Sei still ! Kirche neu denken - evangelisch-reformierte Landeskirche beider ...
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magnet Kirchenblatt für die Evangelisch-reformierten Kirchgemeinden beider Appenzell AZB 9100 Herisau Oktober 2019 Nr. 8 106. Jahrgang c h e n e u denken Kir el Menta litätswechs Seite 14 mehr auf Sei still !
Biblische Betrachtung Tabu – vom Wandel des Unantastbaren «Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden … Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzu- schauen.» Exodus 3,5–6 Heilig, grossartig und gefährlich zugleich. Das Heilige ist nicht nur schön und lieb, davon bezeugen die «Hei- ligkeitsgesetze» im Alten Testament (Levitikus 17–26). Das Heilige kann erlaubt aber auch verboten sein. Aus- serhalb unserer Reichweite. Tapu. Im 18. Jahrhundert kam das Polynesische Wort «Tapu» in Europa an. Es bedeutet heilig, unantastbar und verboten. Heilig wie reserviert, unantastbar wie radioaktiv und verboten wie die Geisterfahrt auf der Autobahn oder der Alkoholkonsum während des Fah- rens. Tapu vermittelt zugleich den Gedanken: Die Welt Als sich die junge christliche Kirche vom Judentum Gebhard ist gefährlich, es gibt Sachen, mit denen spielt man langsam löste, wurde klar, die Völker sind genauso ein- Fugel, 1920, Moses nicht und Konsequenzen können weiter reichen als geladen, das Heilige zu teilen. Durch Glauben wurden vor dem erwartet. sie heil, heilig, vor Gott. Bildhaft ist die Szene, wo Pe- brennenden Solch ein Tabu brach z. B. Ham, Noah’s Sohn und trus auf dem Dach eines Hauses vor sich hinträumt und Dornbusch. Kanaans Vater, als er die Nacktheit seines betrunkenen ein ausgebreitetes Tuch mit allerlei verbotenem, unrei- Vaters nicht zudeckte, sondern seinen Brüdern hä- nen Essen sieht. Eine Stimme vom Himmel sagt ihm: misch mitteilte (Gen 9). Der Tabubruch sollte seinen «Iss». Petrus weigerte sich. Dann die Stimme vom Him- Nachkommen teuer werden. Die Israeliten, Sem’s mel: «Was Gott für rein erklärt hat, nenne du nicht Nachkommen, sollten ihr Land erobern und zu Eigen unrein!» (Apg. 10, 15) machen. Nicht nur das eigene Volk, sondern die ganze Welt ist potenziell «rein». Kein Tabu mehr, sich unter die Nicht das Äussere – das Innere Völker zu mischen. Mit den Heiligkeitsgesetzen der Torah wurde allmäh- lich ein Schutzwall, ein Burggraben um die 10 Gebote Das Tabu als bürgerliche Kategorie gegraben. In späteren Zeiten bekam das Judentum die In einer Welt, wo nur ein oder gar kein Gott regiert, über 500 Weisungen. Sie bilden immer noch das Kern- gibt es auch kein Tabu. Es sei denn das Tabu gilt dem, stück jüdischen Brauchs und Frömmigkeit. Vor diesem was Menschen auch ohne Götter und Dämonen heilig Hintergrund erzählt das Neue Testament zwei Ge- ist. Ein paar Beispiele sorgen für Klarheit. Tabu ist, schichten. Erstens die, in der Jesus von pharisäischen wenn Erwachsene Kinder (sexuell) missbrauchen. Frommen gestellt wird, warum er nicht darauf achte, Tabu ist, als Lehrer oder Pfarrer Schüler zu misshan- dass seine Jünger nicht mit unreinen Händen essen. deln. Tabu ist, sich beim «Genuss» von Kinderporno- Jesu’ Antwort ist bekannt: «Nicht das, was durch den grafie ertappen zu lassen. Tabu ist, seine privaten Da- Mund in den Menschen hineinkommt, macht ihn un- ten ungesichert ins Internet fliessen zu lassen. rein, sondern was aus dem Mund des Menschen her- Diese Beispiele zeigen, dass sich der Ursprung des auskommt, das macht ihn unrein.» – Matth. 15,11 Heiligen vom Übernatürlichen zum Zwischenmensch- Damit relativierte er das Tabu in dem er den Blick lichen verschoben hat. Dadurch wird es relativ und vom Äusseren aufs Innere verschob. Nicht durch minu- verliert seine Verankerung im Wunderbaren. Es wird ziösen Gehorsam wird der Mensch dem Heiligen ge- zur bürgerlichen Konvention: eine Folgeerscheinung recht, sondern durch innere Bereitschaft, dem Geist der Zivilisierung der Welt. des Gesetzes zu folgen. Carlos Ferrer, Pfarrer in Grub-Eggersriet MAGNET Nr.8/2019 2
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Dieses Heft beschäftigt sich mit dem Thema «Tabu». Sie erfah- ren etwas darüber, wo der Begriff herkam und was er meinte. Eingang in unseren Sprachgebrauch fand er Anfang des letzten Impressum Jahrhunderts. Wir leben in einer Zeit, wo Alles und Jedes veröf- fentlicht werden kann. Eine Zeit, wo es scheinbar keine Tabus Heinz Mauch-Züger, Redaktor Kirchenblatt für die Evan- gelisch-reformierten Kirch- mehr gibt. Wenn auch nicht alles erlaubt ist, so ist es jedoch gemeinden beider Appenzell zugänglich. Informationen sind auf jeden Fall abrufbar. (erscheint monatlich) Herausgegeben im Auftrag Im vergangenen Monat kam uns das Schweizer Fernsehen der Synode der Evangelisch- SRF zu Hilfe. Viermal zeigte es unter dem Titel «Tabu» Men- reformierten Landeskirche beider Appenzell schen in verschiedenen Lebenssituationen, die mit dem Come- Redaktionskommission dian Renato Kaiser ein paar Tage verbrachten. Es gab Gesprä- Carlos Ferrer, Grub-Eggersriet che zu den jeweiligen Lebenssituationen, direkte Fragen von (cf); Judith Husistein, Stein (jh); Isabelle Kürsteiner, Walzenhau- Renato Kaiser und offene Antworten von seinen Gesprächs- sen (iks); Jonathan Németh, partnern. Und dann gab es Comedy. Renato Kaiser lud zu ei- St.Gallen (jn); Karin Steffen, Schachen bei Reute (ks); nem Abend mit Menschen aus solchen Lebensumständen und Lars Syring, Präs., Bühler (sy) machte Witze über diese Menschen und ihre Lebensumstände. Redaktion Heinz Mauch-Züger (hmz) In kurzen Ausschnitten wurde das Programm eingespielt. Ich Steinbruggen bin sicher, da ist hie und da jemand an seine «Tabugrenze» 9063 Stein Tel. 071 278 74 87 gestossen. Fax 071 278 74 88 Tabu hat etwas mit Respekt zu tun. Es ist eine Anerkennung magnet@ref-arai.ch von besonderen Bedingungen. In unserem alltäglichen Ge- Magnet-Download www.ref-arai.ch brauch handelt es sich eher um Ausklammerung, Verdrängung. Produktion Tabu sind Dinge, über die man nicht spricht, die man nicht Appenzeller Druckerei AG, 9100 Herisau zeigt, die man nicht tut. Und dann spricht, zeigt und tut man Adressänderungen melden es trotzdem, weil sich das verkauft. Tabu und Moral sind eine Sie bitte direkt der örtlichen seltsame Verbindung eingegangen und die Kirche bekam die Kirchgemeinde Rolle der Hüterin dieser Moral zugewiesen. Dabei liegen die WEMF Beglaubigte Auflage 3250 Anfänge dieser Kirche in der unmoralischen Figur dieses Jesus Magnet online von Nazareth. Er brach Gesetze und stellte Gott in Frage. Er www.magnet.jetzt sprach mit «unmöglichen» Menschen und ass mit ihnen. Ihm war scheinbar nichts tabu ausser der Lebendigkeit dessen, den er Vater nannte. Renato Kaiser hat sich auf den schmalen Grat gewagt. Entstanden sind bewegende Geschichten – und das Lachen findet einen guten Platz. Und Sie? Was darf bei Ihnen nicht sein? Wo liegen Ihre Grenzen? Welche Prinzipien gelten bei Ihnen? Woher kommen diese? Dürfen bei Ihnen Andere anders sein? Titelbild: Sei still ! Grenzen abtasten: Tabu mit Renato Kaiser Illustration: Jonathan Németh via www.magnet.jetzt 3 MAGNET Nr.8/2019
Thema Ich bin anders Benjamin Berweger, meinen heutigen Interviewpart- bekam ich Unterstützung und Antworten auf viele Fra- ner, kenne ich, seit er ein kleiner Bub war. Jetzt sitzt gen. Trotzdem fragte ich mich, ob ich wohl jemals Göt- mir ein Mann mit viel Charme und Schalk in den Au- tikinder haben würde, ob und wie ich je einen Partner gen gegenüber. Als Solo-Tenor durfte der 33-Jährige finden könnte, fühlte mich unsicher und verletzlich, bereits in verschiedenen Ländern Erfolge feiern, so- war voller Fragen und Ängste und bat meine Angehö- wohl als Sänger als auch mit seinem schauspieleri- rigen und Freunde, mein «Geheimnis» nicht preiszu- schen Talent. Zudem arbeitet er an zwei Schulen als geben. Natürlich war es für meine Eltern auch nicht Gesangspädagoge, singt mit ehemaligen Schulkolle- einfach. Ihre Gefühle für mich änderten sich zwar gen in einer A Cappella-Gruppe, macht Freiwilligen- nicht. Doch sie machten sich grosse Sorgen, dass ich arbeit an Schulen und ist ein Appenzeller geblieben. Diskriminierungen oder verbale und körperliche An- griffe erleben müsste. Sexualkundeunterricht zum Thema Homosexualität in einer Oberstufe: Diesmal steht nicht die Lehrperson Bis zu deinem öffentlichen Coming-out dauerte es noch vor den Jugendlichen, sondern ein «Experte aus Erfah- länger? rung». Benjamin Berweger und ein Dutzend weiterer Ja, das dauerte viele Jahre. Ich musste erst zu mir junger Frauen und Männer leisten jährlich rund 100 selber Ja sagen können. Doch ich hatte mit meiner Fa- Einsätze in Oberstufen-Schulklassen in Appenzell Aus- milie und auch mit meiner Berufswahl Glück. Wäh- serrhoden, Innerrhoden und St.Gallen. Im Rahmen des rend meines Gesangsstudiums an der Zürcher Hoch- Schulprojektes COMOUT vermitteln sie Wissen über schule der Künste bewegte ich mich in einem offenen, Homosexualität, beantworten Fragen und berichten liberal denkenden Umfeld, das mit der ganzen Welt in von ihrem Coming-out. Kontakt ist. Ich merkte, dass es weit mehr Menschen gibt, die anders lieben, als ich dachte. Das befreite Benjamin, warum engagierst du dich bei COMOUT? mich und machte es möglich, dass ich mich besser ak- Eigentlich denkt man, Homosexualität sei heute zeptieren konnte. Allerdings lehnte ich die Bezeich- kein Tabu mehr. Seriöse Studien in zehn Ländern zei- nung «schwul» für mich lange Zeit ab. Heute stört sie gen jedoch, dass die Suizidalrate bei homosexuellen mich nicht mehr. und transidenten Jugendlichen drei bis sechs Mal so hoch ist wie bei anderen. Das zeigt, wie schwierig das Ist es schwierig, die Jugendlichen für das Thema zu sen- Thema gerade in diesem Alter ist. Ich empfinde mein sibilisieren? Engagement als sozialen Einsatz, aber auch als Einsatz Meist beginnen meine Schulbesuche mit Fragen wie für Jugendliche, welche hilflos, verunsichert oder z. B.: «Denkst du, Homosexualität sei eine Krankheit, ängstlich sind, weil sie spüren, dass sie anders als die ansteckend, heilbar oder selbst gewählt?» Ich ermutige Mehrheit empfinden. Das belastet in der Pubertät dop- die Jugendlichen jeweils, alles aufzuschreiben, was sie pelt. zum Thema Homosexualität schon immer wissen woll- ten. Die Bandbreite der Fragen ist gross und im Laufe Wie war dein Weg zum selbstbewussten schwulen Mann? Ich merkte früh, dass mich andere Spiele interessier- ten als meine Brüder und dass ich in Modekatalogen Zu sich eher die schönen Männer als die hübschen Frauen be- selber ste- wunderte. Wahrscheinlich war ich auch etwas zartbe- hen schafft Lebens- saiteter als andere Buben. Mein erster Liebeskummer freude. war wegen eines Jungen – doch den Gedanken an Ho- mosexualität verdrängte ich. Ich wollte nicht anders sein als meine Kollegen und pflegte Freundschaften mit Mädchen und Burschen. Auch meinen Eltern ge- genüber konnte ich erst nach mehreren Jahren, als sie mich darauf ansprachen, zu meiner sexuellen Orientie- rung stehen. Ich erinnere mich an meine Erleichte- rung, als ich von einem schwulen Verwandten erfuhr und merkte, dass ich nicht allein bin und in der Familie nicht auf Ablehnung stosse. Entgegen meiner Befürch- tungen reagierten auch meine Freunde völlig gelassen. Ich blieb für sie der Gleiche. Bei einer Beratungsstelle MAGNET Nr.8/2019 4
Thema klären, dass Homosexualität genau so wenig selbst ge- wählt ist wie die Augen- oder Haarfarbe. Den meisten Jugendlichen leuchtet auch ein, dass sich bestimmt niemand freiwillig für eine Lebensform entscheidet, die in unserer Kultur zwar toleriert, aber nicht gleich- berechtigt ist und in manchen Ländern immer noch mit Haft oder sogar dem Tod bestraft wird. Was denkst du, bewirkt der Einsatz in Schulen? Wir von COMOUT geben dem Thema ein Gesicht. Viele Jugendliche kommen zum ersten Mal bewusst in Kontakt mit Schwulen oder Lesben. Wir vermitteln ih- nen, dass es bei uns wie bei anderen Menschen um Liebe, Beziehungen und Verantwortung geht und nicht nur um Sexualität. Sie erleben uns als «normale», ge- festigte, erfolgreiche Menschen, denen man die sexu- elle Ausrichtung meist nicht ansieht – anders als es in manchen Filmen oder primitiven Witzen dargestellt wird. Spürst du Unterschiede zwischen Stadt und Land? Eigentlich nicht. Eher kulturelle Unterschiede. Be- eindruckend ist jedoch, dass die Haltung der Jugendli- chen viel offener und vorurteilsfreier ist, wenn sie im nahen Umfeld jemanden kennen, der schwul oder les- bisch ist. Es ist wohl ähnlich wie in anderen Situatio- nen: Wenn Unbekanntes ein Gesicht bekommt, wächst das Verständnis, Klischees verschwinden fast von selbst. Die Fragen der Jugendlichen sind in solchen Klassen feinfühliger und differenzierter. Wie siehst du die Situation von Homosexuellen heute? Vieles hat sich in den letzten Jahren verbessert – auf gesellschaftlicher, politischer und kirchlicher Ebene. Doch es gibt noch viel zu tun. Ich würde mir statt ein- Junge des Unterrichts kommen stets neue dazu. Ich beant- getragener Partnerschaften die «Ehe für Alle» wün- Menschen worte nach Möglichkeit alle Fragen, soweit sie meine schen, mit allen Rechten und Pflichten. Und während informieren Privatsphäre nicht tangieren. Manchmal ist es erschre- Alleinstehende theoretisch ein Kind adoptieren dürf- schafft Ver- ckend, wie viel Nichtwissen und wie viele Vorurteile ten, ist dies für gleichgeschlechtliche Paare sogar in ständnis. Bilder: zVg in allen Bildungsschichten immer noch vorhanden eingetragener Partnerschaft verboten. Das macht es sind. schwieriger, einen allfälligen Kinderwunsch zu erfül- len. Auch beim Schutz vor Diskriminierung aufgrund Wie begegnest du diesen Vorurteilen? sexueller Orientierung gibt es Nachholbedarf. Mit offener Information, oft auch mit Fragen wie: «Bist du Links- oder Rechtshänder? Hast du blaue oder Würdest du dich trotzdem als glücklich bezeichnen? braune Augen? Warum ist das so? Hättest du nicht et- Ja, mir geht es sehr gut! Mein Beruf macht mir was anderes wählen können?» So versuche ich zu er- Freude. Ich bin dreifacher Götti und vergöttere meine Nichten und Neffen. Und ich habe in meinem Partner die grosse Liebe gefunden. Kürzlich, als wir uns in der Schulprojekt COMOUT Öffentlichkeit küssten, strahlte uns ein alter Mann an Wir wollen mit diesem Projekt Akzeptanz fördern und sagte: «Jesses, wie herzig. Da isch jetz gsee wie und über sexuelle Vielfalt aufklären. Eine schwule z’Hollywood.» Das hat uns berührt. und/oder lesbische Person besucht eine Schul- Judith Husistein klasse oder eine Jugendgruppe. Sie vermittelt Ba- siswissen und berichtet aus ihrem Leben. du-bist-du.ch ist eine Plattform für junge Menschen mit Fragen https://ahsga.ch/sexualpaedagogik/projekt-comout zu den Themen Homosexualität, Bisexualität und Trans. https://du-bist-du.ch 5 MAGNET Nr.8/2019
Thema Die Tabuisierung des Heiligen Was ein «Tabu» ist, muss man kleinen Kindern nicht Ich finde es darum spannend, sich mit der ursprüng- erklären. Es wäre auch völlig sinnlos. Aber selbst die lichen, religiösen Bedeutung des Begriffs zu befassen. Kleinen merken intuitiv, wenn etwas Verstörendes Das Wort «tapu», aus dem sich «tabu» herleitet, stammt passiert. Sie entwickeln ein Sensorium für die Ener- aus Polynesien und bezeichnet etwas, das «heilig» und gien, die im Kraftfeld des Ekels, der Scheu oder der «unberührbar» ist. Tabuisierte Dinge müssen streng Angst wirken. Schon ganz früh bekommen sie zu gemieden werden, da sie gefährlich sind. Auch Orte «spüren», dass es dreckige, unanständige, ja verbo- und Zeiten konnten für Polynesier tabu sein. Von sei- tene Dinge gibt, die «man» besser nicht tut und auch nem ursprünglichen Umfeld entwurzelt wanderte der besser nicht sagt. Begriff in unsere Kultur ein und verhält sich sozusagen wie ein Neophyt (eine fremde Pflanze) auf dem Feld Was wir uns vom Leib halten des Heiligen. Interessant ist der Zeitpunkt seiner Ver- Später wird das Kind dann lernen, bei gewissen Kör- breitung am Anfang des 20. Jahrhunderts. Als der Fort- peröffnungen und dem, was da alles rausgehen und schrittsglaube der Moderne mit den katastrophalen reingehen kann, Vorsicht walten zu lassen. Schon beim Weltkriegen einer wachsenden Skepsis wich, konnte Kleinkind verhüllt man – natürlich aus guten hygieni- sich eine Faszination für das Numinose mit einem tie- schen Gründen! – die «unanständigen» Teile des Kör- fen Unbehagen gegenüber der menschlichen Natur pers. Man spricht auch besser nicht darüber. Wer es und Kultur vermengen. Kein anderer als der Psycho- trotzdem wagt, bekommt die Quittung. Die Umwelt analytiker Sigmund Freud hat mit seinem Buch «Totem reagiert verlegen, empört oder gar entsetzt, wenn z. B. und Tabu» zur Popularisierung des Begriffs beigetra- einer Fäkalsprache spricht. gen! Natürlich sind Tabus nicht auf Unanständiges zu re- duzieren. Im Umfeld der Körperöffnungen stossen wir Tabu als unheimliche Seite des Heiligen schliesslich nicht nur auf die Sexualität oder den Stuhl- Das Stöbern im kollektiven Archiv der Menschheit, das gang, sondern auch auf Themen, die uns unter die Haut lernt der Freudleser, bringt nicht nur Angenehmes zum gehen, wenn wir sie an- und aussprechen. Der obere Vorschein! Was uns neben den Trieben zutiefst beun- Leibbereich ist nicht unschuldig! Auch der Mund ist ruhigt ist der Tod – das Tabuthema schlechthin. ein Loch im Körper. Aber es geht da um substantiell andere Äusserungen. Derselbe Mund, der gierig nach Luft schnappt und nach Nahrung verlangt, ist auch das Maul, das böse Reden führen kann. Wir können einan- Es ist auffällig, wie häufig in der mit Worten beschämen, andere entblössen und unserer Gegenwartskultur das ihnen Schmutziges anwerfen. Es ist auffällig, wie häu- fig in unserer Gegenwartskultur das Tabu in die Nähe Tabu in die Nähe der political der political correctness gerückt wird. Ob dreckiges Re- den über andere schon als ein Tabubruch gelten kann? correctness gerückt wird. Invasion des Tabu Was man meidet, verdrängt man und was man ver- Es ist tatsächlich eine Schwierigkeit des Tabu-Begriffs, drängt, darüber spricht man nicht. Das Tabu sagt: dass er das ganze Spektrum vom Peinlichen über das Komm nicht zu nahe! Das hat seinen tiefen Sinn. Ver- Peinigende bis zum Sakrileg meinen kann. So weit ge- bote stabilisieren die Ordnungen. Das Tabu setzt Gren- fasst verliert der Begriff jedoch seine Schärfe. Dasselbe zen und fordert Respekt. Was soll daran Schlechtes gilt für den Tabubruch! Tolerieren wir die Blasphemie? sein? Vielleicht weil wir zu oft davon reden, dass etwas tabu Tatsächlich sind Scheu und Ehrfurcht auch Kennzei- ist oder jemand ein Tabu gebrochen haben soll, scheint chen des Heiligen nach dem biblischen Zeugnis. Zum am Ende alles ins Empfinden des Einzelnen gestellt zu Beispiel finden wir auch in der Geschichte von Usa, der sein. Das ist höchst widersprüchlich! Wir leben in ei- die Bundeslade berührte und daraufhin prompt zu ner Gesellschaft, die manchmal so tut, als gäbe es keine Tode kam (vgl. 2 Sam 6 und 1 Chr 13 ) die urtümliche Tabus und gleichzeitig ganze Industrien hervorge- Bedeutung einer Heiligkeit, die an Dingen haftet. bracht hat, die davon leben, dass sie Tabus brechen. Grundlegender als diese archaischen Momente einer Offensichtlich kommen wir nicht ganz klar mit diesem dinglichen Heilsmacht ist jedoch die personale Dimen- seltsamen Bereich einer stillschweigenden Überein- sion. Der Unterschied ist augenfällig. Das Heilige ist kunft, die sich weder auf das Gesetz noch auf Anstand im Zeugnis der Schrift ein Du, das spricht und einen noch auf Tradition berufen kann. Namen hat. Und der heilige Gott ruft seine Menschen MAGNET Nr.8/2019 6
Thema Das Heilige als Unverfügbares im Wandel der Zeit. und sucht ihre Nähe. Seine Kernbotschaft heisst: Kultur nicht nur Leichen lagern. Eines ist aber sicher: Fürchte Dich nicht! Je mehr wir technisch in der Lage sind, Dinge zu tun, Ein weiterer Unterschied fällt ins Auge. Während die uns bis ins Innerste unseres Körper verändern und das Tabu in erster Linie Verbotenes bezeichnet und je ausgefeilter die Todesmaschinerie ist, mit der wir eine scharfe Trennlinie zwischen der Welt der Leben- unseren Planeten zerstören können, desto wichtiger den und dem Numinosen zieht, hat das Heilige, auf das werden instinktiv empfundene Verbote. Bis hierher Jesus sein Leben ausrichtet und verkündigt, das Gebot und nicht weiter! Wo es darum geht, das Unheilige zu zum Thema. Jesus sucht die Nähe zum Heiligen. Es verhindern, sollten wir dem Tabu durchaus etwas zu- zieht ihn regelrecht zu Gott! In seiner Sprache ist es trauen. Aber Vorsicht! das Königreich der Himmel. Im Gebet, das er seine Der Respekt vor den entfesselten Kräften, die dem Jünger lehrte, wird der Gottes Name geheiligt, sein scham- und hemmungslosen Treiben folgen, macht uns Reich soll kommen und sein Wille geschehen, damit kein bisschen heiliger. Die Angst vor dem Wolf im das Böse überwunden wird. Das Ziel der Menschwer- Menschen verhütet das Schlimmste, aber das Feuer der dung kann als Heiligung oder als ein Wandel im Heili- Liebe kann sie nicht zünden. Müssen wir uns vor einer gen Geist (Gal. 5) begriffen werden. Das Heilige in der Enttabuisierung fürchten? Bibel ist demnach die hochdynamische, in Beziehun- Was uns als Christenmenschen genauso beunruhi- gen eingebettete und auf Veränderung ausgerichtete gen sollte, ist die eigenartige Verlagerung des Heiligen Lebenskraft, die unser Heil will. Die Basis dieser Macht ins Moralische. Fast könnte man den Eindruck bekom- – sonst läuft sie ins Leere – ist das Vertrauen. Das Tabu men, dass es diesbezüglich eine unheilige Allianz der dagegen ist viel statischer. Seine Macht ist unheimlich, Superreligiösen und der Säkularen gibt. Worüber reden weil sie auf Angst beruht. Vielleicht sind Geister im wir in der Kirche? Über die Nachfolge Spiel, aber sicher keine Begeisterung. Es droht ein Christi? Über ein erfülltes Leben, das Fluch, aber da ist keiner, der segnet. Dem Tabuisierten aus dem Vertrauen in Gottes Güte weicht man besser aus, wenn einen das Leben lieb ist. schöpft? Über das, was uns heilig ist? Über unsere Mission? Wir reden über Tabuisierung des Heiligen alles Mögliche, nur nicht über Gott. Man könnte aufgrund dieser groben Gegenüberstel- Und wer es trotzdem wagt, blamiert lung auf die Idee kommen, das Tabu zu verteufeln. Das sich. Was uns unbedingt angeht, ist wäre ein fataler Kurzschluss! Wir brauchen auch heute uns ins Innerste gerutscht und darf noch archaische Konzepte, weil in ihnen eine Kraft nur am Sonntagmorgen eine Stunde steckt, die das Leben vor dem Frevel schützt. Woher lang in den Ausgang. Fast könnte man kommt das Gespür dafür? Lassen wir es offen! Wir kön- meinen, unser Glaube sei tabuisiert. Ralph Kunz ist seit 2004 Pro- nen nicht alles erklären, sollen nicht alles zerreden und fessor für praktische Theologie dürfen darauf zählen, dass im Kellergeschoss unserer Prof. Ralph Kunz an der Universität Zürich. 7 MAGNET Nr.8/2019
Thema Das Schweigen brechen Was macht, dass wir respektlos miteinander umgehen? Es gibt viele Tabuthemen. Ein Beispiel ist sexuelle jede dritte Frau berichtete, im Büro unerwünscht be- Gewalt. Wie verbreitet ist sie? Und was ist Tabu über- rührt worden zu sein oder unangemessene Kommen- haupt? Ist ein Tabu immer nur negativ? Das Thema tare erhalten zu haben. ist spannend. Interessant, komplex zugleich, un- Dies ist die eine Seite der Medaille, die weder glänzt durchsichtig. Was ist ein Tabu und weshalb gilt sexu- noch glitzert. Im krassen Gegenzug sind die seltenen elle Gewalt als Tabuthema? Gibt es auch Tabus, die Anzeigen, gemeldet werden nur wenige Fälle. 1267 in Ordnung und nicht negativ oder schlecht sind? sind in der Schweiz bei der Polizei 2018 registriert worden. Von den etwa 3.4 Millionen Frauen (über 20 Um den vielen Fragen auf den Grund zu gehen, forsche Jahre) sind gemäss Umfrage rund 790 000 schon Opfer ich nach. Tatsächlich gibt es viele Tabu-Themen, denen sexueller Gewalt geworden. Die Anzeigen belaufen man begegnet. Am häufigsten stosse ich auf sexuelle sich also auf zirka 0.16 %. Woher kommt diese Diskre- Belästigung und sexuelle Gewalt. Und sie hat viele Ge- panz? Sexuelle Gewalt ist also auch heute noch ein Ta- sichter. Schier täglich begegnen wir sexueller Gewalt buthema. Weshalb ist das so und was kann man dage- in irgendeiner Weise; in den Zeitungen, am Fernsehen, gen tun? die sozialen Netzwerke sind voll davon. Wie häufig in der Schweiz sexuelle Gewalt passiert, darüber gab’s Sexuelle Gewalt als Tabu aus philosophischer Sicht bisher aber kaum verlässliche Zahlen. Unlängst hat das Ich frage Boris Stanisic. Er hat Philosophie und Ge- Forschungsinstitut GFS im Auftrag von Amnesty Inter- schichte studiert und lehrt an den Kantonsschulen Wil national eine repräsentative Umfrage dazu durchge- und St.Gallen. Der 28-Jährige erklärt sich diese enorme führt. 4500 Frauen über 16 Jahren wurden befragt. Die Abweichung in der Selbstwahrnehmung der Opfer. Zahlen sind erschreckend. 59 Prozent gaben an, gegen «Viele Frauen suchen die Schuld oft bei sich selbst, was ihren Willen umarmt, berührt oder geküsst worden zu sicherlich der falsche Ansatz ist. Von Frauen wird noch sein. Fast gleich viele mussten sich sexuelle Kommen- immer erwartet, dass sie kochen, gehorchen, schwei- tare oder Witze anhören. Jede fünfte Frau hat schon gen. Erfüllen sie diese Rollen nicht oder nur unzurei- selber sexuelle Gewalt erlebt. chend, heisst es schnell, sie seien keine guten Ehe- frauen, denn solche würden ihre Rollen erfüllen. Diese Übergriffe in der Öffentlichkeit Klischees oder Stereotypen, wie die Frau sein soll oder Meist geschehen diese Übergriffe im öffentlichen beschrieben wird, sind verinnerlicht – bei Frau und Raum; auf der Strasse, im Zug, auf einer Party. Auch Mann. Die Gesellschaft gibt uns diesen Rahmen vor. sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz sind häufig: Wir verstärken diesen Effekt dadurch, dass wir gewisse MAGNET Nr.8/2019 8
Thema trübe Bilanz zieht sich weiter. In diesem Sommer sind allein in Zürich sieben Beziehungsmorde geschehen. Die Schlagzeilen haben die Schweiz schockiert. Tabus brechen Letztes Jahr wurde ein Film in den Kinos gezeigt, der versucht, Tabus zu brechen. In «#Female Pleasure» be- Für Boris richten fünf Frauen aus verschiedenen Kulturen, wie Stanisic ist sie gegen Frauenhass, Diskriminierung und Gewalt das Lernen kämpfen. Jeder der Protagonistinnen ist unsägliches des offenen Leid geschehen. Heute kämpfen sie gegen Unterdrü- Umgangs miteinander ckung, gegen Missbrauch, für die Freiheit der Frau – ein gangbarer und sie sagen den Traditionen in ihrem Land den Weg. Kampf an. Ich bin überzeugt, dass erst einmal offener über Se- Modelle nicht oder unzureichend hinterfragen und xualität gesprochen werden muss. Denn wenn weiter einfach damit leben. Denn etwas zu ändern, wäre an- darüber geschwiegen wird, wird auch über Missbrauch strengend.» nicht geredet. Ich frage mich, inwieweit die Erziehung eine Rolle Das ist auch Boris Stanisic ein grosses Anliegen und spielt. Könnten wir das Thema sexuelle Gewalt entta- ein lang gehegter Wunsch: Dass sich die Schule mehr buisieren, indem es in den Familien thematisiert damit beschäftigt. «Ich unterrichte Kantischüler. Ethik, würde? Boris Stanisic meint, dass dies sicher mit ein Tabu und solche Themen sollten aber nicht nur Kan- Grund ist. «Erziehung und Bildung wären sicherlich tonsschülern zugänglich sein. Es müsste eine grössere die besten Möglichkeiten, dies aufzubrechen. Es gibt Masse angesprochen werden. Zudem finde ich, müs- viele Themen, die früher stärker tabuisiert waren, sen wir viel früher ansetzen. Schon Primarschüler kön- heute aber mehr oder weniger offen darüber gespro- nen dafür sensibilisiert, sollten im Umgang miteinan- chen wird. Ein solcher Bereich ist beispielsweise Ho- der geschult werden. Was ist richtig, was ist falsch? mosexualität. Die Hürden sind heutzutage tiefer als Was sind Freundschaften und was hat das für Folgen? noch vor zehn Jahren, darüber zu reden, für Betroffene, sich zu outen, auch wenn wir auch hier noch viel Ar- Tabu-Definition(en) beit für eine allgemeine Akzeptanz und Toleranz vor Für Boris Stanisic gibt es zwei Definitionen von Tabu: Die eine ist religiöser Herkunft. In vielen Religionen werden bestimmte Reliquien verehrt. Damit einher ge- Könnten wir das Thema sexuelle hen gewisse Handlungen und Taten, die im Umgang mit diesen Heiligtümern strikt untersagt sind. Bei uns Gewalt enttabuisieren, indem es in geht es eher um die Gesellschaft, um Sitte. Wenn etwas tabu ist, redet man nicht gern darüber und wenn doch, den Familien thematisiert würde? nur in einer bestimmten Art und Weise; so, wie es uns die Gesellschaft vorgibt. Doch Tabu ist nicht per se negativ. Beispielsweise ist uns haben.» Weshalb, frage ich, hat es damit funktio- es in den USA ein Tabu, seine Religion bei einem Be- niert, mit sexueller Gewalt aber nicht? Gemäss Boris werbungsgespräch zu nennen. Damit will man ausdrü- Stanisic könnte eine Erklärung sein, dass Männer si- cken, dass es keine Rolle spielt, welchem Glauben man cherlich ungern darüber sprechen, weil es ein schlech- angehört. Für die Amerikaner ist Religion eine persön- tes Licht auf sie wirft. Vielleicht ist es auch die Angst liche Angelegenheit, die niemanden etwas angeht. der Männer, ihre dominante Stellung innerhalb der Gesellschaft mit den Frauen teilen zu müssen. Umdenken und darüber sprechen Um Tabus zu brechen, muss ein Umdenken stattfinden. Gewalt gegen Männer, häusliche Gewalt Und es ist unumgänglich, darüber zu sprechen. Wenn Natürlich gibt es auch Gewalt gegen Männer – von über gewisse Themen nicht in den Familien geredet Frauen und Männern ausgeübt. Nur sind diese Fälle wird, dann kann die Schule hier einen grossen Dienst ungleich seltener. Auch diese Opfer schweigen meist. erweisen. Dort erreicht man die Massen. Ziel sollte Eine traurige Statistik zeigt sich in der häuslichen Ge- sein, schon Jugendliche damit zu konfrontieren, sie zu walt. 2018 wurden in der Schweiz 27 Menschen im sensibilisieren um möglichst einen nachhaltigen Effekt familiären Umfeld getötet, 24 davon waren Frauen. zu erzielen. Es gibt noch viel zu tun auf dieser Welt. Jede zweite Woche wurde also ein Mensch von einem Fangen wir bei uns an; reden wir darüber! Partner oder einer Ex-Partnerin umgebracht. Und die Iris Oberle 9 MAGNET Nr.8/2019
Thema Alt sein – ein Streifzug Altwerden ist wie Krankheit, es trifft hoffentlich im- sind es nicht. Wir können uns erinnern. Und das ist mer die Anderen. Altwerden war für mich eigentlich nicht ganz einfach. So, wie die Krisenjahre Menschen nie eine erstrebenswerte Option. Auf meinem Gitar- traumatisieren und für den Rest ihres Lebens zeichnen, renkoffer prangte der Kleber mit dem Spruch «Traue so prägen uns auch unsere früheren Jahre, wo wir viel- keinem über Dreissig». Und plötzlich steht da bei der leicht aktiv und leistungsfähig waren. Meine Jugend- Geburtstagsfeier eine 6 ganz vorne und du merkst, jahre waren nur im Vergleich zum heutigen Überfluss dass du dort angekommen bist, wo du nie hinwoll- Mangeljahre. Fleisch gab es höchstens ein- bis maximal test. zweimal in der Woche, doch zu essen gab es immer. Fernsehen war vor allem Testbild und natürlich Du verortest dich plötzlich bei den sogenannt Alten schwarzweiss und Radio hiess Beromünster. Und die und merkst bei Festen und Feiern mehr und mehr, dass damaligen Alten, also meine Grosseltern, redeten im- die meisten Besucher jünger sind. Und dann gibt es da mer vom Krieg und wie gut es uns jetzt doch gehen eventuell noch ein paar wenige Betagte, doch die sind würde. Wir beklagten uns ja auch gar nicht, wir hatten nicht mehr vierzig Jahre älter als du, nein nicht mal einfach kein schlechtes Gewissen, dass es uns in unse- mehr die Hälfte von vierzig. rem Alter besser ging als den Grosseltern, als sie so Das Alter schleicht sich über die Jahre heran und mit jung waren wie wir jetzt. ihm all diese Vorstellungen, die man damit verbindet. Und jetzt bin ich doch schon einige Jahre über 60 Leiden, Krankheit, Langsamkeit, Verfall, Schmerz. Und und wundere mich, wie es gelingen konnte, dass unser was in den Jahren davor schon schwierig war, wird un- Leben in ganz kurzer Zeit eine klare Grenze erhalten möglich. Sexualität, sportliche Höchstleistung, Produk- konnte, wo man definitiv zu den Alten gehört: Die Pen- tivität etc. sionierung. Das Alter war schon in biblischen Zeiten eine äus- Wir Schweizer kennen ein Leben davor und eines serst schwierige Sache: danach. Das Leben davor ist hart jedoch sinnvoll. Das «Denk an deinen Schöpfer, solange du noch jung bist, Leben danach ist auch hart, aber für viele beginnt der ehe die schlechten Tage kommen und die Jahre, die dir Sinn zu wanken. Währenddem über das Alter nicht so nicht gefallen werden. Dann verdunkeln sich dir Sonne, viel gesprochen wird, wird das über die Pensionierung Mond und Sterne und nach jedem Regen kommen wie- sehr häufig getan. Heute sowieso, wo das Alter an- der neue Wolken. Dann werden deine Arme, die dich beschützt haben, zittern und deine Beine, die dich ge- tragen haben, werden schwach. Die Zähne fallen dir Alter beginnt viel früher als aus, einer nach dem anderen; deine Augen werden trüb und deine Ohren taub. Deine Stimme wird dünn mit der Pensionierung und es und zittrig. Das Steigen fällt dir schwer, und bei jedem Schritt bist du in Gefahr zu stürzen. Draussen blüht der lohnt sich, mit dem Nachdenken Mandelbaum, die Heuschrecke frisst sich voll und die darüber früh anzufangen. Kaperfrucht bricht auf; aber dich trägt man zu deiner letzten Wohnung. Auf der Strasse stimmen sie die To- tenklage für dich an.» (Prediger K 12, 1–7) gehoben werden soll. Wir verknüpfen mit dem Phäno- Kein Wunder setzte man mit dem medizinischen men Pensionierung äusserst widersprüchliche Erwar- Fortschritt so rasch wie möglich alles daran, die Leiden tungen und wir haben ein Lohnsystem installiert (auch des Alters in den Griff zu bekommen. Und die Leistun- das ein Tabuthema), welches es äusserst schwierig gen sind sensationell. Für den weitaus grössten Teil ist macht, einfach so weiter zu arbeiten. Die Pensionie- es heute möglich, über 80 Jahre alt zu werden. Das war rung läutet definitiv den Lebensabend ein. vor 100 Jahren eine Utopie. Das Alter schleicht sich an und hinter ihm der Tod. Die heutigen Sechzigjährigen sind noch ausseror- Wie meinte Otto Waalkes in einem seiner Sketche, der dentlich aktiv und viele bewegen sich bis in die achtzi- im Altersheim spielt? «Seid ihr alle da? Ja? Aber nicht ger Jahre hinein in der Natur und an Anlässen, wo sie mehr lange!» Mann, was haben wir gelacht, damals in sich einbringen oder einfach geniessen. den Siebzigern. Und heute? Wer etwas zum Tabu Dann ist das mit dem Alter ja gar kein Problem mehr. macht, indem er oder sie einfach nicht darüber spricht, Ausser für jene, die es mit der Gesundheit schon in oder sich darüber informiert, den wird dieses Tabu ein- jungen Jahren nie ganz gut hatten, können alle anderen holen. Alter ist genauso wie Sexualität, Sucht, Gewalt, getrost altern. Ja, so wäre es, wenn wir so einfach «kon- Selbstwert, Leistungsfähigkeit etc. ein Thema, das auf- struiert» wären, wie wir das gerne hätten. Doch wir gedeckt und nicht verdrängt werden will. Alter beginnt MAGNET Nr.8/2019 10
Thema Lebenszeit teilen über Generationen hinweg – das macht für alle Sinn. Bild hmz viel früher als mit der Pensionierung und es lohnt sich, tun, dass die Sinnfrage nicht mehr einfach über die mit dem Nachdenken darüber früh anzufangen. Kinder Leistung beantwortet werden kann. Wenn Abhängig- sind da eine unbezahlbare Hilfe. Sie machen einem keiten zunehmen, dann wankt das Weltbild der Selb- von dem Moment an alt, wo sie merken, dass es von ständigkeit. Der sogenannt gläubige Mensch versteht ihnen noch mehr gibt. Also spätestens ab dem Kinder- sich nicht nur im christlichen Sinne immer als abhän- garten. Wer damit umgehen kann, der gibt sich die gig. Die Einbildung auf die eigene Leistungsfähigkeit Chance gut zu altern. relativiert sich von daher. Dafür entsteht Platz für Wer das Alter verhindern will, muss früh sterben, Dankbarkeit. habe ich irgendwo mal gelesen. Da jedoch die weitaus Und heute? Älter werden im Zeitalter der Digitalisie- Meisten genau das nicht wollen, ist das Alter die ein- rung ist keine einfache Sache. Die Gesundheit wird zige Option. Aber wenn Alt, dann gut! Ja wie denn? zwar immer perfekter, doch das Leben selber wird im- Naja, clevere Vorsorge, voller Umwandlungssatz und mer programmierter und Freiräume verschwinden hin- gut versichert. Aha! Und sonst? Mal sehen, was sich da ter definierten Prozessen. Einfache Arbeiten werden noch ergibt. Reisen, Kultur und gesund halt. Und was automatisiert. Flexibilität ist gefragt und der Wille, macht gesund? Bewegung und Kontakte. Engagement dran zu bleiben. Der Mensch ist eingespannt in eine für eine Sache und Humor. Und das Gefühl, noch für komplizierte und schnelle Welt der Information. Wer etwas gut zu sein. Das ist für Menschen mit guten fa- da hinaus fällt, für den wird es rasch schwierig, den miliären Kontakten etwas einfacher. Ah ja – und Reli- Anschluss zu halten. gion. Kirche ist ja etwas für alte Leute. Woher das Es wird langsam klar. Das Alter könnte strenger wer- kommt, weiss ich nicht. Sicher hat es jedoch damit zu den. Nicht einfach nur körperlich. Ich meine persön- lich, in der eigenen Entwicklung. Ich kenne gottseidank Lernen mit ein paar Leute, die das ganz gut hinkriegen. Ich kenne Einschrän- auch solche, die waren mit 20 schon alt. Die haben in kungen und der Rekrutenschule die Welt schon sauber eingeteilt Abhängig- keiten zu gehabt. Die wussten schon damals, wo die Nützlinge leben – je und wo die Schädlinge hocken. Das tönte dann alles früher desto ziemlich erwachsen und abgeklärt. Heute weiss ich zu- besser. mindest das, so einfach funktioniert das Leben nicht. Bild rawpixel. Und ich meine, die Alten sind dafür da, den Jüngeren com das immer mal wieder mitzuteilen. Am besten mit ei- ner guten Portion Humor. Heinz Mauch-Züger 11 MAGNET Nr.8/2019
Thema Vor mir selbst bestehen können Ein Gespräch mit Dr. Hans-Anton Vogel über Tabus beim Hausarzt. Lars Syring: Gibt es 2019 noch Tabus? Hans-Anton Vogel: Sicher. Vor allem im Bereicht der Sexualität. Wobei ich Sexualität sehr weit als Bezie- hungleben insgesamt fasse. Und manchmal auch ganz grundsätzlich: Die Wahrheit als Tabu. Dass man die Wahrheit einfach nicht sagen will oder kann. Dr. med. Hans-Anton Vogel (62 Jahre alt) führt Was verstehen Sie unter einem Tabu? seit 1994 eine Hausarzt- praxis in Bühler AR. Er Tabu ist für mich etwas, dass ich verstandesmässig ist seit 2004 Präsident unterdrücken will. Vor mir selber oder vor der Gesell- der Appenzellischen schaft. Etwas, was die Gesellschaft nicht hören oder Ärztegesellschaft. akzeptieren will. Bild sy Woran merken Sie, wenn Leute im Praxisgespräch sucht und/oder Sexualität zu tun hat, die schwer zu nicht die Wahrheit sagen? kontrollieren sind. Den Zugang zu Menschen zu finden, Ich merke, wenn die Geschichte nicht aufgeht. damit sie eine Therapie machen, ist eine grosse Her- Wenn eine Aussage gemacht wird, die im Zusammen- ausforderung. Die Leute stecken häufig fest in einer hang schräg drinnen steht. Wenn Symptome dargestellt Schamspirale. Wir versuchen, diesen Kreislauf zu un- werden und der innere Zusammenhang fehlt. Oder terbrechen. Ihnen zu helfen, etwas zu tun, was sie wenn die Symptome auf etwas anderes deuten, als ei- nicht gewohnt sind. gentlich zum Ausdruck kommt. Unsere Gesellschaft hat den Anspruch, dass es keine sexuell übertragbaren Krankheiten gibt. Aber die Rea- Fragen Sie dann nach? lität ist eine andere. Da braucht es vertrauensbildende Ja sicher. Aber wenn ich merke, jemand will das Massnahmen, damit eine Therapie etwas gutes wird. Thema nicht weiter erörtern, dann lasse ich es sein. Ich versuche das Beste mit den vorhandenen Angaben zu Gehören Burnout und Depression auch zu den Tabus? machen. Die Vergangenheit, also das, was war, ist zwar Wenn der Patient kommt, gibt er etwas von sich meist der Schlüssel für die Therapie. Aber wenn der preis. Insofern ist es zwischen Arzt und Patient kein Schlüssel nicht da ist, gehe ich natürlich trotzdem wei- Tabu. Was der Patient dann dem Arbeitsgeber sagt, ist ter. Der Mensch meint immer, er wisse alles. Aber wir etwas anderes. Wir Ärzte geben dem Arbeitsgeber wissen nur ein paar Bruchstücke. Und wir basteln uns keine Diagnose bekannt. Erst wenn es um die Invali- von da aus einen Weg. Alles andere wäre eine heillose denversicherung geht, muss er die Situation offen le- Selbsttäuschung. gen. Das Tabu ist auch ein menschlicher Selbstschutz. Niemand gibt gerne seine Schattenseiten preis. Das ist Und Demenz? auch ein Tabu. Und das ist sogar im Gesetz festge- Eine richtige Demenz bemerkt der Patient oft nicht. schrieben: Niemand muss sich selbst anklagen. Ich Für die Angehörigen ist es ein grosses Problem. In den kann die Aussagen verweigern, wenn ich etwas nicht Vorstadien geht es auch wieder um den Selbstschutz, sagen will. den wir zunächst unterstützen. Für mich als Arzt geht es zunächst um die Frage, was wir tun können, damit Dann sind Tabus wichtig? es nicht in die pflegerische Demenz gehen muss. Ja. Der Selbstschutz ist wichtig, weil er die Selbst- achtung jedes Einzelnen erhält. Deshalb sehe ich Tabus Ist es manchmal nötig, um der Gesundheit der Patien- nicht nur negativ. Es hilft, vor mir selbst zu bestehen. ten willen, Tabus zu brechen? Dass ich mich traue, in die Gesellschaft zu gehen. Für mich ist das kein Tabubruch. Ich arbeite als Arzt nicht öffentlich. Sondern nur mit dem Patienten. Und Welche Tabus begegnen Ihnen in Ihrer Praxis? ich stehe unter Schweigepflicht. Wie schon gesagt: Sexualität. Ein häufiges Problem ist auch, wenn die Medikamente nicht genommen Haben Sie selbst auch Tabus? werden. HIV ist interessant, weil es häufig mit Drogen- Natürlich. Aber die verrate ich Ihnen nicht. MAGNET Nr.8/2019 12
Weitblick Voranzeige Palliative Care – Spiritual Care chaptershealth.org Kirche goes digital Wie geht das mit dem Sterben? Was pas- Referentinnen: Silvia Hablützel, Pflege- Der Jahresbericht für das Jahr 2018 ist siert beim Sterben? Welche körperli- fachfrau Pro Senectute und Christine auf der Homepage der Landeskirche chen Anzeichen weisen auf den nahen Scholer, Pfarrerin. einsehbar. Im Rahmen der Sparmass- Tod hin? Welche schmerzstillenden Donnerstag, 14. November «Palliative nahmen wurde dieser Träger vollstän- Massnahmen sind möglich? Was bietet Care und Spiritual Care». Der Anlass dig digitalisiert, die Druck und Vertei- die heutige Medizin? Welchen Beitrag wird doppelt geführt: am Nachmittag lungskosten fallen zukünftig weg. können Angehörige beim Sterben ihrer von 15–16.30 Uhr und am Abend von Wer sich dafür interessiert, was in Nächsten leisten? Kann man sich auf 19.30–21 Uhr. Er findet im Saal des unserer Kirche im vergangenen Jahr so das Sterben vorbereiten? Fragen über Pfarrhauses Schönengrund statt. gelaufen ist, findet neben den für viele Fragen stellen sich zum Tod. Das Ster- Gemeindemitglieder erhalten recht- zentralen Informationen zur finanziel- ben gehört zum Leben jedes Menschen. zeitig Einladungen zu diesem Anlass len Entwicklung eine Menge von Anga- Die diesjährige Weiterbildung ist mit Anmeldetalon. Auswärtige melden ben aus der Arbeit des Kirchenrates, dem Thema «Palliative Care und Spiri- sich an beim Sekretariat, Tel. 071 351 der Kommissionen und des Pfarrkon- tual Care» gewidmet. Die beiden Be- 74 81. Bürozeiten: Dienstag und Don- ventes. griffe finden sich heute in Spitälern, nerstag, 13.45 bis 17.15 Uhr. Mail arge- Onlinezugang zum Jahresbericht via: Heimen und zu Hause, wenn es um das ssw@bluewin.ch ref-arai.ch oder magnet.jetzt Sterben geht. Der Anlass bietet Infor- Diese Erwachsenenbildung ist ein mationen zu körperlichen, psychischen, Angebot der Arbeitsgemeinschaft der sozialen, existenziellen und geistlichen drei reformierten Kirchgemeinden Aspekten des Sterbens und zeigt auf, Waldstatt, Schönengrund und Schwell- wie Nöte gelindert werden können. brunn. Impulse zur Paarbeziehung Erwachsenenbildung ev.-ref Heiden Zweiter Abend, 28. November, 18.30 bis 20.30 Uhr. Wir treffen uns im Kirchgemeindehaus an Zweiertischen zu einem einfachen 3-Gang-Menu. Zwischen den Gängen erhalten die Paare Inputs von Yvonne Menzi, Stellenleiterin der Paar- und Fa- milienberatung Rheintal. Paare sind herzlich eingeladen zu zwei Gemeinsam feiern, 8. Dezember Abenden mit Inputs und Austausch Gottesdienst zum Thema «in familiären und einem gemeinsamen Gottesdienst. Beziehungen leben». Erster Abend, 1. November, 18.30 bis Anmeldung/Kosten 20.30 Uhr. Anmeldung für die zwei Abende bitte Wir werden draussen unterwegs sein bis zum 20. Oktober an das Sekretariat und verschiedene Impulse für die eige- der evang. Kirchgemeinde Heiden, ne Partnerschaft bekommen. Die Ge- sekretariat@ref-heiden.ch oder Telefon spräche bleiben privat. Der Abend 071 898 03 73. klingt am Feuer gemütlich aus. Kosten pro Paar: Fr. 60.– 13 MAGNET Nr.8/2019
Weitblick Begegnungsort Sunntigs-Kafi Waldstatt Jubiläum Eing. Am 19. Oktober feiert der Refor- mierte Kirchenmusikverband Schweiz, der Dachverband aller kantonalen Kir- chenmusikverbände, sein 50-jähriges Bestehen: Im Herbst 1969 schlossen sich in Zürich einige kantonale Organis- tenverbände (wie sie damals hiessen) zu einem deutschschweizerischen Dachverband zusammen. Der Name Sonja Schwald hat zwar mehrfach gewechselt, die An- und Helene liegen sind aber immer die gleichen ge- V. Müller blieben: Förderung des Kontaktes unter den Kantonalverbänden und anderen Sonja Schwald und Helene V. Müller der spielen oder einfach da sein, ist das kirchenmusikalischen Organisationen von Waldstatt freuen sich, am 27. Okto- Herzstück des Sunntigs-Kafi Waldstatt. im In- und Ausland, die Vertretung der ber zum zweiten Mal das Sunntigs-Kafi Das Sunntigs-Kafi lädt jeweils am Interessen der kantonalen Verbände auf in der Oase im MZG Waldstatt zu öffnen. letzten Sonntag in den Monaten Sep- gesamtschweizerischer Ebene sowie Sie laden alle ein, die den Sonntag tember 2019 bis März 2020 von die Herausgabe der Zeitschrift «Musik nicht alleine, sondern in einer Gemein- 10.00–17.00 Uhr in die Oase (ref. und Gottesdienst» und Notenausgaben. schaft verbringen möchten. Besonders Kirchgemeinderaum), MZG Waldstatt Mit einem Kirchenmusikfest in der sprechen sie Alleinstehende, Alleiner- ein. Gründungsstadt Zürich wollen wir un- ziehende oder Elternteile mit Kindern Nächste Daten: 24. November, 29. sere Vielfältigkeit auch für die Öffent- an, die in der Situation sind, alleine für Dezember, 26. Januar 2020, 23. Febru- lichkeit sicht- und vor allen Dingen hör- die Kinder verantwortlich zu sein, da ar, 29. März 2020. Die beiden Gastge- bar machen: In einem Festgottesdienst der Partner an der Arbeit ist. berinnen freuen sich über jeden Besuch dürfen wir erleben, dass auch die tradi- Das Sunntigs-Kafi ist ein Ort der Be- und heissen alle herzlich willkommen tionelle Orgelmusik und der Gemeinde- gegnung. Sich austauschen, miteinan- im Sunntigs-Kafi Waldstatt. gesang nicht verstaubt sein müssen. Mentalitätswechsel Kirche neu denken – Was steht anstelle von kleiner, äl- ter, ärmer? – Wie messen wir Kirche: zählt Quantität oder Qualität? – Was ist qualitative Kirchenent- wicklung? – Wie entwickeln wir eine gemeinsa- me Vision von Kirche? – Was stärkt mich, um Verantwor- Am Samstag, 2. November 2019, von Zentrums für Kirchenentwicklung an tung in der Kirche zu überneh- 9.00–13.00 Uhr, findet im Kirchge- der theologischen Fakultät der Univer- men? meindehaus Herisau eine Tagung für sität Zürich, leitet die Tagung zu den freiwillige und angestellte Mitarbei- Themen: Nach der Tagung offeriert die Kirch- tende der appenzellischen Kirchge- – Wie gelingt der Mentalitätswechsel gemeinde Herisau einen Apéro riche. meinden statt. «vom Sehen, was alles nicht funktio- Die externe Referentin Dr. Sabri- niert» zu einer hoffnungsvollen Pers- Weitere Infos finden Sie auf der Web- na Müller, theologische Leiterin des pektive? site www.ref-herisau.ch. MAGNET Nr.8/2019 14
Weitblick Der Magnet im Netz Breiter informiert Im Unterschied zum Jahresbericht er- dem Thurgau, dem Glarnerland und Digitalisierung des Magnet orientiert scheint der Magnet nach wie vor in ge- von Schaffhausen über Basel bis in die sich an den Bedürfnissen seiner Leser. druckter Ausgabe. Er kommt seit die- Innerschweiz zu finden sind. Viele von ihnen sind nicht mit Compu- sem Jahr jedoch nicht mehr einfach au- Die Glarner und wir sind «die Klei- tern aufgewachsen und schätzen daher tomatisch an jede Kirchbürgerin oder nen» im Verbund und wir profitieren das gedruckte Blatt. In 10 Jahren sieht jeden Kirchbürger, sondern muss be- ungemein von der Arbeit der grösseren das bereits ziemlich anders aus. wusst bestellt werden. Mehr als drei- Landeskirchen. Die Digitalisierung Wir ermuntern Sie zum Besuch einhalbtausend Appenzellerinnen und schreitet voran und es wird sich mit der der Webseite www.magnet.jetzt, es ist Appenzeller haben das getan. Viele je- Zeit zeigen, welche Art von Information keine/r zu alt, um nicht noch etwas zu doch, die manchmal einen Blick in das nach wie vor in gedruckter Form ge- lernen und die Jüngeren helfen gerne. Heft geworfen haben, weil sie das The- schätzt werden wird und wo man sich Viel Vergnügen wünscht Ihnen die Re- ma angesprochen hat, habe keinen Zu- via Handy oder Tablet informiert. Die daktionskommission des Magnet. gang mehr zu diesem Träger. Gegen- wärtig besteht keine Kapazität dafür, al- le Hefte auch noch für die Internetseite www.magnet.jetzt aufzubereiten. Je nach Zeit, wird das mit einzelnen Arti- Wir haben die Wahl keln getan. Nach wie vor erscheint der Magnet jedoch als PDF auf der Home- page der Landeskirche. Er kann dort eingesehen und auch heruntergeladen werden und ist dann auf dem Computer Eing. Die Evangelischen Frauen Anstand, Toleranz und Respekt sind un- lesbar. Schweiz (EFS) und der SKF Schweizeri- verzichtbare demokratische Grundwer- Selbstverständlich besteht das Be- sche Katholische Frauenbund rufen ih- te. EFS und SKF erwarten, dass diese streben, die Beiträge aus dem gedruck- re Mitglieder dazu auf, sich an den na- Werte von Politikern und Politikerin- ten Magnet auch vermehrt online sicht- tionalen Wahlen vom 20. Oktober 2019 nen konsequent gelebt werden. Nur so bar zu machen. magnet.jetzt ist eine zu beteiligen. erhalten wir als Gesellschaft eine De- Seite, die auch auf dem Handy funktio- Für die anstehenden Wahlen braucht battenkultur, in der alle Gehör finden niert. Und magnet.jetzt ist eine Seite, es die Stimmen der Frauen und die vie- und sich breit abgestützte Lösungen fin- wo noch 4 andere Kirchenzeitungen len Stimmen unserer Mitglieder! den lassen. Wenn Sie diese Anliegen beteiligt sind. Die evanglische Landes- teilen, wählen Sie Frauen – und Männer kirche beider Appenzell finanziert ei- Beide Dachverbände setzen sich ein für – die sich dafür einsetzen. Es ist wichtig, nen Teil der Redaktionsstelle, welche – die Gleichstellung von Frauen und wer in den nächsten vier Jahren im Na- dafür schaut, dass 3x in der Woche Männern – in allen Belangen. tional- und Ständerat sitzt. Und wir ha- neue Artikel aufgeschaltet werden. In – ein Leben in Fülle für alle – gegen Ar- ben die Wahl! einer wöchentlichen Telefonkonferenz mut und Ausgrenzung. www.magnet.jetzt sprechen wir uns ab, was thematisch so – die Bewahrung der Schöpfung – ge- läuft und welche Beträge über den eige- gen den Klimawandel und die nen Kanton hinaus noch interessant Zerstörung unseres Planeten. sein könnten. Und so kommt es, dass auf magnet.jetzt Beiträge aus St.Gallen, – Frieden – in der Schweiz und welt- weit. Glauben reflektieren 15 MAGNET Nr.8/2019
Weitblick Agenda KAPELLE SCHWÄGALP Gottesdienstbeginn jeweils um 9.45 Uhr Vollständige Übersicht auf www.magnet.jetzt unter Service >Gemeindeseiten >Schwägalp Kapelle Sonntag, 6. Oktober: Eva B. Keller, Uetliburg Sonntag, 13. Oktober: Hans Jörg Fehle, Wattwil Sonntag, 20. Oktober: Hans Jörg Fehle, Wattwil Ab Ende Oktober: Winterpause bis Ende März 2020! www.ref-urnaesch.ch URNÄSCH Pfr. Markus Grieder 071 364 11 63 pfarramt-urnaesch@bluewin.ch Gottesdienste im Oktober Sonntag, 6. Oktober KEK Friedenskonferenz 9.30 Gottesdienst, Ellen Schout, Oberuzwil Ferien Sonntagschule Aus der Vergangenheit lernen, sich die Sonntag, 13. Oktober Zukunft vorstellen 9.30 Gottesdienst, Ellen Schout, Oberuzwil Ferien Sonntagschule Auf der Friedenskonferenz der Konferenz Europäischer Kir- Sonntag, 20. Oktober chen (KEK) versammelten sich vom 10. bis 12. September in 9.30 Gottesdienst, Ellen Schout, Oberuzwil Paris über sechzig Vertreterinnen und Vertreter der KEK- Ferien Sonntagschule Mitgliedskirchen und Partnerorganisationen aus ganz Europa. Die Konferenz stand im Zeichen des diesjährigen 60. Jubilä- Dienstag, 22. Oktober 19.00 1. Probe Chorprojekt Adventssingen ums der KEK und hob ihre Rolle für den Frieden und die Ver- söhnung hervor. Freitag, 25. Oktober 15.00 Bibelstunde im WPZ Die Konferenz stellte das Erbe der Pariser Friedenskonferenz 19.30 Taizé Abendgebet von 1919 in den Mittelpunkt und strebte nach neuen und Samstag, 26. Oktober kreativen Wegen der Friedenskonsolidierung. Auf der Pariser 9.00 bis 11.00 Kontemplation im Chor der Kirche Friedenskonferenz von 1919 begegneten sich die Alliierten Sonntag, 27. Oktober nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und bestimmten die 8.45 Jugendgottesdienst Bedingungen für den Frieden. Daraus ergaben sich Impulse 9.30 Sonntagschule für eine Reihe von Dialogen und Begegnungen auf der KEK- 9.30 Gottesdienst, Pfr. Marksu Grieder, anschlie- Friedenskonferenz. ssend Kirchenkaffee im Unterrichtszimmer des Pfarrhauses In seiner Eröffnungsrede sagte Dr. Johnston McMaster der Dienstag, 29. Oktober 2019 Irish School of Ecumenics des Trinity College in Dublin: «Es 19.00 2. Probe Chorprojekt Adventssingen gibt weder Frieden noch Versöhnung, wenn der sozioökono- mische Strang nicht aufgegriffen und umgesetzt wird.» www.ref-herisau.ch HERISAU Pfrn. Esther Furrer 071 354 70 62 «Wenn wir uns literarisch und historisch mit der kontextbe- esther.furrer@ref-herisau.ch zogenen Lektüre des klassischen Textes von Paulus an die Pfr. Peter Solenthaler 071 354 70 61 peter.solenthaler@ref-herisau.ch Korinther zur Versöhnung auseinandersetzen, werden wir Pfr. Bernard Huber Stv. 071 354 70 63 bernard.huber@ref-herisau.ch die zentrale sozioökonomische Vision und den Strang erken- Pfr. Jakob Bösch Stv. 071 354 70 63 jakob.boesch@ref-herisau.ch nen», fügte McMaster hinzu. «Es könnte sein, dass die sozio- Pfrn. Anna Katharina Breuer 071 354 70 64 annakatharina.breuer@ref-herisau.ch ökonomische Gerechtigkeit 1919 in Paris ein fehlendes Teil- Marcel Künzle 071 354 70 65 jugendarbeit@ref-herisau.ch chen für den Frieden war.» Jugendarbeit Annalies Taverna 071 354 70 60 sekretariat@ref-herisau.ch In seiner Eröffnungsbotschaft erinnerte KEK-Präsident Pastor Sekretariat Mo–Fr 9–11.30, 14–16 Uhr Christian Krieger die Teilnehmenden daran, dass die Konfe- Gottesdienste im Oktober renz Europäischer Kirchen 1959 in der Folge des Zweiten Weltkriegs aus einem zerbrochenen und gespaltenen Europa Sonntag, 6. Oktober 10.00 Abendmahlsgottesdienst Pfrn. Esther Furrer heraus entstand. Sonntag, 13. Oktober «Zu dieser Zeit gab es einen grossen Bedarf, politische Klüfte 10.00 Gottesdienst, Pfr. Rainer Ebeling, Musik: zu überwinden und für Heilung und Frieden zu arbeiten. Die- H. Zbinden und M. Bossi mit Cuatro manos se ursprüngliche Aufgabe ist heute immer noch unser An- Sonntag, 20. Oktober trieb, während wir uns weiterhin für ein menschliches, sozi- 10.00 Familiengottesdienst, Pfrn. Anna Katharina ales und nachhaltiges Europa des Friedens stark machen», Breuer mit Team und Kindern der Herbsttage, sagte er. Musik: Impulsband, anschliessend Apéro MAGNET Nr.8/2019 16
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