Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...

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Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
Fachzeitschrift von Spitex Schweiz   |   3 / 2020   |   Juni / Juli

FOKUS «Pflegefinanzierung» Seite 21

Die Finanzierung der Pflege
von heute und morgen
       DIENSTLEISTUNG Wie COVID-19 die Spitex prägt. Seite 8
       GESELLSCHAFT Eine Klientin mit seltener Krankheit. Seite 14
       NETZWERK Wo die Nationale Demenzstrategie steht. Seite 42
Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI                                                                    EDITORIAL
                                                                                                                                                                                                                                                                     3
                                                              Als Teamleiter/-in
                                                              mit eidg. Fachausweis                                                                                                                 Wichtige Prävention
                                                                                                                                                                                                    durch die Spitex
                                                              Start: 19. August 2020

    WEITER                                                    Mehr unter: www.stadt-zuerich.ch/sgz

    KOMMEN                                                    Wir bilden. Kompetenzen.                          SGZ Campus
                                                                                                                                                                                                                      Die Bewältigung der COVID-19-Pandemie erfordert grosse An-
                                                                                                                                                                                                                      strengungen – von uns allen. Entsprechend waren die ver­
                                                                                                                                                                                                                      gangenen Wochen auch für die Spitex aussergewöhnlich. Sei
                                                                                                                                                                                                                      es aufgrund der Versorgung von COVID-19-Betroffenen, der
SGZ-102310 - SGZ Anzeige Spitex Mag_184 x 61.25.indd 3                                                           19.05.2020 12:19:41                                                                                  Durchführung von Tests, der Organisation von Schutzmaterial
                                                                                                                                                                                                                      oder weiterer Herausforderungen. Einige Spitex-Organisa­
                                                                                   Im Alter zu Hause leben                                                                                                            tionen haben sehr viel zu tun, bei anderen werden teilweise
                                                                                   Heimelig Betten möchte, dass Sie sich                                                                                              Leistungen abgesagt. Dies, weil Klientinnen und Klienten Angst
                                                                                   zuhause fühlen. Wir beraten Sie gerne und                                                                                          haben, durch die Spitex mit dem Virus angesteckt zu werden.
                                                                                                                                                                                                                      Die Spitex ist sich indes seit jeher gewohnt, Hygienemass­
                                                                                   umfassend und übernehmen die erforderli-
                                                                                                                                                                                                                      nahmen anzuwenden – und kann daher ihre Klienten auch
                                                                                   chen administrativen Aufgaben mit den                                                                            während der Pandemie professionell versorgen. Es ist wichtig, dass Spitex-­
                                                                                   Kostenträgern.   Heimelig   Betten   liefert                                                                     Organisationen ihre Leistungen auch in Krisenzeiten vollumfänglich aufrecht­
                                                                                   schnell und zuverlässig, damit Sie Ihren                                                                         erhalten. Denn wird der Kontakt zum Klienten unterbrochen, kann dies unter
                                                                                   Alltag zuhause weiterhin geniessen können.                                                                       Umständen schwerwiegende Folgen haben. Die Angehörigen können die Pfle-
                                                                                                                                                                                                    ge und Unterstützung nur beschränkt übernehmen, weil ihnen einerseits das
    8280 Kreuzlingen
                                                               www.heimelig.ch Vermietung und Verkauf von Pflegebetten                                                                              professionelle Wissen fehlt. Andererseits kann es geschehen, dass sie selbst er-
    Tel. ★ 071 672 70 80                365 Tage erreichbar
                                                                                                                                                                                                    kranken oder zur Arbeit zurückkehren müssen, woraufhin sie ihre Nächsten nicht
                                                                                                                                        4   AUFTAKT                                                 mehr versorgen können. Der Kontakt der Spitex zu ihren Klienten ist enorm
                                                                                                                                                                                                    wichtig, denn sie übt auch eine wichtige Präventionsfunktion aus, die gerade in
                                                                                               WWW.NEUROTH.COM                              DIENSTLEISTUNG                                          einer Krise grosses Gewicht hat: Spitex-Fachpersonen leiten die ­Klienten an,

      Gewinnen
                                                                                                                                        8   Spitex und COVID-19 in drei Kantonen                    Hygienemassnahmen richtig anzuwenden. Sie versorgen deren Wunden, kont-
                                                                                                                                                                                                    rollieren die Einnahme von Medikamenten, erkundigen sich nach dem
                                                                                                                                            GESELLSCHAFT                                            ­physischen und psychischen Befinden und beobachten den Allgemeinzustand

      Sie ein
                                                                                                                                       14   Eine Klientin mit seltener Krankheit erzählt             ­laufend. Verschlechtert sich der Zustand eines Klienten, können Spitex-Mitar-
                                                                                                                                                                                                      beitende – in enger Zusammenarbeit mit dem Hausarzt – frühzeitig eingreifen.
                                                                                                                                       21   FOKUS «Pflegefinanzierung»
                                                                                                                                                                                                      Dank der Spitex können auf Pflege und Betreuung angewiesene Menschen
                                                                                                                                       22   Sechs Themen der Pflegefinanzierung

      Hörgerät.
                                                                                                                                                                                                      auch während der Pandemie zu Hause versorgt, soziale Isolation und Folge­
                                                                                                                                       30   Die Betreuung und ihre Finanzierung beleuchtet
                                                                                                                                       38   Das neue Finanzmanual verspricht viele Vorteile           erkrankungen verhindert sowie Spitaleinweisungen vermieden werden. So kön-
                                                                                                                                                                                                      nen Spitalbetten für Menschen freigehalten werden, die dringend hospitalisiert
                                                                                                                                          NETZWERK                                                    werden müssen. Damit beweist die Spitex mitten in der Pandemie – ebenso
                                                                                                                                       42 Die Umsetzung der Nationalen Demenzstrategie                wie in der nun hoffentlich abflauenden Krise – einmal mehr ihre unverzichtbare
      Im Wert von bis zu CHF 6‘000. –                                                                                                                                                                 Rolle in der Gesundheitsversorgung. Dies ist dank dem grossen Einsatz unserer
      inklusive bewährtem Neuroth-                                                                                                        DIALOG
                                                                                                                                       50 «5 Fragen» an Volksmusik-Star Melanie Oesch
                                                                                                                                                                                                      Mitarbeitenden möglich, und dafür danke ich allen Beteiligten herzlich!

      Qualitätsservice für sechs Jahre.                                                                                                                                                             In dieser Ausgabe berichten wir anhand von Beispielen aus drei Kantonen, wie
                                                                                                                                       51 DIE LETZTE                                                die Spitex die Pandemie bisher gemeistert hat. Zudem warten viele weitere
                                                                                                                                                                                                    Berichte aus der Welt der Spitex – wie das Fokusthema «Pflegefinanzierung»,
                          Hier geht‘s zum Online-Gewinnspiel:                    Oder direkt                                                                                                        in dessen Rahmen verschiedene aktuelle Themen beleuchtet werden. Ich
                          neuroth.com/hoergeraet-gewinnen                           QR-Code                                            Titelseite: Die Finanzierung der Pflege; dargestellt durch   wünsche Ihnen eine spannende Lektüre. Bleiben Sie weiterhin gesund!
                                                                                 einscannen:                                           Münzen und Noten mit Motiven aus dem Spitex-Alltag
                                                                                                                                       Bildmontage: Pomcanys Marketing AG                           Marianne Pfister, Geschäftsführerin Spitex Schweiz

                                                                                                                                             Smart, nützlich, gratis.
   HÖRGERÄTE // HÖRBERATUNG // GEHÖRSCHUTZ
                                                                                                                                             Die Spitex Magazin-App mit neuen                                                             Informiert sein und mitreden:
                                                                                                                                             Funktionen für Ihr Smartphone oder Tablet.                                                  facebook.com/SpitexMagazin
Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
4          AUFTAKT                                                                                SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI          SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI                                                                        AUFTAKT
                                                                                                                                                                                                                                                                                       5
Eine Theologin bei der Spitex                                                                                                                          Ein neues Vorstandsmitglied
Während der Corona-Krise haben viele Menschen der Spitex ihre Hilfe angeboten. Ein
Beispiel ist die gelernte Pflegefachfrau und promovierte Theologin Edith Zingg. Die
                                                                                                                                                       für Spitex Schweiz
Leiterin der hiesigen katholischen Gemeinde war gewissermassen der Trumpf im Ärmel                                                                     An der digitalen Delegiertenversammlung von Spitex Schweiz Ende Mai
der Spitex Ostermundigen SG.                                                                                                                           wurde der Strategieprozess eingeleitet – und mit Erich Ettlin wurde ein neues
                                                  ­ 9 in einer zweiten Welle zurückkehren, wür-
                                                  1                                                  Sicherheit im Umgang mit den Klientinnen          Vorstandsmitglied gewählt.
                                                  de sie erneut in Aktion treten. Eingearbeitet      und Klienten erlangte. Anfangs stresste mich
                                                  ist sie – und entschlossen zu helfen, wann im-     die Arbeit mit dem Tablet am meisten. Das         FH. Die Delegiertenversammlung (DV) von       beitsgruppe wird bereits im Juni 2020 ihre
                                                  mer es nötig ist. Doch im Moment scheint           gab es während meiner Ausbildung nämlich          Spitex Schweiz vom 28. Mai konnte wegen       Arbeit aufnehmen.
                                                  COVID-19 unter Kontrolle, die Menschen ge-         noch nicht», berichtet sie. Auch von kleinen      der eingeschränkten Versammlungsfrei-
                                                  niessen die zurückgewonnenen Freiheiten –          Pannen liess sie sich nicht entmutigen. Als       heit aufgrund von COVID-19 nicht wie ge-      Ein Obwaldner neu im Vorstand
                                                  und auch die Kirchenbänke füllen sich wieder.      sie zum Beispiel bei ihrem ersten «Solo»-Ein-     plant physisch in Bern stattfinden, sondern   Die Delegierten wählten zudem den Ob-
                                                                                                     satz das Sachet übersah, welches sich neben       wurde als Videokonferenz durchgeführt.        waldner Ständerat Erich Ettlin (CVP) als
                                                  Tausche Hilfe  …                                   der Medikamentenbox versteckte, radelte sie       Die Delegierten konnten ihre Stimmen zu       neues Mitglied in den Vorstand von Spitex
                                                  Mitte März war das anders. Da mehrten sich         zurück, um es zu holen. «Zum Glück war ich        den traktandierten Geschäften vorgängig       Schweiz. Erich Ettlin tritt die Nachfolge des
                                                  die Bilder von überfüllten Spitälern in Italien,   zeitlich gut dran und konnte das Missge-          schriftlich abgeben. Am Tag der DV führte     Berner Nationalrates Lorenz Hess (BDP) an,
                                                  von entkräfteten Pflegefachkräften und ver-        schick als körperliches Zusatztraining verbu-     Präsident Thomas Heiniger die eingelogg-      der nach sieben Jahren Vorstandstätigkeit
 «Ich kann der                                    zweifelten Menschen. Auch im Kopf und im           chen.» Als mühsam empfand Edith Zingg das         ten Delegierten durch die virtuelle Ver-      zurückgetreten ist. Die Delegierten verab-
                                                  Herzen von Edith Zingg blieben diese Bilder        Tragen eines Mundschutzes. «Das hat mich          sammlung – und bedankte sich in seiner        schiedeten den Berner Politiker und dank-
 Spitex den Rücken                                haften. Sich damit zufriedenzugeben, dass          bei der Begegnung mit den betagten Klien-         Eingangsrede bei allen Spitex-Mitarbeiten-    ten ihm für sein grosses Engagement für die
                                                  sich die Situation in der Schweiz noch verhält-    ten behindert. Weil ältere Menschen oft           den für ihre ausgezeichnete Arbeit wäh-       Anliegen der ambulanten Pflege. Lorenz
 freihalten.»                                                                                                                                                                                                                                         Der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin, neu im
                                                  nismässig gut darstellte, war keine Option für     nicht mehr gut hören, lesen sie viel vom          rend der Pandemie.                            Hess bleibt weiterhin Mitglied des politi-       Vorstand von Spitex Schweiz. Bild: zvg
 Edith Zingg                                      sie. «Meine Ausbildung im Pflegebereich und        Mund und von der Mimik ab, vor allem dann,           Dem Vorstand ist es ein grosses Anlie-     schen Beirates von Spitex Schweiz.
                                                  als Theologin hat mich sensibel gemacht für        wenn sie jemanden kennenlernen», erklärt          gen, die Strategieentwicklung von Spitex          Der 58-jährige Erich Ettlin ist Vizepräsi-   wicklung sowie ‹ambulant vor stationär›
BEB. Edith Zingg kommt ursprünglich aus Wil       verletzliche und verletzte Menschen auf ver-       sie. Insgesamt an drei Halbtagen war Edith        Schweiz voranzutreiben. Er hat einen ent-     dent der ständerätlichen Kommission für          wird die Spitex in Zukunft noch an Wichtig-
SG und hat einst Krankenschwester AKP ge-         schiedenen Ebenen. Bei der Pflege geht es ja       Zingg für die Spitex unterwegs und hat aus        sprechenden Strategieprozess eingeleitet,     Soziale Sicherheit und Gesundheit SGK, die       keit zunehmen. Es ist wichtig, dass die Pfle-
lernt, dürfte sich heute also Diplomierte Pfle-   auch nicht nur um den Körper als Funktions-        dieser Zeit viele Eindrücke mitgenommen.          welcher von den Delegierten genehmigt         er im Jahr 2021 präsidieren wird. «Die Pfle-     gefinanzierung gesichert und das Pflegeper-
gefachfrau HF nennen. Als promovierte Theo-       maschine», sagt die 54-Jährige.                    Sie sagt: «Ich staunte über die gute Organi-      wurde. Diese haben eine Arbeitsgruppe mit     ge und Betreuung zu Hause sind sehr wich-        sonal gestärkt wird. Gerne setze ich mich im
login könnte sie auf ihrem Namensschild               Während der Suche nach einer Möglich-          sation. Und unter anderem hat mich auch die       Vertretern des Vorstandes und der Regio-      tig für unsere Gesellschaft, sie ermöglichen     Parlament dafür ein», erklärte Ettlin, der als
auch einen Doktortitel hinzufügen. Und weil       keit zu helfen, wandte sie sich auch ans In-       Achtsamkeit in Bezug auf die Wünsche der          nalkonferenzen eingesetzt, um Grundlagen      den Menschen, dass diese auch bei Krank-         Steuerexperte arbeitet und in seinem Hei-
sie seit Jahren der Pfarrei Guthirt in Oster-     selspital Bern. «Dort war man personell gut        Klientinnen und Klienten beeindruckt.»            zu erarbeiten, damit die DV 2021 wichtige     heit in der gewohnten Umgebung bleiben           matort Kerns OW wohnt, gegenüber dem
mundigen vorsteht, welcher gut 8000 Katho-        aufgestellt. Man gab mir aber den Tipp, mich                                                         Strategieentscheide treffen kann. Die Ar-     können. Aufgrund der demografischen Ent-         Spitex Magazin.
liken der Region angehören, wäre auch der Ti-     bei der lokalen Spitex zu melden.» Das er-         Die Reserve ist wertvoll
tel der Gemeindeleiterin angemessen. Doch         schien Edith Zingg eine geniale Idee. «Soll-       Bei der Spitex Ostermundigen arbeiten rund
Edith Zingg winkt ab. Nicht weil dazu jedes       te unser Gesundheitssystem kollabieren,            100 Frauen und Männer. Um ihren Auftrag zu
Namensschild zu klein wäre. Auch nicht, weil      kann sich die Spitex dank freiwilligen Hel-        erfüllen, ist die Spitex äusserst gut mit ande-                                                 Der neue Jahresbericht                           anschaulich gestaltete Statistiken sowie
sie ein «scheues Mäuschen» ist. Nein, die         fern auf die anspruchsvolleren Tätigkeiten         ren regionalen Organisationen aus dem Sozi-                                                                                                      Berichte aus den Ressorts der Geschäfts-
                                                                                                                                                                                                     ist da
Mittfünfzigerin hält schlicht und ergreifend      konzentrieren. Mit meinem Hintergrund              al- und Gesundheitsbereich vernetzt. Man                                                                                                         stelle von Spitex Schweiz. Interessierte
nichts von Äusserlichkeiten wie Titeln. «Ich      könnte ich ihr bei einfachen pflegerischen         trifft sich regelmässig und tauscht sich aus.                                                   Red. Der Jahresbericht 2019 von Spitex           können sich in die Texte einklicken und
habe nicht das Bedürfnis, als Person im Mit-      Einsätzen den Rücken freihalten.» Sie tele-        Die Corona-Krise verlief in ihrem Einzugsge-                                                    Schweiz ist an der Delegiertenversamm-           über die Notwendigkeit von nationalen
telpunkt zu stehen. Ich habe mehr ‹den            fonierte mit der Spitex Ostermundi-                biet bisher eher unspektakulär. Geschäftsfüh-                                                   lung von Spitex Schweiz am 28. Mai 2020          Grundlagen für die Spitex genauso mehr
Plausch›, wenn es um andere geht. Der Titel       gen – und dann ging alles ganz schnell.            rerin Esther Gingold sagt: «Wir kamen ohne                                                      genehmigt worden. Er liegt dieses Mal in         erfahren wie über den Spitex-Tag 2019, die
macht den Menschen nicht aus», sagt sie.                                                             die Unterstützung von Edith Zingg und einer                                                     reduzierter Printversion vor – und ausführ-      Erfahrungen mit interRAI CMHSchweiz
Entsprechend schlummert nun im Gardero-           …  gegen Erfahrungen                               weiteren freiwilligen Pflegefachfrau über die                                                   lich in einer modern gestalteten digitalen       und die Arbeit des Vorstandes von Spitex
benschrank der Spitex Ostermundigen ein           Bereits wenige Tage später fand ein Ge-            Runden. Für eine allfällige zweite Welle dür-                                                   Version, welche unter www.spitex.ch/             Schweiz, der 2019 neu konstituiert wor-
Namensschild mit der einfachen Aufschrift         spräch statt, und bald darauf begleitete Edith     fen wir die Kolleginnen aber als stille Reserve                                                 JB2019 bereitsteht. Im Jahresbericht sind        den ist.
«Edith Zingg». Edith Zingg hat den Schlüssel      Zingg eine Spitex-Mitarbeiterin auf deren          behalten. Das ist wertvoll für uns – und eine                                                   nicht nur der Finanzbericht zum Ge-
zu diesem Schrank behalten. Sollte COVID-­        Tour. «Es überraschte mich, wie schnell ich        Motivation für das ganze Team.»                                                                 schäftsjahr 2019 einsehbar, sondern auch             www.spitex.ch/JB2019
Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI                                                                                                                                                                      AUFTAKT
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               7
«Gesundheitsförderung heisst
Wertschätzung statt Kontrolle»                                                                                                Die Pflege soll LGBTIQ-freundlicher werden
Damit Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) Früchte trägt, muss ein
Arbeitgeber offen und transparent mit seinen Mitarbeitenden kommunizieren.                                                    Red. Die Fachgruppe «Alter» von verschie-        spektierung der jeweiligen Lebenssituation                                                                                                gen zu den Bedürfnissen von LGBTIQ-Men-
                                                                                                                              denen Schweizer LGBTIQ*-Verbänden hat            genannt. Heime sollen über eine LGBTIQ-­                                                                                                  schen ausarbeitet und den Dachverbänden
Wie das geht, zeigt das Beispiel Puntreis aus dem schönen Bündnerland.                                                        die Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht,     freundliche Hausordnung verfügen und of-                                                                                                  und Organisationen der Langzeitpflege zur
                                                                                                                              mit der erhoben wurde, welche Erwartun-          fen sein für B  ­ esuche aus der LGBTIQ-­                                                                                                 Verfügung stellt. Weiter wird sie LGB-
                                                                   Mitarbeitende selbst dann eine enorme Entlastung sind,     gen LGBTIQ-Menschen an Organisationen            Gemeinschaft. Bei den Erwartungen an                                                                                                      TIQ-akzeptierende Musterklauseln für Leit-
                                                                   wenn sie nur zwei Stunden arbeiten kommen können.
                                                                                                                              der Pflege haben. An der nicht repräsentati-     Pflegefachschulen ist zentral, dass LGBTIQ-­                                                                                              bilder und Verhaltenskodizes von Betrieben
                                                                   «Das fördert den Teamgeist», so Diego Deplazes.
                                                                                                                              ven Online-Umfrage nahmen 246 Personen           Bedürfnisse in den Ausbildungs- und Studi-                                                                                                der Pflege verfassen. Auch soll ein Label für
                                                                   Dem Arztzeugnis sei Dank                                   teil. Es zeigte sich, dass eine Mehrheit der     eninhalten abgebildet werden.                                                                                                             die Anerkennung als LGBTIQ-freundliche
                                                                   Ganz allgemein geniesst Puntreis bei seinen Angestellten   Teilnehmenden der Meinung ist, dass die              Bei der Wahl eines Heims oder einer Spi-                                                                                              Organisation in der Pflege ausgearbeitet und
                                                                   ein hohes Ansehen. «Wir haben immer wieder Fälle,
                                                                   in denen Mitarbeitende arbeiten möchten, aber nicht        Organisationen nicht oder nur mässig auf         tex-Organisation wünscht sich eine grosse                                                                                                 2021 eingeführt werden.
                                                                   dürfen, weil sie zu 100 % arbeitsunfähig geschrieben       LGBTIQ-Menschen (und Menschen mit HIV)           Mehrheit, dass diese über ein Leitbild ver-                                                                                                  Das Thema sei nicht etwa ein Randthe-
                                                                   sind.» Dank den ausführlichen, freiwilligen Arztzeugnis-   vorbereitet sind – wobei die Einschätzung        fügen, das klarstellt, dass LGBTIQ-Men-                                                                                                   ma, stellt die Fachgruppe Alter abschlies­
                                                                   sen ist dies aber mittlerweile in Absprache mit dem Arzt   der Spitex etwas positiver ausfällt als dieje-   schen akzeptiert werden. Etwa ein Drittel                                                                                                 send klar: Laut konservativen Schätzungen
                                                                   möglich geworden.
                                                                                                                              nige der anderen Organisationen.                 der Befragten wünschen sich sogar spezifi-                                                                                                gehören 10 Prozent der Menschen zur Ge-
                                                                   Das Beispiel Puntreis zeigt, dass sich Offenheit und                                                        sche LGBTIQ-Anbieter.                                                                                                                     meinschaft der LGBTIQ. 2018 wurden in der
                                                                   Transparenz bei der Einführung eines BGM lohnen.           Erwartungen ans Leitbild                             Von der Fachgruppe Alter selbst wün-                                                                                                  Schweiz 367 378 Menschen von der Spitex
                                                                   Interesse und Verständnis zeigen hilft gegen beruflichen
                                                                                                                              Zuoberst bei den Erwartungen an die Anbie-       schen sich die Befragten unter anderem,                                                                                                   versorgt; dementsprechend betreut die Spi-
                                                                   Stress und motiviert. Ob Diego Deplazes deshalb bald
                                                                   weitere Gesundheitsförderungen einführt? «Momentan         ter steht die Bereitschaft, LGBTIQ-­Menschen     dass diese sich für einen LGBTIQ-Leitfaden,                                                                                               tex rund 36 738 LGBTIQ-Menschen.
                          Diego Deplazes, Geschäftsführer des      nicht. Aber sollten Mitarbeitende den Anstoss geben,       zu pflegen und zu betreuen. An zweiter Stel-     ein LGBTIQ-Label sowie eine LGBTIQ-Zer-
             Gesundheitszentrums Puntreis, initiierte das BGM in   hätte ich sicher ein offenes Ohr dafür.» Ein BGM solle     le wird die Respektierung der sexuellen Ori-     tifizierungsstelle in der Pflege einsetzt. Die                                                                                            * «Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Intersex, Queer»
                  seinem Betrieb mit Unterstützung von Visana.     schliesslich nicht alleine vom Unternehmen verordnet
                                                                   werden.                                                    entierung und/oder Geschlechtsidentität          Fachgruppe stellt in Aussicht, dass sie nun
                                                                                                                              ­erwartet. Bei der Spitex wurde zudem die Re-    Unterlagen für Informationsveranstaltun-                                                                                                      www.pinkcross.ch
Auch das Arbeitsumfeld von Pflegekräften will gepflegt
sein. Davon ist Diego Deplazes, Geschäftsführer des
Pflegezentrums Puntreis im bündnerischen Disentis /                    BGM – mit System zum Erfolg
                                                                                                                                                                                           gt und         e?
Mustér, überzeugt. «Die physische und psychische                       Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist
                                                                                                                              Spitex-Tag zum Motto                               Wer pfle tzt Sie zu Haus                                                                                                                Die Spitex vernetzt
Belastung ist nicht zu unterschätzen», erklärt er.                     mehr als Prävention, es ist Ausdruck echten Interes-
                                                                                                                                                                                 unter s tü                                                            h da.
                                                                                                                                                                                                                                   rne täglic
Absenzen belasten die verbleibenden Teammitglieder,                    ses an der physischen und psychischen Gesundheit                                                                                            d wir ge

                                                                                                                              «Danke Spitex!»                                                                                                                                                                            sich zunehmend digital
                                                                                                                                                                                          Be   glinger sin
                                                                                                                                                                                 Für Frau
und qualifiziertes Personal ist in der Gesundheitsbranche              der Mitarbeitenden. Visana berät Sie bei der syste-
                                                                                                                                                                                                           tex!
zur Mangelware geworden. «Deshalb wollen wir ein                       matischen Umsetzung – sei es mit Referaten,                                                                          e Spi
                                                                                                                              Red. Von der Hauswirtschafts-Mitarbeiterin            Dank                                                                                                                                 Red. Die Umfrage zum eHealth-Barome-
attraktiver Arbeitgeber sein.»                                         Seminaren, Unfallprävention oder Berechnungstools.
                                                                       visana.ch/bgm                                          bis zur Pflegeexpertin APN haben sich alle                                                                                                                                                 ter 2020 zeigt, dass die digitale Vernetzung
Mit drei Massnahmen zum Ziel                                                                                                  Mitarbeitenden der Spitex in den vergange-                                                                                                                                                 von Schweizer Gesundheitsfachpersonen
Um diesem Anspuch gerecht zu werden, hat Diego
Deplazes Mitte 2018 in Absprache mit den Verwaltungs-                                                                         nen Wochen dafür eingesetzt, dass sämtli-                                                                                                                                                  im Vergleich zum vergangenen Jahr fast
räten Visana als externen Partner für ein BGM heran-                   Puntreis Center da sanadad SA                          che Klientinnen und Klienten auch während                                                                                                                                                  gleichgeblieben ist – in der Spitex-Branche
gezogen. Umgesetzt wurden drei Massnahmen: syste-                      Das Pflegezentrum Puntreis im bündnerischen            der COVID-19-Pandemie gut versorgt wa-                                                                                                                                                     ist hingegen ein Anstieg festzustellen. Der
matische Rückkehrgespräche, regelmässiger Kontakt                      Disentis / Mustér verfügt über 55 Pflegeplätze mit
                                                                                                                              ren. Dank ihnen ist während der Pandemie                                                              tag, 5. Se
                                                                                                                                                                                                                                                       ptember
                                                                                                                                                                                                                                                                          2020
                                                                                                                                                                                                                                                                                                tschafts
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         -Mitarbe
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  i-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Austausch über eine Behandlung findet bei
während Absenzen sowie ausführliche Krankheitszeug-                    einer Abteilung für demenzkranke Menschen. Hier
                                                                                                                                                                                                                                                                                       Hauswir
                                                                                                                                                                                                                        ag: Sams
                                                                                                                                                                                                                                                                             – von der                      ende
                                                                                                                                                                                                                                                                    ersonen                    se eine trag
                                                                                                                                                                                                                Spitex-T
                                                                                                                                                                                                                                                           ex-Fachp                nten zu Hau     terbildu
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            ngs-
                                                                                                                                                                                                                                                 ung. Spit              g der Klie
                                                                                                                                                                                         Nationaler
                                                                                                                                                                                                                                        sversorg               rstützun                 aktive Wei

                                                                                                                              aber auch die wichtige Rolle der Spitex im                                                                                                                                                 der Spitex am häufigsten elektronisch
                                                                                                                                                                                                                                                                                                             aus.
                                                                                                                                                                                                                             Gesundheit
                                                                                                                                                                                                                                      r der       ge und Unte    Pfle      zeiten, attr Arbeits   der Spitex     t bei
                                                                                                                                                                                                                            ndpfeile                   ulanten                 sen und                  Tätigkei

nisse.                                                                 erhalten Betroffene spezielle, bedürfnisgerechte
                                                                                                                                                                                                                  tiger Gru                 in der amb                ible Pen                 hnen die
                                                                                                                                                                                                    ist ein wich                 nehmen                   eiten, flex                 nen zeic
                                                                                                                                                                                         Die Spitex                    in – über                olles Arb                die Klientin         ammen»
                                                                                                                                                                                                                                                                                                        an.
                                                                                                                                                                                                   zur Pfle
                                                                                                                                                                                                            geexpert
                                                                                                                                                                                                                           verantw
                                                                                                                                                                                                                                     ortungsv                 ng durch               und Heb
                                                                                                                                                                                         terin bis                                                  tschätzu               geberufe
                                                                                                                                                                                                               diges und                   iche Wer           hr der Pfle
                                                                                                                                                                                                     Selbstän                  ie die tägl        -Motto «Ja
                                                                                                                                                                                          Funktion.

                                                                                                                              Gesundheitssystem für alle ersichtlich ge-                                                                                                                                                 statt. Auch bei elektronischen Systemen,
                                                                                                                                                                                                                    eiten sow

                                                                       Pflege und Betreuung. Puntreis beschäftigt rund 90
                                                                                                                                                                                                             lichk                     das   WHO
                                                                                                                                                                                          und Karr
                                                                                                                                                                                                    ieremög                  t sich an
                                                                                                                                                                                                         e Spit ex-Tag lehn
                                                                                                                                                                                                    onal                                                     azin
                                                                                                                                                                                           Der Nati                                              Spitex Mag
                                                                                                                                                                                                                                    40 20 |
                                                                                                                                                                                                                          0842 80
                                                                                                                                                                                                                 Telefon

«Unsere Mitarbeitenden sollen spüren, dass wir uns für                 Mitarbeitende – darunter elf Lernende und Studie-
                                                                                                                                                                                                      ex.ch |
                                                                                                                                                                                            www.spit

                                                                                                                              worden. Deshalb ist es jetzt ganz besonders                                                                                                                                                die zur Speicherung dienen, sind die Spi-
sie interessieren», betont Diego Deplazes. Wertschät-                  rende – und bietet mit dem hauseigenen Restaurant
zung statt Kontrolle ist angesagt. Deshalb bleibt Puntreis             einen beliebten öffentlichen Treffpunkt für Bewohner
                                                                                                                              an der Zeit, allen Mitarbeitenden Danke zu                                                                                                                                                 tex-Organisationen vorne mit dabei. Eine
neu mit kranken Kolleginnen und Kollegen in kontinuier-                und Besucher.                                          sagen. Der Nationale Spitex-Tag vom 5. Sep-                                                                                                                                                Mehrheit der befragten Spitex-Organisa-
lichem Austausch und evaluiert im Nachhinein, ob der                                                                          tember 2020 bietet Gelegenheit dazu, steht       gerätespezialist Neuroth steht für eine Zu-                                                                                               tionen sieht im elektronischen Patienten-
Ausfall arbeitsbedingter Natur war. Zudem werde stets                                                                         er doch unter dem Motto «Danke Spitex!».         sammenarbeit gern zur Verfügung: Spitex-­                                                                                                 dossier (EPD) einen Mehrwert für die inte-
offen und transparent kommuniziert, welche Konsequen-
zen Abwesenheiten für das Team haben und weshalb                                                                              Damit lehnt er sich an das WHO-Motto             Organisationen können die Neuroth-Filiale                                                                                                 grierte Versorgung. Insgesamt haben
                                                                                                                              «Jahr der Pflegeberufe und Hebammen» an.         in ihrer Region kontaktieren, wenn sie am                                                                                                 112 Nonprofit-Spitex-Organisationen an
                                                                                                                                 Spitex-Organisationen können den Tag          Spitex-Tag kostenlose Hörtests und Hörbe-                                                                                                 der Umfrage teilgenommen. Alle Ergebnis-
                                                                                                                              frei gestalten. Möglichkeiten sind ein «Tag      ratung anbieten möchten. Spitex Schweiz                                                                                                   se der Umfrage zum eHealth-Barometer
                                                                                                                              der offenen Türen» für die Bevölkerung, «Ein     hat zudem ein neues Fotosujet im Kampag-                                                                                                  sind online verfügbar.
                                                                                                                              Tag mit Pflegefachfrau XY» für Medienschaf-      nen-Design zum Motto «Danke Spitex!» ge-
                                                                                                                              fende oder eine Veranstaltung mit anderen        staltet (siehe Bild), das als Vorlage für Inse-                                                                                               https://e-healthforum.ch/studienergeb-
                                                                                                                              Leistungserbringern und Politikern. Der Hör-     rate und Plakate zur Verfügung steht.                                                                                                          nisse-2020/
Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
8         DIENSTLEISTUNG                                                                         SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI             SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI                                                             DIENSTLEISTUNG
                                                                                                                                                                                                                                                                                           9
Wie die Spitex COVID-19 meistert                                                                                                                         Vertretern des Kantons eingeladen, um offenen Fragen zu
                                                                                                                                                         klären – mit Erfolg. «Zum Beispiel konnten wir die Durch-
                                                                                                                                                         führung von COVID-­19-­Tests bei unseren Klienten neu re-
                                                                                                                                                         geln», erzählt Brigitte Garessus. «Denn manche weigerten
Im letzten Spitex Magazin wurde bereits darüber berichtet, wie das Coronavirus                                                                           sich trotz Symptomen, für einen Test ins Spital zu fahren.
                                                                                                                                                         Sie hatten Angst, dass man sie nicht mehr zurück nach
 den Alltag der Spitex prägt. Weil das Thema immer noch äusserst aktuell ist, wird                                                                       Hause lassen würde.» Darum wurde verfügt, dass Spi-
 erneut in drei Kantonen in drei Sprachregionen nachgefragt, wie COVID-19 bisher                                                                         tex-Klienten vom mobilen Ärzte-Team getestet werden
                                                                                                                                                         durften, das im Kanton Basel-Stadt für das Durchführen
 gemeistert wurde: In den Kantonen Tessin, Neuenburg und Basel-Stadt beschäftigt                                                                         von ambulanten COVID-19-Tests beauftragt worden war.
 man sich mit knappem Schutzmaterial, verunsicherten Klientinnen und Klienten                                                                            «An jenem Treffen haben wir zum Beispiel auch auf die
                                                                                                                                                         wichtige Rolle der Spitex hingewiesen», fügt Brigitte Ga-
­sowie mit zusätzlichen Aufgaben, welche die Spitex während der Krise übernimmt.                                                                         ressus an. «Wir haben darauf hingewiesen, dass die Spitex
                                                                                                                                                         die Spitalbetten freihält, indem sie die Menschen zuhause
                                                                                                                                                         pflegt. Und dass sie Spitalbetten für COVID-19-Patienten
«Für die Spitex ist die Krise                                  Mitarbeitenden während ihrer Einsätze genauso Schutz-                                     freimachen hilft, weil die Spitäler viele Patienten frühzei-
noch nicht vorbei»                                             masken tragen müssen wie in den Stützpunkten, in welchen
                                                               teilweise enge Platz­verhältnisse herrschen. «Vor allem zu
                                                                                                                                                         tig nach Hause entlassen können.»

                                                               Beginn der Pandemie war auch die wahre Sturzflut an Infor­                                Für andere Anbieter in die Bresche gesprungen
Basel-Stadt ist der von der COVID-19-Pandemie am               mationen eine grosse Herausforderung», erzählt Brigitte                                   Basel-Stadt wurde von der Pandemie von allen Deutsch-
stärksten betroffene Kanton der Deutschschweiz.                Garessus. «Wir filterten diese stark und leiteten unseren                                 schweizer Kantonen am stärksten getroffen. Laut dem Bun-
Brigitte Garessus, Leiterin des Pandemie-Teams von             Mitarbeitenden nur die wichtigsten Informationen klar for-                                desamt für Gesundheit (BAG) sind bisher 581.7 Personen pro
SPITEX BASEL, erzählt von den Herausforderungen                muliert weiter.»                                                                          100 000 Einwohner an COVID-19 erkrankt, es gab 978 posi-
der vergangenen Wochen – und sie erklärt, wieso die                                                                                                      tiv getestete COVID-19-Patienten und insgesamt 50 Todes-         Einmal wöchentlich verteilen die Verantwortlichen der Stadtbasler Spitex das
Krise die Spitex weiter beschäftigt.                           Ein direkter Draht zum Kanton                                                             fälle [Stand: 8. Juni 2020]. Im März und April stieg nicht nur   streng limitierte Schutzmaterial an alle Stützpunkte. Bild: SPITEX BASEL
                                                               Der Kanton Basel-Stadt hatte keinen zentralen Krisenstab                                  die Zahl der COVID-19-Patienten in Basel-Stadt an – SPITEX
Weil sich das Coronavirus rasant in der Schweiz ausbreite-     etabliert, sondern das Pandemie-Management in beste-                                      BASEL verzeichnete auch einen Zuwachs ihrer Leistungsstun-       tig machte: «Ein Mitarbeiter wurde für den Sanitätsdienst
te, wurde Ende Februar die traditionsreiche Basler Fasnacht    hende Verwaltungsstrukturen integriert. In der Anfangs-                                   den. Dies ist erstens mit der erwähnten frühzeitigen Entlas-     eingezogen», berichtet sie. «Wir haben sofort interveniert
abgesagt, und dem Lieferanten von SPITEX BASEL ging das        phase kam erschwerend hinzu, dass der generelle Fokus                                     sung von Patienten aus dem Spital zu erklären. Zweitens wa-      und darauf hingewiesen, dass wir all unsere Mitarbeiten-
Schutzmaterial aus. «Zu diesem Zeitpunkt wurde mir end-        der Bewältigung der Pandemie auf dem Aufbau der stati-                                    ren es verschiedene «Nebenwirkungen» der Massnahmen              den derzeit dringend brauchen. Zum Glück durfte unser
gültig klar, dass die COVID-19-Pandemie den Alltag der         onären Infrastruktur lag – und der ambulante Bereich eine                                 des Bundes, welche die Spitex auf Trab hielten. «In der au-      Mitarbeiter daraufhin zur Spitex zurückkehren.»
Spitex in den kommenden Monaten beherrschen wird», er-         geringere Priorität hatte. «Dagegen wehrten wir uns ent-                                  sserordentlichen Lage wurden viele Angebote vorüberge-               Das Pandemie-Team machte sich derweil Gedanken da-
innert sich Brigitte Garessus. Die Pflegefachfrau HF ist bei   schieden. Schliesslich versorgen wir fast ausschliesslich                                 hend geschlossen, zum Beispiel Mittagstische, Physiothera-       rüber, wie ein allfälliger weiterer Anstieg der Leistungsstun-
der Basler Spitex als Bereichsleiterin tätig und wurde nun     vulnerable Menschen», betont Brigitte Garessus. Glückli-                                  pie-Anbieter, Tageskliniken oder aufsuchende Dienste», zählt     den oder Personalengpässe bewältigt werden könnte. «Für
zusätzlich zur Leiterin des Pandemie-Teams erklärt. «SPI-      cherweise habe die Spitex alsbald einen «direkten Draht»                                  Brigitte Garessus auf. «Oft konnte die Spitex dank ihrer brei-   jeden einzelnen Klienten haben wir uns überlegt, welche
TEX BASEL hat allerdings bereits Anfang Januar auf das         zum kantonalen Gesund-                                                                    ten Kompetenzen in die Bresche springen.»                        Dienstleistungen wir notfalls weglassen oder reduzieren
neuartige Virus reagiert», berichtet sie. «Wir reflektierten   heitsdepartement aufbau-                                                                                                                                   könnten», erklärt Brigitte Garessus. «Dank dieser detail-
die Erfahrungen, welche die Spitex mit früheren Pandemi-       en können. «Wir haben                                                                     Sich für Schlimmeres rüsten                                      lierten Planung der Priorisierung unserer Leistungen sind
en gemacht hatte, und begannen uns dementsprechend             uns sozusagen selbst in                                                                   Die anfallende zusätzliche Arbeit konnte SPITEX BASEL            wir für eine Zuspitzung der Krise gerüstet.»
vorzubereiten.» So bemühten sich die Verantwortlichen          die Krisenorganisation                                                                    mit den eigenen Mitarbeitenden bewältigen, weil sie gut
vorausschauend um mehr Schutzmaterial, mussten jedoch          eingeladen, wurden dann                                                                   mit den bestehenden Ressourcen haushaltete. Erleich-             Gespräche vermitteln Sicherheit
feststellen, dass Masken und Schutzkittel bereits knapp        aber sehr gut aufgenom-                                                                   ternd kam hinzu, dass Schulungen und Sitzungen abgesagt          Während der Pandemie war es den Führungspersonen von
waren. Zudem wurden erstmals alle 600 Mitarbeitenden           men.» So erhielt SPITEX                                                                   werden mussten, wodurch Ressourcen freigeschaufelt               SPITEX BASEL wichtig, dass nicht nur Klientinnen und Kli-
per Mail und Aushang über das Coronavirus informiert und       BASEL beispielsweise                                                                      wurden. Zudem wurden einige Aufträge von Klientinnen             enten gut betreut wurden – sondern auch die Spitex-Mit-
an die herrschenden Hygienevorschriften erinnert, die nun      wöchentlich einen streng                                                                  und Klienten gestrichen, teilweise aus Angst vor einer An-       arbeitenden selbst. «Sie hatten zu Beginn viele Fragen,
wichtiger waren denn je.                                       limitierten Anteil am                                                                     steckung durch die Spitex. «Darum haben wir all unsere           und unsere Leitungspersonen haben sehr viele Gespräche
    Ab Ende Februar trafen sich die Mitglieder des Spitex-­    verfügbaren Schutzma-                                                                     Klienten sofort aufgeklärt, dass wir sie professionell schüt-    geführt», erzählt Brigitte Garessus. «Das Reden hat un-
Pandemie-Teams dann täglich zur Telefonkonferenz. «In          terial vom Kanton.                                                                        zen», erzählt Brigitte Garessus. «Blieb ein Klient bei der       seren Mitarbeitenden genauso Sicherheit vermittelt wie
dieser Zeit muss man den Mut haben, Entscheidungen zu             Mitte März wurden                                                                      Absage, fragten wir aktiv nach, wie es ihm ohne die pro-         unsere strengen Hygienemassnahmen. Und dieses Sicher-
fällen und zu handeln, statt lange zu überlegen» sagt Bri-     Brigitte Garessus und        «In dieser Zeit mus                                          fessionelle Unterstützung erging. Denn es ist wichtig, dass      heitsgefühl haben unsere Mitarbeitenden dann unseren
gitte Garessus. «Denn kaum hat man eine Herausforderung        Geschäfts­leiter Stefan                                    s man den Mut ha               der Kontakt zum Klienten jederzeit aufrechterhalten              Klienten weitergegeben, indem sie ihnen mit Überzeu-
                                                                                            Entscheidungen zu                                   ben,
                                                                                                                          fällen und zu hand
bewältigt, folgt auch schon die nächste.» Schnell einmal       Schütz zu einem Tref-        Brigit te Garessus,
                                                                                                                Leiterin Pandemie-
                                                                                                                                                 eln.»   wird.» Einen Dämpfer erhielt das sorgfältige Haushalten,         gung sagen konnten: ’Es kann Ihnen nichts passieren, wir
                                                                                                                                  Team SPITE X BA SEL
beschloss das Pandemie-Team unter anderem, dass alle           fen mit verschiedenen                                                                     als das Militär der Spitex personelle Ressourcen abspens-        sind Profis.’»
Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
10             DIENSTLEISTUNG                                                                     SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI       SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI                                                                  DIENSTLEISTUNG
                                                                                                                                                                                                                                                                                          11
    Auf die gute Betreuung des Spitex-Personals legt           Künftige Herausforderungen und ein Dank                                         sorgt», versichert Carole Jeanmasson. Während der Ein-          und sich voll und ganz der
 ­rigitte Garessus auch nach dem Abflachen der
 B                                                             Auch wenn manche der Herausforderungen der vergange-                            sätze lag der Schutz von Mitarbeitenden und Klienten im         Versorgung der Bevölke-
­COVID-19-Kurve grossen Wert: «Unsere Mitarbeitenden           nen Wochen derzeit kleiner werden, will Brigitte Garessus                       Fokus. «Von Beginn weg wurden alle Mitarbeitenden, die          rung zu widmen. Die Zahl
 haben im Höhepunkt der Krise unermüdlich gearbeitet.          noch nicht aufatmen. «Für die Spitex ist die Pandemie nicht                     mit Erkrankten in Kontakt kamen, mit Schutzkitteln, chi-        der Freiwilligen war zu-
 Ist diese Zeit vorbei, werden einige aus einer Art            vorbei. Eine zweite Welle ist immer noch möglich», sagt                         rurgischen Masken, Schutzbrillen und Handschuhen aus-           dem doppelt so hoch wie
 Schockstarre aufwachen», sagt die Pflegefachfrau. «Wir        sie. Die Pandemie verursache ausserdem immer noch                               gestattet», berichtet Jeanmasson, die auch für die Ver-         nötig. Für uns Führungs-
 müssen dafür sorgen, dass sie über das Erlebte sprechen       Mehrarbeit. «Erstens sind die Hygiene- und Schutzmass-                          sorgung von Klienten mit COVID-­19 verantwortlich ist.          personen war dies ein
 können und gut betreut werden, um psychischen Folgen          nahmen weiterhin nötig. Deren Umsetzung im Alltag be-                           «Wir waren sehr besorgt über die Verfügbarkeit der Aus-         aktueller grosser Ver-
 entgegenzuwirken.»                                            nötigt zusätzliche Zeit. Zweitens nehmen die Spitäler ih-                       rüstung, deshalb haben wir darauf geachtet, kein Schutz-        trauensbeweis.»
                                                               ren normalen Betrieb wieder auf und haben dabei einiges                         material zu verschwenden», ergänzt sie.                            Insgesamt zieht die
Sorge um Auszubildende und Grenzgänger                         nachzuholen. SPITEX BASEL erhält derzeit mehr Anmel-                                                                                            NOMAD-Geschäfts-
Besondere Sorgen bereiteten Brigitte Garessus während          dungen als üblich von Menschen, die aus dem Spital ent-                         Hunderte Anrufe am Tag                                          leitung eine positive
der Krise die Auszubildenden. «Auf nationaler Ebene war        lassen werden.»                                                                 Um Menschen helfen zu können, die Angst hatten, sich mit        Bilanz in Bezug auf          «Die Zahl der Freiw
lange nicht klar, wie es mit den Ausbildungen und vor ­allem         Vorbei sei die Krise schliesslich auch nicht, weil deren                  COVID-19 angesteckt zu haben, wirkte NOMAD auch bei             ihre Position während                                      illigen war doppel
                                                                                                                                                                                                                                            so hoch wie nötig                                      t
                                                                                                                                                                                                                                                                      .»
mit den Abschlüssen weitergeht. Diese ungewisse Situati-       ­finanzielle Auswirkungen noch nicht geklärt seien. Bei SPI-                    der Einrichtung einer Telefonzentrale mit. Zu Beginn der        der Pandemie – eben-         Carole Jeanmasson
                                                                                                                                                                                                                                                              , Leiterin des COVID
                                                                                                                                                                                                                                                                                   -19 -Teams der NO
on hat unsere Lernenden belastet», sagt sie. «Zum Glück         TEX BASEL sorgt man sich vor allem um die Finanzierung                         Pandemie waren die Symptome der neuen Viruskrankheit            so wie in Bezug auf                                                                   MAD

konnten wir wenigstens innerhalb unserer Organisation die       des Schutzmaterials, das massiv teurer geworden ist (vgl.                      noch nicht sicher identifiziert, weswegen die Angst vor ei-     ihre Fähigkeit, auf die Heraus-
Ausbildungstätigkeit weiterführen.»                             hierzu auch Ausführungen S. 28). «Zum Beispiel bezahlten                       ner Ansteckung verbreitet war. In den ersten Wochen lie-        forderungen der Pandemie zu reagieren. So wurde die Si-
    Auch den Grenzgängern galt in der Stadt im Dreiländer­      wir für Ethanol schon einmal das Fünffache», sagt Brigitte                     fen die Telefonleitungen darum heiss: Bis zu 1400 Anrufe        tuation genutzt, um eine Reihe von Gesprächen mit Part-
eck ein besonderes Augenmerk. «Bei uns arbeiten viele           Garessus. «Die rechtliche Ausgangslage ist an sich klar: Das                   gab es pro Tag zu meistern. «Unsere Mitarbeitenden hat-         nern wieder in Gang zu bringen und manches bereits
französische und deutsche Staatsangehörige. Als die Gren-       Schutzmaterial ist vom Restfinanzierer zu tragen. Dennoch                      ten somit eine unterstützende Rolle gegenüber der Neu-          begonnene Projekt schneller voranzutreiben – insbeson-
zen geschlossen wurden, fürchteten wir um diese perso-          befürchten wir, dass sich die öffentliche Hand und die Kas-                    enburger Bevölkerung. Ihre Aufgabe bestand darin, die           dere in der Zusammenarbeit mit Spitälern. Weiter führte
nellen Ressourcen», erzählt Brigitte Garessus. Der Bund         sen wieder gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben                          Menschen zu beruhigen, ihnen grundlegende Hygiene-              die Organisation eine Umfrage unter den Mitarbeitenden
liess die ausländischen Arbeitskräfte zwar weiterhin ein-       werden.»                                                                       massnahmen zu erklären und Termine in den Triage-Zent-          durch, um mehr über die Krise zu erfahren. Dabei stellte
reisen, aber SPITEX BASEL musste hierfür viele zusätzliche           Zum Schluss des Interviews richtet Brigitte Garessus                      ren zu organisieren», erklärt Carole Jeanmasson.                sich zum Beispiel heraus, dass die Mitarbeitenden in der
Dokumente ausstellen, beispielsweise als in Frankreich der      ­einige Worte an die Mitarbeitenden von SPITEX BASEL.                             Das mobile Team führte auch Screening-Tests in Alters-       Verwaltung das Homeoffice schätzen, während die Mitar-
Hausarrest verordnet wurde. Eine Mitarbeiterin aus Frank-        «Unsere Mitarbeitenden haben sich während der Krise                           und Pflegeheimen, Heimen für Menschen mit Behinderun-           beitenden im Aussendienst die Flexibilität und Schnellig-
reich durfte wegen der beschwerlichen Anreise sogar auf          ­unermüdlich und professionell für unsere Klientinnen und                     gen und Gefängnissen durch. Im Rahmen dieser Interven-          keit bei der Einführung neuer Dienste lobten. Zudem zeig-
Kosten des Kantons im Hotel übernachten. «Und einige              Klienten eingesetzt», lobt sie. «Dafür will ich ihnen herz-                  tionen gab das medizinische Personal den Fachleuten in          te sich die Mehrheit der Befragten zufrieden mit der
Mitarbeitende profitierten davon, dass der Kanton wäh-            lich danken. Und ich will ihnen sagen, dass ihre Arbeit für                  diesen Institutionen zudem nützliche Ratschläge. «Der           Kommunikation der Geschäftsleitung in dieser ausserge-
rend der Krise einige Tagesstätten für Kinder des Gesund-         das Gesundheitssystem äusserst wichtig war – und es wei-                     Empfang vor Ort war immer sehr gut», sagt Carole Jean-          wöhnlichen Zeit. Weniger gut gefiel ihnen, dass NOMAD
heitspersonals kostenlos offenhielt, egal ob diese in der         terhin sein wird.»                                                           masson. NOMAD ist schliesslich auch eingesprungen,              während der Pandemie hierarchisch funktionierte – nor-
Schweiz oder im Ausland leben.»                                                                                Kathrin Morf                    wenn Hausärzte und Hausärztinnen ihre Patientinnen und          malerweise ist dies nicht der Fall.
                                                                                                                                               Patienten nicht selbst zu untersuchen vermochten.
                                                                                                                                                                                                               Ein grosser Dank zum Schluss
                                                                                                                                               Neues schnell und flexibel eingeführt                           An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass die Mit-
                                                                                                                                               Im Kanton Neuenburg lag die Inzidenz am 8. Juni 2020 bei        arbeitenden der Administration während der Krise ebenfalls
               «Die Solidarität zwischen den                                   Mit der Etablierung dieses Systems wurden gleich zwei Zie-      391,9 Fällen pro 100 000 Einwohnern, 722 Menschen waren         bedeutende Hilfe leisteten. Einige arbeiteten in der Telefon-
               Teams hat mich berührt»                                         le verfolgt: Einerseits sollten mit dem Virus infizierte Per-
                                                                               sonen identifiziert werden, welche einen Spitalaufenthalt
                                                                                                                                               positiv auf COVID-19 getestet worden, 77 Menschen waren
                                                                                                                                               an der Krankheit gestorben. Rund 20 NOMAD-Mitarbeiten-
                                                                                                                                                                                                               zentrale, während andere in Arbeitsgruppen eingebunden
                                                                                                                                                                                                               waren, welche Arbeits- und Kooperationsprozesse mit Part-
                                                                               benötigten. Andererseits sollte verhindert werden, dass         de widmeten sich während der Pandemie ausschliesslich Ak-       nern etablierten. Wieder andere unterstützten die Perso-
               Die Neuenburger Spitex-Organisation NOMAD ist                   nicht infizierte Personen ein Spital aufsuchen und damit die    tivitäten, die im direkten Zusammenhang mit COVID-19            nalabteilung, die intensiv mit der Rekrutierung von Studen-
               nach dem Beginn der Pandemie schnell zu einem                   Notaufnahmen überlasten. «Von Beginn der Krise an muss-         standen. Carole Jeanmasson weist auf die grosse Solidarität     ten und sonstigen externen Helferinnen und Helfern
               wichtigen Bindeglied im Kampf gegen das Corona­                 ten wir uns anpassen und unsere Flexibilität beweisen», sagt    hin, die sich zwischen den einzelnen Spitex-Teams und dem       beschäftigt war, welche NOMAD während der Pandemie
               virus geworden.                                                 Carole Jeanmasson, Leiterin des mobilen NOMAD-Teams,            Team, welches sich der Versorgung von COVID-19-Betrof-          bei nicht medizinischen Aufgaben unterstützten. «Letztend-
                                                                               welches in den Triage-Zentren tätig ist.                        fenen widmete, entwickelt hat: «Den Mit­gliedern des Spe-       lich waren nur sehr wenige unserer Mitarbeitenden zu we-
               Im Kanton Neuenburg ereignete sich der erste Co­ro­na­virus-­      Neben diesem Mandat bestand die grösste Herausfor-           zial-Teams wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt,            nig ausgelastet», berichtet Carole Jeanmasson – und rich-
               ­bedingte Todesfall am 17. März 2020. Nur einen Tag zuvor       derung der Spitex-Organisation inmitten der Pandemie            beispielsweise durch speziell für sie zubereitete Mahlzeiten.   tet sich am Ende des Interviews mit dem Spitex Magazin mit
                war die Spitex-­Organisation NOMAD (Neuchâtel organise         darin, ihre Hauptaufgabe aufrechtzuerhalten – die Pfle-         Diese Solidarität hat mich berührt», erzählt sie – und be-      einer Botschaft an alle NOMAD-Mitarbeitenden: «Wir dan-
                le maintien à domicile) vom kantonalen «Service de la santé    ge und Unterstützung aller Klientinnen und Klienten. Man        richtet von der im Allgemeinen enormen Motivation des           ken allen Mitarbeitenden für ihren professionellen Einsatz
                publique» (Öffentlicher Gesundheitsdienst) mit der Aufga-      schaffte es indes, keine Dienstleistungen reduzieren zu         Neuenburger Pflegepersonals im Kampf gegen das Corona-          und ihr grosses Engagement während der gesamten Krise.
                be betraut worden, im ganzen Kanton sieben Triage-Zent-        müssen. «Alle Klientinnen und Klienten wurden weitest-          virus. «All diese Fachpersonen, von denen viele Kinder ha-      Dies war sehr wertvoll.»
                ren für Menschen mit COVID-19-Symptomen einzurichten.          möglich von den gewohnten NOMAD-Fachpersonen ver-               ben, zögerten nicht, ihre eigenen Ängste beiseitezuschieben                                                             Flora Guéry
Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
12         DIENSTLEISTUNG                                                                   SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI        SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI                                                         DIENSTLEISTUNG
                                                                                                                                                                                                                                                                          13
           «Hoffentlich begreift die Politik                              den», berichtet Gabriele Balestra. «Erstens, weil die Füh-      für administrative Überlegungen blieb. «Leider hat die Spi-    terschätzen. Experten gehen zum Beispiel davon aus, dass
           nun die zentrale Rolle der Spitex»                             rungspersonen stets für ihre Mitarbeitenden da waren und
                                                                          ihnen damit – trotz der herrschenden Distanz während der
                                                                                                                                          tex in anderen Kantonen diese Sicherheit nicht. Dies muss
                                                                                                                                          sich ändern: Versicherer und Restfinanzierer müssen sich
                                                                                                                                                                                                         die Zahl der Menschen mit Depressionen stark zunehmen
                                                                                                                                                                                                         wird.» Die Spitex müsse Betroffenen beistehen und zum
                                                                          Pandemie – viel Nähe und Sicherheit vermitteln konnten.         kulant zeigen», betont der Vize-Präsident von Spitex           Beispiel auch ihre Klienten nach einer langen Zeit der Iso-
           In der letzten Ausgabe berichtete Gabriele Balestra,           Zweitens wissen unsere Mitarbeitenden inzwischen, dass          Schweiz (vgl. hierzu auch Ausführungen S. 28).                 lation dabei unterstützen, ihr Leben wieder aktiv zu ge-
           Direktor der Spitex-Organisation von Locarno und               die Spitex die erste Welle gut bewältigt hat und folglich                                                                      stalten.
           Vize-Präsident von Spitex Schweiz, von den Heraus-             eine zweite nicht fürchten muss. Dieses Mal wären wir so-       Die Spitex berät Organisationen
           forderungen der Pandemie im besonders betroffe-                gar viel besser vorbereitet.» Beispielsweise wisse man in-      Die Rolle der Material-Verteilerin sollte nicht die einzige    Positive Wirkung auf die Spitex erhofft
           nen Kanton Tessin. Nun berichtet er, was seither ge-           zwischen viel mehr über das Coronavirus; und man habe           Sonderrolle bleiben, welche die Tessiner Spitex zugeteilt      Trotz all dieser Herausforderungen wagt Gabriele Balest-
           schehen ist – unter anderem berät die Tessiner                 nun beruhigende Zahlen zur Verfügung. «Von den rund             erhielt. «Der Kanton hat uns zur Beraterin für Heime er-       ra es langsam, nach vorn zu blicken – und sich zum Bei-
           Spitex nun andere Organisationen.                              1200 Klientinnen und Klienten der ALVAD ist zum Beispiel        nannt, welche keine Alters- und Pflegeheime sind. Also bei-    spiel zu überlegen, was die Spitex aus der Krise lernen
                                                                          nur eine einzige Person an COVID-19 erkrankt», erklärt er.      spielsweise Institutionen für Kinder und Jugendliche oder      könnte. «Ich halte es weiterhin für sinnvoll, wenn alle Kan-
           Auch wenn man die Unsicherheit in der Bevölkerung wei-         Dies zeige nicht nur, dass die Klienten sich erfolgreich an     für Menschen mit Behinderung», erzählt Gabriele Balest-        tonalverbände für ein nationales Spitex-Pandemie-Kon-
           terhin spüre, sei die Angst vor einer zweiten Welle seit dem   die Massnahmen des Bundes gehalten haben. «Die Statis-          ra. «Diese Betriebe brauchen Hilfe in Bezug auf ihr Hygie-     zept zusammenspannen», sagt er. «Damit könnten bei
           letzten Interview mit dem Spitex Magazin kleiner gewor-        tik ist auch eine Bestätigung dafür, dass die Spitex sehr       nekonzept. Anders als Pflegeheime sind sie in Bezug auf        ­einer nächsten Pandemie zum Beispiel die Massnahmen
           den, sagt Gabriele Balestra. Der Direktor der Associazione     ­sicher arbeitet und keine Ansteckungsgefahr für die Klien-     dieses Thema weder geübt noch vorbereitet.» Im Sommer           besser koordiniert werden, und das überall dringend be-
           Locarnese e Valmaggese di Assistenza e cura a Domicilio         ten darstellt, wie es manche befürchtet haben. Unsere Kli-     wird sich diese beratende Funktion der Spitex noch aus-         nötigte Schutzmaterial könnte zentral verwaltet werden.»
           (ALVAD) und Vize-Präsident von Spitex Schweiz hat in der        entinnen und Klienten können uns also auch in Zukunft          weiten: Dann berät die Spitex im Auftrag des Kantons auch           Was sich Gabriele Balestra für die Spitex in seinem ei-
           letzten Ausgabe berichtet, wie die Spitex die COVID-19-­        vertrauen.»                                                    Organisationen wie die Pfadfinder hinsichtlich der Som-         genen Kanton künftig wünscht, ist mehr Anerkennung von-
           Pandemie im «Corona-Hotspot» Tessin bisher gemeistert                                                                          merlager, welche diese durchzuführen gedenken. «Die vom         seiten der Behörden. «Die Spitex ist längst eine hochpro-
           hatte. Inzwischen sind laut dem Bundesamt für Gesund-          Die Spitex war Schutzmaterial-Verteilerin                       Kanton finanzierte Beratungsfunktion der Spitex ist wich-       fessionelle Organisation, sie ist gewissermassen ein Spital
           heit (BAG) im Kanton Tessin 3308 Fälle von COVID-19 re-        Auch im Tessin wurde das Schutzmaterial bald einmal             tig – sie nimmt aber auch einige Zeit in Anspruch. Entspre-     zu Hause geworden. Darum verdient sie genauso viel An-
           gistriert worden – damit wurden von 100 000 Bewohnern          knapp, als COVID-19 die Welt zu beherrschen begann. Der         chend müssen wir gut mit unseren personellen Ressourcen         erkennung wie die Spitäler und Heime», sagt er. «Während
           930 positiv auf die Viruskrankheit getestet. Diese soge-       Kanton stellte der Spitex das dringend benötigte Mate­rial      haushalten», gibt Gabriele Balestra zu bedenken. Solche         der Pandemie lag der Fokus der Behörden auf Spitälern und
           nannte «Inzidenz» ist nur im Kanton Genf höher (1049,7).       zwar von Beginn weg zur Verfügung, limitierte es aber           Ressourcen nimmt neu auch die Nachbetreuung von zahl-           Heimen. Die Rolle der Spitex war vielleicht nicht so klar er-
           Im Tessin sind bisher 269 Menschen an COVID-19 gestor-         streng. «Ab Mitte März überliess es der Kanton zudem der        reichen COVID-19-Patienten in Anspruch, die nach der            sichtlich, aber sie war ebenfalls äusserst wichtig. Wir ha-
           ben, was einem Sechstel der Todesfälle in der gesamten         Spitex, das Material an alle Leistungserbringer in der am-      Entlassung aus dem Spital auf eine lange Versorgung zu          ben zum Beispiel dafür gesorgt, dass zahlreiche Patientin-
           Schweiz entspricht [Stand: 8.06.2020].                         bulanten Versorgung zu verteilen, also auch an private Spi-     Hause angewiesen sind. «Viele sind sehr schwach, die Nah-       nen und Patienten aus dem Spital entlassen werden
              «Trotz dieser hohen Zahlen ist die Unsicherheit wegen       tex-Organisationen oder selbstständige Pflegefachkräf-          rungsaufnahme bereitet ihnen Mühe, sie haben Lungen-            konnten, wodurch Platz für COVID-19-Patienten geschaf-
           der Pandemie bei der Spitex selbst inzwischen verschwun-       te», berichtet Gabriele Balestra. Diese Sonderrolle habe        probleme und manche sind depressiv», erklärt Gabriele Ba-       fen wurde. Und wir haben trotz aller Herausforderungen
                                                                          die Spitex gut gemeistert, fügt er an, «jedenfalls blieb nie-   lestra. «Diese Menschen brauchen mehrere Monate der             unsere vielen Klienten professionell in ihrem Daheim ver-
                                                                          mand ohne Material.»                                            Betreuung und Pflege durch die Spitex, um zu genesen. Und       sorgt. Dadurch sind Tausende Menschen aus Risikogrup-
                                                                              Anfang Mai beschloss der Kanton dann aber, die Mate-        einige von ihnen werden langfristig unsere Klienten blei-       pen sicher zu Hause geblieben, was in einer solchen Krise
                                                                          riallieferungen einzustellen. «Die Behörden beschlossen,        ben oder benötigen gar unsere Palliative Care.»                 von zentraler Bedeutung ist», führt er aus. Auch in Zukunft
                                                                          dass wieder genug Material auf dem Markt verfügbar sei»,                                                                        werde die Spitex eine essenzielle Rolle dabei spielen, die
                                                                          erklärt Gabriele Balestra. «Sie wiesen uns sogar an, nun        Lockerung erst bei null Risiko                                  Ausbreitung von Krankheiten zu bekämpfen und Todesfäl-
                                                                          vorausschauend Vorräte einzukaufen.» Hierbei bestehe            Derweil lockert die Schweiz langsam ihre Massnahmen,            le zu verhindern – dies gelte für neue Viruskrankheiten ge-
                                                                          aber ein Problem: Das Material ist um ein Vielfaches teu-       und auch das Tessin rüstet sich für den Sommer und den          nauso wie für die alljährliche Grippe, denn auch sie koste
                                                                          rer geworden. «Chirurgische Masken kosteten vor der Pan-        wiederkehrenden Tourismus. In den Reihen der Spitex will        Leben.
                                                                          demie 10 bis 20 Rappen, jetzt auch mal 80 Rappen bis            man an diesem kollektiven Aufatmen aber noch nicht teil-            Gabriele Balestra hofft darum, dass möglichst viele Po-
                                                                          1 Franken», berichtet der ALVAD-Direktor. Anders als in         haben. «In der ambulanten Pflege ist es im Moment zu            litikerinnen und Politiker aus der Krise gelernt haben, wie
                                                                          anderen Kantonen herrsche in der Tessiner Spitex indes          früh für Lockerungen», betont Gabriele Balestra. «Die           wichtig die Spitex für das Gesundheitssystem ist. Einige
                                                                          nicht die Angst, dass die hohen Materialkosten nicht ge-        meisten unserer Klienten gehören einer Risikogruppe an.         Politiker hätten ihm bereits persönlich versichert, dass die
                                                                          deckt werden. «Der Kanton hat der Spitex schon zu Beginn        Eine Lockerung von Massnahmen wie das Tragen von Ge-            COVID-19-Pandemie ihnen diesbezüglich die Augen ge-
                                                                          der Pandemie versichert, dass wir uns auf unsere Arbeit         sichtsmasken in der Pflege kommt für die Spitex erst dann       öffnet habe. «Das reicht aber nicht», gibt Gabriele Bale-
                                                                          konzentrieren und uns keine Gedanken wegen der Mehr-            infrage, wenn das Risiko für Klienten und Mitarbeitenden        stra zu bedenken. «Die Politiker müssen ihre Erkenntnis-
                                                                          kosten machen sollen. Der Kanton versicherte uns, dass er       bei null liegt.»                                                se laut aussprechen, sei es in den Massenmedien oder in
                                                                          für all diese Kosten aufkommen werde; seien es Material-            Das ganze Ausmass anderer Auswirkungen der COVID-­          politischen Debatten. Nur dann besteht die Chance, dass
                                         t,
                     e Spitex beauftrag                                   kosten oder Kosten für unverrechenbare Leistungen wie           19-Pandemie – derjenigen auf die Psyche – werde sich erst       die zentrale Rolle der Spitex endlich breit verstanden wird
 «Der Kanton hat di g auf Hygiene zu beraten.»                            aufklärende Telefongespräche, von denen wir viel mehr ge-       in den kommenden Monaten zeigen, ist Gabriele Balestra          – und dass ihre Leistungen infolgedessen besser anerkannt
                    Bezu
 Organisa­tionen in               Vize-Präsident
                    Direktor   der ALVAD sowie                            führt haben als normal.» Diese Zusicherung sei eine grosse      überzeugt. «Wir erleben alle gemeinsam eine Krise, und          und besser finanziert werden.»
 Gabriele Balestra,
 von Spitex Schweiz                                                       Erleichterung gewesen in den Wochen und Monaten, in             vor allem ältere Menschen müssen sich monatelang iso-
                                                                          welchen den Tessiner Spitex-Verantwortlichen kaum Zeit          lieren. Die psychischen Folgen dieser Zeit sind nicht zu un-                                                   Kathrin Morf
Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
14      GESELLSCHAFT                                                                     SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI        SPITEX MAGAZIN 3 / 2020   |  JUNI/JULI                                                                  GESELLSCHAFT
                                                                                                                                                                                                                                                                          15
                                                                                                                                       einem herrlichen Alpenpanorama. Als besonders schutz-            sich bald bemerkbar. «Erst spürte ich elektrische Entladun-
                                                                                                                                       bedürftige Person hat sie in diesen Corona-Zeiten ihr Haus       gen in meinen Zehen. Zudem stolperte ich manchmal und
                                                                                                                                       nie verlassen. Trotzdem haben sich sie und ihr Mann mit          musste mich oft setzen. Man sagte mir, ich laufe wie eine
                                                                                                                                       COVID-19 angesteckt. Zehn Tage totale Abgeschnitten-             Betrunkene. Dann verlor ich auch noch hie und da mein
                                                                                                                                       heit von der Welt ohne jegliche Hilfe von aussen war die         Gleichgewicht und hatte gar Verhaltensstörungen, ohne
                                                                                                                                       Folge. Renés Rolle als pflegendes Familienmitglied erhielt       zu wissen, warum.»
                                                                                                                                       dadurch zusätzliche Bedeutung. «Die Atmosphäre im Haus               Acht Jahre nach dem Auftreten der ersten Symptome
                                                                                                                                       hat während der Isolation sehr gelitten, denn ich war to-        verschlechterte sich der Gesundheitszustand von Myriam
                                                                                                                                       tal von meinem Mann abhängig. Auch mit der Abwesen-              Bérard so stark, dass ihre Lebensqualität darunter litt.
                                                                                                                                       heit der Kinder haben wir uns schwer getan», erzählt My-         ­«Jeden Abend mussste ich der Schmerzen wegen erbre-
                                                                                                                                       riam Bérard.                                                      chen. Aber jeden Morgen ging ich wieder zur Arbeit, denn
                                                                                                                                           René Bérard lebt seit seiner Kindheit in diesem Haus, sei-    niemand konnte mir sagen, woran ich litt.» Walliser Neu-
                                                                                                                                       ne Frau Myriam hingegen kommt aus Frankreich. Sie ver-            rologen stellten Ähnlichkeiten fest mit Multipler Sklerose
                                                                                                                                       brachte ihre ersten 24 Jahre in der Region Paris, wo sie sich     und Amyotropher Lateralsklerose (das Lou Gehrig Syn-
                                                                                                                                       zur Lehrerin ausbilden liess. Schon damals litt sie an Atem-      drom, an dem auch Stephen Hawking litt). Von degenera-
                                                                                                                                       beschwerden. «Es mag sein,                                                                         tiver Enzephalopathie

                                                                                      Myriam Bérard mit einer Begleiterin
                                                                                                                                       dass ich mit dieser Krank-
                                                                                                                                       heit auf die Welt kam, doch
                                                                                                                                                                         «Jeden Morgen ging ich                                           wussten sie noch nichts.
                                                                                                                                                                                                                                          Das Leiden Myriams stuf-
                                                                                      während einer Lourdes-Reise. Die
                                                                                      Krankheit hat sie veranlasst, ihren
                                                                                                                                       genau weiss man das nicht»,       wieder zur Arbeit, denn                                          ten sie deshalb als rein psy-
                                                                                                                                       sagt sie während des Inter-                                                                        chisch ein.
                                                                                      Glauben zu leben. Bilder: zvg
                                                                                                                                       views mit dem Spitex Maga-        niemand konnte mir sagen,                                           Die Lehrerin aus Vollè-
                                                                                                                                       zin. Damals konsultierte sie                                                                       ges fühlte sich allein gelas-
                                                                                                                                       jedenfalls einen Pneumolo-        woran ich litt.»                                                 sen und unverstanden.
                                                                                                                                       gen, der ihr empfahl, um-          Myriam Bérard                                                   «Der Weg zur Schule war
                                                                                                                                       weltverschmutzte Städte zu                                                                         eine Tortur, ohne Krücken
                                                                                                                                       meiden. Da hörte sie von einem Club-Hotel im Wallis, das          schaffte ich es nicht», erzählt sie heute. 2003, mit 41 Jah-
                                                                                                                                       eine Betreuerin für die Kinder der Feriengäste suchte. Somit      ren, beschloss sie deshalb, ihren Beruf an den Nagel zu hän-

«Wegen meiner Krankheit lebe                                                                                                           hiess es für sie: «Ab in die Schweiz!»
                                                                                                                                           Doch auch die Bergluft half nicht viel. In Martigny VS
                                                                                                                                       unterzog sich die junge Lehrerin einer Nasennebenhöh-
                                                                                                                                                                                                         gen. Die schwerste Enscheidung ihres Lebens: Sie war wü-
                                                                                                                                                                                                         tend auf Gott und die Welt. «Für eine Zeit habe ich mich
                                                                                                                                                                                                         von Gott abgewandt», sagt die aus einer Familie praktizie-

ich im Hier und Jetzt»                                                                                                                 len-Operation – und ihre Bettnachbarin im Spital hatte ei-
                                                                                                                                       nen bärtigen Bruder, der zu Besuch kam: René. Heute sagt
                                                                                                                                       sie lachend: «Als ich in der Region Paris lebte, sagte ich im-
                                                                                                                                                                                                         render Katholiken stammende Frau.

                                                                                                                                                                                                        Ein Fall fürs Gericht und eine Diagnose
                                                                                                                                       mer, dass ich in einem Bergdorf Kinder unterrichten und ei-      Weitere Sorgen warteten auf Myriam Bérard: Ihre Krank-
Myriam Bérard aus Vollèges VS leidet an einer seltenen Krankheit: Die degene-                                                          nen Mann mit Bart heiraten werde.»                               heit wurde noch immer nicht anerkannt, folglich verwei-
                                                                                                                                                                                                        gerte ihr die Invalidenversicherung eine Rente. «Man hat
rative Enzephalopathie kostet sie zunehmend ihre Motorik. Dennoch kann                                                                 Erst die Kinder, dann die Krankheit                              mich als Simulantin behandelt», kommentiert sie diese
sie zu Hause leben – dank ihrem Mann, privatem Pflegepersonal und der Spitex.                                                          Ihre Träume wurden nach und nach wahr: Erst zog Myriam           Zeit, die zu einer langen gerichtlichen Auseinandersetzung
                                                                                                                                       Bérard zum jungen Karrosserieschlosser, dann wurde sie           mit der IV führte. Das Walliser Kantonsgericht und schliess-
                                                                                                                                       schwanger, und der Walliser führte die Französin vor den         lich dass Bundesgericht gaben ihr Recht. Sie erhielt eine
        «Für meinen Neurologen bin ich ein Einzelfall, ein Sammel-    schnell müde und ertrage Lärm sehr schlecht», ergänzt die        Traualtar. Infolge der Schwangerschaft verlor Myriam             Entschädigung von 40 000 Franken. Damit konnte sie ei-
        surium mehrerer neurologischer Krankheiten», sagt Myri-       Mutter von drei Kindern, welche heute 25, 27 und 30 Jahre        Bérard jedoch ihre Stelle im Hotel. Doch sie blieb nicht un-     nen Lift in ihr Haus einbauen, weil sie sich inzwischen meist
        am Bérard. Die Walliserin aus Vollèges leidet an einer sel-   alt sind. Sie weiss, dass sich ihr Gesundheitszustand stetig     tätig: Sie lernte Schreibmaschinenschreiben und übernahm         im Rollstuhl fortbewegt.
        tenen Krankheit – genauso wie 600 000 andere Menschen         verschlechtern wird. Doch klagen möchte sie nicht, da sie        Lehrervertretungen, bis ihr französisches Diplom in der             Am Ende ihrer Kräfte angelangt, fiel Myriam Bérard in
        in der Schweiz, wie Pro Raris vermeldet (siehe Infokasten).   sehr gut umsorgt ist: «Ohne die Hilfe, die ich täglich von der   Schweiz anerkannt wurde. Nach der Geburt ihres ersten            eine schwere Depression, derweil die Krankheit ihren Lauf
        Ihre degenerative Enzephalopathie mit Ataxie ist eine Au-     Spitex, privaten Pflegerinnen und von meinem Mann René           Sohnes, Jérémie, wurde sie in Vollèges als Lehrerin ange-        nahm. Der stärkste Schmerz lag jetzt im Nacken. Ihre
        toimmun-Erkrankung; ein noch wenig erforschtes Leiden.        erhalte, wäre ich längst im Pflegeheim. Es ist schön, dass ich   stellt. Drei Jahre später kam Sarah auf die Welt, und zwei       Chiropraktorin liess sie für eine Infiltrationstherapie in die
        Man weiss, dass die Hirnnerven angegriffen werden und         zu Hause bleiben kann. Hier habe ich alles, was ich brauche,     Jahre später folgte Simon.                                       Zürcher Schulthess-Klinik einweisen. Da wurde festge-
        dass die betroffenen Personen mit der Zeit vollständig auf    hier fühle ich mich wohl», sagt sie.                                Bei der Geburt Simons wurde ihre Krankheit zum ers-           stellt, dass ihr Problem neurologischer Art ist und dass sie
        Hilfe angewiesen sind, denn sie verlieren nach und nach                                                                        ten Mal offensichtlich. «Der Arzt stellte fest, dass ich bei     ein Problem mit Antikörpern hat. Ihr stark eingeschränk-
        ihre Motorik. Mit heute 57 Jahren hat Myriam Bérard ein       Der Traum vom Bärtigen und den Bergen                            der Geburt Muskelkrämpfe in den Beinen hatte. Und er             tes Sehvermögen wurde in der Augenklinik in Lausanne
        eingeschränktes Sehvermögen und kann sich nicht mehr al-      Die Umgebung, die Myriam Bérard seit rund 30 Jahren              empfahl mir, es bei drei Kindern zu belassen», erinnert sich     untersucht, wo man bestätigte, dass ihre Hirnzellen von
        leine fortbewegen. «Ich brauche Hilfe beim Essen, werde       ­geniesst, besteht aus einem lichtdurchfluteten Haus vor         Myriam Bérard. Weitere Krankheitssymptome machten                der Krankheit betroffen waren. Nach acht Jahren Medizinal-­
Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ... Die Finanzierung der Pflege von heute und morgen - Spitex ...
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