RUIZHONG 1 / 2014 - Gesellschaft Schweiz-China
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1 / 2014 RUIZHONG Magazin der Gesellschaft Schweiz-China Bulletin dʼInformation de la Société Suisse-Chine Ein Kaiserreich für ein Pferd Die grössten Schätze haben Platz Seite / Page 4 in einer Keksdose Seite / Page 32 Freihandelsabkommen mit China Seite / Page 8 Zwischen zwei Welten – D`Urumqi à Yinchuan Vier Jahrzehnte in Peking Seite / Page 14 Seite / Page 34 „Chinesische“ Geschichten in der klassischen Musik des Westens Seite / Page 24 und vieles mehr / Et beaucoup plus....
Ruizhong 瑞中 14 | 1 Inhalt Inhalts- verzeichnis Editorial 3 Buchrezensionen Rudolf Schaffner Artikel Die grössten Schätze haben Platz in einer Keksdose 32 Margrit Manz Ein Kaiserreich für ein Pferd 4 Claudia Wirz Zwischen zwei Welten – Vier Jahrzehnte in Peking 34 Elo und Jürg Baumberger De la pratique des arts martiaux à la recherche académique 6 Voyage viticole 14 Lucas Christopoulos D`Urumqi à Yinchuan Harro von Sengers neuestes Pierre Thomas Strategem-Buch 35 Gastkolumne: Les impressions d` un oenologue 17 Guido Mühlemann Was die NSA nicht weiss 7 Pierre-Alain Dutoit Harro von Senger Drachenhausverlag - Ein roter Trouvaillen aus dem Archiv der GSC: Freihandelsabkommen Erfinder des Schachspiels 19 mit China 8 Rudolf Schaffner Margrit Manz und Christian Walsoe Provinz Yunnan – Ein steinerner Trouvaillen aus dem Archiv Wald, eine Stadt „südlich der Wolken“ der GSC: Frühe Beziehungen und 25 Minderheiten 20 Faden durchs Reich der Mitte 36 Schweiz-China 12 Margrit Manz Margrit Manz Rudolf Schaffner „Chinesische “ Geschichten in der klassischen Musik des Westens 24 Guido Mühlemann GSC News Chinesische Studenten zum Adventsbesuch in Basel 27 GV und CFB Vorschau 39 Xun Wei Impressum/Beitrittsformular Ming Shan. Un premier grand GSC 40 centre de culture taoïste en Europe? 28 Fabrice Jordan Titelbild: Mile Minderheit in der Nähe von Kunming. Der Weinanbau in Mile hat eine lange Geschichte, die auf die ersten französischen Missionare in Südchina zurückgeht. Die Weinberge bilden das gröss- te zusammenhängende Weinanbaugebiet in Südchina. Scharfe Sachen - Rezepte und ihre Geschichte 30 Foto: © China Tours Hamburg Claudia Wirz 2
Editorial Ruizhong 瑞中 14 | 1 Editorial Ruedi Schaffner im ChinaMed Zentrum Basel Im Namen des Redaktionsteams freue ich mich, Ihnen die erste Au nom de l’équipe éditoriale, je suis très heureux de vous pré- Ausgabe unseres Magazins Ruizhong im Jahr des Pferdes vorzu- senter le premier numéro de notre magazine Ruizhong en cette stellen. année du Cheval. Das vorliegende Heft beinhaltet Beiträge über verschiedene The- Il contient des contributions en des domaines variés, avec un men und deckt somit eine breite Auswahl ab mit wirtschaftlichen, large éventail d’articles touchant l’économie, la culture, l’his- kulturellen, historischen Artikeln, um einige davon zu erwähnen. toire, pour ne citer que quelques exemples. Als Neuerung erscheinen nun jeweils eine Gastkolumne sowie Deux nouveautés à signaler: une rubrique destinée à des in- eine kulinarische Seite. Die Buchrezensionen behalten ihren vités, ainsi qu’une page gastronomie. Les critiques de livres Platz. Eine Tradition ist es, auch Artikel in französischer Sprache conservent leur place. Une autre tradition est de publier aussi zu publizieren, die von Mitgliedern und Freunden aus der fran- des articles en français, écrits par des membres et amis de la zösischsprachigen Schweiz stammen. Dies ist eine Bereicherung Romandie. Il s’agit d’un enrichissement important, vu l’aug- und wichtig, da die „Section Romande“ unserer Gesellschaft mentation notable du nombre de membres de la «Section einen namhaften Zuwachs an Mitgliedern verzeichnen durfte. romande» de notre société. Vous trouverez notamment un Sie finden u. a. einen Bericht über die im Sommer 2013 stattgefun- compte rendu du voyage effectué en été 2013 dans de nouvelles dene Reise in die neuen Weingebiete Chinas. régions viticoles de Chine. Diese Ausgabe umfasst einen Artikel über das im vergangenen Ce numéro comprend aussi un article sur l’accord de libre- Jahr abgeschlossene Freihandelsabkommen mit China und des- échange signé l’année dernière avec la Chine et son impor- sen Bedeutung für die Schweiz. Das Thema wurde anlässlich tance pour la Suisse. Ce thème a été présenté à l’occasion d’une einer Veranstaltung des China-Forum Basel und unserer Gesell- conférence organisée par le China-Forum de Bâle, en partena- schaft als Partnerorganisation vorgestellt und im Podium dis- riat avec notre société, et a été suivi d’un débat. Des documents kutiert. Ausgewählte Berichte aus unserem Archiv über frühere issus de nos archives sur les liens et les accords antérieurs avec Beziehungen und Abkommen mit China ergänzen dieses Thema. la Chine complètent ce dossier. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten waren stets von Les relations entre les deux États ont toujours été caractérisées grossem gegenseitigem Interesse und Vertrauen geprägt. Als par un grand intérêt et une confiance réciproques. En tant que Kleinstaat dürfen wir stolz sein, diese geachtete Position im Reich petit pays, nous pouvons être fiers d’avoir atteint une position der Mitte erreicht zu haben. respectée dans l’Empire du milieu. Oft öffnen auch freundschaftliche und persönliche Beziehungen Souvent des relations amicales et personnelles ouvrent aux uns Schweizern die Türen zu China. Das sich Kennenlernen und Suisses les portes de la Chine. Apprendre à se connaître et à Verhandeln ist stets von gegenseitigem Respekt getragen. Vor- négocier est toujours basé sur un respect mutuel. La prise de aussetzung dafür ist das Bewusstsein, dass beide Länder sehr conscience que les deux pays diffèrent tant par leur histoire et unterschiedlich sind in ihrer Geschichte, Geographie, Kultur und leur géographie que leur culture et leur système politique en est ihrem politischen System. une condition préalable. Wir sind weiterhin auf neue Mitglieder angewiesen. Helfen Sie Nous devons toujours compter sur de nouveaux membres. Ai- uns, liebe Leser, neue Mitglieder zu werben. Am Schluss des Ma- dez-nous, chers lecteurs et chères lectrices, à en recruter! À la gazins finden Sie ein Beitrittsformular. Dieses lässt sich auch über fin de ce magazine, vous trouverez un formulaire d’adhésion. unsere Home Page www.schweiz-china.ch abrufen. Il peut aussi être téléchargé sur notre site Internet: www.suis- se-chine.ch. Das Redaktionsteam freut sich, auch in Zukunft Interessantes und Wissenswertes über China berichten zu dürfen und damit L’équipe de rédaction se réjouit de pouvoir vous livrer des einen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis zwischen den bei- textes intéressants sur la Chine et de contribuer ainsi à la com- den Ländern zu leisten. préhension mutuelle entre les deux pays. Ruedi Schaffner Ruedi Schaffner 3
Ruizhong 瑞中 14 | 1 Artikel - Ein Kaiserreich für ein Pferd Ein Kaiserreich für ein Pferd Qianlong-Kaiser (1711-1799) 4
Artikel - Ein Kaiserreich für ein Pferd Ruizhong 瑞中 14 | 1 Letztlich musste man in China doch zur Einsicht kom- men. Zu schlagend waren die Vorteile der militärischen Über die Bedeutung des Reiterei. Der erste bekannte chinesische König, der berit- tene Bogenschützen aufstellte, war König Wuling aus Zhao Pferdes in China (4. Jahrhundert vor Chr.). Vermutlich war die Einführung der Kavallerie in China ein längerer Prozess, der allerdings erst nach 541 v. Chr. begonnen haben wird. Denn aus dieser Zeit sind uns Rapporte von Schlachten übermittelt, in de- nen die Chinesen allein mit Fusssoldaten gegen die Barba- ren antraten und verheerende Verluste erlitten. Von Claudia Wirz Illustration: Archiv Gesellschaft Schweiz-China Das Bewusstsein, dass das Pferd der Schlüssel im Kampf gegen die Barbaren darstellt, reifte. Allein, China besass China ist kein Pferdeland. Trotzdem hat das Pferd wie nicht ausreichend Pferde, und das blieb in der gesamten kein anderes Tier Chinas Geschichte bestimmt. Das chinesischen Geschichte eine Konstante. Man musste stets Pferd brachte Expansion und Invasion, Sieg und Nie- Pferde importieren – und der einzige Lieferant war ausge- derlage. Chinas chronischer Pferdemangel machte das rechnet der Erzfeind. Chinesische Herrscher liessen sich Kaiserreich zum ewigen Sklaven seiner Erzfeinde – den immer wieder neue Ideen einfallen, um an mehr Pferde zu Reitervölkern im Norden und Westen. Eine Spurensuche kommen. So führte der Pferdenotstand zu einer der ers- zum Jahr des Pferdes. ten grossen militärischen Expedition der Weltgeschichte. 60 000 Mann schickte Kaiser Wu der Han um 100 v. Chr. Nein, es sind für einmal nicht die Chinesen, die es erfun- nach Fergana in Zentralasien, wo gemäss chinesischem den haben – das Reiten. Schon gar nicht das jagdliche oder Wissensstand die besten Pferde der Welt gezüchtet wurden. kriegerische Reiten mit Pfeil und Bogen. Diese Kunst Jene „himmlischen“ Pferde. Der König von Fergana wurde wurde vermutlich im Zweistromland erfunden. Von dort getötet und einige Dutzend der besten Pferde wurden ent- jedenfalls ist uns die früheste bekannte Darstellung eines führt. Hinzu kamen zirka 3000 Pferde geringerer Qualität. berittenen Bogenschützen überliefert. Wirklich begnade- Doch die vierjährige Expedition forderte ihre Opfer. Nur te, passionierte Reiter sind die Chinesen in ihrer ganzen 10 000 Mann und 1000 Pferde erreichten China lebend. Es langen Geschichte nie geworden, und diese Schwäche hat waren wohl die teuersten Pferde der Menschheitsgeschich- die Geschicke ihres Reiches wie kein zweiter Umstand ge- te. Die Pferde aus Fergana waren grösser als alles andere, prägt. Deshalb wurden Kriege verloren, fielen Dynastien, was man sonst aus der Pferdewelt kannte, und dass sie mit herrschten immer wieder nomadische Reitervölker über dem Prädikat „himmlisch“ versehen wurden, deutet auf chinesisches Gebiet. eine mystische Überhöhung hin. Barbarische Sitten Eine ewige Schwäche Nie konnten es die Chinesen in Bezug auf das Pferd mit Die chinesischen Anstrengungen, den Pferdebedarf mit ihren nomadischen Nachbarn im Norden und im Wes- Zucht zu decken, scheiterten. In der Pferdezucht brachten ten auch nur annähernd aufnehmen. Das betraf nicht nur es die Chinesen nie zu einer Meisterschaft, trotz vielen die Reitkunst, sondern auch die Fähigkeit, Pferde für eine Anstrengungen. Man blieb abhängig von den Exporten schlagkräftige Kavallerie in ausreichender Zahl zu beschaf- der launischen Barbaren. In der Song-Zeit stellte sich ein fen. Das domestizierte Pferd gab es in China zwar bereits Tauschhandel ein – Seide gegen Pferde. Allein, für die Chi- gegen Ende des Neolithikums, zu einer Zeit also, in der nesen waren Pferde von existentieller Bedeutung, die Seide die Landwirtschaft „erfunden“ wurde. Doch das vermut- hingegen war für die Barbaren nur ein Luxusartikel. Die lich eher kleingewachsene Pony diente den Chinesen über Abhängigkeit Chinas blieb. Sie entschärfte sich erst, als Jahrhunderte hinweg ausschliesslich als Zugtier. Jahrhun- sich der Tauschhandel auf den Tee verlagerte, der wegen dertelang kam in China nachweislich niemand auf die Idee, seines Vitamingehalts für die Barbaren zu einem essentiel- dass man sich auf ein Pferd auch setzen könnte. Und schon len Nahrungsmittel geworden war. Bis in die späte Kaiser- gar keinem fiel ein, dass ein agiler, schneller Reiter von ge- zeit gab es ein hoch dotiertes „Amt für Pferde und Tee“. waltiger militärischer Bedeutung sein könnte. Chinas Geschichte ist von wiederkehrenden Invasionen Diese Lektion mussten sich die Chinesen letztlich von den durch Reitervölker geprägt. Die Mongolendynastie der Barbaren erteilen lassen. Die Geschichte berittener Invasi- Yuan wäre ohne das Pferd kaum möglich gewesen, und auch onen wilder Reitervölker nach China ist so alt wie die Ge- die letzte Dynastie, die Mandschus, waren ein Reitervolk. schichte Chinas selber. Das Pferd war dabei ein unschätz- Die Geschichte wäre wohl anders verlaufen, hätten sich die barer taktischer Vorteil. Die Chinesen weigerten sich Chinesen nicht mit Pferden herumschlagen müssen, oder lange, es den Barbaren mit gleicher Münze heimzuzahlen. wären sie in der Lage gewesen, dies effizienter zu tun. Sie lehnten Reiter und Kavallerie als barbarisch und ihrer Hochkultur unwürdig ab. Ausserdem stellte die chinesi- sche Männerkleidung ein Hindernis dar. Der lange Rock liess das Reiten nicht zu, und wer wollte schon barbarische Claudia Wirz, Sinologin und Journalistin, Zürich Kleidung tragen! Vorstandsmitglied der Gesellschaft Schweiz-China 5
Ruizhong 瑞中 14 | 1 Artikel - Arts martiaux ses soldats “ terracotas ” (terre cuite). Des statues de taille humaine représentant des lutteurs, découvertes en 1999 De la pratique près du mausolée, démontrent un style réaliste hérité d’un art hellénistique. La lutte sportive pratiquée par des sol- dats a aussi curieusement apparu et s’est institutionnalisée des arts en Chine sous le règne de cet empereur. Des traces de “ pourpre des anciens ”, obtenu à partir de coquillages, ont été martiaux de même trouvées sur les terres cuites de Qin Shi Huangdi; une technique souvent utilisée pour colorer les statues grec- ques dans le monde hellénistique. Le mystère est peut-être à la recherche encore enfoui dans le tombeau de l’empereur qui n’a jamais été ouvert (ou refermé?) pour des raisons obscures. Au Japon par exemple, la tombe du premier empereur japonais com- académique portait des objets coréens, et lorsque les archéologues dé- couvrirent ces objets “étrangers”, la tombe fut rapidement scellée par les autorités japonaises par souci de cohésion nationale. Mais selon Lucas Christopoulos, l’humanité et L’itinéraire singulier ses civilisations historiques se rencontrant désormais ra- pidement d’un coin à l’autre de la terre, elles devraient au de Lucas Christopoulos contraire chercher à établir les bases d’une compréhension globale de l’histoire humaine, la “Route de la Soie” s’avérant un des meilleurs exemples de mélanges culturels et humains durant l’A ntiquité. Photographie de Lucas Christopoulos Ces liens primordiaux entre le monde hellénistique et la Chine à la base de sa fondation historique en tant qu’État sont d’une importance primordiale. Les recherches de Lu- À Beijing, il a appris les arts martiaux traditionnels, prin- cas Christopoulos qui n’existaient pratiquement pas jusqu’à cipalement dans le quartier de la minorité hui de la rue de aujourd’hui dans le monde académique pourront permettre Niujie. Lucas Christopoulos a aussi voyagé dans la province diverses investigations sur les parallèles et les liens existant du Gansu et a suivi les enseignements de maître Huang entre des domaines aussi variés que les arts, les sciences ou Baoshan, expert du bâton et des arts de Shaolin, âgé alors de la philosophie dans l’A ntiquité. nonante ans. Il s’est aussi intéressé au taiji et au qigong, avant de devenir le disciple de Chen Xiang, qui pratiquait dans le parc de Ditan au nord de Beijing. Intéressé par l’histoire des sports de combat et des arts martiaux, il rentre en Suisse après dix ans passés en Chine et commence à Lausanne ses recherches sur l’histoire des sports olympiques. Il entreprend ensuite des études de doc- torat à l’Université d’Hiroshima au Japon et travaille du- rant trois ans à traduire de nombreuses sources chinoises anciennes dans les bibliothèques universitaires japonaises très fournies. Lucas Christopoulos trouve alors un lien his- torique entre le premier empereur de Chine, Qin Shi Huang- di (259-210 avant J.-C.) et les Grecs du royaume de Bactrie et de Ferghana (Afghanistan, Pakistan, Ouzbékistan actuel). Il propose dans un article publié par l’Université de Penn- sylvanie en 2012 la théorie “ révolutionnaire ” d’un contact entre l’empereur Qin et les dynasties gréco-bactriennes qui avaient hérité des territoires conquis par Alexandre le Grand en Asie Centrale plus d’un siècle auparavant. Jusqu’à aujourd’hui, aucun lien entre l’empire des Qin et des Gréco- Bactriens n’avait été proposé par les historiens, mais après Lucas Christopoulos et Chen Xiang une sérieuse investigation, des traces archéologiques four- nirent des évidences au chercheur suisse. Le pionnier qui Né en 1973 à Lausanne, Lucas Christopoulos est un Suisse qui a trouva des objets de nature hellénistique en Chine fut Sir voyagé seul en Chine dès l’âge de dix-sept ans. Inscrit à l’Univer- Aurel Stein, principalement lors de sa première expédition sité des sports de Beijing, il a étudié dans différentes régions afin au Xinjiang en 1906. Douze statues géantes en bronze et en d’y apprendre divers arts martiaux et autres gymnastiques de san- or mesurant une dizaine de mètres de haut avaient été éri- té taoïste. Il est aussi doctorant en arts et sciences de l’Université gées sur le mausolée du fameux premier empereur Qin et d’Hiroshima au Japon. 6
Gastkolumne – Was die NSA nicht weiss Ruizhong 瑞中 14 | 1 die amtlichen chinesischen „two centenary goals“ aus, und zwar in seinem neuesten China-Buch On China (Penguin Press, New York 2011*), das sich auch auf „our intelligence re- Wovon der ports“ abstützt. Stichproben im angloamerikanischen Inter- net ergeben keine Fundstellen betreffend die „two centenary Auslandsgeheim- goals“, es sei denn, in englischsprachigen Verlautbarungen von Chinesen aus der VRCh. Im deutschsprachigen Inter- dienst NSA offenbar net fand ich eine Fundstelle für die „zwei 100-Jahresziele.“ Es handelt sich um eine Publikation aus meiner Feder. Über eine nichts weiss: Million Fundstellen weist für die „zwei 100-Jahresziele“ das chinesischsprachige Internet aus. Chinas zwei 100-Jahresziele Auf kostspielige und rechtlich anrüchige Weise wertet die amerikanische NSA Unmengen von Datenmaterial weltweit aus, auch über „die Absichten der chinesischen Führung“, die „die US-Regierung brennend interessieren“ (Der Spiegel Nr. 44/2013, S.23). Und doch wissen Amerikaner, wie das Beispiel Gastkolumne von Harro von Senger Kissinger zeigt, offenbar nichts von den zwei 100-Jahrszielen Foto: © business bestseller Günther Reisp der KPCh! Wie sagt doch der deutsche Altbundeskanzler Hel- mut Schmidt: „Überflüssige Dienste“ (Die Zeit, 31. Oktober Auf die „zwei 100-Jahresziele“, die die Volksrepublik Chi- 2013, S. 2). Das Naheliegende, nämlich allgemein zugängliche na (VRCh) in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts errei- Verlautbarungen chinesischer Amtsstellen, scheint die NSA chen will, weist der chinesische Staatspräsident Xi Jinping nicht zur Kenntnis zu nehmen und auszuwerten. Damit legt eingangs seiner am 16. November 2013 auf der Frontseite diese Mammutbehörde ihre der Listenblindheit geschuldete aller wichtigen chinesischen Tageszeitungen abgedruck- Ineffizienz an den Tag. Sie wähnt, wichtige Informationen ten Erläuterungen des Beschlusses des dritten Plenums des mit einem enormen Aufwand aus Milliarden von privaten 18. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas Unterlagen herausfiltern zu müssen und übersieht das Poten- (KPCh) hin. Dieser Parteibeschluss vom 12. November 2013 tial, das im ersten und damit zentralsten der 36 Strategeme betrifft die umfassende Vertiefung der Reformen. Er ist laut zum Ausdruck kommt: „Den Himmel täuschend das Meer Xi Jinping für die Verwirklichung der „zwei 100-Jahresziele“ überqueren“. Das heisst, vitale Dinge werden unter dem offe- von entscheidender Bedeutung. Immer wieder beschwört Xi nen Himmel, vor aller Augen, kommuniziert und ausgeführt, Jinping die „zwei 100-Jahresziele“. So sagte er am 27. Februar ohne dass es jemand merkt. So verbreiten die Führer der 2014 auf der ersten Sitzung der Zentralen Führungsgruppe Volksrepublik China seit Jahrzehnten in völliger Transpa- für Internetsicherheit und Informatisierung, die Implemen- renz ihre Hundertjahresziele – aber die westliche Welt schaut tierung der Strategie betreffend den Aufbau der VR China zu daran vorbei und verirrt sich in wolkigen Spekulationen über einer Internetgrossmacht müsse auf die „zwei 100-Jahreszie- die angeblich unergründlichen Absichten der chinesischen le“ abgestimmt werden. Verkündet hat die KPCh die „zwei Führung. 100-Jahresziele“ beispielsweise in ihrer Satzung vom 14. No- vember 2002: In der Schweiz schon längst durchschaut worden ist der dem ersten Strategem inhärente, der NSA offenbar unbekann- „China befindet sich jetzt im Anfangsstadium des Sozialis- te Kunstgriff: „Die beste und sicherste Tarnung ist immer mus [...], das mehr als ein Hundert Jahre in Anspruch neh- noch die blanke und nackte Wahrheit. Komischerweise. Die men wird. [...] Die [...] Ziele für die wirtschaftliche und ge- glaubt niemand.“ (Max Frisch). sellschaftliche Entwicklung in der neuen Phase des neuen Jahrhunderts sind es, [...], bis zum 100. Gründungstag der Partei [2021] eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand auf einem noch höheren Niveau, die mehr als einer Milliarde Menschen Vorteile bringen wird, fertig aufzubauen und bis zum 100. Gründungstag der Volksrepublik [2049] das Pro- Dr phil. Dr. iur., RA Harro von Senger, Professor em. für Kopf-Bruttoinlandsprodukt auf das Niveau eines Schwellen- Sinologie an der Albert-Lud- landes zu heben und die Modernisierung im Wesentlichen zu wigs-Universität in Freiburg im realisieren.“ Breisgau. Publ.u.a.: Suprapla- nung, Hanser, München 2008, Die Klaviatur der 36 Stratege- Im Westen werden die „zwei 100-Jahresziele“ allem Anschein me, Hanser, München 2013, nach nicht wahrgenommen. Soweit bekannt erwähnte kei- (aktuelle Buchbesprechung s. ne einzige Schweizer Zeitung die Tatsache, dass Xi Jinping Rezensionen) am 18. Juli 2013 bei seiner Begrüssung des Schweizerischen Bundespräsidenten Ueli Maurer die „zwei 100-Jahresziele“ *Anm. d. Red.: Das Buch „On China“ von Henry Kissinger hervorhob. Noch nie scheinen die „zwei 100-Jahresziele“ ins- wurde in RUIZHONG 2013 von besondere im angloamerikanischen Raum thematisiert wor- Guido Mühlemann bespro- den zu sein. Selbst ein Henry Kissinger schweigt sich über chen www.schweiz-china.ch 7
Ruizhong 瑞中 14 | 1 Artikel - Feihandelsabkommen Das Freihandels- abkommen Schweiz–China Chancen oder politisch taktisches Kalkül? Von Margrit Manz und Christian Walsoe Eingeleitet wurde die Diskussion von zwei bemerkenswer- Fotos: Wolfgang Müller ten Referaten: Kai Gramke, Bereichsleiter für Wirtschaft & Arbeit bei der Im Juli 2013 wurde das Freihandelsabkommen(FHA) zwi- Prognos AG, Basel sprach über die Verflechtungen der Schwei- schen der Schweiz und der VR China unterzeichnet. Nach zer Wirtschaft mit China. Der deutsche Wirtschaftsjournalist Island ist die Schweiz das zweite europäische Land, das Frank Sieren vermittelte eine Vorstellung davon, was sich Chi- seine bilateralen Beziehungen mit China im wirtschaftli- na vom Vertrag mit der Schweiz erhoffen, bzw. welch taktisches chen Sektor vertraglich festlegt. Das Abkommen gilt als Kalkül dahinterstecken könnte. ein wichtiger Meilenstein für die Schweizer Wirtschaft. Im europäischen Wettbewerb kommt dies einer Pole-Position Zu diesem Anlass eingeladen hatte das China Forum Basel, in gleich. Es werden jedoch auch kritische Stimmen laut mit einer Veranstaltungsreihe des Efficiency-Club Basel und der Fragen, nach dem politischen Kalkül der grossen Nation Gesellschaft Schweiz-China. und den Risiken, die dieses Abkommen eventuell für den kleineren Vertragspartner nach sich ziehen könnte. Nach Singapur (2003), Südkorea (2006), Japan (2009), Hong Kong (2012) ist das FHA mit China das fünfte, das die Schweiz Am 28. Oktober 2013 hat sich ein prominent besetztes Po- mit einem asiatischen Partner abschliesst. Mitte 2014 oder An- dium mit diesem Thema beschäftigt: Unter der Leitung fang 2015 wird es in Kraft treten. Es reguliert die Rechte beider von Dr. Franz Saladin, Direktor der Handelskammer Länder u. a. im Dienstleistungshandel, bei Investitionen und beider Basel, diskutierten der Schweizer Verhandlungs- geistigem Eigentum. leiter des FHA Dr. Christian Etter, Christoph Blättler von Swissmem, dem Verband der Schweizerischen Maschi- nen, Elektro- und Metall-Industrie, Jean-Daniel Pasche, Präsident der Fedération de la Horlogérie Suisse, der in „Wohlstand der Schweiz hängt zuneh- Beijing akkreditierte Wirtschaftsjournalist Frank Sie- mend von chinesischer Dynamik ab“ ren und Dr. Thomas Wagner, Präsident der Gesellschaft Kai Gramke Schweiz-China. Vor einem zahlreich erschienenen Auditorium im Messe- China ist (noch) die zweitgrösste Volkswirtschaft nach den center Basel erörterten die Podiumsteilnehmer die Chan- USA und seit 2010 Exportweltmeister. In nur zwei Jahrzehnten cen, allfälligen Konsequenzen und möglichen Zukunfts- hat sich der Weltexportanteil von ca. 3% auf ca. 15% gesteigert. szenarien, die das Freihandelsabkommen für beide Länder China tritt ausserhalb seines Landes zudem immer stärker als bereithalten könnte. Investor auf. 8
Artikel - Feihandelsabkommen Ruizhong 瑞中 14 | 1 Als wichtigster Pfeiler für den Schweizer Aussenhandel, es der erste nennenswerte Einstieg in ein westliches Indust- nimmt China nach der EU und den USA den dritten Platz als rieland, quasi der Prototyp für eine erfolgreiche Verhandlung Abnehmer für Schweizer Exportwaren ein. Dazu gehören mit europäischen Staaten. Bisher hatte China nur ein FHA mit Chemie- und Pharmaerzeugnisse, Maschinen und Instrumen- Island abgeschlossen, Norwegen wird als nächster Kandidat te, und natürlich Uhren. Zu den chinesischen Importen in die gehandelt. Schweiz gehören Textilien, Bekleidung, chemische Produkte, Uhrmacherwaren. Natürlich ruft das FHA wegen der unterschiedlichen Grösse und Wirtschaftsmacht beider Länder auch die Skeptiker auf Das FHA ist jedoch keine Gewähr, zukünftig die Waren zollfrei den Plan. Nach dem traditionellen Denkmuster wäre eine sol- hin und her zu transportieren. Komplizierte Ursprungsregeln che kritische Schlussfolgerung sicher logisch. „Wirtschaft neu definieren, was als „Ursprungserzeugnis“ gelten darf, also z.B. denken“ bedeutet jedoch, zu neuen Aussagen und Erkenntnis- „Erzeugnisse, die vollständig auf dem Grund und Boden einer sen zu kommen, um die Ängste vor dem „Riesenreich“ China Vertragspartei gewonnen werden“, die sogenannten Urpro- zu nehmen und selbstbewusst und kompetent die wichtigsten dukte, „die dort durch Jagen, Fangen, Fischen, Sammeln etc. Bereiche von Forschung, Produktion und Handel voranzutrei- erzielt werden“. Das Kleingedruckte fängt bei den Zulieferfir- ben. Kai Gramke versucht mit seiner Studie eine Zukunftsvi- men an und hört bei den „Vormaterialien ohne Ursprungsei- sion bis 2030 zu entwerfen und eine differenzierte Prognose genschaften“ auf. Wer deklariert und überprüft schlussendlich beider Handelspartner zu geben. Die Prognose schliesst auch die Einzelteile des Ganzen? die Exportvolumina der Schweizer Branchen nach China ein, die sich bis 2030 auf 30 Mrd. US Dollar verdreifachen werden. Bei der Uhrenproduktion z.B. ist eine bizarre Situation entstan- den. Knapp 30 % sogenannter „Vorleistungsimporte“ aus China Zur Verdeutlichung, was jetzt eigentlich genau passiert, scheint bedeuten für die einheimische Industrie eine immer grössere es notwendig, noch einmal in die Geschichte Chinas zu gehen. Abhängigkeit von chinesischen Zulieferern. Was wäre, wenn die Historie und das damit verbundene Wirt- schaftswachstum anders verlaufen wären, fragt Kai Gramke Das FHA gewährt völlige Zollfreiheit auf alle Importe aus und entwirft eine alternative Vergangenheit als Denkmodell. China. Die Schweizer Exporteure haben zollfreie oder zollver- Daraus resultiert natürlich auch eine andere Entwicklung für günstigte Einfuhr nach China, in der Praxis werden sie jedoch die Schweiz. in vielen Fällen weiter zur Kasse gebeten. Neben den Einfuhr- zöllen erhebt China auch eine Mehrwertsteuer von 17%. Das Prognos hat dazu ein tiefergehendes Datenmodell der weltwei- ten Handelsströme bis hin zur Produktbasis entworfen, das sowohl Analysen als auch Planspiele des länderspezifischen Wachstums ermöglicht. Dieses Modell betrachtet nicht nur die Importe und Exporte zwischen den Ländern, sondern rechnet auch Schweizer Exporte nach China ein, die den Umweg über den EU-Export nehmen. Also nehmen wir an, China wäre seit 1994 im gleichen Masse gewachsen wie die anderen Schwellenländer, dann wäre das BIP Chinas um 53 % tiefer als es heute tatsächlich ist und sein Kai Gramke jährliches Wirtschaftswachstum mit nur noch 4,9 % pro Jahr mehr als halbiert. Ein China, berechnet nach dem Wachstums- FHA wird daher auch als „Rahmenabkommen“ betrachtet, muster der übrigen neun Schwellenländer, wäre nicht zur „glo- das für eine stetige „Weiterentwicklung der Wirtschaftsbezie- balen Werkbank“ der westlichen Welt avanciert, „sondern mit hungen“ steht. Auf ihm basierend, können dann die bisherigen einem Handelsdefizit und hoher externer Verschuldung kon- Handelsmodelle modifiziert und aktuell angepasst werden. frontiert.“ Dieses alternative China wäre weniger exportab- hängig und mehr binnenorientiert. Als Einstieg referierte Kai Gramke über die wirtschaftliche Verflechtung der Schweiz mit China seit 2001. Als Leiter der Für die Schweiz weitergerechnet, würde das BIP der Schweiz gleichnamigen Studie berichtete er darüber, welcher BIP-An- heute 19 % tiefer liegen, d.h. fast ein Fünftel des gegenwärtigen teil auf Chinas wirtschaftliche Dynamik zurückzuführen sei Wohlstandes der Schweiz hängt von der anders verlaufenen und wie private Haushalte in der Schweiz davon profitierten. Entwicklung in China ab. Konkret verdanken wir heute CHF 12`000 jedes Einkommens in der Schweiz der dynamischen Kai Gramke spricht vor diesem Hintergrund davon, dass man Wirtschaft Chinas, ebenso wie 115`000 Arbeitsplätze vorwie- „Wirtschaft neu denken“ müsse. Die Dynamik und Komple- gend im Dienstleistungssektor. xität in Wirtschaft und Handel erlaube uns nicht mehr, „die Entscheidungen auf der Basis alter Daten und traditioneller Es steht deshalb ausser Frage, dass die Chancen für die Schweiz Herangehensweisen zu treffen“. Er ist überzeugt, dass „das Ab- durch das FHA die möglichen Risiken überwiegen werden. kommen sowohl für die Schweiz als auch für China wirtschaft- Jetzt heisst es, die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des lich von hoher Bedeutung“ sei. Für die Schweizer Unternehmer Standorts Schweiz weiter auszubauen. Doch eine zentrale Fra- prognostiziert er einen verbesserten Marktzugang und Posi- ge besteht weiterhin: Bleiben wir beim chinesischen Tempo tionierung gegenüber den Wettbewerbern. Und für China ist auch in Zukunft wettbewerbsfähig? Und wenn ja, wie? 9
Ruizhong 瑞中 14 | 1 Artikel - Feihandelsabkommen Ch. Blättler Dr. Ch. Etter Dr. F. Saladin Dr. T. Wagner J.-D. Pasche F. Sieren Frank Sieren legte als längjährig in Beijing akkreditierter westliche Unternehmer, auf diesem Gebiet ihre Technolo- Wirtschaftsjournalist eine fundierte Bestandsaufnahme zur gien einem Praxistest zu unterziehen. aktuellen Situation in China vor. Er beschrieb anschaulich, wie überraschend schnell die neue Regierung unter Xi Jinping China wird weiter an Fahrt aufnehmen und noch wettbe- werbsfähiger werden, als es jetzt schon ist. Die Frage ist, wie stabil die Entwicklung bei diesem Tempo bleiben wird. Chi- na ist den anderen Entwicklungsländern weit voraus, steht „Wandel von Wertekoalition zu aber vor ähnlichen Problemen wie sie. Hierbei sei nur das Interessenkoalition prognostiziert“ Stichwort „Ressource Wasser“ genannt. Frank Sieren Die chinesischen Unternehmer haben auf alle Fälle einen grösseren Handlungsspielraum erhalten, aber die Blogger auf Korruptionsvorfälle und Machtmissbrauch reagiert und haben ihren verloren. Dies ist ein deutliches Zeichen für die konsequent bei politischen und militärischen Kadern „aufge- eingeschränkte Meinungsfreiheit und eine künftige härte- räumt“ habe. Unter der alten Regierung hatten sich die Kader re Gangart der Regierung diesbezüglich. und ihre Familien hemmungslos bereichert und diesen Reich- tum auch noch öffentlich zur Schau gestellt. Als Beispiel führ- Was bedeuten diese Veränderungen jetzt für die Schweiz? te Sieren die abendlichen Autorennen in der Innenstadt von Frank Sieren betont, dass die Schweiz sich auf einen gravie- Beijing an, bei dem die Kader-Enkel ihre Ferraris laut röhrend renden Wandel der östlichen Machtzentren einstellen müss- durch die Strassen jagten. Das hat jetzt schlagartig ein Ende te. Diese Länder, darunter auch China, fordern zukünftig gefunden. Beim Militär wurde u. a. die Nutzung von speziel- mehr Mitsprache. Wie im Falle des FHA werden sie die len Autonummern abgeschafft, die eine „freie Fahrt“ durch Spielregeln mitbestimmen wollen. Sieren prognostiziert ei- Beijing einräumten. Insgesamt hatte die Regierung gleich zu nen Wandel weg von den bewährten Wertekoalitionen hin Beginn eine starke Haltung demonstriert. Wie weit dies bis in zu Interessenkoalitionen. Das FHA wäre schon eine solche die entfernten Regionen Chinas durchdringen werde, sei eine Interessenkoalition. Damit erhalten die Schweizer Unter- andere Frage. Erst mal geht es um Impulse und Prioritäten, nehmer mehr Spielräume, seien aber auch in ihrer Leis- die jeder Staatsmann anders setzt, wie z.B. Zhu Rongij, der in tungsbereitschaft gefordert. den 1990ern voll auf die Wirtschaft Chinas setzte. Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist auch, dass demnächst ein Buch mit seinen Schriften erscheinen soll. Eigentlich lässt man die alte Garde eher von der Bühne verschwinden. Vielleicht ist in diesem Fall ausschlaggebend, dass Zhu Rongij das alte dyna- „Schweizer Unternehmer müssen mehr mische Shanghai noch kannte und dies möglicherweise als Leistungsbereitschaft zeigen und Propaganda für ein Revival der Stadt herhalten soll. china-spezifische Lösungen anbieten“ Frank Sieren Bei der Politik der Banken merkt man schon deutlich eine Tendenz der Entflechtung zwischen Staatsbanken und Staats- unternehmen, bzw. eine Legalisierung sogenannter „Schat- tenbanken“. Bei den Immobilien beobachtet Sieren eher eine Bisher hätten die Schweizer Produkte so gut wie keine Überkapazität, aber keine Blase wie in den USA. Es gäbe auch Konkurrenz. Diese Phase geht langsam zu Ende, denn die keine Verschuldungskette wie in den USA, denn jeder zahlt chinesischen Produkte werden an Qualität zunehmen. Die in China mit seinem eigenen Geld. Abgebremst werden, soll Schweiz ist aufgefordert sich mehr anzustrengen, trotz oder eher die Abhängigkeit von Exporten. Die Regierung möchte gerade wegen des FHA. den Binnenmarkt ankurbeln, auch als Spielraum für den Mit- telstand. Das Schlüsselwort, um mit dem Wachstum Chinas mitzu- halten, ist Innovation. Ohne innovative Produkte könnten Das Thema Umwelt ist ein weiteres zentrales Thema in Chi- Schweizer Unternehmer in China nicht bestehen. Zuzüglich na. Man bemüht sich um einen Weg der Energiegewinnung der Innovation sollten die Produkte noch spezifisch an den ohne Kohle. Hierbei wolle man durchaus die besten Tech- chinesischen Markt angepasst werden. Die Konsequenz für nologien aus der Welt importieren. Eine Chance mehr für die Schweizer Forschung wäre somit, ihre Forschung nach 10
Artikel - Feihandelsabkommen Ruizhong 瑞中 14 | 1 „Das FHA Schweiz-China ist Testbohrung an dünnster Stelle der europäischen Wand“ Frank Sieren China zu verlegen, um sich vor Ort dem Markt besser anpas- sen zu können. Wenn dann auch noch die gesamte Produktion F. Sieren nach China verlegt werde, ist die Gefahr natürlich gross, dass die Technologien auch dort „hängen“ bleiben. zen und mehr Qualität bei der Behördenzusammenarbeit zu Das FHA Schweiz-China als Testfall für die EU? erreichen“. Für ihn sei das FHA ein sehr umfassendes Abkom- Zurück zum Podium: Frank Sieren vermutet, dass das FHA men, welches eben nicht nur den Warenverkehr abdecke. Schweiz-China „eine Testbohrung an der dünnsten Stelle der Europäischen Wand“ sein könnte. Eine Chinesin aus dem Christoph Blättler gibt zu bedenken, dass auf diese Art die Publikum bestätigt diese These. Beim FHA gehe es eher um Chinapolitik fortzusetzen, die Innovation eher schmälert. die EU als um die Schweiz. Aber ihr fehle im FHA etwas ganz Er sehe ein Ungleichgewicht im Tausch Technologie gegen anderes. Es stehe sehr wenig darin über die Investitionen, die Marktöffnung. China in der Schweiz tätigen möchte? Dr. Christian Etter kor- rigiert, da bereits ein Investitionsabkommen zwischen der Schweiz und China existiere. Es sei damit zu rechnen, dass die Direktinvestitionen Chinas in der Schweiz noch zuneh- „Das FHA hilft Behörden- men werden. Bereits heute seien 60 chinesische Firmen in der zusammenarbeit zu verbessern“ Schweiz etabliert. Dr. Christian Etter „Schweiz hat Vertrauensbasis in Dr. Thomas Wagner hebt noch einmal das Thema „Ressour- China wegen frühzeitiger diplomatischer ce Wasser“ hervor. An der Wasserversorgung hinge auch die Anerkennung und kontinuierlicher Glaubwürdigkeit der Regierung. Er fürchtet eher Probleme bei der zu langen Umsetzung der Massnahmen. Die inner- Produktqualität geschaffen“ staatliche Entwicklung birgt den grössten Zündstoff. Dr. Thomas Wagner Jean-Daniel Pasche sieht ein Ziel in der Senkung der Zölle, sowie im Kampf gegen Fälschungen. Man müsse das Label Jean-Daniel Pasche weiss, das China in die Uhrenindustrie in- „Swiss Made“ schützen. vestiert und wünsche sich mehr Investitionen in die Vertriebs- kanäle bis hin zum Käufer. In der Schlussrunde sind sich die Teilnehmer einig, dass die Dr. Thomas Wagner betont, dass es beim FHA nicht nur „um Schweizer Unternehmen ihre Innovationsanstrengungen die dünnste Wand der EU“ ginge, sondern auch um ein grosses verstärken und china-spezifische Lösungen anbieten müss- Vertrauen, dass China in die Schweiz habe. Man dürfe nicht ten. Das neue FHA sollte von den Unternehmen genutzt vergessen, dass die Schweiz zu den ersten westlichen Staaten werden, um das Potential des chinesischen Marktes „neu zu gehörte, die mit dem kommunistischen Regime diplomati- denken“. Die Herausforderung bestünde darin, im chine- sche Beziehungen aufgenommen hatten. Am 17. Januar 1950 sischen Wachstumsmarkt nicht aussen vor zu bleiben. Der orientierte Bundespräsident Max Petitpierre in einem Tele- Unternehmenserfolg vieler Firmen wird auch in Zukunft gramm den Vorsitzenden Mao Zedong über die offizielle An- stark vom Erfolg ihres Engagements in China abhängen. erkennung des neuen Staates. Ausserdem spielt die kontinuierliche Qualität der Schweizer Produkte eine massgebliche Rolle, um eine Vertrauensbasis zu schaffen. Dr. Wagner wünsche sich jetzt, dass das FHA auch in den Medien eine faire Chance bekäme und nicht gleich zu Anfang kleingehackt werde. Fazit der Podiumsteilnehmer: Margrit Manz, Journalistin, Mitglied des Redaktionsteams Dr. Christian Etter erläutert kurz noch einmal die wichtigsten RUIZHONG, Zürich und Berlin Punkte des FHA, bzw. dessen Ausbau. Dazu zählen: „die Han- Christian Walsoe, Leiter des China Forum Basel und Vorstandsmit- delshemmnisse abzubauen, das geistige Eigentum zu schüt- glied der Gesellschaft Schweiz-China 11
Archiv der GSC Frühe Beziehungen Schweiz-China Ruizhong 瑞中 14 | 1 Frühe Beziehungen Schweiz-China Trouvaillen aus dem Archiv der GSC Wiederentdeckt von Ruedi Schaffner Schweizer übt sich in der Kriegskunst. Sie reisen gerne in Foto: Archiv Gesellschaft Schweiz-China andere Länder, deren Fürsten sie für Wachen benutzen. Das Land ist sehr gebirgig und in den Wintermonaten sehr kalt. Die Schweizer verstehen sich gut aufs Häuserbauen. Die Frauen sind tugendhaft, ruhig und im Wesen geraderaus. In Frühe Kontakte zwischen China der Arbeit sind sie geschickt und können mit blosser Hand vergoldeten Stoff wirken, ohne dazu ein Weberschiffchen zu und der Schweiz brauchen. Ihre Tuche sind äusserst leicht und fein. Der Bo- den erzeugt Gold. Sie graben Schächte und erhalten stän- Artikel von Howard Dubois, Ostasiatisches Seminar, dig daraus Goldklumpen. Auf den Fussböden gibt es häufig Universität Zürich Goldperlen von Erbsen-Grösse. In den Bergen leben Rehe, Hirsche, Hasen und Wildkatzen. Sie züchten grosse Rinder, (Ruizhong 3/75) damit sie ihnen als Leckerbissen dienen. Im Jahre 1628 erschien in Basel ein Buch von Sebastian (Zitiert nach Wolfgang Franke: China und das Abendland, Münster: „Cosmographie, oder Beschreibung der gantzen 1962) Welt“. Hierin wird festgestellt, dass die Chinesen im 16. und 17. Jahrhundert kaum Gelegenheit hatten, ihr Land zu verlassen und andere Kontinente aus eigener Anschauung kennenzulernen. Das einzige, was sie etwa von den Verhält- nissen in Europa wussten, stammte aus Erzählungen der in Peking tätigen Jesuiten-Missionare oder später auch von Kaufleuten, die in Kanton ihre Geschäfte abwickelten. Die Chinesen konnten sich bis ins 19. Jahrhundert keine genau- en Vorstellungen von Europa, den dort lebenden Völkern und ihren politischen Beziehungen zueinander machen. Eines der interessanten Dokumente hierzu ist ein Werk mit dem Titel „Huang Ch’ing Chih Kung T’u“, das um die Mitte des 18. Jahrhunderts für den chinesischen Kaiserhof angefertigt wurde. Es ist eine Beschreibung der fernen Tri- butvölker des chinesischen Kaisers. (Die Chinesen betrach- teten damals alle Völker der Erde als tributpflichtig.) Darin wurden von den europäischen Ländern weder Deutschland noch Holland (das die Chinesen ja aus unmittelbaren Be- rührungen kannten) erwähnt, wohl aber die Schweiz und England. Über die Schweiz war zu lesen: Die Provinz Helvetien (He lo wei chi ya) liegt im Land Ger- Der Abschnitt über die Schweiz, der ein buntes Gemisch von Wahr- manien. Ihre Bewohner sind körperlich kräftig und breit. heit und Legende darstellt, wird abgerundet durch die (wohl nach westlichen Vorbildern angefertigte) Abbildung eines Mannes und Sie sind treu und rechtschaffen. Wenn sie eine Wohltat emp- einer Frau aus der „Provinz Helvetien“. Wahrlich ein recht schmeichel- fangen, vergelten sie diese. In den Gemeinden sind öffent- haftes Bild vom „reichen Helvetien“ und seinen tugendhaften, treuen liche Schulen eingerichtet. Wohl mehr als die Hälfte der und tapferen Bewohnern. 12
Archiv der GSC Frühe Beziehungen Schweiz-China Ruizhong 瑞中 14 | 1 Schanghai in Peking und hatte deren Schutzaufgaben (zu- gunsten amerikanischer und anderer überseeischer Bürger) Unsere Kontakte zu China auszuüben. im 20. Jahrhundert Erster Geschäftsträger war Etienne Lardy. Einer seiner Mit- arbeiter war E. von Graffenried, der spätere Botschafter. Ihm Auszug aus einem Referat „Unsere Kontakte mit China folgten Emil Fontanel und 1945/46 Sven Stiner, der später in Vergangenheit und Gegenwart“ von alt-Botschafter unser erster diplomatischer Vertreter in Peking geworden ist. Dr. Hans Keller, vom 8. November 1979 in Bern. Im November 1945, als die Feindseligkeiten endlich auch in Ostasien zur Ruhe kamen, folgte dann die Eröffnung unse- rer ersten Gesandtschaft, in Nanking, der damaligen Haupt- stadt. Erster Gesandter war der Walliser de Torrenté, der bis 1948 in Nanking blieb, worauf dann die Gesandtschaft, wäh- (Ruizhong 3-4/79) Alt-Botschafter Keller war Mitglied des rend der Jahre 1948-49, nur noch von interimistischen Ge- Vorstandes der GSC, sowie Mitglied des Redaktionsteams schäftsträgern geleitet wurde. von „RUIZHONG“. Erste offizielle Kontakte mit China gehen auf die Zeit vor Die Einladung der Regierung Tschiang Kai-scheks, ihr nach dem ersten Weltkrieg zurück. 1911 errichtete der Bundes- Taiwan zu folgen, leistete die Gesandtschaft gemäss ihrem rat, einem Gesuch aus Wirtschaftskreisen entsprechend, Auftrag in Bern keine Folge, im Gegensatz zu den meisten eine Handelsagentur in Schanghai. Sie ging 1914 wieder anderen westlichen Ländern. Vielmehr anerkannte Bern ein. 1918 wurde dann aber, merkwürdigerweise in Tokio, schon im Januar 1950, sehr rasch nach der Proklamation der ein schweizerisch-chinesischer Freundschaftsvertrag ab- VR China, deren Regierung Mao Tse-tung. geschlossen, in erster Linie auf Betreiben des „Vororts“ also schweizerischer Wirtschaftsexponenten. Unser Gesandter in Tokio, Minister von Salis, wurde von Bern beauftragt, die Verhandlungen zum Abschluss dieses Vertrages mit dem noch wenig bekannten China zu führen. Von Salis stiess bei Das Schweizerisch-chinesische seinen chinesischen Gesprächspartnern auf lebhaftes In- Handelsabkommen von 1974 teresse. Der chinesische Aussenminister Lu Cheng-Hsiang hatte die Schweiz persönlich besucht und den Bundesrat Auszug aus dem Artikel von Raymond Probst, Delegierter schon 1913 um Anerkennung der Republik China ersucht, des Bundesrates für Handelsverträge, Bern wobei er sich wiederholt als Freund der Schweiz bezeich- nete. Von Salis vertrat die Auffassung, der Errichtung di- plomatischer oder konsularischer Beziehungen zu China müsse ein schweizerisch-chinesischer Vertrag vorausgehen. (Ruizhong 1/1975, März) Er verlangte ferner, dass die Schweiz in einem solchen Ver- Wie Ende des verflossenen Jahres der Presse zu entneh- trag bestimmte rechtliche Privilegien für ihre in China le- men war, ist am 20. Dezember 1974 in Bern von Botschafter benden Bürger eingeräumt werden müssten, ähnlich denen, Tschen Tsche-Fang chinesischerseits und vom Schreiben- die andere westliche Ausländer in China damals genossen. den schweizerischerseits ein schweizerisch-chinesisches Es handelte sich vor allem um die Exterritorialität, die den Handelsabkommen unterzeichnet worden, das vom glei- Ausländern in China der chinesischen Gerichtbarkeit ent- chen Tage an provisorisch zur Anwendung und nach Ge- zog und ihn unter die Jurisdiktion seines Konsulates stellte. nehmigung durch die eidg. Räte in der Märzsession defini- China war bereit, die erforderlichen Zugeständnisse zu ma- tiv in Kraft treten wird. chen. Der Vertrag kam damit zustande und wurde 1919 auch von den eidg. Räten genehmigt. Der Handelsaustausch zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China hat sich, besonders in den letzten Jah- Aufgrund des Vertrages eröffnete dann China 1921 in Bern ren, recht befriedigend entwickelt. So erreichte er 1974 ein eine Gesandtschaft, während sich die Schweiz, ihrer dama- Gesamtvolumen von rund 270 Mio. Franken, mit einer Rela- ligen Zurückhaltung in Dingen der diplomatischen Präsenz tion von ziemlich genau 3 : 2 zugunsten der schweizerischen entsprechend, mit der Errichtung eines Generalkonsulates Exporte. Indessen ist es klar, dass damit die Möglichkeiten in Schanghai begnügte. zwischen einem so hoch industrialisierten Staat wie der Schweiz, die in absoluten Zahlen den zehnten oder elften Ab 1932 wurde unserem Generalkonsul dann immerhin der Rang unter den führenden Welthandelsnationen einnimmt, Rang eines Geschäftsträgers verliehen. Während des Krie- und dem riesigen chinesischen Reich mit seinen 800 Mil- ges in Ostasien wurden unserer Mission in Schanghai heikle lionen Einwohnern noch bei weitem nicht ausgeschöpft Schutzmachtaufgaben anvertraut. Die Schweiz hatte z.B. den sind. Schutz jener Ausländer zu gewährleisten, deren Heimatstaa- ten sich mit Japan, also mit der Besatzungsmacht in und um Schanghai, im Krieg befanden. Unser Landsmann Dr. Hoepli, damals Arzt an einem Pekinger Spital, amtete sogar in jenen Ruedi Schaffner, Vizepräsident Gesellschaft Schweiz-China, schwierigen Jahren inoffiziell als Vertreter unsere Mission Mitglied des Redaktionsteams RUIZHONG 13
Ruizhong 瑞中 14 | 1 Barriques à perte de vue dans la cave de l’entreprise Zixuan à Jiayuguan, province du Gansu. Photographie de Pierre-Alain Dutoit Voyage vitivinicole dans l’Ouest de la Chine Du 11 au 25 août 2013, la Société Suisse-Chine, en collaboration avec la Section romande de la Société Suisse-Chine (SRSSC), a proposé un voyage vitivinicole de découverte dans l'Ouest de la Chine, parcourant le Xinjiang, le Gansu et le Ningxia, sous la conduite de M. Gérald Béroud, président de la SRSSC. Notre partenaire en Chine était l'A ssociation du peuple chinois pour l'amitié avec l'étranger (CPAFFC), qui nous a accompagnés, de manière aussi professionnelle qu’attentionnée, tout au long de notre périple. M. Pierre Thomas et M. Pierre-Alain Dutoit, membres de cette délégation, vous font part de leurs impressions et de leurs découvertes. 14
Article - D’Urumqi à Yinchuan Ruizhong 瑞中 14 | 1 D’Urumqi à Yinchuan – Sur la route des nouveaux vins Le Château Bacchus, près d’Yinchuan, chinois dans le Ningxia Texte et Photographies de Pierre Thomas vignobles. Un des meilleurs connaisseurs du renouveau de la Chine vitivinicole, le Français Gérard Colin, vient d’y En Chine, dans la région de Turfan, au sud d’Urumqi (à faire ses premières vendanges, à l’automne 2013. 2’200 km de Pékin au nord-ouest), sur «la route de la soie», devenue autoroute parallèle à une nouvelle ligne de TGV Ses quinze dernières années, cet œnologue les a passées en construction accélérée, on aperçoit de curieux greniers dans le Shandong (au sud-est de Pékin), après avoir d’abord de briques aux murs ajourés. On y suspend les grappes de monté le vignoble de Grace Vineyard, dans le Shanxi, pour raisin pour les sécher à l’air libre du vent des vallées. Le un homme d’affaires de Hongkong. Puis, celui à qui feu raisin de table, très sucré, le «lady finger», est envoyé par Edmond de Rothschild avait confié la création du Château cartons entiers aux quatre coins du pays. Et c’est à partir de Clarke, à Listrac (Médoc, Bordeaux), s’est mis au service des là que renaît la tradition vitivinicole chinoise. Rothschild de Lafite. Le 1er Grand Cru bordelais dont les Chinois s’arrachent les flacons, année après année, en ven- Oui, le vin est une tradition en Chine, car on admet que sa tes aux enchères, a pris le parti de se développer en Chine. culture est parvenue par l’ouest, grâce aux Sogdiens, une En automne 2013, les premiers raisins du domaine aménagé peuplade au savoir très développé, il y a près de 1’500 ans, dans la péninsule de Penglai devaient être récoltés. Dans le en 658 de notre ère. C’était, sous les Tang, «l’Empire le plus Xinjiang, à 70 ans tout juste, Gérard Colin repart pour une brillant et le mieux organisé que le monde ait jamais connu», nouvelle aventure. selon l’écrivain-voyageur genevois Nicolas Bouvier. Les musulmans ont ensuite proscrit l’alcool et le vin. Mais la vi- Enterrer les vignes pour l’hiver ticulture a subsisté, le «kishmich» (raisins secs) étant un élé- On a beau être sur ce fameux 45ème parallèle, la même lati- ment important de la gastronomie de toute l’A sie centrale, tude que la Californie et Bordeaux, dès la fin des vendanges, en Turquie comme en Iran. il faut tailler la vigne, puis, avant les premières gelées, par- fois à fin octobre déjà, recouvrir les branches de terre, à la Un œnologue français parachuté à Turfan pelle — on appelle cette opération «butter» la vigne. Tard au A Turfan, région au-dessous du niveau de l’océan, comme printemps, pas avant avril, pour éviter les dernières gelées, le bassin de la Mer morte, les anciens ont développé un fatales à la plante, il faut dégager les ceps à la charrue. «Le ingénieux réseau de canaux souterrains pour irriguer les cycle de la vigne est raccourci, sur six mois maximum, mais 15
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