Theodosia - SCSC Ingenbohl
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Zeitschrift der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz Institut Ingenbohl CH-6440 Brunnen 135. Jahrgang Nr. 3/4 2020
Redaktionsteam: Schwester Christiane Jungo Schwester Edelgund Kuhn Schwester Verena Maria Oberhauser Schwester Elsit J. Ampattu Schwester Dorothee Halbach Adresse: christiane.jungo@kloster-ingenbohl.ch Layout und Druck: Triner Media + Print 6430 Schwyz Design: Schwester Gielia Degonda 106
Inhalt Theodosia 2020, 3/4 Titelbild 108 In Dankbarkeit an die Vergangen- 120 heit erinnern Editorial 109 Goldenes Jubiläum der Provinz Indien Sr. Christiane Jungo, Ingenbohl Schwestern der fünf indischen Provinzen Tun, was Gott tut 111 Freundeskreis der Barmherzigkeit 130 Josef Epping in Christ in der Gegenwart, Assoziierte im Vikariat Taiwan 72. Jahrgang, Nr. 29, 19. Juli 2020 Sr. Michelle Huang, Tatung-Malän, Taiwan Der Ort, wo Himmel und Erde 113 Unsere Generalkapitel 136 sich begegnen Sr. Canisia Mack, Hegne, Sr. Christiane P. Emmeram Stacheder OFM, Ingenbohl Jungo, Ingenbohl Wir sind immer noch unterwegs 116 Theodosius Akademie der Stiftung 148 Gründung der Provinz Steiermark-Kärnten Kloster Hegne als Antwort auf ein vor 150 Jahren Bedürfnis der Zeit Magdalena Schauer in Mitteilungen der Interview mit Sr. Benedicta-Maria Kramer Ordensgemeinschaften Österreichs und Markus R. T. Cordemann, Hegne Hier sollten wir ein Provinzhaus 118 Corona 151 haben Max Feigenwinter, Sargans Sr. Josefa Harter, Hegne Mitteilungen der Generalleitung 152 107
Editorial Seit Monaten ist unser Leben von der Corona-Pandemie bestimmt. Sie konfrontiert uns mit Erfahrungen, die wir in unserem Leben bisher so nicht machen mussten. In zeitlichen Abständen hat uns Schwester Marija Brizar, unsere Generaloberin, Nachrichten übermittelt über den Alltag der Schwestern in allen Provinzen und Vi- kariaten. Mehr noch als sonst fühlen wir uns als grosse Familie, die eine gemein- same Sorge teilt, und die dankbar ist für jede positive Nachricht. Mutter M. The- resia würde uns ermuntern: «Nicht verzagen, sondern auf den schauen, von dem alle Kraft kommt.» Für die «Theodosia» Nr. 3 und 4 waren Texte, Ereignisse und Bilder vorgesehen vom 23. Generalkapitel unserer Kongregation. Bekanntlich ist es um ein Jahr ver- schoben worden. Nun erscheint eine Doppelnummer mit Inhalten, die sich hauptsächlich aus der laufenden Institutsgeschichte ergeben haben. Im ersten Beitrag rät uns Josef Epping zu hören und zuzuhören, nämlich: «Tun, was Gott tut.» Am Festtag von Mutter M. Theresia zeigte uns P. Emmeram Stacheder OFM in der Klosterkirche in Ingenbohl einen besonderen Ort: «Der Ort, wo Himmel und Erde sich berühren.» Die Schwestern der Steiermark-Kärnten hatten Grosses vor, um der 150 Jahre ihres Wirkens zu gedenken. Das Fest fand statt – einfach anders als geplant. Mag- dalena Schauer berichtet darüber in den Mitteilungen der Ordensgemeinschaften Österreichs: «Wir sind immer noch unterwegs.» Zu feiern hatte auch die Provinz Baden-Württemberg, die vor 125 Jahren gegrün- det wurde. Sr. Josefa Harter fasst die Geschichte kurz zusammen unter dem Titel: «Hier sollten wir ein Provinzhaus haben.» Vor 50 Jahren wurde aus der sogenannten «Mission Indien» die erste Provinz In- dien. Schwestern aus den heutigen fünf indischen Provinzen berichten von ihren Feiern: «In Dankbarkeit an die Vergangenheit erinnern.» – Goldenes Jubiläum der Provinz Indien. 109
Die Schwestern im Vikariat Taiwan geben ihr Charisma an assoziierte Frauen und Männer weiter im «Freundeskreis der Barmherzigkeit». Vom Unterwegssein dieser Gruppe erzählen Sr. Michelle Huang und einige Mitglieder. Mit einem kurzen Blick überschauen wir die bisherigen 22 Generalkapitel unserer Kongregation: «Unsere Generalkapitel», zusammengestellt von Sr. Canisia Mack (Kapitel 1880–1996) und Sr. Christiane Jungo (Kapitel 2002–2014). Die Provinz Baden-Württemberg eröffnete am 14. Februar 2020 die Theodosius Akademie der Stiftung Kloster Hegne. Im Interview erklären Sr. Benedicta-Maria Kramer und Markus R. T. Cordemann, Leiter der Theodosius Akademie, was hin- ter dieser Neugründung steckt. Ein Gedicht aus aktuellem Anlass: «Corona» von Max Feigenwinter aus seiner Sammlung Gedichte – und noch dies … Durch die «Mitteilungen der Generalleitung» erfahren wir von Neubesetzungen der Provinzleitungen der Provinzen Tschechien und der Schweiz. Sr. Christiane Jungo 110
Tun, was Gott tut Josef Epping in «Christ in der Gegenwart», 72. Jahrgang, Nr. 29, 19. Juli 2020 Die Corona-Zeit zeigt uns Grenzen, aber auch neue Möglichkeiten auf. Eine der Grenzen ist die schein- bare Ohnmacht. Eine Möglichkeit der Rat im folgenden Beitrag, das zu tun, was Gott tut, nämlich hören, hinhören, zuhören. Wer leidet, dem fehlt die Luft zum heimlich weinen, und dann – ganz un- Atmen. Oft bleibt nur ein Stöhnen abhängig von der Pandemie – Kinder, – doch Gott hört trotzdem zu. die sexuelle Gewalt erleiden. Sie wer- den Jahre und Jahrzehnte brauchen, Die Leiden der jetzigen Zeit – zu diesem um sagen zu können, was ihnen ange- Thema wüssten heutzutage sicher viele tan wurde. Menschen etwas zu sagen. An die Sor- Paulus schreibt im 8. Kapitel an die ge vieler Zeitgenossen ums Toiletten- christliche Gemeinde in Rom von «den papier kann man heute schon mit einem Leiden der jetzigen Zeit» (Vers 18). Es Lächeln zurückdenken, aber dann ka- fällt auf, dass Paulus in diesem Ab- men die Schwierigkeiten der Kinderbe- schnitt seines Briefes die Leidenssitua- treuung oder die ungewisse Urlaubsrei- tion mehrfach mit einem griechischen se, für viele auch Kurzarbeit oder gar Wort kennzeichnet, das mit unserem Arbeitslosigkeit. Viele Interessengrup- «Stöhnen» verwandt ist (in den Bibel- pen weisen gegenwärtig lautstark da übersetzungen wird es oft mit «Seufzen» raufhin, wie der eigene Bereich leidet übersetzt): Die ganze Schöpfung stöhnt und fordern mit viel rhetorischem Auf- bis zum heutigen Tag wie in Geburtswe- wand die Unterstützung durch Gesell- hen (Vers 22), wir selbst stöhnen in un- schaft und Staat. serem Herzen und warten auf Erlösung Nüchtern betrachtet, wird man sagen (Vers 23), Gottes Geist tritt für uns ein müssen, dass die Leiden in dieser Zeit mit wortlosem Stöhnen (Vers 26). sehr ungleich verteilt sind. Im Stillen lei- Paulus greift darin die Erfahrung auf, den die, die ihre Stimme nicht erheben dass unsere erste natürliche Reaktion können. Das sind zum Beispiel Men- auf Schmerz und Leid solch unartiku- schen in Alten- und Pflegeheimen, die lierte Laute sind wie Seufzen, Schluch- in ihrer Einsamkeit darben. Menschen zen, Ächzen, Wimmern, Jammern und in Einrichtungen für geistige Behinde- eben Stöhnen. Diese deutschen Worte rungen, die nicht wissen, wie ihnen ge- bilden lautmalend das Geräusch nach, schieht, wenn Angehörige sie nicht das der Körper unter innerem Druck mehr in den Arm nehmen, ausländische hervorbringt. Alle diese Geräusche be- Arbeiter in Schlachthöfen, die vor Er- ruhen auf dem gepressten, nicht frei schöpfung und Schmerzen nachts strömenden Atem. Wer mit seinem Leid 111
allein ist, kommt oft über diese Aus- wenn er angesichts der «Leiden dieser drucksformen für den Schmerz nicht Zeit» den Gottesgeist ins Spiel bringt. hinaus. Es fehlen einem die Worte. Man In vielen Sprachen ist das Wort für braucht einen Menschen, mit dem man Atem auch das Wort für den Geist. «Der reden kann, damit diese Worte nach Lebensatem ist der Gottesgeist», sagt und nach gefunden werden. der Theologe und Seelsorger Thomas Den nicht in Worte artikulierten Philipp. Schmerz hört Paulus in der ganzen «Tun, was Gott tut» heisst ein Kapitel in Schöpfung. Er hört ihn beim leidenden dem fünfzig Jahre alten Klassiker des Menschen. Er weiss: Gott versteht die- christlichen Gebets von Jörg Zink «Wie ses Stöhnen, Seufzen, Schluchzen, wir beten können». Das ist doch eine Ächzen, Wimmern, Winseln und Jam- Idee für Menschen, die überlegen, wie mern. Es ist schon Gebet. Gott braucht sie auf die aktuelle Krise reagieren kön- keine grossen Worte. Er braucht keine nen: Tun, was Gott tut – hinhören, nicht kunstvoll formulierten Gebete. Paulus dorthin, wo laut getönt wird, sondern geht noch weiter: Gottes Geist macht zuhören, wo der wortlose Schmerz de- das wortlose Stöhnen von Schöpfung rer ist, die keine Stimme haben. Tun, und Menschen zu seinem eigenen was Gott tut – diesen Menschen Gehör Stöhnen. Und so tritt er selbst für die verschaffen, für sie eintreten, sich zu Menschen und alle Kreaturen ein. Er ihrem Anwalt machen, ihr Leiden in wird zu ihrem Anwalt und legt ein Wort Worte fassen – mit lauter Stimme. r für sie ein. Der gepresste Atem ist ein Signal für Mit Abdruckerlaubnis des Verlags «Christ in der das Leiden der Kreatur. Wenn jemand Gegenwart», Verlag Herder, und des Autors Josef in unseren Leiden für uns eintritt, kön- Epping, Gymnasiallehrer für katholische Religion nen wir aufatmen, unser Atem kann und Deutsch am Franz-Stock-Gymnasium in Ne- wieder frei strömen. Das weiss Paulus, heim-Hüsten 112
Der Ort, wo Himmel und Erde sich berühren Predigt am Fest der seligen Mutter Maria Theresia Scherer P. Emmeram Stacheder OFM, Rector ecclesiae, Ingenbohl Hunderte von Predigten und Ansprachen ranken sich um das Leben von Mutter M. Theresia. Jede eröffnet einen neuen Zugang zu ihrem Leben. Jede zeichnet eine neue Spur für unser Leben – so wie die Festtagspredigt in der Klosterkirche. Liebe Schwestern! und aufgebaut hat. Ihre tiefe Innerlich- «Graubünden – Wo die Schweiz den keit, ihre Gottverbundenheit, gaben ihr Himmel berührt.» Das war der Titel ei- Kraft zu Werk und Tat. Nach Gebet und ner Fernsehdokumentation über diesen Schweigen traf sie ihre Entscheidungen Kanton am vergangenen Sonntag auf und zog diese auch konsequent durch. SWR. Graubünden, vor allem Chur, soll- In ihrer Person waren Maria und Martha te ab 1. März 1852 der erste grosse Wir- von Bethanien in besonderer Weise ver- kungsort werden für Sr. Maria Theresia eint. Hören auf Gottes Stimme in Stille Scherer, nach sieben Jahren unruhigen und Gebet gaben ihr die Kraft zum gu- Wechseln auf verschiedenen Posten. ten Werk. Gaben ihr Kraft, die Anfein- Das Kreuzspital, die Planaterra, Ausbil- dungen und falschen Unterstellungen, dung der Ordensjugend Führung des mit denen sie konfrontiert wurde, selbst Spitals und vieles andere. «Äusserst aus den Reihen des Klerus, durchzu- ungern» ging sie dorthin, sagt sie stehen und zu bewältigen. «Wenn ich selbst. Aber unter ihrer Leitung ent- auch bekennen muss, dass mir bange stand dort in kurzer Zeit ein Zentrum, ist ob der Zukunft, so kann ich doch, das Ausbildung und Caritas, Schule gestärkt durch die Gnade von oben, sa- und Krankenpflege vereinte. gen: Ich verzage nicht!» So schreibt sie Die politische Lage aber war ihrem Werk in einem Brief an die Schwestern. nicht gut gesinnt und schränkte ihr Wir- So ist es auch verständlich, dass 1888 ken erheblich ein. So kam es zur Neu- im ersten Heft der «Schweizerischen gründung in Ingenbohl, wohin Sr. Maria Portraits Galerie» als vierte von acht Theresia dann 1857 als erste gewählte Persönlichkeiten das Bild der General- Generaloberin wechselte. Dies sollte der oberin von Ingenbohl aufschien, neben zweite und grösste Ort ihres Lebens Bundes- und Nationalräten und Künst- und Wirkens werden. Der neue Ort, wo lern. In einer Zeit, wo die kulturkämp- Himmel und Erde sich berühren. ferischen Ideen und Gehässigkeiten Das immer wieder Neuanfangen, mit- gegenüber Kirche und Religion, vor al- unter in ärmlichsten Verhältnissen, hat lem den Klöstern gegenüber, noch le- viel Kraft gekostet. Umso mehr erstaunt bendig waren, ist das ein starkes Zei- es, was diese Frau zu Wege gebracht chen. 113
Aufstieg zum Kloster Ingenbohl. Wo die Schweiz den Himmel berührt. Versöhnung und das Frieden stiftet, das Da gibt es einige Orte: Bruder Klaus, Gerechtigkeit schafft. Gerechtigkeit ist Bernarda Bütler, Margrit Bays, um nur ja die Grundlage für die Barmherzigkeit. einige zu nennen. Aber für uns ist In- Beides zeigt sich in den Werken der genbohl dieser Ort, wo Menschen das Nächstenliebe. «Was ihr dem Gerings- erleben und erfahren. Doch sind es ten getan habt, das habt ihr mir getan», nicht nur Orte, wo dies spürbar ist. sagt das Evangelium. Durch diese Taten Mehr noch: Es sind Menschen, die sich und Worte berühren sich Himmel und von Gott anrühren lassen und dann Erde, Gott und Mensch. wiederum die Menschen anrühren in Die Schnittstelle zwischen Himmel und Wort und Tat. Das Wort, das Menschen Erde ist also der Mensch selbst. In die- leben und aufleben lässt. Das Wort, das sem Sinne ist auch Mutter M. Theresia 114
eine Schnittstelle von Himmel und Erde. reicht. Die grosse Zahl der Lichter ga- Der Ort des Alltags war für sie der Ort ben und geben davon Zeugnis. Ein Ort, der Gegenwart Gottes in den Werken wo die Menschen die Kraft erfahren, die und Worten der Nächstenliebe. Auch für ihnen wieder hilft zu leben. In der Kryp- uns ist der Alltag der eigentliche Ort der ta ist dies durch die Farben braun und Gegenwart Gottes, nicht nur die beson- blau ausgedrückt. Es ist das Eingehen ders ausgesuchten Stellen und Orte. des Himmels in die Erde und umge- Dies besagt auch die Legende von den kehrt. zwei Mönchen, die unterwegs waren, Ingenbohl – wo die Schweiz den Him- um diesen sagenhaften Ort zu suchen, mel berührt. Aber nicht nur das Land, wo Himmel und Erde sich berühren und die Menschen, die hierherkommen, er- letztlich wieder in ihrer Zelle ankommen. leben das. Und dies gilt nicht nur für die Jenen Ort, wo sie bisher zufrieden wa- selige Maria Theresia Scherer. Wir alle ren und glückliche Momente erlebten. sind, aufgrund von Taufe und Firmung, Der Alltag als Ort der Gegenwart Got- zur Heiligkeit berufen. Durch uns, unse- tes, das will uns heute Mutter M. There- re Worte und Werke der Liebe, der Ge- sia sagen und mitgeben. So ist ihr Grab rechtigkeit, der Versöhnung und des in der Krypta zu einer Schnittstelle ge- Friedens, kann der Ort werden, wo die worden, die Himmel und Erde verbin- Erde den Himmel berührt. Wenn wir det, Gott und Mensch einander nahe- unsere «Berührungsängste» überwin- bringt. den, kann es geschehen. Berührungs- In der Zeit der Corona-Krise, wo vieles ängste Gott und den Menschen gegen- nicht mehr wie gewohnt ist, da ist die- über. Bemühen wir uns und um mit den ser Ort für viele das Fenster zum Him- Worten Mutter M. Theresias zu spre- mel. Der Ort jener Hoffnung, die über chen: «Tun wir dafür täglich das, was in alle Begrenzung in das Leben hinein- unseren Kräften steht.» Amen. r 115
Wir sind immer noch unterwegs Gründung der Provinz Steiermark-Kärnten vor 150 Jahren Magdalena Schauer in: «Ordensgemeinschaften Österreichs» Die Schwestern in Graz hatten sich ihr Jubiläum feierlich und gross vorgestellt. Es wurde zwar gefei- ert – aber Corona-bedingt anders als geplant. Nicht das erste Mal in ihrer Geschichte kam etwas anders als geplant. Der Festtag Unter dem Motto «Leben in Fülle ist uns geschenkt – wir sind immer noch unter- Mitte Juni 2020 beging man das Fest wegs» beginnen wir dieses Jubiläums- der seligen Mutter Maria Theresia jahr, um an den Einsatz von 1500 Scherer in der Klosterkirche der Kreuz- Schwestern an 130 Wirkungsorten zu schwestern in Graz. Für das 150. Jubi- erinnern. läumsjahr zur Gründung der Provinz Bischof Egon Kapellari bezeichnete war viel geplant, das nun nicht stattfin- Mutter Maria Theresia Scherer als un- den konnte. Dennoch fand eine kleine, gewöhnliche, grossartige, starke Frau würdige Feier mit Bischof Kapellari und bedankte sich bei den Schwestern statt. für die treue Verbundenheit mit der Kir- che im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils: «Sie haben Türen und Fenster Ihrer Institutionen und Werke nach aus- sen immer für alle offen gehalten.» Kreuzschwester sein Was es bedeutet, Teil dieser Gemein- schaft zu sein, ist auf der ordenseige- nen Homepage schön formuliert: «Wir Kreuzschwestern schwingen keine grossen Reden, aber wir haben eine wichtige Botschaft. Und wir handeln. Das Kreuz bedeutet für uns eine ver- trauensvolle Hinwendung und stetige Veränderung zum Guten, das sich aus festem Glauben an die Liebe erschafft. In eben diesem Glauben an die Liebe Eva Maria Heigel, von der Wirtschaftsleitung, Sr. Maria Bosco Zechner, Bischof em. Egon Ka- blenden wir Leid und Scheitern nicht pellari. Foto: Neuhold in SONNTAGSBLATT aus, sondern wenden uns proaktiv die- 116
sen Seiten des Lebens zu. Auf Augen- Teil der grossen Frauenbewegung höhe mit Bedürftigen. In Achtsamkeit Die rasch wachsende Gemeinschaft für das Gegenwärtige. Mit Dankbarkeit wurde ein Teil der grossen «Frauenbe- für alles, das wir bewirken.» wegung» des 19. Jahrhunderts. Die Schwestern engagierten sich dort, wo Man wollte die wachsende Not ihre Hilfe am dringendsten benötigt bekämpfen wurde: In Armenhäusern, Altenheimen, Wie zahlreiche andere christliche Ge- Anstalten für körperlich und geistig Be- meinschaften im 19. Jahrhundert ent- hinderte sowie Gefängnissen betreuten stand auch die Kongregation der Barm- sie Menschen, die von der Gesellschaft herzigen Schwestern vom heiligen vergessen worden waren. Sie unterrich- Kreuz (Kreuzschwestern) aus der Inten- teten in Kindergärten und Schulen, be- tion heraus, die wachsende Not zu be- treuten Internate und Kosthäuser für kämpfen. Lehrlinge, um durch Bildung die Wei- Der Schweizer Kapuziner P. Theodosius chen für ein besseres Leben zu stellen. Florentini (1808–1865) setzte sich als Die Schwestern waren aber auch ver- Ziel, die drängenden sozialen Probleme fügbar, wenn sie zu verwundeten Sol- der Zeit und das Elend der Fabrikarbei- daten auf Kriegsschauplätzen und in ter zu lindern und vor allem die Ursa- Lazarette gerufen wurden oder wenn chen dieser Not – Bildungsnotstand, Kranke in Epidemiegebieten ihrer Hilfe das Erziehungsdefizit der Jugend und bedurften. «Ganz dem Gekreuzigten, schliesslich das ausbeuterische kapita- darum ganz dem Nächsten: Der Liebe listische Wirtschaftssystem – zu be- Christi Stellvertreterin», so die Inschrift kämpfen. Pater Theodosius wollte eine Mutter Maria Theresias auf die Grab- Erneuerung der Gesellschaft nicht auf platte der ersten vier Schwestern, die in revolutionärem Weg, sondern aus der jungen Jahren in Rom bei der Pflege innovativen Kraft des Christentums, die von Typhuskranken Opfer ihres Berufs über Schule und Caritas wirksam wer- geworden waren. den sollte. Gemeinsam mit Sr. Maria Theresia Bis heute ist dieser Pioniergeist ihrer Scherer (1825–1888), erste Generalobe- Gründer in der Gemeinschaft aktuell: rin und Mitbegründerin der Barmherzi- «Wir versuchen damals wie heute, den gen Schwestern vom heiligen Kreuz, Bedürfnissen der Zeit entsprechend zu konnte er viele Frauen begeistern und handeln und für eine ’Kultur der Liebe’ zu einem apostolischen Ordensleben einzutreten.» motivieren. r 117
Hier sollten wir ein Provinzhaus haben 125 Jahre Provinz Baden-Württemberg Sr. Josefa Harter, Hegne Hegne am Bodensee. Foto: Kloster Hegne Ein kurzer Blick in die schwestern von Hegne in diesem Jahr Vergangenheit und Gegenwart das 125-Jahr-Jubiläum feiern. Im Lauf der Jahrzehnte bildeten sich die «Hier sollten wir ein Provinzhaus ha- Schwerpunkte unseres Wirkens heraus: ben», so äusserte sich unsere Gründe- Pflege, Erziehung und Bildung, Gast- rin, Mutter Maria Theresia Scherer, als lichkeit für Leib und Seele. Diesen Auf- sie 1886 auf der Fahrt entlang des gaben dienen bis heute die Einrichtun- Bodensees Richtung Konstanz am gen in Hegne, diesen Diensten widme- Schlossgut Hegne vorbeifuhr. Es sollte ten sich im Lauf der Geschichte etwa Klosterheimat für die rund 250 Schwes- 2700 Schwestern auch in zahlreichen tern werden, die zu dieser Zeit schon in Gemeinden. Seit etwa zwanzig Jahren Süddeutschland wirkten. Im Jahr 1895 erfüllen wir unseren Auftrag mit einer erfüllte sich dieser Wunsch durch die wachsenden Zahl angestellter Mitarbei- Gründung der heutigen Provinz Baden- terinnen und Mitarbeiter, inzwischen Württemberg. So können wir Kreuz- etwa 300. Die Schwesterngemeinschaft 118
selbst zählt wenig über 200 Schwestern Gründung einer Stiftung dies am si- mit einem Altersdurchschnitt von 80 chersten gewährleistet. Seit 2018 be- Jahren. steht nun die «Stiftung Kloster Hegne», in die nach und nach unsere Einrichtun- Angesichts dieser Zahlen stellten wir gen in Hegne überführt werden. Spiri- uns 2013 in einem Provinzkapitel die tuell fundiert, fachlich kompetent und Frage: Wie können unsere Dienste für wirtschaftlich gesichert, kann, so hoffen die Menschen, die in 125 Jahren immer wir, unter dem Dach der Stiftung der wieder neu gestaltet und konkretisiert Auftrag der Schwestern am geprägten wurden und auch heute noch wie in den Ort Kloster Hegne weitergeführt wer- Anfängen aktuell sind, für die Zukunft den, kann das Gründercharisma unter gesichert werden? In einem mehrjähri- neuen Rahmenbedingungen und Kon- gen spirituellen und fachlich begleiteten kretisierungen lebendig bleiben und Organisationsentwicklungsprozess ka- weiter getragen werden. men wir zur Überzeugung, dass die r 119
In Dankbarkeit an die Vergangenheit erinnern 1970–2020 Goldenes Jubiläum der Provinz Indien Schwestern aus den fünf indischen Provinzen Von 1894–1970 war Indien für uns Schwestern die «Mission Indien». 1970, also vor 50 Jahren, wurde sie zur «Provinz Indien» erhoben. Bereits 1991 entstanden durch die Dreiteilung die Provinzen Indien Zentral, Indien Nordost, Indien Süd. Mit Indien Mitte wurde 2015 die vierte und mit Indien Ost 2019 die fünfte indische Provinz erhoben. Ein Rückblick voll Dankbarkeit all sichtbar, sodass die Schwestern schnell und spontan «Hand anlegen» Nach einem mutigen Anfang durch vier konnten. Das hat die Menschen vor Ort europäische Kreuzschwestern im No- überzeugt. Das Vertrauen war auf diese vember des Jahres 1894 hat sich eine Weise schnell hergestellt. kraftvolle Mission entwickelt. Von Bet- Die Generalleitung in Ingenbohl, mit Sr. tiah ausgehend, hat sich das Wirken M. Edelfrieda Haag als Generaloberin, und das Beispiel der Schwestern wie hat am 3. März 1970 die «Mission Indi- ein Strom durch die Gegend von Bihar en» zur «Provinz Indien» erhoben. Das ausgebreitet. Von Anfang an ging es um war ein Akt von grosser Bedeutung. In- die Bereiche Gesundheit, Bildung und dien war damit eine kirchenrechtlich Sozio-Pastoral. Nach und nach über- eigenständige Einheit in der Kongrega- nahmen Schwestern auch die Pflege tion, mit eigener Provinzleitung und der Kranken in öffentlichen Kranken- Ökonomie. Nach acht europäischen häusern. Missionsoberinnen war mit Sr. M. Sigrid Seit dem Jahr 1952 ist Hazaribag (heu- Voggel die erste Provinzoberin auch te im Staat Jharkhand) das Zentrum der eine Europäerin. Damals zählte die Pro- Mission. Im selben Jahr hat die Kongre- vinz 185 Schwestern, davon 38 Missio- gation entschieden, einheimische junge narinnen aus Europa, 36 Novizinnen Frauen in die Gemeinschaft aufzuneh- und 99 Kandidatinnen. men. Die Kongregation wurde mit sehr Unter der inspirierenden und dynami- vielen jungen indischen Frauen be- schen Leitung von Sr. M. Sigrid Voggel schenkt. Dies motivierte die Schwes- mit ihrer weitreichenden Vision und ih- tern zu einer sehr effektiven und nach- rem aktiven Mitgefühl für die Armen, haltigen Pionierarbeit in den entlege- folgte ein Jahrzehnt der raschen Expan- nen, damals noch nicht erschlossenen sion. Gegenden. Der Orden breitete sich auf Zahlreiche Gemeinschaften und Apos- diese Weise nach vielen Richtungen tolate wurden in verschiedensten Staa- rasch aus. Die Bedürfnisse waren über- ten und Regionen Indiens eröffnet. Die 120
Bischof Anand Jojo und konzelebrierende Priester. indische Provinz dehnte sich in alle vier das Amt der Provinzoberin. Unter ihrer Himmelsrichtungen aus. Schon bald Leitung kam es neben der Entwicklung wurde eine Neu- bzw. Umstrukturierung der Wirkungsbereiche zur weitrei- der Provinz notwendig. chendsten strukturellen Veränderung Im Jahr 1979 erhielt die Provinz mit Sr. und Erneuerung. Die Provinz wurde im M. Julia Erni aus der Schweiz die zwei- Jahr 1991 in drei Provinzen aufgeteilt: te Provinzoberin. Mit ihrer Lebendigkeit Indien Zentral, Indien Nordost, Indien und ihrem kraftvollen Engagement hat Süd. Diese Struktur wird es bis ins Jahr sie die neue Struktur vorbereitet und 2015 geben. Dann entsteht die Provinz 1983 umgesetzt. Die Provinz wurde in Indien Mitte und im Jahr 2019 die Pro- fünf Regionen mit je einer Provinzrätin vinz Indien Ost. als Regionaloberin aufgeteilt. Am Ende des Jahres 2019 zählte Indien Im Juni 1985 übernahm die erste indi- in den fünf Provinzen 1054 Schwestern sche Schwester, Sr. Joseline E. Pauvath, in 147 Gemeinschaften und acht Schwes 121
tern in Uganda. Sie leben aus dem Cha- Sr. Pankratia Widmer, Sr. M. Edelfrieda risma unserer Gründer und verwirkli- Haag, Sr. Gertrud Furger, Sr. Louise- chen es in der jeweiligen Situation und Henri Kolly und Sr. Marija Brizar. Mit der Zeit, in den verschiedensten multikultu- Generalleitung pflegen wir einen rei- rellen und religiösen und sozialen Kon- chen und fruchtbaren Dialog und Kon- texten des bevölkerungsreichen Landes. takt. Wir danken Sr. Marija Brizar für die inspirierende und ermutigende Gruss- Das Thema des Goldenen Jubiläums ist botschaft für unser Jubiläum. die dankbare Erinnerung an die Vergan- Ein besonderer Dank gilt den verant- genheit, der offene Blick auf die Gegen- wortlichen Rätinnen für die indische wart und die mutige Antwort für die Zu- Mission, Sr. M. Liguoria Binkert und Sr. kunft. Debora Maria Ueckert. Danach wurde diese Aufgabe durch indische General- Zutiefst gedenken wir unseres Grün- rätinnen wahrgenommen – auch ihnen ders P. Theodosius Florentini OFMCap, gilt unser Dank. Die Anwesenheit von unserer Mitbegründerin Mutter Maria Sr. Sheeja Kolacherril beim Jubiläums- Theresia Scherer, der Missions- und fest, als Vertretung der Generalleitung, Provinzoberinnen, all unserer Missiona- war eine besondere Freude. rinnen – wir gedenken ihrer Vision und Wir sprechen den Bischöfen der ver- ihrer Sendung. schiedenen Diözesen, den Leitungen Wir sind den jeweiligen General- und der Orden und Kongregationen unseren Provinzleitungen Europas sehr dankbar herzlichen Dank aus. Sie alle haben uns für ihre grosszügige finanzielle Unter- sehr geholfen, unsere Sendung an so stützung für die verschiedenen aposto- vielen Orten wahrzunehmen und zu ent- lischen Aktivitäten und für die Ordens- wickeln. ausbildung. Ohne diese Hilfe wären die Schliesslich danken wir allen unseren indischen Provinzen nicht zu dem ge- Wohltäter*innen, Mitarbeitenden, allen worden, was sie heute sind. Wir sind kirchlichen sowie politischen Stellen, allen unseren Wohltätern und Sponso- den NGOs und der Zivilgesellschaft. Wir ren aus dem Ausland dankbar, dass da- drücken damit unsere Anerkennung durch die Arbeit unter den Armen und und Dankbarkeit für ihre Unterstützung Bedürftigen fortgesetzt werden kann. und Ermutigung aus. Für die ständige Unterstützung und Be- Wir danken unserem Gott des Erbar- gleitung erwähnen wir in besonderer mens und der Barmherzigkeit, wir dan- Weise und mit Dankbarkeit die General- ken für die vielen Segnungen, die wir oberinnen mit ihren Teams bis heute: als barmherzige Schwestern vom heili- 122
gen Kreuz in den vergangenen 50 Jah- gens für alle Kreuzschwestern in Indien. ren für unsere Sendung und unser Le- Für uns Schwestern der Provinz Ost war ben als Provinz erhalten haben. dieses Ereignis ein echtes Heimkehrer- Gott, so wie die Jüngerinnen und Jün- lebnis. Alle Schwestern in Indien gehör- ger auf dem Weg nach Emmaus von dir ten bis 1991 der einen Provinz Indien an, erleuchtet wurden, gewähre uns die mit dem Provinzhaus in Hazaribag. Hier Gnade, dich im Unterwegssein mit den sind wir eingetreten, wurden wir ausge- Menschen zu erkennen. bildet und in das Ordensleben einge- Sr. Rosily Kolencherry, Provinzoberin, Provinz führt. Von hier aus wurden wir gesendet. Indien Zentral In Hazaribag zu sein und dem Festpro- gramm beizuwohnen, war für uns alle Mehr als ein äusseres Fest mehr als nur eine Erinnerung an unsere persönliche Vergangenheit. Einige von Das Goldene Jubiläum unserer ersten uns nutzten diese Gelegenheit, um in indischen Provinz ist ein Jahr des Se- Einsamkeit und Stille eine Art «Pilger- Provinzoberin Sr. Rosily Kolencherry, Provinz Indien Zentral, begrüsst die Festgemeinde. 123
weg» durch die wichtigen Orte und fen hatten. Es wurde umarmt, gelacht Plätze im Areal des Noviziatshauses zu und vor Freude geweint. Allein die Tat- unternehmen. Es war eine herzerwär- sache, dass wir zu dieser grossen und mende Erfahrung, wieder einmal in der besonderen Feier zusammen waren, Kapelle, in der Grotte, im Speisesaal, im stärkte das Band der Zugehörigkeit zu Klassenzimmer, im Nähzimmer, in der dieser «Familie». Wir empfanden das Küche, in der Speisekammer und in den Gefühl, wieder zu Hause zu sein, und verschiedenen Arbeitsbereichen zu überall spürten wir die warme Atmo- sein. Andere tauschten sich in kleinen sphäre. Wir sind sehr dankbar und Gruppen aus, gingen umher und teilten empfinden es als Privileg, an den Fest- miteinander glückliche Erfahrungen, die lichkeiten teilnehmen zu dürfen. sie als junger Mensch in der Vorberei- tung und Ausbildung für das Ordensle- Natürlich wurden auch Fotos gemacht, ben gemacht hatten. Es wurde zu einer ein Gruppenfoto mit allen anwesenden tiefen inneren Erfahrung. Es war eine Schwestern. Ob wohl alle eingefangen Stärkung, um mit Mut weiter zu gehen, wurden? Oh, was für eine grosse Men- um auch in der Zukunft das Beste für schenmenge es war! unsere Sendung in unserem Wirkungs- Sr. Selma Nalloor für die Provinz Indien Ost feld zu geben. Zugleich war es eine Herausforderung. Erbinnen einer wunderbaren Es war ein Anlass, das eigene Leben zu Tradition überprüfen und ein Aufruf zur persön- lichen Umkehr und Erneuerung. Es war «Das Reich Gottes ist wie ein Senfkorn, ein Weckruf, auf das Leben unserer das jemand genommen und auf seinen Pionierinnen und der vielen Schwestern Acker gesät hat» Mt 13,31. Jesus ver- zu schauen, welche ein engagiertes Le- glich das Reich Gottes mit einem win- ben im Gebet, ein Leben des Dienstes zigen Senfkorn, das das kleinste aller und des einfachen Lebens führten, um Samenkörner ist, aber wenn es ge- die indische Provinz aufblühen und wachsen ist zum grössten aller Sträu- wachsen zu lassen. cher und zu einem Baum wird, so dass die Vögel des Himmels kommen und in Eine grosse Freude war es, vielen seinen Zweigen nisten. Diese Bilder Schwestern zu begegnen, Schwestern verbanden wir mit dem Privileg, am wiederzusehen, die wir seit der Provinz- Fest des Goldenen Jubiläums teilzu- teilung im Jahr 1991 nicht mehr getrof- nehmen. 124
Provinzoberin Sr. Rosily Kolencherry, Provinz Indien Zentral, begrüsst die Festgemeinde. Der Mut und die aufopferungsvolle Hal- fühl mit den Menschen, die zugleich für tung unserer Pionierschwestern inmit- die vielfältigen Bedürfnisse der heuti- ten vieler Hürden und Nöte, zusammen gen Zeit ermächtigt und befähigt sind. mit unseren indischen Missionarinnen, Es ist eine grosse Freude für uns, dass die vom dynamischen Geist und der diese winzig kleine Pflanze heute fünf kraftvollen Vision unserer Gründer er- starke Äste ausbreitet und unser Mut- füllt waren, machten es möglich, dass terland Indien umfasst. Es war ein gol- dieses winzige Samenkorn Wurzeln ge- dener Moment der Communio, der schlagen hat und zu einem grossen Begegnung, des Austauschs, der Erfri- Strauch herangewachsen ist und noch schung, der Erinnerung, des Wieder immer wächst. erlebens der reichen Erinnerungen an die vergangenen Jahre. Und es war Wir empfinden uns als stolze Erben ei- eine Erfahrung von ’Zuhausesein’, in ner wunderbaren Tradition von Mitge- Berührungsein mit der Quelle und dem 125
Ursprung in Indien. Es erneuerte unsere Herzen und Köpfen nachwirkt. Sie er- Freundschaft, unser Einssein und unse- öffnet uns neue Perspektiven des En- re Zugehörigkeit zu dieser grossen Fa- gagements, der Leidenschaft und des milie der Kreuzschwestern. unermüdlichen Geistes, um Leid und Die Liturgie hob auf wunderbare Weise Schmerz im Angesicht der Erde zu lin- unsere kleinen Anfänge, unser Wachs- dern. tum und unsere Entwicklung hervor. Wir Was erreicht worden ist, steht in golde- konnten eine Aura göttlichen Eingrei- nen Lettern in den Annalen unserer fens in das Leben und die Geschichte Kongregation, aber das Charisma und unserer Existenz auf indischem Boden das Motto lebt in den Herzen und im erleben. Leben einer jeden von uns weiter. Die Vergangenheit wurde durch eine Bühnendarstellung gegenwärtig, die uns Wir hoffen und beten, dass das, was im Kern unseres Seins berührte und be- noch kommen wird, alles übertreffen wegte, und die noch immer in unseren wird, was wir bisher getan haben. Gott 50 Lichter zum Dank für 50 Jahre. 126
wird uns weiterhin führen! Lasst uns am dien mit ihrer Liebe, ihrem Respekt und Erbe festhalten, das uns hinterlassen ihrem Optimismus. ist, und lasst es uns bis zum Ende mit Leben füllen! Es erinnerte uns daran, dass sie in der Sr. Annette Purayidam und Sr. Shanty George für Tat Zeichen Gottes sind, Sauerteig für die Provinz Indien Süd das Wachstum einer gerechten Gesell- schaft und Prophetinnen für die Ge- ringsten und Verlorenen. Frauen der Hoffnung Während der Feier der heiligen Eucha- Die Provinz Indien wurde vor 50 Jahren, ristie spürten wir, dass die Feier eines nach 76 Jahren Aufbauarbeit durch eu- Goldenen Jubiläums ein Ansporn ist, ropäische Kreuzschwestern, gegründet. mit Mut weiterzugehen, den mitfühlen- Es gab Höhen und Tiefen. Viele Trium- den Dienst zu intensivieren und mit En- phe sind verbucht, viele Stufen wurden thusiasmus, mit Optimismus und Zuver- erklommen, viele Herausforderungen sicht neue Meilensteine zu setzen. angenommen und viele Stürme über- Als Barmherzige Schwestern vom heili- standen. gen Kreuz, die sich in fünf Provinzen Wir haben uns beim Festtag am 15. Fe- Indiens einsetzen, rufen wir zu Hingabe bruar 2020 an viele unvergessliche Er- und Engagement in der sich wandeln- eignisse und Erlebnisse erinnert. den Situation unserer Zeit auf, lokal, Beim Zurückblicken auf die vergange- national und global, um Lichtstrahlen nen Jahre entsteht ein überwältigendes und Mitgefühl auszustrahlen und zu ver- Gefühl der Dankbarkeit, des Glücks, breiten. der tiefen Zufriedenheit und der Zuver- Sr. Pushpita Chathamalil, Provinzoberin, Provinz sicht, dass der Herr uns bis zum heuti- Indien Nordost gen Tag geleitet hat. Der inspirierende Geist unserer Gründer ist wie eine un- veränderliche Realität, die uns als Frau- Den Wurzeln nachgehen en der Hoffnung noch immer zur Hin- gabe für die Arbeit mit den Unterprivi- Nach Hazaribag zu kommen, an den legierten drängt. Ort, an dem ich die ersten Tage und Jahre des Ordenslebens verbracht Im Mittelpunkt des abendlichen Fest- habe, bewirkt in mir eine Art Ehrfurcht und Kulturprogramms standen unsere und Respekt, ein sehr positives und Gründer und unsere Pionierinnen in In- lebhaftes Gefühl. Der herzliche Emp- 127
Provinzoberinnen Indiens mit dem Bischof und den Priestern. fang im Provinzhaus mit einer roten Entschlossenheit und des totalen Enga- Rose für jede Schwester und die schö- gements unserer Pionierinnen, die blei- nen Dekorationen überall versetzten bende Früchte in Hülle und Fülle hervor- mich in eine romantische Stimmung. brachten. Es hat mir geholfen, mich wie- Die beiden Tage waren wie ein Wieder- der einmal an die harte und schmerz- erleben der Vergangenheit in Dank hafte Realität unserer Geschichte in barkeit und wie ein spürbares Hin Indien zu erinnern, da drei von den vier eingenommensein in den Geist des ersten Schwestern und Pionierinnen Charismas unserer Kreuzschwestern- aus Europa an Cholera starben. «Das Spiritualität. Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben …» Die Bühnendarstellung «In Dankbarkeit an die Vergangenheit erinnern» führte Im Mittelpunkt aller Feiern stand die Eu- mich zu den Wurzeln des Kreuzschwes- charistie. Wir boten uns während der tern-Baumes in Indien. Es war ein tief Liturgie an, weiterhin in Jesu Fussstap- bewegender Bericht über die Vergan- fen zu gehen und denen unserer Grün- genheit, die dadurch lebendig gemacht der zu folgen und ihre Vision in jeden wurde. Einmal mehr wurden wir Zeugen Winkel Indiens zu tragen. Ein wunder- der Kraft des Glaubens, der starken schöner Eingangstanz mit dem Ritual 128
des Empfangs für den Bischof und die bische Planung und Teamarbeit eine Konzelebranten verliehen dem Jubiläum Erfolgsgeschichte. Sei es die Unterbrin- eine zusätzliche Feierlichkeit. gung, die Dekoration, das Bühnenpro- Es war sehr bewegend, als 50 Schwes- gramm, die Liturgie, die Ehrung jener tern aus allen fünf Provinzen eine mit Schwestern, die die «Hitze des Lebens» Blumen geschmückte brennende Kerze durch 50 Jahre Provinz trugen bis hin zu Füssen der Mutter Gottes stellten zum festlichen Mahl – in allem war die und sie um Hilfe für unsere Sendung kompetente Leitung von Sr. Rosily, Pro- baten. vinzoberin, der Teamgeist und das Engagement aller Mitwirkenden zu er- Eine tiefgründige Botschaft des Bi- leben. Dies hinterliess bleibende Ein- schofs von Hazaribag, Rt. Rev. Anand drücke in den Herzen aller, die es mit- Jojo, bestätigte den Dienst der Kreuz- erlebten. Die Schwestern in der Provinz schwestern in allen Jahren bis heute. arbeiteten wie eine mit Hingabe und Auch die Gabenprozession verdeutlich- Freude gut geölte ’Maschine’ – ohne te den Auftrag unserer Kongregation Verwirrung und Hindernisse und mach- bzw. an die erste Provinz in Indien mit ten die Feier des Goldenen Jubiläums den Symbolen eines Globus und eines zu einem grossen und tiefen Erlebnis. Schösslings. Sr. Lucina Thuluvananical für die Provinz Indien Mitte Das zweitägige Programm des Provinz- Text-Bearbeitung: Sr. Verena Maria Oberhauser, Jubiläums war in Bezug auf die akri Generalrätin, Ingenbohl 129
Freundeskreis der Barmherzigkeit Assoziierte im Vikariat Taiwan Sr. Michelle Huang Tatung-Malän, Taiwan Im Vikariat Taiwan leben rund zwanzig Frauen in ihrer Lebenssituation das Charisma der Barmherzi- gen Schwestern vom heiligen Kreuz. Nach einer längeren Einführung und einem feierlichen Verspre- chen werden sie auf ihrem Weg begleitet. Worin die Begleitung besteht, und was es für die Frauen bedeutet, Mitglied des «Freundeskreises» zu sein, davon berichten persönliche Zeugnisse. Ein Anfang – und was daraus kamen 20 interessierte Frauen im Alter geworden ist von 30 bis 50 Jahren. Im April 2015 übernahm ich die Organi- In Zeiten sozialer Veränderungen und sation, die Einführung und Begleitung sinkender Geburten gibt es einen gros- dieser Frauen für den dreijährigen Weg sen Mangel an geistlichen Berufen in bis zur Bereitschaft zu einem öffentli- der Kirche und in den Orden – so auch chen Versprechen als Assoziierte. An in unserem Vikariat Taiwan. Sr. Jermia jedem zweiten Sonntagnachmittag traf- Thoma und Sr. Ai-Tschüen Wu haben im fen wir uns zum Austausch und für die Jahr 2002 begonnen, Frauen und Män- Weiterbildung zu den Themen: Gebet, ner als Assoziierte unserer Spiritualität Bibel, Liturgie, Sakramente, Apostolat, und unseres Lebens auszubilden. Eine Spiritualität, Geschichte unserer Kon- lebendige und kraftvolle Gruppe von gregation, Charisma usw. Frauen stärkte unser Charisma und un- ser Leben im Vikariat. Dann gab es ein Gemeinsam erarbeiteten wir Statuten paar Jahre Wüste und Stillstand, bis wir für den «Freundeskreis der Barmherzig- im Jahr 2014 erneut aufgebrochen sind, keit». Am 15. August 2018 haben 12 um die «Glut unter der Asche» neu zu Frauen im Rahmen eines festlichen Got- entfachen. Und nun «brennt» es wieder tesdienstes ihr Versprechen in die Hän- – und das Feuer wird genährt durch die de der Vikariatsoberin Sr. Theresia Gau regelmässigen Treffen zum Austausch gegeben. Nun sind es 18 Mitglieder, die und durch die Themen an den Weiter- durch dieses Versprechen mit uns bildungstagen. Kreuzschwestern auf dem Weg sind und mit den Menschen an den Orten, Wir haben das Angebot, Assoziierte des wo sie leben, als «Freundin der Barm- «Freundeskreises der Barmherzigkeit» herzigkeit» unterwegs sind. zu werden, in den Pfarreien und in un- Dass an diesem Festtag drei Kreuz- serem Bekanntenkreis kundgetan. Es schwestern ihr 50-Jahr-Profess-Jubi- 130
läum gefeiert haben, ist ein Zeichen Ausbildung bereit sind. Wir lassen uns dafür, wie sehr das Ereignis des Ver- leiten von den Aussagen unseres Grün- sprechens mit unserem Ordensleben ders Pater Theodosius: «Ich wollte die eine Verbindung hat. Kongregation so einrichten, dass sie Jetzt treffen wir uns am Nachmittag je- überall hinpasste, überall Aufnahme fin- den ersten Sonntags des Monats. Die- den könnte, in alle Verhältnisse eindrin- se Treffen sind sehr bedeutsam als gen möchte.» gegenseitige Stärkung und Ermutigung, Oder auch: «Was Bedürfnis der Zeit, ist als Erfahrung von Freude und Gemein- der Wille Gottes». Im Vertrauen auf Got- schaft und zur Vertiefung der Sendung tes Barmherzigkeit und die Führung des als «Freundinnen der Barmherzigkeit». Heiligen Geistes gehen wir mit unseren Natürlich freuen wir uns sehr, dass eine Assoziierten mutig Schritt für Schritt in von diesen Frauen den Schritt ins Klos- die Zukunft und sind voller Hoffnung, ter gewagt hat – Katharina Takaweita dass das Gebet unserer Mitschwestern Tien-Chang. Sie beginnt im Herbst das Früchte bringen wird. zweite Postulatsjahr. Im Herbst 2019 kamen von der Umge- Zeugnisse von Mitgliedern bung von Kuanshan, nördlich von Tai- tung, Anfragen für diese Möglichkeit, Delan Gau, Assoziierte das Christ-Sein zu gestalten. In Kuan In Freude den Spuren der Gründer fol- shan führen wir ein Altersheim speziell gen. für Arme. Bevor ich mich der Laiengemeinschaft Nach einem Gespräch mit dem Orts- «Freundeskreis der Barmherzigkeit» an- pfarrer haben wir die Zusage bekom- schloss, wusste ich nur, wie ich in der men, die Pfarreiräumlichkeiten als Ver- Kirche gute apostolische Arbeit leisten sammlungsort anzubieten. Sr. Franzi Lin kann. Ich habe aber meine eigenen von der Gemeinschaft in Kuanshan ist Grenzen und Mängel erfahren und woll- mit mir in die Begleitarbeit eingestiegen te meine Spiritualität vertiefen. und hat die Organisation übernommen. Genau zu dieser Zeit haben die Barm- Wir treffen uns mit acht Frauen und herzigen Schwestern vom heiligen Männern zweimal im Monat über eine Kreuz die Pfarreien wissen lassen, dass gewisse Zeit hinweg für ein Bibelteilen, sie einen Ausbildungskurs beginnen damit die Interessenten genug Zeit be- werden und zwar für Christinnen und kommen zu erspüren, ob sie wirklich Christen, die dem «Freundeskreis der «mehr» wollen und für eine dreijährige Barmherzigkeit» beitreten möchten. 131
Durch diese Ausbildung habe ich viel Barmherzigkeit» ganz zur Verfügung zu dazugelernt und bin bestrebt, zum wei- stellen, entschied ich mich für Freiwilli- teren Gelingen der Gruppe beizutragen. genarbeit und besuche mit den Schwes- Ich hoffe auch, dass unser Mitsein mit tern, allein oder mit anderen Mitgliedern den Schwestern ihnen von Nutzen ist. kranke, einsame, alte Menschen. Ich Als Kind habe ich die Schwestern sehr helfe auch mit bei der Verteilung von oft gesehen – damals waren alle Aus- Materialien usw. Das stärkt meinen länderinnen) – und ich war beeindruckt Glauben und gibt mir die Kraft, andere von ihrer Arbeit und ihrer Güte zu den zu ermutigen. Menschen. Ich bewunderte sie, dass Ich hoffe, mein Leben wird weiterhin sie ihre Heimat und Familien verlassen vom Geist der Gründer Mutter Maria hatten, um ihre jugendlichen Jahre für Theresia und Pater Theodosius beglei- die Armen und Analphabeten hier in tet und mein kleiner Dienst von Gott ge- Taiwan-Taitung einzusetzen. segnet und ich so andere gut beeinflus- Ich bin sehr dankbar, dass ich den sen kann. Gründergeist von Mutter Maria Theresia und Pater Theodosius Florentini kennen Magdalena Lin, Assoziierte lernen durfte. Sie haben sich für die Ar- Dass ich dem «Freundeskreis der men, Kranken, Betagten, Waisenkinder, Barmherzigkeit» beigetreten bin, ist eine FabrikarbeiterInnen und in Schulen ein- Fügung Gottes. Wenn mich Sorgen be- gesetzt. Mutter M. Theresia ist eine drücken, weiss ich, Gott ist mit mir und starke Frau des Vertrauens und des ich erhalte Trost und neue Freude. In Glaubens. Sie stärkt ihre Schwestern: diesem Freundeskreis durfte ich den «Tun sie Tag für Tag, was in ihren Kräf- Geist von Mutter Maria Theresia Sche- ten steht». Oder «Geduld haben, aus- rer und Pater Theodosius Florentini harren, beten und auf den lieben Gott kennen lernen. Ich verstehe noch bes- vertrauen». Das sind Sätze, die auch ser, was Jesus in den Seligpreisungen mir Kraft schenken. sagt: «Selig die Armen im Geiste, denn Die Worte und Taten von Mutter Maria ihrer ist das Himmelreich». Theresia und Pater Theodosius berüh- In dem, was Schwestern tun, sehe ich ren mich, sie geben Kraft und Mut für die Liebe und das wärmende Licht Got- meinen Alltag, helfen mir loslassen und tes. Mit anderen Mitgliedern oder allein die von Gott gegebene Zeit gut zu nut- besuche ich kranke oder alte Men- zen. Nachdem ich das Versprechen vor schen, höre ihnen zu, bete mit ihnen. Gott und den Schwestern abgelegt Ich erfahre, dass diese Menschen sich habe, mich im «Freundeskreis der nach Gott sehnen und Menschen brau- 132
Sr. Michelle Huang mit Mitgliedern des Freundeskreises. chen, die Zeit für sie haben. Immer wie- Durch das Bibelteilen bin ich tiefer in der frage ich mich, welches Bedürfnis das Wort der heiligen Schrift hineinge- der Zeit der Wille Gottes ist. Ich möchte wachsen, verstehe jetzt die Liturgie des für andere «Salz der Erde und Licht der Kirchenjahres besser und habe das Be- Welt» sein. ten auf diese Weise gelernt. Ich durfte den Geist von Pater Theodosius und Maria Liu, Assoziierte Mutter Maria Theresia ganz neu kennen Ich danke Gott, dass ich dem «Freun- lernen und lernte auch das religiöse Le- deskreis der Barmherzigkeit» beitreten ben der Ordensschwestern kennen. durfte. Durch die intensive Vorbereitung Nach der Ausbildungszeit habe ich das habe ich sehr viel Freude erlebt und Versprechen abgelegt, und als Gruppe mein tägliches Leben wurde mit dieser kommen wir jetzt einmal pro Monat zu- Freude überstrahlt. sammen. Wir haben einen Themenplan. 133
Bei unseren Zusammenkünften wählen dergeist von Mutter Maria Theresia wir ein Thema aus und besprechen es. Scherer und Pater Theodosius, Liturgie, Wir laden dazu auch ReferentInnen ein. Gebetsarten usw. und die Gespräche Jeden 16. des Monats (16. Juni ist der mit Schwestern und Priestern haben Todestag von Mutter Maria Theresia) mir geholfen, meine eigene Situation zu treffen wir uns zur Anbetung des Aller- verstehen. Dies hat mir das Vertrauen heiligsten. Ein oder zwei Mitglieder be- zurückgeschenkt, dass ich nie von Gott reiten diese Stunde vor. verlassen bin, was auch immer auf mich Wir setzen uns auch für die Bedürfnisse zukommt. Heute ist diese Erfahrung zu der Schwestern ein, besuchen Kranke einer starken Kraft in meinem Leben im Spital oder helfen in der Hostienbä- und in meinem Glauben geworden, so- ckerei. dass ich den Mut habe, mich allem zu Ich bin dankbar, zu den Assoziierten zu stellen. Ich habe gelernt zuzuhören, zu gehören. Dies ist, ganz besonders nach trösten und zu ermutigen. Ich habe meinem Unfall, eine grosse Stütze. auch gelernt, für die Familie und um Hil- fe in den Schwierigkeiten zu beten. Das Theresa Gau, Assoziierte Gebet ist eine grosse Kraft. Zwischen meinem Ehemann und seinen Der «Freundeskreis der Barmherzigkeit» Geschwistern gibt es dauernd Unstim- ist eine grosse Stütze in meinem Alltag. migkeiten. Ich betreue seine Eltern, die Mit den Mitgliedern und Schwestern bei uns wohnen. Sie fühlen oft eine Un- habe ich ein Gegenüber, mit dem ich zufriedenheit und beklagen sich bei ih- meine Sorgen, Nöte und Freuden teilen ren Söhnen und Töchtern. Die Folge kann. Die monatliche Zusammenkunft davon ist Streit mit den Geschwistern stärkt mein religiöses Leben. Ich bin meines Mannes, die ja nur eine Seite sehr dankbar. hören. Der familiäre Druck lastete schwer auf mir und brachte mich an Martha Mai, Assoziierte den Rand der Verzweiflung. Glückli- Vor vier Jahren habe ich mich für den cherweise konnte ich mich am Glauben «Freundeskreis der Barmherzigkeit» an- festhalten und vertraute auf Gottes Hil- gemeldet und nach einer Ausbildungs- fe. Gott sei Dank habe ich die Gelegen- zeit von zweieinhalb Jahren das Ver- heit benutzt und mich für den Ausbil- sprechen abgelegt. dungskurs zur Assoziierten der Barm- Die Gruppe hat ein sehr gutes gegen- herzigen Schwestern vom heiligen seitiges Einvernehmen. Wir treten für- Kreuz entschieden. Die verschiedenen einander ein, helfen und stützen einan- Themen wie Bibel, Spiritualität, Grün- der. Wir teilen einander mit, wie Gott in 134
unserem Leben wirkt und entdecken tern vom heiligen Kreuz, Mutter Maria unsere eigenen Talente. Nach unserem Theresia Scherer und Pater Theodosius Zusammensein, das heissst, bevor wir Florentini, unsere Berufung leben. auseinandergehen, reflektieren wir da- rüber, was sich in uns und in der Grup- Der «Freundeskreis der Barmherzigkeit» pe getan hat und wo wir etwas ändern hat die verschiedenen Werke der müssen. Schwestern besucht. Wir sind bereit, Wenn ich den Einsatz und den Geist uns als Freiwillige einzusetzen. Ich bin des Apostolates der Schwestern sehe sehr beeindruckt, wie die Schwestern und weiss, dass der Ordensnachwuchs mit den behinderten Kindern umgehen, fehlt, verstehe ich, dass die Schwestern und ich bin dankbar, dass ich im Heim auf Frauen und Männer, Assoziierte, an- für Kinder mit Beeinträchtigungen mit- gewiesen sind, die in ihrem Geist ihre arbeiten kann. Ich möchte das Gelernte, Apostolate fortsetzen. Wir Laien haben wo auch immer, sei es in einem Werk verschiedene Berufe, und wir wollen als der Schwestern oder in der Pfarrei, so Assoziierte in unserem Alltag im Geist gut als möglich einsetzen. Ich möchte der Gründer der barmherzigen Schwes- Sauerteig sein für andere. r 135
Unsere Generalkapitel Sr. Canisia Mack, Hegne, Sr. Christiane Jungo, Ingenbohl In einem Überblick zeigte Sr. Canisia Mack in der Theodosia 2002,2, was in den Generalkapiteln seit 1880 von Bedeutung war. Sie tat es im Hinblick auf das 20. Generalkapitel, das im Juli 2002 stattge- funden hat. Sie weist darauf hin, wie Mutter M. Theresia in diesem Ereignis ein «Mittel zu Einheit, zur Bestärkung im Guten» sah. Wir bringen den damaligen Text unverändert und ergänzen ihn mit Wahlen, Beschlüssen und Emp- fehlungen der Generalkapitel 2002, 2008 und 2014. Bekanntlich ist das angesagte Kapitel 2020 wegen der Corona-Pandemie auf 2021 verschoben. 1980 Erstes Generalkapitel zungstage dienten dazu, die Vertreterin- nen aller Schwestern mit den revidierten In die 1879 von Rom belobigten Kon Statuten vertraut zu machen. stitutionen war neu ein Artikel eingefügt worden, der festhält: «Alle sechs Jahre, und sooft es wegen ausserodentlichen 1886 Umständen die Generalleitung gut dünkt, wird in dem Ort und an dem Wiederwahl von Mutter M. Theresia. Da Tage, der von der Generaloberin im Ein- von den Provinzen eine Vertretung im verständnis mit dem Kardinal-Protektor Generalrat gewünscht wurde, kam Sr. festgesetzt worden ist, das Generalka- Adelheid Weindl aus Oberösterreich als pitel gehalten. Es wird dabei der Stand vierte Ratsschwester in die Gesamtlei- der ganze Kongregation geprüft und die tung. wichtigsten Angelegenheiten derselben Der Wechsel der Lokaloberinnen nach erörtert.» sechs Jahren war einer der wichtigsten Das erste Generalkapitel tagte in Ingen- Besprechungspunkte. bohl im Augst 1880. Von Anfang an glie- derte sich diese wegweisende Zusam- menkunft aller Provinzen in ein Wahl- 1888 und Sachkapitel. Wahl- und stimmberechtigt waren beim Der Tod Mutter M. Theresias forderte ersten GK (Generalkapitel), die von Mit- die Einberufung eines Sonderkapitels. schwestern aus der Schweiz, aus Böh- Am 25. September 1888 wurde Sr. M. men, Oberösterreich, Slawonien, Steier- Pankratia Widmer, die bisherige Gene- mark, Mähren, Baden und Tyrol dele- ral-Assistentin, als Nachfolgerin von giert worden waren. Mutter M. Theresia gewählt Am 16. August wurde Mutter M. There- Weitere eingesandte Anträge und Wün- sia einstimmig zur Generaloberin wie- sche verschob man auf ein späteres dergewählt. Die anschliessenden Sit- Kapitel. 136
1896 des der Kongregation ergeben sollte. Es waren auch Fragen über die fort- Das Wahlkapitel wählte wiederum Mut- schrittlichen Bestrebungen in den Be- ter M. Pankratia für weitere sechs Jah- rufsarbeiten, über Erholung, Sorge für re. Der Generalrat wurde von vier auf die Gesundheit usw. einbezogen. sechs Mitglieder erhöht. Rom forderte zur endgültigen Approba- tion der Konstitutionen noch wegwei- 1912 sende Erläuterungen, die im sog. Weg- weiser festgelegt werden sollten. Wiederwahl von Mutter M. Aniceta und Die Gründung der Provinz Baden-Ho- Neuwahl von vier Generalrätinnen. henzollern wurde beschlossen. Anwesend war auch der ehemalige Spi- ritual Battaglia, der seit Jahren als Bi- schof von Chur für die Kongregation 1900 grosses Interesse zeigte. Mutter M. Aniceta lag vor allem die in- fand nur ein Wahlkapitel statt. Die Ka- nere Festigung der grösser werdenden pitularinnen wählten nochmals Mutter Kongregation am Herzen. M. Pankratia Widmer für sechs Jahre. Bischof Battaglia übergab dem Gene- Sr. M. Aniceta Regli wurde ihr als Gene- ralkapitel ein eigenes für die Kongrega- ralvikarin zu Seite gegeben. tion erarbeitetes Betrachtungsbuch, das bis 1954 offiziell allen Schwestern zur täglichen Betrachtung diente. 1906 Die Gründung der Provinzen Ungarn Im September fand das sechste Gene- und Slowakei kam ins Gespräch. ralkapitel in Ingenbohl statt. In einstim- miger Wahl wurde Sr. M. Aniceta zur dritten Generaloberin gewählt. Schon 1918 seit fünf Jahren erledigte sie zur Haupt- sache die Geschäfte der schwer er- konnte das Generalkapitel der politi- krankten Mutter M. Pankratia. schen Verhältnissen wegen nicht statt- Zur intensiven Vorbereitung auf das Ge- finden. neralkapitel schickte sie Fragebogen an alle Schwestern, deren Beantwortung ein Bild des inneren und äusseren Stan- 137
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