UBS real estate focus - Bauma Immobilier

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UBS real estate focus - Bauma Immobilier
UBS real estate focus
Research Schweiz
Januar 2012

Immobilienmarkt Schweiz
2012

Markttreiber Talsohle bei den Zinsen
Wohnimmobilien Preisanstiege zunehmend besorgniserregend
Geschäftsimmobilien Divergierende Entwicklung in den Grossstädten
Börsennotierte Immobilien Weiterhin in der Gunst der Investoren

ab
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Inhalt
                                                                  Editorial...................................................................................................... 3
      UBS real estate focus 2012
      Diese Publikation wurde durch UBS AG
                                                                  Auf einen Blick........................................................................................... 4
      erstellt. Bitte beachten Sie die wichtigen
      rechtlichen Informationen am Ende der                       Markttreiber
      Publikation. Aus der Performance der                        Konjunktur und Zinsen............................................................................... 5
      Vergangenheit kann nicht auf künftige
                                                                  Bevölkerung und Beschäftigung.................................................................. 7
      Renditen geschlossen werden. Die an­
                                                                  Überblick Markttreiber Immobilien.............................................................. 8
      gegebenen Marktpreise sind Schluss­kurse
      der jeweiligen Hauptbörse.
                                                                  Wohnimmobilien
      Herausgeber
      UBS AG, Wealth Management Research,
                                                                  Eigenheime – geeignete Fluchtanlage?..................................................... 9
      Postfach, CH-8098 Zürich                                    Mietwohnungen – zunehmende Bautätigkeit......................................... 11
                                                                  Überblick Wohnimmobilien....................................................................... 12
      Chefredaktor
      Claudio Saputelli                                           Im Fokus
      Leiter Global Real Estate Research                            Sanierungsstau und die Rolle des Staats................................................ 13
      Redaktion
                                                                    Verkehrsinfrastruktur-Projekte treiben Immobilienwerte nur bedingt ..... 15
      Viviane Vajda                                                 Stadtplanung und Verdichtung von Ballungszentren.............................. 17
      Autoren
      Alessandro Farsaci*, Urs Fäs*, Reto Gamper*,                Geschäftsimmobilien
      Béatrice Gollong*, Elias Hafner, Amine                      Büroflächen – deutliche regionale Differenzen......................................... 19
      Hamdani*, Gunnar Herm*, Matthias Holzhey,                   Verkaufsflächen – rückläufige Renditen.................................................. 21
      Bruno Kurz*, Caesar Lack, Till Leisner*,                    Überblick Geschäftsimmobilien................................................................. 22
      Dalibor Maksimovic*, Stefan R. Meyer,
                                                                  Im Fokus
      Marcin Paszkowski*, Claudio Saputelli,
      Stefanie Schneuwly, Marc A. Soguel-dit-                       Land in Sicht! Innovationen bei Lage­bewertung und Standortsuche...... 23
      Piquard*, Thomas Veraguth, Markus                             Planung von Ferienanlagen in Schweizer Urlaubsorten........................... 25
      Wagemann*                                                     Neuerungen im Lease Accounting und Folgen
      Gastautoren                                                   für Immobilientransaktionen.................................................................. 27
      Prof. Kees Christiaanse*, Niels Lehmann*,
      Anne Mikoleit*, Moritz Pürckhauer*,                         Börsennotierte Immobilien
      Prof. Dr. Felix Schindler*
                                                                  Immobilienaktien – ein solides Fundament hat seinen Preis.................... 29
      Redaktionsschluss                                           Immobilienfonds – Gewinner im aktuellen Tiefzinsumfeld ..................... 31
      3. Januar 2012                                              Überblick börsennotierte Immobilien......................................................... 32
      Desktop                                                     Im Fokus
      Werner Kuonen, Margrit Oppliger,                              Frischer Wind fordert und fördert die 2. Säule....................................... 33
      Linda Sutter
                                                                    Globale Immobilienanlagen als attraktive Beimischung im Portfolio........ 35
      Titelbild                                                     Globale Immobilienaktien drei Jahre nach der grossen Krise................... 37
      Igor Stramyk / Dreamstime.com

      Druck                                                       Fragen und Antworten
      Druckerei Flawil AG, Flawil, Schweiz                        Fragen und Antworten rund um Immobilien............................................. 39
      Sprachen
      Deutsch, Englisch, Französisch                              Ausgewählte Research-Publikationen........................................................ 42
      und Italienisch

      Kontakt
      ubs-research@ubs.com

      *
       Diese Autoren sind Gastautoren oder stammen allesamt
      aus Abteilungen ausserhalb von Wealth Management
      Research. Diese unterliegen nicht allen gesetzlichen
      Bestim­mungen bezüglich der Unabhängigkeit der
      Finanz­­ana­lyse. Die «Richtlinien zur Sicherstellung der
      Unabhängigkeit der Finanzanalyse», die der Verwal­
      tungsrat der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg)        Bestellungen oder Abonnemente
      erlassen hat, gelten nicht.                                   Als UBS-Kundin oder -Kunde können Sie UBS real estate focus abonnieren und zusätzliche
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2   UBS real estate focus Januar 2012
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Editorial
                    Liebe Leserin, lieber Leser

                    Kaum ein anderer Begriff hat jüngst das Wirtschaftsgeschehen stärker geprägt als
                    das Wort Grenze: die Kursuntergrenze des Schweizer Frankens zum Euro, welche
                    die Schweizerische Nationalbank im September letzten Jahres einführte, das politi­
                    sche Gerangel um die US-Schuldengrenze, die beinahe zur Zahlungsunfähigkeit der
                    grössten Volkswirtschaft der Welt führte, oder die von Regierungen hochverschul­
                    deter Länder massiv überschrittenen «Maastricht-Grenzen», denen man sich in den
Daniel Kalt         nächsten Jahren mit rigorosen Sparmassnahmen wieder annähern will.

                    Auch im Schweizer Immobilienmarkt stösst die Entwicklung an Grenzen. Das Zins­
                    senkungspotenzial ist praktisch ausgeschöpft. Bei Bundesobligationen mit kurzen
                    Laufzeiten wurde im letzten Sommer gar die Nullzins-Grenze unterschritten (Nega­
                    tivzinsen). Zusätzlich heizen lukrative Finanzierungsbedingungen die Immobilien­
                    nachfrage an. Der Bauboom hat dazu geführt, dass in gewissen Grosszentren und
                    ihren Agglomerationen kaum mehr Baulandreserven existieren. Für Neuerschlies­
                    sungen ist der Handlungsspielraum durch das bestehende Raumplanungsgesetz
                    aber begrenzt. Durch neue Verkehrsinfrastrukturprojekte und bessere Erreichbarkeit
                    gewinnen Peripherielagen zwar an Attraktivität, doch durch das anhaltend hohe
Claudio Saputelli   Bevölkerungswachstum verpufft die Wirkung.

                    Grenzen sind nicht statisch; sie werden vielmehr immer wieder neu definiert. So
                    haben das ungebremste Wachstum auf dem Hypothekarmarkt und das damit ein­
                    hergehende gestiegene Risiko bei der Kreditvergabe für Wohneigentum die Finanz­
                    marktaufsicht Finma längst auf den Plan gerufen. Neue Richtlinien zur Hypothekar­
                    kreditvergabe, welche die bestehenden qualitativen Kriterien konkretisieren,
                    wurden genehmigt. Auch werden vorübergehend höhere Kapitalanforderungen für
                    Banken gefordert, ins­besondere bei der Vergabe von Krediten, die bankeigene
                    Kreditrichtlinien nicht erfüllen.

                    Während es zweckmässig ist, gewisse Grenzen zu respektieren, gilt es andere zu
                    durchbrechen. Im UBS real estate focus 2012 überschreiten wir Haus- und Landes­
                    grenzen: Zum einen finden Sie in der vorliegenden Ausgabe neben Fach­artikeln von
                    UBS-Immobilienexpertinnen und -experten auch Gastbeiträge zweier Professoren
                    von renommierten Hochschulen. Weiter werfen wir einen Blick über die Schweizer
                    Grenze und beleuchten Aspekte des ausländischen Immobilienmarkts.

                    Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

                    Daniel Kalt                                Claudio Saputelli
                    Chefökonom Schweiz                         Leiter Global Real Estate Research
                    Wealth Management Research                 Wealth Management Research

                                                                          UBS real estate focus Januar 2012   3
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Auf einen Blick
    Wohnimmobilien                                Geschäftsimmobilien                         Börsennotierte Immobilien

    Immobilien gelten als sichere Anlageklas­     In den zwei Schweizer Finanzmetropolen      Das Jahr 2012 dürfte für Immobilien­
    se. So erstaunt es nicht, dass als Folge      driftet die Entwicklung des Büromarkts      aktien insgesamt robust, aber im Ver­
    der aktuellen Marktturbulenzen immer          auseinander. Zudem ist dieses Jahr im       gleich zu den letzten Jahren unspekta­
    mehr Gelder in Schweizer Wohnimmo­            aktuellen Tiefzinsumfeld generell kaum      kulär werden. Die Grossen bleiben eine
    bilien flies­sen. Eine gefährliche Tendenz.   Aufwertungspotenzial bei den Immobi­        Basisanlage für konservative Investoren.
    Seite 9                                       lienpreisen vorhanden. Seite 19             Seite 29

    Zur voraussichtlichen Abnahme der Migra­      Die Angebotsausweitung bei Verkaufs­        Börsennotierte Schweizer Immobilien­
    tion durch die Konjunkturabkühlung ge­        flächen übertrifft den möglichen Nach­      fonds bieten eine gute Gesamtrendite
    sellt sich eine Angebotsausweitung auf        frageanstieg bei weitem. Wir rechnen        und Diversifikation fürs Portfolio. Auf­
    dem Mietwohnungsmarkt. Entsprechend           deshalb mit tieferen Renditen und sin­      grund der tiefen Zinsen dürfte die Nach­
    ist mit leicht steigenden Leerwohnungs­       kenden Angebotsmieten für das laufen­       frage nach Immobilienfonds – trotz
    ziffern und einer Abflachung des Miet­        de Jahr. Seite 21                           re­lativ hoher Bewertung – auch 2012
    preiswachstums zu rechnen. Seite 11                                                       robust bleiben. Seite 31

    Im Fokus                                      Im Fokus                                    Im Fokus

    Sanierungsstau und die Rolle                  Land in Sicht! Innovationen bei Lage­       Frischer Wind fordert und fördert
    des Staats                                    bewertung und Standortsuche                 die 2. Säule
    Der Sanierungsstau in der Schweiz ist in      Ein konkretes Nutzungskonzept, kombi­       Vorsorgeeinrichtungen investieren einen
    aller Munde. In einer freien Marktwirt­       niert mit dem passenden Standort, er­       bedeutenden Vermögensanteil in Immo­
    schaft werden Investitionen nur getätigt,     möglicht eine nachhaltige Immobilien­       bilien, halten sie überwiegend immer
    wenn sie sich lohnen. Der Staat greift        investition. Dank neuen Methoden zur        noch im Direktbesitz und bewirtschaften
    zwar über verschiedene Regulierungen          Lagebewertung kann die Standortsuche        sie selbst. Der Trend zur Professionalisie­
    ein, doch die Auswirkungen sind gering.       zielgruppenspezifisch und flächende­        rung im Zuge der Strukturreform zwingt
    Der Sanierungsmarkt Schweiz ist intakt.       ckend erfolgen. So verringert sich das      sie jedoch vermehrt, ihre Strategie zu
    Seite 13                                      Investitionsrisiko. Seite 23                überdenken. Seite 33

    Verkehrsinfrastrukturprojekte treiben         Planung von Ferienanlagen in                Globale Immobilienanlagen als
    Immobilienwerte nur bedingt                   Schweizer Urlaubsorten                      attraktive Beimischung im Portfolio
    Die gute Erreichbarkeit einer Region          Im Schweizer Hotelgewerbe zeichnet          Internationale Immobilienanlagen er­
    macht ihren Immobilienmarkt attraktiv.        sich ein Trend in Richtung Gesamtkon­       weisen sich für Anlegerinnen und An­
    Eine neue Verkehrsinfrastruktur kann          zept mit Freizeit, Wohnen und Gewerbe       leger, die in den globalen Aktien- und
    aber nur dann einen Preiseffekt auslö­        ab. Doch von den kürzlich angekündig­       Anleihenmärkten investiert sind, als
    sen, wenn die Region Entwicklungs­            ten über 50 neuen Projekten für grös­       attraktiv, da sie eine Verbesserung des
    potenzial hat. Seite 15                       sere Ferienanlagen wurde mehr als die       Rendite-Risiko-Profils im Port­folio be­
                                                  Hälfte auf Eis gelegt oder verworfen. Die   wirken. Globale Diversifikation ist bei
    Stadtplanung und Verdichtung                  Planung und Finanzierung ist hochgra­       Immobilien dabei wichtiger als an den
    von Ballungszentren                           dig komplex und viele Projekte scheitern    Aktienmärkten. Seite 35
    Die Schweizer Bevölkerung wächst und          insbesondere an der Finanzierung.
    mit ihr die Nachfrage nach Wohnraum.          Seite 25                                    Globale Immobilienaktien drei Jahre
    Doch die Bodenressourcen sind begrenzt.                                                   nach der grossen Krise
    Das Stichwort heisst Erschliessung der        Neuerungen im Lease Accounting und          Von 2007 bis 2009 verloren globale Im­
    Agglomeration. Um eine nachhaltige            Folgen für Immobilientransaktionen          mobilienaktien 70 Prozent an Wert. Ende
    Stadtentwicklung sicherzustellen, ist eine    Lease Accounting – die Bilanzierung von     2011 haben sie fast die Hälfte des Ver­
    überkommunale Zusammenarbeit im               Miet- und Leasingverhältnissen – wird       lusts wieder gutgemacht. Diese gewalti­
    grösseren Massstab notwendig. Lausanne,       von den beiden Regelwerken IFRS und         gen Bewegungen basieren unter ande­
    Zürich und Genf haben unterschiedliche        US GAAP zunehmend harmonisiert. Die         rem auf krassen Falschbeurteilungen. Die
    Lösungen gefunden. Seite 17                   Auswirkungen auf Sale-and-Leaseback-        Erholung verläuft harzig und die Risiken
                                                  Transaktionen dürften schweizweit ge­       sind nicht zu unterschätzen. Seite 37
                                                  ring bleiben, da nur wenige Firmen diese
                                                  Standards anwenden. Seite 27

4   UBS real estate focus Januar 2012
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Vichaya Kiatying-angsulee / Dreamstime.com
Markttreiber

Konjunktur und Zinsen
Die Schweizer Konjunktur kann sich der         in der Schweiz ist die globale Konjunktur­            Caesar Lack
globalen Wirtschaftsabschwächung nicht         schwäche und der damit verbundene Nach­               Wealth Management Research
                                                                                                     UBS AG
entziehen. Doch die Binnenwirtschaft ist       fragerückgang nach Schweizer Exporten. Da
robust, die Einkommen steigen und die          die Exporte 54 Prozent des Schweizer Brutto­
Zinsen bleiben niedrig.                        inlandprodukts (BIP) ausmachen, bestimmt
                                               die ausländische Nachfrage den Schweizer
Die wirtschaftliche Dynamik hat sich gegen     Konjunkturzyklus. Zum globalen Konjunktur­
Ende des letzten Jahres nicht nur global, son­ rückgang gesellt sich erschwerend die Franken­
dern auch in der Schweiz stark abgeschwächt. stärke. Die Schweizer Exporte werden dieses
Die Schweizer Wirtschaft wird 2012 deutlich    Jahr mengenmässig kaum zulegen können.
langsamer wachsen als noch im Vorjahr, als     Falls die Exportpreise weiter fallen sollten, dürf­
sie knapp 2 Prozent zunahm. Dennoch dürfte ten die Exporterlöse sogar rückläufig sein. Dies
sich die Konjunktur, wie schon in den vergan­ würde die Margen der Exporteure weiterhin
genen Jahren, besser entwickeln als im euro­   stark belasten und die Investitionstätigkeit in
päischen Ausland. Von 2006 bis 2011 wuchs      der Schweiz hemmen.
die Schweizer Wirtschaft im Schnitt jährlich
über einen Prozentpunkt rascher als die Euro­ Hoffnung ruht einzig noch auf den Schwellen­
zone. Selbst wenn die Eurozone 2012 in eine    ländern. Nur sie können die Schweizer Exporte
Rezession abgleiten sollte, muss dies nicht    im laufenden Jahr mengenmässig ansteigen
automatisch auch eine Rezession in der         lassen. Obwohl weniger als 10 Prozent der
Schweiz bedeuten.                              Schweizer Warenexporte in die BRIC-Länder
                                               (Brasilien, Russland, Indien, China) gehen,
Schweiz ist ans Ausland gekoppelt              zeichnen diese Staaten für fast 30 Prozent des
Hauptgrund für die Wirtschaftsabschwächung Schweizer Exportzuwachses in den vergange­

                                                                                            UBS real estate focus Januar 2012                                                  5
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Markttreiber

    nen zwei Jahren verantwortlich. Solange die                      Solange die SNB die Kursuntergrenze des
    Schwellenländer weiter wachsen, dürfte ihre                      Schweizer Frankens zum Euro von 1,20 beibe­
    Nachfrage nach Schweizer Exporten anhalten                       hält, kann sie weder die Zinsen erhöhen noch
    oder gar ansteigen. Sollte die Wirtschaft in den                 die überschüssige Liquidität abschöpfen, da
    Schwellenländern sich hingegen stark abküh­                      beides den Franken stärken würde. Falls die
    len, wovon wir derzeit nicht ausgehen, würden                    Märkte die Entschlossenheit der SNB, an der
    die Schweizer Ausfuhren einbrechen und die                       Kursuntergrenze festzuhalten, testen sollten,
    Schweizer Wirtschaft 2012 in eine Rezes­sion                     dann müsste die SNB mehr Franken drucken
    geraten.                                                         und/oder Devisen kaufen. Dies würde die
                                                                     Notenbankgeldmenge noch weiter ansteigen
    Gesunde Binnenwirtschaft                                         lassen, was wiederum den Abwärtsdruck auf
    Im Gegensatz zum Exportsektor erfreut sich                       die kurzfristigen Zinsen stärker erhöhen würde.
    die Binnenwirtschaft einer relativ robusten                      Die SNB hat somit die Kontrolle über die Geld­
    Verfassung. Dies ist erstens darauf zurückzu­                    politik temporär verloren – zugunsten eines
    führen, dass die Schweiz selbst nicht direkt                     stabilen Wechselkurses. Solange die Wechsel­
    an den globalen Schulden- und Immobilien­                        kursgrenze bestehen bleibt, dürften die Zinsen
    exzessen in den Vorkrisenjahren teilnahm und                     am kurzen Ende tief bleiben. Schweizerische
    somit kein Schuldenproblem hat. Vielmehr                         Anlagen, darunter auch Anleihen, gelten als
    sind die Bilanzen der öffentlichen und privaten                  sichere Häfen. Während die europäische Schul­
    Haushalte sowie der Unternehmen in einem                         denkrise andauert, dürfte das Sicherheitsargu­
    sehr guten Zustand. Zweitens dürfte die Zu­                      ment die längerfristigen Inflationsbedenken
    wanderung anhalten, was die Wirtschaft wei­                      jedoch übertrumpfen, so dass auch die länger­
    terhin stützt. So sollte der Privatkonsum, trotz                 fristigen Zinsen nur sehr langsam, falls über­
    relativ schlechter Konsumentenstimmung,                          haupt, ansteigen dürften.
    auch dieses Jahr zulegen. Obwohl die Arbeits­
    losenrate leicht gestiegen ist, rechnen wir                      …und einen Anstieg der Inflation
    dieses Jahr mit einer Zunahme der Beschäfti­                     Die Weitergabe von Wechselkursgewinnen des
    gung. Gemäss den Resultaten der UBS-Lohn­                        Detailhandels sorgt für negative Jahresteue­
    umfrage vom Herbst 2011 ist für 2012 eine                        rungsraten, da der Anteil importierter Güter
    Nominallohnerhöhung von 1,1 Prozent zu er­                       am Warenkorb des Landesindex der Konsu­
    warten. Die Einkommen dürften somit im lau­                      mentenpreise 27 Prozent beträgt. Unter der
    fenden Jahr deutlich ansteigen, wahrscheinlich                   Annahme, dass der Franken nicht weiter auf­
    stärker als das Bruttoinlandprodukt. Die zuneh­                  wertet, dürfte die Weitergabe von «Euro-
    menden Einkommen werden den Immobilien­                          Rabatten» an Konsumentinnen und Konsu­
    markt ins­gesamt stützen.                                        menten im Laufe des Jahres ein Ende nehmen.
                                                                     Dann dürften die preisdämpfenden Effekte
    Euro-Mindestkurs bringt 2012 tiefe                               auslaufen und die Teuerungsraten ansteigen.
    Zinsen…
    Neben der Zuwanderung und den steigenden
    Einkommen dürften auch die tiefen Zinsen den     Konjunktur schwächt sich ab
    Immobilienmarkt weiterhin begünstigen. Indi­     Bruttoinlandprodukt (BIP) im Vorjahresvergleich, Arbeitslosenquote und Jahresinflation
    rekt ist die Schweiz insofern von der weltweiten (alles in Prozent)
    Schuldenkrise betroffen, als die Schweizer Geld­   4,5
                                                                                                                                          Prognose
    politik von der amerikanischen und der europäi­    3,5
                                                       2,5
    schen Notenbank beeinflusst wird. Die Federal
                                                       1,5
    Reserve Bank und die Europäische Zentralbank
                                                       0,5
    führen eine sehr expansive Geldpolitik, da ihre
                                                     –0,5
    Wirtschaftsräume immer noch stark unter den      –1,5
    Nachwehen der geplatzten Schuldenblase lei­      –2,5
    den. Aus Rücksicht auf den Franken-Wechselkurs            00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13
    muss die Schweizerische Nationalbank (SNB)              Bruttoinlandprodukt, real         Arbeitslosenquote            Jahresinflation
    diese expansive Geldpolitik mitmachen.           Quellen: Seco, SNB, UBS WMR

6   UBS real estate focus Januar 2012
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Markttreiber

Für das Gesamtjahr rechnen wir mit einer
Teuerungsrate, die nahe bei 0 Prozent liegt.
Längerfristig sehen wir jedoch, nicht zuletzt
aufgrund der expansiven Geld­politik, steigen­
de Konsumentenpreise. Wir erwarten, dass
die Teuerung ab Mitte 2012 ansteigen und ab
Ende 2013 eine längere Zeit über dem Teue­
rungsziel der SNB von 2 Prozent verharren
wird.

                                                                                                                   Dtguy / Dreamstime.com
Bevölkerung und Beschäftigung
Sowohl die Schweizer Bevölkerung als               hungen in den Euroländern den Migrationsdruck       Elias Hafner
auch die Zahl der Beschäftigten nehmen             in die Schweiz weiterhin aufrechterhalten. Auf­     Wealth Management Research
                                                                                                       UBS AG
weiter zu. Eine Trendwende ist vorerst             grund der sich abzeichnenden Konjunkturab­
nicht in Sicht. Preisanstiege von Wohnim-          schwächung in der Schweiz gehen wir für 2012
mobilien ziehen regionale Bevölkerungs-            von einer tieferen Wachstumsrate der Bevölke­
bewegungen mit sich. Den grössten Be-              rung aus; sie dürfte aber immer noch um die
schäftigungszuwachs konnte der tertiäre            Ein-Prozent-Marke liegen. Eines steht fest: Das
Sektor verzeichnen.                                Knacken der Acht-Millionen-Grenze ist bloss
                                                   eine Frage der Zeit.
Seit Einführung der vollen Personenfreizügigkeit
am 1. Juni 2007 hat die jährliche Wachstumsrate    Bevölkerungsbewegungen in
der Schweizer Bevölkerung die Ein-Prozent-Mar­     Hochpreisregionen
ke überstiegen. Hochrechnungen aufgrund der        Das anhaltend hohe Bevölkerungswachstum ist
Monatsdaten des Bundesamts für Statistik lassen    kurzfristig ein Treiber der Immobilienpreise. Der
für 2011 ein Wachstum von 1,2 Prozent erwar­       Zusammenhang zwischen der Bevölkerungs­
ten. Die Zunahme ist zu einem grossen Teil auf     zunahme und der Immobiliennachfrage bezie­
den Wanderungssaldo zurückzuführen; die inter­     hungsweise den Immobilienpreisen wirkt indes
nationale Migration dürfte wiederum mehr als       in beide Richtungen: Rückkoppelungen beein­
80 Prozent des Wachstums ausgemacht haben.         flussen die regionale Bevölkerungsverteilung.
                                                   Hohe Preise an Spitzenlagen führen dabei zu
Stetige Bevölkerungszunahme                        Bevölkerungsbewegungen, wodurch die umlie­
Auch im neuen Jahr erwarten wir keine Trend­       genden Regionen einen erhöhten Bevölke­
wende beim Bevölkerungswachstum. Die               rungszuwachs erfahren.
Schweiz bleibt als Wohn- und Arbeitsstandort
nach wie vor attraktiv. Nicht zuletzt dürften      So verzeichnete der Kanton Zug in den letzten
Sparmassnahmen und potenzielle Steuererhö­         Jahren zwar einen Bevölkerungszuwachs aus

                                                                                              UBS real estate focus Januar 2012             7
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Markttreiber

    dem Ausland, gleichzeitig wanderte jedoch                                    das vor allem für den Gewerbeflächenmarkt von
    eine beträchtliche Anzahl Personen in andere                                 Bedeutung ist, steigerte in den ersten drei Quar­
    Kantone ab. Profitiert haben dabei vor allem                                 talen 2011 die Beschäftigung um 1,0 Prozent
    die benachbarten Kantone mit attraktiven                                     gegenüber dem Vorjahr. Das grösste Wachstum
    Wohnbedingungen. Wir erwarten, dass sich                                     verzeichnete dabei die Uhrenindustrie. Die fun­
    dieser Trend in verschiedenen Hochpreis­                                     damental wichtigen Branchen für den Büroflä­
    regionen fortsetzen wird.                                                    chenmarkt zeigen mit insgesamt 1,4 Prozent
                                                                                 eine gar höhere Dynamik. Vor allem die IT-Bran­
    Beschäftigungswachstum dürfte sich                                           che konnte von starken Zuwächsen berichten.
    verlangsamen                                                                 Die Entwicklung im Detailhandel, der als Treiber
    Mit dem Wachstum der Bevölkerung stieg auch                                  für die Verkaufsflächen gilt, fiel mit einem Minus
    die Beschäftigung. Von 2006 bis 2011 nahm die                                von 1,4 Prozent enttäuschend aus.
    Anzahl der vollzeitäquivalenten Stellen in der
    Schweiz insgesamt um beinahe 7,5 Prozent zu,                                 Arbeitsmarktdaten deuten darauf hin, dass das
    was ein durchschnittliches Wachstum von rund                                 Beschäftigungswachstum nicht für das ganze
    1,5 Prozent pro Jahr bedeutet. Diese Entwick­                                Jahr 2011 aufrechterhalten werden konnte. Im
    lung verlief jedoch nicht graduell; der Höchst­                              Oktober 2011 wurde erstmals wieder ein Anstieg
    stand der Stellen vor der Finanzkrise 2008/2009                              der Arbeitslosenquote registriert. Aufgrund unse­
    wurde erst zwei Jahre später wieder erreicht.                                rer Hochrechnung erwarten wir eine Steigerung
    Auch 2011 dürfte die Beschäftigung angestiegen                               der vollzeitäquivalenten Beschäftigten für 2011
    sein. Dies wird in den vom Bundesamt für Statis­                             um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für 2012
    tik veröffentlichten Daten für die ersten drei                               gehen wir von einem abgeschwächten Wachs­
    Quartale bestätigt. Das verarbeitende Gewerbe,                               tum der Beschäftigung von 0,5 Prozent aus.

    Überblick Markttreiber Immobilien
    Sofern nicht anders erwähnt, verstehen sich alle Angaben in Prozent und als Wachstum im Vorjahresvergleich.

                                                                                20121                20112        2010      2009            10 Jahre 3
    Konjunktur und Einkommen
    Bruttoinlandprodukt, real                                                     0,4                   1,7        2,7       – 1,9                   1,7
    Bauinvestitionen, real                                                        1,5                   2,1        3,5        3,0                    1,6
    Lohnwachstum, real                                                            0,8                   1,2        0,5        2,6                    0,7
    Inflation und Zinsen
    Durchschnittliche Jahresteuerung                                              0,3                   0,3        0,7       – 0,5                   0,8
    3-Monats-Libor CHF 4                                                          0,0                   0,1        0,2        0,3                    0,9
    Rendite 10-Jahres-Bundesobligationen 4                                        1,4                   0,8        1,7        1,9                    2,1
    Bevölkerung und Beschäftigung
    Bevölkerungsbestand                                                           0,9                   1,2        1,1        1,1                    0,9
    Beschäftigung, in Vollzeitäquivalenten                                        0,5                   1,1        0,6       – 0,3                   0,9
    Arbeitslosenquote                                                             3,1                   3,1        3,9         3,7                   3,3
    1
      Prognose UBS WMR                                                                                                        Quellen: Seco, BFS, UBS WMR
    2
      Hochrechnungen beziehungsweise Prognosen UBS WMR (Stand 3. Januar 2012)
    3
      Mittelwert: 2002 bis 2011
    4
      Ende Jahr

8   UBS real estate focus Januar 2012
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Wohnimmobilien

                                                                                                                                  Lightzoom / Dreamstime.com
Eigenheime – geeignete Fluchtanlage?
Immobilien gelten als sichere Anlageklas-          und den Franken in die Bresche springen kann.     Claudio Saputelli
se. So erstaunt es nicht, dass als Folge           Eignet sich der Schweizer Backstein als Flucht­   Wealth Management Research
                                                                                                     UBS AG
der aktuellen Marktturbulenzen immer               anlage? Generell gilt der Backstein als robust,
mehr Gelder in Schweizer Wohnimmo­                 langlebig und wetterfest, weshalb er sich seit
bilien flies­sen. Eine gefährliche Tendenz.        Jahrhunderten bei Architektinnen und Bauher­
                                                   ren grosser Beliebtheit erfreut.
Am 6. September 2011 schrieb die Schweizeri­
sche Nationalbank Geschichte. In einer kurzen      Ähnliche Eigenschaften werden im übertrage­
Medienmitteilung legte sie in ihrem Kampf          nen Sinne auch Immobilien nachgesagt, ins­
gegen die Währungsstärke einen Mindestkurs         besondere dass sie eine sichere Anlageklasse
von 1,20 Schweizer Franken pro Euro fest.          bilden. Doch es täuscht. Hauptauslöser der
Rund drei Wochen später verlor auch der Roh­       sechs letzten grossen Bankenkrisen der Indus­
stoff Gold, ausgelöst durch einen negativen        triewelt waren stets Immobilien: 1970er Jahre
Wirtschaftsausblick der US-Notenbank Federal       Spanien, 1980er Jahre Norwegen, 1990er
Reserve, 12 Prozent seines Werts und damit         Jahre Schweden, Finnland und Japan sowie
einen Teil seines Glanzes. Die beiden hochstili­   aktuell die USA. Was macht Wohnimmobilien
sierten Fluchtanlagen erlitten damit innert        so gefährlich?
kürzester Zeit einen herben Rückschlag, und
zwar in einer Situation, in der sowohl der US-     Die Marktgrösse als Klumpenrisiko
Dollar als auch der Euro gravierende struktu­      In einer entwickelten Volkswirtschaft ist der
relle Probleme haben.                              Immobiliensektor aufgrund seiner Marktgrösse
                                                   stets ein Klumpenrisiko. In der Schweiz bildete
Wie sicher ist der Backstein?                      diese Anlageklasse 2010 in der Vermögens­
Gesucht ist eine Anlageform, die für das Gold      struktur der privaten Haushalte mit einem An­

                                                                                            UBS real estate focus Januar 2012                                  9
UBS real estate focus - Bauma Immobilier
Wohnimmobilien

     teil von 42 Prozent bei weitem das grösste          den Bilanzen der Haushalte, sondern auch bei
     Aktivum (zum Vergleich: Aktien 6,4 Prozent,         Finanzinstituten einen grossen Posten darstel­
     Anleihen 3,5 Prozent). In den letzten sieben        len, kommt es synchron bei den Kreditgebern
     Jahren erhöhte sich der Wert der Immobilien         zu grösseren Abschreibungen. Und die Krise
     in Privatbesitz sogar um über 40 Prozent auf        nimmt ihren unvermeidlichen Lauf.
     rund 1415 Milliarden Franken. Diese Zahlen
     zeigen die enormen Auswirkungen von Preis­        Bedrohliche Ungleichgewichte
     veränderungen bei Wohnimmobilien auf die          in der Schweiz
     aggregierten Vermögensbestände der privaten       In der Schweiz sind die Fundamentaldaten des
     Haushalte.                                        Wohnimmobilienmarkts robust. Tiefe Zinsen
                                                       freuen (potenzielle) Hauseigentümer wie noch
     Der Einfluss der Geldpolitik                      nie. Die Bevölkerung wächst seit 2007 jährlich
     Verfolgt eine Notenbank eine expansive Geld­ knapp in der Grössenordnung der Einwohner­
     politik, so absorbiert der Immobilienmarkt        zahl der Stadt Winterthur. Dennoch bekommt
     aufgrund seiner Grösse häufig die neu geschaf­ die über weite Strecken herrschende Zuver­
     fene Liquidität. Die mit der Geldmengenerwei­ sicht immer grössere Risse. In nur fünf Jahren
     terung einhergehende Zinssenkung steigert die haben die Preise der Eigentumswohnungen
     Nachfrage und kurbelt das Wirtschaftswachs­       schweizweit um rund 35 Prozent zugenom­
     tum über drei Kanäle an. Erstens erhöhen die      men (Region Zürich 40 Prozent, Region Gen­
     steigenden Häuserpreise die Profitabilität der    fersee 70 Prozent).
     Baubranche und somit die Bautätigkeit. Zwei­
     tens nimmt aufgrund anziehender Häuserprei­ Zwar droht momentan keine Abwärtsspirale,
     se auch das gefühlte Vermögen der Haushalte aber eine Beruhigung ist auch nicht in Sicht.
     und folglich der Privatkonsum zu. Drittens        Der UBS Swiss Real Estate Bubble Index steht
     müssen Banken aufgrund abnehmender Kredit­ auf «Boom», aber die Ungleichgewichte im
     risiken weniger Rückstellungen vornehmen,         Wohnimmobilienmarkt haben sich in den letz­
     was zur Ausdehnung des Hypothekarkredit­          ten Jahren massiv vergrössert: Ungesund tiefe
     volumens führt.                                   Zinsen, deutlich zu optimistische Erwartungen
                                                       seitens der Investoren sowie mangelnde Per­
     Bei restriktiver Geldpolitik hingegen beziehungs­ spektiven in der Eurozone gekoppelt mit feh­
     weise bei stark steigenden Zinsen – das heisst    lenden Anlagealternativen sind eine gefährliche
     bei Verschärfung der Kreditkonditionen – wir­     Mixtur. In den nächsten zwölf Monaten erwar­
     ken sich diese drei Effekte negativ auf das Wirt­ ten wir trotz schlechterer Wirtschaftslage wei­
     schaftswachstum aus. In vielen Industrieländern tere Preissteigerungen von rund 4,0 Prozent
     beträgt die Differenz des durchschnittlichen      für Eigentumswohnungen und 3,5 Prozent für
     fünfjährigen Wirtschaftswachstums vor und         Einfamilienhäuser.
     nach dem Platzen einer Immobilienblase extrem
     hohe 3 (Schweiz 1990er Jahre) bis 8 (Irland
     aktuell) Prozentpunkte.
                                                         Boomender Wohnimmobilienmarkt
     Wenn die Abwärtsspirale dreht                       UBS Swiss Real Estate Bubble Index, Stand 3. Quartal 2011
     Der Hauptgrund solcher Wirtschaftskontrak­
     tionen liegt im impliziten Teufelskreis, der sich    3
                                                                                                                                    Blase
     über mehrere Jahre erstrecken kann. Die              2
                                                                                                                                    Risiko
     Schweiz machte diese schmerzliche Erfahrung          1
                                                                                                                                    Boom
     in den 1990er Jahren. Als Folge sinkender            0
                                                                                                                                    Balance
     Immobilienpreise verschärfen die Banken ihre        –1
     Belehnungsstandards. Dadurch können immer           –2                                                                         Baisse
     mehr Kreditnehmer ihren Pflichten nicht mehr        –3
     nachkommen und sehen sich zum Verkauf                    1983     1987      1991      1995      1999      2003   2007   2011
     ihrer Objekte gezwungen. Die Preise sinken               UBS Swiss Real Estate Bubble Index
     immer schneller. Da Immobilien nicht nur in         Quelle: UBS WMR

10   UBS real estate focus Januar 2012
Wohnimmobilien

Solide Finanzierung anstreben
Ein grösseres Risiko orten wir, sobald die glo­
bale Konjunktur wieder so richtig anspringt
und die Schweizer Wirtschaft einen Wachs­
tumsschub verzeichnet. Dann besteht die Ge­
fahr, dass die Schweiz mit deutlich überbewer­
teten Immobilien in die Zinssteigerungsphase
eintritt. Grössere Preiskorrekturen und Rück­
schläge auf die Gesamtwirtschaft lassen sich
dann nicht mehr ausschliessen.

Wir empfehlen daher beim Erwerb eines Wohn­
objekts ein solches Szenario spätestens bei der

                                                                                                                                  Mcech / Dreamstime.com
Finanzierungsentscheidung zu berücksichtigen.
Der Schweizer Backstein ist zwar gegen Witte­
rungsänderungen gefeit, als sichere Allwetter-
Fluchtanlage ist er aber nicht zu empfehlen.

Mietwohnungen – zunehmende Bautätigkeit
Zur voraussichtlichen Abnahme der Mi­              21,9 Prozent Spitzenreiter waren. Auch die Zahl     Marcin Paszkowski
gration durch die Konjunkturabkühlung              der neu erstellten Wohnungen erhielt in den         Global Asset Management
                                                                                                       UBS AG
gesellt sich eine Angebotsausweitung               Agglomerationen der fünf grössten Städte 2011
auf dem Mietwohnungsmarkt. Entspre-                erheblichen Auftrieb. Doch von einem histori­
chend ist mit leicht steigenden Leerwoh-           schen Bauboom kann aus heutiger Sicht nicht
nungsziffern und einer Abflachung des              gesprochen werden. Per drittes Quartal 2011
Mietpreiswachstums zu rechnen.                     kamen innerhalb eines Jahres insgesamt 43 700
                                                   Neuwohnungen auf den Markt, was annähernd
Die Dynamik im Wohnungsbau hat sich 2011           dem langjährigen Durchschnitt entspricht. Eine
verstärkt. Waren im Vorjahresquartal noch          Verschiebung in Richtung Mietermarkt (Ange­
69 000 Wohneinheiten im Bau, so stieg die          botsüberhang) ist daher vorerst nicht absehbar,
Zahl im dritten Quartal 2011 um 2,3 Prozent        zumal auch die Leerwohnungsziffer 2011 das
auf rund 70 600. Bei den Baubewilligungen          dritte Jahr in Folge knapp unter der Ein-Prozent-
resultierte in den ersten drei Quartalen 2011      Marke lag.
ein Plus von 14,5 Prozent im Vergleich zum
Vorjahr.                                           Abflachendes Mietpreiswachstum erwartet
                                                   Die Angebotsmieten (Mieten für Wieder-, Erst-
Urbane Schwerpunkte, kein Bauboom                  oder Neuvermietung) stiegen per September
Der Wohnungsneubau erfolgt vermehrt in städ­       2011 im Vorjahresvergleich schweizweit um
tischen Gebieten. Im Vorjahresvergleich stieg in   1,9 Prozent. Die stärksten Mietpreisanstiege
den ersten drei Quartalen 2011 die Anzahl er­      wurden in der Region Zentralschweiz (3,1 Pro­
teilter Baubewilligungen in den Agglomeratio­      zent), der Region Genfersee (2,9 Prozent) und
nen der fünf grössten Städte (Zürich, Genf,        der Ostschweiz (1,8 Prozent) verzeichnet. Da sich
Basel, Bern und Lausanne) summiert um 19,2         die Migration konjunktur­bedingt abschwächen
Prozent, wobei Zürich mit 43,7 und Genf mit        dürfte, führt die zu erwartende Angebotsaus­

                                                                                              UBS real estate focus Januar 2012                            11
Wohnimmobilien

     weitung zu leicht steigenden Leerwohnungs­                                   preis) weiter unter Druck geraten. Der Preis­
     ziffern sowie einer Abflachung des Mietpreis­                                auftrieb dieses Segments ist massgeblich auf
     wachstums. Insbesondere die Vermietung                                       den hohen Anteil an Privatinvestoren zurück­
     grosser Wohnungen im oberen Preissegment                                     zuführen, die mit höherer Fremdverschuldung
     dürfte schwieriger werden, da diese in direkter                              operieren als institutionelle Anleger und sich
     Konkurrenz zum in der gegenwärtigen Tiefzins­                                im aktuellen Zinsumfeld meist mit tieferen
     phase günstigeren Wohneigentum stehen. Auch                                  Anfangsrenditen zufriedengeben. Bei Mehr­
     die Bestandesmieten (Mieten für fortbestehende                               familienhäusern mit einem Investitionsvolu­
     Mietverhältnisse) dürften als Folge des tiefen                               men über 10 Millionen Franken dürfte der
     Referenzzinssatzes stabil bleiben.                                           Preisauftrieb geringer ausfallen; die Anzahl
                                                                                  an Transaktionen in dieser Grössenordnung
     Anhaltend hohes Preisniveau und                                              ging bereits deutlich zurück.
     Kapazitätsengpässe
     Im ersten Halbjahr 2011 nahm die Nachfrage                                   Aufgrund der Frankenstärke, der unsicheren
     nach Immobilien aufgrund des Anlagedrucks                                    Konjunkturentwicklung sowie eines geringen
     von Investoren stark zu. Dies manifestierte                                  Inflationsdrucks ist dieses Jahr nicht mit einer
     sich in einem erneuten Anstieg der Immobili­                                 spürbaren Anhebung des Zinsniveaus zu rech­
     enpreise für Mehrfamilienhäuser. So verrin­                                  nen. Daher dürften die Preise auf dem Trans­
     gerten sich die Spitzenrenditen in der Stadt                                 aktionsmarkt hoch und die Anlagemöglichkeiten
     Zürich von 3,4 Prozent im vierten Quartal                                    mit nachhaltigen Renditen rar bleiben. Verkäu­
     2010 auf 3,1 Prozent im dritten Quartal 2011.                                ferseitig bietet das aktuell hohe Preisniveau eine
     Insbesondere bei Liegenschaften bis 5 Millio­                                ausgezeichnete Ausgangslage für anstehende
     nen Franken dürften die ohnehin sehr tiefen                                  Portfoliobereinigungen, da auch periphere La­
     Netto-Anfangsrenditen (Netto-Mieteinnah­                                     gen und mindere Objektqualitäten sich gegen­
     men im ersten Jahr im Verhältnis zum Kauf­                                   wärtig einer hohen Nachfrage erfreuen.

     Überblick Wohnimmobilien
     Sofern nicht anders erwähnt, verstehen sich alle Angaben in Prozent und als Wachstum im Vorjahresvergleich.

                                                                                 20121                20112         2010                     2009              10 Jahre 3
     Wohnbau und Leerstände
     Reinzugang Wohnungen (Anzahl)                                               52 000              49 000        45 005                  38 977                  40 221
     Leerwohnungsquote                                                              1,0                  0,9          0,9                      0,9                      1,0
     Mietwohnungen
     Angebotspreise Mietwohnungen                                                   1,5                  2,5          1,7                      3,5                      3,2
     Angebotspreise Mietwohnungen Neubau                                          – 0,5                – 2,0        – 1,4                    –  4,5                     3,0
     Preisindex Bestandesmieten                                                     1,0                  1,3          1,1                      2,4                      1,6
     Hypothekarischer Referenzzinssatz 4                                            2,3                  2,5          2,8                      3,0                        –
     Leerstehende Mietwohnungen (Anzahl)                                             –               30 816        28 947                  26 343                  28 976
     Gesamtrendite Direktanlage Wohnen                                              5,5                  5,5          5,8                      5,3                      5,5
     Eigenheime
     Angebotspreise Eigentumswohnungen                                              4,0                  4,5          5,2                      6,4                      4,2
     Transaktionspreise Eigentumswohnungen                                           –                   7,5          5,8                      3,2                      5,1
     Angebotspreise Einfamilienhäuser                                               3,5                  4,0          4,7                      5,0                      3,2
     Transaktionspreise Einfamilienhäuser                                            –                   6,0          2,8                      0,4                      3,4
     Variabler Hypothekarzinssatz, alle Banken 4                                    2,7                  2,7          2,7                      2,7                      3,1
     Wachstum Hypothekarkredite, alle Banken                                        5,1                   4,8          5,0                     4,9                     4,4
     Leerstehende Eigenheimwohnungen (Anzahl)                                         –                7 601        7 766                    8 418                   7 849
     1
       Prognose UBS WMR                                                                                                     Quellen: Wüest & Partner, BFS, SNB, IPD, UBS WMR
     2
       Hochrechnungen beziehungsweise Prognosen UBS WMR (Stand 3. Januar 2012)
     3
       Mittelwert: 2002 bis 2011
     4
       Ende Jahr

12   UBS real estate focus Januar 2012
Im Fokus Wohnimmobilien

Sanierungsstau und die Rolle des Staats
Der Sanierungsstau in der Schweiz ist in           Der Staat beeinflusst den Sanierungsmarkt                            Matthias Holzhey
aller Munde. In einer freien Marktwirt-            Der Immobilienmarkt ist stark reguliert. Es stellt                   Wealth Management Research
                                                                                                                        UBS AG
schaft werden Investitionen nur getätigt,          sich die Frage, ob der Staat auch auf dem Sanie­
wenn sie sich lohnen. Der Staat greift zwar        rungsmarkt eine zentrale Rolle spielt. Gesetzli­
über verschiedene Regulierungen ein, doch          che Rahmenbedingungen, Subventionen und
die Auswirkungen sind gering. Der Sanie-           steuerliche Abzugsmöglichkeiten können Sanie­
rungsmarkt Schweiz ist intakt.                     rungsentscheide massgeblich beeinflussen.
                                                   Staatliche Eingriffe in den Markt haben grund­
Unaufhaltsam nagt der Zahn der Zeit an der         sätzlich ihre Berechtigung, falls damit ein effi­
Bausubstanz des Schweizer Immobilienbestands.      zienter Sanierungsgrad erreicht werden kann.
So sind die im Bauboom der 1960er Jahre er­        Dies ist beispielsweise der Fall, wenn durch eine
richteten Liegenschaften in ein Alter gekommen,    Sanierung positive externe Effekte ausgelöst
in dem umfangreichere Sanierungen anfallen.        werden. Dies sind Auswirkungen der Sanierung
Doch gemäss Bundesamt für Statistik sind die       auf Drittpersonen, wie eine renovierte Fassade,
Umbauinvestitionen in den letzten Jahren nicht     die auch den Nachbarn erfreut.
explodiert. Herrscht nun in der Schweiz ein
Sanierungsstau?                                    Kostensteigerung durch Denkmalpflege
                                                   verhindert nur wenige Sanierungen
Aus den offiziellen Statistiken kann nicht         Ein klassisches Beispiel positiver externer
er­mittelt werden, ob der Sanierungsmarkt          Effekte ist der Erhalt von kulturhistorisch be­
in Verzug geraten ist. Vergleicht man die          deutender Bausubstanz und das Bewahren
theo­retisch zu tätigenden Investitionen (auf      von intakten Ortsbildern. Die Einhaltung der
Basis der Abschreibungen auf dem Wert des          Vorgaben der Denkmalpflege beziehungsweise
Wohnungs­bestands) von 10 bis 15 Milliarden        des Heimatschutzes verteuert eine Sanierung
Franken im Jahr mit den statistisch erfassten      allerdings in den meisten Fällen enorm. Eigen­
Umbau­investitionen von etwa 4 Milliarden          tümer historisch bedeutsamer Liegenschaften
Franken pro Jahr, ergibt sich eine grosse          müssten entschädigt werden, wenn sie die
Diskrepanz. Die Statistik erfasst jedoch nur       Sanierung heimatschutzkonform durchführen.
meldepflichtige Sanierungen und auch die           In der Praxis decken entrichtete Subventionen
Schätzung der anfallenden Sanierungsaus­           jedoch nur einen kleinen Teil der Kosten. Effek­
gaben ist sehr ungenau. Somit kann ein             tiv bleibt der Immobilieneigentümer damit vor
Sanierungsstau weder bestätigt noch ver­           die Wahl gestellt: teure Sanierung gemäss
neint werden.                                      Denkmalpflege oder Verlotterung.

Der Aufwand muss sich lohnen                       Die hohen Kosten reduzieren automatisch die
Wie Adam Smith, der Begründer der klassi­          Zahl der Sanierungen und führen zu einem
schen Nationalökonomie, schon vor mehr als         Sanierungsstau. Ob dies aber einen mehr als
200 Jahren erkannte, entstehen die besten
Resultate für das Gemeinwohl durch den freien
Wettbewerb. In einer liberalen Marktwirtschaft     Grosse Zahl an anstehenden Sanierungen
werden Investitionen so lange getätigt, wie der    Anzahl Wohnungen nach Bau- und Renovationsperiode
Zusatznutzen die Zusatzkosten übersteigt.
                                                   700 000
Vereinfacht lässt sich sagen: Der Aufwand          600 000
muss sich auszahlen. Übertragen auf den Im­        500 000
mobilienmarkt heisst dies, dass in einer libera­   400 000
len Marktwirtschaft gar kein Sanierungsstau        300 000
entstehen kann. Der Eigentümer wird sein           200 000
Haus dann sanieren, wenn der Nutzen der            100 000
Investition den Kosten entspricht oder diese             0
                                                             1946 –1960 1961–1970 1971–1980 1981–1990 1991–2000 2001–2010
übersteigt. Allerdings können äussere Einflüsse
auf der Kosten- oder Nutzenseite den Sanie­             Anzahl gebaute Wohnungen pro Periode      Nach 1970 bereits renovierte Wohnungen

rungsgrad stark beeinflussen.                      Quellen: Wohnungszählung 2000, UBS WMR

                                                                                                             UBS real estate focus Januar 2012       13
Im Fokus Wohnimmobilien

     marginalen Einfluss auf die Renovationstätig­        den Mietverhältnissen. Das Mietrecht bietet
     keit hat, ist schwer abzuschätzen. Als Bau­          jedoch ein Schlupfloch: Im Falle einer umfassen­
     denkmäler gelten gemäss Heimatschutz rund            den Sanierung kann gemäss Bundesgerichtsur­
     5 bis 10 Prozent aller Gebäude. Da aber knapp        teil (2008) allen Mietparteien gekündigt werden.
     ein Fünftel der Häuser in der Schweiz als his­       Mittels Sanierung und anschliessender Neu­
     torisch gilt (vor 1920 erbaut), werden wohl          vermietung können so Mietpreise angehoben
     über 10 Prozent der Sanierungsfälle Auflagen         werden, was sich in den angespannten Miet­
     der Denkmalpflege bekommen. Doch mangels             märkten der städtischen Zentren durchaus lohnt.
     Alternativen wird die aus den Auflagen resul­        Da bei einer Sanierung zusätzlich 50 bis 70 Pro­
     tierende Verteuerung nur eine geringe Zahl an        zent der Kosten auf die Mieter überwälzt wer­
     Sanierungen blockieren.                              den dürfen, kann die neue Miete dann auch
                                                          über den ortsüblichen Verhältnissen liegen.
     Verbilligung energetischer Sanierungen               Unter dem Strich setzt diese Praxis aber nur in
     führt zu geringem Sanierungsüberschuss               einigen städtischen Märkten starke Anreize
     Das wohl prominenteste Beispiel von staatli­         für einen Sanierungsüberschuss.
     chem Einfluss bei Sanierungen in der Schweiz
     ist die Förderung energetischer Sanierungen.         Der Sanierungsmarkt ist intakt
     Durch die erfolgende CO2-Reduktion wird ein          Der Anblick eines verlotternden Gebäudes
     positiver externer Effekt erzielt. Da die Einspa­    allein lässt noch lange nicht darauf schliessen,
     rungen durch eine energetische Sanierung die         dass die «unsichtbare Hand» des Markts ver­
     entstehenden Kosten nicht decken, werden             sagt hat oder gar ein Sanierungsstau herrscht.
     energetische Sanierungen staatlich subventio­        Dazu kommt, dass sich eine Sanierung in einer
     niert. Dabei entsteht ein Sanierungsüberschuss;      Region, wo die Hauspreise sinken, oftmals
     die hierfür verwendeten Mittel sind nicht un­        nicht lohnt. Gesamthaft gesehen ist der Sanie­
     bedeutend. Die finanzielle Unterstützung er­         rungsmarkt in der Schweiz intakt. Erstens ist
     folgt einerseits direkt über Subventionen und        der Einfluss des Staates trotz gewissen Regulie­
     andererseits indirekt über die volle steuerliche     rungen gering und zweitens bestehen eher
     Abzugsfähigkeit der Kosten.                          Anreize, zu viel anstatt zu wenig zu sanieren.

     Die Fördersumme für die direkten Unterstüt­
     zungszahlungen beträgt ab 2010 jährlich 280 bis       Sanieren vor dem Verkauf ?
     300 Millionen Franken und war aufgrund der
     hohen Nachfrage bisher jeweils rasch ausge­           Wer ein neues Heim bezieht, möchte nicht noch Zeit und Geld in die
     schöpft. Im Einzelfall beläuft sich die Höhe der      alte Bleibe investieren. Es kann sich aber auszahlen, ein Haus oder eine
     Subventionen grob geschätzt auf etwa 15 bis           Wohnung vor dem Verkauf zu renovieren. Erstens kennt der Verkäufer
     20 Prozent des Sanierungsaufwands. Neben              sein Haus und das lokale Gewerbe und hat mit einer Sanierung weni­
     den erwähnten direkten Unterstützungsleistun­         ger Aufwand als der Käufer. Dieser Informationsvorsprung lässt sich zu
     gen führt die volle Abzugsfähigkeit solcher Sa­       Geld machen. So sind viele Käufer bereit, einen Aufpreis für ein reno­
     nierungskosten gemäss Finanzdepartement zu            viertes Heim zu zahlen. Erhebungen in den USA zeigen, dass Reno­
     Steuerausfällen von 1,1 bis 1,7 Milliarden Franken    vationen von Küche oder Bad mehr als das Doppelte des Aufwands
     bei Gemeinden, Kantonen und Bund. Diese               über den höheren Verkaufspreis wieder einbringen. Zweitens ist der
     Zahlen implizieren den grossen Einfluss dieser        Kauf einer Wohnung oder eines Hauses oftmals auch ein emotionaler
     Verbilligungen auf den Sanierungsmarkt. Doch da       Entscheid und eine Sanierung kann die Wahrnehmung positiv beein­
     gemäss Bundesamt für Energie 70 bis 80 Prozent        flussen. Die Bedeutung dieser psychologischen Komponente zeigt sich
     der Umbauten auch ohne Subventionen durchge­          an der Existenz von Firmen, die Home Styling oder Home Staging an­
     führt worden wären, dürfte der effek­tive Sanie­      bieten. Dabei wird die Immobilie vor dem Verkauf mit Designermöbeln
     rungsüberschuss relativ gering sein.                  oder gar Schönheitsrenovationen aufgepeppt, was den Verkaufspreis
                                                           anheben soll. Auch geringfügige Pinselsanierungen scheinen sich also
     Mietrecht begünstigt Sanierungsüber-                  auszuzahlen. Zwar setzt eine Sanierung genügend freie finanzielle
     schuss in städtischen Zentren                         Mittel voraus, doch lässt sich dabei mit relativ wenig Aufwand ein
     Regulatorische Hürden verunmöglichen oftmals          schöner Zusatzertrag erzielen.
     die Anpassung von Mieten bei bereits bestehen­

14   UBS real estate focus Januar 2012
Im Fokus Wohnimmobilien

Verkehrsinfrastruktur-Projekte treiben
Immobilienwerte nur bedingt
Die gute Erreichbarkeit einer Region macht           beziehungsweise die Reisezeit zum nächsten                                            Claudio Saputelli
                                                                                                                                           Wealth Management Research
ihren Immobilienmarkt attraktiv. Eine neue           Grosszentrum und die damit verbundenen
                                                                                                                                           UBS AG
Verkehrsinfrastruktur kann aber nur dann             Opportunitätskosten (entgangener Nutzen) der
einen Preiseffekt auslösen, wenn die Region          Zeit. Entsprechend müssten die Immobilien­                                            Stefanie Schneuwly
                                                                                                                                           Wealth Management Research
Entwicklungspotenzial hat.                           preise mit zunehmender Distanz zu einem
                                                                                                                                           UBS AG
                                                     Grosszentrum abnehmen. Allerdings können
Der jurassische Bezirk Porrentruy an der Grenze      sich auch Steuereffekte und die geografische
zu Frankreich befindet sich bevölkerungsmässig       Lage der Ortschaft nebst anderen Faktoren auf
seit geraumer Zeit im Winterschlaf. Seit dem         die Preise auswirken. Studien aus dem Ausland
Höchststand von knapp 25 000 Einwohnerin­            zeigen, dass die Preise von Immobilien nahe
nen und Einwohnern im Jahr 1995 stagniert die        eines Verkehrsanschlusses im Schnitt 25 Pro­
Bevölkerung weitgehend; in vielen Gemeinden          zent höher liegen können als von solchen, die
ist sie sogar rückläufig. Entsprechend leidet der    15 Kilometer oder mehr von der nächsten Ver­
Wohnungsmarkt. Es überrascht wenig, dass die         kehrsverbindung entfernt sind. Preisdiskrepan­
Region ihre Fühler nach urbanen Zentren aus­         zen zwischen regionalen Immobilienmärkten in
streckt und von deren Dynamik profitieren will.      der Schweiz zeigen, dass sich Zentralität auch
                                                     in den hiesigen Immobilienpreisen niederschla­
Die jurassischen Gemeinden versprechen sich          gen kann – aber nicht muss.
daher viel von zwei Jahrhundertprojekten der
Verkehrsinfrastruktur: Mit dem Anschluss an          Keine markanten Preisanstiege trotz
den grenznahen TGV-Bahnhof kurz vor Jahres­          Lötschbergtunnel
wechsel liegt Porrentruy schweizweit verkehrs­       Das Raumkonzept der Schweiz wurde im Jahr
technisch am nächsten bei Paris. Hinzu kommt         2007 mit dem Durchstich des Lötschberg-Basis­
der Ausbau der Transjurane, welche die Reise         tunnels sichtlich geprägt. Der Tunnel, der das
sowohl nach Biel erleichtert als auch eine An­       Berner Oberland mit dem Kanton Wallis verbin­
bindung zur französischen Autobahn ermög­            det, hat die Reisezeit mit dem Zug erheblich
licht. Doch der grosse Anstieg der Immobilien­       verkürzt; zum Beispiel zwischen Bern und Visp
preise dürfte ausbleiben.                            um fast die Hälfte. Für die Tourismusgemeinden
                                                     im Ober- und Unterwallis ist dies nicht unerheb­
Die (Preis-)Lage von Immobilien                      lich; viele melden eine Umsatzsteigerung durch
Insgesamt wirken verschiedene Faktoren auf           den stärkeren Zulauf. Auch stellten die regiona­
den Wert einer Immobilie. Berücksichtigt wer­        len Zentren im Oberwallis eine Zuwanderung
den neben den Eigenschaften des Objekts              von Erwerbstätigen aus abgelegenen Bergdör­
auch seine Mikro- und Makrolage. Während             fern fest, die eine zumutbare Pendlerdistanz zum
die Mikrolage die Lage innerhalb einer Ort­          Mittelland suchten. So hat beispielsweise der
schaft bezeichnet, beschreibt die Makrolage          Wanderungssaldo in der Ortschaft Visp im Jahr
die Lage der Immobilie im grossräumigen
Kontext. Von grosser Bedeutung ist dabei die
Zentralität, also die Erreichbarkeit des nächs­      Autobahn A4 im Knonaueramt verändert relative Immobilienpreise
ten Grosszentrums. Ein verkehrstechnisch             Angebotspreise Eigentumswohnungen im gehobenen Segment in Franken pro Quadratmeter Hauptnutzfläche
günstiger Anschluss an Grosszentren ist in
                                                     14 000
zweierlei Hinsicht ein wichtiger Standortfak­                                         Steigende Preise wegen                               Steigende Preise wegen
                                                     12 000
tor. Grosszentren weisen eine hohe Dichte            10 000
                                                                                          «Zentrumseffekt»                                   «Zentrumseffekt» und
                                                                                                                                                «Steuereffekt»
und ein breites Spektrum an Dienstleistungs­          8 000
angeboten wie Einkaufsmöglichkeiten oder              6 000
                                                      4 000
Gesundheitsversorgung auf. Zusätzlich kon­
                                                      2 000
zentrieren sich in Grosszentren potenzielle               0
Arbeitsstätten.
                                                                h

                                                                             n

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                                                                                                                                       n

                                                                                                                                                au

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                                                                         iko

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                                                                                                                                     tte

                                                                                                                                                                    Zu
                                                                                      a.

                                                                                                                          a.

                                                                                                                                              on

                                                                                                                                                           Ch
                                                              Zü

                                                                                                          din
                                                                                                te

                                                                                                                                    ste
                                                                        all

                                                                                   il

                                                                                                                         rn

                                                                                                                                             Kn
                                                                                 tsw

                                                                                              ns
                                                                        St

                                                                                                        He

                                                                                                                     te

                                                                                                                                  en
                                                                                             Bo

                                                                                                                    ol

                                                                                                                                tm
                                                                                 et

                                                                                                                    Aff

Die entscheidende Grösse, die einen Standort
                                                                               W

                                                                                                                               et
                                                                                                                              M

attraktiv macht und sich in den Immobilien­               Preise 2005                        Preisanstiege 2005–2011

preisen reflektiert, ist jedoch die Erreichbarkeit   Quellen: Wüest & Partner, UBS WMR

                                                                                                                               UBS real estate focus Januar 2012         15
Im Fokus Wohnimmobilien

     2006 ins Positive gedreht und seither stetig zuge­   die Albiskette die Attraktivität der Gemeinde
     nommen. Gleichzeitig wurde die Bautätigkeit in       Knonau deutlich, weil die Pendlerdistanz zur
     den Jahren 2006 und 2007 erhöht, so dass der         nächsten Grossregion Zug attraktiv wird. Dies
     Wohnungsbestand in dieser Zeitperiode beinahe        führt zu einer Aufwertung des lokalen Woh­
     um 2 Prozent wuchs. Trotzdem blieben Auswir­         nungsmarktes. Für den jurassischen Bezirk
     kungen auf die lokalen Immobilienpreise weitge­      Porrentruy fehlt allerdings ein solches Mobili­
     hend aus, denn mit dem steigenden Angebot            tätsverhalten. Auch wenn sich die Reisezeit von
     erhöhte sich auch der Wohnungsleerstand.             Porrentruy nach Paris massiv verkürzt hat, wer­
                                                          den sich Erwerbstätige aus Paris kaum für eine
     Steigende Nachfrage im Knonaueramt                   Wohnung im Jura entscheiden. Die Distanz zum
     Anders verhält es sich im Knonaueramt hinter         nächsten Grossraum ist schlicht zu gross.
     dem Albis. Die Fertigstellung des neuen A4-
     Autobahnabschnitts durch das Knonaueramt             Eine verbesserte Erreichbarkeit vermag wirt­
     2009 und die Eröffnung des Uetlibergtunnels          schaftliche Impulse zu erzeugen, was eine
     im selben Jahr wirken in der ländlich geprägten      Siedlungsentwicklung auslösen und so den
     Wohnregion entscheidend auf die Makrolage.           Wohnungsmarkt beleben kann. Doch dies
     Zwei Faktoren spielen dabei eine zentrale Rolle:     geschieht nicht automatisch. Verkehrsinfra­
     Erstens haben der Uetlibergtunnel und der            struktur-Projekte können nur dann ihre Wir­
     neue Autobahnabschnitt der A4 die Erreichbar­        kung auf die wirtschaftliche Prosperität ent­
     keit des Knonaueramts massiv verbessert. So­         falten, wenn die bediente Region über ein
     wohl die Fahrt in den Grossraum Zürich als           eigenes Entwicklungspotenzial verfügt. Für
     auch in die Innerschweiz wurden entscheidend         eine nachhaltige Steigerung der Immobilien­
     beschleunigt. Zweitens hat das Infrastruktur-        werte sind wirtschaftspolitische Massnahmen,
     Projekt zu einer starken Entlastung des Durch­       welche die Ansiedlung neuer Unternehmen
     gangsverkehrs in den Gemeinden geführt. Seit         unterstützen und somit den Aufbau eines
     der Genehmigung des Projekts im Jahr 1996            eigenständigen regionalen Zentrums fördern,
     verspürten die Gemeinden im Knonaueramt              zwingend notwendig.
     ein starkes Bevölkerungswachstum von 20
     Prozent (5 Prozent über dem kantonalen
     Durchschnitt). In Bonstetten und Knonau be­
     läuft sich diese Ziffer für die Zeitperiode sogar     Gute Infrastruktur stützt die Preise
     auf über 40 Prozent. Der Wohnungsbau im
     Knonaueramt verharrt auf einem hohen Ni­
     veau. Während Anfang der Jahrtausendwende             Beim Kauf eines Eigenheims wird die idyllische ländliche Umgebung
     ein jährlicher Reinzugang von 200 Wohnungen           generell höher eingestuft als die Qualität der umliegenden Infrastruk­
     üblich war, bewegte sich die Zahl in den letz­        tur. Dies geht aus zwei Gründen oft ins Auge: Zum einen kann eine
     ten Jahren bei 400 Wohnungen. Die Ange­               schlechte Anbindung an den öffentlichen Verkehr schnell zum Alb­
     botsausweitung konnte mit dem Nachfrage­              traum werden und zum anderen sind bei einem Wiederverkauf negati­
     zuwachs aber nicht Schritt halten, was sich in        ve Überraschungen häufig vorprogrammiert. Es besteht nicht nur die
     einem Preisanstieg für Wohneigentum äusser­           Gefahr, dass sich die lokalen Marktpreise enttäuschend entwickeln (in
     te. Vor allem Affoltern am Albis und Hedingen         knapp 20 Prozent aller Schweizer Gemeinden stiegen die Immobilien­
     (seit 2005: +35 beziehungweise +42 Prozent)           preise in den letzten fünf Jahren um weniger als 10 Prozent), sondern
     nahmen diesbezüglich im Kanton Zürich Spitzen­        auch, dass das Objekt längere Zeit nicht verkauft werden kann.
     positionen ein.
                                                           Zielt ein Käufer auf eine werterhaltende Investition ab, so empfiehlt es
     Gute Erreichbarkeit reicht nicht                      sich, in Immobilienmärkte zu investieren, die gut erschlossen sind und
     Um Rückschlüsse auf die Auswirkung eines Ver­         in den kommenden Jahren ein gewisses wirtschaftliches Wachstums­
     kehrsinfrastruktur-Projekts ziehen zu können,         potenzial aufweisen, beispielsweise infolge eines strategisch wichtigen
     müssen zwei Aspekte berücksichtigt werden:            Infrastruktur-Projekts in der Region. Bei etablierten Hochpreiszentren
     das Mobilitätsverhalten von Pendlern und das          ist hingegen eher Vorsicht geboten, da diese die erwartete positive
     Entwicklungspotenzial von Regionen. Beispiels­        Entwicklung bereits eingepreist haben.
     weise steigert das Ende der Abschirmung durch

16   UBS real estate focus Januar 2012
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