Vetmed - Vetmeduni Vienna

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Vetmed - Vetmeduni Vienna
vetmed
                                        Das Magazin der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der
                                     Gesellschaft der Freunde der Veterinärmedizinischen Universität Wien   1/2019

SCHWERPUNKT

10 Jahre
Wolf Science
Center
AB SEITE 14

HISTORISCHE SPUREN           AUS DER PRAXIS
Jüdische Studierende der     Stressforschung bei
Jahre 1930–1947 im Porträt   Wildtieren
AB SEITE 10                  AB SEITE 38
Vetmed - Vetmeduni Vienna
vetmed 1/2019

                                       Editorial                                                                                                                                                                     CA M PU S N EWS

                                                                                                                                                                                                                                                                Foto © Michael Bernkopf/Vetmeduni
Foto © Doris Kucera/Vetmeduni Vienna

                                                                                                                                                                                                                                                 »06

                                                                                                                                                                                                                                                                Vienna
                                                                               Exzellenz
                                                                               fördern und                                                                                                                          Kurz notiert                          04
                                                                               sichtbar machen                                                                                                                      Die wichtigsten Neuigkeiten vom
                                                                                                                                                                                                                    Campus der Vetmeduni Vienna

                                       Mit dem Jahr 2019 beginnt für die Vetmeduni Vienna die neue Leis-                                                                                                            Die VetMediathek                      06
                                       tungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021, deren Konditionen letztes                                                                                                           Multimediales Archiv
                                       Jahr ausverhandelt und unterzeichnet wurden. Mit den gestiegenen                                                                                                             mit Zukunftsvision
                                       finanziellen Mitteln werden wir neue strategische Initiativen starten
                                       und die Exzellenzförderung weiter vorantreiben.                                                                                                                              VetRegioVetmedAustria                 09
                                                                                                                                                                                                                    Vetmeduni Vienna startete neue
                                       Um exzellente Leistungen zu fördern und sichtbar zu machen, ver-                                                                                                             Regionalisierungsinitiative
                                       anstaltet die Vetmeduni Vienna schon jetzt interne Poster- und Ide-
                                       enwettbewerbe und zeichnet besonders erfolgreiche ForscherInnen                                                                                                              Buchpräsentation                      10
                                       in verschiedenen Kategorien mit Wissenschaftspreisen aus. Ich freue                                                                                                          Jüdische Studierende und
                                       mich mit allen PreisträgerInnen und gratuliere auch den GewinnerIn-                                                                                                          Absolventen der Wiener
                                       nen externer Preise und Würdigungen herzlich.                                                                                                                                Tierärztlichen Hochschule
                                                                                                                                                                                                                    1930–1947
                                       Ein weiteres Beispiel für bereits etablierte, exzellente Wissenschaft
                                       bietet das Wolf Science Center (WSC), das im Jahr 2019 sein zehnjäh-                                                                                                         Nachschau                             13
                                       riges Bestehen in Ernstbrunn feiert und im aktuellen VETMED Ma-                                                                                                              Teaching Vets-Symposium
                                       gazin gewürdigt wird. Die Forschenden untersuchen am Wolf Science
                                       Center, wie sich Hunde durch die Domestikation in ihren sozialen und
                                                                                                                                                       Foto © Rooobert Bayer/Wolf Science Center/Vetmeduni Vienna

                                       geistigen Fähigkeiten von ihren wilden Vorfahren, den Wölfen, un-
                                       terscheiden. Das WSC ist aufgrund der unermüdlichen Arbeit seiner
                                       engagierten MitarbeiterInnen zu einem Aushängeschild unserer Uni-
                                       versität geworden, denn es vereinigt erstklassige Wissenschaft mit der
                                       zielgruppengerechten Vermittlung von Forschungsergebnissen an ein
                                       breites Publikum. Ich kann den Besuch des WSC daher nur empfehlen!

                                       Mit den besten Wünschen für 2019!

                                       Petra Winter
                                       Rektorin

                                                                                                                              » COVER
                                                                                                                              Das Coverfoto
                                                                                                                              zeigt die Wölfe
                                                                                                                              Amarok und Kenai
                                                                                                                              am Wolf Science
                                                                                                                              Center (WSC) in
                                                                                                                              Ernstbrunn. Dieses
                                                      Gedruckt auf Recyclingpapier nach der Richtlinie des österreichischen
                                                                                                                              Jahr feiert das WSC
                                                      Umweltzeichens „Schadstoffarme Druckerzeugnisse“.
                                                      Druckerei Janetschek GmbH UWNr. 637                                     sein zehnjähriges
                                                                                                                              Bestehen.
                                                                                                                              Foto © Rooobert Bayer/
                                                                                                                              Wolf Science Center/
                                             ID-Nr. 1978911
                                                                                                                              Vetmeduni Vienna

2
Vetmed - Vetmeduni Vienna
vetmed 1/2019                                                                                                                                                     INHALT

STUD I E RE N                                                 FO R S CHEN                                                        AU S D ER PRA XIS

                                    Foto © Thomas Suchanek/

                                                                                                                                                                           Foto © Daniel Rosengren
                                                                                                           Foto © WCS Mongolia
                                    Vetmeduni Vienna
                           »32                                                                »36                                                             »38
Alumni Splitter                26                             Parasiten im Hundekot                   34                         Ein Fall für(s) VETMED              38
                                                              Studie liefert überraschendes                                      Stressforschung bei Wildtieren
HVU-Kommentar                  27                             Ergebnis

Akademische Feiern             28                             Forschen und Publizieren                36                          SERVICE
Wintersemester 2018/2019                                      Aktuelle Forschungsergebnisse
                                                              und Publikationen
Nachschau                      32                                                                                                Bild der Ausgabe                    35
That’s Vet – Die Campus-Show                                                                                                     Buchtipps                           42
                                                                                                                                 Impressum                           42
                                                                                                                                 Termine                             43
                                                                                                                                 Rätselbild                          43

                                                                      SCHWE RP UN KT

                                                                      10 Jahre
                                                                      Wolf Science Center
                                                                      (WSC)
                                                                      Wolfsforschung                                                                     14
                                                                      Der Partnerschaft zwischen Mensch und Hund auf der Spur

                                                                      Im Gespräch                                                                        17
                                                                      „Wir wollen Wölfe besser verstehen.“

                                                                      Alltag am Wolf Science Center                                                      20
                                                                      Forschung und Arbeit mit Hunden und Wölfen

                                                                      Fundraising                                                                        24
                                                                      Wolfspatenschaften am WSC

                                                                                                                                                                                              3
Vetmed - Vetmeduni Vienna
CAMPUS NEWS                                                                                                                                                                                                                     vetmed 1/2019

    Kurz notiert
                                                                                                                                                                    WIR EN!
                                                                                                                                                                       IER
                                                                                                                                                                   TUL
                                                                                                                                                                GRA

                                                                                                                    Foto © Thomas Suchanek/Vetmeduni Vienna
                                                                                                                                                                                                             Eva Lewisch
                                                                                                                                                                                                             zum
                                                                                                                                                                                                             DIPLOMATE
                                                                                                                                                                                                             des European College of
                                                                                                                                                                                                             Aquatic Animal Health
    » Interuniversitäre Zusammenarbeit Im Bild v. l. n. r.: VR Christian Mathes (Vetmeduni Vienna), VR Michaela                                                                                              (Dipl.ECAAH)
    Fritz (MedUni Wien), Stiftungsrat Heinz Schweizer (Messerli Stiftung), Stiftungsrat Hans Hengartner (Messerli
    Stiftung), Rektor Heinz W. Engl (Universität Wien) und Rektorin Petra Winter (Vetmeduni Vienna).

    VERTRAGSUNTERZEICHNUNG

    Finanziell sicher in die Zukunft: Vertrags-
    verlängerung des Messerli Forschungsinstituts
    VERLÄNGERUNG.        Um den Erfolg der                    Heinz W. Engl und der Rektorin der Vet-
    interdisziplinären     Forschungseinheit                  meduni Vienna Petra Winter. Das Mes-
    Messerli Forschungsinstitut für Mensch-                   serli Forschungsinstitut wurde 2010 mit
                                                                                                                                                                 Fotos © Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

    Tier-Beziehung weiterhin zu gewährleisten,                der Unterstützung der Messerli Stiftung
    fand am 29. November 2018 die feierliche                  und in Kooperation mit der MedUni Wien                                                                                                         Inga-Catalina Cruz Benedetti
    Vertragsverlängerung statt. Unterzeichnet                 und der Universität Wien gegründet. Die
                                                                                                                                                                                                             zum
    wurden der Vertrag und die erneute Leis-                  Federführung unterliegt der Vetmeduni                                                                                                          DIPLOMATE
    tungsvereinbarung von den Stiftungsräten                  Vienna. Das Messerli Forschungsinstitut                                                                                                        des European College of
    der Messerli Stiftung Heinz Schweizer und                 beschäftigt sich mit der Erforschung der                                                                                                       Veterinary Anaesthesia and
    Hans Hengartner, der Vizerektorin der                     Mensch-Tier-Beziehung und den Bereichen                                                                                                        Analgesia
    Medizinischen Universität Wien Michae-                    Kognition und Verhalten von Tieren, Kom-                                                                                                       (Dipl.ECVAA)
    la Fritz, dem Rektor der Universität Wien                 parative Medizin und Ethik.

        EHRUNG

        Michael Hess erhält Ehrentitel
        EHRENTITEL. Michael Hess,                  geehrt. Der Titel wird von Uni-
        Leiter des Departments für Nutz-           versitäten verliehen, um beson-
        tiere und öffentliches Veterinär-          dere wissenschaftliche Unter-
        wesen, wurde am 28. September              stützung durch eine externe
        2018 mit dem Titel „Meritorious            Forschungspersönlichkeit aus-
        to the Academic Community                  zuzeichnen. Michael Hess hat
        of the Faculty of Veterinary               neben der Leitungsfunktion
        Medicine, Warsaw University of             des Departments für Nutztiere
                                                                                                                                                                                                                                                    Foto © Warsaw University

        Life Sciences“ ausgezeichnet.              und öffentliches Veterinär-
        Hess wurde damit für seine                 wesen auch die Leitung der                                                                                 » Auszeichnung
        außerordentlichen Verdienste               Klinischen Abteilung für Ge-                                                                               Michael Hess wurde der Titel „Meritorious to the Academic
                                                                                                                                                              Community of the Faculty of Veterinary Medicine, Warsaw
        im Bereich Geflügelmedizin                 flügelmedizin inne.                                                                                        University of Life Sciences“ verliehen.

4
Vetmed - Vetmeduni Vienna
vetmed 1/2019                                                                                                                                                             CAMPUS NEWS

                                                                      » Würdigungspreis                                                     JAHRESRÜCKBLICK
                                                                      Gottfried Brem wurde mit
                                                                      dem begehrten Kardinal-                                               Habilitationen
                                                                                                                                            an der Vetmeduni Vienna
                                                                      Innitzer-Würdigungspreis
                                                                      für die Kategorie Natur-
                                                                      wissenschaften/Medizin
                                                                      ausgezeichnet.                                                        Wir gratulieren allen PrivatdozentInnen der
                                                                                                                                            Vetmeduni Vienna zum erfolgreichen Ab-
                                                                                                                                            schluss ihrer Habilitation, durch die sie die
                                                                                                                                            Lehrbefugnis in ihrem Fach erreicht haben.

                                                                                                                                            Rohini Chopra-Dewasthaly
                                                                                                                                            Habilitationsschrift: „Mycoplasma
                                                                                                                                            agalactiae – Surface Antigenic Variation

                                                                                                 Foto © Vetmeduni Vienna
                                                                                                                                            and Molecular Pathogenesis“
                                                                                                                                            (Institut für Mikrobiologie)

                                                                                                                                            Wilhelm Gerner
                                                                                                                                            Habilitationsschrift: „Differentiation of
                                                                                                                                            porcine alpha-beta T cells during ageing
                                                                             GRA WIR                                                        and infection“
PREIS                                                                           TUL
                                                                                    IERE                                                    (Institut für Immunologie)
Gottfried Brem mit Kardinal-Innitzer-
                                                                                         N   !

Würdigungspreis ausgezeichnet
                                                                                                                                            Sarah Marshall-Pescini
                                                                                                                                            Habilitationsschrift: „The importance of
                                                                                                                                            socio-ecology in wolf-dog behavioral and
WÜRDIGUNG.       Bei der Vergabe der Kardi-      Brem studierte Veterinärmedizin, Agrar-                                                    cognitive differences“
nal-Innitzer-Preise wurde Gottfried Brem         wissenschaften und Betriebswirtschaft,                                                     (Messerli Forschungsinstitut)
mit dem Würdigungspreis in der Kategorie         promovierte in der Tierzucht und habili-
                                                                                                                                            Daniela Klein-Jöbstl
Naturwissenschaften/Medizin ausgezeich-          tierte für das Fach Tierzucht und Haustier-
                                                                                                                                            Habilitationsschrift: „Kälbermanagement
net. Der Preis wird für außerordentliche Ver-    genetik. Derzeit leitet er die Abteilung für
                                                                                                                                            und Kälbergesundheit in Milchvieh-
dienste und Leistungen in der Wissenschaft       Reproduktionsbiologie an der Vetmeduni                                                     betrieben – Schwerpunkt Durchfall beim
vergeben. Die diesjährige Verleihung fand        Vienna und das Ludwig Boltzmann Institut                                                   neugeborenen Kalb“
durch Kardinal Christoph Schönborn am            für immuno-, zyto- und molekulargeneti-                                                    (Bestandsbetreuung Wiederkäuer)
17. November 2018 im Rahmen eines Fest-          sche Forschung.
                                                                                                                                            Robert Kofler
aktes im Wiener Erzbischöflichen Palais statt.
                                                                                                                                            Habilitationsschrift: „Evolutionary dynamics
                                                                                                                                            of transportable elements in Drosophila“
                                                                                                                                            (Institut für Populationsgenetik)

                                                                                                                                            Alice Auersperg
                                                                                                                                            Habilitationsschrift: „Flexible Tool Use
    ANERKENNUNG
                                                                                                                                            and Manufacture in the Goffin's Cockatoo
    Renommierter Heribert-Konzett-Preis                                                                                                     (Cacatua goffinana)“

    für Andrea Hölbl-Kovacic
                                                                                                                                            (Messerli Forschungsinstitut)

                                                                                                                                            Peter Paulsen
    AUSZEICHNUNG.        Für ihre herausra-                                                                                                 Habilitationsschrift: „Hygiene Practices
    genden Leistungen in der Leukämiefor-        » Leukämieforschung                                                                        and Quality Characteristics of Meat in Less
                                                 Andrea Hölbl-Kovacic wurde als erste                                                       Standardized Food Chains: The Case of
    schung wurde Andrea Hölbl-Kovacic vom        Mitarbeiterin der Vetmeduni Vienna mit
    Institut für Pharmakologie und Toxi-                                                                                                    Meat from Game“
                                                                                                 Foto © Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

                                                 dem Heribert-Konzett-Preis ausgezeichnet.
                                                                                                                                            (Institut für Fleischhygiene)
    kologie mit dem Heribert-Konzett-Preis
    ausgezeichnet. Der Preis wird einmal         von verschiedenen Leukämieformen                                                           Dagmar Schoder
    jährlich von der Österreichischen Phar-      und deren Bekämpfung. Derzeit forscht                                                      Habilitationsschrift: „Neglected routes of
    makologischen Gesellschaft für hervor-       die Preisträgerin an der Precision Phar-                                                   food contamination from stable to table on
    ragende Leistungen in experimenteller        macology, die es sich zum Ziel gesetzt                                                     a national, international and global scale“
    und klinischer Pharmakologie vergeben.       hat, die effektivste Therapievariante, je                                                  (Institut für Milchhygiene)

    Die Forschungsarbeit von Hölbl-Kova-         nach Ausprägung und Verlauf der Leu-
    cic beschäftigt sich mit der Entstehung      kämieerkrankung, zu finden.                                                                Wir gratulieren sehr herzlich!

                                                                                                                                                                                            5
Vetmed - Vetmeduni Vienna
CAMPUS NEWS                                                                                                                                                       vetmed 1/2019

    M U LT I M E D I A D AT E N B A N K D E R V E T M E D U N I V I E N N A

    Die VetMediathek: Multimediales
    Archiv mit Zukunftsvision
    Im Jahr 2003 entstand die Idee, 10.000 Dias aus einer Klinik des Tierspitals zu digitalisieren,
    zu beschlagworten und sie damit rund um die Uhr verfügbar zu machen. Aus dieser Vision
    entwickelte sich eine campusweite MULTIMEDIADATENBANK , die inzwischen mehr als 95.000
    Bilder, Videos, Audio- und PDF-Dateien sicher archiviert und den MitarbeiterInnen der Vetmeduni
    Vienna zur Verfügung stellt. Im Interview mit VETMED berichtet Michael Bernkopf, Projektleiter
    der VetMediathek, über die Möglichkeiten und Chancen, die diese Mediensammlung bietet.

                                                                                                                                                          » Einblick in die
                                                                                                                                                          Bilderwelt der
                                                                                                                                                          Vetmeduni
                                                                                                                                                          Die VetMediathek ist
                                                                                                                                                          das Multimediaarchiv
                                                                                                                                                          der Vetmeduni Vienna:
                                                                                                                                                          Verfügbarkeit, Bild-
                                                                                                                                                          qualität, Daten und
                                                                                                                                                          Rechtssicherheit sind
                                                                                                                                                          die Credos dieser
                                                                                                                                                          Datenbank, die aktuell
                                                                                                                                                          95.000 Assets umfasst.

                                                                                                                          Fotos © Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

    VETMED: In der VetMediathek                        veterinärmedizinischen Bilddokumenta-        » Unsere Vision ist ein
    werden neben Fotos und Videos auch                 tion visionär und so kam das Projekt ins     zentrales Medienarchiv für
    Audio- und PDF-Dateien archiviert,                 Rollen.                                      die Veterinärmedizin und
    wie kam es zu dieser Multimedia-
                                                                                                    deren Geschichte.«
    datenbank?                                         Wie war die Vorgehensweise dabei?
                                                                                                    MICHAEL BERNKOPF

    Michael Bernkopf: Als Pilotprojekt der             Bernkopf: Die Dias wurden selektiert, nach
    heutigen VetMediathek kann der Aufbau              einem definierten Workflow digitalisiert,
    des Archivs der Universitätsklinik für             danach eine geeignete Software gesucht
    Wiederkäuer zwischen 2003 und 2007 ge-             und auf dieser Basis ein clientbasiertes     Ab wann waren die ersten
    sehen werden. Dort bestand ein Archiv aus          System zur Archivierung der wissenschaft-    Dateien verfügbar?
    der klinischen Praxis, das 10.000 Diaposi-         lichen Medien geschaffen. Schritt für
    tive umfasst, welches der damalige Leiter          Schritt wurden Datenfelder und Beschlag-     Bernkopf: Der Projektstart für die Vet-
    der Klinik, Walter Baumgartner, digitali-          wortungsmasken definiert, ein Thesaurus      Mediathek in ihrer jetzigen Form, also
    siert und über den Computer verfügbar ha-          generiert und schließlich die einzelnen      der campusweiten Version, erfolgte im
    ben wollte. Diese Idee war im Bereich der          Dateien, Assets genannt, archiviert.         Jahr 2011. Nach weiteren zwei Jahren Ent-

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Vetmed - Vetmeduni Vienna
vetmed 1/2019                                                                                                                               CAMPUS NEWS

                                                                                                                                                          » INFO

                                                                                                                                                          VetMediathek –
Fotos © Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

                                                                                                                                                          Timeline & Hardfacts

                                                                                                                     » Clinical Assets
                                                                                                                     Bilder und Videos aus dem
                                                                                                                     klinischen Bereich (Internist
                                                                                                                     Iwan Burgener, Erregerkultur
                                                                                                                     mit Hemmstoffnachweis) dienen
                                                                                                                     der Dokumentation und sind
                                                                                                                     essenziell für hochqualitative
                                                                                                                     Publikationen und Ausbildung.

                                                                                                                                                          VETMEDIATHEK
                                            wicklungsarbeit, in der alle Strukturen, ein             gen, importieren die Files, führen die Be-           Multimediadatenbank der
                                            ausgeklügeltes Berechtigungssystem und                   schlagwortung durch und gewährleisten                Vetmeduni Vienna
                                            die zugehörigen Webseiten implementiert                  die Verfügbarkeit.
                                            wurden, ging sie 2013 online.                                                                                 TECHNIK
                                                                                                                                                          Digital Asset Management System (DAM),
                                                                                                     Welche spannenden Features gibt es?
                                                                                                                                                          Hardware: Windows® Server (3),
                                            Welche Struktur steckt hinter                                                                                 Software: Fotoware® (customized)
                                            der Multimediadatenbank?                                 Bernkopf: Unser primäres Anliegen ist
                                                                                                     das sichere, dauerhafte Archivieren aller            UMFANG
                                            Bernkopf: Das Herz der VetMediathek                      Assets für Forschung, Lehre und andere               mehr als 95.000 Bilder, Videos, Audio- und
                                            ist die zentrale Datenbank, auf die über                 Anwendungen wie Dokumentation, Öf-                   PDF-Dateien

                                            PC-Clients und drei Webseiten, Staff,                    fentlichkeitsarbeit, Webseiten, Broschüren           TIMELINE
                                            Students und Public, rund um die Uhr                     oder das VETMED Magazin. Der schon
                                            zugegriffen werden kann. Dadurch ha-                     erwähnten Autonomie – Stichwort: Schutz                  2003
                                            ben wir getrennte Zugänge für Mitarbei-                  eigener Forschungsdaten der einzelnen                    Start des Pilotprojekts „Aufbau
                                            terInnen, Studierende und externe Use-                   Einrichtungen – kommt dabei eine große                   eines digitalen Bildarchivs an der
                                                                                                                                                              Klinik für Wiederkäuer“
                                            rInnen. Gemeinsam mit der autonomen                      Bedeutung zu. Die VetMediathek unter-
                                            Archiv-Verwaltung durch jede teilneh-                    stützt aber auch die Zusammenarbeit,                     2011
                                            mende Organisationseinheit bietet die                    denn alle UserInnen können auf drei Sha-                 Projektstart der campusweiten Multi-
                                                                                                                                                              mediadatenbank „VetMediathek“
                                            Datenbank ein hohes Maß an Sicherheit                    ring-Archive, die allen zur Verfügung ste-
                                            bei gleichzeitiger Flexibilität. Eine zent-              hen, zugreifen und individuelle Alben an-                2013
                                            rale Rolle kommt den jeweiligen Admins                   legen, die geteilt und gemeinsam genutzt                 Die VetMediathek geht mit insgesamt
                                                                                                                                                              acht Archiven online (Universitätsklinik
                                            zu: Sie verwalten die Assets der Abteilun-               werden können. Als sehr hilfreich werden
                                                                                                                                                              für Wiederkäuer, Öffentlichkeitsarbeit,
                                                                                                     zahlreiche Exportformate empfunden: ver-                 Anästhesie, Parasitologie, Historisches
                                                                                                     schiedene Bildgrößen und Auflösungen,                    Archiv, Pathologie, Histologie, Bernkopf)
                                                                                                     die Markierung mittels Universitätslogo,
                                                                                                                                                              2018
                                                                                                     eines schützenden Wasserzeichens oder                    Start der VetMediathek 2.0 mit Umzug
                                                                                                     mittels eines informativen Textblocks. Die               auf die neuen Server (Fotoweb 8.0)
                                                                                                     Suche erfolgt wahlweise schnell und ein-
                                                                                                                                                              2019
                                                                                                     fach nach Stichworten oder sehr detailliert
                                                                                                                                                              Die VetMediathek verfügt über
                                                                                                     nach Kriterien wie Medientyp, Hoch- oder                 22 Archive und insgesamt 95.000 Assets.
Fotos © Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

                                                                                                                                                                                                          Video Screenshot © Alexander Wijnants/Vetmeduni Vienna

                                                                                                     Querformat, Farbmodell, Dateiendung etc.
                                                                                                     Suchabfragen und deren Ergebnisse sind               » www.vetmediathek.at
                                                                                                     außerdem als Projekte speicherbar und
                                                                                                     können als virtuelle, dynamisch befüllte
                                                                                                     Ordner angelegt werden.

                                                                                                     Wenn ich Daten und Fotos nutzen
                                                                                                     möchte, wie komme ich daran?

                                                                                                     Bernkopf: Alle MitarbeiterInnen haben                » Videos sind die Medien der Zukunft.
                                                                                                                                                          Die VetMediathek bietet ausreichend Platz
                                            » Einblicke                                              über das Web Zugriff auf die genannten               für große Originaldateien, ein integrierter
                                            ForscherInnen-Porträts (Populationsgenetiker Christian                                                        Videoplayer spielt sie ruckfrei ab.
                                                                                                     Sharing-Archive sowie auf das ihrer eigenen
                                                                                                                                                      »
                                            Schlötterer) und Event-Fotos (Tag der offenen Tür)
                                            gewähren der Öffentlichkeit Einblick in unsere Arbeit.   Klinik oder ihres Instituts. Abhängig

                                                                                                                                                                                                                                               7
Vetmed - Vetmeduni Vienna
CAMPUS NEWS                                                                                                                                                                  vetmed 1/2019

       » High Quality                                                                                                                             Spielt auch die veterinärmedizinische
       Innovative Einrichtungen wie die                                                                                                           Geschichte eine Rolle bei der
       allen zur Verfügung stehende                                                                                                               Archivierung?
       Medienwerkstatt erlauben die
       Produktion hochwertiger Bild-,
       Video- und Audiodateien                                                                                                                    Bernkopf: Die Vetmeduni Vienna ist die
       (Chamäleon).
                                                                                                                                                  zweitälteste veterinärmedizinische Uni-
                                                                                                                                                  versität Europas. Dieser Historie ver-
                                                                                                                                                  pflichtet würden wir auch gerne veteri-
                                                                                                                                                  närmedizinisch interessanten Bildern aus
                                                                                                                                                  Privatbesitz eine Heimat bieten. Zeitzeug-
                                                                                                                                                  nisse, die sonst möglicherweise verloren

                                                                                                       Foto © Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna
                                                                                                                                                  gingen, fänden so einen Speicherort, wo
                                                                                                                                                  sie im Sinne der Dokumentation erhal-
                                                                                                                                                  ten und abrufbar blieben. Auf diese Weise
                                                                                                                                                  könnte so etwas wie ein Archiv der Veteri-
                                                                                                                                                  närmedizin entstehen.

                                                                                                                                                  Vor welchen Herausforderungen
                                                                                                                                                  steht die VetMediathek?

                                                                                                                                                  Bernkopf: Das Urheberrecht und speziell
                                                                                                                                                  die Neuerungen durch die Datenschutz-
»   von den jeweiligen Rechten können sie              machen und Synergien in der Forschung                                                      Grundverordnung (DSGVO) stellen uns
    ausgewählte Assets entweder direkt he-             und Lehre zu nutzen. Ganz wichtig ist uns                                                  immer wieder vor neue Herausforderun-
    runterladen oder über das Shop-System              dabei die Wahrung der AutorInnenrechte.                                                    gen. Ich denke, es ist ein Symptom un-
    via Einkaufswagenfunktion unter Angabe             So ist bei jedem Bild der Autor oder die                                                   serer Zeit, dass Regelungen, die sich pri-
    des Verwendungszwecks bestellen. Den               Autorin vermerkt und bei der Nutzung ist                                                   mär gegen den Missbrauch von Daten im
    Studierenden stehen ein Bild- und Video-           die Quellenangabe verpflichtend.                                                           großen Stil durch internationale Medi-
    archiv sowie ein Archiv für PDF-Dateien                                                                                                       enkonzerne richten, auch den Bildungs-
    mit Fallberichten zur Verfügung. Im Bild-          Welche Vision gibt es                                                                      bereich treffen. Aber auch diese Aufgabe
    archiv ist derzeit – auch aus Datenschutz-         für die Datenbank?                                                                         werden wir meistern. «
    gründen – nur die Ansicht möglich.
                                                       Bernkopf: Zusätzlich zum Archivierungs-
    Was ist das Besondere an                           gedanken wollen wir ein Bewusstsein für

                                                                                                                                                                                                  Foto © Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna
    der VetMediathek?                                  Medien und deren Wert für uns und unsere
                                                       Gesellschaft schaffen. Qualitativ hochwer-
    Bernkopf: Die VetMediathek ist durch               tige Assets untermauern die wissenschaft-
    ihre Inhalte auch eine Dokumentation der           liche Arbeit und unterstützen unsere Pu-
    neueren Geschichte der Universität. Sie            blikationen. Daher versuchen wir, durch
    enthält neben forschungsrelevanten Assets          Initiativen in den Bereichen Fotografie
    viele Zeugnisse des universitären Lebens           und Video, in der Bearbeitung (audio-)vi-
    und damit aller Menschen, die mit ihr ver-         sueller Inhalte sowie beim Urheberrecht
    bunden sind. Ich persönlich schätze diesen         auch Wissen in der Medienproduktion
    Aspekt und erfreue mich gerne an den               zu vermitteln. Die Medienwerkstatt – ein
    etwas älteren Bildern, die in der VetMedi-         Raum für Foto-, Film- und Audioproduk-                                                        MICHAEL BERNKOPF
    athek einen sicheren Aufbewahrungsort              tionen – ist ebenso ein Beispiel dafür wie
                                                                                                                                                     Michael Bernkopf ist promovierter
    gefunden haben. Wir wollen systematisch            die Workshops, die die Abteilung E-Lear-
                                                                                                                                                     Veterinärmediziner, arbeitete jedoch
    archivieren, um alle Inhalte auffindbar zu         ning und Neue Medien anbietet.                                                                bereits parallel zu seinem Studium im
                                                                                                                                                     Bereich Medien und Journalismus. Die
                                                                                                                                                     Verknüpfung dieser beiden Berufsfelder
                                                                                                                                                     brachte ihn zurück an die Vetmeduni
                                                                               » Historisch                                                          Vienna, wo ihn sein Weg über den Auf-
                                                                               Aufgabe und Vision                                                    bau der PR-Abteilung (1997–2003), die
                                                                               zugleich: die Archi-                                                  Klinik für Wiederkäuer (Dissertation 2007)
                                                                               vierung historischen                                                  und schließlich mit dem Projekt VetMedia-
                                                                               Bildmaterials (Unter-
                                                                               suchung eines Hundes
                                                                                                                                                     thek über die IT-Services in die Abteilung
                                                                               ca.1930, Eröffnung                                                    E-Learning und neue Medien des Vize-
                                                                               des heutigen Campus                                                   rektorats für Lehre geführt hat.
                                                                               auf dem Donaufeld
                                                                               am 4. Oktober 1996).
    Reproduktion © Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

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Vetmed - Vetmeduni Vienna
vetmed 1/2019                                                                                                                                                             CAMPUS NEWS

VETREGIOVETMEDAUSTRIA

Vetmeduni Vienna startete
neue Regionalisierungsinitiative
Mit gezielten Maßnahmen

                                              Foto © LPD Kärnten/Helge Bauer
IN DEN BUNDESLÄNDERN will
die Vetmeduni Vienna das
Bewusstsein für die Bedeutung
der Veterinärmedizin in der
Gesellschaft fördern. Im
vergangenen Februar wurde
eine Zusammenarbeit mit
dem Land Kärnten fixiert –
um Synergien zu nutzen und
die tierärztliche Versorgung
zu sichern.

D
            ie Vetmeduni Vienna
            bildet als einzige vet-
            erinärmedizinische
            Universität in Öster-                                                          » Kooperation Petra Winter unterzeichnet den Letter of Intent gemeinsam mit Peter Kaiser, Beate
reich die zukünftigen Tierärz-                                                             Prettner und Otto Doblhoff-Dier.

tinnen und Tierärzte aus, die im
Sinne des One-Health-Ansatzes für die                                          langfristig die flächendeckende tierme-                  Überregionale Kooperationen
Aufrechterhaltung der flächendecken-                                           dizinische Versorgung gewährleisten soll.                der Vetmeduni Vienna
den Gesundheit von Mensch und Tier                                                                                                      Als Gründungsmitglied von VetNEST ist
unentbehrlich sind. Aus diesem Allein-                                         Kooperation der Vetmeduni Vienna                         die Vetmeduni Vienna seit 1993/1994 in
stellungsmerkmal resultiert eine wichtige                                      mit dem Bundesland Kärnten                               ein internationales Netzwerk eingebun-
gesellschaftliche Verantwortung, der sich                                      Im Rahmen der VetRegioVetmedAustria-                     den und kooperiert unter anderem mit
die Vetmeduni Vienna unter anderem                                             Initiative wurde am 20. Februar 2019 ein                 den Veterinärmedizinischen Fakultäten
durch die im Jahr 2018 ins Leben gerufe-                                       Letter of Intent (LOI) durch den Kärntner                in Brünn, Budapest, Košice und Ljubljana.
ne Regionalisierungsinitiative VetRegio-                                       Landeshauptmann Peter Kaiser und Rek-                    Im Jahr 2018 wurde die internationale Zu-
VetmedAustria stellt. Die im Rahmen der                                        torin Petra Winter unterzeichnet. Damit                  sammenarbeit um das von der EU geförder-
Initiative geplanten Maßnahmen in den                                          wurde der Grundstein für eine intensive                  te, zweijährige Projekt „Pan-European soft
verschiedenen Bundesländern sollen die                                         Zusammenarbeit zwischen dem Land                         skills curriculum for undergraduate vete-
Sicherung der tierärztlichen Versorgung                                        Kärnten und der Vetmeduni Vienna gelegt.                 rinary education – SOFTVETS“ erweitert.
in ländlichen Regionen unterstützen und                                        Peter Kaiser zeigt sich in seiner Eigen-                 Ziel der Kooperation ist die Erweiterung
außerdem die Wahrnehmung der Veteri-                                           schaft als Bildungsreferent und -soziologe               der tierärztlichen Ausbildung um soge-
närmedizin als Gesundheitsberuf in der                                         über die geplanten Kooperationen sehr                    nannte „life skills“: Unter der Federfüh-
Gesellschaft stärken. „In Zeiten, in denen                                     erfreut, da diese unter anderem auch Bil-                rung der veterinärmedizinischen Fakultät
viele Tierseuchen und die damit verbun-                                        dungsinitiativen und damit wichtige Im-                  Zagreb soll ein veterinärmedizinisches
denen Zoonosen aufgrund der medizini-                                          pulse für die Region beinhalten werde. Als               Muster-Curriculum ausgearbeitet werden,
schen Fortschritte unter Kontrolle sind,                                       erste konkrete Maßnahme ist die Förde-                   das die für den Beruf unerlässlichen kom-
hat das Bewusstsein für die Wichtigkeit                                        rung einer wissenschaftlichen Arbeit zu                  munikativen, unternehmerischen sowie
der Veterinärmedizin in der breiten Be-                                        einem für Kärnten relevanten Thema der                   digitalen Kompetenzen berücksichtigt.
völkerung leider abgenommen“, so Rek-                                          Veterinärmedizin geplant. Darüber hinaus                 Neben den Veterinärmedizinischen Fakul-
torin Petra Winter. Ein erklärtes Ziel der                                     soll mit der Initiative auch den regionsspe-             täten der Universitäten von Zagreb und
VetRegioVetmedAustria-Initiative ist da-                                       zifischen veterinärmedizinischen Heraus-                 Laibach sind die Veterinärmedizinische
her die Bewusstseinsbildung für die wich-                                      forderungen im Dreiländereck Kärnten/                    Universität Budapest, die Tierärztliche
tige Rolle der Veterinärmedizin in der                                         Österreich – Friaul/Italien – Gorenjska/                 Hochschule Hannover (TiHo), die Vetmed-
Gesellschaft, die eine Aufwertung des tier-                                    Slowenien durch die angestrebte überregi-                uni Vienna und die WU Wien am Projekt
ärztlichen Berufs bewirken und dadurch                                         onale Zusammenarbeit begegnet werden.                    beteiligt. «

                                                                                                                                                                                             9
Vetmed - Vetmeduni Vienna
CAMPUS NEWS                                                                                                                                                           vetmed 1/2019

     WEGE – SPUREN – SCHICKSALE

     Mit Vergangenheit in die Zukunft
     Über jüdische Studierende und AbsolventInnen der Wiener Tierärztlichen
     Hochschule – seit 1975 Veterinärmedizinische Universität Wien genannt –
     war bislang wenig bekannt. Ein neues Buch holt diese Menschen und ihre
     Geschichten nun aus der Vergessenheit. Und stärkt damit das historische
     Bewusstsein an der Vetmeduni Vienna.

                                                                                                                              Foto © Ernst Hammerschmid/Vetmeduni Vienna
                                                                                                                                                               » Historische Spuren
                                                                                                                                                               Die Kurzbiografien ins-
                                                                                                                                                               gesamt 42 ehemaliger
                                                                                                                                                               jüdischer Studierender
                                                                                                                                                               wurden für das kürzlich
                                                                                                                                                               erschienene Buch

                                                  W
                                                                                                                                                               erarbeitet.

                                                                       ilhelm Marbach studiert        rasch verändert.“ Im Jahr 1914/15 betrug der
                                                                       fleißig. Überfleißig so-       Anteil jüdischer Studierender an der heutigen
                                                                       gar, im Sommersemes-           Vetmeduni Vienna noch 5,7 Prozent. Nur noch
                                                                       ter 1938. Der blonde,          0,3 Prozent waren im Sommersemester 1938
                                                                       junge Mann legt mehr           inskribiert. Im November 1938 wird Wilhelm
                                                  Prüfungen ab als je zuvor. Er will sein Stu-        Marbach als letzter jüdischer Studierender von
                                                  dium abschließen, so schnell wie möglich.           der Universität ausgeschlossen.
     » BUCHPRÄSENTATION                           Denn Wilhelm Marbach ist Jude. Der einzi-
     Die Buchpräsentation fand im vergange-       ge, der im Frühjahr 1938 noch an der Wiener         „Jüdische Studierende und Absolventen der
     nen November an der „Alten Vetmed“,          Tierärztlichen Hochschule inskribiert ist.          Wiener Tierärztlichen Hochschule 1930 –
     der jetzigen Universität für Musik und                                                           1947: Wege – Spuren – Schicksale“, unter die-
     darstellende Kunst Wien, statt. Vier Jahre   Seitenscheitel, ernster Blick, klare Gesichtszüge   sem Titel liegt ein Teil der universitären
     lang arbeitete Autorin Lisa Rettl am
                                                  – so ist der Wiener auf einem Foto zu sehen, das    NS-Vergangenheit seit kurzem in Buchform
     Projekt, unterstützt von ihren KollegInnen
     Claudia Kuretsidis-Haider und bis 2016       ihn als 19-jährigen Studienanfänger der Vete-       vor. In vierjähriger Forschungsarbeit hat sich
     von Johannes Laimighofer. Finanziert         rinärmedizin zeigt. Als die Nazis in Österreich     ein dreiköpfiges Team rund um die Zeithisto-
     wurde das Projekt aus Mitteln des FWF        an die Macht kommen, ist er knapp 23 Jahre alt.     rikerin Lisa Rettl der Aufarbeitung gewidmet,
     (Fonds zur Förderung der wissenschaft-       „Anfangs hatte er noch die Hoffnung, dass er        initiiert vom Rektorat aus Anlass des 250-Jah-
     lichen Forschung).
                                                  zu Ende studieren kann“, erzählt Historikerin       re-Jubiläums der Vetmeduni Vienna 2015. Im
                                                  Lisa Rettl, „aber die NS-Gesetzgebung hat sich      vergangenen November erfolgte die Buchprä-

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vetmed 1/2019                                                                                                                                                                          CAMPUS NEWS

                                             » Jüdische Studierende                                                                            sentation. „Je mehr wir über die Geschichte          » Indem wir die Schicksale
                                             Auf dieser und der folgenden Seite stellen
                                             wir exemplarisch vier jüdische Studierende
                                                                                                                                               wissen und je besser wir die Geschehnisse an         unserer ehemaligen jüdischen
                                             der Wiener Tierärztlichen Hochschule in                                                           der Veterinärmedizinischen Universität Wien          Studierenden dokumentieren,
                                             Kurzbiografien vor.                                                                               kennen, desto besser können wir ihrer Vergan-        schließen wir eine Lücke der
                                                                                                                                               genheit gedenken und die Gegenwart für eine          Erinnerung.«
                                                                                                                                               bessere Zukunft gestalten“, sagt Petra Winter,
                                                                                                                                                                                                    REKTORIN PETRA WINTER
                                                 WILHELM                                                                                       Rektorin der Vetmeduni Vienna. Ursprüng-
                                                 MARBACH                                                                                       lich angestoßen hatte das Buchprojekt ihre
                                                 * 1915 in Wien                                                                                Vorgängerin, Sonja Hammerschmid. Finan-
                                                 † 1994 in Australien
                                                                                                                                               ziert wurde es durch den Wissenschaftsfonds          lismus mit ihnen? Haben sie überlebt und wenn
                                                 Kindheit/Jugend
                                                                                                                                               FWF. „Wir wollen das historische Bewusstsein         ja, wie?“, so Rektorin Petra Winter. „Indem wir
                                                 Wilhelm Marbach wuchs in gesicherten,                                                         an unserer Universität schärfen und fördern“,        die Schicksale unserer ehemaligen jüdischen
                                                 wenn auch bescheidenen Verhältnissen                                                          erklärt Rektorin Petra Winter.                       Studierenden dokumentieren, schließen wir
                                                 im 2. Wiener Gemeindebezirk auf.                                                                                                                   eine Lücke der Erinnerung.“
                                                 Familie                                                                                       Viel mehr Archivmaterial als erwartet
                                                 zweimal verheiratet                                                                           „Es gibt fast keine Dokumente mehr aus der           Der letzte jüdische Studierende des Jahres 1938,
                                                 Studium an der
                                                                                                                                               NS-Zeit.“ Mit dieser Annahme startete das            Wilhelm Marbach, hat überlebt. Nach seinem
                                                 Tierärztlichen Hochschule                                                                     Team in das Projekt. Umso größer war die             erzwungenen Studienende flieht er 1939 nach
                                                 Mit Sommersemester 1938 war er der                                                            Überraschung, als man sogar sehr viel in den         Shanghai, arbeitet im chinesischen Bürger-
                                                 einzige von drei jüdischen Studenten                                                          Archiven der Vetmeduni Vienna entdeckte,             krieg als Militärtierarzt, muss schließlich er-
                                                 des Wintersemesters 1937/38, der
                                                                                                                                               erzählt Lisa Rettl: „Die Rektoratsakten sind         neut fliehen und erreicht 1950 Australien. Im
                                                 noch an der Tierärztlichen Hochschule
                                                 verblieben war. Zeitgleich mit Beginn
                                                                                                                                               fast vollständig erhalten, was uns viel über die     Alter von 36 Jahren inskribiert er in Sydney
                                                 der reichsweiten Novemberpogrome                                                              Hochschulgeschichte im Allgemeinen erzählt.“         erneut Veterinärmedizin und kann 1954 sein
                                                 1938 gegen die jüdische Bevölkerung                                                           Außerdem war die sogenannte „Studentenna-            Studium abschließen. Zwanzig Jahre, nachdem
                                                 des Deutschen Reiches erfolgte Mar-                                                           tionale“ eine wichtige Quelle, ein Verzeichnis,      er es in Wien begonnen hat.                                                            »
                                                 bachs endgültige Vertreibung von der                                                          das die Studierenden damals jedes Semester bei
                                                 Hochschule.
                                                                                             Foto © Historisches Archiv der Vetmeduni Vienna

                                                                                                                                               ihrer Inskription ausfüllen mussten.
                                                 Leben im Exil
                                                 Er floh nach China und baute sich dort
                                                                                                                                               Das kürzlich erschienene Buch holt sie aus der           HERMINE
                                                 ein berufliches Leben als Militärarzt von
                                                                                                                                               Vergessenheit: die jüdischen Studierenden der            ALLGAYER
                                                 Chiang Kai-shek auf. Nach der Macht-
                                                 übernahme Mao Zedongs war er erneut                                                           Wiener Tierärztlichen Hochschule und ihre                * 1917 in Wien
                                                                                                                                                                                                        † 1952 in Wien (Suizid)
                                                 zur Flucht gezwungen und erreichte 1950                                                       Schicksale. Name, Staatsangehörigkeit, Reli-
                                                 Australien, wo er sein Studium der                                                            gion – schlichte Personendaten dienten den
                                                 Veterinärmedizin abschloss und danach                                                                                                                  Religion
                                                                                                                                               Forschenden als Ausgangspunkt, um Antwor-                römisch-katholisch; im Naziregime galt
                                                 im Staatsdienst, im Department of
                                                 Agriculture, arbeitete.
                                                                                                                                               ten auf Fragen zu finden, die bisher niemand             sie als „Mischling 2. Grades“.
                                                                                                                                               gestellt hatte: „Wer waren die Menschen hinter           Kindheit/Jugend
                                                                                                                                               diesen Namen? Was geschah im Nationalsozia-              Ihre Mutter verstarb bei der Geburt.

                                                                                                                                                                                                        Studium an der
                                                                                                                                                                                                        Tierärztlichen Hochschule
                                                                                                                                                                                                        Sie inskribierte 1937 und engagierte sich
                                                                                                                                                                                                        im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft
                                                                                                                                                                                                        Nationalsozialistischer Studentinnen
                                                                                                                                                                                                        (ANSt), wo ihr als „Mischling 2. Grades“
                                                                                                                                                                                                        eine ordentliche Mitgliedschaft aber
                                                                                                                                                                                                        verwehrt blieb. Ob ihre Aktivitäten in
                                                                                                                                                                                                        der ANSt ihrer tatsächlichen politischen
                                                                                                                                                                                                        Orientierung entsprachen oder eher
                                                                                                                                                                                                        eine Schutzstrategie vor dem Hintergrund
                                                                                                                                                                                                        eines enormen Anpassungsdruckes
                                                                                                                                                                                                                                                       Foto © Historisches Archiv der Vetmeduni Vienna
Foto © Ernst Hammerschmid/Vetmeduni Vienna

                                                                                                                                                                                                        bedeuteten, bleibt offen. Mit 5. August
                                                                                                                                                                                                        1939 entschied der Reichsminister des
                                                                                                                                                                                                        Inneren, Wilhelm Frick, dass „Mischlinge“
                                                                                                                                                                                                        nicht mehr zur „Bestallung als Tierarzt
                                                                                                                                                                                                        oder eines öffentlichen Amtes im Gebiete
                                                                                                                                                                                                        des Deutschen Reiches“ berechtigt
                                                                                                                                                                              » Internationale          seien. Hermine Allgayer wurde vom
                                                                                                                                                                              Archiv-Recherche          Studium ausgeschlossen, konnte jedoch
                                                                                                                                                                              Für das Buchprojekt       aufgrund des herrschenden Ärztemangels
                                                                                                                                                                              forschte das Team         ihr Humanmedizinstudium abschließen.
                                                                                                                                                                              um Lisa Rettl auch
                                                                                                                                                                              in Rumänien,
                                                                                                                                                                              Kroatien und Polen.

                                                                                                                                                                                                                                                                           11
CAMPUS NEWS                                                                                                                                                                                                                                vetmed 1/2019

        » Verantwortung
        „Die Vetmeduni Vienna ist ein Ort des Lernens. Das gilt auch für
        die Erinnerungskultur“, betonte Rektorin Petra Winter, hier im
        Bild mit Moderatorin Judith Brandner, Sonja Hammerschmid
                                                                                                                                                                                                                    VILKO
        und Claudia Kuretsidis-Haider (v. l. n. r.).                                                                                                                                                                GOSTL
                                                                                                                                                                                                                    * 1911 in Kroatien
                                                                                                                                                                                                                    † 1942 in Kroatien im
                                                                                                                                                                                                                      Konzentrationslager

                                                                                                                                                                   Foto © Ernst Hammerschmid/Vetmeduni Vienna
                                                                                                                                                                                                                    Kindheit/Jugend
                                                                                                                                                                                                                    Seine Eltern waren Kaufleute mit einem
                                                                                                                                                                                                                    kleinen Lebensmittelgeschäft.

                                                                                                                                                                                                                    Studium an der
                                                                                                                                                                                                                    Tierärztlichen Hochschule
                                                                                                                                                                                                                    Er begann sein veterinärmedizinisches
                                                                                                                                                                                                                    Studium 1930 in Zagreb und setzte es
                                                                                                                                                                                                                    nach Unterbrechungen ab 1937 in Wien
                                                                                                                                                                                                                    fort. Im März 1938 ging er von der
                                                                                                                                                                                                                    Tierärztlichen Hochschule Wien ab, die
                                                                                                                                                                                                                    Gründe sind nicht eindeutig fassbar.
                                                                                                                                                                                                                    Er selbst nannte in einem Schreiben an
                                                                                                                                                                                                                    das Rektorat „materielle Gründe“, die es

»    Insgesamt 42 Studierende finden sich mit ihren                                                             österreichischen Widerstandes, im Nachlass ei-
                                                                                                                                                                                                                    ihm nicht erlaubt hätten, sein Studium
                                                                                                                                                                                                                    zu beenden, allerdings deuten die im
     Biografien im vorliegenden Werk. Ausgangs-                                                                 ner Wiener Rechtsanwaltskanzlei: „Dorthin hat                                                       Rektorat verbliebenen Dokumente auf
     punkt für die historische Forschung war stets das                                                          Wilhelm Marbach aus Australien Dokumente                                                            eine überhastete Flucht im Zuge der

                                                                                                                                                                                                                                                                  Foto © Historisches Archiv der Vetmeduni Vienna
     Archiv der Vetmeduni Vienna. „Dort haben wir                                                               geschickt, seinen Heimatschein und ein Matu-                                                        politischen Ereignisse rund um den
     den Bestand systematisch gesichtet, uns dann                                                               razeugnis.“ Auch in Rumänien, Kroatien und                                                          „Anschluss“ hin.

     weitergehantelt und viele, viele Puzzleteile aus                                                           Polen recherchierte das Forschungsteam: „Viele                                                      Verfolgung und Deportation
     allen möglichen Archiven zusammengetragen“,                                                                Studierende der Wiener Tierärztlichen Hoch-                                                         Vilko Gostl kehrte nach Zagreb zurück
     erzählt Lisa Rettl. Zu Wilhelm Marbach fand                                                                schule kamen aus den ehemaligen Kronländern                                                         und wurde im Juli 1942 gemeinsam mit
                                                                                                                                                                                                                    seiner Mutter in das Konzentrationslager
     man etwa Akten im Dokumentationsarchiv des                                                                 der Habsburgermonarchie.“                                                                           Jasenovac deportiert und von dort in
                                                                                                                                                                                                                    das Frauen- und Jugendkonzentrations-
                                                                                                                Verfolgung am Unigelände                                                                            lager Stara Gradiška überstellt, wo er
                                                                                                                Wie aber kann man sich die Situation jüdischer                                                      am 15. September 1942 starb.
         SIGMUND                                                                                                Studierender an der Wiener Tierärztlichen
         FLEISCHER                                                                                              Hochschule zu Zeiten des Nationalsozialismus
         * 1911 in der Bukowina                                                                                 genau vorstellen? Gab es, zusätzlich zu politi-
         † unbekannt
                                                                                                                schen Schikanen, direkte Verfolgung durch die                                                   „das gilt auch für die Erinnerungskultur.“ His-
         Kindheit/Jugend
                                                                                                                und an der Universität? Fest steht, dass jüdi-                                                  torisches Bewusstsein schaffen und sichtbar
         Sein Vater war von Beruf Fleischhauer in                                                               sche Studierende auch körperlich attackiert                                                     machen, darum soll es am Campus auch in Zu-
         Czernowitz. Sigmund Fleischer besuchte                                                                 wurden, teils so sehr, dass sie den Campus nur                                                  kunft verstärkt gehen: Mitte 2019 erscheint ein
         dort ein Privatgymnasium.                                                                              unter Polizeischutz verlassen konnten. Fest                                                     Folgebuch von Lisa Rettl unter dem Titel „Die
         Studium an der                                                                                         steht, dass der nationalsozialistische Studen-                                                  Wiener Tierärztliche Hochschule und der Na-
         Tierärztlichen Hochschule                                                                              tenbund an der Hochschule ab 1931 die ab-                                                       tionalsozialismus“ mit weiteren Ergebnissen
         Sigmund Fleischer begann sein Studium                                                                  solute Mehrheit hatte. „Auch die Professoren                                                    aus dem Forschungsprojekt. In einem nächsten
         an der Brünner Tierärztlichen Hochschule,                                                              und Assistenten waren in einem starken Maß                                                      Schritt soll ein Wettbewerb zur Gestaltung und
         wechselte nach dem zweiten Semester
         nach Wien, wo er als Staatsbürger des
                                                                                                                schon vor 1938 nazifiziert, und jüdisches Per-                                                  Errichtung eines Mahnmals am Unigelände
         Königreiches Rumänien immatrikulierte                                                                  sonal wurde erst gar nicht beschäftigt“, so Lisa                                                organisiert werden. Rektorin Petra Winter: „Es
         und sein Studium 1936 abschloss.                                                                       Rettl. „Das lässt den Schluss zu, dass der An-                                                  soll ein bleibendes und symbolisches Erinne-
         Nach 1936
                                                                                                                tisemitismus – auch analog dazu, was wir von                                                    rungszeichen entstehen. Dieses soll das Schick-
                                                              Foto © Historisches Archiv der Vetmeduni Vienna

         Er kehrte zurück nach Czernowitz, das                                                                  anderen österreichischen Universitäten wissen                                                   sal der Verfolgten und Vertriebenen an unserer
         nach wie vor ein Zentrum jüdischen                                                                     – schon lange vor 1938 hoch war.“                                                               Universität sichtbar machen und uns an unsere
         Lebens war. Den vorliegenden Quellen                                                                                                                                                                   Verantwortung erinnern.“ «
         nach wurde er im Juli 1942 nach Trans-                                                                 Viele der jüdischen Studierenden erlebten
         nistrien deportiert. Die Zahl der dort
         ums Leben gekommenen Opfer bewegt
                                                                                                                Verfolgung, manche Flucht und Deportation.                                                      » INFO
         sich zwischen 250.000 und 400.000                                                                      Einige Lebensgeschichten konnten die Histo-                                                     Am 24. September 2019 um 14:00 Uhr wird im
         Menschen. Von Sigmund Fleischer                                                                        rikerInnen detailliert nachverfolgen, bei ande-                                                 Festsaal der Vetmeduni Vienna das zweite Buch
         verliert sich mit seiner Deportation die                                                                                                                                                               von Lisa Rettl aus dem Forschungsprojekt zur
                                                                                                                ren verliert sich die Spur. Mit dem vorliegenden
         Spur. Es gibt keine Hinweise, dass er zu                                                                                                                                                               universitären NS-Geschichte präsentiert:
                                                                                                                Buch soll all diesen Menschen ein Denkmal ge-                                                   „Die Wiener Tierärztliche Hochschule und der
         den Überlebenden gehörte.
                                                                                                                setzt werden: „Die Vetmeduni Vienna ist ein                                                     Nationalsozialismus“.
                                                                                                                Ort des Lernens“, sagt Rektorin Petra Winter,

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vetmed 1/2019                                                                                                                CAMPUS NEWS

ENTWICKLUNGEN IN DER HOCHSCHULDIDAKTIK

Viertes Teaching Vets-Symposium
an der Vetmeduni Vienna
Bereits zum vierten Mal fand am 18. Oktober 2018
das Teaching Vets-Symposium statt. Mit dem
Schwerpunkt „FACHLICH-KOLLEGIALER AUSTAUSCH“
zwischen Lehrenden und Studierenden ermöglichte
das Symposium Lehrenden, praktizierenden Tierärz-
tInnen, VizerektorInnen und weiteren Interessierten,
sich über verschiedene Bereiche der Lehre und
aktuelle Best-Practice-Beispiele zu informieren. Im
Rahmen der Veranstaltung wurden zudem Preise in
den Kategorien Teacher, Instructor und Student of the
Year sowie der Vetucation® Award und der Studieren-
denpreis der HochschülerInnenschaft vergeben.

D
                                                                                                       Foto © Ernst Hammerschmid/Vetmeduni Vienna

           ie Fortbildungsreihe Teaching      hungs- und Bildungswissenschaft der              nen, die direkt in der Berufspraxis einge-
           Vets-Symposium rückt aktu-         Universität Graz mit den Themen „Stu-            setzt werden. Im Rahmen des Teaching
           elle Entwicklungen im uni-         dierenden Raum geben“ (Harald Mieg)              Vets-Symposiums wurden außerdem en-
           versitären Bildungsbereich         und „Jahresrückblick zur Kollegialen             gagierte Lehrende der Vetmeduni Vienna
in den Fokus und bietet die Möglichkeit,      Hospitation“ (Sandra Hummel). Miegs              sowie ihre Strategien und Ideen vorge-
besonders engagierte Lehrende vorzustel-      Vortrag befasste sich insbesondere mit           stellt und geehrt. Für die Kategorien Tea-
len und auszuzeichnen. Schwerpunkt des        der Weiterentwicklung von Lehrkompe-             cher of the Year (TOY) und Vetucation®
vierten Symposiums war der fachlich-kol-      tenz, der Reflexion von Forschung sowie          Award wurde direkt vor Ort abgestimmt.
legiale Austausch. Die Keynote-Reden          damit, Studierenden physisch, sozial und         Zusätzlich wurden die Preise Instructor of
übernahmen Harald Mieg, Professor an          online Raum zu bieten. Hummel widme-             the Year (IOY), Student of the Year (SOY)
der Humboldt-Universität in Berlin, und       te ihre Präsentation der wechselseitigen         und der Studierendenpreis der HVU
Sandra Hummel vom Institut für Erzie-         Beobachtung und Beratung von KollegIn-           (S.U.P.E.R.) vergeben. «

»   PREISTRÄGERINNEN UND PREISTRÄGER IN DEN EINZELNEN KATEGORIEN

VETUCATION ® AWARD 2018                       unserer Studierenden als sogenannte Instruk-     S.U.P.E.R. — STUDIERENDENPREIS, UM
Mit dem Vetucation® Award wurden ein          torInnen ergänzen, prämiert. Erstmals wurden     PHÄNOMENALES ENGAGEMENT
bestehender sowie ein entstehender            die TOY-Preise nicht in TOY senior und TOY       ZU RÜHMEN
E-Learning-Kurs prämiert:                     junior unterteilt, sondern in TOY Klinisch und   Mit einem eigenen Preis ehrt die Hochschü-
                                              TOY Nicht-klinisch.                              lerInnenvertretung der Vetmeduni Vienna
Bestehende E-Learning-Projekte                                                                 (HVU) in drei Kategorien jene MitarbeiterIn-
Masoud Aghapour (Klinische Abteilung für      Teacher of the Year Klinisch (TOY Klinisch)      nen aus dem Lehrkörper, die sich besonders
Kleintiere)                                   Attilio Rocchi (Klinische Abteilung für Anäs-    um die Anliegen und Fortschritte der an-
E-Learning-Projekte im Entstehen              thesiologie und perioperative Intensivmedizin)   gehenden AbsolventInnen der Einrichtung
Christian Knecht (Universitätsklinik für      Teacher of the Year Nicht-klinisch               im Laufe des Jahres bemüht haben.
Schweine)                                     (TOY Nicht-klinisch)
                                              Simone Gabner (Institut für Pathologie und       Lehrende der Kliniken
TEACHER | INSTRUCTOR | STUDENT                gerichtliche Veterinärmedizin)                   Johannes Khol
OF THE YEAR 2017                              Instructor of the Year (IOY)                     (Klinische Abteilung für Wiederkäuermedizin)
Mit den von der Kulturabteilung der Stadt     Manfred Hochleithner (Tierklinik Strebersdorf    Lehrende der Vorklinik
Wien, Magistratsabteilung 7, finanzierten     Hochleithner GmbH)                               Kirsti Witter
Auszeichnungen wurden Studierende und         Student of the Year (SOY)                        (Institut für Topographische Anatomie)
Lehrende der Vetmeduni Vienna sowie           Veterinärmedizin (Diplomstudium):                Allgemeines Personal
praktizierende TierärztInnen, die im Rahmen   Melitta Maria Neurauter und Nadine Wolf          Natascha Emerich
des verpflichtenden Praktikums die Berufs-    Biomedizin und Biotechnologie (Bachelor):        (Sekretariat HVU)
vorbildung und wissenschaftliche Ausbildung   Victoria Weilch

                                                                                                                                                    13
SCHWERPUNKT                                                                          vetmed 1/2019

         KENAI              AMAROK                                      WAMBLEE           GERONIMO

                                                TAIMA       TEKOA

                                                                                  YUKON

         SHIMA              ARAGON
                                              WÖLFE

                   KASPAR

                                       TALA                     ETU   MAIKAN                 UNA

                                      CHITTO                                                NANUK

                                                ASALI       BORA

                                              HUNDE
          IMARA               HIARA                                     ENZI              LAYLA

                     MERU                                              PANYA               ZURI

                                        HAIDA           GOMBO

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vetmed 1/2019                                                                                                                                                                                                           SCHWERPUNKT

                                                                                                                   SCHWERPUNKT

                                                                                                                   Wolfsforschung:
                                                                                                                   Der Partnerschaft zwischen
                                                                                                                   Mensch und Hund
                                                                                                                   auf der Spur
                                                                                                                   Etwa 40 Kilometer nördlich von Wien ist das WOLF SCIENCE CENTER
                                                                                                                   (WSC) im Wildpark Ernstbrunn angesiedelt. In dieser weltweit einzigartigen
                                                                                                                   Forschungseinrichtung erkunden Forschende, was die sozialen Wesen
                                                                                                                   Mensch, Wolf und Hund verbindet, was sie trennt und wie es zur
                                                                                                                   besonderen Partnerschaft zwischen Hund und Mensch kam.

                                                                                                                   D
                                                                                                                                  rei Forschende, vier Wölfe und ein ehe-       wir etwas Komfort und auch zukünftige Forschungs-
                                                                                                                                  maliger Ziegenstall ohne Warmwasser.          projekte schienen gesichert.“ In den Ernstbrunner Wild-
                                                                                                                                  Was sich wie der Beginn eines Abenteu-        park ist das Forschungszentrum seit 2010 integriert, am
                                                                                                                                  erromans liest, ist die Geburtsstunde des     21. Oktober desselben Jahres erfolgte die offizielle Eröff-
                                                                                                                                  Wolf Science Centers (WSC). Sieht man         nung durch Landesrätin Petra Bohuslav. Durch Wolfs-
                                                                                                                   heute die Infrastruktur des Wolfsforschungszentrums,         patenschaften, private Spenden, ein Besuchsprogramm
                                                                                                                   ist es schwer vorstellbar, dass für Friederike Range, Zsó-   und Drittmittelprojekte lukrierten die Forschenden
                                                                                                                   fia Virányi und Kurt Kotrschal zu Beginn die Zukunft         Gelder, die dem Ausbau des Forschungszentrums suk-
                       Alle Fotos © Rooobert Bayer/Wolf Science Center/Vetmeduni Vienna; Grafik © Matthias Moser

                                                                                                                   und die Rahmenbedingungen dieses Forschungsprojekts          zessive zugutekamen. Vor zwei Jahren wurde das WSC
                                                                                                                   unsicher waren. Zu dritt gründeten die Forschenden das       schließlich in die Vetmeduni Vienna eingegliedert, um
                                                                                                                   Wolf Science Center als einen Verein im Jahr 2008. „Zu       die Zukunft abzusichern.
                                                                                                                   diesem Zeitpunkt hatten wir zwar konkrete Forschungs-
                                                                                                                   ziele, aber weder Geld noch Wölfe“, erklärt Friederike       Faszination Wolf und Hund
                                                                                                                   Range, Projektmitinitiatorin und heutige Leiterin des        Durch die vom Winter noch kahlen Bäume fallen Son-
                                                                                                                   WSC. „Förderungen sind oft an die Erfahrung im jeweili-      nenstrahlen auf den blätterbedeckten Waldboden des
                                                                                                                   gen Forschungsgebiet geknüpft. Für uns ein Teufelskreis,     Wolfsforschungszentrums. Am oberen Ende des Hügels
                                                                                                                   denn ohne Geld keine Wölfe, ohne Wölfe keine Förder-         hat ein Wolf den Besuch entdeckt und macht sich durch
                                                                                                                   gelder. Schließlich hatten wir jedoch eine Zusage für ein    ein Heulen bemerkbar, zwei weitere Wölfe fallen mit ein,
» Zusammenleben                                                                                                    Gehege in Grünau im Almtal und mit Zsófia Virányi eine       während aus der Ferne Hundegebell ertönt. Auf 20.000
16 Wölfe und                                                                                                       erfahrene Wolfsaufzieherin mit an Bord.“                     Quadratmeter Fläche leben und arbeiten hier Tiere und
11 Hunde leben in
kleinen Rudeln am                                                                                                                                                               Forschende, um die Partnerschaft zwischen Wölfen, Hun-
Wolf Science Center.                                                                                               Im Juni 2009 zog das WSC von Grünau nach Ernstbrunn,         den und Menschen zu ergründen. Vor allem die Gemein-
Bei wissenschaft-
lichen Tests wird                                                                                                  das etwa 40 Kilometer von Wien entfernt liegt. Dort stell-   samkeiten zwischen diesen drei sozialen Wesen stehen
unter anderem die
Kooperation der                                                                                                    te Heinrich XIV. Reuss den Forschenden ein ehemaliges        dabei im Fokus. Die Forschungsergebnisse des WSC kom-
Tiere untereinander                                                                                                Dienstbotenhaus und den Küchengarten des Schlosses           men in der Praxis unter anderem der optimalen Haltung
erforscht.
                                                                                                                   mit der alten Orangerie zur Verfügung. „Das war für uns      von Hunden zugute. Mit den insgesamt 27 Wölfen und
    Männchen                                                                                                       von der Infrastruktur her ein wahnsinniger Fortschritt“,     Hunden, die in verschiedenen kleinen Rudeln von bis
    Weibchen                                                                                                       erinnert sich Range lachend zurück. „Erstmals hatten         zu vier Tieren leben, wird partnerschaftlich zusammen-         »

                                                                                                                                                                                                                                              15
SCHWERPUNKT                                                                                                                                                                                                                                                            vetmed 1/2019

                                                                                                 »

                                   Fotos © Rooobert Bayer/Wolf Science Center/Vetmeduni Vienna
                                                                                                     gearbeitet. Für die Forschungen stehen ein Arbeitsgebäu-                                                                klar, worin genau der Unterschied zwischen Hund und
                                                                                                     de und zwei Testgehege bereit. Mittels eines Einwegspie-                                                                Wolf liegt und wie der Hund zum engsten Begleiter des
                                                                                                     gels, der nur von einer Seite durchsichtig ist, bekommen                                                                Menschen wurde. Fakt ist, dass der Wolf auch mit dem
                                                                                                     auch BesucherInnen des Wildparks einen Einblick in die                                                                  Menschen einiges gemeinsam hat. Denn sowohl Wölfe
                                                                                                     Arbeit der VerhaltensforscherInnen. Um einen fairen                                                                     als auch Menschen kooperieren gut innerhalb ihrer Kla-
                                                                                                     und objektiven Vergleich zu ermöglichen, werden Wöl-                                                                    ne: auf der Jagd, bei der Fürsorge für ihren Nachwuchs,
                                                                                                     fe und Hunde gleichartig aufgezogen und gehalten. „Die                                                                  aber auch in teils blutigen Konkurrenzkämpfen mit den
                                                                                                     Tiere sind ab dem Welpenalter daran gewöhnt, mit uns                                                                    NachbarInnen.

                                                                                                     »
                                                                                                                                                                                                                             Weiterentwicklung des Forschungszentrums
                                                                                                           Zum zehnjährigen Bestehen des                                                                                     Ob Tiertraining, Administration, Forschung oder sogar
                                                                                                           Wolfsforschungszentrums wünsche                                                                                   Fotografie: Heute arbeiten am Wolf Science Center mehr
                                                                                                     ich alles Gute, weiterhin viel Erfolg und                                                                               als 40 Personen in den verschiedensten Rollen und ermög-
                                                                                                     dass wir Menschen den Tieren immer                                                                                      lichen so vielfältige Forschung. Für die rund 3.200 Ein-
     » Charakterfrage                                                                                mit Respekt begegnen.«                                                                                                  wohnerInnen umfassende Marktgemeinde Ernstbrunn
     Wölfe sind aufmerksam,
     tolerant, kooperativ – und
                                                                                                                                                                                                                             ist das WSC von großer Bedeutung. Forschende, Studie-
     manchmal auch verspielt.                                                                                                                                                                                                rende und PraktikantInnen aus aller Welt unterstützen
                                                                                                                               HORST GANGL
                                                                                                     Bürgermeister der Marktgemeinde Ernstbrunn
                                                                                                                                                                                                                             die Forschungstätigkeit und tragen so zu einer regiona-
                                                                                                                                                                                                                             len Wertschöpfung bei: „Das Wolfsforschungszentrum
                                                                                                                                                                                                                             hat sich mit seinem vielfältigen Besuchsprogramm auch
                                                                                                     zu kooperieren“, sagt Friederike Range. „Die Trainings-                                                                 als Tourismusattraktion innerhalb der Marktgemeinde
                                                                                                     und Testsituationen fördern ihre vertrauensvolle Bezie-                                                                 Ernstbrunn etabliert“, sagt Bürgermeister Horst Gangl.
                                                                                                     hung zu uns und halten sie mental und körperlich fit,                                                                   „Viele Gäste kommen von weit her, um die Wölfe in der
                                                                                                     während wir Einblicke in ihre geistige Welt bekommen.“                                                                  Region ‚Leiser Berge‘ hautnah zu erleben oder sich für
                                                                                                                                                                                                                             ganz spezielle Programme anzumelden. Als Bürgermeis-
                                                                                                     Kognitive und kooperative Fähigkeiten                                                                                   ter bin ich sehr stolz auf das Wolf Science Center im Wild-
                                                                                                     Konkret wird auf diese Weise erforscht, wie sich Hunde                                                                  park Ernstbrunn und gratuliere den GründerInnen Kurt
                                                                                                     durch die Domestikation in den sozialen und geistigen                                                                   Kotrschal, Friederike Range und Zsófia Virányi zu ihrem
                                                                                                     Fähigkeiten von ihren nächsten Verwandten – den Wöl-                                                                    großartigen Erfolg.“ Auch Heinrich XIV. Reuss sieht viele
                                                                                                     fen – unterscheiden. „Hunde gewöhnen sich schnell an                                                                    positive Aspekte des Forschungsprojekts und hebt die Be-
                                                                                                     den Menschen. Wölfe wiederum vertrauen meist nicht                                                                      reicherung durch die Synergien zwischen Wildpark und
                                                                                                     jedem, haben aber insbesondere zu ihren Handaufziehe-                                                                   WSC hervor: „Als Partner des Wolfsforschungszentrums
                                                                                                     rInnen eine Vertrauensbeziehung“, so Range. „Dadurch                                                                    schaue ich zufrieden auf zehn Jahre fruchtbare Zusam-
                                                                                                     sind diese Menschen wichtige KooperationspartnerInnen                                                                   menarbeit zurück, die aus meiner Sicht beinahe so ver-
     » Wolf Science Center                                                                           in schwierigen Situationen und können auch medizini-                                                                    traulich ist wie unter Freunden. Für unseren Wildpark
     Aus drei Forschenden                                                                            sche Untersuchungen vorab mit den Tieren trainieren.“                                                                   hat die Kooperation einen enormen Innovationsschub

                                                                                                                                                                                                                             »
     und vier Wölfen wurden
     27 Wölfe und Hunde und                                                                          Trotz einer Reihe bereits abgeschlossener Studien bleibt
     über 40 MitarbeiterInnen,                                                                       die Hunde- und Wolfsforschung ein höchst relevantes
     die gemeinsam am Wolfs-
     forschungszentrum in Ernst-                                                                     und spannendes Forschungsgebiet. Es ist noch immer un-                                                                       Ich freue mich auf weitere
     brunn leben und arbeiten.                                                                                                                                                                                                    gemeinsame Jahrzehnte von
                                                                                                                                                                                                                             WSC, unserer Familie und dem
                                                                                                                                                                                                                             Wildparkteam.«
                                                                                                                                                                Foto © Rooobert Bayer/Wolf Science Center/Vetmeduni Vienna

                                                                                                                                                                                                                                                 HEINRICH XIV. REUSS
                                                                                                                                                                                                                                       Betreiber des Wildparks Ernstbrunn

                                                                                                                                                                                                                             ausgelöst, der noch immer anhält. Ich freue mich auf wei-
                                                                                                                                                                                                                             tere gemeinsame Jahrzehnte von WSC, unserer Familie
                                                                                                                                                                                                                                                                                            Foto Gangl © Privat; Foto Reuss © Privat

                                                                                                                                                                                                                             und dem Wildparkteam.“ Im April 2019 feiert das Wolf
                                                                                                                                                                                                                             Science Center sein zehnjähriges Bestehen mit einem
                                                                                                                                                                                                                             Festakt. Wissenschaftliche Vorträge, Interviews mit den
                                                                                                                                                                                                                             GründerInnen und eine Live-Präsentation der Arbeit mit
                                                                                                                                                                                                                             den Wölfen geben Einblicke in die Forschung. Denn auch
                                                                                                                                                                                                                             weiterhin bleiben die Forschenden des WSC den Fragen
                                                                                                                                                                                                                             zur Domestikation des Wolfes auf der Spur und teilen ih-
                                                                                                                                                                                                                             re Erkenntnisse mit der Öffentlichkeit. «

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vetmed 1/2019                                                                                                                                     SCHWERPUNKT

Foto © Rooobert Bayer/Wolf Science Center/Vetmeduni Vienna

                                                                                                » Interaktion
                                                                                                Wolfsforscherin Friederike Range und Wolf
                                                                                                Chitto haben eine besondere Vertrauens-
                                                                                                beziehung zueinander, die die Kooperation
                                                                                                in wissenschaftlichen Tests ermöglicht.

                                                                                                  Verstärkung. Dies ist wichtig für den späteren Umgang
                                                                                                  und das tägliche Training. Nach vier bis fünf Monaten
                                                                                                  werden die Welpen schließlich in ein Rudel mit erwach-
                                                                                                  senen Tieren derselben Art eingegliedert. Um einen
                                                                                                  Vergleich mit Hunden zu ermöglichen, verläuft die Sozi-
                                                                                                  alisierung bei unseren Hundewelpen auf dieselbe Weise.

                                                                                                  Welche Besonderheiten gibt es dabei?

                                                                                                  Range: Die Welpen werden als sogenannte Peergroups
                                                                                                    aufgezogen. Dabei nehmen wir zwei Welpen pro Wurf,
                                                                                                      jeweils ein Männchen und ein Weibchen, und zie-
                                                                                                       hen sie dann in einer Gruppe von mehreren Wel-
                                                                                                       pen im selben Alter per Hand auf. Wichtig ist uns,
                                                                                                       dass wir Menschen zwar soziale PartnerInnen, aber
IM GESPRÄCH                                                                                           keine Rudelmitglieder sind. Das heißt, wir sind nicht

» Wir wollen Wölfe
                                                                                                   Teil der Gruppe, sondern KooperationspartnerInnen.
                                                                                                  Das Training und auch wissenschaftliche Studien sind
                                                                                                  Teil der Interaktion und finden für die Tiere auf freiwil-

besser verstehen «                                                                                liger Basis statt. Die Freude an der Arbeit mit uns baut
                                                                                                  wiederum ein Vertrauen seitens der Tiere auf und führt
                                                                                                  dazu, dass sie auch bei den Studien begeistert mitma-
Wann und warum kooperieren Wölfe und weshalb versöhnen                                            chen. Wenn jedoch ein Test begonnen wurde, sind wir
sich Hunde untereinander seltener als Wölfe? Am Wolf Science                                      konsequent. Da kann es schon einmal passieren, dass der
Center in Ernstbrunn gehen Forschende den entscheidenden                                          Wolf und wir bis in die Nacht brauchen, um den Test zu
                                                                                                  beenden (lacht).
Fragen nach dem Unterschied zwischen Wolf und Hund auf
den Grund, um die Domestikation des Hundes besser zu                                              Wann beginnen die Tiere mit ihrer Rolle in
verstehen. FRIEDERIKE RANGE , Leiterin des Domestikations                                         der Kognitionsforschung?
Labs und assoziierte Professorin an der Vetmeduni Vienna,
erzählt im Gespräch mit VETMED von der Forschung am                                               Range: Im Alter von drei bis vier Wochen können die
                                                                                                  Welpen an den ersten Tests teilnehmen. Forschungsfra-
weltweit einzigartigen Wolfsforschungszentrum.
                                                                                                  gestellungen sind dabei für uns etwa: Wie nehmen sie die
                                                                                                  Umgebung oder neue Objekte wahr? Sind sie aufmerk-
                                    VETMED: Am WSC leben 16 Wölfe und 11 Hunde.                   sam? Was ist bekannt oder unbekannt? Oder: Wie reagie-
                                    Wie werden die Tiere aufgezogen und sozialisiert,             ren die Welpen jeweils? Der Vorteil an der Handaufzucht
                                    sodass die Forschung möglich ist?                             und unserer Haltung der Wölfe und Hunde am WSC
                                                                                                  unter gleichen Bedingungen liegt darin, dass wir genau
                                    Friederike Range: Wölfe haben ein sehr kurzes „Sozia-         wissen, womit die Tiere Erfahrung haben, und so einen
                                    lisierungsfenster“. Sobald sie die Augen öffnen, meist in     Vergleich zwischen Hund und Wolf ziehen können.                         »
                                    einem Alter von etwa zehn bis zwölf Tagen, beginnt bei
                                    uns am WSC die Sozialisierung mit Menschen. Ab dann
                                    werden die Welpen 24 Stunden am Tag betreut, das heißt,
                                    jemand schläft auch bei den Tieren. Das ist absolut not-
                                    wendig, um ihnen die Angst vor dem Menschen zu neh-
                                    men. Und hier entstehen oft ganz besondere Beziehungen
                                    zwischen den Tieren und den HandaufzieherInnen.                    » Kooperations-
                                                                                                                  partner
                                                                                                      Wie der Hund zum
                                    Wie geht es danach weiter?                                         engsten Begleiter
                                                                                                   des Menschen wurde,
                                                                                                         ist eine zentrale
                                    Range: Nach etwa drei bis vier Wochen lernen die Tiere          Forschungsfrage am
                                    Kommandos wie „Sitz“ oder „Platz“ anhand von positiver                          WSC.
                                                                                                                             Foto © Rooobert Bayer/Wolf Science Center/
                                                                                                                             Vetmeduni Vienna

                                                                                                                                                                          17
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