Theodosia - SCSC Ingenbohl
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Zeitschrift der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz Institut Ingenbohl CH-6440 Brunnen 135. Jahrgang Nr. 1/2020
Redaktionsteam: Schwester Christiane Jungo Schwester Edelgund Kuhn Schwester Verena Maria Oberhauser Schwester Elsit J. Ampattu Schwester Dorothee Halbach Adresse: christiane.jungo@kloster-ingenbohl.ch Layout und Druck: Triner Media + Print 6430 Schwyz Design: Schwester Gielia Degonda 2
Inhalt Theodosia 2020, 1 Titelbild 4 Das Instituts-Logo der Barmherzigen 35 Schwestern vom heiligen Kreuz Editorial 5 Sr. Gielia Degonda, Ingenbohl Sr. Christiane Jungo, Ingenbohl Es geschah unterwegs mit 39 Ankündigung des ersten General- 7 Menschen kapitels 1880 Sr. Clara Palfrader und Gemeinschaft von Zirkular von Mutter M. Theresia Scherer, Meran/Südtirol, Provinz Italien Generaloberin Aus unseren Provinzen und 43 Bericht über die Kongregation 10 Vikariaten 1882 Gründung der ersten indischen Bericht von Mutter M. Theresia Scherer, Provinz vor 50 Jahren Generaloberin Sr. Rosily Kolencherry, Provinzoberin der Provinz Indien Zentral Ein historisches Ereignis 14 Feier der 125-jährigen Präsenz der Mitteilungen der Generalleitung 44 Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz in Indien Eingegangen in Gottes 45 Sr. Lalita Ampattu, Provinz Indien Nordost Verheissung 2019 Mit Schwestern und Pilgern auf 19 dem Weg im Haus Ulrika Sabine Bergmann, Leiterin des Apostolats Schwester Ulrika in Hegne Mit Kreuzschwestern unterwegs 23 Beiträge aus Hegne D, Merill USA und Nova Iguaçu, Brasilien 3
Editorial Vom 11. August bis 9. September 2020 wird das 23. Generalkapitel unserer Ge- meinschaft abgehalten. Aus diesem Anlass druckt die «Theodosia» ein Zirkular vom 3. Mai 1880 ab, mit dem Mutter M. Theresia die Schwestern darüber infor- mierte, dass im August desselben Jahres das erste Generalkapitel stattfinden werde. Vorausgegangen war am 4. Dezember 1878 die Belobigung der Satzungen durch Papst Leo XIII. (approbiert 1897). Bei der Belobigung wurden in Rom etliche Veränderungen gefordert, u.a. dass alle sechs Jahre ein Generalkapitel einberufen werden müsse. Im Schreiben erklärt Mutter M. Theresia den Schwestern, wie das ganze Prozedere ablaufen werde. 140 Jahre später staunen wir, wie ein solches Ereignis ohne die technischen Möglichkeiten von heute angegangen wurde. Ent- nommen ist das Zirkular dem Band «Von der Not der Zeit getrieben» – Maria The- resia Scherer – Theodosius Florentini – Briefe und Schriften, Helvetia Francescana 45, 2016. Schreibstil und Schreibweise des Originals sind beibehalten. Die Fuss- noten sind etwas gekürzt. Als weiterer Text aus oben genanntem Buch ist ein Bericht abgedruckt, den Mut- ter M. Theresia 1882 verfasst hat: eine Übersicht über den damaligen Stand der Kongregation. Ein Stück Institutsgeschichte aus erster Hand! Die Schwestern der indischen Provinzen schauen in einem Jubiläumsjahr auf die 125 Jahre Präsenz der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz in Indien zu- rück. Ausdruck fand das Ereignis in vielen Formen des Erinnerns und des Dankens: «Ein historisches Ereignis». Seit 25 Jahren arbeitet Frau Sabine Bergmann im Apostolat der seligen Schwester Ulrika, seit drei Jahren als dessen Leiterin. Wie ihr Bericht zeigt, ist es in guter Hand: «Mit Schwestern und Pilgern auf dem Weg im Haus Ulrika». Ein grosser Teil der Beiträge der «Theodosia» gruppiert sich um die Aussage der Vision 2020: «Wir sind mit Menschen unterwegs und gestalten mit ihnen dynamisch und dialogisch Leben.» Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich den Schwes- tern verschiedener Provinzen und Vikariate Frauen und Männer angeschlossen, um mit ihnen einen gemeinsamen Weg zu gehen. Mitglieder des «Lebensbaums» aus Hegne, des «Samenkorn des Heiligen Kreuzes» aus Brasilien und Assoziierte aus der Provinz USA teilen mit uns persönliche Erfahrungen: «Mit Kreuzschwestern unterwegs». 5
Seit dem Jahr 2000 führt das Institut Ingenbohl ein Logo, das je nach örtlichen oder inhaltlichen Gegebenheiten angereichert werden kann. Gestaltet hat es die Grafikerin und Kunstschaffende Sr. Gielia Degonda in Ingenbohl. Die «Theodosia» zeigt auf, wie sie ihm im Laufe der Jahre je nach dem Motto des Anlasses eine neue Aussagekraft gegeben hat. Die Schwestern der Gemeinschaft in Meran, Provinz Italien, holten aus ihrem rei- chen Schatz der Erinnerungen besondere Erlebnisse hervor und erzählen sie unter: «Es geschah unterwegs mit Menschen». Unter dem Titel «Aus Provinzen und Vikariaten» erscheint der Beitrag «Gründung der ersten indischen Provinz vor 50 Jahren, Provinz Indien Zentral, am 15. Febru- ar 1970». Durch die «Mitteilungen der Generalleitung» erfahren wir von der Ernennung der neuen Provinzleitung der Slowakei. Angefügt ist eine kleine Statistik des Jahres 2019. «Eingegangen in Gottes Verheissung» sind im vergangenen Jahr 78 Mitschwestern. Mögen sie begleitet sein von unserem Dank und gesegnet von ihrem und unserem Gott! Sr. Christiane Jungo 6
Ankündigung des ersten ordentlichen Generalkapitels Gedrucktes Zirkular von Mutter M. Theresia Scherer an die Schwes- tern 3. Mai 1880 Ehrwürdige Schwestern! nen, und damit es auch jeder einzelnen Schwester möglich sei, von dem bei Seit Belobung unserer Statuten durch Anlass dieses Kapitels ihr zustehenden Se[ine] Heiligkeit Papst Leo XIII.1 ist be- Rechte, wenn sie es will, Gebrauch zu reits ein und ein halbes Jahr verflossen. machen. Ueber alle diese Punkte geben Diese Zeitfrist wurde, wie Sie wissen, die Constitutionen selbst Aufschluss, dazu benützt, die Constitutionen dru- namentlich im 2., 3. und 5. Kapitel des cken zu lassen und den Schwestern II. Theiles. Dennoch dürfte es, um allen mitzutheilen. Ferner musste man zu- Zweifeln vorzubeugen, erwünscht sein, nächst darauf Bedacht nehmen, dass wenn daraus Einiges hervorgehoben die Vorstände der einzelnen Provinzen und hier namhaft gemacht wird. statutengemäss bestellt wurden. Jetzt Was also den Ort und die Zeit des Ge- erst, nachdem Solches geschehen ist, neralkapitels betrifft, so fand man es für kann ein Generalkapitel abgehalten, die gut, das Mutterhaus in Ingenbohl und Wahl der Generaloberin und des Insti- den kommenden Monat August dafür tutsrathes vorgenommen und so die zu bestimmen. Den Vorsitz wird der Oberleitung der Congregation in jeder Hochwürdigste Diözesanbischof2 des Beziehung geordnet werden. Mutterhauses als Apostolischer Dele- Das gegenwärtige Circular hat nun den gat3 führen. Zur persönlichen und un- Zweck, die bevorstehende Abhaltung mittelbaren Betheiligung am General- des Generalkapitels den sämmtlichen kapitel sind aus den Professschwestern Schwestern anzusagen und bekannt zu die einen durch die Stelle, die sie in der geben, damit die einzelnen Provinzen Congregation bekleiden, andere dage- die nöthigen Vorkehrungen zu ihrer sta- gen durch getroffene Abordnung be- tutengemässen Vertretung treffen kön- rechtigt. Zu den ersteren gehören die 1 Leo XIII. = Vincenzo Gioacchino Pezzi (1810–1903), Pontifikat (1878–1903). 2 Franziskus Konstantin Rampa (1837–1888). 1878–1879 Kanzler u. Offizial des Bistums Chur, 1879–1888 Bischof v. Chur. Er enthob die Kapuziner v. ihrer seit 1623 vom Bistum anvertrauten Pfarreiseelsorge des Churer Hofes, was das Ende des Kapuzinerhospizes Chur u. das Ende der Betreuung der Grabstätte des hl. Fidelis v. Sigmaringen bedeutete (1623–1880). Gatz, Die Bischöfe, 591–592. HS I/1, 503 u. 531. HS V/2, 240–251. HLS 10, 81–82. 3 Apostolischer Delegat 7
heisst, alle diejenigen, welche das Recht haben, im Generalkapitel ihre Stimme abzugeben, werden über den Tag, an welchem sie sich im Mutterhaus einzufinden haben, frühzeitig in Kennt- niss gesetzt, und müssen den Empfang der an sie ergangenen Einladung schriftlich bescheinigen, damit diese vor dem Kapitel sich konstatiren und beweisen lasse. Ist eine wahlberechtig- te Schwester gehindert, persönlich zu erscheinen, so verliert sie das aktive Wahlrecht, das heisst, sie darf weder schriftlich ihre Stimme einsenden noch eine andere bevollmächtigen, in ihrer Stellvertretung zu stimmen. Hier mag auch diese andere Bemerkung ihre Stelle finden, dass nämlich die wahlbe- rechtigten Schwestern die diesjährigen Exercitien im Mutterhause machen und Mutter M. Theresia. Bild Archiv Generalat bei dieser Gelegenheit die Gelübde er- neuern können. Generaloberin, General-Rathsschwes- Was bisher gesagt wurde, bezieht sich tern, die Provinzoberinnen, die Novizen- auf die wahlberechtigten, also verhält- meisterinnen, die Lokaloberinnen jener nismässig nur auf wenige Schwestern. Häuser, in welchen wenigstens zwölf Weil die Einsendung von Stimmzeddeln Professschwestern wohnen; zu jenen verboten ist, so muss bei der jetzigen anderen aber gehören diejenigen, wel- Ausbreitung der Congregation die per- che in denselben Häusern von wenigs- sönliche Betheiligung der Schwestern tens zwölf Schwestern von diesen am Generalkapitel sehr eingeschränkt durch geheimes Skrutinium4 als ihre sein. Dennoch gestatten es unsere Sta- Repräsentantinnen gewählt werden. tuten jedem Mitgliede der Genossen- Alle wahlberechtigten Schwestern, das schaft, seine Wünsche und Vorschläge 4 Skrutinium = Prüfung aller Kandidaten auf ihre kanonische Eignung vor Zulassung zu Beauftragun- gen u. Weihen u. Professen mit geheimer Stimmabgabe. 8
einer zum Kapitel abgehenden Schwes- Pflicht halten, für den glücklichen Ver- ter schriftlich zu übergeben, damit die lauf des bevorstehenden Generalkapi- Angelegenheit, wenn sie der zur Vorbe- tels den Segen zu erflehen, damit es zur rathung aufzustellenden Kommission Wohlfahrt der ganzen Congregation als wichtig erscheint, im Kapitel zur Ver- seine wichtige Aufgabe mit kluger Um- handlung komme. sicht, in schwesterlicher Liebe und Ein- Das, ehrwürdige Schwestern, sind die tracht zu lösen im Stande sei. Punkte, welche ich bei Ankündigung Mit dem innigsten Wunsche, dass Sol- des Generalkapitels glaubte hervorhe- ches geschehen möge, seien schliess- ben zu sollen. Zur Ausführung dersel- lich alle Anliegen des Institutes der Für- ben werden die wohlerwürdigen Pro- bitte unserer heiligen Patrone empfoh- vinzoberinnen den Inhalt dieses Circu- len und dem Schutze des allmächtigen lars allen Schwestern ihrer Provinz zur vertrauensvoll anheimgestellt. r Kenntniss bringen, überhaupt alle no- thwendigen Vorkehrungen treffen und Ingenbohl am Feste der Kreuzauffin- die Namen der zum Generalkapitel dung5 1880 durch freie Wahl abgeordneten Schwes- tern beförderlich an den Vorstand des Die Generaloberin: Mutterhauses einsenden. Es werden Schw[ester] M. Theresia Scherer aber auch die ehrwürdigen Schwestern alle ohne Ausnahme es für ihre heilige Original: GenArchiv SCSC 02-104 5 Fest der Kreuzauffindung – 3. Mai 9
Bericht über die Kongregation Mutter Maria Theresia Scherer 16. Februar 1882 Kurzer Bericht Schlins, Vorarlberg, sind Eigenthum des Generalmutterhauses in Ingenbohl. Auf über die Congregation der barmherzi- alle übrigen Anstalten wurden die gen Schwestern vom heil[igen] Kreuze Schwestern theils durch die Gemeinde- in Ingenbohl, K[an]t[on] Schwyz, behörden, theils durch katholische Ver- Schweiz, gegründet durch den Hoch- eine berufen. würdigen Pater Theodosius Florentini 380 Schwestern haben ihren Wirkungs- O[rdo] Cap[pucinorum], Generalvikar kreis in den vom Generalmutterhause des Bisthums Chur und angefangen in abhängenden Provinzen: Böhmen, Ös- Chur, K[an]t[on] Graubünden, im Jahre terreich, Slavonien, Steiermark und 1852 unter Leitung genannten Gründers Mähren. als Superior und der jetzigen General- Die Provinz Böhmen wurde im Jahre oberin Schwester Maria Theresia Sche- 1860 gegründet. Die Sendung der ers- rer von Meggen, K[an]t[on] Luzern. ten Schwestern dahin geschah durch den Hochwürdigen Gründer des Institu- Im Jahre 1857 wurde das Mutterhaus tes P[ater] Theodosius selbst. Oberleu- von Chur nach Ingenbohl verlegt. Die tensdorf war der erste Ort der Wirksam- Congregation zählt jetzt 1071 Profess keit und wurde daselbst auch zuerst schwestern, von denen 691 im General- das Provinzhaus eingerichtet, welches Mutterhause in Ingenbohl und in den dann später nach Eger in der Prager-Di- dazu gehörenden Filialen in der Schweiz, özese verlegt wurde. Es sind in dieser im Grossherzogthum Baden, Königreich Provinz 73 Schwestern, die sich mit Preussen, in Tyrol, Savoyen und in Rom dem Schulunterrichte und der Kranken- thätig sind in Spitälern, in der Privatkran- pflege in Spitälern und Privathäusern kenpflege, in Armen-, Waisen-, Irren- befassen. Die Anstalt in Komotau, ein Strafanstalten und in Schulen. Töchterpensionat, ist Eigenthum des Die Privat-Waisenanstalt in Ingenbohl Provinzhauses in Eger, die Schwestern mit Buchdruckerei, das Kreuzspital1 in der übrigen Filialen wurden durch den Chur, das Töchterpensionat in Übers- Hochseligen Herrn Bischof Frindt [sic] dorf, K[an]t[on]Freiburg, die Anstalt von Leitmeritz, wie auch durch die Tit[u] Marienherberge in Meran, Süd-Tyrol l[ierten] Stadtbehörden berufen. und die projektierte Bewahranstalt ver- Die Provinz Ober-Österreich besteht wahrloster Kinder auf Jagdberg bei seit dem Jahre 1865 und wirken die 1 Theodosius Florentini eröffnete um 1850 zusammen mit Sr. Maria Theresia Scherer ein kleines Spital im Haus an der Planaterrastrasse/Reichsgasse in der Altstadt Chur. Das Spital wurde 1853 durch das Kreuzspital ersetzt. 10
Kloster Ingenbohl um 1880. Bild: Archiv Generalat Schwestern daselbst ebenfalls in Spitä- theils von den Obern, theils von Behör- lern, in der Privatpflege, in Erziehungs- den und katholischen Vereinen zum und Kinderbewahranstalten. Der Tit[u] Wohle der nothleidenden Menschheit l[ierte] Frauenverein von Linz berief die errichtet wurden. Eigenthum der Pro- ersten Schwestern für die Privatkran- vinz sind: das Provinzhaus und Landgut kenpflege daselbst. Bald aber dehnte mit Wohnung in Linz, die Anstalt der In- sich der Wirkungskreis der Schwestern dustrieschule und Privatkrankenpflege so aus, dass man mit Gutheissung des in Steyr und das Krankenhaus in Maut- Hochwürdigsten Herrn Bischofes2 in hausen, Oberösterreich. Linz ein Provinzhaus in eben dieser Die Provinz Slavonien, deren Provinz- Stadt erbaute. Die Provinz zählt jetzt haus in Diakovar ist, nahm ihren Anfang 166 Schwestern. Dieselben versehen im Jahre 1868 und es befinden sich in laut Schematismus3 35 Filialen, die derselben 28 Schwestern im Provinz- 2 Franz Joseph Rudigier (1811–1884). 1853–1884 Bischof v. Linz. Unter seiner Amtszeit wurden 1861 die Kreuzschwestern v. Ingenbohl im Bistum Linz eingeführt. 3 Schematismus = Verzeichnis der Schwestern u. Niederlassungen. 11
hause mit Pensionat und Spital und in thum der Provinz sind: das Provinzhaus der dazu gehörenden Filiale Aranyós in Bruck, mit der Idiotenanstalt in St. Maroth4 in Ungarn. Die Berufung der Ruprecht in dessen Nähe, das Dienst- ersten Schwestern geschah durch den mädchen-Asyl in Graz, die Rettungsan- Hochwürdigsten Herrn Bischof Stross- stalt in Rein und die Kinderbewahran- mayer5 daselbst. stalt in Aussee. Im Jahre 1870 wurde die Provinz Steier- In die Provinz Mähren kamen die ersten mark gegründet, in welcher gegenw Schwestern im Jahre 1872 durch die ärtig 62 Schwestern in Schulen, Spitä- gräfliche Familie Sternberg8 und wurde lern und in der Privatpflege thätig sind. dann später durch finanzielle Beihilfe Der Hochwürdige Herr D[okto]r Alexan- S[eine]r Eminenz, des Hochwürdigsten der Grillwitzer6, Prior und Dechant des Kardinals von Fürstenberg9 in Napagedl Cisterzienser-Stiftes Rein in Steiermark, ein Provinzhaus errichtet. Gegenwärtig berief die ersten Schwestern dieser wirken in dieser Provinz 51 Schwestern Provinz und zwar nach Rein, wo an- in Schulen, Erziehungsanstalten und in fänglich auch das Provinzhaus war, der Privatkrankenpflege. welches später nach Bruck an der Muhr Die dem Generalmutterhause in Ingen- verlegt wurde mit Zustimmung bohl unterstehenden Anstalten werden des Hochwürdigsten Herrn D[okto]r jährlich durch die Generaloberin oder Zwerger7, Fürstbischof in Graz. Eigen- im Verhinderungsfalle auch theilweise 4 Aranyos-Maroth: Spital, Gründung 1865 v. Pater Theodosius Florentini, gehörte zu Ungarn, aber slowakisch sprechende Bevölkerung, zuerst eigenständige Kolonie, 1869 der Provinz Slavonien zugeteilt, 1885 der Provinz Mähren, nach dem 1. Weltkrieg dem Vikariat Slowakei, 1927 der Pro- vinz Slowakei. 5 Strossmayer = Joseph oder Josip Juraj Strossmayer (1815–1905). 1849–1905 Bischof v. Đakovo/ Diakovar u. 1851–1905 Apostolischer Administrator v. Serbien. Am Vaticanum I war er schärfster Gegner der Infallibilitätsdefinition. Strossmayer befürwortete und unterstützte 1868 die Gründung der slavonischen Provinz der Kreuzschwestern aus Ingenbohl. Isenring, HF 42 (2013), 145f. 6 Alexander Grillwitzer OCist (1808–1900). Konventual Zisterzienserabtei Rein/Steiermark. Dort 55 Jahre Prior u. 53 Jahre Novizenmeister. Als Begründer der St. Josefsanstalt der Kreuzschwestern in Rein wurde er 1871 vom Seckauer Bischof Johann Baptist Zwerger zum Direktor der steieri- schen Ordensprovinz der Kreuzschwestern ernannt. Isenring, HF 42 (2013), 176–179. 7 Johann Baptist Zwerger (1824–1893). Priesterweihe 1831, 1862 Domprobst in Trient, 1867 Fürst- bischof v. Seckau. 8 Die Familie v. Sternberg ist ein böhmisches Adelsgeschlecht. 9 Friedrich Egon v. Fürstenberg (1813–1892) war 1853-1892 Erzbischof von Olmütz, seit 1879 Kar- dinal. 1882 half er bei der Gründung des Provinzhauses im Schloss Chorin, das ihm gehörte und zum Sitz der Kongregationsprovinz Mähren wurde. Er erbaute den Dom zu Olmütz. 12
durch eine von ihr beauftragte Schwes- Die Provinzialoberinnen werden von ter visitirt. dem Provinzial-Kapitel gewählt, verse- In den Provinzen nimmt die General- hen ihr Amt aber nur drei Jahre nach- oberin alle drei Jahre auf allen Filialen einander und weil diese Zeitfrist seit der einer jeden Provinz mit Ausnahme eini- letzten Wahl bereits abgelaufen, wird im ger wenigen Stationen die Visitation Laufe dieses Jahres 1882 eine Neuwahl selbst vor; jährlich aber werden selbe sämmtlicher Provinzial-Oberinnen vor- sämmtlich durch die Oberinnen der ein- genommen. r zelnen Provinzen besucht. Die Generaloberin wird alle 6 Jahre in Ingenbohl, den 16. Februar 1882 und von dem General-Kapitel gewählt, M. Theresia Scherer welche Wahl den 16. August 1880 unter Generaloberin der Leitung des Hochwürdigsten Diöze- Fotokopie: GenArchiv SCSC 02-223 san-Bischofes Franz Constantin Ram- Original: Bischöfliches Archiv Chur BAC, 271, pa10 von Chur stattgefunden hat. Mappe 92 10 Franziskus Konstantin Rampa (1837–1888). 1878–1879 Kanzler u. Offizial des Bistums Chur, 1879- 1888 Bischof v. Chur. Er enthob die Kapuziner v. ihrer seit 1623 vom Bistum anvertrauten Pfarrei- seelsorge des Churer Hofes, was das Ende des Kapuzinerhospizes Chur u. das Ende der Betreu- ung der Grabstätte des hl. Fidelis v. Sigmaringen bedeutete (1623–1880). 13
Ein historisches Ereignis Feier der 125-jährigen Präsenz der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz in Indien Sr. Lalita Ampattu, Provinz Indien Nordost Als im November 1894 die ersten vier Die Gemeinschaft der Kreuzschwes- Kreuzschwestern in Bettiah ankamen, tern, die sich über drei Jahrhunderte ahnte niemand, was aus diesem kleinen (19., 20., 21.) erstreckt, hat sich in ganz Anfang werden würde. Nun schauen die Indien ausgebreitet, um den Ausge- Schwestern dankbar zurück. Und sie grenzten zu helfen mit dem Motto «Das tun es mit vollem Herzen. Bedürfnis der Zeit ist der Wille Gottes». In den letzten 125 Jahren ist die Kon- Der eigentliche Festtag Die Barmherzigen Schwestern vom hei- ligen Kreuz feierten am 22. November 2019 in Bettiah, Bihar, ihre 125-jährige Mission in Indien. William D’Souza S.J., Erzbischof von Patna, zelebrierte zu- sammen mit sechs Bischöfen und 30 Priestern die Eucharistie, die der Höhe- punkt der Feier war. Die Generalrätin, Sr. Elsit Ampattu vom Mutterhaus in der Schweiz, vertrat die Generalleitung, und etwa 200 Kreuzschwestern aus fünf in- dischen Provinzen sowie die jetzigen und die ehemaligen Provinzoberinnen und andere Ordensleute aus Gemein- schaften aus der Umgebung waren Zeugen des historischen Ereignisses. Der 22. November 2019 wurde gewählt, weil an diesem Tag 1894 die ersten vier Kreuzschwestern, Sr. Lamberta Flamm, Sr. Patrona Bichler, Sr. Michelina Schrott Festlich geschmücktes Kreuz in der Kapelle mit und Sr. Chrysogona Thoma den Boden Bildern von P. Theodosius, Muster M. Theresia von Bettiah betraten. und den vier ersten Schwestern 14
Theresa Scherer, und die Pionierinnen eingesetzt haben. Danach wurde der Film «Compassio nate Mission» (Wachstum und Entwick- lung der indischen Mission 1894–2019) in der Klosterkapelle gezeigt. Sr. Lalita hatte ihn eigens für das Jubiläum ent- wickelt. Er ist eine Würdigung aller Kreuzschwestern, die je auf indischem Boden gearbeitet haben. Nach dem Dokumentarfilm führten die Postulantin- nen die Zelebranten mit einem wunder- schönen Tanz zum Altar für die heilige Messe. Die Kapelle war kunstvoll mit Sr. Pia Madathumkudiyil, erste und älteste indi- Blumen und Lichtern geschmückt. Von sche Schwester, mit ihrer Nichte, Sr. Mary Jose. den melodischen Gesängen von Sr. Ge- eta Allenchery und Pater Saji gingen in- gregation an vielen Orten Indiens zu und ausserhalb der Kapelle richtige einem blühenden Rebzweig geworden, Schwingungen aus. insbesondere in ländlichen und abgele- genen Regionen. Das unnachahmliche Der Erzbischof hob in seiner Predigt die Engagement der Schwestern erstreckt grossen Beiträge der Schwestern von sich auf 148 Niederlassungen in fünf früher und heute in den Bereichen Er- Provinzen mit 1048 Mitgliedern in 57 ziehung, Gesundheitswesen, Sozialar- Diözesen Indiens. beit, Betreuung der Waisen und Witwen Sr. Pushpita Chathamalil, die Provinz- hervor. Er würdigte auch den Anteil der oberin der Nordostprovinz, begrüsste Schwestern an der Gründung der Sa- mit Freude und Dankbarkeit die Ver- cred Heart Ordensgemeinschaft (die sammlung, zu der Erzbischöfe, Bischö- ersten Schwestern halfen am Aufbau fe, Priester und Kreuzschwestern ge- dieser Gemeinschaft mit). «Der Same, hörten. In ihrer Begrüssungsrede er- den die Schwestern in den Boden von munterte sie alle Kreuzschwestern, ihr Bettiah gesät haben, wuchs zu einem Leben den grossen Werten zu widmen, riesigen Banyan-Baum heran, der seine für die sich unsere Gründer, Pater Zweige bis in den abgelegenen Dörfer Theodosius Florentini und Mutter Maria Indiens ausbreitete», sagte Bischof Wil- 15
Erzbischof William D’Souza, Patna. liam D’Souza. Er dankte den Schwes- Auch Sr. Elsit wandte sich an die Fest- tern für ihren Einsatz und ihr Engage- versammlung: «Von Gottes Geist be- ment auf dem Gebiet der Mission der wegt, verbreiteten die Pionierschwes- Erzdiözese Patna und anderer indischer tern die Liebe und Güte Gottes an alle, Diözesen. (Der Banyanbaum hat einen insbesondere an die Waisenkinder und unregelmässig geformten kurzen an die armen Frauen, die unter ihrer Ob- Stamm und teilt sich bald in weit aus- hut standen.» Sie hatten keine Ahnung ladende Äste. Diesen Seitenästen ent- von den verschiedenen Kulturen, Spra- springen Luftwurzeln, die nach unten chen, Religionen, Kasten, Bräuchen wachsen und neue Stämme bilden und und Traditionen, die in Indien existier- die Krone stützen. Auf diese Weise ten, aber Gottes Güte floss aus den kann der Banyanbaum mit der Zeit eine Schwestern heraus. Bodenfläche von mehreren Hundert Quadratmetern einnehmen. Quelle: Le- Danach wurde der Jubiläumsbrief von xikon) Sr. Marija Brizar vorgelesen. Der Inhalt 16
Postulantinnen beim Arati. des Briefes war: «Wir möchten uns an maligen Provinzoberinnen mit einem die ersten Missionarinnen erinnern und Schal als Zeichen der Dankbarkeit und unsere erste Liebe zu unserer Berufung Liebe für ihre Unterstützung, Zusam- und Sendung als Barmherzige Schwes- menarbeit und Führung geehrt. tern vom heiligen Kreuz in uns wieder Auch eine köstliche Mahlzeit durfte aufleben lassen. Mit Freude möchten nicht fehlen. Danach kehrten die wir unterwegs sein zusammen mit de- Schwestern mit grosser Freude und nen, die uns anvertraut sind.» Am Ende Dankbarkeit zu ihren Gemeinschaften übergab Sr. Elsit Sr. Pushpita Chatha- zurück. malil einen lächelnden Engel, den sie aus dem Mutterhaus in Ingenbohl als Zeichen der Liebe, Verbundenheit und Verschiedene Aktivitäten im Unterstützung mitgebracht hatte. Jubiläumsjahr Nach dem Gottesdienst wurden die Erzbischöfe, Bischöfe, Generalvikare, Das Jubiläum war am 19. Februar 2019 Generalrätinnen, die jetzigen und ehe- in der St.-Theresa-Klosterkapelle, Bet- 17
Zudem lasen die Schwestern die Ge- schichte der Kreuzschwestern in Indien (A Mission of Compassion 1894–1995, verfasst von Sr. Laetitia E. Pauvath). Sie diente der Erneuerung ihres geistlichen Lebens. Schwestern aus allen fünf Provinzen pil- gerten nach Bettiah-Chuhari und bete- ten an den Gräbern unserer Pionierin- nen. Sie verbrachten auch einige Zeit Sr. Joseline E. Pauvath, erste indische Provinz- damit, die alte Chronik der Bettiah-Mis- oberin, und Sr. Puspita Chatamalil, Provinzobe- sion zu lesen, die von unseren ersten rin Indien Nordost Schwestern geschrieben wurde. So konnte vieles aus der Pionierzeit in tiah, mit einer Eucharistiefeier feierlich Champaran hervorgeholt werden. Sr. eröffnet worden durch Sushil Sah S.J., Jessy Mathew und die Gemeinschaft im Pfarrer von Bettiah, Sr. Serena Muttat- St. Theresa-Kloster und die Gemein- tumalayil, die ehemalige Provinzoberin schaften der Umgebung kümmerten von Indien Nordost, Sr. Jessy Mathew, sich trotz ihrer Aufgaben um die «Pilge- die Oberin, und die Schwestern der rinnen». Diese waren überglücklich, nahe gelegenen Gemeinschaften. dass sie das «heilige Land» Bettiah- Pater Sushil betonte: «Das Leben und Chuhari besuchen durften. die Sendung der Schwestern vom hei- ligen Kreuz hatten von Anfang an einen Wenn wir auf das vergangene Jahr zu- grossen Einfluss auf die Menschen in rückblicken, empfinden wir, dass es Bettiah durch Bildung und Heilung. Es eine Zeit der Erneuerung und des Se- genügt nicht, die Vergangenheit zu rüh- gens war: von Gnade erfüllte Tage. Wir men, sondern im heutigen Kontext auf sind sehr dankbar für alles, was wir mit die Schwestern vom heiligen Kreuz Gott und für die Menschen erreichen stolz zu sein und das Feuer brennen zu durften. «Mit und für Gott kann man lassen.» vieles», sagte Mutter M. Theresa Sche- rer. r Als Vorbereitung auf das Jubiläum be- teten alle Gemeinschaften ein gemein- Übersetzung: Anandi Parunthemplackel sames Gebet. 18
Mit Schwestern und Pilgern unterwegs im Haus Ulrika Sabine Bergmann, Leiterin des Apostolats Schwester Ulrika in Hegne «Wir stützen uns auf das Engagement und die Kompetenz aller unserer Mitarbeiter/-innen. In Zusam- menarbeit mit ihnen erfüllen wir unseren Auftrag», Leitbild, Barmherzige Schwestern vom heiligen Kreuz, Provinz Baden-Württemberg. Frau Bergmann ist vor 25 Jahren in den Dienst des Klosters Hegne getreten und leitet das Apostolat der seligen Schwester Ulrika. Auf der Suche tatsächlich dort landete und inzwischen auf 25 Jahre in Hegne zurückblicken Es war am 1. April 1995: Das Kloster kann. Seit drei Jahren leite ich sogar Hegne feierte kurz darauf sein 100- das Haus und jetzt, seit die Theodosius- Jahr-Jubiläum, als ich den Arbeitsver- Akademie besteht, das Apostolat Ulrika. trag mit dem Kloster Hegne unter- schrieb als Sekretärin im Haus Ulrika. Vorausgegangen war eine Zeit des ge- Sich vertraut machen genseitigen Kennenlernens und auf Probe, denn für mich und auch für die Anfangs gab es vieles, was mir fremd Schwestern war das etwas ganz Neues. war an der Verehrung Schwester Ulri- Ich war und bin immer noch evange- kas, überhaupt an der Tatsache, dass lisch, hatte zwar vom Kloster gelesen jemand seliggesprochen wird. Ich kann- und kannte es vom Vorbeifahren. Eine te sie gar nicht und sollte jetzt ein Teil Bekannte hatte mir auch schon von ihres «Bodenpersonals» in Hegne sein? Schwester Ulrika erzählt, und die Selig- Es gab so viele Fragen: Warum wenden sprechung 1987 war ja ein Ereignis, wo- sich Menschen mit ihren Anliegen an rüber natürlich ausführlich in der Zei- sie und nicht direkt an Gott? Warum tung zu lesen war. Doch dass mich das möchten sie Medaillons mit ihrem Bild einmal betreffen würde, hätte ich nicht oder berührte Leinenstückchen bei sich für möglich gehalten. Ich war auf der tragen? Warum beten sie die Novene, Suche nach einer neuen Arbeitsstelle, warum kommen sie in die Krypta? Was wo ich meine Erfahrungen im Bereich suchen und finden sie bei ihr? Die Ant- Touristik, Kultur, Sprachen und die worten kamen nach und nach, von den Freude am Umgang mit Menschen ein- Schwestern, aber vor allem auch von bringen konnte. Die Tante meines Man- den Menschen, die zu uns kommen. Ihr nes, Ordensschwester in Bühl/Baden grosses Vertrauen, die Verehrung die- (wo Schwester Ulrika auch gewirkt hat) ser einfachen Küchenschwester, der sie unterstützte mich und stellte den Kon- sich nahe fühlen, berührte mich. Sie takt zu Hegne her. So kam es, dass ich war eine Frau, die die Beziehung zu 19
Haus Ulrika, Hegne Gott – wie wenige sonst – erlebt und Sie war lange Jahre die Leiterin des gelebt hat, und das auch ausstrahlte. Hauses Ulrika. Wir teilen Freud und Leid Auf ihre unaufdringliche Art hat sich des Arbeitsalltags und können auch Schwester Ulrika auch in mein Leben über widrige Umstände zusammen la- geschlichen und wurde zu «meiner» Se- chen. Jede kann von der anderen sa- ligen, auch wenn ich weiss, dass es gen: «Wenn ich dich nicht hätte…» Alle letztlich Gott ist, in dessen Hand alles Schwestern, die ich in den Jahren ken- liegt. nengelernt habe, sind mir auf ihre Art ans Herz gewachsen, ich habe das Team im Haus Ulrika fast wie eine Fa- Erfahrungen milie empfunden und das Kloster Hegne als ein Stück Heimat. Dass ich Seit zwanzig Jahren schon ist Schwes- keine Schwester bin, war hier von An- ter Maria-Roswitha meine Bürokollegin. fang an nicht hinderlich, hat sogar oft 20
zu fruchtbaren Gesprächen geführt. Mit men. Die Bedürfnisse der Zeit und ihre Schwester Mirjam Oeschger aus Ingen- Wandlung haben wir gesehen und ver- bohl, die dreieinhalb Jahre bei uns war sucht, darauf Antworten zu finden. Im und die jetzt den Pilgerdienst Mutter Team arbeiten seit einigen Jahren nicht Maria Theresia in Ingenbohl leitet, bin mehr nur Schwestern mit. Wir gehören ich heute noch verbunden, und das seit Anfang des Jahres zur Stiftung nicht nur, weil wir ähnliche Aufgaben Kloster Hegne und bilden mit anderen haben. Und es ist beachtlich und be- zusammen die Theodosius-Akademie. wundernswert, dass die Schwestern in Im Haus Ulrika sind wir nicht mehr allei- einem Alter, in dem wir «freien» Mitar- ne. Die vorher hier wohnenden Schwes- beitenden längst in Rente sind, immer tern sind ausgezogen und es entstan- noch jeden Tag hier ihren Dienst tun. den Büros für neue Kollegen und Kolle- Ihnen gebührt ein grosses Dankeschön! ginnen. Das ganze letzte Jahr stand unter dem Zeichen Ausräumen, Umzug, Im Lauf der Jahre und Jahrzehnte hat Umbau, Veränderung und Neuanfang, sich vieles verändert, wir haben neue äusserlich und innerlich. Angebote für die Menschen entwickelt, da es immer weniger die klassischen Pilgergruppen sind, die zu uns kom- Ausblick Es ist absehbar: Bald geht, wie so vie- les, auch das Apostolat Ulrika in jünge- re Hände über. Und das ist gut so. Auch die nächsten Generationen werden zu Schwester Ulrika kommen, ihre Sehn- süchte verändern sich kaum. Sie wollen sich willkommen fühlen, wahrgenom- men werden, ein offenes Ohr finden, Sorgen abgeben können, zur Ruhe kommen, Kraft tanken, vielleicht neue Anregungen und Perspektiven für ihr Leben entdecken. Um dem gerecht zu werden, muss man ihre Sprache spre- chen. Es gibt auch neue Projekte: Zum Sr. Benedicta Maria Kramer, damalige Provinz- oberin, überträgt Sabine Bergman die Leitung Beispiel ist der Ulrikaweg in Planung: des Apostolats Schwester Ulrika einen Pilgerweg von ihrem Geburtsort 21
Team des Apostolats Schwester Ulrika Mittelbiberach nach Hegne in sechs Ta- zu Beginn des industriellen Zeitalters gesetappen erwandern! erkannt hat und verbessern wollte, und Schwester Ulrika, die gar keine «Ma- Hier im Haus reichen sich nun Pater cherin» war und doch so nachhaltig Theodosius und Schwester Ulrika die wirkte und wirkt. Sie passen, wie ich Hand. Der christliche Sozialreformer, finde, gut zusammen. r der die miserable Lage vieler Menschen 22
Mit Kreuzschwestern unterwegs Beiträge aus Hegne D, Merill USA und Nova Iguaçu, Brasilien Auf je neue Art wiederholt sich das Bild beim Propheten Sacharja: «In jenen Tagen werden zehn Män- ner aus Nationen aller Sprachen einen Mann aus Juda an seinem Gewand fassen, ihn festhalten und sagen: Wir wollen mit euch gehen; denn wir haben gehört: Gott ist mit euch.» (Sach 8,23). Auf den folgenden Seiten lesen wir von Frauen und Männern, die bewusst einen Weg mit den Kreuzschwes- tern gehen. Gemeinschaft «Lebensbaum» Bei den regelmässigen gemeinsamen Hegne Treffen mit der Gemeinschaft «Lebens- baum» in Hegne wachsen wir alle noch Ein Geschenk weiter zusammen. Jedes Mal gehe ich Als ich im September 2009 in die Ge- gestärkt und mit guten Impulsen nach meinschaft «Lebensbaum» kam, war Hause. Auch die Assisi-Fahrten, Wan- ich zurückhaltend und verschlossen. der- und Schweige-Exerzitien und der Zudem hatte ich gerade meine Mutter Jakobsweg mit einer kleineren Gruppe verloren, mit der ich sehr verbunden der Gemeinschaft «Lebensbaum» von war. Sie hatte mir den Glauben weiter- Hegne nach Brunnen in der Schweiz, gegeben. waren für mich sehr intensive Erfahrun- Die Gemeinschaft «Lebensbaum» gen. schenkt mir grosses Vertrauen. Ich bin Mein Glaube wurde sehr vertieft und ich so dankbar, dass ich mich vor gut zehn bin gemeinsam im Gebet mit der Ge- Jahren der Gemeinschaft angeschlos- meinschaft und den Schwestern vom sen habe, und dies ganz kurz vor mei- heiligen Kreuz in ihrer Spiritualität un- nem 55. Geburtstag. Wenn ich zu spät terwegs. Dies gibt mir unendlich viel gekommen wäre, hätte ich ganz viel Be- Kraft und Selbstvertrauen. sonderes und Wertvolles nicht erleben Inzwischen konnte ich mich auch eh- können. renamtlich im Kloster einbringen. Ein- Von Anfang an habe ich wahrgenom- mal in der Woche übernehme ich für ein men und gespürt, dass ich so sein darf, paar Stunden den Klosterpfortendienst. wie ich bin, mit meiner Sensibilität und Mir bedeutet das viel, weil ich gerne mit meinen Verunsicherungen. Ich wur- unter Menschen bin. Es ist auch ein de einfach angenommen und war nicht schönes Gefühl, näher mit den Schwes- mehr alleine, sondern gemeinsam un- tern zusammen zu sein. Ich spüre die terwegs. Schon bald habe ich mich öff- Dankbarkeit und Verbundenheit, wenn nen können und inzwischen bin ich sich gelegentlich Gespräche mit den auch mutiger geworden. Schwestern ergeben. 23
Für mich bedeutet die Gemeinschaft Sehnsucht blieb unerfüllt. So trat ich Lebensbaum: Lebensfülle und inneren vor zehn Jahren der Gemeinschaft «Le- Frieden. bensbaum» in Hegne bei. Ich wollte Es ist ein Geschenk. mehr dazugehören, enger verbunden sein. Inge Gödderz Der Kontakt mit den Schwestern in Her- ten blieb bis heute bestehen. So darf ich dort regelmässig mein Leben und Euch hat der Himmel geschickt das Gebet mit ihnen teilen. Ich schätze die tiefe Freundschaft, die in den letzten Euch hat der Himmel geschickt – ein 15 Jahren gewachsen ist. geflügeltes Wort, das treffender zu mei- Mit den Barmherzigen Schwestern vom nem Leben nicht sein könnte: heiligen Kreuz und der Gemeinschaft Nach längerem Suchen nach einem «Lebensbaum» verbindet mich das Ge- Thema für meine Diplomarbeit bin ich bet und der franziskanische Geist – bei auf die Geschichte meines Nachbardor- ihnen habe ich meine geistige Heimat fes gestossen, in dem vor genau 80 gefunden. Sie alle sind zu einem wich- Jahren 345 Menschen mit Behinderun- tigen Teil meines Lebens geworden, gen verschleppt und dann durch das den ich nicht missen möchte. Naziregime grausam ermordet wurden. Ich schätze es, mehrmals im Jahr nach Dies wollte ich genauer erforschen und Hegne zu fahren, um an den Treffen der kam mit der Archivarin, Schwester Isa- Gemeinschaft «Lebensbaum» teilzu- bella im St. Josefshaus in Herten (Ba- nehmen. In der Zeit dazwischen erlebe den), in Kontakt. Kurze Zeit später be- ich Gemeinschaft mit dem mittlerweile kam ich Gelegenheit, die Zeitzeugin kleinen Konvent im Josefshaus in Her- Schwester Astrid Ritter im Kloster ten. Gemeinsam sind wir auf dem von Hegne zu besuchen und zu interviewen. Gott geführten Weg und suchen immer Mir ging das Herz auf, als ich zum ers- wieder, was Nachfolge heute in dieser ten Mal das Klostergelände betrat. Lag Welt bedeuten kann. Berührt denke ich hier vielleicht meine Zukunft? Jahrelan- an die gemeinsame Fahrt nach Assisi ges Ringen um meine Berufung folgten im letzten Jahr. Dankbar kann ich auf dieser ersten Begegnung. Als Theologin die letzten zehn Jahre Gemeinschaft und Pastoralreferentin habe ich mittler- «Lebensbaum» zurückblicken, und ich weile meinen Platz als Christin in der freue mich auch über die Gebetspaten- Gesellschaft in der Nachfolge Jesu schaften und den Austausch in zahlrei- Christi gefunden. Aber irgendeine chen Briefen mit den Kreuzschwestern. 24
Symbolbild (Kirchendecke Kloster Ingenbohl): Dem Evangelium meine Farbe geben Und so kann ich voller Überzeugung Dogmen wurden aufgebrochen und der sagen: «Euch hat der Himmel ge- Glaube als etwas Lebendiges und Le- schickt.» bensförderliches entdeckt. Ich habe eine Ausrichtung und Wegwei- Anja Stetten sung für mein Leben erfahren. Trotzdem passiert es, dass mein Herz davonwan- dert und ich es zurückholen muss! Die In Bewegung Sehnsucht und unsere Treffen sind da- bei ganz hilfreich! Das Verständnis für Vieles wurde mir in den Jahren durch Rituale, Abläufe und Symbole der Kir- die Schwestern und ihre Spiritualität ge- che haben sich für mich teilweise neu schenkt: Öffnung, Sehnsucht und Wei- erschlossen, besonders die Bedeutung te im Denken und Glauben. Alte, fest- des Kreuzes. Das Hineingenommensein gefahrene Strukturen von Schwere und in dessen Dynamik. In all den grossen 25
und kleinen «Abschieden» im Alltag, in Gehen wir mit einem Lächeln und Ver- denen ich Erwartungen, Vorstellungen, trauen weiter «ohne Landkarte und Be- Wünsche und Sinnlosigkeiten, aus ver- scheid wissen wollen über Gott.» (M. D) änderten Gegebenheiten, loslassen musste. Das ist ein unausweichlicher M. W., Mitglied seit 2005 und meist schmerzlicher Prozess. Durch ihn kommt das Umdenken je- doch erst in Bewegung und die sehn- Herausforderung und Geschenk süchtige Suche nach neuen Möglich- keiten des Weiterlebens! Seit gut 20 Jahren bin ich mit der Ge- Die vielen ganzheitlich gestalteten und meinschaft «Lebensbaum» und den lebhaften Treffen, Auseinandersetzun- Kreuzschwestern aus Hegne auf einem gen mit Themen, Gespräche und Be- Glaubensweg. gegnungen mit den verschiedensten Diese lange Zeit in Anbindung an das Persönlichkeiten der Schwestern und Kloster, die Schwestern mit ihrer beson- Mitglieder erfahre ich als grosse Berei- deren Spiritualität und die Gemein- cherung, Anregung und Herausforde- schaft von Männern und Frauen, die mit rung. An Herausforderungen und Hi mir auf diesem Weg sind, haben Spuren neinwachsen mangelt es nicht: eine hinterlassen. Das Kloster Hegne bedeu- Gebetszeit im Alltag festzulegen, das tet mir Heimat im Glauben, Stärkung «Bedürfnis der Zeit» und Barmherzig- meiner Glaubenshaltung, aber auch keit zu leben, Gott zu vertrauen und die Auftrag, lebendig und hoffnungsvoll den Grenzen des Machbaren anzuerkennen, Glauben dort zu leben, wo mein alltäg- spirituell mit dem Kloster verbunden zu liches Leben stattfindet, in Familie, Be- sein und «ausserhalb» umzusetzen … ruf und Gemeinde. Da hilft mir meine Familie, erdig zu blei- Die Verbindung zum Kloster und der ben, indem sie mir klare Rückmeldun- Gemeinschaft ausserhalb der gemein- gen kommuniziert, wenn die Sprache samen Zeiten besteht für mich im Ge- und Gedanken ihrer Mutter unverständ- bet und in Gedanken an Weggefährten lich wirken. und Schwestern. Besondere Paten- Mit Dankbarkeit schaue ich auf die vie- schaften mit Einzelnen aus der Gemein- len Bewegungen durch die vielfältigen schaft und der Gruppe der Schwestern Schwestern. Wir alle sind einfach nur intensivieren diese Verbindung. Immer Menschen, unvollkommen und entwick- wieder gibt es auch die Möglichkeit, lungsfähig. Wir alle bedürfen der ge- durch Mithilfe bei besonderen Veran- genseitigen Barmherzigkeit. staltungen im Kloster die Verbindung zu 26
diesem für mich besonderen Ort durch tatkräftige Hilfe lebendig werden zu las- sen. Besonders geprägt haben mich bis heute die Offenheit der Schwestern und ihre lebendige Spiritualität, die absolute Freiheit, meinen individuellen Weg ge- hen zu können und die Möglichkeit, auch in Zeiten von Zweifel und Krisen einfühlsam, weltoffen und zugewandt begleitet zu werden. Es war in den ersten Jahren in Hegne durchaus auch schwierig für mich, Stil- le und häufige Gebetszeiten mit der Ge- meinschaft und den Schwestern aus- und durchzuhalten. Welche Kraftquelle Symbolbild: Einander Licht geben (Bild aus Gebet und Stille sein können, erschloss dem Internet) sich mir erst allmählich. Die Gemeinschaft der Menschen, die ligen Kreuz in der ersten Primarklasse im «Lebensbaum» gemeinsam unter- kennengelernt, als die Schwestern vor wegs sind, ist bunt und vielfältig. Dies 55 Jahren in ihrer Schule unterrichteten. ist Herausforderung und Geschenk Neben dem altersgerechten Unterrich- gleichzeitig und bedeutet für mich per- ten merkte Barbara, dass die Schwes- sönlich, auch das Reflektieren und tern den Schülern die Werte des 2. Va- Überdenken meiner Haltung und Wahr- tikanums beigebracht haben. Das 2. Va- nehmung. tikanum ermächtigte die Laien, mehr Verantwortung zu übernehmen. Und die Sylvia Fiedler Schwestern haben Barbara als junge Erwachsene ermutigt, sich in Liturgie, Musik und im Pfarreileben zu engagie- ren. Assoziierte Provinz USA Heute sind Barbara und ihr Mann Ric Vom Geist Gottes bewegt Assoziierte der Barmherzigen Schwes- Die Assoziierte Barbara Johnson hat tern vom heiligen Kreuz. Im Berufsleben die Barmherzigen Schwestern vom hei- mussten sie übersiedeln und deswegen 27
die Pfarrei wechseln. Ihre Beziehung zu Schwesterngemeinschaft durch Diens- den Schwestern blieb aber beständig te und Gebet verbunden. Einmal im Mo- als geistliche Gegenwart und als Weg. nat mache ich eine 30-minütige An Diese Beständigkeit hat ihnen geholfen, betung. Mein Anteil an der weltweiten ihren geistlichen Weg zu entwickeln und Anbetung der Kreuzschwestern ist für aufrechtzuerhalten. mich etwas sehr Kostbares. Ich verbrin- ge eine ruhige Zeit mit dem Herrn, bete Sie schätzen es sehr, dass sie eine tie- das Stundengebet und denke an jede fere Beziehung zu einer Schwester ha- einzelne Schwester, die ich mir im Geist ben, damit sie zusammen den Weg wei- vorstelle. Da ich in einer Pfarrei arbeite, tergehen können, sowohl geistlich als ist die Anbetungskapelle nur ein kleiner auch gesellschaftlich. Sie sind Zeugen, Spaziergang von meinem Büro entfernt. wie die Schwestern franziskanische Unterwegs begegne ich immer wieder Werte und ihr Charisma leben, und wer- Menschen aus der Pfarrei, aber da den durch sie inspiriert, das Gleiche in mahnt mich mein Handy an meine Ver- ihrem Leben und ihren Beziehungen zu pflichtung, denn die Zeit mit dem Herrn tun. hat für mich Priorität. Obwohl jeweils Sie schätzen die Verbindungen mit den nach meiner Rückkehr die Arbeit nicht Schwestern – regional, national und weniger geworden ist, gehe ich nach international. Solche Beziehungen feh- der Anbetung gelassener an sie heran. len in ihrer Pfarrei, um Dienste und Auf- gaben wahrzunehmen. Diana Maki Eine gegenwärtige Herausforderung ist, dass sie geografisch weit von Merrill entfernt sind. Sie hoffen, dass die Tech- Miteinander verbunden nologie der Kommunikation noch wei- terentwickelt wird, damit mehr Kontak- Das Jahresmotto «Von Gottes Geist be- te möglich werden. wegt mutig auf den Weg» zeigt mir auf schöne Art die Beziehung und Verbin- Richard und Barbara Johnson dung zwischen Schwestern und Asso- ziierten. Die Erfahrung und Begleitung der Schwestern gaben uns die Kraft «Satelliten»-Assoziierte und den Mut, mit Johns Krankheit um- zugehen. Er hat im Endstadium Alzhei- Ich nenne mich eine «Satelliten»-Asso- mer. Ein Priester sagte zu ihm: «John, ziierte. Als solche bin ich mit der du bist ein lebendiges Glaubenszeug- 28
nis.» Ich sage ihm jetzt öfters, wenn es in unserer Kirche anzunehmen. Dienste so weit ist, wird Jesus dich sofort mit kann ich übernehmen, weil John seine offenen Armen zuhause aufnehmen. Zeit in einem sehr guten Tageszentrum Seine Fegefeuer-Erfahrung macht er für Demenzkranke verbringt. hier und jetzt. Wie unsere Schwestern, Mit meiner Familie pflege ich nach wie so gehen wir mit unserer veränderten vor den Lourdes-Garten unserer Pfar- Lebenssituation um und passen uns auf rei. Unsere Pfarrei hat eine Patenschaft sinnvolle, lebensbejahende Art an sie mit einer Pfarrei in Honduras. Christen an. aus dieser Pfarrei wollten Bilder von uns Es wäre einfach zu sagen: Mehr kann im Lourdes-Garten machen. So haben ich nicht tun. Aber auch hier gibt mir wir die Möglichkeit, unseren Glauben das Beispiel unserer älter werdenden mit anderen zu teilen, während wir im Schwestern und Assoziierten die Ein- Garten arbeiten. sicht, dass ich doch noch mehr machen Meine anspruchsvollste Aufgabe war kann. Das gibt mir die Kraft, Aufgaben die Übernahme einer Gruppe, die sich Symbolbild (Gaukler, Stadtpark St. Gallen): Das Leben teilen 29
«lebendige Geschichte» nennt in der St. Familien die Möglichkeit, günstige Häu- Mary’s School. Die Schule selbst wurde ser zu bekommen, älteren Menschen vor drei Jahren geschlossen. Es war die die Gelegenheit, in ein kleineres Haus älteste katholische Schule in Wisconsin zu ziehen und ihren Besitz zu verrin- und die drittälteste in den Vereinigten gern. Für uns war der Umzug der Staaten. Jetzt wird dort noch Religions- Grund, Kisten voller kleiner und grosser unterricht angeboten für Schüler/-innen Gegenstände zu sortieren und die Ent- vom Kindergarten bis zur 12. Klasse. scheidung zu treffen, was wir verschen- Für mich war es wichtig, dass die jun- ken und was wir behalten wollten. gen Menschen merken, dass die Ge- Wir entschieden uns zuletzt, in eine schichte mit Jesus weitergeht. Zweizimmer-Eigentumswohnung zu zie- Obwohl wir nicht nach Merrill fahren hen. Das verringerte unseren Besitz können, wird unsere Beziehung zu den und vereinfachte unser Leben. Es war Schwestern jeden Tag gestärkt, weil wir eine Herausforderung, uns von materi- füreinander beten. Wir halten Kontakt ellen Dingen zu trennen. So schwierig innerhalb der Provinz und auch interna- es auch war, es half uns, das Wichtige tional. in unserem Leben nach Prioritäten zu ordnen. Wir konnten auch vielen Men- Mary und John Bartol schen in Not helfen, indem wir ihnen Sachen schenkten. Unser kleines Zuhause in Wausau, Wis- Einfacher werden consin, gab uns die Möglichkeit, ande- ren zu helfen. Dies gab uns zudem die Ob man es «Downsizen» nennt oder Gelegenheit, unsere «Sorge für die «seinen Verhältnissen entsprechend Erde» weiterzuentwickeln. Wir bekamen leben», es scheint, dass im Älterwer die Chance, einen zweijährigen Chi den einfache Sachen eine neue Bedeu- huahua (Hunderasse) von einem Tier- tung bekommen. Als Assoziierte der heim zu adoptieren. Er hat die Stürme Schwestern vom heiligen Kreuz versu- in Texas von 2018 überlebt, heisst Lu- chen wir, dem Beispiel des heiligen cky und macht uns sehr viel Freude. Wir Franziskus von Assisi zu folgen und haben mit einem Entsorgungsplan in unser Leben einfacher zu gestalten. Wausau begonnen, damit wir dem Tier- Als wir vor 20 Jahren nach Merrill über- heim ein wenig helfen können. Jede siedelten, kauften und renovierten wir Woche sammeln wir Aluminiumdosen. einige kleine alte Häuser. Das bedeute- Mit dem Erlös der Sammlung können te neues Leben für die Häuser und gab wir die Tiere im Heim unterstützen, die 30
auf ein neues Zuhause warten. Leute, den Wunsch, etwas über das Leben die in unserem Wohnblock wohnen, ha- und die Motivation der Schwestern in ben nun gemerkt, dass Entsorgen nur ihrer Missionsarbeit zu erfahren. Sie einige Minuten pro Tag braucht und hatten sie bei ihrer Pastoral- und Sozial- doch eine wichtige Rolle spielt. Spazier- arbeit beobachtet und wollten mehr gänge mit unserem kleinen Chihuahua über sie wissen. Sie hatten erlebt, wie machen uns weiter aufmerksam auf die sie ohne Unterschied der Klassen und Schönheit der Natur und die Notwen- Religionen den Menschen helfen, und digkeit, den Abfall zu sammeln. dazu noch, ohne daraus ein Aufheben Unsere Herausforderung als ältere As- zu machen. Sie folgten einfach in Treue soziierte ist ähnlich mit jener der zu Christus dem Evangelium, wie es die Schwestern. Wir haben auch wenig Gründer des Institutes, Pater Theodo- Energie, um bei grösseren Projekten sius Florentini und Mutter Maria There- mitzumachen, aber einfache, kleine Sa- sia vorgelebt hatten. Es war schlicht chen machen nach wie vor einen Unter- und einfach ein Leben mit dem Ruf der schied. Manchmal ist es nötig, einen Gnade, gestützt auf die franziskanische Schritt zurückzugehen und unser Leben Spiritualität und das Gebet. Pater Theo- zu entrümpeln, um das Eigentliche zu dosius und Mutter Maria Theresia erleben, das wir anderen weiterschen- wünschten, dass die Schwestern davon ken. Zeugnis geben. So kam es, dass sich eine kleine Grup- Carol und Russ Mancini pe Erwachsener versammelte und zu- sammen mit Sr. Gabriella Di Mauro ei- nen Weg suchte. Es war zunächst ein 10 Jahre «Samen des Heiligen freundschaftliches Teilen. Mehr und Kreuzes» – Assoziierte der mehr führte dies zum Kennenlernen Kreuzschwestern, Brasilien unseres Charismas und des Lebens unserer Ordensgründer und unserer se- Sr. Lidia Boito, seit 2017 Begleiterin der Assozi- liggesprochenen Mitschwestern, Sr. Ul- ierten in Santa Rita, Nova Iguaçu, RJ, Brasilien rika Nisch und Sr. Zdenka Schellingová. Auch die Texte der Pastoral- und Sozi- Anfänge der Gruppe allehre der lokalen und universalen Kir- Anfänglich waren es einige Frauen und che gaben Orientierung. Der Auseinan- Männer, die an der Pfarreigemeinschaft dersetzung und dem Austausch in der mehr oder weniger teilnahmen. Andere Gruppe folgten Überlegungen, wie sie äusserten schon seit einigen Jahren als Getaufte ihren Verpflichtungen in 31
Symbolbild (Abendgebet in Hegne): Miteinander beten der Pastoralarbeit, in ihrer Familie und und in der Kirche. Das persönliche Ge- im beruflichen Umfeld gerecht werden bet hilft ihnen, als Getaufte zu leben könnten. und in der Gesellschaft vom Glauben Im Jubiläumsjahr 2016, «60 Jahre Kreuz Zeugnis zu geben durch gelebte Werte schwestern in Brasilien», haben 12 Mit- und die entsprechenden Haltungen: glieder ein Versprechen abgelegt, ge- Gemeinschaftssinn, geschwisterliches stützt auf die franziskanische Spiritua Teilen, Einfachheit ohne Aufsehen, Un- lität und die unseres Institutes. Die terstützung anderer in schwierigen fa- Richtlinien dafür haben sie gemeinsam miliären und finanziellen Situationen, als mit den Schwestern ausgearbeitet. Die Erzieher und Lehrer in der Schule blei- Generalleitung hat sie alsdann gutge- bende Werte vermitteln, Motivierung für heissen. Sie sind «Assoziierte der eine Friedens- und Gerechtigkeitskultur, Kreuzschwestern» geworden und ha- Besuche bei alten, einsamen und kran- ben sich selbst den Namen «Samen ken Menschen, das sind Zielsetzungen, des Heiligen Kreuzes» gegeben. Immer die nicht ohne Auswirkung auf die je- mehr spüren sie, dass das Gebet not- weilige Umgebung bleiben. Je nach wendig ist, das Gebet am Beginn der Möglichkeit ihrer verfügbaren Zeit set- Versammlungen, in der eigenen Familie zen sie sich als Freiwillige in der Pasto- 32
ral- und Sozialarbeit ein. Diese Begeg- Sr. Gabriella Di Mauro (Leiterin der Gruppe von nungen sind auch Zeugnisse, wodurch 2010–2017) neue Freundschaften entstehen. So hat ein Ehepaar auf diese Weise nach Diese zehn Jahre sind so schnell ver- Überlegung und Gebet gebeten, in die gangen, dass ich es gar nicht merkte. Gruppe aufgenommen zu werden. Der Heilige Geist war voll gegenwärtig, und ich spürte die Freude und das Im Jahr 2018 wurden unsere Assoziier- Glück, dieser Kongregation anzugehö- ten mehrfach sehr erschüttert. Neide ren. Es war die Verwirklichung eines Moreira, eine der ersten, kam bei einem Traumes. Ich bin glücklich, ein «Samen- Strassenunfall ums Leben. Bei anderen korn vom Heiligen Kreuz» zu sein, und Mitgliedern gab es schwere Krankhei- dafür danke ich jeden Tag. Ich danke ten, Operationen, Probleme in der Fa- nicht nur für mich, sondern für jede und milie und andere schmerzliche Situatio- jeden von uns. Ich möchte treu bleiben, nen. Bei einem Mitglied war das Weg- solange Gott mich leben lässt, und ich gehenmüssen aus der Gruppe, bedingt zähle auf ihn. In unserer Kirche «Christ- durch den Arbeitsplatz, ein grosser König» beten wir am 16. jeden Monats Schmerz. Sie helfen und unterstützen um Berufungen. Auch als Gruppe ver- sich gegenseitig und teilen miteinander pflichten wir uns, an diesem Tag auf die das Schöne und das Leidvolle. Fürsprache von Mutter Maria Theresia um Berufungen zu bitten. Für uns Schwestern ist es eine Erfah- rung der gelebten Vision 2020 für die Maria Gomes Gesamtkongregation: «Mit den Men- schen unterwegs sein und mit ihnen Ich, Olinda, wurde zur Teilnahme an der das Leben gestalten.» Gruppe «Samenkorn vom Heiligen Kreuz» gerufen. Ich entdeckte in mir den Wunsch, meine Taufe immer inten- Einige Zeugnisse siver zu leben, indem ich dem helfe, der meine Hilfe braucht, und ich mehr Glau- Was Gott zulässt, das segnet er auch. be, Geduld und Mut habe, das Wort Es ist mir eine grosse Freude zu sehen, Gottes zu verkünden. Ich lebe meine wie die Einzelnen in der Kenntnis unse- Berufung mit meiner Familie und mei- res Charismas und unserer Spiritualität nen Brüdern. Ich möchte auch treu und wachsen und in der Verantwortung da- gehorsam sein. raus das Leben gestalten. Olinda Domingos dos Santos 33
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