REGIERUNG GESUCHT 08/21 - GDP
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08 Inhalt IN EIGENER SACHE Innenleben Hingeschaut Bereits in der Juli-Ausgabe befasste sich DP 2 Schutz und Hilfe 18 AMBOSafe verspricht neue mit der bevorstehenden Bundestagwahl. Es Präventionsansätze ging um die Verständlichkeit von Wahlpro- 3 Hoffentlich mehr als nur ein grammen und die politische Kommunikati- Modewort 32 Mobiles Arbeiten braucht Platz on an sich. Nun lassen wir die Protagonisten selbst 12 Im Dialog mit Rechtspolitikern 36 Je jünger, umso akuter gefährdet zu Wort kommen. DP hat die Spitzenkandi- datinnen und -kandidaten der Christlich De- 20 Kampagne wertgeschätzt 39 Radikalisierungsfaktor Musik mokratischen Union Deutschlands (CDU), der Sozialdemokratischen Partei Deutsch- 22 Ablauf von Tarifverhandlungen lands (SPD), von Bündnis 90/Die Grünen, Hinterfragt der Freien Demokratischen Partei (FDP) 27 Willkommen an Bord und Die Linke zu einem „kleinen“ GdP- 28 Die schleichende Entwertung der Wahlcheck eingeladen. Armin Laschet, Olaf Polizeiarbeit Scholz, Robert Habeck, Christian Lindner Titel und Janine Wissler haben bereitwillig un- 34 Die lernende Organisation sere Fragen beantwortet. Wie gut die Dame 4 Der kleine GdP-Wahlcheck und die vier Herren ihre von uns gestellte Aufgabe bewältigt haben, entscheiden Sie, 11 Die Wahlprogramme zum Download sehr geehrte Leserschaft, bitte selbst. Apro- 40 Impressum pos „kleiner“ GdP-Wahlcheck: In der Sep- tember-Ausgabe steht dann der große Wahl- Im Gespräch check mit einem intensiven Blick in die Wahlprogramme an. 14 „Tief sitzendes Misstrauen Wenn es ums Geld geht, vor allem das ei- gegenüber dem Staat” gene, steigt das Interesse. Das ist bei Poli- zeibeschäftigten nicht anders. Vor allem Po- 24 Es kann nur um Verbesserungen lizeibeamtinnen und -beamte dürften also gehen beim Thema Polizeizulage aufhorchen. DP- Autor Sven Hüber hat sich mit dieser spe- zifischen Zahlung beschäftigt, die ihrem Rechtscharakter nach als Vergütung für be- sondere Anforderungen zu verstehen ist. Be- sonders aufgefallen ist dabei, dass da etwas nicht stimmt mit der Polizeizulage. Hüber spricht von der schleichenden Entwertung der Polizeiarbeit und verweist nachdrück- lich auf einen wegweisenden Beschluss des GdP-Bundeskongresses 2018. Eine ernüch- IN EIGENER SACHE ternde Bestandsaufnahme, ein aufrütteln- des Plädoyer. GdP-Kreditkarte: DKB Viel Lesevergnügen bei dieser Ausgabe beendet Kooperation wünscht Michael Zielasko DP-Chefredakteur A ufgrund geplanter Änderungen am Produktangebot hat die Deutsche Kreditbank AG (DKB) die bestehende Kooperation mit der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zum 30. September 2021 gekün- digt. Infolgedessen wird die DKB die GdP-Kreditkarte im bekannten Design nicht mehr fortführen. Zurzeit werden Verhandlungen mit weiteren Banken geführt, um GdP-Mitgliedern eine Alternative anbieten zu können. Über neue Entwicklungen zu diesem GdP-Ser- viceangebot berichten wir in DP und den sozialen Medienkanälen der GdP. I
NACH REDAKTIONSSCHLUSS Angesichts der Hochwasserkatastrophe Deutschen Roten Kreuzes, des Technischen Schutz Mitte Juli im Westen und Südwesten Hilfswerkes und der Bundeswehr sowie frei- Deutschlands zeigte sich die Gewerkschaft willigen Helfern tatkräftig die Aufräumarbei- der Polizei (GdP) entsetzt und fassungslos. ten unterstützt, wofür er im Namen der GdP Es komme in solchen Situationen darauf an, „schon jetzt“ allen Einsatzkräften dankte. und zuzupacken und den von der Flutkatastro- Angesichts der dramatischen Lage hatte phe betroffenen Menschen wirksam zu hel- die GdP an die Bevölkerung appelliert, Ka- fen, hatte der stellvertretende GdP-Bun- tastrophentourismus dringend zu unterlas- desvorsitzende Jörg Radek in einer Presse- sen. Die wichtigste Aufgabe der Polizistin- Hilfe erklärung verdeutlicht. „Unsere Gedanken nen und Polizisten in den überschwemmten sind bei den vielen Bürgerinnen und Bür- Gebieten sei es, „diese Regionen abzusper- gern, darunter auch Polizeibeschäftigte, ren, Menschen aus den Gefahrenzonen zu die durch die Wassermassen in Not gera- bergen und verlassene Häuser vor mögli- ten sind und ihr Hab und Gut verloren ha- chen Plünderungen zu schützen“, erklärte ben”, sagte er und drückte zugleich sein tie- Radek. fes Mitgefühl für die Angehörigen der den Er verwies in diesem Zusammenhang Wassermassen zum Opfer gefallenen Men- auf unbelehrbare Schaulustige, die die Ret- schen aus. tungsarbeiten in der Vergangenheit bei ver- Die Menschen in den Flutgebieten wür- gleichbaren Katastrophen schwer behin- den alle erdenkliche Hilfe benötigen, um derten. „Statt Handyvideos aufzunehmen, wieder Hoffnung finden zu können. Hun- sollten Gaffer sich lieber informieren, wo sie derte Polizeikräfte hatten bereits zu diesem helfen können“, verdeutlichte der Gewerk- Zeitpunkt an der Seite der Feuerwehr, des schafter.
3 Kirchheim: SIGNAL IDUNA ZU WERTSCHÄTZUNGSKAMPAGNE Nordrhein-westfälische Hoffentlich mehr als Einsatzkräfte schützen von der Flut betroffene Stadt- gebiete vor Plünderungen. nur ein Modewort Mit ihrer aktuellen Kampagne „100% Einsatz verdienen 100% Einsatz“ plädiert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) für einen wertschätzenden Umgang miteinander. Die SIGNAL IDUNA unterstützt als langjährige Kooperations- partnerin die bundesweite Aktion finanziell und ideell. Die Bedeutung von „Wertschätzung“ kann nicht hoch genug angesiedelt werden. D ie GdP-Kampagne verfolgt ein wich- tiges Ziel, denn jüngste Forschungen zei- gen: Fehlt die Wertschät- zung, fehlt nicht nur das Engagement. Auch die Krankenstände in Unternehmen lassen 021 Ausschnit t aus DP 07/2 Rückschlüsse auf den Grad der jeweils geleb- ten Wertschätzung zu. Richtig angewandte Wertschätzung kostet dabei fest im nicht viel, kann aber große Wirkung ent- kulturellen Leitbild verankert. Wert- falten. Aktuelle Umfragen ergeben jedoch schätzung ist folgerichtig auch einer von immer wieder, dass es hier eine deutliche sechs Pfeilern des Führungsleitbildes, das Schere in der Wahrnehmung gibt. Während die Führungs- und Unternehmenskultur Führungskräfte zumeist davon überzeugt prägt. Wertgeschätzte Mitarbeiter sind posi- sind, zum Beispiel die Leistung ihrer Mit- tive Botschafter ihres Unternehmens und ge- arbeiter anzuerkennen, kommt dies bei den ben dies an Kunden und Interessenten wei- Gelobten oft nicht an. ter. Sie schaffen es, einen Perspektivwechsel Wertschätzung ist nicht nur ein ausge- vorzunehmen und Produkte und Lösungen sprochenes Lob, sondern ein Gesamtpaket, aus Kundensicht zu denken. Dem Kunden eine Haltung. Respekt, Interesse, ehrliche also zuzuhören und echter Dienstleister zu Anerkennung und Empathie sollten dessen sein. Mit Überzeugung, Empathie und Kre- weitere Inhalte sein. Wer wertschätzt ohne ativität. echte Überzeugung, lobt nach dem Gieß- Torsten Uhlig, SIGNAL-IDUNA-Vertriebs- kannenprinzip. Wer sich im Innern nicht vorstand: „Damit wir motiviert sind, uns für sein Gegenüber interessiert, wird die- mit unserer Arbeit wohlfühlen, brauchen ses nicht erreichen. Und wahrscheinlich wir auch das Gefühl, nützlich und wichtig selbst auch keine Wertschätzung erfahren. zu sein. Wer sich nicht wertgeschätzt fühlt, Im schlimmsten Fall bewirkt so ein achtlo- wird auf Dauer im schlimmsten Falle krank. ses Lob sogar das Gegenteil und hinterlässt So ist Wertschätzung zum Beispiel einer von Frustration und Demotivation. sechs Pfeilern, auf denen das Führungs- Mit VISION2023 durchläuft die SIGNAL leitbild der SIGNAL IDUNA fußt. Wir wis- IDUNA seit 2018 auf verschieden Ebenen sen: Nur wer selbst Wertschätzung erfährt, einen tiefgreifenden Transformationspro- kann selbst andere wertschätzen. Daher un- zess. Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren terstützen wir aus voller Überzeugung die ist die nachhaltige Weiterentwicklung der GdP-Kampagne „100% Einsatz verdienen Unternehmenskultur. Wertschätzung ist 100% Einsatz“. I Foto: Jonas Güttler/dpa #100für100
4 DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 DP Der GdP-Wahlcheck 7 Fragen an Spitzenkandidaten von CDU, SPD, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE Armin Laschet wurde 1961 in Aachen geboren. Der Jurist arbeitete als freier Journalist, bevor er 1994 erstmals in „ Die Union lehnt die Bürgerversicherung seit den Deutschen Bundestag gewählt wurde. Aktiv in der jeher ab. Landespolitik Nordrhein-Westfalens wirkt er seit 2005, von 2017 an als Ministerpräsident. 2021 wurde Laschet zum neunten Bundesvorsitzenden der CDU gewählt. Foto: CDU/Laurence Chaperon Im April trat er die Kanzlerkandidatur der Union für die Armin Bundestagswahl 2021 an. Er ist verheiratet und Vater Laschet von drei Kindern. Olaf Scholz ist seit März 2018 Bundesfinanzminister und Vizekanzler. Im August 2020 wurde er vom SPD-Bundes- „ Es geht nicht allein um mehr Wertschätzung, vorstand zum Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl sondern auch um bessere 2021 nominiert. 1958 in Osnabrück geboren ist er in Ham- Besoldung, moderneres burg aufgewachsen. Von 2007 bis 2009 war der Dienstrecht und bessere Foto: Thomas Trutschel/Photothek Sozialdemokrat Bundesminister für Arbeit und Soziales Arbeitsbedingungen. und fungierte anschließend bis 2011 als stellvertretender Olaf Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Von 2011 bis Scholz 2018 wirkte er als Erster Bürgermeister der Freien und „ Hansestadt Hamburg. Robert Habeck ist seit 2018 Bundesvorsitzender von Jede Besoldungsstufe Bündnis 90/Die Grünen. Zuvor agierte er sechs muss überall gleich viel Jahre als Minister in Schleswig-Holstein und vertrat wert sein. den dortigen Ministerpräsidenten. Zuletzt leitete er das Ministerium für Energiewende, Umwelt, Landwirtschaft und Digitalisierung. Der Grünen-Spitzenkandidat bewirbt sich bei der bevorstehenden Bundestagswahl für das Robert Direktmandat in seinem Heimatwahlkreis Flensburg- Foto: Urban-Zintel Habeck Schleswig. Christian Lindner stammt aus Wermelskirchen in Nord- rhein-Westfalen. Er studierte Politikwissenschaft, „ Der Staat muss weiter- hin zu seiner Zusage Öffentliches Recht und Philosophie. Von 1997 bis 2004 stehen, Beamtinnen und war er Inhaber einer Werbeagentur sowie Mitgründer ei- Beamte im Alter ausrei- nes Internet‐Unternehmens. Nach dem Ausscheiden der chend zu versorgen. FDP aus dem Bundestag wurde der Politiker 2013 zu de- ren Bundesvorsitzenden. Seit 2017 ist er Vorsitzender der Christian FDP-Bundestagsfraktion und Spitzenkandidat seiner Lindner Partei. Foto: FDP Janine Wissler ist seit Februar zusammen mit Susanne Hennig-Wellsow Vorsitzende der LINKEN. Von 2001 bis „ An erster Stelle stehen für uns die Wiederher- 2012 absolvierte sie ein Studium der Politikwissenschaf- stellung einer bundes- ten an der Johann Wolfgang von Goethe-Universität einheitlichen Besoldung Foto: Fraktion Die Linke/Hessischer Landtag Frankfurt am Main. Seit 2007 ist Wissler Mitglied der Par- für alle Beamtinnen und tei DIE LINKE sowie im LINKE-Parteivorstand. Später Beamte und bessere amtierte sie als stellvertretende Vorsitzende. 2008 zog die Diplom-Politologin als Abgeordnete in den Hessi- Arbeitsbedingungen. Janine Wissler schen Landtag ein, ein Jahr später übernahm sie den Fraktionsvorsitz der Linksfraktion.
DP DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 5 1 Die GdP hat Ende April eine Wertschätzungskampagne für die Polizeibeschäftigten gestartet. Was werden Sie effektiv dazu beisteuern? Laschet: Polizistinnen und Polizis- Alltag der Polizistinnen besser zu verstehen. ten riskieren jeden Tag viel für unse- Und ja, Wertschätzung muss sich auch kon- re Gesellschaft. Ihnen gebühren unser Dank kret in Gehalt und Arbeitsbedingungen wi- und unsere Anerkennung. Wertschätzung derspiegeln. Wir machen uns daher für die bedeutet auch, dass die Polizei vernünftig Wiedereinführung der Ruhegehaltsfähig- ausgestattet wird. Hier wurde in der Vergan- keit der Polizeizulage stark. Die Bundestags- genheit schon viel umgesetzt: 2,5 Millionen fraktion der Grünen hat dies schon zweimal Euro wurden zum Beispiel in den Schutz der in der Legislaturperiode beantragt. Leider Polizei investiert und 7.500 Polizisten und hat die Große Koalition den ersten Haus- Richter neu eingestellt. Um Polizistinnen haltsantrag dazu ablehnt und die Behand- und Polizisten besser zu schützen planen lung des zweiten Antrages verhindert. Das wir die Mindeststrafe für tätliche Angriffe hat mit Wertschätzung nichts zu tun. auf sechs Monate und für heimtückische At- tacken auf ein Jahr Haft zu erhöhen und da- Lindner: Mir gefällt das Motto Ihrer mit als Verbrechen einzustufen. Wenn der Kampagne: „100 Prozent Einsatz ver- Täter eine Waffe oder ein anderes gefährli- dienen 100 Prozent Einsatz!“ Die Polizistin- ches Werkzeug bei sich führt, soll eine Stra- nen und Polizisten in Deutschland stehen je- fe bis zu zehn Jahren verhängt werden kön- den Tag mit ihrem Leben und ihrer Gesund- nen. Auch die Ausrüstung wollen wir ver- heit für unser aller Sicherheit ein. Und dann bessern: Wir fordern die flächendeckende müssen sie sich von einigen noch beschimp- Verwendung von Bodycams – auch bei Ein- fen lassen oder werden unter Generalver- sätzen in Wohnräumen. So können Einsatz- dacht gestellt. Das ist für mich inakzeptabel. situationen beweissicher aufgezeichnet, An- Respekt für die wichtige Arbeit muss sich greifer erkannt und Straftaten leichter ver- auch in einer angemessenen Besoldung und folgt werden. Wir stehen an der Seite der einer modernen technischen Ausstattung Polizei und wollen die, die uns schützen, ausdrücken. bestmöglich schützen. Wissler: Wir unterstützen als LINKE Scholz: Erstens: Ich finde die Kam- – auch in unserem Wahlprogramm pagne sehr gut. Zweitens: Polizistin- zur Bundestagswahl – ihre Forderungen nen und Polizisten können sich auf meine nach einer besseren Wertschätzung der Ar- Unterstützung verlassen – immer. Es geht beit der Beamten und Beamtinnen sowie al- mir um Respekt in der Gesellschaft. Mein Re- ler Beschäftigten bei der Polizei und im öf- spekt vor ihrer Arbeit und ihrem Einsatz für fentlichen Dienst. Dazu gehören neben Ver- den Rechtsstaat ist groß, dass wissen Sie. besserungen bei den Beamtengesetzen auch Ich finde im Übrigen, dass der Respekt ge- ein Tarifvertrag für alle, gleicher Lohn für genüber Polizistinnen und Polizisten noch gleiche Arbeit und eine bessere Bezahlung stärker gelebt werden sollte. Es geht aber der anstrengenden und verantwortungsvol- nicht allein um mehr Wertschätzung, son- len Arbeit. Personalmangel führt zu Über- dern auch um eine bessere Besoldung, mo- stunden und gesundheitlichen Belastun- derneres Dienstrecht und bessere Arbeitsbe- gen. Um Überstunden bei der Polizei abzu- dingungen. bauen, braucht es mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen. Habeck: Ich habe immer mal Polizis- tinnen und Polizisten zum Beispiel auf Streife begleitet. Sie erzählen mir in der Regel offen von Problemen, Enttäuschungen und Erwartungen. Die teils scharfe öffentli- Foto: Dante/stock.adobe.com che Debatte lastet auf ihnen, gepaart mit ho- hem Arbeitsdruck und dem Wissen um ihre Verantwortung. Daher: Wir sollten wegkom- men vom Fingerzeigen und versuchen, den
6 DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 DP 2 Die Polizei ist nach Auffassung 3 Warum haben wir den Eindruck, der GdP in wesentlichen Bereichen dass manche Gesetzesvorhaben wie Besoldung und Ausstattung durch die Gremien gepeitscht eine Mehrklassengesellschaft. werden, ohne ausreichend auf Wie und wo wollen sie mildernd Praxistauglichkeit abgeklopft einwirken? zu werden? Laschet: Unsere Sicherheitsbehör- Wissler: Die Föderalismusreform Laschet: Wir wollen künftig gesetz- den, insbesondere auch die Bundes- und jahrelange Kürzungspolitik ha- geberisch zurückhaltender sein. Es polizei, haben wir personell, materiell und ben dazu beigetragen. Hier muss die Politik gibt in Deutschland eine Neigung, jeden Le- strategisch massiv gestärkt. Diesen Weg set- gegensteuern. An erster Stelle stehen für uns benssachverhalt, jedes neue Problem mit ei- zen wir konsequent fort. Wir haben erneut die die Wiederherstellung einer bundeseinheit- nem Gesetz regeln zu wollen. Davon müssen Polizeizulage erhöht, und wir wollen die Ru- lichen Besoldung für alle Beamtinnen und wir uns freimachen. Für jedes einzelne Ge- hegehaltsfähigkeit der Polizeizulage prüfen. Beamte und bessere Arbeitsbedingungen, setz mag es gute Gründe geben, in der Sum- Mit einer Flexibilisierung der Lebensarbeits- auch um Burn-out und Konkurrenz der Bun- me sind es jedoch zu viele. Weniger Gesetze zeit wollen wir die Vereinbarkeit von Familie desländer um Personal zu vermeiden. Zu- bedeutet: mehr Zeit für jedes einzelne Ge- und Beruf weiter verbessern. In Nordrhein- dem brauchen wir eine bessere Durchlässig- setzgebungsvorhaben, praxistauglichere Westfalen habe ich in meiner Regierungszeit keit vom mittleren in den gehobenen Dienst. und gezieltere Regulierung sowie mehr Zeit zusammen mit Innenminister Herbert Reul Auch die Digitalisierung ist eine Mammut- für die Bundesministerien zur raschen Um- schon viel bewegt. Gerade auch für die Bun- aufgabe – hier fordern wir mehr Investitio- setzung. Im Deutschen Bundestag werden despolizei sind familienfreundliche Arbeits- nen und entsprechendes Personal. Bei der wir einmal pro Jahr in einer Umsetzungswo- bedingungen wichtig, um auch in Zukunft Ausstattung sind wir offen für gemeinsame che den Fortschritt und die Wirkung unserer weiterhin qualifizierte Mitarbeiterinnen und Beschaffungsvorhaben des Bundes und der Gesetzgebung transparent machen. Und Mitarbeiter gewinnen zu können. Länderpolizeien – zu fairen Konditionen. Es was die innere Sicherheit angeht, habe ich darf nicht sein, dass sich wenige Unterneh- in der von mir berufenen Bosbach-Kommis- Scholz: Der öffentliche Dienst muss men am öffentlichen Beschaffungswesen sion natürlich auch Praktiker und Vertreter im Bund genauso wie in den Bundes- die Konten füllen. der Gewerkschaft beteiligt. ländern ein attraktiver Arbeitgeber sein. Ne- ben der bereits angesprochenen guten Be- Scholz: Der Eindruck täuscht, glau- zahlung braucht es auch mehr Durchlässig- be ich. Wenn es um Themen der inne- keit, als wir sie momentan erleben. Unsere ren Sicherheit geht, schätzen und brauchen Polizei wird überall gebraucht. Sie trägt ei- wir die GdP als Ansprechpartner. Das ver- nen wichtigen Teil bei zum Funktionieren gangene Jahr war aufgrund der Corona-Situ- unserer Gesellschaft. ation sicherlich eine Ausnahmesituation. Po- lizistinnen und Polizisten wissen aber selbst Habeck: Gute Arbeitsbedingungen nur zu gut, wie es ist, im Krisenmodus zügig sind zentral. Um ihre Aufgaben zu be- und entschlossen agieren zu müssen – da wältigen, braucht die Polizei eine adäquate läuft es manchmal nicht immer nach Plan. Ausstattung. Vor allem im digitalen Bereich ist eine Menge Luft nach oben. Die Besoldung, Habeck: Diesen Eindruck teilen wir. egal ob im Bund oder in welchem Bundesland Wichtige Gesetzesvorhaben wie das auch immer, sollte einheitlich sein. Jede Be- Bundespolizeigesetz werden am Ende der soldungsstufe muss überall gleich viel wert Wahlperiode in einem der Sache nicht die- sein. Die Fehlentwicklung nach der Föderalis- nenden Tempo durchgezogen. Und dies, ob- musreform 2006 gilt es umzukehren. wohl man in diesem konkreten Fall schon Jahre vorher den Reformbedarf konstatiert Lindner: So wie CDU und FDP es in hat. Wir wollen, dass wichtige und grund- NRW umgesetzt haben: bedarfsge- sätzliche Initiativen möglichst gleich zu Be- recht mehr Neueinstellungen und massive ginn der Legislaturperiode eingebracht wer- Investitionen in eine bessere Ausstattung. den, um eine seriöse Befassung und Einbe- Verantwortungsbereiche drücken sich im öf- ziehung aller Betroffenen zu ermöglichen. fentlichen Dienst in der Besoldung aus. Ins- gesamt sollte aber stärker auch der persön- Lindner: Bei den Corona-Beschlüs- liche Einsatz berücksichtigt werden. Unab- sen auf Bundesebene hatte ich den hängig vom Dienstgrad hat die Polizei Eindruck oft auch. Damit wird das Vertrau- Foto: abr68/stock.adobe.com Anspruch auf die bestmögliche Ausstattung. en der Menschen in die Politik gefährdet. Es kann nicht sein, dass manche aus eigener Deshalb ist es wichtig, dass Gesetze in den Tasche in ihre Ausrüstung investieren müs- Parlamenten beraten und beschlossen wer- sen. Hier hat der Staat eine Bringschuld. den, auch unter Einbeziehung von Experti-
DP DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 7 4 Die „Innere Sicherheit“ ist aus unserer Sicht meist ein mit Moos besetzter Punkt auf der „Bloß-nicht-vergessen“-Liste für das anstehende Wahlprogramm. Wo ist das Lebendige, wo sind die Perspektiven? se und Praxiserfahrung von außen. Dafür Laschet: Die Innere Sicherheit ge- Wissler: Wir wollen eine Polizei, die gibt es die parlamentarischen Ausschüsse. hört für die Union traditionell zu ei- sich auf ihre Kernaufgaben in der Jetzt spiele ich den Ball aber mal zurück: Ich nem der wichtigsten Politikfelder. Wir ent- Abwehr konkreter Gefahren und in der würde mich freuen, wenn mehr Polizistin- wickeln unsere Programmatik ständig wei- Strafverfolgung konzentrieren kann. Eine nen und Polizisten für die Parlamente kan- ter und passen sie den Gegebenheiten an. vielfältige, bürgerorientierte und transpa- didieren und kann Sie nur ermutigen. rente Polizei, die Kritik aus der Gesellschaft Scholz: Ohne innere Sicherheit kei- aufgreift und sich daran weiterentwickelt. Wissler: Das mag damit zu tun ha- ne freie und offene Gesellschaft, das Die beste Kriminalpolitik ist eine gute So- ben, dass die vom Bundesinnenmi- ist ja wohl klar. Ein starker Staat, der Sicher- zialpolitik. Mehr Sicherheit braucht mehr nisterium festgelegten Fristen zur Stellung- heit für alle bietet, hat eine soziale Kompo- sozialen Zusammenhalt, Schutz vor Armut, nahme für Gewerkschaften und Verbände zu nente. Es darf nicht am Bankkonto liegen, mehr Sozialarbeit und einen starken Sozi- kurz bemessen sind, sodass für eine umfas- ob man sich in Deutschland sicher fühlt oder alstaat. Wir wollen ein verbindliches Recht sende Stellungnahme nicht ausreichend Zeit nicht. Otto Schily hat mal gesagt, „über Si- auf kostenfreie Weiterbildung. Wir setzen bleibt. Und oft werden die Einwände seitens cherheit redet man nicht, Sicherheit macht uns für Vielfalt im öffentlichen Dienst und der Gewerkschaften und Verbände von den man”. Deshalb setzen wir uns ein für besse- für Supervisionsangebote ein, die bei der Regierungsfraktionen schlicht ignoriert. re Arbeitsbedingungen und eine reibungs- Bewältigung belastender Arbeitserfahrun- Auch die Mitbestimmung der Beschäftigten losere Verzahnung mit der Justiz. gen helfen. und Betroffenen in allen Bereichen des öf- Wichtig ist für uns, eine solidarische Ant- fentlichen Dienstes wie Polizei, Bildung, Ge- Habeck: Der Schutz von Freiheit und wort auf die Krisen und Verunsicherungen sundheitsversorgung muss gestärkt werden. Grundrechten ist zentral für unser de- in unserer Gesellschaft zu finden, die wir als Dafür machen wir konkrete Vorschläge – mokratisches System. Und deshalb ist die in- wesentliche Ursache für steigende Gewalt- unter anderem zur Stärkung der Mitbestim- nere Sicherheit integraler Bestandteil unserer bereitschaft sehen. Statt die Polizei am Ende mungsmöglichkeiten der Personalräte in Politik. In einer liberalen Demokratie ist es die Scherben zusammenkehren zu lassen, den Personalvertretungsgesetzen. Der öf- entscheidend, dass Menschen sich sicher sollte sich die Politik den gesellschaftlichen fentliche Dienst der Zukunft muss stärker, fühlen können und darauf vertrauen können, Ursachen von Gewalt und Kriminalität zu- bürgernäher und demokratischer sein! dass staatliche Institutionen Gefahren mit wenden und Präventionsprogramme im um- rechtsstaatlichen Mitteln abwehren. Unsere fassenden Sinne stärken. Sicherheitspolitik folgt daher der Linie: das Schutzbedürfnis ernst nehmen, gezielt agie- ren, kein Generalverdacht gegen die gesamte Bevölkerung. Entsprechend haben wir konti- nuierlich eigene Vorschläge für die „klassi- schen“ Sicherheitsthemen, Polizei und Ge- heimdienste, erarbeitet. Zudem erweitern wir die Sicherheitspolitik: Die IT-Sicherheit zum Beispiel braucht einen kräftigen Schub. Oder der Kampf gegen Gewalt gegen Frauen. Lindner: Mit Blick auf unsere Sicher- heitsbehörden sagen wir ganz klar: Es ist Zeit für eine Föderalismuskommission III von Bund und Ländern, um Zuständig- keiten, Verantwortlichkeiten und Verfahren zu optimieren. Der Staat muss besser orga- nisiert sein als das Verbrechen. Der Staat muss aber auch besser ausgestattet sein und über ausreichend Personal mit den erforder- lichen Qualifikationen verfügen (zum Bei- Foto: abr68/stock.adobe.com spiel bei der Auswertung von elektronischen Beweismitteln). Dies ist aus unserer Sicht ef- fektiver als eine Ausweitung der staatlichen Eingriffsbefugnisse.
8 5 Bei Begriffen wie Bürger- oder Erwerbstätigenversicherung schwant Beamtinnen und Beamten zu Recht Böses. Nehmen Sie uns die Sorge. Laschet: Die Union lehnt die Bürger- der Pflegeversicherung wollen wir eine versicherung seit jeher ab. Daran hat „Vollkasko-Versicherung“, die alle notwen- sich nichts geändert. digen Pflegeleistungen unbürokratisch übernimmt, orientiert an den individuellen Scholz: Sprechen Sie mal mit den Situationen und Bedürfnissen – ohne stei- Hamburger Kolleginnen und Kolle- gende Beiträge und ohne Eigenbeiträge. gen. Dort haben wir die Möglichkeit geschaf- Hinzu kommt als Vorteil, dass Angehörige fen, dass sich auch Beamtinnen und Beamte ohne Einkommen in der solidarischen Er- freiwillig für die gesetzliche Krankenversi- werbstätigenversicherung stets kostenfrei cherung entscheiden können, ohne dass sie mitversichert sind, im Rahmen der beitrags- dabei schlechter gestellt sind. Das Ziel ist freien Familienmitversicherung. Die Länder eine attraktive Bürgerversicherung für alle, und der Bund können zudem ihren Beamtin- ein leistungsfähiges solidarisch finanziertes nen und Beamten weiter freie Heilfürsorge Gesundheitssystem. Wie wichtig Gesund- gewähren. heit für den Einzelnen wie für die Gesell- Im Übergang müssen für Beamtinnen, schaft als Ganzes ist, das hat uns die Pande- Beamte und andere miteinzubeziehende mie sehr klar gezeigt. Gruppen wie Freiberufler, Abgeordnete und Selbstständige erworbene Anwartschaften Habeck: Ihre vorherige Frage nach geschützt bleiben. Außerdem steht Beam- der Mehrklassengesellschaft adres- tinnen und Beamten ein dem Arbeitneh- siert ja völlig zu Recht eine Ungleichbehand- meranteil entsprechender Vergütungsaus- lung. Genau darum geht es uns bei der soli- gleich zu. darisch finanzierten Bürgerversicherung, in der jede und jeder unabhängig von seinem Einkommen die Versorgung bekommt, die sie oder er braucht. Als ersten Schritt verbes- sern wir die Versorgung gesetzlich Versi- cherter. Außerdem wollen wir die Benach- teiligung gesetzlich versicherter Beamtin- nen und Beamte durch einen beihilfefähigen Tarif beenden. Lindner: Die FDP steht für das Ge- genteil: Wir wollen keine teure Ein- heitsversicherung, die zudem bestehende Verträge oder erworbene Ansprüche igno- riert. Der Staat muss auch weiterhin zu sei- ner Zusage stehen, Beamtinnen und Beamte im Alter ausreichend zu versorgen. Wir wol- len Verlässlichkeit, gleichzeitig aber auch mehr Flexibilität und eine zukunftsfeste Fi- nanzierbarkeit der Altersvorsorge. Eine ver- pflichtende Mitgliedschaft von Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung leh- nen wir ab. Wissler: Das Prinzip einer solidari- schen Finanzierung der Sozialversi- cherungen bietet klare Vorteile – auch für die meisten Beamten. Zwei Beispiele: Wir wollen eine stabile gesetzliche Rente auf ei- nem Niveau wie in Österreich schaffen. Bei
9 6 Mehr als zwei Drittel der Deutschen hat nach einer GdP-Umfrage Angst vor zunehmender Internet- kriminalität. Forensische Ermittler werden von der Polizei seit Jahren gesucht, Fachleute entscheiden sich aber häufig für einen Arbeitsplatz in der Wirtschaft. Warum ist das so? Laschet: Hier müssen wir die Rah- setzen uns für eine eigene Laufbahn für IT- menbedingungen schaffen, damit Fachkräfte ein. So kann man die besonderen Polizei und Sicherheitsbehörden für Cyber- Anforderungen an die Beamten, aber auch Experten zu einem attraktiven Arbeitgeber deren Ansprüche an den Dienstherren ange- werden. Insgesamt gilt: Cybersicherheit ist messen berücksichtigen. nicht statisch. Ein Schutzniveau von heute ist kein Garant für eine erfolgreiche Abwehr Wissler: Hierfür gibt es ein Bündel der Angriffe von morgen. Wir werden daher an Ursachen. Ganz zentral geht es fortwährend beurteilen, was notwendig ist, schlicht um Geld: Fachleute für forensische um angemessen auf die dynamischen Ent- IT-Analyse haben in der Wirtschaft deutlich wicklungen im Cyberraum zu reagieren. höhere Einstiegsgehälter als bei der Polizei. Der Staat wird bei den Gehältern alleine nie- Scholz: Die Sorge vor Internetkrimi- mals konkurrenzfähig sein, das wäre auch nalität teile ich. Das berührt das Si- sozial ungerecht gegenüber anderen Be- cherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bür- schäftigten in der Polizei und im öffentli- ger. Unser Anspruch ist ganz klar: Das Inter- chen Dienst. Aber attraktive Arbeitsbedin- net ist kein rechtsfreier Raum, auch im gungen würden helfen. Ablauforganisatio- Internet gelten Regeln, und sie müssen kon- nen müssen flexibler werden und sequent durchgesetzt werden. Es braucht Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Die Vor- das gleiche Strafverfolgungs- und Schutzni- züge des öffentlichen Dienstes müssen ge- veau wie in der analogen Welt. Natürlich stärkt und weiterentwickelt werden durch braucht es dafür Fachleute. Und IT-Fachleu- Vereinbarkeit von Familie und Beruf, be- te sind gerade sehr gefragt, weshalb es so rufsbegleitende Fort- und Weiterbildung, wichtig ist, dass der öffentliche Dienst auch Mitbestimmungsrechte und gute Arbeitsbe- attraktiv genug ist. Dafür zu sorgen, ist die dingungen. Aufgabe von Bund und Ländern. Habeck: Der Polizeiberuf muss noch attraktiver gestaltet werden. Wir brauchen eine angemessene Ausstattung, gerade auch im Digitalen, gute Arbeitsbe- dingungen, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und gute Entlohnung. Im Bereich der Bekämpfung der Internetkrimi- nalität werden wir auch die Quereinstiegs- möglichkeiten verbessern müssen sowie die polizeiliche Aus- und Fortbildung. Wenn alle Parameter stimmen, können wir drin- gend benötigtes, gut qualifiziertes Personal für die Polizei gewinnen. Lindner: Die technische Infrastruk- tur ist in vielen Behörden leider noch nicht attraktiv genug. Dienst- und Karriere- wege sind oft kompliziert und leistungshem- mend. Dazu kommen starre Pensionsrege- lungen, die junge Menschen davon abhal- Foto: Peter Maszlen/stock.adobe.com ten, eine bindende Lebensentscheidung zu treffen. Deshalb wollen wir den Wechsel zwischen der Privatwirtschaft und dem Öf- fentlichen Dienst vereinfachen, etwa durch eine Ausweitung des Altersgeldes. Und wir
10 DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 DP 7 Wir glauben, die Digitalisierung in allen Bereichen auf die Überholspur zu bringen, muss „Chefsache“ sein. Wie fangen Sie das an? Laschet: Wir müssen und werden heitsämtern und Schulen gesehen. Wir wol- die Digitalisierung in allen Berei- len mit einem Bundesministerium für digita- chen voranbringen. Das gilt insbesondere le Transformation Deutschland auf allen für die Verwaltung. Digital wird das neue Ebenen und in allen Bereichen nach vorne Normal. Wir werden die Digitalisierungs- bringen. Das Wort „Funkloch“ muss aus dem tauglichkeit von Gesetzen an den Anfang Sprachgebrauch verschwinden. Dringend stellen und einen Digital-TÜV vor die Geset- muss auch die Digitalisierung der Polizei vo- zesberatung setzen. Die zentrale Koordina- rangetrieben werden. Hierzu muss insbeson- tion dafür wird unter meiner Verantwortung dere gemeinsame Polizei-IT entwickelt wer- das neue Digitalministerium übernehmen. den. Es bedarf einheitlicher Kommunika- tions- und Messenger-Standards sowie ent- Scholz: Zustimmung! Digitalisierung sprechender technischer Ausstattung von muss endlich Chefsache sein. Des- Polizistinnen und Polizisten. Nach unserem halb habe ich sie zu meinen vier „Zukunfts- Ansatz „Smart Police“ wird hierdurch nicht missionen“ für unser Land gemacht. Die nur die Strafverfolgung verbessert, sondern Richtung und das Ziel – das muss Chefsache das Personal auch erheblich entlastet. sein. Gleichzeitig braucht es die Anstren- gung auf allen Ebenen. Ich möchte, dass es Wissler: Für DIE LINKE ist Digitali- jede Bürgermeisterin, jeder Schulleiter als sierung eine gesamtgesellschaftliche ihr Problem empfindet, wenn die Schule oder Aufgabe, die sich durch fast alle Lebens- die Stadtverwaltung nicht ordentlich am und Arbeitsbereiche zieht. Niemand darf ab- Breitbandnetz angeschlossen ist und sich gehängt werden. Um endlich beim Breit- kümmert – sonst helfen all die Förderpro- bandausbau und dem Mobilfunknetz, bei gramme nichts. Also: Wir sind alle bei der der Digitalisierung in Schulen und in der Zukunftsmission Digitalisierung gefragt. Verwaltung aufzuholen, brauchen wir nicht Denn wir werden in den nächsten Jahren ei- nur schöne Worte und bunte Regierungs- nen modernen und bürgernahen Staat auf- websites, sondern endlich die nötigen Res- bauen, der allen Bürgerinnen und Bürgern sourcen. Wir wollen deshalb den Netzaus- einen einfachen Zugang zu seinen Dienst- bau mit Investitionen von zehn Milliarden leistungen bietet. Dazu braucht es die schnel- Euro jährlich in ganz Deutschland fördern. le Infrastruktur und bezahlbaren Netzzu- gang für alle. Denn auch hier geht es darum, zusammenzuführen, nicht zu spalten. Habeck: Auch die Digitalisierung lag viel zu lange brach. Das gilt für alle gesellschaftlichen Bereiche, aber eben auch für die Polizei. Ein zentrales Anliegen wäre mir, die Grundanliegen die mit „Poli- zei 2020“ adressiert wurden endlich umzu- setzen. Denn es kann nicht sein, dass Bun- des- und Länderpolizeibehörden mit unter- schiedlichen Systemen teilweise an einander vorbei operieren. Diese Missstände müssen entschlossen abgestellt werden. Lindner: Da stimme ich Ihnen zu. Es gibt in Berlin mehr Digitalbeauftrag- te als Sendemasten, aber nirgendwo wird Foto: CandyPottPictures entschieden und umgesetzt. Deutschland hat den digitalen Corona-Stresstest nicht gut bestanden. Das haben wir in den Gesund-
11 Die Wahlprogramme zum Download CDU/CSU SPD BÜNDNIS 90/ FDP DIE LINKE DIE GRÜNEN Das Programm Das Zukunfts- Deutschland. Nie gab es mehr Zeit zu handeln: für Stabilität und programm. Alles ist drin. zu tun. Für soziale Erneuerung. Wofür wir stehen. PDF, 114 Seiten Wahlprogramm Sicherheit, Gemeinsam für Was uns antreibt. der Freien Frieden und Klima- ein modernes Wonach wir Demokraten gerechtigkeit! Deutschland streben. PDF, 91 Seiten Entwurf, 148 Seiten. PDF, 140 Seiten PDF, 66 Seiten Endgültige Fassung bei Redaktions- schluss noch nicht veröffentlicht Foto: kentauros/stock.adobe.com 21_KW27_B2C_ANZ_Anzeige_Conrad_Benefits_Center_GdP_210x96mm.pdf; s1; (210.00 x 96.00 mm); 08.Jul 2021 13:34:13; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien ANZEIGE EXKLUSIV FÜR SIE ALS GDP MITGLIED 5% RABATT AUF IHREN NÄCHSTEN EINKAUF BEI CONRAD! * 1. GdP Plus Seite besuchen 2. Auf Conrad Kachel klicken 3. Exklusive Vorteile sichern! *Nur für Privatkunden. Gültig bis 31.12.2021 auf conrad.de oder in Ihrer Filiale. Nicht gültig für Artikel der Marken Apple, Amazon, DJI und Sonos, Prepaid-/ Geschenkkarten, DVDs/ Blu-rays, Bücher und Kundenkarte PLUS+. Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen, pro Artikel max. 3 Stück. Nicht mit anderen Vorteilscodes kombinierbar. Ein Angebot der Conrad Electronic SE, Conrad Electronic Stores GmbH & Co.KG (Angebot gilt nicht für Conrad B2B Shop Köln-Hürth), Conrad Electronic Regensburg GmbH & Co.KG und der Conrad Electronic Wernberg GmbH, alle Klaus-Conrad-Str. 1, 92240 Hirschau.
12 DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 DP Innenleben POLITISCHE GESPRÄCHE Justiz Im Dialog digitalisieren mit Rechtspolitikern Michael Zielasko Foto: Zielasko Besoldung vereinheitlichen M it Dr. Jürgen Martens, MdB, rechtspoliti- scher Sprecher der Bundestagsfraktion Z um Auftakt einer Gesprächsreihe mit rechtspolitischen Sprechern von Bun- destagsfraktionen tauschten sich Mitte Juni Der-Linken-Politiker mahnte im Weiteren die Qualität der Gesetzgebung vor dem Hin- tergrund der praktischen Umsetzbarkeit an der Freien Demokraten (FDP), traf GdP-Vize Jörg Radek Ende Juni in Berlin auf einen weiteren Vertreter der Oppositionsparteien. der stellvertretende Bundesvorsitzende der und schlug vor, Gesetzesvorhaben intensi- Der ehemalige sächsische Justizminister Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jörg Radek ver daraufhin abzuklopfen. Radek und Stra- skizzierte die FDP-Pläne reformierter Ver- und Friedrich Straetmanns, MdB, Justizi- etmanns zeigten sich einig in der kriminal- fassungsschutzstrukturen. Dem Trennungs- ar der Fraktion DIE LINKE, über aktuelle präventiven Wirkung eines starken Sozial- gebot zwischen Nachrichtendiensten und rechtspolitische Themen aus. staates. Der GdP-Vize sprach sich zudem für Polizei wies er eine verfassungshistorisch Digital erörterten der Politiker und der eine spürbar stärkere Würdigung der Opfer- sowie funktionale Bedeutung zu, es dürfe Gewerkschafter unter anderem die Frage, perspektive in Strafverfahren aus. jedoch für die aktuelle, auch internationale wie man mehr Menschen für die Demokra- Straetmanns unterstützte die GdP-For- Lage nicht mehr prägend sein. Man müsse tie begeistern könne. Die müsse spannen- derung nach einem Ende des föderalen Be- zu einem vernünftigen, „kalibrierten“, wo- der werden, indem man die Beteiligung der soldungsflickenteppichs. Dieser Zustand sei möglich an einem Straftatenkatalog wie Menschen stärke, beispielsweise über De- nicht akzeptabel, sagte er. Zwar seien Zula- den Paragrafen 100a Strafprozessordnung mokratieräte, verdeutlichte Straetmanns, gen in Hochpreisregionen vertretbar, die Be- angelehnt orientierten Austausch der Er- selbst langjähriger Kommunalpolitiker und soldung jedoch müsse bundesweit einheit- kenntnisse kommen. Auf die bundesweiten Sozialrichter. lich sein. I Beamtenbesoldungsunterschiede angespro- chen, zeigte Martens Verständnis für die GdP-Forderung der Wertschätzungskam- Linke-Politiker pagne. Die unterschiedliche Finanzsituation Friedrich der Länder stehe aber einer Angleichung Straetmanns (l.) im Wege. Erhebliche Optimierungsbedarfe im Gespräch sieht der Politiker bei der Digitalisierung mit GdP-Vize der Justiz. Ein Beispiel: Zigtausende Straf- Jörg Radek. sachen mit unbekannten Tatverdächtigen könnten nahezu ausschließlich digital ab- gearbeitet werden. Er sehe zudem den Bund in der Pflicht, sich an der Digitalisierung der Sicherheitsbehörden zu beteiligen. Foto: Zielasko Beide Gesprächspartner äußerten die Hoffnung, dass der von der Großen Koaliti-
DP DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 13 Respektlosigkeiten bestrafen M it dem politischen Angebot, Respektlo- sigkeiten und Schmähungen gegen die Polizei in der nächsten Wahlperiode offensiv anzugehen, endete das Gespräch der GdP-Vi- zes Jörg Radek und Dietmar Schilff mit dem rechtspolitischen Sprecher der SPD-Bundes- tagsfraktion, Dr. Johannes Fechner, Anfang Juli. In der Videoschalte verdeutlichte Fech- ner, ihn beschäftige es sehr, ob es gesetz- geberisch gelingen könne, Respektlosigkei- ten unterhalb der Strafbarkeitsschwelle mit einem Bußgeld für ungebührliches Verhalten gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten zu belegen. Vor dem Hintergrund der grundgesetz- lich garantierten Meinungsfreiheit müsse detailliert über eine praxistaugliche Defini- tion dieses möglichen Tatbestandes gespro- chen werden, so der Politiker. Angedacht Foto: Zielasko on vereinbarte „Pakt für den Rechtsstaat“ seien zudem stärkere schulische Präventi- Nachhaltigkeit entfalte. Martens mahnte onsmaßnahmen. Mit Blick darauf sprach Videokonferenz der GdP-Vizes Jörg Radek den Gesetzgeber, sich über die Tragweite le- Schilff eine engere Verzahnung von Bildung und Dietmar Schilff (l.o.) mit dem rechts- gislativer Entscheidungen rechtzeitig Ge- und innerer Sicherheit an. Diese Konsens- politischen Sprecher der SPD-Bundestags- danken zu machen. Oft sei nicht klar, welch klammer führe generell zu einer effiziente- fraktion, Dr. Johannes Fechner (r.u.). großer Arbeitsaufwand der Exekutive da- ren Kriminalprävention. durch aufgebürdet würde. Ebenso auf Wiedervorlage nach der Bun- Polizei und die Justiz erneut zunehmen. Da- Weitere Themen waren die Videoauf- destagswahl sind Fechner zufolge Beratun- her benötigten die Behörden spürbar mehr zeichnung von Strafverfahren und die Dis- gen über einen Strafgesetzparagrafen, der Personal sowie finanzielle Unterstützung. kussion über das Abschwächen von Strafta- auf das Locken von Einsatzkräften in einen Weitere Themen des Meinungsaustau- ten wie die Beförderungserschleichung zu Hinterhalt ziele. Aus Zeitgründen sei man sches waren die Folgen der Pandemie für Ordnungswidrigkeiten. Aus FDP-Sicht sei mit der Union jedoch nicht mehr zu einem die Haushalte in Bund und Ländern, die von dies zwar vorstellbar, jedoch seien die Un- Ergebnis gekommen. Der Sozialdemokrat der GdP in Gang gebrachte Initiative für ei- ternehmen in der Pflicht, das „Schwarzfah- zeigte sich überzeugt, dass der von der jet- nen verbesserten Dienstunfallschutz bei In- ren“ durch technische Hürden zu unterbin- zigen Regierung geschlossene Pakt für den fektionen mit dem Coronavirus sowie For- den. Würden diese Hürden bewusst über- Rechtsstaat durch einen zweiten erneuert derungen der GdP-Wertschätzungskampa- wunden, müsse dies allerdings wieder als und ausgeweitet werden müsse. gne „100für100“. Bund und Länder müssten Straftat bewertet werden. I Angesichts weiterer von der Koalition trotz der finanziellen Belastungen der Krise noch vor der Wahl geschlossener Strafbar- ihre Versprechen an die Sicherheitsbehör- keitslücken würde die Aufgabenfülle für die den halten, bekräftigte Radek. I GdP_Deutsche_Polizei_Anzeige_August_210x52_2021.pdf; s1; (210.00 x 52.00 mm); 28.Jun 2021 09:39:17; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien ANZEIGE
14 DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 DP Im Gespräch und zu Gewalttaten gegen Wissenschaftler und Journalisten aufgerufen wurde. Rechte Mobilisierung auf der Straße und Hasskam- pagnen im Netz können dazu führen, dass sich Neonazis ebenso wie polizeilich eher unauffällige Täter legitimiert fühlen, gegen ihre Feindbilder Waffen einzusetzen. Wir haben das in den letzten Jahren schmerzlich erfahren müssen, beim Attentat auf den Kas- seler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wie bei den Morden von Halle und Hanau. Foto: blende11.photo/stock.adobe.com DP: Was war das Ziel Ihrer Recherchen? Kleffner: Wir wollten ausleuchten, wie die zunehmende Radikalität der Leugnerbe- wegung und die Normalisierung von Ver- schwörungserzählungen, Wissenschafts- feindlichkeit, Antisemitismus und Rassis- DIE CORONAKRISE UND DIE NETZWERKE DER DEMOKRATIEFEINDE mus entstanden sind. Wir wollen aufklären darüber, welche Netzwerke, welche gesell- „Tief sitzendes schaftlichen Milieus und ungewöhnlichen Allianzen dort zusammengekommen sind. Und beschreiben, wie sich durch diese Be- Misstrauen gegenüber wegung, die Regelbrüche, unsolidarisches Verhalten gegenüber Risikogruppen und überbordenden Hass auf den Staat zum dem Staat” Prinzip erklärt hat, die Koordinaten politi- schen Handelns und gesellschaftlichen Zu- sammenlebens verschieben. „Fehlender Mindestabstand“: Ein 40-köpfiges Rechercheteam DP: Die Proteste gegen die staatliche Co- dokumentiert im gleichnamigen Sammelband die Verbindungen rona-Politik wirkten vor allen Dingen zu Beginn der Pandemie sehr heterogen. von Corona-Leugnern zur rechten Szene. DP-Autor Thomas Kann man all diese Menschen pauschal Gesterkamp spricht mit Mitherausgeberin Heike Kleffner. dem rechten Milieu zuordnen? Kleffner: Der Soziologe Oliver Nachtwey hat Thomas Gesterkamp in einer Untersuchung festgestellt, dass ein Teil der Demonstrierenden eher in grünen und alternativen Milieus sozialisiert wurde, dann aber im Schnelldurchlauf rechte und DP: Frau Kleffner, was hat Sie motiviert, dazu geführt haben, dass Kommunalpoliti- rechtsextreme Positionen übernommen hat. dieses Buch zu machen? ker oder Leiter von Gesundheitsämtern un- Neben klassischen Akteuren wie militanten Heike Kleffner: Es ist zu befürchten, dass ter Polizeischutz arbeiten mussten. Gerade Neonazi-Kameradschaften, Hooligans und aus dieser Bewegung von Rechtsextremis- jetzt, wo der Protest abflaut, könnte er sich Reichsbürgern gibt es in der Bewegung auch ten, Verschwörungsgläubigen und Staats- weiter radikalisieren. Leute, die die Pandemie verharmlosen, sich und Demokratiefeinden die nächste Genera- aber selbst im liberalen oder linkslibera- tion des Rechtsterrorismus entstehen wird. DP: Warum? len Milieu verorten: Esoterikerinnen, Impf- Von Anfang an waren die Aufmärsche von Kleffner: Wir sehen das in den USA: Dort gegner oder Anhängerinnen von Alterna- gezielten Regelverstößen und gewalttätigen sagen 20 Prozent der sogenannten QAnon- tivmedizin und Anthroposophie. Diese auf Angriffen auf Polizisten, Journalisten und Bewegung ganz offen, dass sie sich bewaff- den ersten Blick ungewöhnlichen Allian- Gegendemonstranten geprägt. Dazu kamen nen wollen, um am Tag X gegen das ver- zen eint ein tiefsitzendes Misstrauen gegen militante Aktionen wie die Brandanschlä- hasste „System“ vorzugehen. Wir dürfen Institutionen des demokratischen Rechts- ge etwa auf das Rathaus von Delmenhorst, nicht vergessen, dass in den Telegram-Ka- staats bis hin zu offener Staatsfeindschaft, Sprengsätze gegen das Robert-Koch-Institut, nälen der Corona-Leugner, die Zehntausen- zudem eine große Entfremdung von den tra- massive Sachbeschädigungen in Impfzen- de Menschen täglich erreichen, über Mona- ditionellen, etablierten Volksparteien. Auf tren und Drohkampagnen, die mancherorts te hinweg zum Sturz der „Merkel-Diktatur“ ideologischer Ebene sehen wir Antisemitis-
Junges_Konto_100_Jahre_Jubilaeum_188x260_GdP.pdf; s1; (188.00 x 260.00 mm); 09.Jul 2021 13:50:00; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien Das junge Girokonto 1 Extrem flexibel. Auch auf lange Sicht. 0,– Euro fürs Girokonto1 Kostenfrei enthalten: Kontoführung und girocard (Ausgabe einer Debitkarte)1 Weltweit gebührenfrei2 Geld abheben mit der kostenfreien Visa DirectCard2 (Ausgabe einer Debitkarte) 150,– Jubiläumsprämie³ Euro Jetzt informieren in Ihrer Filiale vor Ort, per Telefon unter 0721 141-0 oder auf www.bbbank.de www.bbbank.de/gdp Folgen Sie uns ¹ Voraussetzungen: BBBank-Junges Konto mit Online-Überweisungen ohne Echtzeit-Überweisungen, Genossenschaftsanteil von 15,– Euro/Mitglied ab 18 Jahren. Bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Danach erfolgt die Umwandlung in ein Girokonto mit monatlichem Kontoführungsentgelt i. H. v. 2,95 Euro, girocard (Ausgabe einer Debitkarte) 11,95 Euro p. a.; Eingang Ausbildungsvergütung bzw. Gehalt/Bezüge ab Ausbildungsbeginn/Berufsstart. ² 36 Freiverfügungen am Geldautomaten pro Abrechnungsjahr; jede weitere Verfügung 1,50 Euro. Visa DirectCard (Ausgabe einer Debitkarte) ab 18 Jahren bonitätsabhängig möglich. Bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres 0,– Euro p. a. danach 18,– Euro p. a. Voraussetzung: BBBank-Junges Konto. ³ Voraussetzungen: Die Jubiläumsprämie von 150,– Euro setzt sich aus einem befristeten Jubiläumsbonus in Höhe von 100,– Euro und einem unbefristeten Startguthaben für GdP-Mitglieder in Höhe von 50,– Euro zusammen. Voraussetzungen für den Jubiläumsbonus: Eröffnung BBBank-Junges Konto zwischen dem 01.08. und dem 30.09.2021, Neumitglied ab 18 Jahren bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, keine Mitgliedschaft in den letzten 6 Monaten. Voraussetzungen für das Startguthaben: BBBank-Junges Konto; Genossenschaftsanteil 15,– Euro/Berechtigter Personenkreis Mitglieder der GdP und deren Angehörige. Die Auszahlung erfolgt in 2 getrennten Buchungen und kann bis zu 4 Wochen dauern.
16 DEUTSCHE POLIZEI 08/2021 DP mus, Verschwörungsnarrative und eine ver- ihre Rücksichtslosigkeit damit auf eine Stu- kürzte Kapitalismuskritik, die sehr schnell fe mit dem Widerstand gegen das mörde- auf Stereotype zurückgreift. Wenn Men- rische NS-Regime. Das ist eine gefährliche schen aus dem alternativen Esoterik-Spekt- Verharmlosung des Nationalsozialismus, rum ohne jeden Protest neben einer Gruppe letztlich muss hier mit politischer Bildung Neonazis demonstrieren, die den antisemiti- entgegengewirkt werden. schen Corona-Song der Neonaziband „Ziller- taler Virenjäger“ spielen, dann diagnostizie- DP: Das Buch beginnt mit einem Ge- ren wir eben „fehlenden Mindestabstand”. leitwort von Josef Schuster, dem Vor- sitzenden des Zentralrats der Juden in DP: „Warum ‘Querdenken’ eine Stuttgar- Deutschland. Warum? ter Vorwahl hat” heißt ein Beitrag im Buch. Kleffner: Antisemitismus ist ein zentra- Aus diesem Bundesland kommen über- les und verbindendes Ideologieelement bei durchschnittlich viele der Demonstrieren- den Protesten. Dabei gibt es einen Rückgriff den – und es gibt dort offenbar eine lange auf antisemitische Vorurteile des Mittelal- Tradition von Impfgegnerschaft. ters, wo Juden und Jüdinnen als „Brunnen- Kleffner: Der Schulterschluss aus dem grün- Heike Kleffner, Matthias Meisner vergifter“ bei Seuchen verfolgt wurden. Im bürgerlichen Milieu mit Reichsbürgern und (Hg.), Fehlender Mindestabstand. Die frühen 19. Jahrhundert entstand dann das militanten Neonazis gelingt über Feindbil- Coronakrise und die Netzwerke der Bild des „gesunden Volkskörpers“, das den Demokratiefeinde der wie „Regierung” oder „Staat”. Im deut- Weg für den nationalsozialistischen Mas- schen Südwesten gibt es schon seit den Herder Verlag, Freiburg 2021, 352 Seiten, senmord bereitete. Wir beobachten derzeit 1980er-Jahren ein substanzielles Wähler- 22 Euro, ISBN 9783451390371 eine Normalisierung von antisemitischen potenzial für offen rechte Parteien. Die Re- Narrativen, wenn zum Beispiel wieder offen publikaner waren hier traditionell stark, der von einer vermeintlichen „jüdischen Welt- Stuttgarter Landtag war das erste westdeut- DP: Die Ansteckungen in diesen Regio- verschwörung“ oder der „Macht des Ostküs- sche Parlament, in das die AfD eingezogen nen könnten auch etwas mit der Grenznä- ten-Kapitals“ die Rede ist. ist. Hier mischt sich ein Eliten- oder Wohl- he zu tun haben. Mehrere Texte in Ihrem stands-Rassismus mit antimodernen Tradi- Band nehmen eine internationale Pers- DP: Ein wichtiges Thema des Buches ist tionen von Anthroposophen und Pietisten. pektive ein, berichten zum Beispiel aus das Entstehen neuer Netzwerke inner- Österreich, Tschechien, Frankreich oder halb des rechten Milieus. Wer hat sich DP: Auffällig vor allem während der zwei- den USA. Was war und ist dort anders? mit wem verbündet? ten Infektionswelle im vergangenen Win- Kleffner: In den Vereinigten Staaten hat die Kleffner: Rechtsextremisten suchen sich ter waren die hohen Inzidenzen in eini- rechtsradikale QAnon-Bewegung schon 2017 immer neue Einfallstore, um ihr Gedanken- gen Regionen Ostdeutschlands, etwa begonnen, über digitale Medien gezielt Ver- gut zu verbreiten. Die Pandemie hat ihnen im Thüringer Wald, im Erzgebirge oder in schwörungsnarrative und Desinformatio- dafür Möglichkeiten eröffnet. Dies gilt für Ostsachsen. Sehen Sie einen Zusammen- nen insbesondere gegen die Demokratische Neonazis aus dem Spektrum der militanten hang zu einer dort häufiger als anderswo Partei in Umlauf zu bringen, um den inzwi- Kameradschaften ebenso wie für die Reichs- zu beobachtender Haltung, die sich etwa schen abgewählten republikanischen Präsi- bürgerszene, die Identitäre Bewegung und dem Maskentragen oder Abstandhalten denten Donald Trump als Retter zu inszenie- das wachsende Spektrum rechter Influ- verweigert? ren. Nach Befragungen glaubt inzwischen encerinnen und Pseudo-Journalisten. Die Kleffner: Wir haben beobachtet, dass der ein Viertel der US-Bürger an Verschwö- AfD hat sich in Kommunalparlamenten, in offene Regelbruch zum „Widerstand“ in der rungserzählungen. Der Einfluss von Grup- Landtagen und im Bundestag als eine Art Tradition der DDR-Bürgerrechtsbewegung pen wie QAnon ist damit fast so groß wie der parlamentarischer Arm der Straßenprotes- stilisiert wurde. Das basiert auf seit dem von großen Religionsgemeinschaften. In Ös- te inszeniert. Parteimitglieder meldeten an Mauerfall aktualisierten Ressentiments ge- terreich waren die Proteste ebenso von An- vielen Orten in Ostdeutschland Demons- gen „die Staatsmacht“ – unabhängig da- fang an durch die extreme Rechte dominiert, trationen an, zeigten sich an der Spitze von von, ob es sich um die SED oder um eine de- sie boten eine Spielwiese und Bühne auch Kundgebungen der Querdenker. Während mokratisch gewählte Regierung handelt. In für deutsche Neonazis und AfD-Anhänger. der Abstimmungen im November 2020 luden diesen Regionen, in denen ein Fünftel der AfD-Parlamentarier bekannte Videoblogge- Menschen seit zwei Legislaturperioden mit DP: „Corona-Rebellen” vor allem aus Bay- rinnen der Leugner-Bewegung in den Bun- der AfD eine Partei wählen, deren führen- ern nutzten den Namen der Münchner Wi- destag ein, die dort Abgeordnete bedrohten de Funktionäre vom Systemsturz nicht nur derstandskämpferin Sophie Scholl für und einschüchterten. träumen, sondern diesen offen propagieren ihre Zwecke. Wie beurteilen Sie das? und mit Neonazis kooperieren, hat nicht Kleffner: Diese Leute wollen sich durch die DP: Sie arbeiten bei einem Dachverband nur die Corona-Leugner-Bewegung leich- Aneignung der Person Sophie Scholl selbst der Beratungsstellen für Opfer rechter tes Spiel. erhöhen. Sie stellen ihren Regelbruch und und rassistischer Gewalt. Wie hoch ist
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