Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg

 
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Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
Ausgabe Nr. 11/2018 | November | www.adventisten-heute.de | ISSN 2190-0825

adventisten                              Die Zeitschrift der
                        S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n   heute
 Generation Y
 Seite 7

 Schläge –
 ein Zeichen der
 Hilflosigkeit
 Seite 18

 Sich wie
 Paulus in
 die Menschen
 hineinversetzen
 Seite 22

 Tod und Trauer
 ab Seite 8
Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
N e u e         B ü c h e r            d e s           A d v e n t - Ve r l a g s    L ü n e b u r g

Impulse für Mission und Theologie
Die Gesellschaft verstehen                                                             Ottmar Wander
                                                                                       Ich bin allen

W     ie lässt sich die christliche Botschaft für die                                  alles geworden
                                                                                       Gesellschaftliche Milieus und
      Menschen des 21. Jahrhunderts relevant prä-                                      ihre Relevanz für die Mission
sentieren? Die gegenwärtige Bevölkerung ist besser                                     ca. 160 Seiten,
erforscht als je eine andere zuvor. Einen sehr guten                                   Paperback, 14 x 21 cm
Beleg hierfür bieten die aufschlussreichen Studien                                     22,00 Euro (18,00 Euro für
des Heidelberger Sinus-Instituts®. Es gruppiert die                                    Leserkreismitglieder),
                                                                                       Art.-Nr. 1973.
Gesellschaft anhand ihrer Werteorientierung in zehn
unterschiedliche Milieus und wird so zu einem nütz-
lichen Hilfsmittel für jeden, der seine Mitmenschen
besser verstehen möchte.                                                                         *
Dieses Buch behandelt u.a. diese Fragen:
• Wie passt der Glaube zu den verschiedenen Le-
   benswelten?
• Welche Milieus sind bevorzugt im Christentum

                                                                                                                   * Weitere Infos wie Inhaltsverzeichnis oder Leseproben sind auf www.advent-verlag.de abrufbar.
   vertreten und warum?
• Was sagt die Bibel zum Thema „Anpassung an
   andere Milieus um des Glaubens willen“?
• Welche kulturellen Sprachen gibt es gegenwärtig
   und welche davon sollten Adventisten in der Zu-
   kunft sprechen können?
                                                                                       Advent-Verlag

                                                                                                                   Der QR-Code führt Smartphones direkt zur Internetseite des Buches.
                                                                                       Lüneburg (Hg.)

Prüfet aber alles …                                                                    Glauben heute 2018
                                                                                       Theologische Impulse

D
                                                                                       128 Seiten,
    ie Aufsatzsammlung Glauben heute erscheint
                                                                                       Paperback, 14 x 21 cm
    jährlich mit aktuellen Beiträgen zu theologischen                                  10,00 Euro (8,00 Euro für
und zeitbezogenen Themen. Sie hat das Ziel, Glau-                                      Leserkreismitglieder),
bens- und Wissensfragen zu vertiefen sowie theologi-                                   Art.-Nr. 1975.
sche Diskussionen zu begleiten und anzustoßen.
In der aktuellen Ausgabe geht es um folgende The-                                                *
men:
• Sind Siebenten-Tags-Adventisten Pazifisten? (Hol-
  ger Teubert)
• Die Rolle Ellen Whites bei der Bibelauslegung
  (Denis Kaiser)
• Zur Forschungsfreiheit an adventistischen Hoch-
  schulen (René Gehring)
• Amos und die soziale Verantwortung (Timo Grebe)
• Die Wirklichkeit der Wiederkunft Christi (Lothar
  Träder)
                                                                                   Leserkreis-
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Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
editor ial | i nhal t

                                    Hoffnung durch Vertrauen                                                                                  aktuell | Report
                            Das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung
                            meldete sich eine Pflegerin des AWW-Seniorenheims                                                                 4 STA-Kurznachrichten / Adventistische
                            Uelzen. Sie teilte mir mit, dass meine Mutter in der                                                                 Bekenntnisschule in Nürnberg eröffnet
                            Nacht friedlich eingeschlafen sei. Diese Nachricht                                                                5 Aus der Arbeit des AWW-Hospiz Friedensberg /
                            traf mich nicht unvorbereitet, ich rechnete aufgrund                                                                 Videoclips und Zusatzmaterial für die Gebets-
                            ihres Gesundheitszustandes mit ihrem baldigen Able-                                                                  woche 2018
                            ben. Bevor sie vom Bestatter abgeholt wurde, konnte                                                               6 Report: Impulsgeber und „digitale Kirche“
                            ich sie noch einmal sehen. Sie lag mit geschlossenen                                                                 (70 Jahre STIMME DER HOFFNUNG)
                            Augen in ihrem Bett und sah tatsächlich aus wie
eine Schlafende. Nur die Leichenstarre und die fehlende Atmung verrieten, dass
sie nicht mehr lebte. Unzählige Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse gingen                                                                  Kolumne
mir durch den Kopf. Tränen schossen in meine Augen. Aber die Trauer war
durchsetzt mit Hoffnung, denn meine Mutter war im festen Glauben an ihren                                                                     7 Generation Y (Elisabeth Schoft)
Erlöser Jesus Christus gestorben. Deshalb haben wir auf ihrem Grabstein den
Satz eingravieren lassen: „Hier ruht Erna Lobitz bis Jesus wiederkommt“.
                                                                                                                                              Thema des Monats:
   Dieses Ereignis liegt über fünf Jahre zurück, die Trauer ist längst verflogen,
                                                                                                                                              Tod und Trauer
doch die Erinnerung an sie lebt weiter. Und bei jedem Moment des Andenkens
bin ich froh über die Hoffnung, die wir als Christen haben: Der Tod ist nicht
das Ende, Jesus wird uns auferwecken, wenn er kommt. Auf seine Zusage und                                                                     8 „Schon mehr als zur Hälfte auferstanden“
seine eigene Auferstehung gründet sich diese Hoffnung. Wir hoffen, weil wir                                                                      (Dietmar Päschel)
Gott kindlich vertrauen, dass er sein Versprechen einlöst. Durch dieses schlich-                                                             10 T
                                                                                                                                                 ränen, Trost und Hoffnung (Sylvia Renz)
te Vertrauen werden wir gerettet (s. auch das Thema des Monats März 2018).                                                                   12 Wohin mit meinem Schmerz? (Sylvia Renz)
Und es ist ein großes Vorrecht, in diesem Vertrauen zu leben und nicht erst                                                                  14 Durch Zuhören Lasten mittragen
kurz vor dem eigenen Tod oder dem eines lieben Angehörigen mal eben schnell                                                                      (Interview mit Aristide Proksch, Leiter des
ein paar hoffnungsvolle Worte zugesprochen zu bekommen. So kann sich die                                                                         ambulanten AWW-Hospizdienstes in Berlin)
Hoffnung entfalten und im Laufe der Zeit immer tiefere Wurzeln in unsere Her-
zen schlagen. Sie ist nicht irgendwie esoterisch-schwammig auf eine rätselhaf-
te Weiterexistenz im Jenseits ausgerichtet, sondern auf ein konkretes Ereignis
                                                                                                                                              Adventgemeinde aktuell
(die Auferstehung) und auf eine Daseinsform, die laut biblischem Zeugnis der
Unsrigen entspricht, nur unverweslich, sündlos und ewig.                                                                                     15 Maranatha-Flagge zeigen / Buchevangelisten-
   Gleichwohl ist die seelsorgerliche Begleitung sterbender und trauernder                                                                       Familientagung in Freudenstadt
Menschen ein enorm wertvoller Dienst. Denn kurz vor dem Tod können auch                                                                      16 Lesermeinungen
bei noch so gläubigen Menschen Ängste und Zweifel auftreten. Und Angehö-
rige – seien sie gläubig oder nicht – werden stets um ihre Lieben trauern und
sind gewiss dankbar für ein offenes Ohr. Die Beiträge zum Thema dieses Monats                                                                 Die Novemberausgabe von Adventist World
wollen dazu ermutigen und auch unsere Auferstehungshoffnung stärken.                                                                          besteht aus den Lesungen zur Gebetswoche
                                Thomas Lobitz, Chefredakteur Adventisten heute                                                                für Erwachsene und Kinder. Weil diese im
                                                         tl@adventisten-heute.de                                                              deutschsprachigen Raum in zwei separaten
IMPRESSUM
adventisten heute | ISSN 2190-0825                                                                                                            Heften erscheinen, entfällt Adventist World
Herausgeber: Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten (117. Jahrgang)                                                                        diesmal. (Siehe auch S. 5.)
Verlag: Advent-Verlag GmbH, Pulverweg 6, 21337 Lüneburg,
E-Mail: info@advent-verlag.de,
Internet: www.advent-verlag.de; www.facebook.com/adventverlag
Redaktion: Thomas Lobitz (Chefredakteur, tl), Jessica Schultka (js),
Nicole Spöhr (nsp), Daniel Wildemann (dw). Adresse: siehe Verlag;
                                                                                                                                              Freikirche aktuell
Tel. 04131 9835-521. E-Mail: info@adventisten-heute.de,
Internet: www.adventisten-heute.de
                                                                                                                                             17 Das Böse – und das Schweigen der Mehrheit
                                                                                                       © MashimaraPhoto / Shutterstock.com

Formatanzeigen: oKae media, Martin Haase, Postfach 100403,
51404 Bergisch Gladbach, Tel. 02204 917075, Fax 02204 917072,                                                                                18 Warum Schläge als Erziehungsmittel unnötig
E-Mail: advertising@okae.org Internet: www.okae.org                                                                                              und schädlich sind
Kleinanzeigen: Dorothee Schildt-Westphal, Tel. 04131 9835-521,
Fax 04131 9835-502, E-Mail: anzeigen@adventisten-heute.de
                                                                                                                                             21 Wechsel in der Geschäftsleitung im Haus Odenwald
Bezug: Kostenlos bei Bezug über den Büchertisch der örtlichen                                                                                22 Sich wie Paulus in die Menschen hineinversetzen
Adventgemeinde in Deutschland sowie online (zum Herunterladen,
                                                                                                                                             23 1year4jesus: berufen zu verändern
Speichern und Drucken) im Internet: www.adventisten-heute.de
Gestaltung: Ingo Engel, München                                                                                                              24 Notizbrett: Termine / Gebet für missionarische
Titelgestaltung: Julia Doliwa, STIMME DER HOFFNUNG                                                                                               Anliegen / Bibeltelefone
Produktion/Druck: Thiele & Schwarz GmbH, Kassel                          Die Auferstehungshoffnung
Spendenkonto: Freikirche der STA, IBAN: DE14 6009 0100 0227 3850 04,     bezeugt, dass der Tod nicht
                                                                                                                                             25 Anzeigen
BIC: VOBADESSXXX, Verwendungszweck: Aheu-Finanzierung                    das letzte Wort hat.                                                30 ADRA heute

                                                                                                                                                     adventisten heute | November 2018 | 3
Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
a ktu e l l Na c h r ic h t e n

       Kurznachrichten                                                 Musisch und gesundheitsbewusst
                                                                       Adventistische Bekenntnisschule in Nürnberg eröffnet
n Mehr Adventisten als Juden weltweit
Nach Angaben des Demografen Sergio Della Per-                          „Bildung für heute. Wissen für morgen. Charakter für die Ewigkeit.“ Unter
gola, emeritierter Professor an der Hebräischen                        diesem Motto startete die neu eröffnete Bekenntnisschule der Freikirche der
Universität Jerusalem, beläuft sich die jüdische                       Siebenten-Tags-Adventisten in Nürnberg. Schulträger ist die Bayerische Ver­
Bevölkerung heute weltweit auf 14,7 Millionen                          einigung. Die Bildungsstätte ist nach Mose benannt, der nach biblischer Über-
Personen. Die Kirche der Siebenten-Tags-Adven-                         lieferung das Volk Israel aus Ägypten führte. Die Schülerinnen und Schüler
tisten, die ebenfalls den Sabbat (Samstag) als                         der Grundschule wurden in einem feierlichen Gottesdienst am Sabbat, den
biblischen Ruhetag feiert, zählt laut David Trim,                      15. September, offiziell begrüßt.
Direktor des Büros für Archive, Statistiken und                            „Wir freuen uns, dass wir mit der Mose-Schule eine Grundschule haben, die
Forschung der Weltkirchenleitung, gegenwärtig                          mehr als reinen Schulstoff vermittelt. Wir möchten den Kindern christliche Werte
weltweit 21 Millionen erwachsen getaufte Mit-       © ThH-Friedensau   an die Hand geben, die sie ihr Leben lang begleiten“, so Schulleiterin Sylvia Cle-
glieder, teilte CBS KULTUR INFO in Basel mit.                          mens. Unterrichtet würden an der Schule zwei jahrgangsübergreifende Klassen
    Der jüngsten Untersuchung von Professor Per-                       der Stufen 1/2 und 3/4. Die Bekenntnisschule folge in ihren Lehrgegenständen,
gola zufolge lebt mit 6,6 Millionen die größte                         ihrem Aufbau und der Ausbildungsdauer dem LehrplanPlus für Grundschulen in
jüdische Bevölkerungsgruppe in Israel. Im Aus-                         Bayern. Ein Übertritt an weiterführende Schulen sei damit gewährleistet.
land gibt es 8,1 Millionen Juden, davon mit 5,7
Millionen die meisten in den USA. In Deutschland                       Respektvoller Umgang miteinander
leben 116.000 Juden und in der Schweiz 19.000.                         Neben einer guten Bildungsvermittlung lege die neue Schule großen Wert auf
    Wie der Statistische Jahresbericht 2018 der                        die charakterliche, persönliche, geistige und geistliche Entwicklung der Kinder,
Siebenten-Tags-Adventisten zeigt, steht Bra-                           betonte Sylvia Clemens. Ausgehend vom Menschenbild, das Jesus in der Bibel
silien mit 1,67 Millionen Adventisten an der                           vorgelebt habe, würden christliche Werte wie Rücksichtnahme oder Ehrlichkeit
Spitze der Mitglieder-Rangliste, gefolgt von In-                       ebenso vermittelt wie Toleranz und ein respektvoller Umgang miteinander. Die
dien mit 1,59 Millionen, USA und Kanada mit                            Mose-Schule möchte darüber hinaus musische und künstlerische Fähigkeiten
1,25 Millionen, Sambia mit 1,19 Millionen und                          heranbilden. Ein besonderes Augenmerk auf gesundheitsbewusstes Leben in den
den Philippinen mit 1,08 Millionen. Knapp an                           Bereichen Sport und Ernährung, aber auch nachhaltiges Handeln im verantwor-
der Millionengrenze folgen die Länder Kenia                            tungsvollen Umgang mit Ressourcen und der Natur runden das Schulprofil ab.
(979.568) und Zimbabwe (922.106). Das klei-
ne ostafrikanische Binnenland Ruanda weist                             Beginn mit fünf Schülerinnen und Schülern
855.000 Kirchenmitglieder auf, während in der                          Begonnen habe die Mose-Schule dieses Schuljahr mit fünf Schülerinnen und
Volksrepublik China offiziell nur rund 451.100                         Schülern der jahrgangsübergreifenden Klasse 1/2, so die Schulleiterin. Im ei-
Adventisten leben. Die kleinste Mitgliederzahl                         gens für die Schule umgebauten Zentrum der Adventgemeinde Nürnberg-Mari-
verzeichnen die Pitcairninseln im Pazifik mit                          enberg, Kilianstraße 260, stünden Klassenräume unterschiedlicher Größe, ein
22 Adventisten. In der Schweiz leben 4.762 Ad-                         Werkraum sowie ein Schulgarten zur Verfügung. Im Rahmen des Gottesdienstes
ventisten und in Deutschland knapp 35.000. In                          wurde die Schule feierlich eröffnet und die Schülerinnen und Schüler von ih-
diesen Zahlen sind die ungetauften Kinder und                          ren beiden neuen Lehrkräften aufgenommen.                            APD/tl
Jugendlichen nicht enthalten. (APD/tl)
                                                                                                                                            1 Schulleiterin Sylvia
n Schulzentrum Marienhöhe: fast                                                                                                             Clemens stellt die fünf
30.000 Euro Spenden durch Sponsorenlauf                                                                                                     Schüler vor, die in die
Am 4. September fand der 8. Sponsorenlauf des                                                                                               Mose-Schule eingeschult
adventistischen Schulzentrums Marienhöhe in                                                                                                 wurden.
Darmstadt statt. Wie die Schulverwaltung mit-                                                                                               2 Die Schule ist im Haus
teilte, konnten dadurch Spendenzusagen in Höhe                                                                                              der Adventgemeinde
von fast 30.000 Euro „erlaufen“ werden. In die-                                                                                             Nürnberg-Marienberg
sem Jahr sollen damit zwei Projekte für Kinder in                      1                                                                    untergebracht, das
Kambodscha und Rumänien unterstützt werden.                                                                                                 entsprechend hergerich-
     Eine Runde betrug 800 Meter, insgesamt                                                                                                 tet wurde. Zahlreiche
wurden 5.429 Runden gelaufen. In diesem Jahr                                                                                                Gäste waren beim
gehen die Spenden laut Schulverwaltung an ein                                                                                               Eröffnungsgottesdienst
Waisenhaus mit Schule in Kambodscha und in                                                                                                  anwesend, am Redner-
einen kleinen Ort in Rumänien, um dort Roma-                                                                                                pult steht Projektleiter
                                                                                                                            © Mose-Schule

Kindern eine bessere Schulbildung zu ermög­                                                                                                 Christian Fischer, Fachbe-
lichen. (APD/tl)                                                                                                                            reichsleiter Schulen des
                                                                       2                                                                    Advent-Wohlfahrtswerks.

4 | adventisten heute | November 2018
Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
akt uel l Nac h r i c ht en

Dem Leben mehr lebenswerte Tage geben
Aus der Arbeit des AWW-Hospiz Friedensberg

Das Hospiz Friedensberg in Lauchhammer         jede Woche einen ganzen Tag ins Haus,

                                                                                             © Hospiz Friedensberg
im Süden des Bundeslandes Brandenburg          um die Gäste und ihre Angehörigen, aber
war auch im letzten Jahr fast zu 100 Pro-      auch das Pflegepersonal zu unterstützen
zent belegt, informierte Lothar Scheel         und zu begleiten. Viele von ihnen hätten
(Hannover), geschäftsführender Vorsitzen-      den Kontakt zur Kirche schon vor Jahr-
der des Advent-Wohlfahrtswerkes (AWW)          zehnten abgebrochen und ihren Glauben                                 Im Hospiz Friedensberg erfahren die Bewohner
der Freikirche der Siebenten-Tags-Adven-       an einen gütigen Gott verloren, berichtet                             Zuwendung, Verständnis und Menschlichkeit.
tisten. Die Situation der Mitarbeitenden im    Scheel. Dennoch wollten sie jetzt nicht al-
Haus sei stabil und die Warteliste für die     lein und auf sich selbst gestellt sein. Sie                           Mehr Tage als anderswo
Aufnahme ins Hospiz werde immer länger.        erwarteten nicht Betroffenheit und Rück-                              Aber das Leben im Hospiz Friedensberg
   Wer meint, es ginge in einem Hospiz nur     zug, auch keine lebensverlängernden Maß-                              habe auch mehr Tage als anderswo. Auf
ums Sterben, der merke bei einem Besuch        nahmen durch High-Tech-Medizin, sondern                               diesen Aspekt wiesen die beiden Ge-
in Friedensberg schnell, dass es vielmehr      Zuwendung, Verständnis und Menschlich-                                schäftsführer der Einrichtung, Georg Rem-
ums Leben gehe. Nicht nur weil Sterben         keit. Das helfe, das Unvermeidliche anzu-                             mert und Sylvia Finsterbusch, hin. Liege
ein unveränderbarer Teil des Lebens sei        nehmen und wecke die Hoffnung, dass mit                               die durchschnittliche Verweildauer in ei-
und darum integriert und nicht verdrängt       dem letzten Atemzug vielleicht doch nicht                             nem Hospiz im Bundesdurchschnitt bei
und abgeschoben gehöre, sondern weil ge-       alles vorbei und vergessen sein werde. Im                             18 Tagen, so seien es in Lauchhammer im
rade hier Menschen mit den wesentlichen        Hospiz in Lauchhammer werde laut Scheel                               Durchschnitt 43 Tage, die Menschen hier
Fragen des Lebens konfrontiert würden.         „den Tagen nicht nur mehr Leben durch                                 verbringen würden. „Mehr noch: Totkranke
Etwa: Welches Fazit zieht ein Mensch an-       eine hervorragende Pflege gegeben.“                                   und Aufgegebene leben wieder auf und ge-
gesichts des nahen Endes? Was bleibt am           Es sei auch „ein Haus, in dem man gern                             winnen Leben und Lebensqualität zurück.“
Ende und hat Bestand? Wofür lohnt es sich      weilt, so merkwürdig das auch klingen
zu leben?, so Scheel.                          mag“. Darum würden Angehörige ihre Lie-                               Hospizarbeit des AWW in Deutschland
                                               ben mit einem guten Gewissen nach Frie-                               Für die Patienten stehen in Lauchhammer
Durch Zuwendung Hoffnung wecken                densberg bringen, weil sie spürten, dass                              zehn Einzelzimmer zur Verfügung, die di-
Michael Götz, Pastor der Freikirche der Sie-   sie hier alles bekämen, was in den letzten                            rekten Zugang zum Duschbad bieten. Alle
benten-Tags-Adventisten in Berlin, käme        Tagen dieses Lebens noch möglich sei.                                 Zimmer haben die Möglichkeit des Roo-
                                                                                                                     ming-In für Angehörige. Ein separates An-
                                                                                                                     gehörigenzimmer steht ebenfalls zur Verfü-
  Videoclips und Zusatzmaterial für die Gebetswoche 2018                                                             gung. Am 29. Juni 2019 feiert das Hospiz
  Ob auf dem Segelboot, an verlassenen Burgruinen oder im Hafen                                                      Friedensberg sein 10-jähriges Bestehen.
  von Konstanz – in den Videoclips zur diesjährigen Gebetswoche,                                                        Das Advent-Wohlfahrtswerk (AWW)
  die vom 17. bis 24. November in allen Gemeinden Deutschlands                                                       unterhält außerdem seit 2014 das Hospiz
  stattfindet, führt Pastor Selim Kesmez anhand persönlicher Erfah-                                                  „Am Stadtwald“ in Uelzen mit elf Plätzen
  rungen durch das Thema der Gebetslesung. Es geht darum, das eigene Traditi-                                        und seit 2006 einen ambulanten Hospiz-
  onsgebäude zu verlassen und die Bibel neu zu entdecken. Die Videoclips samt                                        dienst in Berlin (s. auch S. 14). APD/tl
  Fragen zum Gespräch sowie weiteres Material zur Vorbereitung finden Teilnehmer
  auf www.gebetswoche.online. Dabei werden zahlreiche Wege aufgezeigt, um so viel
  wie möglich von den Themen zu profitieren. Es können ganze Gemeinden teilneh-                                        Adventist World November =
                                                 men, oder man tauscht sich in der                                     Gebetlesungen 2018
                                                 Familie oder im Hauskreis aus.                                                                Wie bereits im
                                                 Unser Anliegen ist es, dass diese                                         Gebetswoche         vergangenen Jahr
                                                                                                                          2018
                                                 Woche des Gebets und der An-                                                                  entsprechen die
                                                 dacht in Gemeinden und Heimen                                                                 Lesungen zur
                                                 wertvolle Spuren hinterlässt.                                                                 Gebetswoche der
                                                                      Thomas Knirr,                                                            Novemberausgabe
                                                    Leiter der Abteilung Gemeinde­                                                             von Adventist
                                                        aufbau und Evan­gelisation                                         Die Welt
                                                                                                                                               World, die des-
                                                             in Baden-Württemberg                                                              halb nicht diesem
                                                                                                                           erreichen
                                                                                                                           Treue dem
                                                                                                                           Wort Gottes
                                                                                                                           gegenüber

                                                                                                                                               Adventisten heute
                                                     Bei den Dreharbeiten zu den                                       beigefügt ist. Im Dezember erscheint
                                                     Videoclips.                                                       Adventist World wieder in gewohnter Weise.

                                                                                                                     adventisten heute | November 2018 | 5
Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
Re po r t

                 Impulsgeber und
                 „digitale Kirche“
                 70 Jahre (STIMME DER) HOFFNUNG
                                                                                     Das Jubiläumsmotto „70 Jahre Hoff-         Erfolgsgeschichte zurück. Als ältester pri-
                                                                                  nung – Meine Zeit in deinen Händen“           vater christlicher Radiosender in Deutsch-
                                                                                  scheint während der Veranstaltung immer       land wurde sie 1948 von Max Busch in Ber-
                                                                                  wieder durch, vor allem in der dreiminü-      lin-Zehlendorf gegründet. Im gleichen Jahr
                                                                                  tigen Festansprache von Brad Thorp, dem       startete auch die Bibel-Korrespondenzschu-
                                                                                  langjährigen, ehemaligen Leiter von Hope      le (heute Hope Bibelstudien-Institut). 1959
                                                                                  Channel International. Dessen gegenwär-       erfolgte der Umzug nach Darmstadt – dort
                                                                                  tiger Leiter, Derek Morris, bescheinigt       produzierte man die Radiosendungen in
                                                                © Tobias Klepp

                                                                                  dem deutschen Medienzentrum unter             zu Studios umgebauten Wohnungen – und
                                                                                  Bezugnahme auf das Gleichnis von den          2006 wurde das neugebaute Medienzentrum
                                                                                  anvertrauten Pfunden ein „well done“          in Alsbach-Hähnlein bezogen (offizielle
                 Kein Geburtstag ohne Torte, die ehemaligen                       (gut gemacht)! Mário Brito, Präsident der     Einweihung 2007). 1964 kam die Blinden-
                 Leiter der STIMME DER HOFFNUNG schneiden                        Intereuropäischen Division, erinnert da­       hörbücherei dazu. Im Jahr 2006 begann das
                 sie an: Heinz Hopf, Arno Patzke, Günther                        ran, dass Hoffnung „nicht Wunschdenken,        24-Stunden-Hope Channel Radio, drei Jah-
                 Machel, Matthias Müller (v. li).                                sondern harte Arbeit“ sei. Die beiden Ver-     re später startete der Fernsehkanal Hope
                                                                                 bandspräsidenten Werner Dullinger (SDV)        Channel TV. Das Programmheft hat derzeit

           K
                        laus Popa stutzt kurz während seiner                     und Johannes Naether (NDV) bezeichnen          eine Auflage von 35.000, der Empfang der
                        Moderation. Gerade ist eine Kame-                        die STIMME DER HOFFNUNG als einen Im-          Programme ist über Kabel (in einigen Bun-
                        ra ausgefallen. Die Aufnahme wird                        pulsgeber und verweisen auf damalige           desländern), Satellit und Internet möglich.
                 unterbrochen, Produktionsleiterin Naila                         kircheninterne kontroverse Diskussionen            Mittlerweile ist die Marke „Hope“ in-
                 Warning erklärt dem Publikum, was gerade                        über die Notwendigkeit des Neubaus. Ro-        nerhalb und außerhalb der Freikirche zum
                 passiert ist und bittet um etwas Geduld,                        bert Fischer, Leiter der Fernsehprodukti-      Begriff geworden. So gibt es einen Hope
                 bis die Ersatzkamera herbeigeschafft ist.                       on bei ERF Medien in Wetzlar, überbringt       Sabbat, zu dem alle Zuschauer eingeladen
                 Kurzes Durchatmen, dann geht es weiter.                         ebenfalls Grußworte und freut sich auf die     sind, er findet in unregelmäßigen Abstän-
                    Es ist der 14. September 2018, wir befin-                    weitere gute Zusammenarbeit der Sender.        den in ausgewählten Adventgemeinden
                 den uns mitten im Festakt zum 70-jährigen                           Am Nachmittag gibt der Kammerchor          statt. Das Hope Camp ist eine Ferienwoche
                 Jubiläum der STIMME DER HOFFNUNG, des                           und das Kammerorchester des Schulzent-         mit Zeltlageratmosphäre für alle Interes-
                 adventistischen Medienzentrums, das den                         rums Marienhöhe ein Konzert mit Werken         sierten und durch ein Hope Center haben
                 Hope Channel deutsch betreibt und dazu                          von Bach, Vivaldi, Mendelssohn-Bartholdy,      Adventgemeinden die Chance, ihre An-
                 viele weitere Dienste anbietet. Geschäfts-                      Schubert, Haydn, Pachelbel und Rutter.         gebote für Menschen in ihrer Umgebung
                 führer Klaus Popa führt durch das Vormit-                       Zwischendurch bleibt für die Gäste (Kir-       attraktiver zu transportieren und neue zu
                 tagsprogramm, das im Wesentlichen aus ei-                       chenleiter, Vertreter adventistischer Insti-   entwickeln (siehe Oktoberausgabe, S. 20).
                 nem geschichtlichen Rückblick, Interviews                       tutionen, Mitarbeiter und deren Angehö-            Und so ist die STIMME DER HOFFNUNG
                 mit ehemaligen Leitern und Grußworten                           rige und Interessierte) genügend Zeit zum      im Laufe der 70 Jahre ihres Bestehens so
                 von Persönlichkeiten aus der Freikirche                         Plaudern, Fachsimpeln und Kennenlernen.        etwas wie eine „digitale Kirche“ (Johannes
                 besteht. Und es kommen Menschen zu                                                                             Naether) geworden, die den „analogen Ge-
                 Wort, deren Leben sich durch Sendungen                          Eine Erfolgsgeschichte                         meinden“ hilft, ihren Verkündigungsauf-
                 der STIMME DER HOFFNUNG verändert hat,                          Die STIMME DER HOFFNUNG – das lässt sich       trag wirksamer zu erfüllen.
                 weil es ihnen half, zu Christus zu finden.                      ohne Übertreibung sagen – blickt auf eine                                    Thomas Lobitz

                                                                                                                                1 Die Festansprache hielt Brad Thorp, ehema-
                                                                                                                                liger Leiter des Hope Channels International.
                                                                                                                                2 Derek Morris, Leiter des Hope Channels
© Tobias Klepp

                                                                                                                                International, bei seinem Grußwort.
                                                                                                                                3 Klaus Popa, aktueller Leiter der STIMME
                 1                              2                                               3                               DER HOFFNUNG, führte durch den Festakt.

                 6 | adventisten heute | November 2018
Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
Ko l u m n e

Generation Y
                                        Wie wir glauben, lieben, hoffen

D
      ie Generation Y– dazu gehöre ich. Man nennt       zu ächten, was mir nicht entspricht“,
      mich und alle, die zwischen 1980 und 1999         schreiben Leitlein und Schwenkenbe-
      geboren wurden, auch „Millennials“, „Gene-        cher. Diesen Mut müssen wir alle auf-
ration Me“ oder die „Jahrtausender“. Uns wird oft       bringen: Die Generation Y, die sich
nachgesagt, Selbstverwirklichung, flexible Arbeits-     unverstanden fühlt und die anderen Ge-
zeiten und eine ausgewogene Work-Life-Balance           nerationen, denen es ebenso geht. Wir
wären uns wichtig. Viele von uns reisen in die          wollen dabei sein, wenn Kirche gebaut
entlegensten Winkel der Erde, immer auf der Jagd        wird. Wir wollen unseren Teil dazu bei-
nach dem nächsten Instagram-Hotspot oder Insta-         tragen. Wir wollen gehört werden. Wir
Fame. Hunderte von Frauen mit knalligen Jacken,         wollen kritische Fragen stellen dürfen
die vor einem Wasserfall in Island, den Dolomiten       und in der Kirche einen sicheren Raum
oder den Reisfeldern Balis stehen und in die Fer-       dafür haben. Wir Frauen wollen unseren
ne starren (wahlweise auch auf einen See oder           Platz in der Gemeinde jenseits von Kü-

                                                                                                 © Toa Heftiba – unsplash.com
das Meer).                                              che und Kinderstunde finden. Wir sind
   Wir wollen flexibel arbeiten, am liebsten von        engagiert für unsere Gemeinde, und die
überall aus. Wir sind digitale Nomaden. „Wir wa-        Menschen darin liegen uns genauso am
chen morgens mit dem Smartphone in der Hand             Herzen, wie jene, die nie einen Fuß in
auf und schlafen abends damit ein“, so beschrei-        das Gemeindehaus setzen würden. Wir
ben uns Hannes Leitlein und Stephanie Schwen-           wollen Glauben so leben und feiern, wie
kenbecher, selbst Teil der Generation Y. Sie haben      er uns entspricht.
ein Buch darüber geschrieben, wie wir lieben, glau-        15 Jahre lang haben wir das mit der adventis-                        Den Millenials wird
ben und hoffen (Generation Y, erschienen im Neu-        tischen Jugendzeitschrift Youngsta versucht (siehe                      nachgesagt, sie schätzten
kirchener Verlag). Sie kommen zum dem Schluss:          Oktoberausgabe, S. 6). Wir haben kritische Themen                       Flexibilität, reisten gern um
Die Generation Y und die gängigen Vorstellungen         angesprochen und dabei immer gehofft, einen Dia­                        den Globus und seien in der
darüber gibt es nicht.                                  log darüber zu eröffnen. Seit der ersten Ausgabe                        digitalen Welt zu Hause.
   Das hat auch die Vermächtnisstudie der ZEIT          fielen die Reaktionen nicht immer so aus, wie er-
2016 festgestellt. Die Autoren finden nicht nur tref-   hofft. 15 Jahre lang haben sich einige der adven-
fende Worte, um zu beschreiben, was uns geprägt         tischen Millennials durch Schreiben einen Raum
hat und uns in allen Facetten ausmacht, sondern         geschaffen, der diese Fragen aushält. Wir sind
auch, wie wir die Kirche prägen. Denn fest steht:       dankbar, dass die Kirche dieses Projekt unterstützt
„Mit uns wird sich die Kirche verändern, wie mit je-    hat. Wir sind dankbar für diesen Kanal, der es uns
der anderen Generation davor.“ Das ist der Konflikt,    ermöglichte, die Fragen unserer Generation und die
den wir in manchen Gemeinden offen austragen            Suche nach zufriedenstellenden Antworten auszu-
können, und der viel zu oft totgeschwiegen wird.        drücken. Wir waren angetreten, die inneradventis-
   Manche Gemeinden halten die kritischen Fragen        tischen Mauern einzureißen. Manchmal ist es uns
ihrer Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus           gelungen – manchmal leider nicht. Auch, wenn wir
und wagen den offenen Dialog. Manche fertigen sie       das Projekt Youngsta schweren Herzens beenden –                         Elisabeth Schoft
mit Bibelstellen ab, die für den jeweiligen Kontext     wir Millenials bleiben mutig, herausfordernd und                        arbeitet im Verlagswesen
zusammengebogen werden. Dabei wünschen wir              engagiert. Lasst uns gemeinsam die Art von Kirche                       (Marketing und Presse)
uns nur eins: einen Austausch auf Augenhöhe. Wir        bauen, die uns allen eine Heimat gibt. ■                                und kann dort dafür
wünschen uns Einheit in Vielfalt. Wir wünschen                                                                                  sorgen, dass gute und
uns Nachmittagsgottesdienste, einen guten Mix aus                                                                               geistliche Inhalte gelesen
Musik für Jung und Alt, gemeinsam gelebten und                                                                                  werden. Elf Jahre lang war
geteilten Glauben.                                                                                                              sie Redaktionsmitglied
   „Es braucht Mut nebeneinander zu stehen, wert-                                                                               von Youngsta, davon sechs
frei zu bleiben, nicht zu richten und das nicht                                                                                 Jahre als Chefredakteurin.

                                                                                            adventisten heute | November 2018 | 7
Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
T he m a d e s M o na ts

„Schon mehr als zur
Hälfte auferstanden“
Lebenshoffnung trotz Tod und Trauer

                           M
                                   it 22 Jahren schrieb der Vikar Dietrich                                    ist immer bös.“ Eine ausweichende Antwort wäre
                                   Bonhoeffer einem Freund von einem „ganz                                    für den Jungen ein klares Nein gewesen. Schließ-
                                   einzigartigen seelsorgerlichen Fall“1: Ein                                 lich fand Bonhoeffer eine spontane Antwort: „Sieh
                           Junge, etwa zehn Jahre alt, war zu ihm gekom-                                      mal, Gott hat den Menschen gemacht und auch die
                           men. Sonst war der Junge ganz fröhlich, aber heu-                                  Tiere, und hat die Tiere gewiss auch lieb; und ich
                           te unglaublich traurig. Er weinte, weil „Herr Wolf“                                glaube, es ist bei Gott so, dass sich alles, was sich
                           gestorben sei. „Herr Wolf?“, fragte Bonhoeffer. Der                                lieb gehabt hat auf der Erde, wirklich lieb gehabt
                           Junge erzählte, dass „Herr Wolf“ sein Schäferhund                                  hat, dass das bei Gott auch zusammen bleibt, denn
                           gewesen sei. Sie seien unzertrennlich gewesen.                                     liebhaben ist ein Stück von Gott; wie das geschieht,
                           Doch vor einer Woche sei „Herr Wolf“ plötzlich er-                                 das wissen wir freilich nicht.“
Die Auferstehung Christi   krankt und gerade eben gestorben.                                                     Sofort wurde der Junge überglücklich. Er weinte
ist der Grund unserer          Bonhoeffer schrieb: „Dann ist er plötzlich ganz                                nicht mehr, sondern war sicher, „Herrn Wolf“ wie-
Hoffnung.                  still mit seinem herzzerreißenden Weinen, und                                      derzusehen. „Dann werden wir wieder spielen“, rief
                                                      sagt: ‚aber ich weiß ja,                                er. Noch mehrmals betonte Bonhoeffer, dass man
                                                      der ist ja gar nicht tot.‘“                             das gar nicht so genau sagen könne. Aber der Jun-
                                                      In kindlichem Glauben                                   ge hatte eine Hoffnung: Gott liebt. Wer in seiner
                                                      meinte der Junge, dass                                  Liebe bleibt, lebt.
                                                      „Herr Wolf“ nun im                                         Die 90 Jahre alte Geschichte mag auf uns nied-
                                                      Himmel und dort fröh-                                   lich wirken. Aber für den Jungen war es so ernst
                                                      lich sein müsse. Aber                                   wie für uns, wenn uns Tod und Trauer treffen. Was
                                                      ganz sicher war er sich                                 können wir hoffen? Worauf können wir uns verlas-
                                                      nicht. Schuld sei die                                   sen? Als Bonhoeffer danach gefragt wurde, musste
                                                      Religionslehrerin. Denn                                 er eingestehen: „Da steht man, der man ‚Bescheid
                                                      sie habe gemeint, dass                                  wissen‘ soll, ganz klein daneben.“ Wir spüren, wie
                                                      man nicht so genau sa-                                  machtlos wir sind. Erlerntes Wissen hilft nicht wei-
                                                      gen könne, wie das im                                   ter. Informationen trösten nicht. Die christliche
                                                      Himmel sei. Zweifel und                                 Hoffnung zeigt auf Gott – und führt von der ei-
                                                      Hoffnung rissen den                                     genen Machtlosigkeit weg. Er ist das Ziel unserer
                                                      Jungen hin und her.                                     Hoffnung.
                                                      Nun fragte er den Ge-
                                                      meindevikar Bonhoef-                                    Wir atmen das Leben Gottes
                                                      fer: „Sagen Sie mir doch                                Paulus bekennt: Gott ist der, „der allein Unsterb-
                                                      jetzt, werde ich ‚Herrn                                 lichkeit hat“ (1 Tim 6,16). Lebendigkeit kommt
                                                      Wolf‘ mal wiedersehen?                                  von Gott. Das Alte Testament beschreibt, dass Gott
                                                      Der ist doch ganz ge-                                   seinen Lebensatem in den Menschen bläst (1 Mo
                                                      wiss im Himmel?“                                        2,7; Hi 33,4; Ps 104,30). Solang der Mensch atmet,
                                                                                                              lebt er. Doch er kann den Atem nicht festhalten.
                                                                                   Was wissen wir             Er muss ein- und ausatmen. Jeder neue Atemzug
                                                                                   ­wirklich?                 zeigt: Der Mensch ist angewiesen, dass ihm Leben
                                                                                   Im ersten Moment           geschenkt wird. Gott schenkt es mit jedem Atem-
                                                    © Keem Ibarra – unsplash.com

                                                                                   wusste Bonhoeffer kei-     zug. Darum ruft der Psalmist: „Alles, was atmet,
                                                                                   ne Antwort. „Da stand      lobe den Herrn!“ (Ps 150,6)
                                                                                   ich da und sollte ant-
                                                                                   worten: ja oder nein. Da   Die Toten loben Gott nicht
                                                                                   war einer, der Bescheid    Und doch bleibt das Leben begrenzt. Der Lebens-
                                                                                   wissen wollte, und das     atem ist nur ein „Hauch“ (Jes 22,2). „Nimmst du

8 | adventisten heute | November 2018
Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
Tod und Tr a u e r

ihnen den Atem, so schwinden sie hin und kehren        Hoffnungsbilder vor Augen
zurück zum Staub.“ (Ps 104,29). Der Tod ist bit-       Wie genau können wir darüber „Bescheid wissen“?
terernst. Gibt es jenseits der Lebensgrenze etwas      Wir stoßen schnell an unsere Grenzen. Der Glau-
zu hoffen? Die biblischen Autoren waren davon          be erklärt nicht bis ins Letzte. Sondern er schenkt
nicht zu allen Zeiten überzeugt. „Wirst du an den      eine Hoffnung, die trägt. Bilder vermitteln uns
Toten Wunder tun, oder werden die Verstorbenen         das besser als Erklärungen. Die Offenbarung des
aufstehen und dir danken?“ So fragt der Psalmist       Johannes endet mit einem großartigen Bild. Eine
flehentlich – und der Leser hört bei der Formulie-     neue Stadt, das neue Jerusalem, kommt vom Him-
rung schon die Antwort mit, die an anderer Stel-       mel herab, „von Gott“. Dort wird „Gott mit ihnen“,
le ausgesprochen wird: „Die Toten werden dich,         mit den Völkern, leben. Keine Tränen und kein Tod
HERR, nicht loben, keiner, der hinunterfährt in die    wird es mehr geben. Denn die Gemeinschaft mit
Stille“ (Ps 115,17). Der Tod ist das „Reich des Ver-   Gott ist vollkommen. Das ist das ewige Leben.
gessens“ (Ps 88,13). „Die in die Grube fahren, war-        Auch Martin Luther malte seinen Predigthörern
ten nicht auf deine Treue“ (Jes 38,18). Selbst Gott,   ein anschauliches Bild vor Augen.2 Er erinnerte,
so nimmt der Psalmist an, wird die Verstorbenen        dass Christus das Haupt der Gemeinde ist (Eph
vergessen (Ps 88,6). Diese Gebetstexte klagen Gott     4,15; 5,23). Die Glaubenden bilden seinen Leib (1
schonungslos die eigene Hilflosigkeit. Sie bringen     Kor 12,12ff). Nun ist Christus, das Haupt des Lei-
den tiefen Schmerz vor Gott. Und Gott weicht die-      bes, bereits auferstanden. Bei ihm ist die Auferste-
ser Klage nicht aus.                                   hung schon Wirklichkeit. Er hat den Tod ein für alle
   Doch daneben wächst im Alten Testament eine         Mal hinter sich gelassen.
Hoffnung: „Tote werden nicht lebendig, … aber              Und die Glaubenden als die Glieder seines Lei-
deine Toten werden leben.“ (Jes 26,14.19) Gott ist     bes? „Der Körper hängt aneinander“, überlegte Lu-
größer als alles, was es gibt. Darum gibt es keinen    ther. Wenn Christus aus dem Tod herausgekommen
Ort, an dem Gott nicht gegenwärtig wäre: „Bettete      ist, müssen seine Glieder folgen. Anders geht es
ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.“    nicht. Deshalb, so schlussfolgerte Luther, ist „unse-
(Ps 139,8) Es bleibt dabei, dass es keinen Kern im     re Auferstehung freilich schon mehr als zur Hälfte
Menschen gibt, der Unsterblichkeit besitzt. Der Tod    geschehen, weil unser Haupt da ist“. Und was ist
bricht alle Lebensbeziehungen ab. Aber weil Gott       mit denen, die verstorben sind? Sie sind „‚Schla-
trotz des Todes da ist, knüpft er eine neue Bezie-     fende‘, denn sie sind mehr als zur Hälfte lebendig:
hung. So gibt es etwas zu hoffen. Neues Leben ent-     Weil ihr Haupt auferstanden ist, ist der übrige Teil
steht, weil Gott am Menschen festhält. Das ist die     Schlaf.“ Für Luther war es der Trost, dass Chris-
Rettung aus dem Tod. Punktuell führt das im Alten      tus auf der Seite des Lebens steht. „Unser Erstling
Testament zu der Erwartung, dass die Toten aufer-      steht oben, meine angefangene Auferstehung, ich
stehen (Dan 12,2; 2 Makk 7,9).                         habe es nur noch auszurichten und zu schlafen.“
                                                       Menschen von diesem Schlaf aufzuwecken, ist für
Christus ist das Leben                                 Christus eine Leichtigkeit. „Wenn die Posaune er-
Im Neuen Testament hat die Hoffnung einen kon-         schallt“, war sich Luther sicher, „werden die Toten
kreten Namen: Jesus Christus. Er personifiziert das    leichter hervorgehen, als ich zustande bringe, ei-
Leben, das aus Gott kommt: „Ich bin die Auferste-      nen Schlafenden angenehm aufzuwecken.“3
hung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird le-           Für uns ist der Tod ernst. Für Gott ist er harmlos
ben, auch wenn er stirbt.“ (Joh 11,25) Diesem neu-     wie ein Schlaf. Wir dürfen hoffen, in einen neuen
en Leben kann der Tod nichts anhaben. Es kommt         Morgen zu erwachen – begrüßt von dem freundli-
nicht durch einen Zauberspruch oder durch eine         chen Angesicht Gottes. ■
magische Substanz zustande. Sondern das neue Le-
                                                       1 Brief an Walter Dress vom 1. September 1928, in: Dietrich Bonhoeffer Werke,
ben besteht darin, dass Menschen mit dem allein           Band 17, S. 81–84.
unsterblichen Gott verbunden sind. Das passiert im     2 Predigt zu 1 Kor 15,20ff vom 13. Oktober 1532, in: Martin Luther: Werke,
                                                          Bonner Ausgabe, Bd. 7, S. 296-300.
Glauben an Christus. Gottes Leben fließt wie le-       3 Zur Sicht des Reformators siehe auch: Dietmar Päschel, „Vergewisserung des
bendig machendes Wasser auf den Menschen über             Heils im Gewahrwerden des Sterbens. Luthers Lehre vom Todesschlaf und
                                                          sein Ratschlag vom dreifachen Bild Christi“, in: Martin Luther als praktischer
und macht ihn neu (Joh 4,10ff). Das heißt nicht,          Theologe, hg. v. Peter Zimmerling, Wolfgang Ratzmann und Armin Kohnle,
dass im Menschen eine Unsterblichkeit heranreift,         Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 2017, S. 339–350.                           Dietmar Päschel
sondern im Glauben an Christus erleben Men-                                                                                                Pastor in Berlin. Er
schen, wie Gott in ihnen lebendig ist. Sie erfah-                                                                                          will, dass Theologie im
ren, „dass ich (Christus) in meinem Vater bin und                                                                                          realen Leben relevant
ihr in mir und ich in euch“ (Joh 14,20). Deshalb                                                                                           ist, genießt Orgelmusik
gilt: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben!“ (V. 19)                                                                                        von Iver Kleive und
Die Auferstehung Christi ist das Vorbild für unsere                                                                                        mag die Vielfalt der
Auferstehung.                                                                                                                              Bundeshauptstadt.

                                                                                                                  adventisten heute | November 2018 | 9
Adventisten - Advent-Verlag Lüneburg
T he m a d e s M o na ts

Tränen, Trost
und Hoffnung                                                                      Trauer als Weg
                                                                                  zur Heilung

                          I
                              m Weinen kommen all meine unruhigen Gedan-             nötig geistige Energie und stürzt in eine Spirale des
                              ken zur Ruhe. Denn weinend bin ich nicht im            Zweifels. Vielleicht wird sie uns eines Tages von Gott
                              Kopf, in dem ich nie Ruhe finden würde, sondern        persönlich beantwortet? So beschlossen wir – mein
                          im Herzen, das in den Tränen seinen inneren Frie-          Mann Werner und ich – Gott weiterhin zu vertrauen,
                          den findet, weil es sich äußern darf. (Anselm Grün)        genau wie Hiob. Er ist kompetent, er ist souverän,
                             Wenn der Tod uns einen geliebten Menschen               er hat alles im „Griff“. Gott weiterhin vertrauen. Gott
                          entreißt, sind wir entsetzt und schockiert. Wir wol-       war immer gut zu uns gewesen und wir weigerten
                          len den Verlust nicht wahrhaben. Doch die Wirk-            uns ganz bewusst, ihn anzuklagen. Denn das steht
                          lichkeit lässt sich auf Dauer nicht leugnen.               uns nicht zu.
                             „Jaja“, sagen die anderen, „warte nur ab, die              Stattdessen konzentrierten wir uns darauf, unse-
                          Zeit heilt alle Wunden.“ Aber das stimmt nicht. Im         rer leidenden Tochter die letzten Wochen und Tage
                          Gegenteil, die Zeit ist die Wunde! Denn sobald der         so angenehm wie möglich zu machen. Wir fanden ein
                          erste Schock abklingt, wird uns klar: Wir müssen           gutes Hospiz in der Nähe, denn sie wollte nicht in
                          jetzt ohne den geliebten Menschen weiterleben!             unserer Wohnung sterben. „Du würdest sonst immer
                                                                                     einen Stich kriegen, wenn du in mein Zimmer gehst“,
                          Der Tod meiner jüngsten Tochter                            sagte sie. Im Hospiz wurde sie liebevoll gepflegt und
                          Als unsere jüngste Tochter an Krebs erkrankte,             erlebte noch ein kleines bisschen Selbständigkeit,
                          stürzte mich diese Diagnose in einen Strudel ver-          denn sie wurde dort – anders als bei den jahrelangen
                          wirrender Emotionen. Hin- und hergerissen zwi-             Klinik-Aufenthalten – wie ein Gast behandelt. Wir
                          schen Hoffnung und Verzweiflung, gemartert von             konnten jederzeit bei ihr sein, wenn sie das wünsch-
                          Schuldgefühlen („hätten wir doch …“ „wären wir             te, und sie konnte sich mit Freundinnen und Ver-
                          nur …“) und von bitteren Anklagen gegen herzlose           wandten treffen, wann immer es möglich war.
                          Ärzte, denen die medizinische Forschung wichtiger             Sie redete sehr offen über das Sterben und or-
                          war, als die Heilung eines Menschen, mussten wir           ganisierte ihre „Abschiedsfeier“: „Spart am Sarg,
                          uns schließlich der Realität stellen: Berit-Sonja war      aber nicht am Kuchen!“, ordnete sie an. Und sie
                          unheilbar krank und würde schon bald sterben. Das          wollte gern im Familiengrab bestattet werden, wo
                          konnte kein Mensch ändern. Natürlich drängen               schon eine ganze Reihe von verstorbenen Verwand-
                          sich sofort die berühmt-berüchtigten Warum-Fra-            ten meines Mannes lagen: „Wer liegt denn dort al-
                          gen auf. Das liegt nahe, denn wir vertrauten einem         les? Was? Elf Leute? Boah, das ist ja eine richtige
„Du bist nicht mehr da,   liebevollen und allmächtigen Gott. Wieso hatte er          WG! Gibt das ein Gedränge bei der Auferstehung!“
aber ich lebe weiter …“   diese Tragödie nicht verhindert?                           Ihr schwarzer Humor brachte eine leichte, fröhliche
                                                         In dieser Zeit hatte        Note in das beklemmende Thema Tod.
                                                      ich mich intensiv mit             Ich dachte eigentlich, dass ich mich im Laufe
                                                      dem alttestamentlichen         dieser Monate gut auf ihr Sterben vorbereitet hat-
                                                      Buch Hiob auseinander-         te. Doch als sie dann in unseren Armen ihre letzten
                                                      gesetzt. Das innere Rin-       Atemzüge tat und ihre Augen brachen, durchzuck-
                                                      gen dieses Mannes hatte        te mich ein so heftiger Schmerz, dass ich dachte, er
                                                      mich tief bewegt und           würde mich zerreißen! Ich ahnte: Er wird mich für
                                                      mit hineingenommen in          lange Zeit begleiten.
                                                      seinen Schmerz und sei-           Die Trauer katapultierte mich in ein völlig ande-
                                                  © Aaron Burden – unsplash.com

                                                      ne Verzweiflung. Beim          res „Leben“. Ich fühlte mich wie auf einer mühsa-
                                                      Bibelstudium wurde mir         men Wanderung durch ein enges Tal. Der Weg war
                                                      klar: Die Frage nach dem       steinig und steil, und ich wusste nicht, wohin mich
                                                      Warum bringt uns Gott          mein Trauerweg führen würde. Aber ich spürte: „Da
                                                      nicht näher. Im Gegen-         muss ich durch!“ Denn eines war mir klar: Wenn ich
                                                      teil! Sie verbraucht un-       meine Trauer ignoriere oder verdränge, dann bricht

10 | adventisten heute | November 2018
Tod und Tr a u e r

sie an anderer Stelle umso intensiver hervor und        Menschen, der ihm den Rücken kehrt. Und er will
macht mich krank.                                       den Tod nicht!
                                                           Ich durchlebte eine längere Phase der inne-
Stationen der Trauer                                    ren Erschöpfung, fühlte mich unendlich müde,
Ich erlebte auf meinem Trauerweg verschiedene           wollte am liebsten mit keinem reden, niemanden
„Stationen“, die unterschiedlich lange dauerten.        sehen oder hören. Und gleichzeitig sehnte ich
Manchmal hatte ich den Eindruck, im Kreis gewan-        mich so sehr nach Wärme, nach Nähe, nach einer
dert zu sein, weil ich wieder auf Gedankenplätzen       Umarmung:
landete, die ich schon weit hinter mir wähnte.          2. „Lass mich in Ruhe … hilf mir doch!“
   Die erste „Station“, die fast jeder durchlebt, der   In dieser Phase der Trauer zerbrechen viele Ehen,
einen schweren Verlust erleidet, heißt Schock und       denn jeder erwartet vom Partner den Trost, den
Leugnung:                                               doch auch er verzweifelt sucht. Mir hat es sehr
1. „Das kann doch nicht wahr sein!“                     geholfen, dass die Arbeitskollegen in der STIMME
Ich ertrug diese Schwere nicht, ich wollte es nicht     DER HOFFNUNG und in meiner Alsbacher Gemeinde
glauben, weil ich ahnte: das ist grauenhaft! (Diese     immer wieder verständnisvoll zuhörten, wenn ich
Phase kann bei jedem unterschiedlich lang dauern,       über meine Trauer sprechen wollte. Denn wir Trau-
doch irgendwann können wir die Realität nicht mehr      ernden brauchen das so nötig:
leugnen.) Da regt sich Zorn in uns. Wir sind empört:    3. „Wer hört mir zu?“
 2. „Das ist so unfair!“                                Nach einiger Zeit – nach Wochen, Monaten? – reg-
Viele Trauernde empfinden Wut und fühlen sich als       te sich in mir eine neue Angst. Berit entglitt mir
hilfloses Opfer des „Schicksals“. Auch Gläubige sind    irgendwie. Wie klang ihre Stimme? Wie waren ihre
gegen solche Gedanken nicht immun: „Warum hast          Augen? Wie fühlte es sich an, sie im Arm zu hal-
du das zugelassen, Gott?“ Von der Frage nach dem        ten, mit ihr zu lachen – ja, und auch mit ihr zu
Warum ist es nicht weit zur Anklage:                    streiten?
3. „Wer ist schuld?“                                    4. „Ich will dich nicht vergessen!“
Ein sachliches Prüfen der Ursachen und Umstände         Mir war es ein Trost zu erkennen, dass diese „Pha-
mag hilfreich sein. Doch wer an einen allwissenden,     se“ für die Trauer typisch ist, denn unsere Seele
allmächtigen und zugleich liebevollen Vater im Him-     hat von Gott die Fähigkeit bekommen, sich an neue
mel glaubt, dem drängt sich vielleicht der Vorwurf      Situationen anzupassen und das Alte loszulassen.
auf: „Gott, du hättest das doch verhindern können!“     Aber war ich dazu schon bereit?
   Gleichzeitig werden wir in der Trauer von Selbst-       Mir halfen einige Trauer-Rituale. Die Fotos be-
vorwürfen gequält, und das macht unser Elend            trachten, Filme vom Verstorbenen ansehen, Orte
doppelt bitter. Allerdings katapultieren Anklagen,      besuchen, an denen wir miteinander fröhlich wa-
Schuldgefühle und Zorn in die Sackgasse und blo-        ren. Viele Trauernde brauchen ein Grab, das sie re-
ckieren unsere innere Heilung. Sie führen uns in        gelmäßig besuchen können, denn:
die Isolation und verwandeln uns in grantige, übel-     5. „Meine Trauer braucht ein Zuhause.“
launige Zeitgenossen – wer will mit so einem gern       Wir Menschen sind unterschiedlich, und jeder trau-
Zeit verbringen? Sobald wir dem Zorn und der An-        ert auf seine Weise. Keiner weiß, wie lange sein
klage in uns Raum geben, schneiden wir uns vom          ganz persönlicher „Trauerweg“ dauern wird. Nach
Heiligen Geist ab, der einzigen wahren Trostquelle.     meiner Erfahrung, die von anderen „verwaisten El-
Irgendwann spürte ich, dass ich all diese Selbstvor-    tern“ bestätigt wurde, war das zweite Trauerjahr
würfe und Anklagen ganz bewusst an Gott abgeben         noch schmerzhafter als das erste. Erst im dritten
muss. Ich muss anderen vergeben, auch mir selbst,       Jahr nach Berit-Sonjas Tod veränderte sich der
und sogar – Gott! Ja, ich muss damit aufhören, ihn      Schmerz, war nicht mehr so „spitz“ und „scharf“,
anzuklagen. Anklagen, das ist Satans Job. Viele         eher dumpf und leichter zu ertragen.
Trauernde fragen sich verzweifelt:                         Und seither ist der Weg immer leichter gewor-
4. „Wo bist du jetzt?“                                  den. Ich habe heute das Gefühl, als wäre mir unsere
Wer diese Frage nach dem Zustand der Toten vorab        Tochter näher als je zuvor. Und ich weiß, sie ist
geklärt hat, ist gut dran. Zumindest der Verstand       am besten Ort angekommen, den es für einen Men-
weiß: „Mein geliebter Mensch schläft bis zur Aufer-     schen gibt: geborgen im weiten Herzen Gottes. Ihre
stehung, dann werden wir uns wiedersehen.“ Diese        Daten stehen im Lebensbuch des Lammes, denn sie
biblische Erkenntnis hat mir sehr geholfen, mich        hat mit ihrem himmlischen „Daddy“ einen festen        Sylvia Renz
innerlich gestützt und getröstet. Trotzdem blieb        Bund geschlossen – wie es ihr Name auch sagt,         Autorin christlicher Ro-
der Schmerz über den Verlust scharf und spitz:          denn „Berit“ heißt Bund. Und so kann ich heute        mane und langjährige
 1. „Du fehlst mir so!                                  mit leichtem Herzen an sie denken:                    Mitarbeiterin des Hope-
Was mich immer wieder aufgerichtet hat, war das         6. „Du bist nicht mehr da, und ich lebe weiter        Bibelstudieninstituts
Wissen: Gott versteht das! Er trauert um jeden          … bis wir uns wiedersehen!“ ■                         (i.R.).

                                                                                           adventisten heute | November 2018 | 11
T he m a d e s M o na ts

Wohin mit meinem
Schmerz?                                                Fragen und Tipps
                                                        zum Thema Trauer

                                                                                                                   3. Schuld
                                                                                                                   Lies Hiob 42,1–6.10.
                                                                                                                      Welche innere Einstellung half Hiob auf seinem
                                                                                                                   Trauerweg? Habe ich die befreiende Kraft der Ver-
                                                                                                                   gebung schon erfahren? Was blockiert meinen Ent-
                                                                                                                   schluss, zu vergeben?
                                                                                                                      Tipp: Vergebung ist alternativlos! Schreib die
                                                                                                                   Selbstvorwürfe und Anklagen ehrlich und umfas-
                                                                                                                   send auf. Bitte Gott um Vergebung und überlasse
                                                                                                                   ihm ganz bewusst das Richten. Nimm seine Verge-
                                                                                                                   bung für dich selbst an und bitte ihn um die Kraft,

                                                                                      © Ben White – unsplash.com
                                                                                                                   anderen zu verzeihen. Entscheide dich bewusst da-
                                                                                                                   für, alle Anklagen und Selbstvorwürfe loszulassen.

                                                                                                                   4. Leere: Ich entscheide selbst, wie ich darauf
                                                                                                                   reagiere!
                                                                                                                   Lies Hosea 11,8. Was empfindest du bei dem Gedan-

                               F
Den Schmerz zulassen               olgende Fragen, Bibeltexte und Tipps wollen je-                                 ken, dass Gott auch leidet? Was könnte mich daran
und mit jemandem                   nen eine Hilfe sein, die gerade in einem Trauer-                                hindern, mein Leben bei Gott zu „verankern“?
teilen – ein erster Schritt.       prozess stecken.                                                                   Der Verlust hat ein Loch in dein Leben gerissen.
                                                                                                                   Das tut bitter weh! Gott wird diesen Schmerz nicht
                               1. Verlust                                                                          wegzaubern, aber er hilft dir, ihn zu ertragen. Ent-
                               An welche schweren Verluste kann ich mich erin-                                     scheide dich bewusst dafür, mit diesem „Loch“ wei-
                               nern? Wie habe ich damals reagiert? Was habe ich                                    terzuleben – es ist möglich und mit Gottes Hilfe
                               empfunden? Wie lange war ich traurig? Was hat mir                                   schaffst auch du das!
                               geholfen?                                                                              Welche körperlichen Symptome machen mir zu
                                  Bitte lies die angegebenen Bibelstellen und                                      schaffen? (ankreuzen)
                               schreibe deine Gedanken und Empfindungen dazu                                        Kopfschmerzen
                               auf: Johannes 8,32; Matthäus 6,11; Matthäus 6,4;                                     Bauchschmerzen
                               Psalm 23,4; Jesaja 64,4.                                                             Herzbeklemmungen/Herzrasen
                                  Tipp: Kleide deinen Schmerz in Worte. Schreibe                                    Muskelschmerzen
                               sie in ein Trauertagebuch. Teile deinen Schmerz,                                     Gelenkschmerzen
                               deine Trauer mit Menschen, denen du vertraust. Sei                                   Angst/Panikattacken
                               offen für Berührungen und Umarmungen, sie trös-                                        Wie könnten sie gelindert werden?
                               ten besser als Worte!                                                               Tipp: Tu deinem Körper etwas Gutes!
                                                                                                                   • Trauer belastet die Nieren: Trinke viel Wasser
                               2. Zorn                                                                             oder ungesüßten Kräutertee.
                               Welche Schäden kann Zorn anrichten, wenn er un-                                     • Trauer verkrampft die Muskeln: Gehe täglich 20
                               kontrolliert nach außen durchbricht? Wie schädlich                                  bis 30 Minuten spazieren.
                               ist Zorn, der nach innen gerichtet wird?                                            • Trauer macht kalt: Ein warmes Schaumbad, ein
                                   Lies Epheser 4,23 und Kolosser 3, 8. Welche Ge-                                 Fußbad, eine Wärmflasche helfen.
                               danken kommen dir dazu?                                                             • Trauer macht müde: Schlafe viel und sorge zwi-
                                   Tipp: Schreib deine zornigen Gedanken nieder.                                   schendurch für Ruhepausen.
                               Bitte Gott darum, Gerechtigkeit zu schaffen und dich                                • Trauer verhindert das Abschalten der Gedanken:
                               vom Zorn zu befreien. Und entscheide dich bewusst                                   Höre abends entspannende Musik und sprich ein
                               dafür, den Zorn loszulassen – immer wieder neu!                                     Abendgebet.

12 | adventisten heute | November 2018
Tod und Tr a u e r

5. Was hilft mir? Weinen, Klagen, Reden, Schrei-        ten hast du während deiner Wanderung auf dem
ben, Beten                                              Trauerweg gewonnen?                                     Hilfen zur Trauer­
Kannst du über deinen Verlust weinen? Wenn nicht,          Tipp: Übe das Loslassen in kleinen Schritten         bewältigung
was hindert dich daran? Kannst du deine Trauer          und probiere, wie es sich anfühlt. Verabschiede
in Worte kleiden? Findest du jemanden, der deiner       dich bewusst vom Verstorbenen.
Klage zuhört und deinen Schmerz ernst nimmt?               Sage oder schreibe: „Ich weiß, du bist tot, aber
   „Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne            ich lebe. Du bleibst da, und ich gehe weiter.“
Zweifel, du zählst sie.“ (Ps 56,9)                         Räume den Schrank des Verstorbenen aus. Gib
   Jesus hat öfter geweint. Drei Episoden werden        die Sachen weg, die du nicht mehr brauchst. Schaf-
uns berichtet: Johannes 11,33, Lukas 19,41, Mar-        fe Platz für Neues.                                     Der Hope-Channel
kus 14,34. Was brachte Jesus zum Weinen?                                                                        bietet eine 13-teilige
   Lies Klagelieder 3,1–58. Welche Einsicht bewahr-     9. Was blockiert den Heilungsweg der Trauer?            Serie zur Trauerbewäl-
te den Propheten Jeremia davor, in seiner Klage         • Verdrängen                                            tigung an, die sowohl
nicht völlig unterzugehen?                              • Den Schmerz narkotisieren und ignorieren              im laufenden Pro-
                                                        • Hektik und Ablenkung                                  gramm unter dem Ti-
6. Erinnerung                                           • Suhlen im Selbstmitleid                               tel „Tränen“ zu sehen
Was hat mich an dem verstorbenen Menschen ver-          • Schuldgefühle und Anklagen                            sind, als auch in der
letzt/gestört? Was werfe ich dem Verstorbenen immer     • Dauerhafter Zorn                                      Mediathek abgerufen
noch vor? Wie kann ich diese Anklagen loslassen?           Welche Kondolenz-Sprüche ärgern mich beson-          werden kann. Auch
   Lies Matthäus 6,12. Warum fordert Gott uns auf,      ders?* Was hat mir gut getan? Was brauche ich           über Podcast können
anderen zu vergeben?                                    jetzt am allermeisten? Welche praktische Hilfe-         die 13 Einheiten
   Lies Matthäus 18,21–35. Auf welche Weise kann        stellung wünsche ich mir von meiner Familie und         gehört werden unter
Unversöhnlichkeit meinen Trauerprozess blockieren?      meinen Freunden? Wie können andere von meinen           dem Titel „Tränen,
   Was hat mir an dem verstorbenen Menschen be-         Bedürfnissen erfahren?                                  Trost und Hoffnung“.
sonders gut gefallen? Worüber konnten wir gemein-          Lies Hiob 2,11–13. Welche Aktion der Freunde fin-    Den gleichnamigen
sam lachen? Aus welchen Erinnerungen kann ich           dest du gut? Was hätte dich an Hiobs Stelle gestört?    Online-Kurs kann man
Kraft schöpfen?                                            Lies Hiob 4,1–7; 8,1–3. Warum fühlt sich Hiob        kostenlos beim Hope
   Lies Psalm 139,1–18. Was bedeutet es mir, dass       durch das Gespräch mit seinen Freunden nicht ge-        Bibelstudien-Institut
Gott alles über mich weiß und sorgfältig gespei-        tröstet?                                                studieren. Außerdem
chert hat?                                                 (*Bei mir waren es besonders zwei: „Mach dir         habe ich diese Gedan-
                                                        nichts draus, du hast ja noch zwei Kinder!“ und         ken in einem kleinen
7. Rituale                                              „Sei dankbar, vielleicht wäre eure Tochter später       Buch zusammenge-
Lies Lukas 23, 50–56; 24,1–12. Welche Gedanken          mal eine Verbrecherin geworden.“)                       fasst, es heißt „Let
kommen mir bei diesem Bericht?                                                                                  go …“ und ist bei
   Welche Trauerriten empfinde ich als hilfreich?       10. Was schadet dem Trauernden?                         Amazon.de als ebook
Welche belasten mich? Warum ist mein lieber Ver-        • (Gutgemeinte) Phrasen                                 und als Taschenbuch
storbener gerade in dieser Form bestattet worden?       • Zuschütten mit Bibeltexten über Theologie             erhältlich.
Welche Vorteile sehe ich darin, welche Nachteile?       • Die Situation des Trauernden ignorieren, so tun,
   Tipp: In jeder größeren Stadt gibt es einen Hos-     als wäre nichts passiert.
piz-Verein. Dort erfährst du, wo es in deiner Nähe      • Appelle: „Reiß dich am Riemen, du bist nicht der
eine Trauergruppe gibt. Der regelmäßige Besuch die-     einzige Mensch in Trauer!“
ses Gesprächskreises kann ein tröstliches Ritual wer-   • Dem Trauernden vorjammern, wie schlecht man
den. Probiere verschiedene Rituale aus und bleibe bei   sich selber fühlt.
denen, die dir am meisten Trost und Stütze geben.
                                                        … und was hilft wirklich?
8. Loslassen und Weitergehen                            • Einfühlsames Zuhören
Wenn wir uns auf dem Trauerweg nicht endlos im          • Mitweinen oder taktvoll Taschentücher reichen
Kreise drehen, führt er uns schließlich zu seinem       • Gedanken aus der Bibel, die wirklich trösten
Ziel, der inneren Heilung. Was könnte diesen Pro-       • Umarmen und Halten
zess blockieren? Welche Hoffnung gibt dir Mut und       • Praktische Hilfen bei Alltagspflichten (Kochen,
Kraft für einen Neubeginn?                              Wäsche waschen, Behördengänge)
   Lies Hiob 18, 25–27. Welche Zuversicht hatte der     • Einfach da sein
geplagte Hiob?                                          • Mitnehmen ins Schwimmbad, zur Radtour, zu
   Lies 1. Thessalonicher 3, 13–19 und 1. Korinther     Ausflügen
15, 26. 50–55. Können dich diese Texte trösten?         • Vielleicht eine finanzielle Hilfe (taktvoll nach-
   Welcher Bibeltext hat dir in letzter Zeit am meis-   fragen)
ten Kraft und Hoffnung vermittelt? Welche Einsich-                                              Sylvia Renz

                                                                                           adventisten heute | November 2018 | 13
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