger

                                                                                   2. Gibt’s Gewitter nur an
                                                                                   Sommernachmittagen?
                              Der regionale Wetterexperte Thomas Pichler           Nein. Nur das bekanntere Wärmegewitter tritt
                              empfiehlt, zu hinterfragen: „Steht da ein profes-    vor allem im Sommerhalbjahr auf, bevorzugt in
                              sioneller Wetterdienst dahinter, bei dem auch        der zweiten Tageshälfte. Wer also seine Wande-
                              tatsächlich ein Meteorologe die Prognose er-         rung früh beendet, kann dem Wärmegewitter
                              stellt? Oder handelt es sich um ein kommerzi-        recht gut aus dem Weg gehen. Genau das funk-
                              elles Portal, das nur User auf seine Seite locken    tioniert beim Frontgewitter nicht: Diese zweite
                              will?“ Ersterer liefert in der Regel verlässliche,   Gewitterart kann zu jeder Jahres- und Tageszeit
                              regional zugeschnittene Vorhersagen. Letzte-         auftauchen – eben dann, wenn eine Schlecht-
                              res dagegen automatisierte Computerprogno-           wetterfront eintrifft. Zusätzlich zu Blitz und
                              sen, auf Wunsch auch für jeden Punkt der Erde        Donner bringen Frontgewitter oft einen mar-
                              – oft von zweifelhafter Qualität, ohne jeglichen     kanten Wettersturz samt Abkühlung. Umso
                              Text, nur mit bunten Symbolen. „Im Zweifelsfall      wichtiger ist hier ein möglichst präziser Wetter-
                              sollte man sich da eher an die amtlichen, staat-     bericht. Denn das einzig Sichere bei einem Ge-
                              lichen Wetterberichte halten“, rät Thomas. Auch      witter ist: in keines hineinkommen!
                              der Vorhersagezeitraum gibt Aufschlüsse: De-
                              tailprognosen, die über fünf Tage hinausgehen,
                              sind nicht sonderlich seriös.

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 O E T Z TA L - M AG. C O M
WA N D E R N

    Wetterforscher Pichler
    mit Messgeräten

                                                      4. Was bedeuten Fronten für
                                                      den Wanderer?
                                                      Sie bringen Wetterverschlechterung und Re-
                                                      gen – die Frage ist nur, wie schnell und wie in-
                                                      tensiv. Bei einer Warmfront passiert das meist
                                                      gemächlich. Wer sich darauf einstellt, irgend-
                                                      wann nass zu werden und vorsichtshalber in
                                                      Talnähe bleibt, kann bei Warmfrontaufzug
                                                      durchaus noch kurze Wanderungen unterneh-
3. Was unterscheidet beide                            men. Ganz anders bei der Kaltfront: Sie sorgt
Gewitterarten?                                        häufig für plötzliche Temperaturstürze, starke
„Das Wärmegewitter erkennt man gut anhand             Niederschläge und manchmal auch Gewitter –
der Quellwolken, die allmählich in die Höhe           die oben erwähnten Frontgewitter. Ein Regen-
wachsen“, erklärt Thomas Pichler. Beim Front-         symbol alleine ist bei der Wetterprognose somit
gewitter dagegen bleibt oft viel weniger Zeit         zu wenig, um zwischen Warm- und Kaltfront
zum Wolkenbeobachten und Reagieren: Schon             zu unterscheiden. Der Wetterbericht muss auch
bald nach den ersten Anzeichen bilden sich            erklären, warum es zum Regen kommt.
mächtige Quellwolken, Blitz und Donner.

                                                      5. Welche Eigenheiten hat das
                                                      Wetter im Ötztal?
  Expertentipps                                       „Dass es hier drei Wetterregionen gibt“, weiß
  Meteorologe Thomas Pichler übers
                                                      Thomas Pichler. „Sie wiederholen, vereinfacht
  Bergwetter
                                                      gesagt, den großen Querschnitt von Alpen-
                                                      nordseite – Inneralpin – Alpensüdseite. Und
  1. Wetterbericht studieren                          zwar innerhalb eines Tales: Das vordere, nörd-
  Immer über die Wetterentwicklung informieren,
                                                      liche Ötztal, bis etwa Umhausen, erhält Nieder-
  spätestens am Vortag. Mithilfe der Prognose dann
                                                      schläge häufiger von Nordwesten. Der Bereich
  die Tour planen. Dabei das Wanderziel an den Wet-
                                                      nahe dem Alpenhauptkamm, zwischen Ober-
  terbericht anpassen, nicht umgekehrt!
                                                      gurgl und Vent, ist hingegen stärker von Süden
                                                      her beeinflusst. Dazwischen liegt das mittlere
  2. Früh aufstehen                                   Ötztal, von Längenfeld bis Sölden. Es bekommt
  Zeitig starten, speziell im Sommer! Denn im
                                                      aus beiden Himmelsrichtungen in etwa gleich
  Tagesverlauf nimmt die Gefahr von Schauern und
                                                      viel ab.“
  Wärmegewittern üblicherweise zu.
                                                              Weitere Informationen unter
  3. Regen-, Wind- und                                        www.zamg.ac.at
  Kälteschutz mitnehmen                                       www.oetztal.com/wetter
  Auch am schönsten Tag kann sich das Wetter
  im Tagesverlauf schnell ändern. Daher gehören             Berg-Blogs unter
  Regenjacke,   Haube   und   Handschuhe    immer           www.oetztal.com/magazin
  in den Rucksack – egal wie die Prognose ist.

  4. Den Höhenwind beachten
  Ziehen Wolken mit dem Wind über den Himmel,
  befinde ich mich wahrscheinlich in einer wechsel-
  haften Wetterphase. Mit plötzlichen Wetterum-
  schwüngen ist zu rechnen, auch schon früh am Tag.

  5. Bei Südföhn aufpassen
  Föhniger Südwind kündigt gerade im Ötztal häufig       UWE GRINZINGER
  markante Wetterstürze an: Gewitter, Starkregen,
  massive Abkühlung, bis hin zu Schneefall im         Der Bergfotograf, -journalist und Wanderführer-Ausbil-
  Gebirge – auch im Sommer.                           der ist bei einer Bergtour erst einmal so richtig ins Gewit-
                                                      ter gekommen. Das reicht ihm aber fürs gesamte Leben.

                                                                                                                     O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                                                  21
WA N D E R N

                                                              Dagmar Gehm

                              Zurück in die Zeit eines der größten Abenteuer des
                              vergangenen Jahrhunderts führt der 18 Kilometer
                              lange Piccard-Rundweg, der sich zu beiden Seiten
                              der Gurgler Ache entlangzieht.

                              A
                                       ls der tollkühne Stratosphä-   mals mit einem Schlag berühmt.
                                       renforscher Auguste Pic-       Heute kommen Wanderer auf dem
                                       card zur Notlandung auf        Piccard-Rundweg zum Schauplatz
                              dem Gurgler Ferner ansetzen muss-       der Geschichte.
                              te, sah der Gletscher noch wesent-      Der Weg ist mittelschwer und er-
                              lich beeindruckender aus als heute.     fordert eine gute Kondition. Sich zu
                              Geradezu einladend, um das seltsa-      verlaufen ist ausgeschlossen, denn
                              me Luftgefährt des Schweizers so-       von Obergurgl aus geht es immer
                              wie seines Assistenten, dem Ingeni-     nur in eine Richtung und nach Über-
                              eur Paul Kipfer, am 27. Mai 1931 but-   querung der spektakulären Hänge-
                              terweich abzufedern.                    brücke in die andere Richtung zu-
                              Wahrscheinlich würde der Fer-           rück. Ab dem gut beschilderten Ein-
                              ner auch heute noch eine punktge-       stieg in Obergurgl auf 1.930 Meter im-
                              naue Landung garantieren, denn          mer im Blick: Die Langtalereckhütte
                              er ist trotz ständiger Schmelze mit     auf der Ostseite der Schlucht. Über
                              9,58 km² der drittgrößte Gletscher      Grashänge geht es zunächst auf der
                              Tirols.                                 Westseite zur aufgelassenen Küp-
                              Piccards Ballonlandung machte das       pelealm mit ihrer halb verfallenen
                              abgeschiedene Dorf Obergurgl da-        Hirtenhütte auf 2.303 Meter.

22
 O E T Z TA L - M AG. C O M
WA N D E R N

Wolkenkuckucksheim
Immer begleitet vom Duft wilder
Blumen und Kräuter, müssen wir
über mehr als sieben Brücken gehen,
unter denen kleine Sturzbäche rau-
schen, die sich vom Mannigenbach
abspalten. Murmeltiere machen
Männchen, Bartgeier kreisen hoch
am Himmel.
Irgendwann stehen wir unter dem
hohen Felsvorsprung, auf dem das
traditionsreiche Ramolhaus, die             de Kugel im Ortszentrum von Ober-
                                                                                                           SÖLDEN
Hütte des Deutschen Alpenvereins            gurgl stellt den Ballon dar, mit dem
„Sektion Hamburg und Niederelbe“,           der experimentierfreudige Profes-
                                                                                                                  HOCHGURGL
auf 3.006 Meter Höhe thront. Ein ech-       sor und sein Assistent Paul Kip-
tes „Wolkenkuckucksheim“, einge-            fer von Augsburg gestartet waren,
                                                                                                              OBERGURGL
rahmt von einem Wolkenkranz. Wer            als erste Menschen eine Höhe von                VENT
dort übernachten möchte, muss den           knapp 16.000 Meter erreicht und danach                 PICCARD-RUNDWEG

rechten Abzweig nehmen. Wir blei-           wegen eines technischen Versagens
ben auf dem erst 2017 angelegten            hier auf dem Gletscher zur Notlan-
Weg zur Brücke, zum Ferner. Bald            dung angesetzt hatten.
spannt sich am Talschluss die Pic-          Das Ereignis ging durch die Welt-

                                                                                     Knödelvariationen
                                                                                     Und oh Wunder – die langersehnte
                                                                                     Langtalereckhütte (2.450 Meter) rückt
                                                                                     näher. Endlich Einkehr! Urgemüt-
                                                                                     lich ist es in der 1928/29 erbauten und
                                                                                     später erweiterten Hütte der Sektion
                                                                                     Karlsruhe des Deutschen Alpenver-
                                                             Piccard-Hängebrücke     eins. Senior-Pächter Melitta und Ge-
                                                                                     org Gufler unterstützen ihren Sohn,
card-Hängebrücke in 100 Meter Höhe.         presse und brachte Gurgl in die          Hüttenwirt Mario, zum Beispiel bei
Höhe über die Schlucht. Noch im             Schlagzeilen. „Schönes, unbekann-        der Herstellung von Knödeln in al-
18. Jahrhundert konnte man ein-             tes Hochgebirge, Gondel und Bal-         len Variationen, mit Schweinsbraten
fach über den Ferner laufen, um auf         lon liegen auf einem Gletscher“, hat-
die andere Seite zu kommen. Immer           te Piccard nach der glücklichen Lan-
mehr zog sich die Gletscherzunge            dung in sein Bordbuch notiert. Ei-
zurück und erschwerte die Überque-          ne Tafel an der Brücke berichtet von
rung. Steinschlag und Hochwasser            dem Abenteuer.
hatten mehrmals die vorherige Brü-          Auf der anderen Seite der Brücke,
cke beschädigt. Zeit für eine neue,         auf dem Weg ins Langtal, scheinen
kühne Konstruktion.                         wir auf dem Mars gelandet zu sein.
                                            Rote Felsen, wohin man schaut.
Wie auf dem Mars                            Schön abgeflacht und angenehm                              Ramolhaus 3.006 Meter

In unmittelbarer Nähe der neuen             zum Wandern sind die meisten – das
Hängebrücke war Auguste Piccard             perfekte Podest für den weiten Pan-      und Gulasch. Serviert wird rund um
notgelandet. Eine große glänzen-            oramablick auf Obergurgl!                die beiden alten Kachelöfen.
                                                                                     Frisch gestärkt treten wir den letz-
                                                                                     ten Abschnitt der langen Wande-
                                                                                     rung an, passieren die Zollwachhüt-
                                               Info                                  te, eine kleine Kapelle und die Schön-
                                               Rundweg: Der 18 km lange Pic-         wieshütte, um nach sieben Stunden
                                               card-Rundweg ist mittelschwer         und 1.076 Meter Abstieg wieder in Ober-
                                               und eignet sich für geübte Berg-      gurgl einzutreffen.
                                               wanderer mit guter Kondition.         Direkt neben dem silberfarbenen
                                                                                     Ballon des Piccard-Denkmals im
                                               www.gurgl.com                         Ortszentrum. Der Kreis hat sich ge-
            Langtalereckhütte 2.450 Meter
                                                                                     schlossen.

                                                                                                                               O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                                                            23
S TA N D P U N K T

                                                         öhenfl ug
                                                        H                             Bernd Ritschel

                                                                       Ge                                !
                                                                            bt m
                                                                                     ir die Gipfel

                              E
                                     in Schritt vor und ein                                                           All diese Berge gaben und ge-
                                     halber zurück. Die Ober-                                                     ben meinem Leben Sinn. Aller-
                                     schenkel brennen, der Atem                                            dings versuchte ich in den letzten Jahren,
                              geht schwer. Nein, ich wurde nicht unfreiwillig aufs              ein wenig „Druck“ aus meinem alpinen Tatendrang
                              Tanzparkett gezogen. Traumtänzer bin ich trotz-                   zu nehmen. Schwierigkeitsgrade und Gipfelhöhen
                              dem: Ich versuche gerade, in einer gut 35 Grad stei-              traten in den Hintergrund. „Der Weg ist das Ziel“
                              len Geröllflanke irgendwie an Höhe zu gewinnen.                   wurde zu meiner fotografischen und entschleuni-
                              Weglos und einsam. Alles um mich herum scheint                    genden Maxime. Aber wenn ich ehrlich bin, ist es
                              lose und locker zu sein, alles rutscht und wackelt.               nach wie vor ein unbeschreiblich schönes, ein er-
                              Erst als eine begrünte Rampe nach rechts hin-                     hebendes, ja fast magisches Gefühl, den höchsten
                              auf zum Südgrat des Lochkogels zieht, geht es sich                Punkt eines Berges zu betreten. Hinauszuschauen
                              leichter. Wenig später trete ich aus dem Schatten                 aufs Wogen des Gipfelmeers, hinabzublicken in die
                              ins Licht. Die Sonne blendet in glasklarer Luft. Ein              Täler. Der alpine Dauerseller des 79-jährigen Tiroler
                              Stück steige ich noch höher, um mich auf einem fla-               Spitzenbergsteigers Peter Habeler über sein aufre-
                              chen Absatz ins trockene Gras zu setzen. Um mich                  gendes Leben mit und in den Bergen der Welt trägt
                              herum nur Stille und Weite, Schönheit und Frie-                   den Titel „Das Ziel ist der Gipfel“. Recht hat er.
                              de. 1.800 Meter tiefer verteilen sich die Häuser von Hu-
                              ben im flachen Grün, eine Talstufe höher glitzern                 Sinn des Nutzlosen
                              die Dächer von Sölden in der tief stehenden Sonne.                Natürlich ist es nutzlos, auf die Gipfel der Alpen
                              Beim Blick über die Gipfel bekomme ich eine Gän-                  und anderer Gebirge zu steigen. Aber wenn der
                              sehaut: Über 60 Dreitausender ragen in den tief-                  Nutzen all der Anstrengung, all der Quälerei, der
                              blauen Himmel. Auf die Atterkarspitze und die Wil-                Abenteuer und der Gefahren mir auch weiterhin so
                              de Leck im Süden folgen die vergletscherten Gip-                  viel pures Glück schenkt, bin ich gerne bereit, wei-
                              fel des Gurgler Kammes. Auf die wuchtigen Berge                   ter dem Nutzlosen zu frönen.
                              des Ramolkammes folgt das riesige Gletschermeer                   Weise Worte des chinesischen Philosophen
                              der Wildspitze (3.774 Meter). Im Westen all die Gipfel des        Tschuang-Tse: „Alle kennen den Nutzen des Nützli-
                              Geigenkammes und des dahinterliegenden Kaun-                      chen, aber niemand versteht den Nutzen des Nutz-
                              ergrates.                                                         losen.“

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 O E T Z TA L - M AG. C O M
S TA N D P U N K T

                       enhaft u
                     od        n                 Isolde v. Mersi

 B

                                La
                                     ss t
                                            mir d
                                                      ie Talgrün
                                                                 d    e!           g
A
        nkommen im Ötztal:                                                      Ich bin glücklich, wenn ich den
        Natürlich beginnt das                                                weichen Waldboden unter mei-
        für die meisten Gäste in ei-                                  nen Füßen federn spüre und den Duft
ner Bodenstation. Viele zieht es aber sofort weiter        von Farnen, Moos und Pilzen einatme. Oder wenn
auf die höchsten Höhen der Ötztaler Alpen. Mich            ich dann aus dem Waldesdämmerlicht auf hell
nicht. Ich schaue diese grandiosen Berge am liebs-         leuchtende Wiesen komme, auf denen malerisch
ten als Bühnenkulisse der Natur vom Parkett aus            Kühe, Schafe oder Pferde, aber auch schöne Ka-
an. Meine ersten Runden ziehe ich immer um die             pellen oder Höfe stehen. Und dann hinein in his-
Kirche im Dorf – egal, wo ich lande: Draußen in            torische Dorfgassen! Windschiefe Scheunen mit
Oetz, Umhausen oder Längenfeld, drinnen in Söl-            Schindeldach, kunstvoll aufgeschichtete Brenn-
den, Vent oder Obergurgl.                                  holzstapel, liebevoll freskierte Fassaden: Ich kann
Ich schaue, was es Neues gibt: Promenaden, Rad-            mich daran niemals sattsehen.
oder Themenwege, Restaurierungen, Kultur- oder             Voll in meinem Element fühle ich mich freilich an
Natureinrichtungen. Ich kehre ein in Gastwirt-             den Waal- und Wasserwegen. Ich bin neben einem
schaften, die ich immer schon mochte, und probie-          Bach aufgewachsen, der so schnell, so schön und
re ein paar neue aus. Am liebsten in Gesellschaft          so wild ist wie die Ötztaler Ache. Bis heute schla-
von Menschen, die ich im Lauf vieler Jahre im              fe ich am besten in Zimmern, von denen aus ich
Ötztal kennen und schätzen gelernt habe.                   das Wasser laut rauschen höre. Einmal, da war
                                                           ich höchstens vier Jahre alt, fürchtete meine Mut-
Lob der Vielfalt                                           ter, ich sei in den Bach gefallen, weil ich aus dem
Ganz unten ist gut sein, weil die Orte im Talgrund         Garten verschwunden war. Mein Vater fand mich
eine Art Scharnier zwischen Kultur- und Natur-             schließlich. Im Gasthaus. Am Stammtisch. Mitten
raum sind. Vom leise plätschernden Dorfbrunnen             in einer Runde honoriger Herren, die sich köstlich
ist es nicht weit zum tosenden Wasserfall, das Hei-        über mein Geplauder amüsierten und mir dafür
matmuseum liegt am Waldesrand, das Ötzi-Dorf               einen Saft nach dem anderen spendierten.
ebenso. Weil ich sehr ungern steil, aber umso lie-         So frühkindlich geprägt können die guten Gründe
ber weit gehe, sind mir ausgedehnte Wanderungen            fürs Bleiben am Talboden sein.
von Dorf zu Dorf am liebsten.

                                                                                                                  O E T Z TA L - M AG. C O M
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N AT U R

                              Holla
                              die Gams
                              Sie ist Akrobatin, Jagdtrophäe, Sagengestalt und
                              Überlebenskünstlerin. Die Gämse gehört zu den
                              ältesten und erstaunlichsten Hochgebirgstieren
                              der Alpen.

                                Isolde v. Mersi

                              G
                                      ämsen sind Vollbluteuropäer. Ihr Vorkom-             gische und heilige Tiere. Wer sich gegen sie versündigt,
                                      men ist weitgehend auf unseren Kontinent be-         wird bestraft. Auch davon künden die Sagen: Weil kein
                                      schränkt, eine Rarität in der Tierwelt. Heute sie-   Mensch dessen Akrobatik erreichen kann, war das
                              deln sie nur mehr im Alpenraum und in manchen Bal-           Gamswild in den Alpen immer schon die faszinierends-
                              kangegenden. Während der letzten europäischen Kalt-          te Herausforderung für Jäger. Nur die erfahrensten, ge-
                              zeit, der Würmeiszeit von etwa 115.000 bis 10.000 Jah-       ländegängigsten und geduldigsten unter ihnen brin-
                              ren vor heute, erstreckte sich ihr Lebensraum auch auf       gen seit jeher Gämsen zur Strecke. Dafür werden sie
                              Mittelgebirgslagen.                                          traditionell auch doppelt belohnt. Zum einen tragen
                              Heute erspähen wir Wanderer Gämsen nur mehr im               außer den Gamsböcken auch die Gamsgeißen Gewei-
                              Hochgebirge, in schroffem Felsgelände. Gämsen mö-            he, die sie nie abwerfen. Zum anderen haben alle Gäm-
                              gen’s nämlich kalt, schon Temperaturen ab 12 Grad            sen einen Gamsbart. Nicht am Kinn, sondern auf dem
                              empfinden sie als unangenehm. In den Alpen bewegen           Rücken. Und so sind Gamskrucken an der Hauswand,
                              sich die Tiere daher oberhalb des Waldgürtels auf Hö-        noch mehr aber die ambulant vorzeigbaren Gamsbär-
                              hen bis zu 2.500 Meter, außer in kargen Wintern. Fürs Le-    te auf den Hüten traditionell die alpinen Jagdtrophä-
                              ben in der Vertikalen sind Gämsen körperlich perfekt         en schlechthin.
                              ausgestattet. Das Gamsherz ist so groß und muskulös,         Im Alpenbogen leben geschätzte 400.000 Gämsen, die
                              dass es bis zu 200 Herzschläge pro Minute aushält. Das       größte Population hat Österreich. Die Tiere sind jagd-
                              Wesentliche sind aber die spreizbaren Hufe mit hart-         bar, allerdings nach genauen Regeln. Schutz braucht
                              gummiartigen Sohlen und Außenkanten, die wie Stei-           das Gamswild trotzdem. Seuchen wie Gämsblind-
                              geisen funktionieren. Damit können Gämsen bis zu             heit, Naturgewalten wie Lawinen und Feinde wie der
                              zwei Meter hoch und sechs Meter weit springen. Ber-          Steinadler dezimieren es. Im Sommer setzen oftmals
                              gab rennen sie mit bis zu 50 km/h.                           rücksichtslose Wanderer die tagaktiven Herden von
                                                                                           Weibchen und Jungen unter Stress.
                              Jägerlatein                                                  Übrigens gibt es auf der Südinsel Neuseelands die ein-
                              Der Name der Gämse stammt aus einer untergegan-              zigen nichteuropäischen Gämsen. Für Jäger am Mount
                              gen Alpensprache und ist seit dem 13. Jahrhundert im         Cook kamen per Schiff 1907 acht Gämsen, 1914 zwei
                              Althochdeutschen als „Gamiza“ bezeugt. In der alpi-          weitere zum Aufbau einer Population. Beide Frachten
                              nen Sagenwelt, auch der des Ötztals, sind Gämsen ma-         stammten aus Österreich.

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 O E T Z TA L - M AG. C O M
N AT U R

     Röslein schwarz
      Der Naturpark Ötztal hat 2020 das geschützte Schwarze Kohlröslein
                       zur Pflanze des Jahres gekürt.
                                                  Isolde v. Mersi

                                        Schwarzes Kohlröslein

N
        amen sind Schall und Rauch, pardon: Duft.          wiesen. Wo gedüngt wird hoch oben, dort lässt sich das
        Das kleine Schwarze Kohlröslein verströmt ei-      Schwarze Kohlröschen niemals nieder. Es mag nur na-
        nen intensiv süßen und echt betörenden Ge-         turbelassene Magerrasen, Bergwiesen und Weiden. Im
ruch nach Vanille. Aber, nochmals pardon: Schwarz ist      Ötztal und seinem Naturpark leuchtet und duftet uns
es absolut nicht. Auf der Farbpalette eines Malers wäre    die wunderbare Bergblume vor allem an den Seiten-
es anzusiedeln irgendwo im Grenz- und Mischbereich         hängen des Gaisberg- und Rotmoostals in Gurgl entge-
von sattem Dunkelrot und tiefem Schokoladenbraun.          gen, wo Kalkgestein und Marmor das Fundament bil-
Spielt aber keine Rolle. Farb-, Namensgebung und Be-       den.
schreibung obliegen halt nun mal den Botanikern.           Wie alle Orchideenarten ist auch das Schwarze Kohlrös-
Die reihen die Gattung der Kohlröschen in die Fa-          chen in Tirol vollständig geschützt und darf nicht ge-
milie der Orchideen ein. Und liefern dazu folgende         pflückt werden. Es gilt aber nicht als gefährdet, obwohl
Daten: Das Schwarze Kohlröschen wird zwischen 15           es selten ist. Für seine Schwester hingegen, das Rote
und 25 cm hoch. Es wächst in höheren Lagen von der         Kohlröschen, das an seiner leuchtenden Farbe mit viel
subalpinen bis zur baumfreien alpinen Stufe ober-          mehr Rotanteilen zu erkennen ist, steht die botanische
halb der Baumgrenze, bis hinauf auf rund 2.300 Meter.      Ampel voll auf Rot: Es ist überall in den Westalpen ge-
Erstmals beschrieben hat das Schwarze Kohlröschen          fährdet, also auch im Ötztal. Der Schutz ist demnach ri-
1561 der Schweizer Arzt und Naturforscher Conrad           goros.
Gesner. Im Lauf der Zeit hat die kleine Alpenorchidee
viele volkstümliche Namen bekommen: Köhlröserl
und Brunelle, Blutröserl und Männertreu. Die Volks-
medizin schrieb dem Schwarzen Kohlröschen eine
kräftig aphrodisierende Wirkung zu; außerdem soll es
gegen Abgeschlagenheit wirken und die Nerven beru-
higen.
                                                                ISOLDE V. MERSI
Duftspender
Das sensible Orchideengewächs ist jedenfalls Indi-         Die Südtiroler Magazinmacherin und Kulturreporterin er-
kator für falsche oder richtige Behandlung von Berg-       zählt am liebsten vom vielfältigen Leben in den Alpen.

                                                                                                                      O E T Z TA L - M AG. C O M
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W I R Ö T Z TA L E R

                               Christian Penning

                              Training
                              für die Seele
                              Sieger im Wintersport werden nicht nur im Schnee gemacht.
                              Im Sommer tanken die Skistars aus dem Ötztal Kondition und mentale
                              Power in den heimischen Bergen. Unterwegs mit der Allrounderin
                              Franziska Gritsch und Slalom-Spezialist Fabio Gstrein.

                                 F
                                        ranziska Gritsch strahlt, als       die im Morgentau glitzernden Berg-      Olympiastützpunkt nach Innsbruck.
                                        hätte sie gerade ihr erstes Welt-   wiesen nahe der Gaislachalm – hin-      Anderntags kurbelt Fabio mit dem
                                        cup-Rennen gewonnen. Da-            auf zu den Schotterkaren am Gaisla-     Mountainbike einen Trail überm
                                  bei steht sie nicht mal auf Ski. Die      cher See. Der Slalom-Spezialist und     Venter Tal zur Hütte seiner Fami-
                                  23-jährige Ski-Rennläuferin schraubt      A-Kader-Athlet aus Sölden genießt       lie hinauf – für ihn der perfekte Weg,
                                  sich auf dem Rennrad Höhenme-             die wenigen Wochen im Sommer in         um innere Ruhe zu finden. Gelas-
                                  ter um Höhenmeter zum Timmels-            den heimischen Hausbergen – zwi-        senheit und Konzentration für Voll-
                                  joch hinauf. Es ist noch früh, gerade     schen Trainingsblöcken auf Schnee,      gasfahrten durch den Stangenwald
                                  schickt die Sonne ihre ersten Strah-      die ebenfalls im Sommer stattfinden.    tankt er auch daheim am Bauernhof
                                  len über den Bergkamm der Dreitau-        Wenn er die Bergschuhe schnürt, ist     der Eltern. Wenn er vom Berg kommt,
                                  sender, die das Südtiroler Passeier-      auch das Teil seines Trainings. Aber    geht’s ans Heumachen, in den Stall,
                                  tal vom Ötztal und Gurgler Tal tren-      ein freieres. „Erholung für den Kopf“   zu Kühen, Ziegen und Hühnern. „Die
                                  nen. „In solchen Momenten geht mir        nennt er das. Die Heimat – ein Ru-      Konkurrenz im Slalom ist knallhart“,
                                  das Herz auf“, gesteht sie mit großen     hepol. Grüne Almen statt weißer         erklärt er. „Oft liegen die 30 Topfahrer
                                  Augen. Etwa zur gleichen Zeit streift     Hänge. Kraftplätze statt Kraft- und     weniger als 1,5 Sekunden auseinan-
                                  ihr gleichaltriger Nationalmann-          Koordinationstraining. Für Letzte-      der. Da reichen Fitness und Technik
                                  schaftskollege Fabio Gstrein über         res fährt er dreimal pro Woche zum      alleine nicht aus.“

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 O E T Z TA L - M AG. C O M
W I R Ö T Z TA L E R

Natur heilt
Das sieht auch Franziska Gritsch so.
Ganz bewusst hat sich die Umhaus-
nerin entschieden, den größten Teil
des Sommers daheim im Ötztal zu
verbringen. Über 200 Tage im Jahr
ist sie auf Achse, die meisten davon
im Schnee. Ihr Sommermotto: Re-
generieren, Kraft tanken. Schwe-
re Verletzungen hätten sie vor ein
paar Jahren beinahe aus der Erfolgs-
spur geworfen: Wadenbeinbruch,
Kreuzbänder gerissen, Schienbein-
kopf und Meniskus kaputt. „Im
Grunde ein Totalschaden“, resümiert
sie. Doch sie nutzte die harte Zeit. Im
vergangenen Winter gelangen ihr
                                                        Franziska am Stuibenfall
Top-Platzierungen im Weltcup. Die
Basis dafür hat sie sich nicht nur auf
Schnee geholt. „Die Sommertage in         ein Top-Manager. Nirgendwo sonst
der Natur helfen mir, Körper, Geist       kannst du besser du selbst sein als in
und Seele in einen harmonischen           der Natur.“ Ruhige Plätze dafür ge-
Dreiklang zu bringen.“                    be es im Ötztal trotz manch belieb-
                                          tem Insta-Spot mehr als genug, sagt
Natur pusht                               Fabio, als er Franziska zu einem kur-
Im Therapiezentrum Radl in Um-            zen Trainingslauf über die Moränen
hausen absolviert Franziska das           des Rettenbachgletschers trifft. Am
Konditionstraining:      Kniebeugen,      nächsten Morgen hat sich die All-
Schnellkraft, Rumpfstabilität, fein-      round-Athletin mit sich selbst zum
motorische       Gleichgewichtsübun-
gen. Fünf bis sechs Mal pro Woche.
Genauso oft ist sie zusätzlich drau-
ßen aktiv. „Wenn ich die Treppen
zum Stuibenfall hinaufrenne, führt
                                           Die Konkurrenz im
mich jeder Schritt näher zu mei-          Slalom ist knallhart.
nem persönlichen Olymp“, grinst
sie, als sie nach über 700 Stufen he-      Da reichen Fitness
chelnd am Scheitel des Wasserfalls
ankommt.                                  und Technik alleine
„Kein Mensch ist eine reine Leis-
tungsmaschine“, überlegt Franzis-
                                                nicht aus.
ka, „weder ein Spitzensportler noch

                                          Yoga und Stretching am Habicher
                                          See verabredet. Einer ihrer Lieb-
                                          lingsplätze. „Ideal zum Runterkom-
                                          men!“ Ruhig atmend findet sie in der
                                          Standwaage die Balance. Die Sonne
                                          schickt ihre ersten Strahlen durch
                                          die Baumkronen am Ufer und lässt
                                          kleinste Quarzpartikel im Wasser
                                          schimmern wie Goldstaub. „A bissl
                                          Glitzer schadet nie im Leben“, meint
                                          Franziska versonnen. So klappt’s si-        CHRISTIAN PENNING
                                          cher auch bald mit Edelmetall im
                                          Schnee.                                  Der Autor und Fotograf liebt
                                                                                   im Sommer die Vielseitigkeit
                                                                                   am Berg: beim Biken, Wandern,

                       Fabio am Trail         Alpinsport-Blogs unter               Trailrunning und Rennrad-
                                              wwww.oetztal.com/magazin             fahren.

                                                                                                             O E T Z TA L - M AG. C O M
                                                                                                                                          29
LANDLEBEN

                              Herrgottswinkel
                                                                             Dagmar Gehm

                                                                                                                    Im Heimatmuseum Längenfeld

                              Sie duften nach Zirbe oder Fichte. Sie verströmen Behaglichkeit und sind als
                                 traditionell intime Rückzugsorte für Familien und Gäste in Lockdown-
                                         Perioden wichtiger denn je: Die alten Stuben im Ötztal.

                              W
                                         enn der Nikolaus kommt, versammelt         mehrmonatige Erholungspause ein. Er wird sich
                                         sich die ganze Familie im Herrgottswin-    wohl gefühlt haben in der heute gut 400 Jahre al-
                                         kel“, erzählt Liesl van der Heyde-Hau-     ten Stube, ebenso wie die jetzigen Besitzer Waltraud
                              eis. Von 1839 ist das Getäfel in der alten Stube      und Anton Haid, die sie als Wohnzimmer nutzen.
                              vom Haus Acherkogel in Tumpen, die Decke ver-         Auch die nächste Generation ist stolz auf die Tra-
                              mutlich sogar über hundert Jahre älter. „Zweimal      ditionen. Sohn Philipp präzisiert: „Insgesamt ha-
                              im Jahr putzen wir das Zirbenholz mit dunkler         ben wir sechs alte Stuben. Fünf davon stehen unter
                              Schmierseife“ sagt Liesl, die mit Ehemann Alex-       Denkmalschutz, aber alle sind noch in Gebrauch.“
                              ander, Kindern und Enkeln den alten Gasthof be-
                              wohnt. Ihre Familie schätzt den Wert des alten Le-    Zierde des Hauses
                              bensraums. „Alle sagen: ‚Die Stube muss so bleiben,   Nur ein paar Schritte weiter steht das Hotel 3 Moh-
                              wie sie ist.‘“ Innen hält das Schmuckstück, was die   ren aus dem Jahr 1908. „Unsere Gäste wissen die
                              prächtige Freskenfassade am Gasthof zum Stern         drei schön getäfelten Stuben – darunter das Jagd-
                              in Oetz verspricht. Rundum vertäfelt ist das „Stie-   zimmer – immer mehr zu schätzen“, sagt Seniorchef
                              bele“ von 1617. „Ursprünglich gehörte der ‚Stern‘     Hans Swoboda. Die reichen Schnitzereien, die In-
                              zum großen Keilhof des adeligen Benediktinerin-       tarsien, Sinnsprüche im Türstock wie: „Den Gästen
                              nen-Stifts in Frauenwörth am Chiemsee“, berich-       vom Besten“ oder „Trinke tapfer, zahle bar“ sind ein-
                              tet der heutige Besitzer Georg Amprosi. Schon sei-    zigartig. „Wir bemühen uns, den großen Schatz zu
                              ne Vorfahren haben im Herrgottswinkel auf den         bewahren“, betont der Hausherr.
                              geschnitzten Stühlen gesessen, zusammen mu-           Zurück in versunkene Zeit führen auch die al-
                              siziert, gegessen, gebetet. „Der Tisch war immer      ten Stuben in Vent. Die Franz-Senn-Stube im Hotel
                              für die Familie reserviert“, erinnert sich Georg.     Kleon etwa oder die Stube im urigen Gasthaus Ober-
                              Im Posthotel Kassl in Oetz legte König Ludwig III.    vent. 650 Jahre ist sie alt, das Gasthaus seit 1930 fast
                              von Bayern auf der Flucht nach Ungarn 1919 eine       unverändert so, wie es jetzt Stefan und Hilde Gram-

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