Der Luzerner Arzt - Schwarz und Weiss - Schach im Gesundheitswesen oder: was kümmert mich mein berufliches Umfeld
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Der November 2018 Nr. 115 Spezialheft Luzerner Arzt Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug Schwarz und Weiss – Schach im Gesundheitswesen oder: was kümmert mich mein berufliches Umfeld
IMPRESSUM INHALTSVERZEICHNIS «Der Luzerner Arzt» erscheint viermal jährlich (plus Spezialausgabe). Editorial Was geht mich das alles an? oder Schach ist (meist) kein Team-Spiel 4 (Herbert Widmer) Verlag: Ärztegesellschaft des Kantons Luzern Aus der MPA-Kommission: Resultate Befragung (Yvonne Kohler, Eva Werkmann 6 Schwanenplatz 7, 6004 Luzern Kramis) Tel. 041 410 88 85 Fax 041 410 80 60 Wenn die Amtsschimmel wiehern – oder die Frage der Zuständigkeit 14 Redaktionsadresse: (Herbert Widmer) Dr. med. Herbert Widmer Sonnbühlstrasse 15, 6006 Luzern Gedanken zum elektronischen Patientendossier (EPD) (Peter Steinmann) 15 Tel. 041 410 65 81 Die vergessenen 3% (Michael van den Heuvel) 18 Redaktion: Dr. med. Herbert Widmer, Luzern Grundlagen, Ist-Zustand, Planungen der Gesundheitsversorgung im Kanton Luzern 21 (Redaktor) – Grundlagen unseres Gesundheitswesens 21 Dr. med. Aldo Kramis, Emmenbrücke – Gesundheitsversorgung im Kanton Luzern / Versorgungsplanung 23 (Präsident) – Änderung der Rechtsform der kantonalen Spitalunternehmen 28 Herstellung: – Persönliche und fragende Gedanken zur Änderung der Rechtsform der 31 SWS Medien AG Print kantonalen Spitalunternehmen Am Viehmarkt 1, 6130 Willisau info@swsmedien.ch Academy on Health Care Policy 36 Inserate-Verkauf: Kommentar zum Massnahmenpaket des Bundesrates (Beat Manser) 48 Dr. med. Herbert Widmer Sonnbühlstrasse 15, 6006 Luzern Faktenblatt zum Referenzpreissystem bei Arzneimitteln 49 Tel: 041 410 65 81 E-Mail: hcwidmer@bluewin.ch Cyberattacken vordenken 51 Mitarbeiter dieser Ausgabe: Politische Vorstösse im Kantonsrat Luzern 52 Yvonne Kohler und Dr. med. Eva Werkmann Kramis, Liuzern Aus dem Fundus eines Hausarztes: Seltene Krankheiten (Jens Westphal) 58 MPA Kommission der Ärztege- sellschaft Kanton Luzern (Resultate MPA Befragung) Dr. med. Beat Manser, Eich (Kommentar zu Massnahmen- paket des Bundesrates) Dr. med. Peter Steinmann, Sursee (Gedanken zum elektronischen Patientendossier) Dr. med. Jens Westphal, Geuensee (Seltene Krankheiten in der Arzt- praxis) Erscheinungsdatum / Redaktionsschluss für den Luzerner Arzt 2018/2019: Nr. 116 / Januar 2019 15. Dezember 2018 Titelbild: Nr. 117 /April 2019 15. März 2019 Schach: Stellung aus dem WM-Kampf Nr. 118 / Juli 2019 25. Mai 2019 Carlsen vs Caruana, Sinnbild für das Schachspiel der Gesundheitsakteure. Nr. 119 / November 2019 25. September 2019 (Foto: Herbert Widmer) Nr. 119 / Spezialheft / November 2019 05. Oktober 2019 Unsere Inserenten für das Jahr 2018 Praxisübergabe? Andreabal AG, Allschwil Ärztekasse, Urdorf Bayer (Schweiz) AG, Zürich Ihr kompetenter Bioanalytica, Luzern Bristol Myers Squibb Contrust Fianance AG, Luzern Partner bei der DoxMart AG, Neuhausen am Rheinfall Frei’s Schulen AG, Luzern Galexis AG, Niederbipp Praxisübergabe und beim Praxisaufbau. Handtherapie Luzern AG, Luzern Hirslanden Klinik St. Anna, Luzern Kantonsärztlicher Dienst, Luzern Luzerner Kantonsspital, Luzern Info Fent Event, Bronschhofen MedCenter, Luzern +medkey Trustcenter, Luzern contrust finance ag Paraplegiker Zentrum Nottwil Pfizer AG, Zürich Friedentalstrasse 43, CH-6004 Luzern Praxisstellen GmbH, Pfäffikon Telefon 041 429 09 09 Schweiz. Verein Homöopathischer www.contrustfinance.ch Ärztinnen und Ärzte, Richterswil Spitex Stadt Luzern Viollier AG, Basel Steuern und Treuhand. Immobilien. Unternehmensentwicklung. Ehegüter- und Erbrecht. Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018 3
EDITORIAL Was geht mich das alles an? oder: Schach ist (meist) kein Team-Spiel! Ja, ich weiss, ich erwarte viel von Ihnen! nämlich den Spitalrat, welcher versucht, Warum sollten Sie denn rund 50 Seiten In- die Geschicke seiner Klinik zu führen und formation aus dem Gesundheitswesen le- zu leiten. Darüber steht der Gesundheits- sen, warum sollten Sie sich mit den völlig direktor, bereits heute mit viel Kompetenz unterschiedlichen Meinungen der Experten ausgestattet, in Zukunft wohl noch mit viel beschäftigen. Versuchen Sie’s doch, nicht mehr. Doch auch er hat noch zwei Hierar- auf einmal, aber vielleicht häppchenweise, chien über sich, nämlich das Bundesparla- soll bekömmlicher sein! ment, welches wohl kaum mit einem abso- luten Wissen über das Gesundheitswesen Nun, Sie wissen selbst, dass sich unser ausgestattet ist und den Gesundheitsdirek- berufliches Umfeld in einem gewaltigen tor auf Bundesebene, hervorgegangen aus Umbruch befindet. Glauben Sie’s mir, ich eben diesem Parlament. Sie glauben, dass kann rund 50 Jahre Medizin (inkl. Studi- ich vergessen habe, das Kantonsparlament um) überblicken. Was hat sich da nicht al- zu nennen. Nun, dessen diesbezüglichen les verändert! Der «Chef» (oder «Scheff»), Befugnisse sind kaum nennenswert. nämlich der chirurgische oder medizini- sche Chefarzt und gleichzeitig Klinikdirek- Sie fragen sich – vielleicht –, wie es denn tor, nein, den gibt es in dieser Form nicht zu diesen Entwicklungen kommen konn- mehr. Oh doch, es gibt noch grossartige te. Sie haben recht, die ganze Gesellschaft Chefärzte, man hat aber noch mindestens hat Schritte in diese Richtung gemacht. 5 Hierarchiestufen darübergepflanzt. Der In vielen Bereichen hat die Politik, der Klinikdirektor – früher nannte man ihn Controller, die Beratungsfirma die Macht Verwaltungsdirektor – ist nun sein direk- übernommen. Sie sprechen – teilweise – Chefärzte anhand vom pro 100% Arzt- ter Chef, nicht mit medizinischem Wissen, von Kostenbremsen und gleichzeitig von stelle an ihrer Klinik erreichten Umsatz aber mit Management Knowledge ausge- der Erfüllung von Vorgaben bei «Behand- beurteilt – oder eben zutreffender bewer- stattet. Doch auch dieser hat einen Chef, lungs- und Operationsmengen»! Dass tet – werden, habe ich «live» erlebt. Die BILDGEBUNG – KOMPETENT UND SCHNELL Wenn es für die Patienten schnell gehen muss, ist das Institut für Radiologie und Nuklearmedizin der Hirslanden Klinik St. Anna die richtige Adresse. Als Experten für die moderne Bildgebung decken wir das ganze Spektrum ab – von Ultraschall über Röntgen und Mammografie bis MRI, CT, SPECT-CT und PET-CT. Zeitnahe Termine und rasche Befunde sind unser Markenzeichen – unser interdisziplinäres Fachärzte-Team ist an 365 Tagen rund um die Uhr für Sie da. www.hirslanden.ch/radiologie-stanna KOMPETENZ, DIE VERTRAUEN SCHAFFT. Klinik St. Anna, St. Anna-Strasse 32, 6006 Luzern 4 Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018
Ungläubigkeit war gross, der Schock sass «Die vergessenen 3%» zu verstehen, dass Die «Politischen Vorstösse» und deren recht tief! wir allzu oft «die Abzweigung zur richti- Beantwortung im Kantonsrat könnten gen Diagnose verpassen, obwohl diese re- kaum klarer aufzeigen, was wir mit ge- Schuld sind aber keineswegs immer die lativ klar vor uns liegt. wissen Bemerkungen gemeint haben. So anderen, einen rechten Anteil der Schuld wurde z.B. das dringliche Postulat von hat auch die Ärzteschaft zu tragen. Wie oft Der Bericht «Grundlagen, Ist-Zu- Kantonsrat Beat Meister trotz Ablehnung in den letzten Jahren habe ich klar ausge- stand...» zeigt uns auf, dass auch bei uns durch den RR vom Parlament dringlich sagt, dass mir der fehlende Mut der Ärz- noch nicht alle politischen und gesetzge- und wenigstens teilweise erheblich er- teschaft, sich für die eigenen aber v.a. für berischen Arbeiten erledigt sind und dass klärt. die patientenbezogenen Interessen einzu- man zur Rechtsform der Spitäler verschie- setzen, zunehmend Sorgen bereitet. Aber dene Ansichten haben darf. Und das alles soll Sie wirklich interes- auch die fehlende Bereitschaft, sich gegen sieren? Nochmals: wenn wir unser berufli- die von Aussen geschürte Kluft zwischen Unter dem Titel «Academy oh Health ches Umfeld nicht kennen, haben wir kei- so genannten «öffentlichen und privaten» Care Policy» berichten wir über inter- ne Chancen. Wenn wir andere Meinungen ärztlichen Vertretern der gleichen Fach- essante Äusserungen von Experten ver- nicht akzeptieren und zulassen, dass man richtung zu wehren. verstehe ich weiter- schiedener gesundheitspolitischer Fach- uns keine eigene Meinung gewähren will, hin überhaupt nicht. Weshalb findet man bereiche, zeigen aber auch auf, dass bis zu ja, dann haben wir verloren und damit sich nicht – oder nicht oft – in fachlichen, einem Konsens noch Jahre vergehen dürf- auch unsere Patientinnen und Patienten. wissenschaftlichen, aber auch kollegialen ten (vgl. die Papstwahl in der Konklave!). Zirkeln und vereinbart untereinander eine die Patienten unterstützende Zusammenar- Beat Manser äussert sich sehr klar zum Dr. med. Herbert Widmer, Redaktor beit? So höre ich immer wieder, dass Pati- Massnahmenpaket I des Bundesrates, und enten aus dem Spital A sich ausserkantonal stellt die Nachteile eines Referenzpreis- behandeln lassen müssen, obwohl im nahe systems dar. gelegenen Spital B die gleiche Leistung angeboten wird. Ach ja, wegen der «gleich langen Spiesse»! Versuchen Sie ja nicht he- rauszufinden, welchen Spital ich mit A und welchen ich mit B meine, es handelt sich um eine völlig neutrale Feststellung. Erfolg im Schach verlangt Grundlagenwissen Haben Se auch schon gestaunt, als Ihr Gegner beim Schachspiel einen Bauer in eine zweite Dame umwandeln konnte? Geht doch nicht! O doch, geht. Sie müssen aber auch ein bisschen spüren, welche Züge Ihr Mit- bzw. ihr Gegenspieler plant. Genau um dies geht es mir in dieser etwas speziel- len Spezialausgabe des «Luzerner Arztes». Die verschiedenen Artikel dieser Aus- gabe sollen bestimmte Teilgebiete unseres beruflichen Umfelds beleuchten: Der Artikel von Yvonne Kohler und Eva Werkmann Kramis «Resultate Befragung MPA» soll uns aufzeigen, wo in unserer MPA-Ausbildung noch wichtige Schwach- stellen zu finden sind, wo wir uns verbes- sern können. Wenn man in Bern den «Amtsschimmel wiehern hört» kann man im Bereiche der Anerkennung von Facharzttiteln vernünfti- gere Lösungen finden und klarere Zustän- digkeiten definieren (wäre auch in unserem Kanton wichtig!). UNTERSTÜTZUNG BERATUNG BETREUUNG Kollege Peter Steinmann setzt sich en- gagiert in der eHealth-Kerngruppe ein, Service für Ihre Praxis, der weit über Analyseresultate hinausgeht. schreibt aber auch in seinen «Gedanken Ihr regionales Labor mit schweizweit vernetzter Kompetenz. zum elektronischen Patientendossier», dass die dafür notwendigen Arbeiten noch kei- neswegs als abgeschlossen betrachtet wer- den können. Der Medizinjournalist Michael van den Heuvel gibt uns in seinem offenen Artikel bioanalytica.ch Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018 5
AUS DER MPA-KOMMISSION Befragung MPA-Lernende im 3. Lehrjahr Resultate Bericht der MPA-Kommission der Luzerner Ärztegesellschaft Verfasser: Yvonne Kohler, Eva Werkmann Kramis, MPA Kommission der Ärztegesellschaft Luzern Einleitung In der überbetrieblichen Kurskommissionsitzung vom Mai 2017 So wird generell die Transparenz in der MPA-Ausbildung ver- wurde das Projekt einer Umfrage unter Lernenden MPA des 3. bessert. Schuljahres zu ihren Lehrbetrieben angesprochen und diskutiert. Zunächst wurden die MPA-Delegierten aller Zentralschwei- Die MPA-Ausbildung findet an den drei Lernorten Ausbil- zer Ärztegesellschaften (Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, dungspraxis, Berufsschule und überbetrieblichen Kursen statt. Uri, Zug) über das Vorhaben informiert. In einem zweiten Schritt Während Lernstoff und Praktika in der Berufsschule und den wurden sämtliche Lehrpraxen orientiert, bereits wurden auch die ÜK klar definiert sind, sind die Ausbildungssituationen in den Fragen publiziert damit die Arztpraxen über den Inhalt informiert jeweiligen Arztpraxen sehr unterschiedlich. Seit mehr und mehr waren. Weder von Seiten der Ärztegesellschaften noch der Lehr- Grosspraxen und Ärztezentren existieren, ist auch die betriebli- praxen wurden Bedenken geäussert. che Ausbildung in einer Veränderung begriffen. Hier fehlen In- Die Umfrage wurde mit Hilfe des Instituts für Hausarztmedi- formationen und Daten, wie die Ausbildung in den verschiedenen zin & Community Care Luzern (IHAM&CC) durchgeführt. Das Praxismodellen abläuft. Mit der Umfrage sollen diese Informatio- IHAM&CC war für die Erfassung der Fragen im Online-Frage- nen beschafft werden, um so den Praxen die Möglichkeit zu geben, bogen sowie für den Versand an die Lernenden verantwortlich. ihre Situation zu reflektieren und gegebenenfalls zu verbessern. Die Auswertung wurde vom IHAM&CC in Zusammenarbeit mit Die Antworten zur Umfrage wurden anonym ausgewertet und der MPA-Kommission der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern allen Lehrbetrieben zur Verfügung gestellt. In den ÜK können ge- erstellt. wisse Inhalte, die in den Praxen unzureichend vermittelt werden, verändert oder ergänzt werden. Aufbau der Umfrage Es wurden 91 Lernende des 3. Lehrjahrs (ganze Zentralschweiz) Software 5 per E-Mail befragt. Praxislabor 6 49 Lernende nahmen an der Umfrage teil. Dies entspricht Bildgebende Diagnostik 8 53.3%. Allgemeine Diagnostik und therapeutische Prozesse 9 Da die Fragen allesamt freiwillig zu beantworten waren, variiert Desinfektion und Sterilisation 10 die Anzahl Antworten pro Frage zwischen 42 und 49. Beratenden Tätigkeiten 10 Die Umfrage wird in folgende Teile eingeteilt: Materialbewirtschaftung 12 – Demografische und geografische Struktur der Teilnehmenden Ausbildungssituation in der Praxis 13 – Praxisstruktur und Fachrichtungen Zuletzt folgt ein Fazit und Empfehlungen der MPA-Kommissi- on sowie Anmerkungen zu Bildungsbericht (Seiten 14-16). Im fachlichen Teil wurden zu folgenden Themen Fragen gestellt: Seite: 6 Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018
Demografische und geografische Struktur der Teilnehmenden Von den 49 teilnehmenden MPA-Lernenden sind 48 Frauen und Damit zeigt sich, dass der Wahlkreis Luzern-Stadt gemessen an 1 Mann. der Anzahl Einwohner in der Umfrage überproportional ver- treten ist. Die Wahlkreise Hochdorf und Willisau sind unterver- treten. Dennoch ergibt sich gesamthaft ein recht ausgeglichenes Bild. Erwartungsgemäss war der grösste Anteil der Lehrpraxen Hausarztpraxen. 28 Teilnehmende haben ihre Lehrpraxis im Kanton Luzern. Wo- bei sich hierbei mit 37% der grösste Anteil in der Stadt Luzern befindet. Dahinter folgen Luzern-Land mit 22% und der Wahl- kreis Sursee mit 18%. Teilnehmende Lehrpraxen nach Wahlkreis Lernende von 4 Spezialarztpraxen haben sich an der Umfrage beteiligt. Dies widerspiegelt die Tatsache, dass sich weiterhin sehr wenige Spezialpraxen an der Ausbildung von MPA beteili- gen. Im 3. Lehrjahr hat es aktuell lediglich 6 Spezialpraxen, wo- von 5 Kinderärzte und 1 Handchirurg sind. Hier besteht weiter- hin ein grosses Potenzial in der Schaffung von Lehrverbunden. In den Gemeinschaftspraxen hat es zusätzliche Spezialärzte, die jedoch nicht speziell erwähnt werden. Von 43 Hausarztpraxen sind fast 2/3 Gemeinschaftspraxen. Auch hier bestätigt sich also der Trend nach einem Rückgang der klassischen Einzelpraxis. +++ Clever einkaufen +++ www.doxmart.ch +++ Clever einkaufen +++ www.doxmart.ch +++ Die aktive Einkaufsgemeinschaft von Ärzten für Ärzte für Medikamente, Praxiszubehör, Röntgenfilme, Büromaterial, etc. Un ser Z iel : c l ev er ein k au fen! Infos unter www.doxmart.ch +++ Clever einkaufen +++ www.doxmart.ch +++ Clever einkaufen +++ www.doxmart.ch +++ Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018 7
Praxislabor Die Lernenden wurden zu ihren Blutentnahmen und der Durch- führung der Blutanalysen befragt. Im nächsten Teil wird detailliert auf die Fragen nach der Infra- struktur in den Praxen eingegangen. Fachlicher Teil Es gibt eine Vielzahl eingesetzter Laborgeräte. In vielen Praxen Software werden mehrere Geräte eingesetzt. Im Schnitt setzt jede Praxis 3 Geräte ein (104 Antworten / 34 Praxen) Die Lernenden wurden zunächst nach der Verwendung ei- ner Praxissoftware befragt. Von 47 Teilnehmenden verwenden 40 eine elektronische Agenda, 36 ebenfalls eine elektronische Krankengeschichte. Zusätzlich zum Praxislabor haben 100% der Praxen eine Zent- rifuge im Einsatz, über 95% auch eine Kolbenhubpipette. 84% der MPA steht auch ein Mikroskop zur Verfügung. Folgende Die nachfolgende Grafik zeigt eine Übersicht der am meisten Geräte stehen zur Verfügung: verwendeten Software. Die beiden führenden sind Aeskulap so- wie Vitomed, die übrigen sind relativ gleichmässig verteilt. Erfreulicherweise ist bei 95% der Praxen sowohl eine interne als auch externe Qualitätskontrolle vorhanden. In der Schule wird in den Betrieblichen Prozessen die Software Vitomed von Vitodata AG verwendet. 8 Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018
Das kühle Rezept gegen hektik Patient X will den Termin verschieben, der Arzt muss zu einem Notfall, das Spital verlangt dringend das Dossier der Patientin Y und im Wartezimmer sitzen mehrere Neupatienten, deren Daten aufgenommen werden müssen. Beste Voraussetzungen für einen hektischen Arbeitstag, aber mit den Dienstleistungen und Informatikpro dukten der Ärztekasse haben Sie alles problemlos im Griff! Ärztekasse – die standeseigene Genossenschaft an Ihrer Seite Ärztekasse Genossenschaft . Marketing Steinackerstrasse 35 . 8902 Urdorf Tel. 044 436 17 74 . Fax 044 436 17 60 www.aerztekasse.ch Beratung + Service + Software + Schulung = Ärztekasse marketing@aerztekasse.ch publix.ch
Fast alle führen EKGs in den Praxen durch, nur ein kleiner Teil führt regelmässig manuelle Blutdruckmessungen (28%) und Pulsmessungen (23%) durch. Bildgebende Diagnostik Von 46 Befragten MPA geben 44 an, dass die Praxis über ein Röntgengerät verfügt. 72% verfügen über ein digitales Gerät. Desinfektion und Sterilisation Erfreulicherweise reinigen und desinfizieren ein Grossteil der MPA die Geräte und Oberflächen. Ein Grossteil der Praxen ver- fügt über einen Sterilisator. Ein Grossteil der MPA führt regelmässig Röntgenaufnahmen durch. Lediglich 13 von 44 MPA beurteilten auch die Bildqua- lität. Hauptsächliche Röntgenaufnahmen betreffen Extremitäten und Thorax, es wurden keine Wirbelsäulen oder Schädelaufnah- men angefertigt. Fast alle Praxen verfügen über Bleischürzen, Lagerungsmaterial und Filter. Allgemeine Diagnostik und therapeutische Beratende Tätigkeiten Prozesse Diese Fragen wurden von insgesamt 42 MPA beantwortet. 92% 43 Lernende haben Fragen zur allgemeinen Diagnostik und the- triagieren Notfälle, Dringliches oder Reguläres, 78.5% führen rapeutischen Prozessen beantwortet. zudem telefonische Beratungen durch. 10 Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018
FSME IST NICHT BEHANDELBAR, JEDOCH VERMEIDBAR Nur eine komplette Grundimmunisierung mit 3 Impfungen und ein regelmässiger Booster können zuverlässig vor einer FSME schützen*1,2 * Frühsommer Meningoenzephalitis PP-FSM-CHE-0281 Sep 2018 1. Aktuelle FSME Immun CC und FSME Immun 0.25 ml Junior Fachinformation auf www.swissmedicinfo.ch. 2. BAG Bulletin: 2006:13:225–231. FSME-Immun® 0.25 ml Junior / FSME-Immun® CC (Frühsommer-Meningoenzephalitis-(FSME)-Virus (inaktiviert)) I: Aktive (prophylaktische) Immunisierung gegen die durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) bei Kindern vom vollendeten 1. Lebensjahr bis zum vollendeten 16. Lebensjahr (FSME-Immun 0.25 ml Junior) und bei Personen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr (FSME-Immun CC), die sich dauernd oder vorübergehend in FSME-Endemiegebieten aufhalten. D: Grundimmunisierung: 3 Dosen à 0.25 ml / 0.5 ml i.m.: 1. Teilimpfung am Tag 0, 2. Teilimpfung 1-3 Monate nach 1. Teilimpfung, 3. Teilimpfung 5-12 Monate nach 2. Teilimpfung. Schnellimmunisierungsverfahren möglich: 1. Teilimpfung am Tag 0, 2. Teilimpfung nach 14 Tagen, 3. Teilimpfung 5-12 Monate nach 2. Teilimpfung. Auffrischung: 1. Auffrischungsimpfung 3 Jahre nach letzter Impfung, alle weiteren Auffrischungsimpfungen 5 Jahre (Personen ≥50 Jahre: 3 Jahre) nach letzter Impfung. KI: Überempfindlichkeit auf den Wirkstoff, einen der Hilfsstoffe oder Produktionsrückstände. Kreuzallergien mit anderen Aminoglykosiden als Neomycin und Gentamycin beachten. Schwere Überempfindlichkeit auf Ei- und Hühnereiweiss. Akute fieberhafte Infekte. V: Nicht intravaskulär verabreichen. Überwachung u. geeignete med. Versorgung für seltenen Fall einer anaphylaktischen Reaktion gewährleisten. Vorsicht bei Allergie gegen Hühnereiweiss, bekannter oder vermuteter Autoimmunerkrankung, zerebraler Erkrankung, Epilepsie (erhöhte Frequenz von Krampfanfällen). Bei Personen mit geschwächter Immunabwehr kann Immunantwort beeinträchtigt sein. Falsch positive Ergebnisse möglich bei serologischen Tests zur Bestimmung der Notwendigkeit einer Auffrischimpfung. Verschiebung der Impfung bei akuten klinischen Erkrankungen (mit/ohne Fieber). Zusätzlich nur bei FSME-Immun 0.25 ml Junior: Fieberreaktionen möglich, bei Bedarf fiebersenkende Prophylaxe oder Behandlung einleiten. IA: Es liegen keine Studien zu Wechselwirkungen mit anderen Impfstoffen vor. UW: FSME-Immun 0.25 ml Junior: Schmerzen und Spannungsgefühl an Injektionsstelle, Fieber, verminderter Appetit, Unruhe (bei Kindern von 1-5 Jahren), Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Myalgie, Schwellung, Verhärtung und Erythem an Injektionsstelle, Müdigkeit und allgemeines Krankheitsgefühl (bei Kindern von 6-15 Jahren), u.a. FSME-Immun CC: Schmerzen und Spannungsgefühl an Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Übelkeit, Myalgie, Arthralgie, Müdigkeit, allgemeines Krankheitsgefühl u.a. P: 1 x 0.25 ml und 10 x 0.25 ml (FSME-Immun 0.25 ml Junior) / 1 x 0.5 ml und 10 x 0.5 ml (FSME-Immun CC) Suspension zur i.m. Injektion in Fertigspritze. Verkaufskategorie B. Zulassungsinhaberin: Pfizer AG, Schärenmoosstrasse 99, 8052 Zürich. Ausführliche Informationen siehe Arzneimittel- Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch. (V005 & V001) Pfizer AG, Schärenmoosstrasse 99, 8052 Zürich
Ein kleiner Anteil MPA führt weitere Beratungstätigkeiten Mehr als die Hälfte der MPA führt weitere Aufgaben im Be- durch: reich der Materialwirtschaft durch: Ein Grossteil (2/3) der Befragten gibt an, die Patienten über Einnahmevorschriften von Medikamenten zu informieren, wäh- Ausbildungssituation in der Praxis rend lediglich 28% Hinweise zu häufigen Nebenwirkungen ge- ben. Zum Schluss wurden die Lernenden nach ihren Berufsbildnern und der Lernsituation befragt. 79% sind zufrieden mit ihrer Berufsbildnerin und finden, dass sie sich gut um die Lernenden kümmert. Der Arzt ist in gut 71% in die Ausbildung mit einge- bunden und steht für Fragen zur Verfügung. Einen Bildungsbericht stellen lediglich knapp 43% der Berufs- bildnerinnen jedes Semester aus. Materialbewirtschaftung Ein Grossteil der MPA ist für die Bestellung der Medikamente, Verbrauchs- und Labormaterial verantwortlich. 81% der Lernenden sind zufrieden mit der Lernatmosphäre in ihrem Betrieb. Niemand ist unzufrieden. 12 Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018
auch den Berufsbildnerinnen und verantwortlichen Praxisärzten für ihre Unterstützung. Wir bedanken uns vielmals bei Yvonne Kohler für die Vorberei- tung, den Versand und die Auswertungen der Fragebögen. Das Projekt wurde vom Institut IHAM&CC unterstützt. MPA-Kommission der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern 14.3.2018 Fazit und Empfehlung 53% Rücklauf, das heisst ca jede 2. Lernende des 3. Lehrjahres hat Anmerkungen zum BILDUNGSBERICHT mitgemacht. Wir hätten uns noch etwas mehr Beteiligung erhofft, Die Umfrage ergab, dass nur bei 43 % regelmässig am Ende des aber im Vergleich mit anderen Umfragen ist der Rücklauf zufrie- Semesters ein Ausbildungsbericht von der Berufsbildnerin und der denstellend. Lernenden zusammen erstellt wird. Das Formular zum Bildungs- Den Grossteil der Ausbildungsplätze bieten die Allgemeinarzt- bericht kann unter www.berufsbildung.ch heruntergeladen wer- praxen, was nicht erstaunlich ist, aber die weitere Förderung der den. Einbindung der Spezialarztpraxen nötig macht. Zwei Drittel sind Die Erstellung eines Bildungsberichts im Rahmen des halbjähr- Gemeinschaftspraxen mit 2–3 Ärzten und meist 3 Lernenden (1 lichen Qualifikationsgesprächs zwischen Lernender und Berufs- Pro Jahr) selten bis zu 6 Lernenden (2 pro Jahr). bildnerin ist in der Bildungsverordnung aufgeführt. Der Bildungs- Die Praxissoftware zeigt eine grosse Bandbreite, nur 8 Lernende bericht hilft, dass das Gespräch optimal vorbereitet, strukturiert verwenden die Software, die sie von der Schule her kennen. geführt und protokolliert werden kann. Selbst- und Fremdein- Im Praxislabor sind ein Grossteil der Teilnehmenden aktiv an schätzung werden miteinander verglichen. den kapillären und venösen Blutentnahmen beteiligt und be- Im Bildungsbericht werden die Bereiche Fachkompetenz, Me- nutzen die Geräte zu Hämatologie und Blutchemie regelmässig. thodenkompetenz, Sozialkompetenz einzeln besprochen. Auch Die Laborgeräte zeigen wiederum eine grosse Varianz. Auch die die Lerndokumentation wird angeschaut, die Leistungen in der Qualitätskontrollen werden in hohem Masse durchgeführt. Eher Berufsschule gesichtet. Die Lernende gibt ihre Beurteilung zum mangelt es an den Übungsmöglichkeiten am Praxismikroskop für Ausbildungsplatz und zur Betreuung durch die Berufsbildnerin ab. Blutbilder, Urinsedimente und Zellzählungen. Diese Übungen Schliesslich wird der Lernfortschritt zusammen angeschaut, indem sollten idealerweise an Randzeiten wöchentlich von der Lernen- die Zielerreichung im abgelaufenen Semester anhand des vorheri- den geübt werden – mit Kontrolle durch die Berufsbildnerin. Im gen Bildungsberichts überprüft wird. Ebenso werden gemeinsam Qualifikationsverfahren muss die Lernende diese Fragestellungen die neuen Ziele für die verschiedenen Bereiche festgesetzt. Nicht beherrschen. fehlen dürfen die Unterschriften der Lernenden und der Berufs- 74% der Lernenden verwenden Digitales Röntgen in ihren Praxen, bildnerin sowie das Visum der Eltern bei Minderjährigen, damit aber immerhin noch ein Viertel das konventionelle Röntgen oder alle Beteiligten über den Ausbildungsstand Bescheid wissen. Es gar keines. Wo vorhanden wird geröntgt und zwar Thoraxe und kann auch sein, dass Lernunterstützungen nötig sind. Es ist besser, Extremitäten. Ein wenig vergessen geht die Bildbeurteilung durch die Defizite im Ausbildungsverlauf zu erkennen, als erst bei der die Lernende, was den Ausschnitt und die Qualität der Aufnahme Abschlussprüfung! angeht, möglicherweise, weil man digital vieles nachbessern kann. Bei der Allgemeindiagnostik und den therapeutischen Prozessen führen die meisten Lernenden selber EKGs und Lungenfunktio- nen durch. Vernachlässigt wird die manuelle Blutdruck- und Puls- Weiterbildung messung, die aber in der Prüfung häufig gefragt wird. Verbände Übernehmen Sie mehr Verantwortung im Praxisteam. und das Herrichten von Tischchen für Eingriffe ist nur bei der Hälfte bis zwei Drittel der Befragten an der Tagesordnung. Auch hier weisen wir auf Übungsmöglichkeiten z.B. in der Verbands- MEDIZINISCHE/R PRAXISKOORDINATOR/IN technik mit einer Kollegin aus der Praxis hin. Tischchen können – Abschluss: Berufsprüfung mit eidgenössischem Fachausweis auch als Trockenübungen gerichtet werden und von der Berufs- – Subventioniert durch den Bund bildnerin kontrolliert werden, damit genügend Übung stattfindet. – Modular aufgebaut, Einstieg jederzeit möglich Das Entfalten des sterilen Tuches führt z.B. immer wieder zu stres- sigen Prüfungssituationen. MODULE Während die Oberflächen- und Gerätedesinfektion weitgehend Chronic Care Management I + II, Qualitätsmanagement in der abgedeckt sind, werden Qualitätssicherungen am Sterilgut und die Arztpraxis, Praxismanagement, Personalführung, Rechnungswesen und Dosisintensives Röntgen Umsetzung des Praxishygieneplans noch weniger wahrgenommen. Bei den beratenden Tätigkeiten sind Triagieren, Telefonberatun- gen und Messgeräteinstruktionen für den Heimbedarf gut vertre- ten. Weitere Beratungen sind noch kein Thema für die Lernenden RÖNTGEN-REFRESHER und bleiben den erfahrenen MPA oder denjenigen mit Zusatzmo- Obligatorische Fortbildung BAG: je 4 Lektionen Theorie und praktische dulen überlassen. Was die Medikamentenberatung anbelangt, wird Anwendungen, verschiedene Daten im 2019 gut Auskunft gegeben zu den Einnahmevorschriften, weniger zu den häufigsten Nebenwirkungen. Die Materialwirtschaft mit dem Bestellwesen von Medikamenten NEU: INFUSIONSKURS und Praxisbedarf ist ein Hauptgebiet der MPA-Lernenden, ebenso Samstag, 26.01.2019, Dauer 08.30 –16.30 Uhr, 8 Lektionen sind sie tätig bei Kontrollfunktionen wie Ablaufdatenkontrollen und sachgerechten Entsorgungsarbeiten. Die Ausbildungssituationen werden grösstenteils als gut angege- Haben Sie Fragen? Kontaktieren Sie uns. ben, sowohl was den Arzt als auch die Berufsbildnerin (MPA) an- belangt. Teamsitzungen werden nicht so regelmässig durchgeführt. FREI’S Schulen Luzern Esther Kälin Was uns auffällt ist die niedrige Antwortquote beim Erstellen des Leiterin Weiterbildung Bildungsberichts pro Semester, der ja in der Bildungsverordnung T +41 41 410 13 44 verankert ist. Zu diesem wichtigen Instrument folgt eine besonde- weiterbildung@freisschulen.ch re Stellungnahme auf der nächsten Seite. freisschulen.ch/wb Wir danken ganz herzlich allen teilnehmenden Lernenden und Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018 13 FREIS_Inserat_Weiterbildung_PraxisArena_07-18_955x126mm.indd 1 23.07.18 08:40
«PRAKTISCHE ERFAHRUNGEN» Wenn die Amtsschimmel wiehern … oder die Frage der Zuständigkeit & Co. oder Amtss chimmel Kennen Sie die Novellen von Gottfried dium in Heidelberg durchlief und mit dem Bemerkung: Erst nach 34 Jahren Praxistä- Keller «Die Leute von Seldwyla», eine 3. Staatsexamen erfolgreich abschloss. tigkeit habe ich einmal in dieses Medizi- Sammlung von satirisch-grotesken Erzäh- Diverse Krankenhaus- und Praxisas- nalberuferegister geschaut und gesehen, lungen über das meist seltsame Verhalten sistenzen erlaubten ihr, im Jahre 2010 in dass auf meinem «Datenblatt» ein wesent- der Bevölkerung eben von Seldwyla? Deutschland den FA für Allgemeinmedi- licher Fehler enthalten war. Allerdings hat zin zu erhalten. sich dieser nie ausgewirkt!). Zum Beispiel die Rettung der Kirchen- glocken vor einem drohenden Krieg: Um die schönen Kirchenglocken vor mögli- Praxisübernahme auf Gegen diesen Paragraphen cherweise herumziehenden Banden zu schützen, beschlossen die Seldwyler, diese Umwegen dschungel braucht es mehr während der Zeit der Gefahren im See als eine Machete zu versenken. Also wurden diese auf ein Die Erfahrungen in den Praxen mit oft Ruderboot gepackt, in die Mitte des Sees «traurigen Gesichtern» der Teammitglie- TARMED-Änderungen KVG per transportiert und dort in die Tiefe gelas- der und die Schwierigkeiten, im Raume 01.01.2018 (Mitteilung) sen. Um später zu wissen, wo sich die Glo- Heidelberg eine Praxis zu finden, die ihr cken nun befanden, machte man in den Herz erfüllte, bewogen unsere Kollegin, «Absenkung der AL um 7 % bei Leis- Boden des Ruderbootes eine tiefe Ker- ihre Fühler in die Schweiz auszustrecken. tungserbringung durch den praktischen be … Im April 2011 konnte sie eine Praxis in der Arzt. Agglomeration Luzern von einem erfah- Wird eine Leistung von einem Arzt mit Ein andermal bauten die Seldwyler ei- renen Kollegen übernehmen und war da- dem Titel Praktischer Arzt erbracht, so nen hohen Turm. Beim Abschluss der Bau- bei sehr glücklich. Anfang 2013 ging diese ist die AL für diese Leistung um 7 % zu arbeiten merkten sie, dass sie vergessen Praxis aufgrund eines Aktienverkaufs in kürzen. Dies bedeutet, dass die Leistungs- hatten, Fenster in die Mauern einzubau- eine grössere Praxisgruppe über, relativ erfassung zwingend per Visum und unter en. Daher war es im Inneren des Turmes rasch entstanden Probleme, war die Ärz- Angabe des Ausführenden zu erfassen ist. stockfinster. Die Lösung lag aber nahe, die tin doch nicht bereit, sich von einem Chef Dies bedingt sowohl eine Anpassung der Seldwyler trugen korbweise Sonnenlicht kaufen zu lassen. In der Folge wurden Software als auch der Abläufe. Bitte be- aus der Umgebung in den Turm … diese medienwirksam abgearbeitet, dies achten Sie die diesbezüglichen Anleitun- zugunsten der jungen Ärztin. Sehr bald gen!» Als mir eine Kollegin kürzlich ihren Irr- konnte sie eine andere Praxis in der glei- weg betreffend Anerkennung ihres Fach- chen Ortschaft übernehmen, nach erheb- Aus der SAeZ: «Wer über einen in ei- arzttitels schilderte, bekam die Aussage lichen Anfangsschwierigkeiten und viel nem Mitgliedstaat der EU erworbenen «Seldwyla ist überall» einen sehr hohen Einsatz läuft der Betrieb heute gut. Weiterbildungstitel «Allgemeinmedizin» Wahrheitsgehalt. Doch gehen wir der verfügt, der in der EU-Richtlinie 2005/36 Reihe nach … Nun kommt Seldwyla ins Spiel: Beim unter Ziff. 5.1.4. «Ausbildungsnachweise Beginn der beruflichen Tätigkeit in der für den Allgemeinmediziner» aufgeführt Schweiz wurde unsere Kollegin Usus ge- ist, kann aufgrund des Freizügigkeitsab- Die Ausbildung mäss ins Medizinalberuferegister aufge- kommens Schweiz/EU in der Schweiz nur nommen. Sie bemerkte damals, dass der als «Praktischer Arzt / Praktische Ärztin» Unsere Kollegin wuchs in einer klei- Eintrag bezüglich des Facharzttitels nicht anerkannt werden. Dabei wird im Rah- nen Stadt (etwas grösser als Luzern) in richtig war, sondern dort «Praktische Ärz- men der Anerkennung von ausländischen Thüringen auf und absolvierte dort nach tin» stand. Sie machte damals die santés Allgemeinmedizin-Weiterbildungstiteln dem Gymnasium ihr Abitur mit 18 Jahren. suisse darauf aufmerksam und schrieb, durch die MEBEKO nicht berücksichtigt, Anaschliessend arbeitete sie in der Da- dass sie keine Ergänzung bzw. Korrektur ob es sich beim ausländischen Weiter- tenverarbeitung einer Unfallversicherung, verlange, solange es keine Konsequenzen bildungstitel um eine 5-jährige oder eine bevor sie von 1995 – 2002 das Medizinstu- hätte. (Gestatten Sie mir eine persönliche 3-jährige Qualifikation handelt.» 14 Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018
Zurück zu unserer Kollegin Medikamente und Laborarbeiten, welche sequentesten bezüglich der Rückweisung nicht von der Skalierung betroffen sind, der eingereichten Rechnungen. Der Lei- Anfang Dezember 2018 nahm sie Kon- zurückgewiesen wurde, versiegte der not- ter Leistungen der Concordia versuchte takt mit dem SIWF (Schweizerisches wendige Geldfluss in die Praxis rasch. In- immerhin zwischen AL und TL zu un- Institut für ärztliche Weiter- und Fort- teressant dazu ist folgende Feststellung terscheiden, die Helsana KK änderte die bildung) auf und bat ihren richtigen eines Rechtsanwalts: «Das Gesetz erlaubt Rückweisungen zumindest zwischenzeit- Facharzttitel zu anzuerkennen und den hingegen keine unterschiedliche Tarifie- lich. Die Concordia KK gratulierte zum entsprechenden Eintrag im Medizinalbe- rungshöhe der gleichen abrechenbaren Facharzttitel und teilte gleichzeitig mit, ruferegister zu korrigieren. In der Folge Leistung, wie sie der zweite Tarifeingriff dass die Software ab 30.09.2018 für un- entwickelte sich ein intensiver Briefwech- des Bundesrates einführte». sere Kollegin wieder von der Skalierung sel, teils mit sehr grosser Unterstützung 0.93 auf 0.98 gestellt würde. Trotzdem wie und Hilfe durch die «Briefpartner» – wie Immer wieder kam es zu Zuständig- erwähnt die Titelanforderungen seit dem zum Beispiel durch den damaligen Juris- keitsdiskussionen (BAG, FMH, SIWF …), 09.06.2010 erfüllt waren, blieb man für die ten der FMH Hanspeter Kuhn – teils mit doch wurde auch klar erwähnt, dass Titel- ersten 9 Monate des Jahres 2018 auf der etwas weniger und mit viel Zeit für die gesuche nur noch via e-Logbuch elektro- Skalierung 0.93. Behandlung des Anliegens. Bereits im De- nisch bearbeitet werden. Dies wurde denn zember 2017 des SIWF steht da zu lesen: auch ausgefüllt. Ende Juli 2018 wurden die Im Oktober 2018 wies nun auch die «Ob Sie allenfalls nach altem Programm Fragen des SIWF konkret und hilfreich, Krankenkasse Helsana die Rechnungen Allgemeinmedizin beurteilt werden kön- indem man bestimmte Unterlagen aus wieder zurück mit der Begründung, dass nen, hängt davon ab, ob sämtliche Bedin- der Ausbildungszeit – und die Geburts- die Ärztin «zuvor» ja nicht den notwendi- gungen bis Ende 2015 erfüllt waren. Es urkunde der Tochter – anforderte. In der gen Facharzttitel besessen hätte. Die FMH wären dies die Bedingungen von Anzahl Folge erhielt die Ärztin im August 2018 stellte für ihre Bemühungen 4000.– CHF geforderten Weiterbildungsjahren und die Bestätigung, «… Facharzt erworben in Rechnung. weitere Bestimmungen. In diesen Fällen am 09.06.2010», wobei diese Bestätigung kann unter Umständen sämtliche im Aus- mit dem entsprechenden Diplom auf den land absolvierte Weiterbildung angerech- 30.08.2018 datiert war. Für die meisten Was soll nun diese net werden, sofern sie unserem Programm Leute logisch, dass der Facharzttitel am entspricht. Allenfalls kann auch eine im 1.1.2018 schon lange Tatsache war (seit 7½ «Geschichte»? Ausland absolvierte Facharztprüfung be- Jahren). Im Medizinalberuferegister finde rücksichtigt werden.» (Diese hatte unsere ich nun aber den Facharzttitel «Allgemei- Ist denn das geschilderte Geschehen Kollegin absolviert, da sie sonst den deut- ne Innere Medizin» von Interesse? Oh ja, zumindest für die schen Facharzttitel gar nicht erhalten hät- betroffene Kollegin. Aber wahrscheinlich te!). Bei der FMH und der SIWF wieherte auch noch für einige andere Kollegin- wohl gelegentlich der Amtschimmel, doch nen und Kollegen! Sie ist daneben auch Schon rasch bemerkte die Ärztin die war auch die Hilfsbereitschaft – wenn ein Sinnbild für viele Bereiche unseres Folgen der bundesrätlich auf die 1.1.18 auch oft etwas verzögert – erwähnenswert. Gesundheitswesens, eine Tatsache, wel- verordneten Tarifänderungen vor allem che mich gelegentlich traurig oder zornig auf der finanziellen Seite. Verschiedene stimmt. Krankenkassen beriefen sich auf den Ein- Den Hinweis «Seldwyla» trag «Praktische Ärztin» und wiesen die eingegangenen Rechnungen zurück, da haben einige Krankenkassen diese nicht mit der Skalierung 0.93 (Ab- verdient Mit besten Grüssen (nicht aus Seldwyla) senkung des AL um 7%) berechnet wa- ren. Da auch die Rechnungstellung für Concordia und Helsana waren die kon- Dr. med. Herbert Widmer, Redaktor Gedanken zum elektronischen Patientendossier (EPD) Dr. med. Peter Steinmann, Arzt für Allgemeine Medizin FMH schaft vertrete möchte ich Sie daran teil- haben lassen. (http://www.ehzs.ch) Im kommenden EPD sind unter ande- rem Diagnosen, Medikamente und Be- richte des Patienten digital abrufbar. Ab Frühjahr 2020 soll das EPD in allen Regi- onen der Schweiz verfügbar sein. Spitäler, Rehabilitationskliniken und Psychiatri- sche Kliniken müssen sich ab April 2020 anschliessen. Wir niedergelassenen Ärzte und die Patienten können freiwillig mit- machen. Unter www.patientendossier.ch ist alles kurz und bündig erklärt. Liebe Kolleginnen Liebe Kollegen Soweit so gut, aber man braucht kein Prophet zu sein, um zu erkennen, dass Als alter IT-Hase und praktizierender sich das EPD in der aktuellen Form nicht men, welche mindestens so aufwendig Hausarzt habe ich mir ein paar Gedan- durchsetzen wird: sein wird wie im Passbüro? ken gemacht zum EPD. Weil ich im Verein – Wie viele Patienten werden freiwillig – Wie viele Ärzte und andere Gesund- eHealth Zentralschweiz die Ärztegesell- die Eröffnungsprozedur auf sich neh- heitsfachpersonen werden ebenfalls Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018 15
begeistert die Registrationsprozedur seinem Fachbereich wo er therapiert sen, Medikamente und Berichte auf wun- auf sich nehmen, um dann die oben oder operiert weiterhin ganz ausgeklü- dersame Art zwischen den Systemen aus- genannten Daten im Parallelbetrieb so gelte Diagnosen schreiben, welche 10 tauscht oder eine Datenablage ist, welches ganz nebenbei aktuell zu halten? oder noch mehr Zeilen umfassen. Aber von den digitalen Krankenakten in den die gehören dann in den Bericht und Häusern und Praxen angezeigt und mu- So wie angedacht, wird die digitale nicht in die «short list». tiert werden kann. Kommunikation mit den Gesundheitsda- 2. Für die Medikation könnte das EPD ten nicht funktionieren. Das EPD wird ebenfalls sehr zweckdienlich sein. Was Solange aber weder das eine noch das sich in der aktuellen Form genauso wenig wäre es für eine Erleichterung, wenn andere offensichtlich realisiert ist, sollten durchsetzen wie das Nationale Autotele- die Medikation unter den Systemen ab- wir Ärzte die Finger von der Tastatur neh- fonnetz (Natel) 1978. Aber das Natel-B- geglichen würde. Der Patient, der Arzt, men. Netz folgte 1983 und das Natel-C-Netz die MPA, die Pflegende und der Apo- Noch ein anschauliches Praxisbeispiel: 1987. Also 10 Jahre später wurde das Netz theker wüssten immer was aktuell gilt. Manchmal bekommt man neue Patien- richtig massentauglich und die Vernetzung 3. Natürlich müssen auch die vielen, de- ten von einem Kollegen. «Fortschrittlich» ist heute nicht mehr wegzudenken. Schön, taillierten Berichte der Spitäler und kommt ein Memorystick mit vielen, vie- wenn wir bis in 10 Jahren auch ein massen- Spezialisten abgelegt und aufgelistet len Berichten in die Praxis. Gelegentlich taugliches vernetztes EPD hätten. werden. Persönlich habe ich da nicht sind alle Berichte mit dem Kopierdatum grosse Ansprüche. Wenn sie schon mal und einem nichtssagenden Dateina- Warum der Vergleich mit dem Natel- chronologisch geordnet sind und dann men versehen. Super! Es folgt das frohe Netz. Ich bin der Meinung, dass das EPD noch die Herkunft aus dem Titel er- Durchklicken, Auswählen und Einord- vor allem die bestehenden digitalen Kran- sichtlich ist, bin ich schon sehr glücklich. nen. Wäre es nicht praktisch, wenn die kenakten vernetzen soll. Über Schnittstel- Sollte in der Übersicht noch erkenn- Berichte zentral chronologisch mit eini- len sollen Diagnosen, Medikamente und bar sein um welches Organ, oder wel- germassen erklärenden Titeln abgelegt Berichte automatisiert unter den verschie- che Krankheit es primär ging, wäre ich wären? Wahrscheinlich verzichtete ich denen Systemen ausgetauscht werden. schon im digitalen Himmel. dann darauf all die Berichte nochmal Nur wer keine digitale Krankenakte hat abzulegen in meinem Praxissystem. Lo- soll direkt im EPD arbeiten. Und natür- gischerweise verbrächten meine MPA lich kann der Patient im EPD seine Da- dann auch weniger Zeit am Computer ten einsehen und Zugriffsberechtigungen und mehr Zeit beim Patienten. Schon vergeben. beim ersten Patientenkontakt wäre ich dank der «short list» der Diagnosen und dem Mediplan einigermassen im Bild und könnte bei Bedarf schnell noch einen ak- tuellen Bericht konsultieren. Ähnliches würde auch im Notfalldienst und bei Ent- lassung des Patienten aus dem Spital oder der Rehabilitationsklinik gelten. Zusammenfassung: Das EPD darf nicht einfach eine weitere digitale Kran- kenakte werden! Es muss bestehende Systeme als Schnittstelle verbinden und aktuell halten. Noch zu guter Letzt: Wenn man ins Sollte der Austausch zwischen den ver- Ausland will, braucht man eine ID, schiedenen digitalen Krankenakten zu manchmal sogar einen Pass oder gar ein kompliziert werden, bliebe noch die Mög- Visum. Alle Länder verlangen etwas, weil lichkeit Teilbereiche wie die «short list» es die Administration einfacher und die der Diagnosen, die Medikamente und Be- Sicherheit besser macht. Sollten wir nicht richte nur im EPD zu halten. Die Schnitt- auch von den Gesundheitsfachpersonen stellenproblematik entfällt und das Log- und Patienten das Mitmachen im EPD gen der Mutationen ist viel einfacher. Die zur Pflicht machen, wenn man Gesund- Lassen wir uns nicht entmutigen und besagten Teilbereiche müssen nur schnell heitsleistungen erbringen oder beziehen führen uns den Zweck des EPD vor Au- und einfach innerhalb der bestehenden will? Ich glaube es wäre nur ein kleiner gen. digitalen Krankenakten angezeigt werden Schritt für den Einzelnen aber ein grosser 1. Jeder behandelnde Arzt möchte ver- können. So könnte man auch Impfungen, Sprung für das helvetische Gesundheits- mutlich eine «short list» der Diagnosen. Allergien u.v.a.m. anzeigen, ohne dass wesen! Ein bis zwei Zeilen pro Diagnose im man es in die eigene Krankengeschichte Freitext. Ich frage mich manchmal, ob importieren muss. es nicht zweckdienlich wäre, bei jedem Dr. med. Peter Steinmann Patienten so eine «short list» der Diag- Das EPD allein als zusätzliche digita- Arzt für Allgemeine Medizin FMH nosen mitzuführen und diese per EPD le Krankenakte macht keinen Sinn. EPD unter allen Systemen auszutauschen. macht nur Sinn, wenn es entweder eine (Skizzen aus eHealth Schweiz Selbstverständlich darf jeder Arzt in Austauschplattform ist, welche Diagno- www.patientendossier.ch) 16 Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018
STS 0292 LE V IGARO 247 update / 08.2018 Mehr als ein Newsletter für Labormedizin Dr. med. Edouard H. Viollier, FMH Innere Medizin Dominic Viollier, lic. oec. HSG Neu: Mehr als 1’000 Analysen – 24/7 Tag und Nacht für Sie im Einsatz Hintergrund 70 – 80% aller klinischen Entscheide basieren auf einer schnellen und präzisen Labordiagnos- tik – nicht nur wochentags zu Geschäfts- und Bürozeiten, sondern auch nachts, an Wochenen- den und Feiertagen. Viollier unterstützt Sie rund um die Uhr mit einem einzigartig umfangrei- chen Analysensortiment von mehr als 1‘000 Analysen (siehe viollier.ch/24-7). Damit die Resultate schnellstmöglich vorliegen, werden die Proben mit der modernsten Laborautomation Europas verarbeitet und sieben Tage ‘on track’ aufbewahrt, um jederzeit von Ihnen nachverordnete Analysen sofort durchführen zu können. r Ze i t k ü r zeste In t esulta zum R Vorteile • Schnelle Diagnose und Therapie • Resultatverfügbarkeit in < 90 Minuten (< 45 Minuten bei Notfällen) • Nachverordnung jederzeit unter automatischer Berücksichtigung von Probenmaterial und -stabilität via v-consult® oder Viollier App Information Dr. med. Maurice Redondo, FMH Hämatologie, Spezialist für Labormedizin FAMH, Bereichsleiter Produktion West Dr. sc. nat. ETH Diana Ciardo, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Corelab, Stv. Leiterin Mikrobiologie PD Dr. phil. II Christian Kalberer, Spezialist für Labormedizin FAMH, Stv. Leiter Corelab Dr. med. Sabine Nann-Rütti, FMH Innere Medizin, Hämatologie, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Corelab Dr. rer. nat. Kristina Vollmer, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Corelab Dr. phil. II Fabrice Stehlin, Kandidat Spezialist für Labormedizin FAMH, Gruppenleiter Corelab Redaktion Dr. med. Maurice Redondo, FMH Hämatologie, Spezialist für Labormedizin FAMH, Bereichsleiter Produktion West
AUS DEN MEDIEN Die vergessenen 3 % Dipl. chem. Michael van den Heuvel, Medizinjournalist (Erschienen in DocCheck News am 4. Dez. 2018) Artikel darf weitergeleitet werden. Der folgende Artikel erschien soeben im Internetpodium DocCheckNews, nicht im üblichen wissenschaftlichen Stil, sondern aus der Fe- der eines Medizinjournalisten. Die Botschaft des Artikels hat mich auf jeden Fall überzeugt, habe ich doch solche Fälle vor vielen Jahren in den Spitälern (z.B. als Assistenzarzt bei Prof. Dr. Franco Cavalli, Onkologe und Leukämiespezialist), in der Praxis, als Vertrauensarzt und heute als beratender Arzt der Patientenstelle Zentralschweiz hautnah erlebt. Die Leser haben die Möglichkeit, einen Artikel zu be- werten. Bei 46 Bewertenden erhielt dieser einen Durchschnitt von 4.97 (bei einem Maximum von 5.0), ein selten zu beobachtender hoher Durchschnitt! Viel Zeit verloren länger als bei Lymphomen. Leukämi- en wurden jedoch 33 Tage schneller als Das Team um Annie Herbert vom Lymphome erkannt. (Warum Annie Department of Behavioural Sciences Herbert Lymphome als Standard ge- & Health, University College London wählt hat, bleibt unklar.) (UCL) hat sich eingehender mit der Fra- gestellung befasst. Basis ihrer Arbeit war • Im Vergleich zu Männern vergingen die BRIGHTLIGHT-Kohorte mit 1114 zwischen ersten Beschwerden und der Krebspatienten. Alle Teilnehmer waren Diagnose bei Frauen 24 Tage mehr. Die zum Zeitpunkt der Erstdiagnose 12 bis Wahrscheinlichkeit, dass drei oder mehr 24 Jahre alt. Von ihnen erklärten sich 830 Arzttermine erforderlich waren, war bei Personen bereit, an strukturierten Inter- ihnen 1,6-fach höher als bei Männern. views teilzunehmen, und 748 Fälle konn- ten ausgewertet werden. Daten aus dem Annie Herbert schreibt, es gebe nun nationalen Krebsregister kamen mit hin- endlich Evidenz, dass Krebserkran- zu. Die wichtigsten Erkenntnisse: kungen bei Kindern und Jugendlichen • Bei 204 von 748 Patienten (27%) ver- spät erkannt würden. Epidemiologen ging von den ersten Symptomen mehr rechnen in der Altersgruppe weltweit Michael van den Heuvel als ein Monat bis zum ersten Arztbe- mit 350’000 Neuerkrankungen pro such. Im Median vergingen 62 Tage von Jahr, Tendenz steigend. Deshalb hätten den Symptomen bis zur Diagnose. 242 Massnahmen Priorität, um die Situation Rund drei Prozent aller Krebserkran- von 701 Patienten (35%) mussten ihren zu verbessern, schreibt Herbert. «Die kungen treten bei jungen Menschen auf. Hausarzt drei Mal oder mehr konsul- frühere Diagnose als potenzielle Strate- Zwischen den ersten Beschwerden und tieren, bis klar wurde, dass es sich um gie zur Verbesserung von Krebserkran- der Therapie vergeht dabei oft wertvolle Krebs handelte. Das traf besonders auf kungen hat jedoch wenig oder keine Zeit, so die Erkenntnis aus vielen Patien- Knochentumoren und auf Lymphome Beachtung gefunden», lautet ihr Kritik- tenberichten. Das zeigt nun auch eine Stu- zu. punkt. die. Was können Hausärzte daraus lernen? • Knochentumore wurden vergleichs- Andrea K. war gerade einmal 17, als weise spät erkannt: es dauerte 51 Tage sie plötzlich an Schmerzen in der Hüfte litt. Ihr Weg führte sie zum Orthopäden. Er vermutete eine Muskelzerrung, nichts Schlimmes, und verschrieb Schmerzmittel. Doch die Beschwerden blieben. Auch ein Termin bei der Gynäkologin brachte die junge Frau nicht weiter. Wenige Wochen später verschwanden die Beschwerden. Doch nach einigen Monaten traten sie er- neut auf – diesmal deutlich stärker. Wie- der ging die 17-Jährige zum Orthopäden. Er fertigte endlich Röntgenaufnahmen an und schickte Andrea K. zur weiteren Ab- klärung ins Krankenhaus. Aufgrund von Biopsien diagnostizierten Onkologen ein Ewing-Sarkom im Beckenknochen. Zwi- schen den ersten Beschwerden und der Therapie verging wertvolle Zeit. Patientenberichte dieser Art sind nicht selten, Evidenz gab es bisher jedoch nicht. Doch ein britisches Forscherteam hat nun mehr als 700 Fälle ausgewertet. Grafik © Mathias Freund / Daten: RKI 18 Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018
Jugendliche meiden Arzt Die Botschaft an Ärzte: Bes- Kommentare besuche ser zuhören und untersuchen, Barbara Grauer «Hier handelt es sich um eine sorgfäl- mehr dokumentieren Leider nicht nur bei jungen Patienten tig durchgeführte, wertvolle Arbeit», sagt Was können niedergelassene Ärzte an- vergeht viel verlorene Zeit. Mein Mann, Prof. Dr. Mathias Freund im Gespräch mit gesichts dieses Dilemmas tun? «Die guten damals bei Diagnose 56, pilgerte von ei- DocCheck. Er ist Onkologe aus Rostock alten Regeln zur Anamnese und Untersu- nem zum anderen Ortopäde um seine Be- und Kuratoriumsvorsitzender der Deut- chung helfen auch heute noch weiter», sagt schwerden in der linken Hüfte zu behan- schen Stiftung für junge Erwachsene mit Freund. Geschwollene Lymphknoten sind deln. Abnutzung, zu viel Belastung, zu viel Krebs. Als Schwäche der Studie sieht er, schon beim ersten Kontakt zu vermessen Sport wurde als Ursache diagnostiziert. Er dass «kein direkter Vergleich mit erwach- und nach sieben bis zehn Tagen erneut zu bekam Diclofenac, Akupunktur, Physio- senen Krebspatienten stattfand». Auch begutachten. Steckt ein Infekt hinter den therapie o.ä. seien die Verteilung der malignen Erkran- Beschwerden, sollten sich Schwellungen Nach 1 Jahr und 4 Monaten stellte eine kungen im Studienkollektiv an einigen langsam verringern. Auch bei vermeint- junge Ärztin, Ortopädin die richtige Dia- Punkten nicht repräsentativ für die Alters- lich verletzungsbedingten Schmerzen im gnose: Krebs!!! Die Hüfte war voll Kno- gruppe. Des Weiteren seien geschlechts- muskoskelettalen Bereich führen Trends chenmetastasen! spezifische Unterschiede in der Verteilung auf die richtige Spur. Berichten Patienten Ich kann nur an Ärzte und Männer ap- der Diagnosen leider nicht berücksichtigt. nach der Wiedervorstellung von stärkeren pellieren: denkt bei Knochenschmerzen Laut Daten des RKI steht bei den Beschwerden, ist es Zeit für eine erweiter- an Prostata! Frage mindestens. 15-24-Jährigen Hodenkrebs an erster Stel- te Diagnostik. Und denkt an Vorsorge. le, gefolgt von Morbus Hodgkin, malignen «Ich fürchte, dass viele Ärzte nicht Melamomen der Haut, Non-Hodgkin- mit dieser Sorgfalt arbeiten», vermutet Lymphomen und Schilddrüsenkarzino- Freund. Vielfach fehle die Zeit, Anamne- Dr. med. Thomas Georg Schätzler men: se und klinische Befunde zu erheben und präzise zu dokumentieren. «Das muss man Ein Grundsatz mit respektablen er- Trotzdem könne man laut Prof. Freund aber machen, um bei der Wiedervorstel- kenntnis-theoretischen Grundlagen in wertvolle Aussagen gewinnen. Bei Mela- lung die Fälle zu erkennen, hinter denen der Medizin lautet: «Häufige Krankheiten nomen war das Intervall zwischen erkenn- eben doch etwas Schlimmeres stecken sind häufig, und seltene Krankheiten sind baren Beschwerden und dem ersten Arzt- könne. Und das kann man Kollegen auch selten.» besuch besonders gross. In jungen Jahren nicht abnehmen.» Eine mir seit Jahren bekannte 82-jähri- rechnet niemand mit bösartigem Haut- ge, sehr rüstige und präventivmedizinisch krebs. Symptome wie Veränderungen ei- gut überwachte Patientin kam kürzlich nes Leberflecks, Rötungen in diesem Be- Die Botschaft an Patienten: mit neu aufgetretenem analen Blutabgang reich oder leichte Verletzlichkeit würden zu mir. Das kann man nicht als Hämor- deshalb nicht ernst genommen. Krebs tritt nicht nur im Alter rhoidalblutung bagatellisieren, und es war «Die Studie zeigt bei jungen Leuten auf dann auch ein glücklicherweise operables zwischen 19 und 24 eine Tendenz, den Sigma-Adenokarzinom. Arztbesuch aufzuschieben», kommen- Darüber hinaus sollten auch Laien bes- Aber wenn Kinder und Jugendliche tiert Freund. Dies erklärt sich durch ein ser über Krebs aufgeklärt werden. Zu den mit akuten Beschwerden zu mir kommen, bekanntes Risikoverhalten in der Ablö- wichtigsten Krebsarten in jungen Jahren kann ich doch nicht ernsthaft jede/n, wie sungsphase. Jugendliche sprechen mit ih- zählen speziell bei Mädchen und Frauen im Beispiel Andrea K. mit 17 Jahren und ren Eltern nicht mehr über ihre Beschwer- maligne Melanome. In Herberts Studie Schmerzen in der Hüfte, zum Röntgen den. Vor Freunden wollen sie stark und kam es hier zu starken Verzögerungen bis schicken, um ein Ewing-Sarkom auszu- gesund dastehen, Beschwerden sind kein zur Diagnosestellung. schliessen oder zu detektieren. Aber auch Thema für Gespräche. Krebs ist eben nicht nur eine Alterser- bei jeder/m mit geschwollenen Lymph- krankung, sondern tritt – wenn auch selten knoten (Cave: EBV, Virusinfektion, Paro- – in jungen Jahren auf. Pro Jahr erkranken titis epidemica, Toxoplasmose, Cytomega- Beschwerden tarnen sich als Freund zufolge bundesweit 15’000 Perso- lie usw.) kann ich doch nicht sofort eine nen zwischen 18 und 39 Jahren. Das macht chirurgische Lymphknoten-PE veranlas- Bagatellerkrankung rund drei Prozent aller Krebsfälle pro sen, selbst wenn der Befund sich nach sie- Jahr aus, denn die Gesamt-Inzidenz liegt ben bis zehn Tagen nicht eindeutig gebes- Dass Krebserkrankungen erst nach im gleichen Zeitraum bei knapp 480’000 sert hat. mehreren Arztkontakten erkannt wor- Fällen. den sind, wundert den Experten nicht. «Lymphknoten-Schwellungen am Hals sind nicht ungewöhnlich, meist sind sie auf Infekte zurückzuführen», sagt Freund. Nur steckt in 5 von 1000 Fällen eben doch ein Tumor dahinter. «Wir haben ein sehr häufiges Symptom, das nicht auf Anhieb zur Krebsdiagnose führt.» Schliesslich könne man nicht alle Patienten zur Bi- opsie schicken. Ähnlich problematisch ist die Situation bei Knochentumoren, die in grösseren Röhrenknochen wie dem Fe- mur auftreten. Sie sind oft kniegelenks- nah oder im Bereich der Hüfte bzw. des Beckens lokalisiert. Patienten klagen über Schmerzen, und meist liefern Sportver- letzungen oder Haltungsschäden die kor- rekte Erklärung – in seltenen Fällen ist es aber eben doch ein Osteosarkom. Grafik © Mathias Freund / Daten: RKI Luzerner Arzt Spezialheft 115/2018 19
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