Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
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unterwegs u n t e r w e g s T . i m J A K O Z e i c h e B U S - n d e r M u s c h e l C H E S G E S E L seit 1988 I S L SCHA R ÄNK F T , W Ü R Z B U R G E . V. F rundbrief nr. 76 oktober 2010 ISSN 1860-2223
Inhalt Pilgerstammtisch 5 Pilgersegen 6 Termine + Reisen 5/7 Aus der Pilgerwelt 8/22 Aus unserer Gesellschaft 13 Santiago de Compostela 17/64 Wege 32 Pilgerstimmen 45 Herbergen 26 Jakobus an anderen Orten 18/25/31/39 Büchertisch 51/64 Jakobus-Gesellschaften und Arbeitskreise 42 Jakobusbruderschaft Bamberg 49 Pilgerzahlen 64 Neue Mitglieder 65 Auslobung von Preisen für wissenschaftliche Arbeiten 66 EinBlick in Zeitschriften 67 Impressum 68 Aus der Redaktion: Unser Titelbild Eine Bitte an alle, die Texte oder Fotos führt in diesem Jahr nach Marktschor- einsenden: Immer Anschrift des Autors gast in Oberfranken. Die katholische und Fotografen angeben, bei jedem Pfarrkirche ist Jakobus dem Älteren ge- einzelnen Text und Foto. Bei Einsen- weiht. Die spätmittelalterliche Wehrkir- dungen über eMail unbedingt beach- che erhielt um 1500 einen Neubau von ten: Texte nicht als eMail, sondern als Chor und Langhaus. Der Chor wurde Anhang im Word-Format . Fotos in um 1600 umgestaltet. In der zweischif- einer Dateigröße von etwa 600 kB bis figen Hallenkirche begegnet der Besu- 1 MB. Sie erleichtern die Arbeit sehr! cher dieser Statue des Pilgerpatrons, Daniela Ruhrmann hat Nachrichten aus die aus der Zeit um 1500 stammt. Pil- der Pilgerwelt gesammelt und aus dem gerstab mit Kalebasse und Buch kenn- Spanischen übersetzt und Korrektur zeichnen den Apostel Jakobus d. Ä. gelesen für den Büchertisch. Foto: Ferdinand Seehars Leserstimmen: “Das neue farbige “unterwegs” ist sehr gut gelungen und gefällt uns außerordentlich!” Bruno und Irene Schäfer, Marktheidenfeld “ein großes Kompliment für inhaltliche und äußere Qualität des neuen "Unterwegs"! Der Rund- brief - oder sollte man von jetzt ab sagen "fränkische Jakobus-Enzyklika"? - ist rundum gelun- gen. Vielen Dank - man freut sich schon auf die nächste Ausgabe! Grüße aus dem Allgäu” Wolfgang Dettling unterwegs 2 nr. 76 oktober 2010
Grußwort des Präsidenten und den Jakobuspilgern empfohlen, andere Wege zu gehen. Nach den uns Augsburg, vorliegenden Informationen wurden 18. August 2010 diese auch verstärkt begangen. Viele Pilger waren von ihrer Haustüre aus Liebe Mitglieder und Freunde des Ja- unterwegs. kobusweges, Um den Jakobustag gab es allein in haben Sie Ihr Pilgerjahr 2010 schon „unserem“ fränkischen Gebiet zahl- abgeschlossen? Oder sind Sie wegen reiche Veranstaltungen, die als End- der vermutet großen Schar von Pil- oder Anfangspunkte der diesjährigen gern, die auf den Wegen sein könn- Pilgerstrecken von Vielen genutzt ten, gar nicht erst losgegangen? wurden. Tatsächlich kommen aus Spanien Dazu gab es Streckeneröffnungen vom Camino francés nicht nur posi- und Einweihungen. Z. B. auf dem tive Berichte. Frankenweg in Sachsen vor und nach Gewiss, es wurde viel investiert und Chemnitz; auf dem Weg von der viele Gemeinden haben sich auf viele Fulda an den Main, von Gelnhausen Pilger in diesem Jahr vorbereitet. An- nach Gründau. Dies sind zwar „nur“ dere Gemeinden aber weniger; sol- 16 km. Aber das schrittweise Er- che Berichte finden Sie auf den schließen, Erlaufen des Weges ist Seiten 11, 13 und 14. wichtig. Denn damit ist es immer Manfred Zentgraf referierte beim möglich, dass sich die Gemeinden diesjährigen Empfang der Stadt vor Ort einbringen und so der Weg Augsburg für die Jakobuspilger im wahrgenommen wird. Allen örtlichen Goldenen Saal des Rathauses am 24. Akteuren sage ich von Herzen Dank Juli 2010. Als er die aktuellen Zahlen, für ihr Engagement! der in der Zeit vom 12. – 23. 7. 2010 in Santiago de Compostela eingetrof- Viele Pilger waren auch in Gruppen fenen Pilger nannte, staunte mancher unterwegs. Zuhörer und schüttelte den Kopf: das Ich selbst bin Anfang Juli die Strecke Maximum waren 2200 Pilger am Tag, Görlitz – Zittau – Prag gepilgert, zu- inzwischen am 16. August mit 2297 sammen mit den Freunden des tsche- noch übertroffen! chischen Jakobusvereins Ultreia. (siehe Seite 29 - 30).Wie viele Pilger Die deutschen Jakobusgesellschaften habe auch ich die Erfahrung gemacht: haben schon letztes Jahr solche Zah- wer pilgert, stellt sich außerhalb des len vermutet, die dann volle Wege täglichen Geschehens, und nimmt be- und überfüllte Einrichtungen mit sich wusst in Kauf, nicht alle Informatio- bringen, und ihren Mitgliedern nen zu erhalten. So haben wir erst unterwegs 3 nr. 76 oktober 2010
daheim in Augsburg erfahren, dass uns schon seit Jahren. Richtig voran der neue Bischof aus Görlitz kommt! gekommen sind wir dennoch nicht. Die Schweizer Freunde des Jakobs- Zugegeben, jeder Pilger ist immer weges sind noch Anfang September noch irgendwie untergekommen. in Bayern unterwegs von München Doch, dass zum Pilgern einfach Pil- nach Marktoberdorf (jedes Jahr orga- gerherbergen gehören, diesen Gedan- nisieren sie ein Gruppenpilgern. 2009 ken wollen wir besonders in waren sie unterwegs von Würzburg Ellwangen ansprechen. nach Ulm). Liebe Pilgerfreunde und Pilger- Ich denke, wir werden in unseren freundinnen, ich hoffe, Sie konn- nächsten „unterwegs“- Heften span- ten gut und voller Erfahrungen nende Berichte lesen können. wieder von Ihren Wegen zurück- kehren. Die Vorstandschaft ist in diesen Für heute grüße ich Sie herzlich Tagen dabei unsere nächste Jahres- „e ultreia“! versammlung vom 11. – 13. März 2011 in Ellwangen vorzubereiten. Schwerpunkt wird dort das Thema Joachim Rühl „Herbergen“ sein. Dieses beschäftigt Pilger gesucht! Wer von unseren Lesern ist einmal dem Pilger Alfred Winkler begeg- net? Er stammte wohl aus Sachsen und ist 1993 verstorben. Auf vielen Pilgerwegen war er wohl unter- wegs. Hinweise bitte an die Redaktion. Eine wichtige Frage an alle Pilger finden Sie auf Seite 66. Wir sind sehr gespannt Uffenheim. Eine solche Begrüßung am Gast- auf Ihre Antwort! haus erfreut den Pilger. Foto: Ferdinand Seehars unterwegs 4 nr. 76 oktober 2010
Pilgerstammtisch Termine Volkach Gasthof “Rose” am Oberen 23. Oktober 2010 - 18 Uhr Löffelsterz Markt 16 - 18 Uhr: jeweils erster Freitag 24. Oktober 2010 - 18 Uhr Sulzthal im Monat: 1. Okt. / 5. Nov. / 3. Dez. 2010 Musical “Der Weg nach Santiago” mit / 7. Jan. 2011 der Band Shalom. Eintritt frei - eine Spende ist erwünscht Hallerndorf-Schlammersdorf (bei Forchheim) Brauereigasthof Witzgall 20. - 24. Oktober 2010 Prichsenstadt: neben der Kirche, jeweils erster Samstag 2. internationales Reiterpilgertreffen im Monat um 16 Uhr; 19 Uhr Vorabend- wegen zu geringer Teilnahme wurde dieser Termin abgesagt. messe mit Pilgersegen; 2. Okt. /6. Nov. / 4. Dez. 2010 / 8. Jan. 2011 - Info: D. Sa- 29. - 31.10.2010 Eichstätt Jugendher- winsky 09190 1461 - mobil 0171 berge “Fit für den Jakobsweg” mit Rai- 4979019 mund Joos Weitere Infos Nürnberg Gasthaus „Steichele“ Knorr- straße 4 (unweit St. Jakob) ab 18 Uhr je- 14.11.2010 - 14 Uhr. Würzburg Füh- weils erster Mittwoch im Monat: 6. Okt. rung im Jüdischen Zentrum Shalom / 3. Nov. / 1. Dez. 2010 / 5. Jan. 2011. Europa. Dauer der Führung zwei Stun- Vorher um 17:30 Uhr ist in der Krypta in den. Anmeldung beim Sekretär unbe- St. Elisabeth (Kuppelbau gegenüber von dingt erforderlich bis zum 6.11.2010. St. Jakob) eine Andacht. Bitte anmelden Eintritt mit Führung ca. 3 €. Treffpunkt am unter Tel.: 0911 5192637 Eingang Valentin-Becker-Str. 11 Regensburg im „Spitalgarten“ 19 Uhr - 26. - 28.11.2010 Oberdischingen, Cur- jeweils letzter Freitag im Monat: 29. Okt. sillo – Haus St. Jakobus “Das Wagnis / 26. Nov. / 31. Dez. 2010 / 28. Jan. 2011. Jakobsweg” mit Raimund Joos Kontakt: Sepp Reif >josef.reif@t-online.de< Weitere Infos Würzburg, Weinhaus Schnabel, Hau- 11. 12. 2010 nach dem Gottesdienst im gerpfarrgasse 10 - Jeweils dritter Frei- Luitpoldkrankenhaus Vortrag von tag im Monat um 17:30 Uhr: Christian Thumfart: 2500 km zu Fuß 15.Oktober /19. November / 17.Dezem- von Mosbach auf dem Jakobsweg nach ber 2010 / 21. Jan. 2011. Santiago de Compostela Regionalgruppe Untermain ...und jetzt schon notieren: 16.10. Siegfried Becker: Lesung aus seinen “Impressionen zum Ja- 11. - 13. März 2011 Jahrestagung in Ell- kobsweg” wangen - Schönenberg mit der Thema- 20.11. Helmut Stowasser: Das Cara- tik “Pilgerherbergen” und Wanderung vaca–Kreuz Rosenberg - Hohenberg 8.12. Familie Hofmann: Von San Sebastian nach Santiago 9. - 11. März 2012 in St. Ottilien Info: Peter Spielmann, T: 06028 6037 unterwegs 5 nr. 76 oktober 2010
Pilgersegen Würzburg. Nach dem Vorabendgottesdienst um 18 Uhr, jeweils 2. Sa. des Monats, außer April, in der Kirche des Luitpoldkrankenhauses/Uni-Kliniken, Josef-Schnei- der-Str. 2, erhalten Einzelpilger und Pilgergruppen den Pilgersegen. Bitte anmelden bei Norberta Köhler Tel. 0931 416-139. - Für Gruppen, die hier aufbrechen wollen, bi- etet das Schottenkloster nach Absprache eine Feier an. >www.schottenanger.de< Ochsenfurt. St. Andreas Sa. und So. jeweils 18 Uhr. Anmeldung: T: 09331 8025080. Aschaffenburg. Pilgergottesdienst jeweils am 3. Sa. im Monat um 17.30 Uhr mit Pfarrer Reichert in der Hauskapelle der Englischen Fräulein am Brentanoplatz, Nähe Südbahnhof. Anschließend Pilgerhock mit Maria-Ward Schwestern. Miltenberg. In der Pfarrkirche St. Jakobus wird am 25. Juli im Anschluß an die Abendmesse und jeweils am letzten Sonntag des Monats nach der Abendmesse um 19 Uhr in der Staffelkapelle der Jakobuskirche der Pilgersegen erteilt. Anmeldung bitte im Pfarramt Tel. 09371 2330. Benningen. Pilger aus dem Raum Memmingen können in der Pfarreiengemeinschaft im Rahmen der Sonntagsgottesdienste - in der Regel Sa. 18.30 Uhr, So. 9 und 10.30 Uhr - den Pilgersegen empfangen. - Im Pfarrheim besteht Möglichkeit zur Über- nachtung (ohne Dusche). Anmeldung bei Pfr. Xaver Wölfle, Tel. 08331 2842 Fax: 929200 oder E-Mail >pg.benningen@bistum-augsburg.de< Schlammersdorf bei Forchheim. Pilgersegen jeweils nach dem Pilgertreff bei der Vorabendmesse um 19 Uhr. Siehe dazu Termine hier unten. Freiburg im Breisgau. In der Kirche der Universitätsklinik ist nach den Messen So. 9.30, Di. und Fr. 18.30 und Mi. 15 Uhr die Möglichkeit, den Pilgersegen zu empfan- gen. Bitte vorherige Absprache mit P. Norbert Riebartsch Tel.: 0761 270-3401(d) und 2024262 (p) oder E-Mail >pater.norbert@uniklinik-freiburg.de< Regensburg. Pilgersegen oder Pilgerstempel erhalten Sie gerne im Priesterseminar, dessen Seminarkirche die Schottenkirche ist. Es ist erreichbar an der Pforte Bismarck- platz 2 oder über die Telefon-Nr. 0941 58516-0. In der Schottenkirche St. Jakob ist am Sonntag 9 Uhr Eucharistiefeier. Herbstein. Pilgersegen und Pilgerstempel an allen Tagen des Jahres möglich. Tel.06643 234. E-Mail >pfarrbuero@st-jakobus-herbstein.net< Marburg. Die kath. Kirchengemeinde St. Michael und St. Elisabeth, Kettelerstr. 12, 35043 Marburg-Schröck bietet in allen Gottesdiensten den Pilgersegen nach Ab- sprache an. Tel.: 06424 92230, E-Mail: >buero@pfarrei-schroeck.de< Münster. Für Pilger aus Münster und Umgebung bietet P. Erich Purk, Kapuzinerstr. 27, 48149 Münster, den Pilgersegen an. Bitte vorher Termin vereinbaren: 0251 9276-122. E-Mail: >erich.purk@kapuziner.org< Augsburg. In der Pfarrkirche St. Max, Franziskanergasse 8, jeden ersten Sonntag im Monat nach der Abendmesse - Sommer 19 Uhr, Winter 18 Uhr - Pilgersegen. Auskunft Tel. 0821 3432230 Bremen. In der kath. St. Marien-Gemeinde, St. Magnusstr. 2, 28217 Bremen, wird im Gottesdienst der Pilgersegen erteilt nach vorheriger Absprache mit Pastor Robert Wagner. Tel.: 0421 38 36 38 - E-Mail: >pfarramt@st-marien.de< ++ Gemeinden, die Pilgersegen anbieten, teilen ihre Zeiten der Redaktion mit. Viele Pilger freuen sich. ++ unterwegs 6 nr. 76 oktober 2010
Termine Von Astorga nach Compostela mit Elisabeth und Wieland Graf 20.12.2010 - 01.01.2011 zum Abschluß des Hl. Jahres Die Winterwanderung auf dem Jakobus- weg führt hin zur Schließung der Hl. Pforte in Santiago de Compostela. Diese Wanderung fand beim letzten Jah- reswechsel schon großen Anklang, weil der Weg zu dieser Jahreszeit deutlich an- deres bietet als in den Sommermonaten. Heiligabend am Cebreiro gibt’s im Som- mer jedenfalls nicht. Dieses Angebot des Bayerischen Pilger- büros unter der Nr. RN 182915 kostet pro Person im DZ € 1699. Information, Beratung und Anmeldung: Bayerisches Pilgerbüro Team 3 / Frau Unterpieringer Dachauer Str. 9 80335 München T: 089 545811 86; email: unterpieringer@pilgern.de Aufbruch Aufbrechen heißt vielleicht nicht einmal in erster Linie: sich auf den Weg machen. Aufbrechen meint zu- nächst einmal: die innere Schale, die Maske, die du dir zum Schutz vor Helwiga Heinrich aus Schechingen zeigt den anderen zugelegt hast, aufzubre- in ihrem künstlerischen Schaffen immer chen, dich zu öffnen für neue Ge- wieder auch Werke, die mit Jakobswegen danke, neue Erfahrungen, neue und Jakobspilgern zu tun haben. Als Begegnungen. Aufbrechen heißt Klappkarten (siehe oben und auf S. 23) also: sich bereitzuhalten für das sind diese Originale sehr ansprechende Wunder. Wo immer solches ge- Geschenke für Pilger zu einem er- schieht, da bist du schon mitten auf schwinglichen Preis (etwa 4 - 5 € pro dem Weg. Klappkarte - 10,5 x 21 cm - mit Um- schlag). Sie erreichen die Künstlerin über Christa Spilling-Nöcker in “Ich schenke oder dir ein gutes Wort” Topos 2009 Tel. 07175 90088. unterwegs 7 nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt Xacobeo schlägt alle Rekorde schilderung erhalten. Durch das Zusam- Das erste Halbjahr des Heiligen Jahres mentreffen des Camino del Salvador mit schlägt alle Rekorde: 90.776 Pilger sind dem Camino del Norte und dem Camino in Santiago zwischen Januar und Juni an- Primitivo kam es stets zu Verwirrungen. gekommen. Das sind 43,5 Prozent mehr Diese wurden nun beseitigt. als in derselben Zeit des Xacobeo im Jahr Die ersten Meter der Wegstrecke des Ca- 2004. Und das sei nur der Anfang, erklärt mino Primitivo waren etwas verworren das Erzbistum von Santiago. Allein und wurden nun durch neue Muschel- 33.721 Personen kamen im Juni ins Pil- schalen im Boden eindeutiger ausgeschil- gerbüro. dert. Das gleiche wurde in vielen Straßen Für Juli werden zwischen 35.000 und gemacht. Mehr Informationen unter 40.000 Fußpilger am Grab des Hl. Jako- www.lne.es bus erwartet. Im August könnte sogar die Zahl von 45.000 Pilgern übertroffen wer- Xubi löst Pelegrín ab den. Am 23. Juli kamen 2.145 Pilger, die Im Heiligen Jahr 1993 wurde er geboren, im Pilgerbüro ihre Compostela abholten. das Maskottchen Pelegrín. Aber mit der Der Tagesdurchschnitt im Juli lag bei Zeit geriet es in Vergessenheit. Nun, 1.366 Pilgern. Eine immense Arbeit für rechtzeitig zum diesjährigen Xacobeo, das Team im Büro verbirgt sich dahinter. gibt es ein neues Maskottchen, genannt Xubi. Dieses soll die Pilger die kommen- Herberge in Innsbruck den Jahre begleiten. Geschaffen hat Xubi Seit diesem Sommer hat Innsbruck eine der galicische Designer Alberte Permuy. neue Pilgerherberge. Bis zum 30. August Es zeigt eine Mischung aus einem Wan- können täglich bis zu 15 Pilger nahe dem derstock und einem Kürbis in blauen und St. Jakobs-Dom übernachten. Zugänglich grünen Tönen. ist die Herberge zwischen 16 und 22 Uhr. Das Maskottchen gibt es als Plüschtier Um Spenden wird gebeten. Weitere Infor- sowie auf T-Shirts, Mützen usw. Außer- mationen: www.jakobsweg-tirol.net dem hat es seinen eigenen Webauftritt im Internet unter www.xubi.es. Pilger sollen Neuer Webauftritt des Erzbistums von dort bald virtuell den Camino bis zur Ka- Santiago thedrale gehen können. Nach mehr als zehn Jahren hat das Erz- bistum von Santiago seinen Web-Auftritt Begeisterung hält sich in Grenzen für Pilger gründlich überarbeitet. Große Xubi stößt nicht überall auf Begeisterung. Aufmerksamkeit genießen die Fußpilger, Für manche ist der Kürbis eher eine aber auch die Wallfahrt als solche und die Birne, manche erkennen nur den Pilger- Erzbruderschaft. Interessierte können stock, der Rest ist für sie kindlich und darüber hinaus stets die Pilgerzahlen des eines heiligen Jahres unwürdig. Andere Tages, bzw. der vorausgegangenen abge- denken zwar auch, dass Xubi sehr ver- schlossenen Monate erfahren. Das Pilger- spielt ist, sind aber der Meinung, dass büro ist richtig schnell geworden. sich die Menschen mit der Zeit daran ge- Informationen finden sich auch über die wöhnen und ihn schließlich doch mögen. Compostela und das Heilige Jahr sowie Für wieder andere kommt der Entwurf zu über den Zugang für die Pilger zur Ka- spät. Ihrer Meinung nach hätte er zu Be- thedrale, einen Zeitplan der Pilgermessen ginn des Jahres präsentiert werden sollen. und die Öffnungszeiten des Pilgerbüros. Daneben gibt es noch die Ansicht, dass www.peregrinossantiago.es jedes Jahr ein neues Maskottchen ge- schaffen werden sollte. Neue Beschilderung in Oviedo Manchen wünschen sich Pelegrín zurück. Der Camino entlang der Gemeinde von Er sollte ein wenig erneuert werden, denn Oviedo hat eine neue und ergänzte Be- er repräsentiere den Weg besser als Xubi. unterwegs 8 nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt Fehmarn. Das letzte Stück des „Kleinen schneereicher Landschaft, eines Seewe- Pilgerweges“ wurde im Juli feierlich er- ges entlang der Fijorde und nicht zu ver- öffnet. Vom Fährbahnhof Puttgarden bis gessen, der grenzüberschreitenden zum Standort der einstigen Peter-und- Zusammenarbeit. Ermutigend ist die sehr Paul-Kapelle in Fehmarn führte der Weg, offene Art der mehrheitlich der lutheri- den rund 60 Pilger gingen. Damit wurde schen Kirche zugehörigen Partner, die ein Lückenschluß auf dem Jakobsweg ge- ihre Arbeit in einem weitgespannten in- feiert, der als “Via Scandinavica” von terreligiösen Dialog verstehen. Dänemark und Schweden herkommend, Kiel. Vom Jakobsweg zum europäischen von Puttgarden nach Lübeck und weiter Literaturkanon in den Süden nach Göttingen und Würz- Das Romanische Seminar der Christian- burg führt. Albrechts-Universität (CAU) ist in den Ein Findling und ein Kreuz erinnern seit kommenden Jahren unter Leitung von September 2008 an das 1198 erstmals ge- Professor Javier Gómez-Montero Koope- nannte früheste fehmarnsche Gotteshaus, rationspartner bei zwei bedeutenden EU- die Opfer- und Dankkapelle „Peter und Projekten des Programms "Kultur", die Paul“ am Puttgardener Strand, die den den europäischen Gedanken auch in For- Bewohnern bis zur Reformation 1542 als schung und Lehre unterstreichen. Wallfahrtsort diente. Die Felskirche Im ersten Projekt University and school wurde 1644, ausgerechnet am Tag von for a European literary canon, koordiniert Peter und Paul, von schwedischen Kriegs- von der römischen Universität La Sa- schiffen zerschossen. Hier dankten die an- pienza, soll über zwei Jahre hinweg ein kommenden Wallfahrer von Lolland Gott europäischer Literaturkanon erstellt und für die glücklich überstandene, mehr als erprobt werden. Die grundlegende Frage dreistündige Seefahrt in kleinen Fischer- lautet: Wie kann ein Europa entstehen, booten bei oftmals stürmischer See in der dessen Bürger sich intellektuell, ideell, Kapelle und gaben ein Dankopfer in das aber auch emotional einer gemeinsamen Türchen des eichenen Opferstocks. Kultur zugehörig fühlen? In enger Zu- Trondheim. Am 28. Juli begann das sammenarbeit von Universitäten und Sankt-Olav- Festival. Ein umfangreiches Schulen wird vor dem Hintergrund der Programm von klassischer Musik und jeweiligen Nationalkultur ein europäi- Jazz, Tanz und Vorträgen war in diesem scher Literaturkanon entstehen. Jahr auf Spanien ausgerichtet als Hom- Das zweite Projekt Cultures and langua- mage für das Heilige Jakobus-Jahr. Aber ges on the Route unter Federführung der es war auch eine Art den Hl. Olav (995 - galicischen Landesregierung (Xunta de 29. Juli 1030), den Patron Norwegens zu Galicia) widmet sich Kulturen und Spra- feiern. In diesem Jahr wurde vor dem fei- chen entlang des Jakobsweges. erlichen Umzug, den Prinzessin Mette- Das Projekt will die Bedeutung der euro- Marit anführte die Anerkennung der päischen Kulturen und Sprachen, insbe- Olav-Wege als europäische Kulturstraße sondere derjenigen von Minderheiten, als übergeben. Das Wegenetz dieser Kultur- Teil eines umfangreichen europäischen straße erstreckt sich über 5.000 Kilometer Erbes herausstellen. Ziel ist es, das alte in Norwegen, Dänemark und Schweden Gefühl der Verbundenheit wiederherzu- und ist angebunden an das große Netz der stellen und den Kontakt zwischen unter- Jakobswege, der ersten europäischen schiedlichen Sprachen und Kulturen Kulturstraße. Ein Seminar machte die entlang der Jakobswege zu befördern und nordischen Partner der Olav-Wege mit deren Vielfalt - einst und jetzt - sichtbar den Forderungen des Europa-Rates ver- zu machen. traut und zog Bilanz dessen, was gesche- Bereits seit 2006 erforschen Kieler Stu- hen ist: Umwandlung alter Bauernhäuser dierende unter der Leitung von Javier in Dänemark, Markierungen in rauer und Gómez-Montero die Darstellung der Pil- unterwegs 9 nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt gerfahrt nach Santiago de Compostela in Literatur, Ikonographie und historischen Quellen. Unterstützt werden sie dabei von den Kunsthistorikern Ulrich Kuder und Klaus Gereon Beuckers, sowie dem Mittelalterhistoriker Heinrich Dormeier. Die Bewilligung des EU-Projekts erlaubt es nun, die Spuren der Pilger auch in Schleswig-Holstein weiter zu verfolgen. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und hat Kooperationspartner in Frank- reich und Spanien. Das Romanische Seminar der CAU vertritt mit Unterstützung von Jarich Hoekstra (Frie- sische Philologie) und Michael Elmentaler (Niederdeutsche Sprache und Literatur) die nordeuropäische Route, deren Bedeutung bereits im Gründungsmythos des Jakobswe- ges im Hohen Mittelalter verankert ist. Der Codex Calixtinus (um 1150) enthält eine Le- gende, der zufolge Karl der Große in Aachen von einem Sternenweg (der Milchstraße) ge- träumt haben soll, der von der friesischen Rom. Am 28. Juni 2010 wurde unser Küste bis an die Küste Galiciens im Nord- Gründungspräsident Bernd Breunig unter westen Spaniens führte. der Nummer 1636 als Pilger registriert. Für das Projekt sind folgende Maßnah- In der Sakristei des Petersdomes wird seit men geplant: 2002 das Pilgerregister geführt. Die Ur- - Informationen über die historische und kunde zeigt die Apostelfürsetn Petrus und gegenwärtige Sprachenvielfalt unter den Paulus, die den Text der Urkunde auf Jakobspilgern (u.a. Friesisch und Nieder- einem Tuch präsentieren. deutsch). - Informationen für Pilger über Ursprung, Entwicklung und Reichtum der galici- schen Sprache sowie ihre Beziehung zu anderen europäischen Sprachen. - Zusammenarbeit im Bereich des Kultur- und Sprachtourismus; Verständigung über Ziele, Methoden und Erfahrungen. Die wichtigsten Ergebnisse werden sein: - Aufbau eines Netzwerkes europäischer Kulturvermittler. - Eine Internationale Konferenz "Europe and its languages and cultures" im Jahr 2011 in Santiago de Compostela. - Wanderausstellung "Europe in the Routes of Santiago" (2011/2012). Hohenberg. Das neue Sternbild über der Ja- - Eine mehrsprachige Webseite zur Kul- kobuskirche von Hohenberg war am Jakobustag turgeschichte der verschiedenen europäi- die große Überraschung: Hightec mit Riesen- schen Regionen am Jakobsweg. kran und Leuchtdioden machten es möglich. unterwegs 10 nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt Pfarrer Sieger Köder und das dicht gefüllte Festzelt; auch einige Franken sind zu erkennen wie Monika und Ferdinand Seehars, Irene und Bruno Schäfer. Fotos: Hermann Sorg Hohenberg. Drei Sternsingern unter dem „Sternenweg unterwegs“ stellten fest, dass sie sich im Datum vertan hatten und verwandelten sich daraufhin flugs in Jakobuspilger. Sie baten weitere im Zelt verstreute Pilger (des Liederkranzes Hohenberg) auf die Bühne und intonierten neue Pilgerchöre. Rosenberger Sterndeuter entdeckten am nächtlichen Zelthimmel mit einem Riesenfernrohr ein neues Sternbild, eine Jakobusmuschel. Drei mutige Hohenberger Astronauten starteten mit der JASA („Jakobus Space Agency“) in den Weltraum um das neue Sternbild näher zu erforschen. Bei der Rückkehr brachten sie den derzeitigen Pfarrer von Hohenberg, Martin Danner, mit. Die- ser verfünffachte sich auf einmal zu einem Leporello. Ab jetzt gibt es nun – dank des heiligen Jakobus – keinen Priestermangel mehr in der Seelsorgeeinheit Virngrund. Die größte Überra- schung war das neue Sternbild der Muschel (siehe S.10). Beim Festgottesdienst überbrachte Weihbischof Dr. Johannes Kreidler aus Rottenburg die Grüße des Erzbischofs von Santiago de Compostela. In seiner Predigt stellte er den pilgernden, gehenden Men- schen in den Mittelpunkt. „Seit der Geburt ist der Mensch beschäftigt, das Gehen mit Aufbrechen und Ankommen, mit Irren und Umkehren, zu lernen. Im aufrechten Gehen zeigt sich die Größe und Würde des Menschen, verbunden mit der Erde und hineinragend in den Himmel“. Hermann Sorg Rottenburg-Frommenhausen. Die deutschlandweit größte Pilgerherberge auf dem Jakobsweg wurde in Frommenhausen eingeweiht. Ortsvorsteher Kurt Hallmayer begrüßte rund 100 Bürger, darunter auch den Künstler Sieger Köder, dessen Bild eines Pilgers nun den Außengiebel der Herberge schmückt. Mit viel Eigenleistung und der Hilfe des Fördervereins sowie mit einem städtischen Zuschuss wurde der Umbau des ehemaligen Bankgebäudes realisiert. Hallmayer betonte, dass der Weg zum Grab des Apostels Jakobus oft schwierig und steinig sei. Ihn ging im Jahr 1510 der aus Frommenhausen stammende Jakob Beyter, und er kehrte gesund wieder zurück. In Gedenken an Beyter wurde die Herberge eingerichtet. Hallmayer übergab den Schlüssel zur Pilgerherberge an Roland Harrer, den Vorsitzenden des Fördervereins. Zudem wurde das Gemälde von Sieger Köder enthüllt. Pfarrer Uwe Thauer segnete die Räume; Professor Josef Nolte hielt einen Festvortrag. Landrat Joa- chim Walter gratulierte der Gemeinde zur Herberge und dem Bild von Sieger Köder. Früher sei der Weg nach Santiago de Compostela gefährlich gewesen, viele hätten dabei ihr Leben verloren. Doch auch heute noch werde gepilgert, "was die Sohlen hergeben", so Walter. Jeder siebte Deutsche könne sich vorstellen, auf dem Jakobsweg zu pilgern. >www.pilgerherberge-frommenhausen.de> unterwegs 11 nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt Würzburg. Zum Ende dieses Monats, mit Vollendung seines 65. Lebensjahres, be- ginnt für Klinik- (und Pilger)seelsorger Gottfried Amendt der Eintritt in den Ru- hestand. Zum Nachfolger wurde zum 1. Februar 2011 Pfarrer Stephan Schwab, derzeit in Zeil am Main, ernannt. In der Übergangszeit wird der Gottesdienst mit Pilgersegen wie bisher in der Kirche der Universitätsklinik stattfinden. Im nächsten “unterwegs” werden die voraussichtlichen Änderungen bezüglich Ort und Zeit zu finden sein. Weißt du wie viel Sternlein stehen 1. Weißt du wie viel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt, weißt du wie viel Wolken gehen, weithin über alle Welt. Gott, der Herr, hat sie gezählet, daß ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl, an der ganzen großen Zahl. 2. Wenn wir zu den Sternen schauen, zeigen sie, wohin es geht. Wenn wir ihnen uns vertrauen wie sich auch die Erde dreht. Oben steht es in den Sternen, unten führt in weite Fernen da ein Weg, der Sternenweg, der Camino-Sternenweg. 3. Sieh’ des frommen Pilgers Spuren, sieh’ die fromme Pilgerin, wie sie zieh’n durch uns’re Fluren, Compostela fest im Sinn. Um Sankt Jakob zu verehren, kreuz und quer durch Matzengehren, da noch weit durch unser Land, da noch weit nach Hinterbrand. 4. Weißt du, wie viel Pilger wandern, fromm zum Hohenberg hinauf. Eines pilgert nach dem andern, Pilger alle, wir zuhauf. Gott, der Herr, hat uns gezählet, daß von uns auch keines fehlet aus der ganzen großen Zahl einmal dort im Himmelssaal. Text von Sieger Köder, Ellwangen. Das Lied wurde erstmals beim vergangenen Jakobusfest auf dem Hohenberg mit Inbrunst gesungen. unterwegs 12 nr. 76 oktober 2010
Aus unserer Gesellschaft Binsbach. Im Heiligen Jakobijahr lud der Förderkreis „Altes Pfarrhaus Binsbach“ zum Patronats- und Pilgerfest mit spanischem Essen und Wein ein. Am Vorabend in- terviewte der ehemalige Rundfunkmoderator Franz Barthel prominente und unbe- kannte Jakobuspilger. Es läuft jeder für sich alleine – mit seinen Motiven, seinen Sorgen und Hoffnungen. Auch wenn die Wallfahrt durch den Boom der letzten Jahre und das große Medieninte- resse Züge des Massentourismus angenommen habe, bleibe doch für jeden Einzelnen die Möglichkeit, auf dem langen Weg nach Santiago de Compostela, sich selbst zu finden und auch an seinen eigenen, inneren Zielen anzukommen. Pfarrer Roland Breitenbach, Schweinfurt, zeigte den tiefen Sinn, aber auch die vereinzelten unerwünschten Auswüchse des „Camino“ auf. Breitenbach war einer der Hauptinitiatoren für die Schaffung des Pil- gerwegs von Schweinfurt nach Würzburg, der auch durch Binsbach führt. Franz Barthel führte gewohnt souverän durch den Abend. Mit der Frage „Wie kamt ihr auf die Idee, hier in Binsbach ein Pilgerheim einzurichten?“, spielte er Arno Issing, dem Vor- sitzenden des Fördervereins, den Ball zu. Dieser berichtete von dem leer stehenden ehema- ligen Pfarrhaus, von Überlegungen „das alte Zeug einfach wegzureißen“ und von den Anstrengungen des Vereins. In diesem Jahr, so Issing hätten schon 50 Pilger Rast gemacht. Die Zimmer seien „franziskanisch“: ein Bett, ein Schrank, eine Dusche. Arnsteins Pfarrer Tadeusz Falkowsky, selbst begeisterter Pilger, sucht lieber den Weg abseits der Masse. Hier könne er in Ruhe in sich hineinhören und auch an seine eige- nen Grenzen kommen. Die Vizepräsidentin der Fränkischen Jakobus-Gesellschaft, Valentine Lehrmann, ist sicher, dass der Boom anhält, denn es gäbe ein tiefes Bedürfnis nach individueller Spiritualität. Der „Camino de Santiago“ sei für viele inzwischen auch eine andere Art von Urlaub. Franz Barthel befragte auch Wolfgang Zecher, der mit seiner Frau in zwei, jeweils drei Monate währenden Etappen, knapp 4500 Kilometer bis nach Jerusalem gepilgert ist. Robert Braun und Josef Gaida nahmen den Weg nach Santiago in vier Wochen mit dem Fahrrad auf sich. Barthel berichtete von Pilgern zu Pferd oder im Rollstuhl. Ohne greifbaren Erfolg blieb allerdings das Drängen des Moderators Franz Barthel be- züglich der finanziellen Unterstützung durch die Stadt Arnstein. Die Stadt sei stolz auf das Pilgerheim, betonte die Bürgermeisterin Linda Plappert-Metz und unterstütze alle sinnvollen Aktivitäten. Verbindliche Zusagen über konkrete Unterstützungen könne aber nur der Stadtrat treffen. Der Pilgerabend im Binsbacher Sportheim wurde musikalisch von dem Duo „Vetter- leswirtschaft“ mit Kilian Heilgenthal und Georg Wolf umrahmt. Für die Gäste gab es spanische Genüsse wie gegrillte Scampis, spanische Schinken- und Käsespezialitäten und den in Binsbach bekannten spanischen Pilgerwein „Rolando“. Am Sonntag, dem Jakobustag, versammelte sich die Gemeinde zum Festgottesdienst, anschließend zum Festbetrieb. unterwegs 13 nr. 76 oktober 2010
Aus unserer Gesellschaft Viereth. Das Präsidium unserer Gesellschaft war am Abend des Jakobusfestes stark vertreten in der Jakobuspfarrei am Main. Als Geschenk für die Pfarrei und alle Interessierten war das Mysterienspiel “Jakobus” von Armin Hackl und Michael Aust zu sehen. Diese, jetzt schon vierte Fassung wurde allein von Schlagzeug begleitet und hinterließ einen großen Eindruck bei allen Zuschauern, die atemlos dem Stück folgten. Pfarrer Dr. Elmar Koziel hatte die Zuschauer aus der Gemeinde und von auswärts, die Spieler und die Mitglieder der Fränkischen St. Jako- bus-Gesellschaft begrüßt und seiner Freude über diesen Abend kundgetan. Nach dem Spiel, das großen Beifall erhielt, dankte Präsident Joachim Rühl (Foto unten Mitte) den Spielern und der Pfarrei für diesen Abend am Jakobustag. Helmut Wahner, PGR-Vorsitzender und die Mitglieder des Pfarrgemeinderates sorgten danach vor der Kirche für Brezeln, Wurst und Bier. Ein gelun- gener Ausklang!(Foto unten links) Beim Spiel dabei waren Michel Aust als Erzähler der Geschichte des Apostels und seines Gra- bes in Santiago und dem Pilgerstrom dorthin (Foto unten rechts), Armin Hackl, der Autor des Spieles (großes Foto, 2. von links), Claus Zwanziger am Schlagzeug (großes Foto ganz rechts), sowie Sigrid von Schroetter, Teresa Günther, die Schüler vom EGM Lisa-Marie Krauß, Marius Mühlhaupt, Hendryk Weingärtner und von Wietersheim Achim. Helmut Wahner, der Vorsitzende des PGR in Viereth, schrieb inzwischen an unsern Sekretär: “Ich möchte der Jakobus-Gesellschaft und den Theaterspielern nochmals herzlich für das Engagement in Viereth danken, persönlich wie auch stellvertretend für unsere beiden Kirchengremien PGR und Kirchen- verwaltung. Wir danken nochmals für die Überlassung der Spenden, es waren 640.- € (für die Besucheranzahl ein sehr respektables Ergebnis) für die Bildrestaurierung St. Jakobus. Einige Privatspenden sind eingegangen, zwei Gremien haben uns auch schon finanzielle Hilfe zugesagt....” unterwegs 14 nr. 76 oktober 2010
Aus unserer Gesellschaft Archiv der Gesellschaft bereichert. Würzburg. Das Ehepaar Erika und Fritz Mittenhuber, Gründungsmitglie- der der Fränkischen St. Jakobus-Ge- sellschaft, haben ihre gebundenen Hefte „Unterwegs - im Zeichen der Muschel“ dem Archiv der Gesell- schaft übereignet. Im Büro im Kilia- neum konnte der Sekretär das wertvolle Geschenk in Empfang neh- men. Von der Nummer 1 bis zur Aus- gabe 73 sind die Hefte unseres „Rundbriefes“ lückenlos erhalten. Durch die Bindung der Hefte kann auch keines mehr verloren gehen. Der Sekretär dankte dem Ehepaar Mittenhuber dafür, dass sie die Zeit- schrift dem Archiv der Gesellschaft zur Verfügung gestellt haben. Foto: Erika und Fritz Mittenhuber bei der Übergabe der Zeitschrift im Büro im Ki- lianeum. Zum Heiligen Jahr in Santiago hat die spanische Post eine Briefmarke mit einem Pilger- motiv herausgegeben. Die Marke mit dem Wert von 0,34 € zeigt einen heutigen Pilger mit Rucksack und aufgeschnallter Matte im Angesicht der Kathedrale. Außerdem gibt es eine Sonderpostkarte mit dem Motiv der Kathedrale. Wer andere Marken, auch in anderen Län- dern, entdeckt hat, möge sie einschicken. unterwegs 15 nr. 76 oktober 2010
Aus unserer Gesellschaft 1. Du Apostel uns’res Herrn, Weggefährte uns zum Segen, St. Jakobus, Stab und Stern auf des Lebens Wegen. Sei uns Ansporn, stets zu streben nach den Gutern, die zum Heil auf dem Weg zum ew’gen Leben, das durch Christus uns zuteil. 2. Sankt Jakobus, guter Stern uns auf allen Erdenwegen, ob das Ziel schon nah, ob fern, leucht’ uns Gott entgegen. Gib uns Kraft, wenn wir ermuden, wenn wir zagen, mach uns Mut. Auch ein Wegstuck nur bringt Segen, betend unterm Pilgerhut. 3. Sankt Jakobus, Gottesmann, Glaubenshelfer uns auf Erden, dass uns uns’re Lebensbahn Weg zum Heil mög’ werden. Durch dein Zeugnis, Tod und Leben, stärk’ uns in des Alltags Not; unser Wirken, Denken, Geben Andern werd’ zum Heil durch Gott. 4. Sankt Jakobus, fern dein Grab, heil’ges Ziel der Pilgerpfade, hoffend fest am Jakobsstab, schenk’ der Umkehr Gnade. Aus der Muschel reich’ zum Tranke Randersacker. Bei einer Ausstellung An- durch Versöhnung tiefe Freud’. fang August von Werken lokaler Künstler Und Vergebung drängt zum Danke fand dieser “Jakobspilger” Beachtung bei Gott dem Herrn in Ewigkeit. den zahlreichen Besuchern. Aus Alltagsab- 5. Jakobstag am Tag des Herrn, fällen hat ihn Winfried Henneberger (Jg. heil’ges Jahr fur Jakobsfreunde, 1941) geschaffen. Henneberger ist selbst hier am Main von nah und fern Jakobspilger. Mit seiner Frau ist er in den frohe Festgemeinde. Jahren 2003 bis 2006 von Randersacker Bleibet treu den Jakobsjahren, nach Santiago gepilgert. An den Tafeln hin- feiert sie mit Herz und Hand, ter dem Pilger sind Zeichnungen von Ernst euren Glauben zu bewahren, Weckert zu sehen, die auf den Wegen in ihr im Miltenberger Land! Spanien und Santiago entstanden sind. Er Text und Melodie: Paul Damjakob, 2010 war vor allem mit Zeichnungen aus Ran- Weihbischof Ulrich Boom zugeeignet aus Anlaß dersacker zu sehen. Barbara Weckert hatte des Jakobusfestes mit Orgelweihe. Ein schönes ungewöhnlichen Schmuck ausgestellt, von Liedblatt mit dem Jakobus in der Pfarrkirche als Ti- Anna-Isabella Weckert waren Zeichnungen telbild ist im Pfarramt in Miltenberg zu erhalten. und Collagen zu bewundern. unterwegs 16 nr. 76 oktober 2010
Santiago de Compostela Die Pilgerlawine rollt. Der Ansturm der Pilger nach Santi- ago de Compostela wächst weiter, und in diesen Tagen im August bele- gen die Warteschlangen die ganze Umgebung der Kathedrale. Die Schlange am Eingang zur Hl. Pforte reicht bis zur Plaza de Feijoo; die am Portal der Platerias erstreckt sich auf die Mitte des Obradoiro-Platzes und die vom Pilgerbüro geht bis zur Fonte Sequel. Dieser Anstieg zwingt zu Maßnahmen wie dem Ausbau des Pilgerbüros in der Rua do Vilar, das seit seinem Bestehen noch nie einen solchen Ansturm erlebte. So haben die zuständigen Stellen eine Vereinbarung getroffen, einen Teil der Casa do Deán zum Pilgerbüro dazu zu nehmen und so den Empfangsraum zu erweitern. (nach El Correo Gallego 9.8.2010) PS. Historischer Rekord im Pilgerbüro mit 2.458 Compostelas am 21. 8. 2010 Rund 30 freiwillige Helfer arbeiten derzeit in zwei Schichten à 6 Std. im Pilgerbüro. Ende der Warteschlangen für die Compostela Im ersten Halbjahr 2010 wurden mehr Compostelas ausgegeben als im letzten Heili- gen Jahr 2004. Deshalb werden bald Tickets mit voraussichtlichem Eingangstermin ins Pilgerbüro ausgegeben um die “Überflutung” zu mindern. So kann der Pilger die Zeit von zwei, drei Stunden anderweitig nutzen und muß nicht in der Schlange ausharren. Das Warten, so meint der Dekan der Kathedrale, sei schwerer als ein ganzer Tag auf dem Weg. Dieses System kennt man aus Supermärkten an der Metzger-Theke oder bei Behörden. Diese Maßnahme kann nach den erforderlichen technischen Einrichtungen greifen. Die Stadt hat in diesen Wochen das Vielfache ihrer Einwohnerzahl. Allein im Juli waren es eine Million Besucher. Der Zugang an der Plaza de Praterias wird nie von weniger als 15.000 Besuchern, an vielen Tagen von mehr als 30.000 benutzt. Das Pilgerbüro hat neue Möbel, Tische und Theken erhalten. Auch wurde die Heizung verbessert, ebenso die Toiletten. Eine ehemalige Stallung wurde zu einer Bar und einem Gesundheitspunkt. Der Leiter des Pilgerbüros, Don Jenaro Cebrián, betonte, daß das gegenwärtige Hei- lige Jahr einen Rekord mit voraussichtlich 220.000 Pilgerurkunden erzielen wird. (nach El Correo Gallego 9.8.2010) Zur Geschichte des Hauses “Casa del Deán: Das Haus stammt aus dem 18. Jh. Kein Dokument erwähnt den Baumeister; Folgar de la Calle schreibt den Bau einem Fernandez Sarela zwischen 1747 und 1753 zu. Nicht ausgeschlossen werden kann auch Fernando de Casa, der 1747 noch Großmeister der Kathedrale war. In diesem Haus nächtigten auswärtige Bischöfe, die die Stadt besuchten. Später wurde es zur Residenz des Dekans der Kathedrale. 1879 zerstörte ein Brand Putz und barocke Gemälde, die das Haus schmückten. unterwegs 17 nr. 76 oktober 2010
Jakobus anderswo Riga. Die katholische St.-Jacobs-Kathedrale wurde 1225 erstmals erwähnt. Trotz zahl- reicher Umbauten konnten romanische, früh- und hochgotische Elemente bewahrt werden. Der Turm hat seine heutige Gestalt 1756 erhalten. Der Innenraum hat in den Wirren der Reformation während des Bildersturmes den größten Teil seiner Kunstge- genstände verloren. Eine Ausnahme bildet das 1922 auf dem Dachboden gefundene Kruzifix aus der Zeit um 1400. Es ist eine der ältesten Holzskulpturen in dem kleinen Erbe der mittelalterlichen Bildschnitzerei Lettlands. Heute steht es im Historischen Museum. 1582 wurde die Kirche mit anderen Besitztümern wieder der katholischen Kirche und dann dem Jsuitenorden übergeben. 1621 unter der Herrschaft der Schwe- den wurden die Jesuiten enteignet, St. Jakob wurde evangelisch-lutherisch und diente als Pfarrkirche den schwedischen Beamten und der Garnison. Am 8. September 1993 besuchte Papst Johannes Paul II. die St. Jakobs-Kathedrale. Der kulturhistorisch bedeutende Bau ist eine architektonische Dominante im Stadtzen- trum von Riga, das in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Fotos: P. Nußbaum, Gochsheim Hallo Leute! ich bin vor ein paar Wochen den Jakobsweg gelaufen. Unterwegs hatte ich das Faltblatt "Ein spiritueller Wegbegleiter auf dem Jakobsweg" dabei, das vom Arbeitskreis Spiritualität erstellt wurde. Da dieser Weg- begleiter für mich sehr inspirierend war, möchte ich Euch einen Beitrag für eine eventuelle Neuauflage die- ses Faltblattes anbieten und somit anderen Pilgern etwas mit auf ihren Weg geben. Den Text, welcher sich im Anhang befindet, habe ich in englisch verfasst. Ich denke aber, dass dies nicht zu Verständnisproblemen bei den Lesern führen wird, da sich nach meiner Erfahrung jeder Pilger in dieser Sprache verständigen kann, und sie zudem hilfreich sowie anregend für einen interkulturellen Austausch sein kann. Für eine Weiterlei- tung dieser Mail an den Arbeitskreis Spiritualität wäre ich Ihnen sehr verbunden. Falls Sie die die folgenden Zeilen, die ich in den Anhang gepackt habe, in einem neuen Faltblatt oder auch in der Zeitschrift "Unterwegs" veröffentlichen möchten, würde ich mich sehr freuen, wenn ich davon ein Exemplar erhalten könnte (Gotenweg 15, 63128 Dietzenbach). Über Antwort würde ich mich freuen. Mit freundlichen Grüßen! René Berz PS. Sie finden den Text auf S. 21 unterwegs 18 nr. 76 oktober 2010
Santiago de Compostela Ein Tempel für kulturbewusste Pilger Zwei Kilometer von der Kathedrale von Santiago de Compostela entfernt baut der amerikanische Architekt Peter Eisenman auf dem Monte Gaiás ein riesiges Kulturzen- trum, die Cidade da Cultura de Galicia. Es soll dem nordwestspanischen Galicien neue, weltliche Pilger bringen. Es ist nicht so, dass Santiago de Compostela mehr Touristen brauchen würde. Im ge- genwärtig stattfindenden Heiligen Jahr stehen jeden Tag rund 10 000 Pilger Schlange, um in die Kathedrale zu kommen. Mit Wanderstock, Muschel und Kürbis warten sie. Sind sie dann drin, weisen ihnen Schilder den Weg. Links die mehrsprachigen Beichtstühle, dahinter der romanische Pórtico de la Gloria, geradeaus der Hauptaltar. 2000 Menschen finden auf den Kirchenbänken Platz, und wenn sie Halleluja singen und dabei der riesige Botafumeiro, der Weihrauchkessel, durch das Querschiff ge- schwenkt wird, dann scheint das 23 000 Quadratmeter grosse Gotteshaus seine Boden- haftung zu verlieren. Doch die Kathedrale steht fest, seit fast tausend Jahren.Spiegel der Kathedrale Galicien ist das atlantische Spanien. Dort nieselt es auch im Sommer, Nebel zieht vom Meer herüber, die Menschen gehen mit dem Knirps aus dem Haus. Im grünen Nord- westen des Landes entsteht nun ein neuer Tempel für neue Pilger. Die Region will nicht nur Christen, sie will auch Kulturtouristen. Sie sollen vom ausgetretenen Jakobs- weg abweichen, vorbei an der Altstadt, hinauf zum Berg ziehen. Dort ist seit zehn Jah- ren die Cidade da Cultura de Galicia, die Kulturstadt Galiciens, im Entstehen. «Sie ist der Spiegel der Kathedrale», meint ihr Erbauer, der amerikanische Architekt Peter Ei- senman (78). Wenn der Sankt-Jakobs-Trubel nach dem Papstbesuch vom 6. November und der Schliessung der Heiligen Pforte am 31. Dezember abflauen wird, dann soll Ei- senmans Tempel neue Pilger anlocken. Denn das nächste Heilige Jahr wird erst wieder 2021 begangen. In der Zwischenzeit soll die Gebäudegruppe auf dem Monte Gaiás zur internationalen Referenz werden. «Galicien wird bald eines der wichtigsten Symbole weltweit haben», sagt Eisenman. Der New Yorker liebt Europa. In Deutschland spreche er heute noch mit Politikern und Intellektuellen über sein Berliner Holocaust-Mahnmal, erzählt er. In Italien, wo er einst studierte, habe er viele Freunde, in Grossbritannien fühle er sich zu Hause. Und in Spanien? «Nun, die Spanier sind anders», sagt der weisshaarige Mann mit grosser Nickelbrille, «das erkennt man schon am Essen. Mir bekommt die spanische Küche nicht, ich ziehe Pasta vor.» Schwer im Magen liegen Eisenman nicht nur spanische Würste und Teigtaschen. Auch die Kulturstadt ist ein grosser Brocken. Auf knapp 690 000 Quadratmetern legen sich fünf flache Gebäude über den grünen Hügel. Die Stahl- Glas-Konstruktionen sind flach wie eine Muschel, sie wirken wie eine Erdverwerfung, auf dem Modell zumindest. In der Realität erheben sie sich dann doch 50 Meter in die Höhe. «Wir haben das Gelände nicht als Plattform gesehen, auf der man Gebäude wie Figuren errichtet. Wir haben Bedingungen geschaffen, unter denen das Gelände zur Figur wird. Die Gebäude können sich darin verstecken, in einem neuen urbanen Ras- ter.» unterwegs 19 nr. 76 oktober 2010
Santiago de Compostela Mit diesen Worten erklärte der Architekt vor elf Jahren erstmals sein Projekt, eine Mi- schung aus Architektur und Land-Art. Konkurrenten wie Rem Koolhaas, Daniel Libe- skind, Gigon Guyer, Dominique Perrault oder Jean Nouvel hat er damit im Wettbewerb ausgestochen. Galicien wollte den Dekonstruktivisten, der unter einem Faltenwurf eine Bibliothek, ein Archiv, ein Verwaltungsgebäude, zwei Museen und ein Theater mit 1500 Plätzen versteckt. Zwei Gebäude werden im Herbst eingeweiht, zwei im nächsten Jahr. Vom Theater ist noch nichts zu sehen, ausser einem grossen Loch. Vielleicht wird Eisenman die Einweihung des Hauptgebäudes nicht mehr erleben. Seit zehn Jahren werken 300 Arbeiter, die ursprünglich veranschlagten Kosten von 300 Millionen Euro werden sich vermutlich verdoppeln. Antonio Maroño macht die Bauüberwachung. Der galicische Architekt fragt sich oft, wann seine Arbeit endlich erledigt ist. Ihm wird der Job zur Lebensaufgabe. «Als ich die Stelle antrat, war ich 35 Jahre alt. Heute bin ich 44, und wenn das Ding fertig ist, bin ich vielleicht 50. Was mache ich danach?», fragt er am Ende eines anstrengenden Arbeitstages: «In Früh- rente gehen?» Landläufige Kritik an Kosten, Sinn und Grösse der Kulturstadt wehrt er mit Routine ab: «Die Kulturstadt ist heute reiner Luxus, das ist klar. Aber wenn sie fertig ist, dann werden die Kosten bald vergessen sein. Denn dann wird der Monte Gaiás Galicien mit der Welt verbinden.» Maroño koordiniert, delegiert, kritisiert, iPhone am Ohr und Schweissperlen auf der Stirn, obwohl der galicische Sommer mild ist. Auf der Baustelle ist so gut wie nichts Standard. Stahlstreben, Glasscheiben, Gips- kartonplatten sind massgeschneidert. Gerade werden die wellenförmig abfallenden und in sich leicht gedrehten Fassaden mit Quarzitplatten verkleidet, 50 mal 50 Zenti- meter gross, in Bezug zu den Pflastersteinen in der Altstadt. «Was wir hier sehen, das sind keine Fassaden», erklärt Eisenman, «es sind die Strassen von Santiago.» Nicht alle verstehen das. Ausser Touristen sollen die 95.000 Einwohner von Santiago zum Berg pilgern, angelockt von Ladengalerien, Grünanlagen, Kinos. Über die Auto- bahn sollen auch die Bewohner der Nachbarstädte Vigo, A Coruña, Lugo oder Ourense zur Cidade kommen und dort Konzerte, Ausstellungen, Opern geniessen. Doch wer- den die Touristen wirklich kommen, über ausgetretene Pilgerpfade, und dann die Ab- zweigung zum Berg auch finden? Wird sich Galicien, «die provinziellste Provinz Spaniens», wie Eisenman sagt, zur europäischen Kulturregion entwickeln? Der Archi- tekt scheint selbst skeptisch zu sein. Er kennt Spanien seit den sechziger Jahren und gesteht dem Land keine grossen kulturellen Leistungen zu, abgesehen von seiner mo- dernen Architektur. Auch Miguel von Hafe Pérez, der neue Direktor des Centro Galego de Arte Contem- poránea (CGAC), ist skeptisch. «Der Erfolg der Kulturstadt wird von ihrem Manage- ment abhängen», meint der 43-jährige Portugiese. Er hofft, auf dem Monte Gaiás die Kunstsammlung des CGAC zeigen zu können. Zurzeit ist sie in einem bereits zu klein gewordenen Musentempel zu sehen, den – wie auch andere in der Gegend – der Archi- unterwegs 20 nr. 76 oktober 2010
Santiago de Compostela tekt Álvaro Siza entworfen hat. Hinter einer opaken, sandfarbenen Fassade versteckt der Star aus Porto zerschnittene, auseinanderdriftende, offene Räume. Doch trotz sei- ner formalen Harmonie und der anregenden baukünstlerischen Kommunikation mit der Umgebung wird der Museumsbau des CGAC pro Jahr nur von gut 50 000 Men- schen besucht – so viele strömen in knapp einer Woche in die Kathedrale. Dabei steht Sizas kleines Meisterwerk zwischen einem Kloster mit verwitterter Granitfassade und einem Park mit Hortensien und Laubbäumen nur einen Steinwurf von der Kathedrale entfernt. Doch bis heute macht kaum ein Pilger einen Abstecher zum Museum. Doch von frommen Christen allein will die Region nicht mehr leben. Sie ist sich ihrer Treue nicht ganz sicher. Ein Bericht aus dem 17. Jahrhundert – damals war der Ja- kobsweg vorübergehend beinahe in Vergessenheit geraten – beschreibt das Leben ent- lang der Pilgerstrasse: Die Dorfbewohner schliefen auf dem blanken Boden, bettelten die Vorbeikommenden an und mussten sich nachts gegen Wölfe verteidigen. So weit wird Galicien nicht mehr zurückfallen. Dafür sorgt auch Peter Eisenman. Er hält welt- weit Vorträge über Cidade da Cultura, die Verantwortung für ihren Erfolg weist er aber von sich. «Ich erkläre den Leuten mein Projekt, davon überzeugen kann ich sie nicht», sagt er. Und dann fügt er an: «Dass die Kulturstadt so gross ist, das war nicht meine Idee.» Dennoch nennt er den Auftrag das reinste Architektenglück. Die Muschel auf dem Berg ist die Krönung seines Lebenswerks. (Nach NZZ-online 9.8.2010) Angels and demons Kloster Oberzell bietet im Bildungshaus ab September zwei Spanischkurse an: On a way people go Buen viaje - Reisen auf Spanisch to relieve and find something Wer keine oder nur geringe Vorkenntnisse hat an old woman stood and said und in ein Spanisch sprechendes Land reisen oder sich auf den Pilgerweg nach Santiago de you will find an angel Compostela vorbereiten will, ist hier richtig. Der and yet you'll find a demon too. Kurs stellt die Verständigung und den Dialog in den Vordergrund, damit einem nicht mehr alles Away from usual distractions “Spanisch vorkommt“. Nützliche Grundbegriffe outside the range of routines pulse sowie Wissenswertes über Land und Leute bil- pain rises from feet den den Rahmen des Kurses. up to the head Vaya con dios - Reisen auf Spanisch ist der and you experience life zweite Kurs für Fortgeschrittene. in it’s very pure kind. Termine: je Kurs 10-mal à 90 Minuten nach Vereinbarung. Leitung: Tanja Failner, Fremdsprachenkorres- In times of silence pondentin Kosten: 60 - 80 € (abhängig von you can listen der Teilnehmerzahl) Infos und Anmeldung bis to what echoes from within. Ende September an Tanja Failner, Hüttenheim René Berz 172, 97348 Willanzheim, Tel.: 09326-902434, mail: unterwegs 21 nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt “Grüss Gott”, der Begleiter der Evangeli- schen Kirche in Urlaub und Kur - 2010 bringt neben vielen anderen interessanten Artikeln zwei Beiträge zum Pilgern. Rainer Schulz (siehe “unterwegs” Nr. 74, S. 52) zeigt wie Pilgern den Alltag verändert. Unser Präsident Joachim Rühl steht in einem Interview Rede und Antwort zum Thema “Pilgerboom”. Er weist auf einige Mißstände hin und betont, wie wichtig es für den Pilger und die Bewohner an einem Pilgerweg ist, sich ihren Jakobsweg zu ver- gegenwärtigen. Auch die grenzüberschrei- tende Art des Pilgerns dokumentiert, daß es eine christliche Grundkultur in Europa gibt. Augsburg. Die Jakobuswoche bot auch in diesem Jahr vom 23. Juli bis zum 1. Au- gust ein umfangreiches und buntes Pro- gramm. Ein ökumenischer Gottesdienst am Jakobsplatz stand am Beginn. Stern- wallfahrten führten am 24. Juli nach Augsburg zur Kirche St. Jakob und zum Rathaus. Im Goldenen Saal empfing die Stadt die Pilger und weitere Gäste. Die Präsentation zur Öffnung der Hl. Pforte in Santiago fand großen Anklang. Hubert Ratzinger zeigte aus heutiger Sicht ein Verständnis für den Ablaß auf. Gottes- dienste, Konzerte, Pilgerberichte, Vor- Temmenhausen. Diesen ungewöhnlichen träge und eine Ausstellung “camino” von “Jakobus mit dem Apfel” hat der Holzschnit- Inge Lemmerz bereicherten die Woche. zer Wilhelm Senoner in St. Ulrich/Südtirol Und im Festzelt war immer Platz, wie hier vor einigen Jahren für den Obstbauverein in im Foto: von links Dekan i.R. Rudolf Lana aus Anlaß eines Jubiläums gefertigt. Freudenberger, Joachim Rühl und Herbert "Jakobi" gilt als Lostag für die Witterung, als Seitz, der Vorsitzende der Augsburger Pil- Glückstag für die Ernte, in den Alpen als gergemeinschaft. Ziehtag für das Gesinde und als Festtag der Hirten. Jakobus ist Patron auch für Äpfel; Ja- kobsäpfel kennt wohl jeder. Damals schnitzte Senoner noch traditionelle Heiligenfiguren. Inzwischen ist er mit modernen Skulpturen bei Ausstellungen in vielen Städten Europas zu sehen. Ein zweites Exemplar dieses “Jakobus mit dem Apfel” steht nun im Gasthof Stäb in Temmenhausen. Die Jakobspilger, die in die- ser pilgerfreundlichen Gaststätte Station ma- chen, können sich nun an ihm erfreuen. unterwegs 22 nr. 76 oktober 2010
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