AVISO - Künstliche Intelligenz - Magazin für Kunst und Wissenschaft in Bayern - Bayerisches Staatsministerium für ...
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Nora Zapf, Autorin und Wissenschaftlerin, geboren 1985 in Paderborn, lebt und arbeitet in München und Innsbruck. Studium und Promotion der Literaturwissenschaften an der LMU München, seit 2018 wiss. Mitarbeiterin an der Romanistik Innsbruck. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien, Übersetzun- gen aus dem Spanischen und Portugiesischen. 2017 Assistentin der Bayerischen Akademie des Schreibens. Organisatorin der Reihe für junge Lyrik und Kunst meine drei lyrischen ichs. Ihr Lyrikdebüt rost und kaffeesatz erschien 2018 in der parasitenpresse, im gleichen Jahr ihr zweiter Band homogloben bei gutleut, für den sie mit dem Literaturstipendium der Stadt München 2017 gefördert und mit dem Bayeri- schen Kunstförderpreis 2019 ausgezeichnet wurde. Daraus stammt auch der hier abge- druckte Text.
cyborg, am morgen mensch, mir schmerzt mein rechter arm, fühlt sich an wie seekrank. mensch, das kribbeln soll verschwinden. ich schüttel ihn … passiert mir häufig, bin als maschine arztlos hilfsbedürftig. sprechen kann ich, ist einprogrammiert, mein herz schlägt, wenn die angst schon vor dem vergessen steigt. hardcover mag ich, auch wenn titel nerven. längst liegt die hardware im maschinenraum. bin gewohnt, dass ich auf mein profil nicht zugreifen kann … online-zeit wird länger … parallel laufen statistiken durch mein hirn, über die erdelänge, über die zukunft, die uns bleibt, wie viele schritte über den planeten laufen … ich bin cyborg, ich war alt, als ich davon erfuhr, sie nannten es adoptimieren. mensch, mir schmerzt mein arm, ich schreibe, doch, da sind zwei schrauben locker. ich borge mir das licht der sonne, entfernter kreis, laufen wie solarzellen und filme mag ich. das licht schimmert. niemand spricht mit mir, wie sein letzter tag war. lieber zentaur, hätte ich eine herde. ihre vorhersagen klingen glaubhaft, nicht wie bei mir, andere kassandra. wo geh ich hin? zum mars? ich reite aus, damit etwas blut durch den kreislauf fließt, klapp klapp tipp tipp … aus: Nora Zapf, homogloben, gutleut, Frankfurt am Main, 2018 3
Künstlerin im Heft –– Birthe Blauth Birthe Blauth beschäftigt sich mit den Mustern und Gesetzen, nach denen wir wahrnehmen, unser Umfeld strukturieren und unsere Kultur entwickeln. Sie verwendet in der Werkgruppe der Noise-Arbeiten digital aufgezeichneten White Noise, um der Frage nachzugehen, wie Ordnung und Strukturen aus Chaos und Unordnung entstehen bzw. wann und wodurch für den Menschen Sinn und Bedeutung erkennbar werden. White Noise oder Weißes Rauschen ist ein Rauschen mit einem konstanten Leistungsdichtespektrum in einem bestimmten Frequenz- bereich. Hierzu entwickelt sie Algorithmen und wendet sie auf den Noise an. Analog imple mentieren Programmierer Handlungsanweisungen in Software, der wir ab einer gewissen Kom- plexität künstliche Intelligenz zuschreiben. Jedoch ist der »Schöpfergott« in beiden Fällen der Mensch. Und es ist der Mensch, der die Qualität der Algorithmen und der Ergebnisse beurteilt. Seltsame Lichtwesen ziehen in einer stillen Prozession an der Wand vorbei. Wie eine Seelenwanderung von zahllosen verschiedenen Wesen aus einer anderen Welt, die ihre Körperhüllen auf dem Boden zurückgelassen Foto: Florian Holzherr haben. Die Wesen entstanden aus der Vergrößerung und Aufreihung von Noiseformen. Transmigration, Installation im Haus der Kunst 2019, circa 80 Polyethylenformen und Video-Projektion, 38:05 min. loop, 400 x 725 cm. 4 Künstlerin im Heft: Birthe Blauth
Liebe Leserinnen und Leser, Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Als bestimmen- de Technologie im Bereich der Digitalisierung wird KI zunehmend alle Lebensbereiche durchdringen. Wir in Europa wollen nicht zusehen, wie KI an anderen Orten der Welt entwickelt wird, sondern mit unseren Werten und rechtlichen Rahmensetzungen dieses Zukunftsthe- ma mitgestalten! In Bayern investieren wir massiv in die KI-Forschung. Technik und Technologieförderung sind dabei kein Selbstzweck, sondern müssen dem Wohl des Menschen dienen. Der Mensch bleibt im Mittelpunkt. Wir entscheiden selbst, wie wir KI gestalten und einset- zen. Damit uns das gelingt, müssen wir die Technologien in Grundlage und Anwendung beherrschen. KI verbessert das Leben der Menschen. In Medizin und Pflege werden wir das sehr schnell spüren. Früher hieß es: Wenn man miteinander Handel treibt, führt man nicht Krieg. Heute, in einer komplizierter werdenden Welt, ist gemeinsame Forschung die beste Rückversicherung für den Frieden. Bei alledem gilt es, auch diejenigen mitzunehmen, die Angst vor diesen Entwicklungen haben. Mir ist es wich- tig, zu erfahren: Was bewegt die Menschen bei diesem Thema? Wo wünschen sie sich genauere Information? Was möchten sie für ihre Zukunft wissen? Um mit Bürge- rinnen und Bürgern direkt ins Gespräch über KI zu kom- men, biete ich gemeinsam mit Expertinnen und Experten die Veranstaltungsreihe »Siblers DenkRäume« an. Aviso Bernd Sibler, MdL Bayerischer schlägt auch bei diesem Thema eine Brücke zwischen Staatsminister Kunst und Wissenschaft. für Wissenschaft und Kunst Ihr Bernd Sibler Editorial 5
2 Teaser 20 Ein KI-Mobilitätsknoten für Bayern cyborg, am morgen Walter Schober Nora Zapf 24 Bildstrecke 4 Künstlerin im Heft Maria Justus Birthe Blauth, auch auf S.14 und S.41 30 Roboter als Personen im Rechtssinne? 5 Editorial Zur Diskussion um eine digitale Bernd Sibler, Bayerischer Staats- Rechtspersönlichkeit minister für Wissenschaft und Thomas Riehm Kunst 34 Mensch, Maschine! Die Zukunft sozia- 8 Hinter den Kulissen ler Interaktion mit KI Der Digital Art Space in München Katharina Weitz, Elisabeth André Karin Wimmer 37 Die kreative Maschine – Traum oder 9 Worauf ich mich freue Illusion? Das intelligente Museum Klaus Diepold Andreas Gundelwein 42 Aviso Einkehr 10 Ausstellung Die Tafernwirtschaft Danibauer in Experience in Action! – Design- Freyung build in der Architektur Rudolf Himpsl 11 Kolumne Kunst! Du! 44 Science Slam Über, in und um die Künste Künstliche Intelligenz erklärbar Nora Gomringer machen Katharina Weitz 12 Das Erklärstück Gehirn-Computer-Schnittstellen 46 Avisiert als eine neue Form der Interaktion Kunst & Kultur aktuell von Mensch und Maschine Orsolya Friedrich 48 Geschriebenes Auto-Autonome! Künstliche Intelli- 15 Künstliche Intelligenz genz oder menschliche Idiotie! Das Thema dieser Ausgabe Philipp Weber 16 KI, mein Freund und Helfer 49 Fragen? Antworten! Herausforderungen und Implikatio- Was uns umtreibt, wenn wir an KI nen für die Mensch-KI-Interaktion denken Nils Urbach, Jan Jöhnk Heribert Popp, Robert Hable 6 Inhalt
Impressum Copyright: Bayerisches Staatsministerium für Wissen- 50 Philosophischer Apercu schaft und Kunst, Salvatorstraße 2, 80333 KI und die Zukunft der Arbeit München ISSN 1432-6299 Christoph Lütge Redaktion: Dr. Elisabeth Donoughue (ed), verantw. Astrid Schein, Adressen und Leserservice 51 Comic Telefon: 089 . 2186 . 2420 Fax: 089. 2186. 2890 We Need to Talk, AI E-Mail: Redaktion.Aviso@stmwk.bayern.de Julia Schneider, Lena Kadriye Aviso erscheint viermal jährlich. E-Paper: stmwk.bayern.de/kunst-und-kultur/ Ziyal magazin-aviso.html Die kostenlosen Ausgaben sind im Ministerium, an bayerischen Hochschulen oder staatlichen Kultureinrichtungen oder beim Bestellservice der Bayerischen Staatsregierung erhältlich. bestellen.bayern.de Titelbild: Dominik Wendland, aus: EGOn, Jaja Verlag 2019 dominikwendland.de Keine Angst vor Zahlen 49 Gestaltung: Sabrina Zeltner sabrinazeltner.com Gesamtherstellung: Bonifatius GmbH, Druck-Buch-Verlag Karl- Schurz-Str. 26, 33100 Paderborn bonifatius.de Mit intelligenten Erklärungen, liebevollen schwarz-weißen Illustrationen und Katzen erklären die Autorin und promovierte Volkswirtin Julia Schneider und die Künst- lerin Lena Kadriye Ziyal in ihrem Wissenschaftscomic We Need to Talk, AI / KI, wir müssen reden Künstliche In- Lasst uns die öffentliche Demütigung in Um zu verstehen, wie die KI unser Leben telligenz (KI). Dabei behandeln sie Big Data, Feminis- unseren individuellen Mathe-Biografien verbessern könnte, schlagen wir eine echte wieder gutmachen. mus, Datenkapitalismus, Inklusion oder datenbedingte Keine Angst vor Zahlen Revolution vor: Diskriminierung. Eine kritische Würdigung einer weg- 49 weisenden Technologie, die sich ebenso an Fachpubli- kum wie an KI-Neulinge richtet. Auszüge aus dem Comic finden Sie auf den Seiten 21 und 51. Zum Download weneedtotalk.ai. Comic: Julia Schneider/Lena Kadriye Ziyal, aus: We Need to Talk, AI / KI, wir müssen reden, weneedtotalk.ai Dr. Julia Schneider ist Autorin, Wissenschaftlerin und Exil-Fränkin in Berlin und u. a. Mitglied des wissen- schaftlichen Ausschusses des VDEI Verbandes der Exoskelettindustrie e.V., des Netzwerks efas – Wirtschaft, Feminismus und Wissenschaft und des Track Teams Wissenschaft und Technik von re:publica (docjsnyder.net). Sie promovierte in Wirtschaftswissenschaften an der Das macht nicht nur unser Leben grauer. Freien Universität Berlin mit mikroökonometrischen Eva- Null ist zum Beispiel ein faszinie- luationen der Arbeitsmarktreform 2005. Anschließend Viele unserer Gehirne signalisieren rendesuns Lasst Werkzeug, mit dem wir die öffentliche „1908“ in Demütigung Um zu verstehen, „Schmerz“, wie Zahlen wenn wir die KI lesen, unser Leben darüber arbeitete sie als Forscherin und Beraterin in den Berei- (=1*1000+9*100+0*10+8*1) unseren anstelle von individuellen Mathe-Biografien verbessern nachdenken könnte, schlagen wir eine echte oder reden. Revolution vor: MCMVIIIgutmachen. wieder schreiben können. chen empirische Arbeitsmarkt- und Innovationsforschung sowie als Senior-Datenstrategin. Sie ist die Autorin der Publikation We Need to Talk, AI (auf Deutsch: KI, wir müssen reden). Derzeit arbeitet sie an einer Comic- Sein oder Nicht-sein... Publikation zum Thema Geld: Financial Literacy 5.0. Lena Kadriye Ziyal ist als Grafikdesignerin, Illustratorin und Mitinhaberin der Content- und Designagentur infotext – und ebenfalls Exil-Fränkin in Berlin. Sie ist die Künstlerin hinter We Need to Talk, AI. Ziyal studierte Grafik und visuelle Kommunikation an der Kunsthoch- schule Berlin-Weißensee, der Universität der Künste (UdK) in Berlin und an der Marmara Universität Istanbul. Zuvor machte sie eine Ausbildung im Bereich Illustra- Das macht nicht nur unser Leben grauer. tion und Zeichnung im Studio Mustafa Yildirim in Null ist zum Beispiel ein faszinie- Istanbul, die sie mit einer Weiterbildung in Illustration Viele unserer Null ist auch Gehirne Teil dessignalisieren Binärcodes, der für Mit besserem rendes „mathematischen Werkzeug, Selbstwert- mit dem wir „1908“ „Schmerz“, wenn die heutigen wir Zahlen Computer lesen, und ihre darüber Sprache gefühl“ könnten und sollten (=1*1000+9*100+0*10+8*1) mehr von anstelle von uns und Grafikdesign im Atelier Saeed Ensafi (Teheran, nachdenken oder reden. über alltägliche Chancen und Risiken von grundlegend ist. Grundlegend also für KI. MCMVIII schreiben können. Iran) abschloss. Im Jahr 2008 schrieb sie ihre erste KI diskutieren. Graphic Novel Graustufen. Sein oder Nicht-sein... Inhalt 7
Hinter den Kulissen –– Der Digital Art Space in München Karin Wimmer Evolution of Fish, Mixed-Reality Plasktikmüll Installation mit interaktiver Augmented-Reality-Projektion, Tamiko Thiel und /p, 2019. Die Ausstellung Binär des Münchner Künstlers Oleksiy Koval Welt auseinandersetzte. Es folgten das Künstlerduo Tamiko in meiner Galerie war der Auslöser, mich in der Zukunft digi- Thiel und /p und die Künstlerin Gretta Louw. Das Künstlerduo talen Themen und Techniken widmen zu wollen. Diese Aus- Tamiko Thiel und /p verwandelte die Ausstellungsräume in eine stellung, die unterschiedlich große Screens mit digitaler Malerei Unterwasserhöhle des Anthropozäns mit einem Riff aus echtem zeigte, wurde von vielen Besuchern und auch Künstler*innen Plastikmüll und AR-Fischen. Der Digital Art Space wird vom sehr interessiert aufgenommen. Es ergaben sich viele anregende Kulturreferat der Landeshauptstadt München gefördert und Diskussionen und Gespräche. Ich war fasziniert von der Innova- die letzten drei Ausstellungen wurden auch vom Bezirksaus- tionskraft der Ideen durch digitale Medien. In Gesprächen mit schuss Maxvorstadt finanziell unterstützt. Zusätzlich versuche den Künstler*innen stellte ich fest, dass es bis dahin für sie keine ich für jede Ausstellung geeignete Sponsoren zu gewinnen. Im Möglichkeit gegeben hatte, ihre Arbeiten zu digitaler Kunst in Frühling diesen Jahres wird der Digital Art Space Studierenden München zu zeigen. Während dieser Ausstellung formierte sich der Akademie der Bildenden Künste in München für digitale bei mir der Gedanke, einen Digital Art Space ins Leben zu rufen. Kunstinterventionen zur Verfügung stehen. Die Thematik des Digitalen stellte für mich keine ganz neue Herausforderung dar, denn eine erste Auseinandersetzung mit digitalen Techniken in meiner beruflichen Laufbahn fand bereits Im Digital Art Space werden Ausstellungen nationaler im Wintersemester 2012/13 in einer Lehrveranstaltung statt, und internationaler Künstler*innen gezeigt, die sich mit die ich zu digitalen Medien am Institut für Kunstgeschichte an den Herausforderungen der digitalen Welt beschäftigen. der LMU München hielt. Das Thema hat mich stets begleitet, Ziel ist eine kritische Auseinandersetzung und Reflexion auch als ich in meiner 2016 begonnenen Habilitation zum The- der Dimensionen des digitalen Umbruchs. ma »Kunst und Überwachung – Künstlerische Interventionen Dr. Karin Wimmer studierte Kunstgeschichte in Wien, Siena im digitalen Zeitalter«, intensiv über Künstler*innen recher- Foto: Tamiko Thiel und /p, 2019 und Florenz, sie promovierte in Wien über einen italieni- chierte, die sich mit digitaler Kunst beschäftigten. Im Som- schen Maler des 20. Jahrhunderts und arbeitete in ver- mer 2018 fanden erste Gespräche mit der Landeshauptstadt schiedenen Ausstellungshäusern wie der Pinakothek der München über Fördermöglichkeiten statt. Einige Zeit später Moderne oder dem Franz Marc Museum in Kochel. Ab präsentierte ich ein ausgereiftes Konzept über den Digital Art 2009 war sie als wissenschaftliche Assistentin an der LMU München am Institut für Kunstgeschichte tätig. Von 2014 Space und seine Ausrichtung in der Form, wie es ihn jetzt gibt. bis 2018 leitete sie eine eigene Galerie mit dem Schwer- Der Digital Art Space startete im April 2019 mit der Künstlerin punkt Münchner Künstler*innen, seit 2018 kuratiert sie den Veronika Veit, die sich mit der Rolle der Natur in einer digitalen Digital Art Space in München, der von ihr gegründet wurde. 8 Hinter den Kulissen
Worauf ich mich freue –– »Das intelligente Museum« Andreas Gundelwein Museumsbesuche sind meistens unter- haltsam, oft spannend, im Idealfall auch lehrreich – man nimmt immer etwas mit. Aber wie wäre es, als Besucher einmal et- was »dort« zu lassen, mit der Ausstellung zu interagieren und sie selbst zu verän- dern? Diese Idee hat uns nicht losgelas- sen – »uns« meint in diesem Fall Andreas Gundelwein vom Deutschen Museum in München und seine Projektpartner vom Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Diese Bilder hat der Künstler Daniel Heiss mit Hilfe von KI erzeugt, die auf der Analyse von Fotos von Karlsruhe. Gemeinsam haben wir daher Museumsbesucher*innen basiert. Der StyleGAN-Algorithmus, der zur Erzeugung dieser Bilder verwen- det worden ist, wurde von Tero Karras, Samuli Laine und Timo Aila bei NVIDIA entwickelt. das Konzept für ein »intelligentes Mu- seum« entwickelt: Interaktive und mit künstlicher Intelligenz (KI) ausgestat- bewusst und unbewusst bei der Entwick- vorgestellt. Finanziert wird das Projekt tete Exponate und Installationen sollen lung von Ausstellungen mit und werden »Das intelligente Museum« über eine genau das künftig leisten: mit dem Pub- Teil des Prozesses. Damit betritt das ZU- Förderung der Kulturstiftung des Bundes likum interagieren, sich verändern, die KUNFTSMUSEUM zusammen mit dem in Höhe von 880.000 Euro. Ausstellung einem ständigen Wandel un- ZKM Karlsruhe museales Neuland. terwerfen, Besucher mitgestalten lassen Ein Beispiel dafür, wie so etwas aussehen und zu Beteiligten machen. Umgesetzt könnte, ist die künstlerische 360°-Vi- werden soll dieses Projekt ab kommen- deoarbeit FLICK_KAi von Daniel Heiss dem Jahr in der neuen Zweigstelle des (2018, s. Abbildung): Die künstliche In- Deutschen Museums in Nürnberg, dem telligenz der Maschine entwickelt aus ZUKUNFTSMUSEUM. zigtausenden Bildern realer Museums- Damit wird ein neuartiges Experimentier- besucher fotorealistische Imitationen. So feld für Künstler eröffnet, die mit quell- entstehen aus Fotografien der Besucher offenen Algorithmen des maschinellen Bilder »neuer, quasi idealer Museums- Lernens experimentieren und digitale besucher«, generiert als vollkommen Kunstwerke schaffen. Dieses können inter- künstliche, nicht-existente »Durch- aktive audiovisuelle Installationen, gene- schnittsbesucher«. rative Videos, Datenvisualisierungen oder Die Ideen und Werke werden im Rahmen Dr. Andreas Gundelwein ist Geowissen- -verklanglichungen, Klangkunst, Musik künstlerischer Wettbewerbe entwickelt schaftler und hat sich bei unterschiedlich- en Ausstellungsvorhaben und Projekten oder web- bzw. textbasierte Kunst sein. und nachfolgend in Nürnberg und Karls- © ZKM | Karlsruhe, Foto: Daniel Heis in der Wissenschaftsvermittlung engagiert. Parallel dazu sollen datengetriebene Ap- ruhe ausgestellt. Ein erster Schritt hierzu Nach Stationen im Harz, in Potsdam, Berlin, plikationen entstehen, welche die Inter- wird im Herbst dieses Jahres ein künst- Hamburg und Lindau ist er seit 2014 Mit- aktionen der Museumsbesucher mit den lerisch-wissenschaftliches Symposium in glied der Museumsleitung des Deutschen digitalen Kunstwerken analysieren sollen, Karlsruhe sein. Dabei werden der aktuelle Museums München und dort für den Bereich Ausstellungen und Sammlungen um gewissermaßen zur Optimierung der Stand künstlerischer KI-Technik und mu- zuständig. Der Aufbau der neuen Zweig- Ausstellung beizutragen. Damit wird ein sealer Besucherforschung diskutiert und stelle des Deutschen Museums in Nürnberg, völlig neuartiges und interaktives musea- ein neues genre- und gattungsübergrei- des ZUKUNFTSMUSEUMS ist dabei sein les Erlebnis geschaffen: Besucher wirken fendes Artist-in-Residence-Programm Herzensanliegen. Worauf ich mich freue 9
Ausstellung Experience in Action! Designbuild in der Architektur DesignBuild findet im Architekturmuseum der TUM München vom 19.03.2020 bis 14.06.2020 statt D esignBuild wird an vielen Architekturschulen der Welt ge- lehrt. Studierende planen, entwerfen und setzen konkrete Projekte um: Wohnhäuser, Theater, Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser, meist in Entwicklungsländern, gelegentlich aber auch in unterversorgten Gebieten vor der eigenen Haustür. Die Lehrmethode ist nicht frei von Kritik, aber sie bietet den Stu- dierenden die Möglichkeit, Hand anzulegen und sich mit unbe- kannten Menschen, mit fremden Kulturen und unterschiedlichen finden, die sich, differenziert nach den Kategorien Interdiszi- Materialien auseinanderzusetzen. DesignBuild hat eine lange plinarität – Evaluation – Lokal versus Global, den Inhalten der Tradition, ist aber in den letzten Jahren an vielen Hochschulen Ausstellung und des begleitenden Katalogs widmet. Die Konfe- zu einem immer häufiger nachgefragten Konzept geworden. Das renz sollte unmittelbar vor der Ausstellungseröffnung stattfinden, Architekturmuseum der TUM eröffnet die bisher größte und um- wurde aber mit Rücksicht auf die sich zunehmend verschärfende fassendste Ausstellung zum Thema. Die Ausstellung dient daher Situation von Ansteckungen mit dem Coronavirus in Deutschland dazu, eine breite Öffentlichkeit über die soziale Wirkung und abgesagt. Der Ausweichtermin für die Konferenz wird auf archi- nachhaltige Bedeutung dieser Lehrmethode zu informieren. Im tekturmuseum.de/ausstellungen/experience-in-action mitgeteilt. Zusammenhang mit der Ausstellung soll eine Konferenz statt- Die Konferenz wird auf Englisch abgehalten. 10 Ausstellung
Kunst! Du! Über, in und um die Künste – Nora Gomringer meint Liebe Leserinnen, liebe Leser, ich tippe auf einer Tastatur, die Welten entfernt ist vom wissen von uns, was wir ihnen eingeben und doch wissen Beginn aller Schreibtechniken, vom Kratzen, Malen und sie auch immer etwas mehr, prozessieren es in ihrem In- Meißeln. Und doch hämmere ich ganz schön auf meine neren zu neuen Ergebnissen. Mein Rührgerät ist nicht so, Tastatur ein. Genug, um manchen in der ruhigen Biblio- es rührt nur, wie meine Tastatur gehorcht und den ange- thek zu mir blicken zu lassen. Ich könnte meinen Rechner tippten Buchstaben ausführt. Je nachdem, was uns berührt auf Spracherkennung umstellen und wäre dann im Reich am Mythos Maschine, ist Furcht, Mitleid oder eine un- der Künstlichen Intelligenz angelangt. Mein Tippen ist behagliche Mischung beider Gefühle. Sie merken schon, nämlich eigentlich Mechanik verheiratet mit Elektronik. dass ich Ihnen keine Meinung präsentiere, nur aufschreibe, Aber Spracherkennung, visuelle Wahrnehmung, das Tref- was der Begriff aushält. Denn bin ich nicht die Erste, die fen von Entscheidungen und das Übersetzen von Sprachen ein schlaues Auto schätzt, ein Haus, das mich mit Wärme gelten als menschliche Meisterleistung, mittlerweile aller- erwartet, die ich per Handy auf Grade genau anwählen dings nachgeahmt und teilweise übertroffen von Compu- konnte, eine moderne Medizin, die über Grenzen hinweg tersystemen. Wo Maschinen Menschen ersetzen können, virtuell aufklären und auch heilen kann? Ich bin ambivalent entsteht ein horror vacui, der gar nicht so »vacui« ist: eine eingestellt zur Künstlichen Intelligenz in Zeiten, in denen Grauzone für ethische Fragen, moralisch verantwortliches es an der natürlichen Variante doch so fehlt, die uns un- Handeln, für wirtschaftlichen Erfolg und große W-Fra- bedingt das Klima schützen ließe, denke ich und stell mich gen für die Menschheit, die zwar eifrig erfindet und eben freitags dazu. »macht, was geht«, aber auch leidet, wenn sie sich selbst- verschuldet in Unmündigkeiten begibt, in ungeahnte, Nora Gomringer skandalöse, verzweifelt machende. Der Rechner meines Freundes erkennt ihn am Gesicht. So wie ich ihn, dazu an seiner Art, sich zu bewegen, seiner Stimme, ich erkenne ihn an seinen Händen und seinem Körper, ich erkenne ihn an seiner Kleidung, seinem Duft, seinen Interessen. Ich erkenne ihn an meinen Gefühlen für ihn. Für mich ist er so viel mehr als die Symmetrieformel seines Gesichts. Der Rechner erkennt ihn nicht, wenn er seine Brille trägt, dabei steht die ihm so gut. »KI« ist in der Literatur im Genre der Sci Fi aufgehoben, dabei steckt sie bereits tief in den Schöpfungen Zeus‘, aus dessen Kopf Tochter Athene geboren wurde, denn eine nicht »natürliche« Intelligenz ward geboren. Auch Ausflüge des Dr. Frankenstein in die Totenhäuser Ingolstadts, um dort Leichenteile zu sam- meln, die vernäht und durch Elektrizität statt göttlichem Funken, Odem, whatever, neues Leben entstehen lassen, das »künstlich« zu nennen ist, weil die »Natur« nur be- dingt beteiligt war. Den meisten von uns wird »KI« entweder in Form furcht- einflößender Terminatoren oder zauberhafter, kindlich wirkender Roboter à la Spielberg präsentiert. In »Her« Nora-Eugenie Gomringer, Schweizerin und Deutsche, lebt in Bamberg. ist es eine körperlose Stimme, eine Sirene, die einen Mann Foto: Judith Kinitz Sie schreibt, vertont, erklärt, souffliert und liebt Gedichte. Alle in sich verliebt macht, in ihre »Alexa-Haftigkeit«, ihre zu- Mündlichkeit kommt bei ihr aus dem Schriftlichen und dem Erlausch- ten. Sie fördert im Auftrag des Freistaates Bayern Künstlerinnen trauliche Färbung, ihr nachfragendes Interesse, ihr intimes und Künstler internationaler Herkunft. Dies tut sie im Internationalen Wissen über ihren Zuhörer. Die intelligenten Maschinen Künstlerhaus Villa Concordia. Und mit Hingabe. nora-gomringer.de Kunst! Du! 11
Das Erklärstück ----- Gehirn-Computer-Schnittstellen als eine neue Form der Interaktion von Mensch und Maschine Kindern die eigene philosophische Forschung über neuartige Techno- logien zu erklären, ist nicht einfach. Ein Austausch über Bilder von Nutzer*innen von Brain-Computer- Interfaces (BCI) sollte dabei helfen. Jun.-Prof. Dr. med. Dr. phil. Orsolya Friedrich ist Ärztin und Philosophin, seit Herbst 2019 leitet sie eine Emmy Noether-Forschungsgruppe (DFG), die daran arbeitet, das Phänomen der Interaktion in verschiedenen Mensch-Maschine-Interaktionen, Warum sieht der Mann mit einer Badekappe fern? seine qualitativen Neuerungen und deren Folgen Das sieht tatsächlich ein wenig so aus. Allerdings hat diese für Einzelne und für die Gesellschaft zu konzep- Kappe im Gegensatz zu Badekappen viele kleine Löcher, wo tualisieren und zu bewerten. Elektroden des Elektroenzephalogramms (EEG) befestigt sind. Die Elektroden messen Spannungsschwankungen, die entste- hen, wenn der Mann geistig aktiv ist, zum Beispiel an eine Be- wegung seiner Hand denkt. Nervenzellen im Gehirn arbeiten nämlich über elektrische Aktivität und diese kann man messen. Er könnte sich auch auf äußere Reize wie Geräusche oder auf- leuchtende Symbole (z. B. sukzessive aufleuchtende Buchstaben des Alphabets) auf einem Bildschirm fokussieren, um messbare Gehirnaktivität zu erzeugen. Er sieht übrigens nicht etwa einen Fernsehfilm an, sondern fokussiert die Punkte. Der Mann kann Orsolya Friedrichs Töchter stellen ihrer Mutter in Verschiedenes bewirken wollen mit seiner Kappe. Er könnte diesem Artikel die Fragen zu deren Forschung. etwa versuchen, mithilfe seiner Gehirnaktivität etwas auf dem Bildschirm zu schreiben, zu malen, oder einen Gegenstand wie z. B. einen Rollstuhl zu steuern. Die Technologie ist aber deutlich komplizierter, als es auf dem Bild aussieht. Viele For- scher*innen arbeiten zusammen, um mit Gehirnaktivität etwas Foto: Volker Wiciok per Computer steuern zu können. Die beim Mann gemessenen Daten und wiederkehrende Muster müssen etwa mit Algorith- men erst analysiert werden, um zum Beispiel einen passenden Computerbefehl zum Malen erzeugen zu können. 12 Das Erklärstück
Wenn es so schwierig ist, etwas mit dieser einige Wissenschaftler*innen forschen auch daran, emotionale Technologie zu bedienen, warum malt oder schreibt Zustände wie Freude bis zu einem gewissen Grad erfassen zu der Mann nicht einfach mit seiner Hand? können. Einige Menschen haben Erkrankungen, die verhindern, dass sie ihre Hände benutzen können: etwa, wenn sie gelähmt sind. Für Warum befasst Du Dich als Philosophin mit BCIs? dpa/picture alliance Foto: Gedächtnisgesteuerter Computer, Thomas Morel-For diese Personen kann ein Brain-Computer-Interface (BCI) eine Die Art der Interaktion mit Technik scheint sich bei BCIs grund- große Unterstützung sein. Es gibt aber auch Unternehmen, die legend zu wandeln. Wir nutzen nur unsere Gehirnaktivität und viel Geld in die BCI-Forschung investieren, um die Technologie nicht, wie sonst üblich, Teile unseres Körpers, um etwas in der soweit zu perfektionieren, dass BCIs eines Tages eine hilfreiche Welt zu verändern. Das ist nicht nur technologisch äußerst be- und leichte Benutzung von verschiedenen technischen Gerä- eindruckend, sondern wirft auch extrem viele neue theoretische ten auch bei Gesunden ermöglichen könnten. Das wäre dann Fragen auf über uns als handelnde Menschen. Veränderungen auch jenseits der Medizin eine faszinierende Neuartigkeit dieser durch BCIs begrifflich möglichst genau zu beschreiben, zu ver- Mensch-Maschine-Interaktion: die Bedienung von Technik, stehen und in unsere lebensweltlichen sowie moralischen Fragen ohne dass man sich dazu bewegen muss, quasi mit reiner »Ge- einzuordnen oder zu bewerten ist etwas, das Philosoph*innen dankenkraft«. zusammen mit anderen geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern leisten können. Eine Frage in diesem Zusammenhang, Bedeutet das, dass die Kappe alle Gedanken des die eine Philosoph*in stellen kann, ist: Was meint man, wenn Mannes lesen kann? man davon spricht, Gedanken zu lesen, was ist ein Gedanke? Gedankenlesen im strengen Sinne kann man mit BCIs nicht. Oder: Handelt ein Mensch überhaupt noch im herkömmlichen Die Gehirnaktivität wie vorhin beschrieben zu messen, um da- Sinne und ist er verantwortlich, wenn er mit einem BCI einen mit Geräte zu steuern, ist bei weitem nicht gleichbedeutend Schaden verursacht? damit, abstrakte Gedanken eines Menschen zu erkennen. Man kann aber bereits Zustände wie starken Stress mit BCIs messen, Gehirn-Computer-Schnittstellen als eine neue Form der Interaktion von Mensch und Maschine 13
Noise, White Noise oder anderer Noise – egal welchen Ursprungs – ist für uns das, was Klang und Bild stört. Noise ist so komplex, dass er sich nicht einordnen lässt. Dabei bietet Noise eine unendliche Vielfalt. Noise als Bild oder Klang hat das unerschöpfliche Potenzial, sich in alles zu entwickeln. In den kosmogonischen Mythen vieler Kulturen heißt es, die Welt sei aus etwas Unförmigem, einer Art Ursuppe oder Noise entstanden. Das deckt sich mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaft über den Urknall, dessen Nachhall im Weltall aufgezeichnet wurde. Noise hat für uns keine Bedeutung, weil wir darin keine Ordnung sehen können. Das ändert sich, sobald das in Natur und Kultur oft genutzte Prinzip der Achsenspiegelung angewendet wird und außerdem das Gesamtbild der vertrauten Form eines Pilasters entspricht. Pillars of the Cosmos, 2019, Fine Art Print auf Alu Dibond, jeweils 300 x 60 cm. 14 Künstlerin im Heft: Birthe Blauth
Künstliche Intelligenz Künstliche Intelligenz ist heute eine Schlüsseltechnologie der Digitalisie- rung mit zahllosen Anwendungsfeldern. Auch die aktuelle Kunst benützt sie als künstlerisches Werkzeug. Algorithmen, Programme und Tools er- zeugen bereits heute Gemälde, Musik, Filme und inzwischen auch Texte. Wo die Kunst Ängste, Faszination oder schlichtweg Neugier im Umgang mit KI zum Ausdruck bringt, untersucht die Wissenschaft die Frage, ob KI überhaupt wirklich kreativ sein kann und macht Kreativität so selbst zum Gegenstand der Forschung. Ob Algorithmen jemals in der Lage sein wer- den, etwas noch nie Dagewesenes zu schaffen, das sich über Konventionen hinwegsetzt, also: ein originär schöpferisches Kunstwerk? KI führt zu den Grundfragen von Künstler- und Urheberschaft. Während die Forschung das Spektrum möglicher Interaktionen mit KI untersucht und weiterent- wickelt, »spielt« die Kunst bereits Kommunikation mit KI, setzt KI als Partnerin wie als Widersacherin des Menschen in Szene und macht die auf KI gerichteten Heilserwartungen wie Angstprojektionen sichtbar: Wie menschlich kann KI handeln? Was kann KI gar besser als der Mensch? Die heutzutage generierte Datenmenge übersteigt ja inzwischen bei Weitem die Fähigkeit des Menschen, diese Daten aufzunehmen, zu interpretieren und auf ihrer Basis komplexe Entscheidungen zu treffen. Künstliche Intelligen- zen können also spezielle Themenfelder bereits jetzt besser beherrschen als der Mensch, und sie lernen selbstständig dazu. Die Rechtswissenschaft befasst sich daher mit einer möglichen Handlungsverantwortung von KI: Kann KI als Rechtsperson gelten? Philosophisch gefragt: Sind ethische Maßstäbe programmierbar? Wie könnte ein gutes Leben mit KI aussehen? Kunst bewegt sich mit ihren Mitteln bereits in solchen Möglichkeitsräumen. In jedem Fall erfordert und schafft KI neue Perspektiven. Ihre Aviso-Redaktion (ed) Thema dieses Hefts: Künstliche Intelligenz 15
KI, mein Freund und Helfer Herausforderungen und Implikationen für die Text: Nils Urbach, Jan Jöhnk Illustrationen: Eva Wünsch Mensch-KI-Interaktion 16 Thema Künstliche Intelligenz
K ünstliche Intelligenz (KI) durch- dringt unser Privat- und Berufs- leben immer stärker. Wir als Menschen ordnen: KI als Automat, KI als vielfältiger Helfer und KI als Partner. Die erste Gruppe, KI als Automat, KI-Lösungen werden persönlicher. Das heißt: Individuelle Wünsche und Präfe- renzen der Nutzer werden in Zukunft interagieren daher in unserem Alltag überwacht Handlungen des Menschen als stärker berücksichtigt. Dabei greift KI auf immer öfter mit KI. Im Rahmen einer eine Art Schutzengel, sichert diese ab und persönliche Daten und den Interaktions- gemeinsamen Studie der Projektgruppe unterstützt bei Bedarf. Die zweite Grup- kontext zurück, die z. B. durch persönliche Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer pe, KI als vielfältiger Helfer, unterstützt Assistenten gesammelt werden. Auch so- FIT an der Universität Bayreuth sowie der Arbeiten des Menschen im Hintergrund, ziale Elemente werden eine größere Rolle Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) versorgt den Menschen bedarfsgetrieben spielen und gestalten die Mensch-KI-In- wurde analysiert, wie Unternehmen Inter- mit Informationen oder erarbeitet im en- teraktion empathischer und individueller. aktionen mit KI erfolgreich und umsichtig gen Austausch gemeinsame Ergebnisse. gestalten können. Schließlich werden in der dritten Grup- These 2: Hybride Intelligenz pe solche Anwendungsfälle gebündelt, Die charakteristischen Interaktionstypen in denen KI als Partner durch eine hohe Interaktionen zwischen Mensch und KI bil- von KI-Anwendungsfällen Personalisierung und soziale Elemente in den die Basis für das Zusammenführen ihrer der Interaktion als eine Art bester Freund jeweils einzigartigen Fähigkeiten. Interaktionen und unterschiedliche For- wahrgenommen wird. Schon heute arbeiten Mensch und KI men der Zusammenarbeit zwischen zusammen (Stichwort Augmented Intel- Menschen und KI bedürfen einer ziel- 10 Thesen zur zukünftigen Entwicklung ligence). Dabei ergänzen sie sich mit ihren gerichteten Gestaltung. Es ist wichtig zu der Mensch-KI-Interaktion jeweiligen Stärken: KI-Technologien etwa verstehen, wie wir Menschen mit Techno- haben Zugriff auf riesige Datenmengen logien interagieren werden, die uns auch Auf Grundlage der Erkenntnisse zu dem ty- und der Mensch zieht logische Schluss- in komplexen Denkaufgaben unterstützen pischen Verlauf von Mensch-KI-Interakti- folgerungen aus ihnen. Bisher ist es aber und dabei individuell auf unsere Gedan- onen wurden in der Studie zehn Thesen für meist noch der Mensch, der bei der Zu- ken und Gefühle eingehen. Und umge- deren zukünftige Entwicklung formuliert. sammenarbeit der eigentliche Problem- kehrt müssen wir verstehen lernen, wie Dabei geht es nicht nur um die erfolgreiche löser ist. Das wird sich jedoch ändern. diese Technologien unsere Handlungen Gestaltung heutiger Anwendungsszenari- KI wird immer leistungsfähiger und die wahrnehmen, interpretieren und darauf en, sondern auch um zukünftige Potenziale Interaktion mit den Menschen wechselsei- reagieren. der Mensch-KI-Interaktion. Die Thesen tiger. Die Folge: Es entsteht eine hybride Im Zuge der Analyse wurden daher beschreiben daher die generelle Tendenz in Intelligenz. Dabei wird KI den Menschen fünf unterschiedliche Interaktionstypen der Entwicklung von KI-Lösungen sowie zukünftig bei komplexen Problemen stär- identifiziert, die sich anhand ihrer charak- die Veränderungen bezüglich der Rollen ker beraten, Entscheidungen eigenständi- teristischen Merkmale abgrenzen lassen. und Aufgaben von KI (What), des Verlaufs ger treffen und kreative Aufgaben lösen. Zum einen ist die Handlungsfreiheit von von Mensch-KI-Interaktionen (How) und KI ist nicht mehr nur ein Intelligenzver- KI-Lösungen unterschiedlich ausgeprägt: der Implikationen für die erfolgreiche Ge- stärker, sondern ein Partner. Beide Seiten In manchen Fällen sollen sie nur auf expli- staltung von künftigen KI-Anwendungen arbeiten als Team. zite Befehle reagieren; in anderen Fällen (So What). ist es gewünscht, dass sie selbstständig ent- Die erste These bezieht sich auf eine These 3: Handlungsfreiheit scheiden und handeln. Zum anderen gibt grundlegende Veränderung der KI und es verschiedene Grade der Wechselseitig- steht deshalb übergreifend über den an- KI erhält analog zu Menschen in unter- keit: Je genauer die ungleichen Partner deren neun Thesen. schiedlichem Maße Handlungs- und Ent- ihr Verhalten gegenseitig wahrnehmen, je scheidungsspielraum. mehr Informationen sie austauschen und These 1: Personalisierung, Wie viel Handlungs- und Entschei- je stärker ihre Handlungen einander beein- soziale Elemente, Aufgabenvielfalt dungsspielraum sollte der Mensch der flussen, desto ausgeprägter ist ihre wech- und Kontextverständnis KI gewähren? Das hängt von der jewei- selseitige Interaktion. ligen Aufgabe ab und kann unterschied- Die fünf Interaktionstypen werden Mit der fortschreitenden Entwicklung von lich ausfallen. Zukünftig können Teams durch die Begriffe »Schutzengel«, »Hein- KI nehmen auch Personalisierung, soziale der KI beispielsweise – analog zu einem zelmännchen«, »Informant«, »Kollege« Elemente, Aufgabenvielfalt und Kontextver- menschlichen Teammitglied – mehr Au- und »bester Freund« beschrieben. Sie las- ständnis von KI in Interaktionen mit dem tonomie einräumen, wenn die Interaktion sen sich drei übergeordneten Gruppen zu- Menschen zu. erfolgreich war. Emotionale Reaktionen KI, mein Freund und Helfer 17
und Verantwortungsbewusstsein bleiben ein. Ein Beispiel sind hier intelligente These 6: KI-Nutzererlebnis jedoch weiterhin dem Menschen vorbe- Spam-Filter. halten. Der »beste Freund« hingegen baut eine Das Nutzererlebnis mit KI entwickelt sich Bei sich wiederholenden oder unge- starke Bindung zwischen Mensch und KI zu einer übergreifenden und durchgängi- liebten Aufgaben wiederum soll KI dem auf. Er steht ihm als Partner im Alltag zur gen User Journey. Menschen helfen. Dabei wird der Hand- Seite, hat aber wenig Handlungsspielraum Die Interaktionen mit KI werden für lungsspielraum aber auf einzelne Aufga- (z. B. soziale Chatbots). den Menschen in Zukunft intuitiver. ben oder Entscheidungen begrenzt. Der Grund dafür ist, dass sich die verschie- Grund: Es gibt noch unbeantwortete Fra- These 5: Interaktionskanäle denen KI-Systeme stärker untereinan- gen in Sachen Haftung und Verantwortung der austauschen und Zusammenhänge (z. B. bei autonom fahrenden Autos). Erst Mensch-KI-Interaktionen verlaufen im- berücksichtigen werden. Dabei gelan- wenn diese geklärt sind, kann KI innerhalb mer unmittelbarer und damit weitgehend gen Informationen und Präferenzen der der Interaktionen eigenständiger handeln. unabhängig von spezifischen Interaktions- Nutzer mithilfe von Schnittstellen und kanälen. einem Technologieintermediär nahtlos These 4: Interaktionstypen Bisher findet die Interaktion häufig nur von einem KI-Anwendungsfall zum an- über einen oder wenige Kanäle statt (z. B. deren. Die Interaktionstypen entwickeln sich in Sprache, Text oder Haptik). Zukünftig Ein Beispiel: Schon heute können Richtung zweier Extreme: KI als Automat wird die Wahl des Kanals jedoch flexib- Nutzer direkt über einen intelligenten und KI als Partner. ler sein und beliebig kombiniert werden Assistenten, den sie privat nutzen, an- Dadurch, dass KI grundsätzlich per- können. stehende Termine im Unternehmens- sönlicher wird, gleichzeitig aber auch den Die Folge: KI reagiert nicht mehr nur kalender eines anderen intelligenten Interaktionskontext besser versteht, bil- auf explizite Anweisungen des Nutzers, Assistenten abfragen. den sich in Zukunft vor allem zwei Inter- sondern zukünftig auch auf implizite Sig- aktionstypen heraus: der »Schutzengel« nale oder den Interaktionskontext. Diese These 7: Erwartungshaltung und der »beste Freund«. Entwicklung ermöglicht es KI-Lösungen, Der »Schutzengel« handelt meist Prozesse automatisch im Hintergrund zu KI passt sich durch eine inhalts- und kon- eigenständig und bezieht den Nutzer da- steuern, sofern sie keine hohe Wechsel- textgerechte Bereitstellung von Services der bei nicht bewusst in seine Handlungen seitigkeit benötigen. Erwartungshaltung des Menschen an. 18 Thema Künstliche Intelligenz
Überhöhte oder falsche Erwartungen These 10: Ethik und Moral ausforderungen und Handlungsfelder für können bei der Mensch-KI-Interaktion Unternehmen, unter anderem in Bezug ungemein frustrierend sein. Derzeit gibt Ethik und Moral sind zentrale Bestandteile auf die Veränderung des Berufsumfelds es noch oft eine Lücke zwischen erwar- der Mensch-KI-Interaktion und erfordern für den Menschen. So stellt sich die Frage: tetem Nutzen der KI und dem tatsäch- neben dem daten- auch ein wertegetriebenes Kennen Sie die Chancen und Herausfor- lichen Potenzial. Dabei kann der Mensch Lernen. derungen von KI und wissen Sie, wie Sie den Nutzen und Funktionsumfang der Die letzte These thematisiert zwei davon profitieren? KI auch unterschätzen und folglich nicht zentrale Bestandteile der Mensch-KI-In- vollständig ausschöpfen. Diese Lücke teraktion: Ethik und Moral. Nicht nur bei wird durch technologischen Fortschritt der zwischenmenschlichen Interaktion und personalisierte KI-Lösungen zu- sind beide Aspekte von Bedeutung, auch künftig geschlossen. Dabei passt sich KI in Bezug auf KI spielen sie eine immer der Erwartungshaltung des Nutzers an – größere Rolle. Wie die Interaktionen ge- und kann diese sogar voraussagen. führt werden, hängt dabei nicht nur von den Daten vergangener Interaktionen ab, Weitere Informationen: These 8: Anthropomorphologie sondern auch von gesellschaftlichen und Eine gemeinsame Studie der Fraunhofer- Projektgruppe Wirtschaftsinformatik an individuellen Ethik- und Moralvorstel- der Universität Bayreuth und der Prüfungs- Das Erscheinungsbild von KI muss sich lungen. Als Konsequenz daraus müssen und Beratungsgesellschaft EY zeigt die (äußerlich und funktional) immer weniger zukünftig noch Aspekte wie Transparenz zukünftige Entwicklung und Gestaltungsdi- am menschlichen »Vorbild« orientieren. oder Vergleichbarkeit der Interaktionen mensionen für erfolgreiche Interaktionen KI-Agenten werden in Zukunft weni- berücksichtigt werden – oder die Frage: mit Künstlicher Intelligenz auf: Im Rahmen einer umfassenden Recherche ger als heute dem Menschen nacheifern. Wer haftet, wenn KI versagt? und 25 Interviews mit KI-Experten und Bisher wurden KI-Lösungen mit mög- KI-Anwendern wurden Gestaltungsdimen- lichst vielen menschlichen Eigenschaften Mensch-KI-Interaktionen sionen und Bewertungsmerkmale für – sowohl äußerlich als auch funktional erfolgreich gestalten Mensch-KI-Interaktionen identifiziert. – versehen. Das sollte dazu beitragen, Zum Weiterlesen dass die Gesellschaft die neue Techno- Die zehn Thesen geben einen wichtigen Die vollständige Studie unter: logie stärker akzeptiert und ihr vertraut. Einblick in die mögliche zukünftige Ent- fim-rc.de/kompetenzen/ki/mensch-ki-inter- Je etablierter die KI-Systeme jedoch sind, wicklung der KI und damit auch in die aktion/ desto weniger benötigen sie dieses Er- Interaktion zwischen Mensch und KI: scheinungsbild. Außerdem wirkt sich Sie wird persönlicher, intuitiver und das menschenähnliche Aussehen nicht komplexer. Sie wirft für die Zukunft aber immer positiv auf die Interaktion aus auch Fragen auf, etwa hinsichtlich der Prof. Dr. Nils Urbach ist Professor für – beispielsweise in der Pflege. Manche Handlungsfreiheit und Ethik. Wer diese Wirtschaftsinformatik und Strategisches Patienten schämen sich etwa in beson- Entwicklungen jetzt diskutiert und ihre IT-Management an der Universität Bayreuth, ders intimen Situationen, wenn ihnen Implikationen versteht, kann rechtzeitig Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des ein Roboter hilft, der einem Menschen reagieren. Fraunhofer-Instituts für Angewandte Infor- zu ähnlich ist. KI-Experten und Lösungsanbieter mationstechnik FIT, Kernkompetenzzent- rum Finanz- und Informationsmanagement sind sich einig, dass KI unsere Art des (FIM). nils.urbach@fim-rc.de These 9: Vertrauen Arbeitens verändern wird. Diese Ver- änderungen erfordern Offenheit und Jan Jöhnk ist Mitarbeiter der Projektgruppe Vertrauen in Mensch-KI-Interaktionen Expertise in Wirtschaft und Gesellschaft Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer- muss durch wiederholte positive Ergebnisse – zudem finden sie im Wettbewerb mit Instituts für Angewandte Informationstech- nik FIT, Kernkompetenzzentrum Finanz- und/oder durch den Aufbau einer sozialen anderen Regionen der Welt statt, wo und Informationsmanagement (FIM). Bindung geschaffen werden. technologischer Fortschritt schneller zum jan.joehnk@fim-rc.de Wie entsteht Vertrauen innerhalb von Einsatz kommt. Auch wenn bereits viele Mensch-KI-Interaktionen? Es gibt zwei unterschiedliche, oft auch negativ behaf- Eva Wünsch studierte 2011–2016 an der Wege: positive Erfahrungen während der tete Zukunftsszenarien im Raum stehen, Fakultät Design der TH Nürnberg Georg Simon Ohm Illustration (B.A.), studiert jetzt Zusammenarbeit und soziale Bindungen wird der Wandel in naher Zukunft nicht in Leipzig an der Hochschule für Grafik zwischen Mensch und KI. Gerade Letz- so radikal und drastisch erfolgen. Die und Buchkunst Illustration und Malerei und teres wird sich in den nächsten Jahren Entwicklung von KI-Lösungen ist noch arbeitet seit mehreren Jahren für verschie- verändern: Die Aufgaben der KI werden lange nicht so weit, dass sie Menschen dene Magazine und Verlage als Illustratorin. immer komplexer, weshalb emotionale tatsächlich schlagartig in ihrem Berufs- In ihren Arbeiten entstehen Bilder in Kombination von analogen und digitalen Ele- Fähigkeiten stärker gefragt sind. Ver- leben ersetzen und damit ihre Existenz menten; Collagen, die Ungewöhnliches trauen basiert zukünftig nicht mehr nur bedrohen. Vielmehr wird KI in naher Zu- zusammenbringen und dadurch Sehge- auf geringen Fehlerquoten, sondern viel- kunft viele Berufsfelder verändern. Die wohnheiten herausfordern. mehr auch auf sozialen Elementen. Studie identifiziert daher Chancen, Her- cargocollective.com/evawuensch KI, mein Freund und Helfer 19
Ein KI- Text: Walter Schober Comic: Julia Schneider, Lena Kadriye Ziyal Mobilitätsknoten für Bayern Autonomes Fahren, unbemanntes Fliegen, intelli- gentes Fertigungsverfahren im Automobilbau – Mobilität der Zukunft kommt ohne Künstliche In- telligenz nicht aus. KI-basierte Methoden bieten Chancen und schaffen einen ganz neuen Blick auf die Mobilität von morgen. 20 Thema Künstliche Intelligenz
24 Selbstfahrende Autos Doch die Verantwortung tragen am Ende Schon heute können wir mit der Autopilot- trotzdem wir. Die Systeme sind nicht funktion komfortabel unser Auto steuern autonom - oder selbstfahrend. oder ein Flugzeug fliegen lassen. Wir hätten viel Zeit zum Schlafen, Arbei- Das mag sich innerhalb weniger Jahre Comic: Julia Schneider/Lena Kadriye Ziyal, aus: We Need to Talk, AI / KI, wir müssen reden, weneedtotalk.ai ten, Lesen oder Spielen, nüchtern oder be- ändern. trunken nach einer Party. Das hab ich einfach nicht kommen sehen. Darüber hinaus zeigen Nutzertests, dass wir Oder vielleicht auch nicht. Fast jeder von autonomen Systemen eine Erklärung ihrer Autounfall bringt etwas für die KI Neues Entscheidungen erwarten, damit wir uns si- und Unvorhersagbares mit sich. cher fühlen. Gar nicht so einfach. Ein KI-Mobilitätsknoten für Bayern 21
A utonomes Fahren, unbemanntes Fliegen, intelligentes Fertigungsverfahren im Automobilbau – die Mobilität der Zukunft kommt ohne Künstliche Intelligenz (KI) nicht aus. den müssen. Diese und zahlreiche weitere Use-Cases, die den Produktionsstandort Bayern absichern können, werden durch KI möglich. Der KI-Mobilitätsknoten soll Anwendungen der Wie gelangt ein Fahrzeug autonom und sicher von A nach B? KI für eine intelligente Automobilproduktion gemeinsam mit Wie wählt es die ideale Strecke? Wie lassen sich intermodulare Partnern aus der Automobilbranche sowie wissenschaftlichen Verkehrsketten intelligent steuern? KI-basierte Methoden und Partnern im Netzwerk weiter erforschen und implementieren. Verfahren bieten Chancen, die bisher nur im Ansatz erforscht Autonomes Fahren ist das Herzstück des KI-Mobilitäts- sind – und schaffen so einen ganz neuen Blick auf die Mobili- knotens. Bereits jetzt übernimmt das Auto immer mehr Auf- tät von morgen. gaben des Fahrers – ob beim Einparken, Tempo Halten oder Zur Vernetzung des KI-Wissens rund um die Mobilität als Stauassistent. Diese Aufgaben nehmen mit zunehmendem in Bayern entsteht derzeit an der Technischen Hochschule In- Automatisierungsgrad zu, bis beim autonomen Fahren (Stufe golstadt (THI) der wissenschaftliche KI-Mobilitätsknoten des 5) schließlich das Fahrzeug alle Verkehrssituationen selbständig Freistaats Bayern. Für den Aufbau des KI-Mobilitätsknotens bewältigt, ohne dass der Mensch eingreifen muss. Die Stufe 3, nutzt die THI als Grundlage die bereits vorhandene wissen- bei der ein Fahrer das Fahrzeug nicht dauerhaft überwachen schaftliche Kernkompetenz – 30 forschungsaktive Professoren muss, ist zwar heute noch nicht erreicht. Aber bereits mit den mit 125 wissenschaftlichen Mitarbeitern allein im Bereich der nächsten Schritten der Automatisierung werden Fahrerinnen Mobilität. Der Fokus auf die Mobilitätstechnologien zeigt sich und Fahrer von weiteren Routineaufgaben entlastet und neue beispielhaft im Forschungs- und Testzentrum CARISSMA, Möglichkeiten im öffentlichen Personenverkehr werden zur dem bundesweit ersten Forschungsbau an einer Fachhochschu- Steigerung der Verkehrseffizienz und zur Reduzierung von le mit dem Anspruch, bundesweites wissenschaftliches Leit- Umweltbelastungen beitragen. Der Weg zum autonomen zentrum für Fahrzeugsicherheit zu sein. Aber auch am Institut Fahren führt auch zu einer höheren Verkehrssicherheit und für Innovative Mobilität forschen über 30 Wissenschaftler an markiert einen Schritt in Richtung Vision Zero, der Vision der Themen wie der KI-gestützten Batteriesteuerung. Europäischen Union von null Verkehrstoten. Der Grundstein für die Institutionalisierung der KI-For- Da autonomes Fahren wegen der unendlichen Vielzahl schung wurde im April 2019 mit der Gründung von AININ an möglichen Verkehrsszenarien hochgradig komplex ist, gilt (Artificial Intelligence Network Ingolstadt) gelegt. In einem der Weg dorthin als äußerst schwierig. Gerade der KI kommt PPP-Modell der Partner THI, Katholischen Universität Eich- hier in der Bewältigung von Technologiesprüngen eine Schlüs- stätt-Ingolstadt, der Stadt Ingolstadt, des Klinikums Ingol- selrolle zu. Der KI-Mobilitätsknoten soll wesentliche Beiträge stadt, der AUDI AG, der MediaMarktSaturn Retail Group liefern, die den Weg zum autonomen Fahren ebnen. sowie der Fraunhofer-Gesellschaft wurde ein Netzwerk ge- Unbemanntes Fliegen ist ein Zukunftsfeld, dem sich In- schaffen, welches sich die Erforschung von KI-Anwendungen golstadt mit der Initiative »Urban Air Mobility« widmet. Der auf die Fahnen geschrieben hat. Einsatz von unbemannten Flugobjekten sowohl im Güter- als Aufbauend darauf etabliert der Freistaat nun im Rah- auch im Personentransport verspricht zahlreiche Anwendungs- men der High-Tech-Agenda des Ministerpräsidenten den möglichkeiten mit einem großen Potenzial, die Lebenswelt der KI-Mobilitätsknoten an der THI – mit zusätzlich 30 Wissen- Menschen zu verbessern. Dringend benötigte Medikamente schaftlerstellen. Im Endausbau werden so zusammen mit den können sowohl im urbanen als auch im inter-urbanen Raum eingeworbenen Stiftungsprofessuren rund 50 grundfinanzierte rasch von A nach B transportiert, große Waldflächen effizient Wissenschaftler an KI-Themen forschen. Der Anspruch ist es, auf eine Brandgefahr hin kontrolliert werden, auf landwirt- durch entsprechende Drittmittelforschung die Forscherzahl schaftlichen Flächen wird ein gezielterer Einsatz von Pflanzen- bis Ende 2025 zu verdoppeln und damit ein bundesweit be- schutzmitteln möglich. achtetes KI-Zentrum in Ingolstadt zu schaffen. Für die Weiterentwicklung von unbemanntem Fliegen Der KI-Mobilitätsknoten, der in diesem wissenschaft- ist der Einsatz von KI wesentlich, sowohl in der Verarbeitung lichen Umfeld entsteht, ist Teil des KI-Districts Bayern und von Sensor-Signalen zur Wahrnehmung des Luftraums als auch widmet sich Innovationspotenzialen von KI-basierter Mobili- beispielsweise in der Planung der exakten Strecken, die unbe- tät der Zukunft. Ziel ist es, relevante Forschungsergebnisse mannte Flugkörper zurücklegen sollen. An diesem Punkt setzt zu schaffen und in praktische Anwendungsmöglichkeiten zu der Ingolstädter KI-Mobilitätsknoten mit seiner Forschung an. überführen – sowohl für die autonome Mobilität im zweidi- Neben den drei zentralen Themenbereichen Autonomes mensionalen Raum als auch in der dritten Dimension, die den Fahren, KI-gestützte Automobilproduktion und unbemanntes Luftraum einschließt, und in der KI-gestützten Automobil- Fliegen deckt der KI-Mobilitätsknoten mit seinen Forschungs- produktion. Dazu sollen Mobilitätsdaten generiert, intelligent aktivitäten vier Querschnittsbereiche ab, die in alle zentralen verarbeitet und anschließend verwertet werden. Themenbereiche einwirken: KI-Methoden, Mobilitätsinfra- Thematisch bearbeitet der KI-Mobilitätsknoten drei struktur, KI-Geschäftsmodelle/Dienstleistungen sowie Ethik/ zentrale Themenbereiche: Autonomes Fahren, KI-gestützte Akzeptanz/Technikfolgen. Automobilproduktion und unbemanntes Fliegen: Im Querschnittsbereich KI-Methoden sucht der Ingol- Automobilproduktion wird in Zukunft immer mehr von städter KI-Mobilitätsknoten Lösungen für Herausforderun- KI durchdrungen. Produktions- und Logistiksysteme werden gen, die beim Einsatz von KI-Methoden in Applikationen der vernetzt, Roboter kollaborieren intelligent und Maschinen er- autonomen Mobilität auftreten. Dazu gehören die Interpre- kennen selbst, wenn Bauteile gewartet oder gewechselt wer- tierbarkeit und Nachvollziehbarkeit von KI-Verfahren, deren 22 Thema Künstliche Intelligenz
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