Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...

Die Seite wird erstellt Jannik Greiner
 
WEITER LESEN
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
unterwegs
u  n  t e r
              w e g s
                      T .
                          i m
                          J A K O
                                  Z e i c h e
                                  B U S -
                                                    n   d e r
                                                                  M u s c h e l
              C H E S                     G E S E L                                         seit 1988
          I S                                       L SCHA
   R ÄNK                                                    F T ,  W Ü R Z B U R G E . V.
 F
 rundbrief nr.            76 oktober 2010                                           ISSN 1860-2223
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
Inhalt
Pilgerstammtisch                                                      5
Pilgersegen                                                           6
Termine + Reisen                                                      5/7
Aus der Pilgerwelt                                                    8/22
Aus unserer Gesellschaft                                              13
Santiago de Compostela                                                17/64
Wege                                                                  32
Pilgerstimmen                                                         45
Herbergen                                                             26
Jakobus an anderen Orten                                              18/25/31/39
Büchertisch                                                           51/64
Jakobus-Gesellschaften und Arbeitskreise                              42
Jakobusbruderschaft Bamberg                                           49
Pilgerzahlen                                                          64
Neue Mitglieder                                                       65
Auslobung von Preisen für wissenschaftliche Arbeiten                  66
EinBlick in Zeitschriften                                             67
Impressum                                                             68

 Aus der Redaktion:                               Unser Titelbild
 Eine Bitte an alle, die Texte oder Fotos         führt in diesem Jahr nach Marktschor-
 einsenden: Immer Anschrift des Autors            gast in Oberfranken. Die katholische
 und Fotografen angeben, bei jedem                Pfarrkirche ist Jakobus dem Älteren ge-
 einzelnen Text und Foto. Bei Einsen-             weiht. Die spätmittelalterliche Wehrkir-
 dungen über eMail unbedingt beach-               che erhielt um 1500 einen Neubau von
 ten: Texte nicht als eMail, sondern als          Chor und Langhaus. Der Chor wurde
 Anhang im Word-Format . Fotos in                 um 1600 umgestaltet. In der zweischif-
 einer Dateigröße von etwa 600 kB bis             figen Hallenkirche begegnet der Besu-
 1 MB. Sie erleichtern die Arbeit sehr!           cher dieser Statue des Pilgerpatrons,
 Daniela Ruhrmann hat Nachrichten aus             die aus der Zeit um 1500 stammt. Pil-
 der Pilgerwelt gesammelt und aus dem             gerstab mit Kalebasse und Buch kenn-
 Spanischen übersetzt und Korrektur               zeichnen den Apostel Jakobus d. Ä.
 gelesen für den Büchertisch.                     Foto: Ferdinand Seehars

Leserstimmen:
“Das neue farbige “unterwegs” ist sehr gut gelungen und gefällt uns außerordentlich!”
                                                        Bruno und Irene Schäfer, Marktheidenfeld
“ein großes Kompliment für inhaltliche und äußere Qualität des neuen "Unterwegs"! Der Rund-
brief - oder sollte man von jetzt ab sagen "fränkische Jakobus-Enzyklika"? - ist rundum gelun-
gen. Vielen Dank - man freut sich schon auf die nächste Ausgabe! Grüße aus dem Allgäu”
                                                                              Wolfgang Dettling

    unterwegs                               2                         nr. 76 oktober 2010
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
Grußwort des Präsidenten
                                          und den Jakobuspilgern empfohlen,
                                          andere Wege zu gehen. Nach den uns
                   Augsburg,              vorliegenden Informationen wurden
                   18. August 2010        diese auch verstärkt begangen. Viele
                                          Pilger waren von ihrer Haustüre aus
Liebe Mitglieder und Freunde des Ja-      unterwegs.
kobusweges,                               Um den Jakobustag gab es allein in
haben Sie Ihr Pilgerjahr 2010 schon       „unserem“ fränkischen Gebiet zahl-
abgeschlossen? Oder sind Sie wegen        reiche Veranstaltungen, die als End-
der vermutet großen Schar von Pil-        oder Anfangspunkte der diesjährigen
gern, die auf den Wegen sein könn-        Pilgerstrecken von Vielen genutzt
ten, gar nicht erst losgegangen?          wurden.
Tatsächlich kommen aus Spanien            Dazu gab es Streckeneröffnungen
vom Camino francés nicht nur posi-        und Einweihungen. Z. B. auf dem
tive Berichte.                            Frankenweg in Sachsen vor und nach
Gewiss, es wurde viel investiert und      Chemnitz; auf dem Weg von der
viele Gemeinden haben sich auf viele      Fulda an den Main, von Gelnhausen
Pilger in diesem Jahr vorbereitet. An-    nach Gründau. Dies sind zwar „nur“
dere Gemeinden aber weniger; sol-         16 km. Aber das schrittweise Er-
che Berichte finden Sie auf den           schließen, Erlaufen des Weges ist
Seiten 11, 13 und 14.                     wichtig. Denn damit ist es immer
Manfred Zentgraf referierte beim          möglich, dass sich die Gemeinden
diesjährigen Empfang der Stadt            vor Ort einbringen und so der Weg
Augsburg für die Jakobuspilger im         wahrgenommen wird. Allen örtlichen
Goldenen Saal des Rathauses am 24.        Akteuren sage ich von Herzen Dank
Juli 2010. Als er die aktuellen Zahlen,   für ihr Engagement!
der in der Zeit vom 12. – 23. 7. 2010
in Santiago de Compostela eingetrof-      Viele Pilger waren auch in Gruppen
fenen Pilger nannte, staunte mancher      unterwegs.
Zuhörer und schüttelte den Kopf: das      Ich selbst bin Anfang Juli die Strecke
Maximum waren 2200 Pilger am Tag,         Görlitz – Zittau – Prag gepilgert, zu-
inzwischen am 16. August mit 2297         sammen mit den Freunden des tsche-
noch übertroffen!                         chischen Jakobusvereins Ultreia.
                                          (siehe Seite 29 - 30).Wie viele Pilger
Die deutschen Jakobusgesellschaften       habe auch ich die Erfahrung gemacht:
haben schon letztes Jahr solche Zah-      wer pilgert, stellt sich außerhalb des
len vermutet, die dann volle Wege         täglichen Geschehens, und nimmt be-
und überfüllte Einrichtungen mit sich     wusst in Kauf, nicht alle Informatio-
bringen, und ihren Mitgliedern            nen zu erhalten. So haben wir erst
   unterwegs                              3               nr. 76 oktober 2010
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
daheim in Augsburg erfahren, dass       uns schon seit Jahren. Richtig voran
der neue Bischof aus Görlitz kommt!     gekommen sind wir dennoch nicht.
Die Schweizer Freunde des Jakobs-       Zugegeben, jeder Pilger ist immer
weges sind noch Anfang September        noch irgendwie untergekommen.
in Bayern unterwegs von München         Doch, dass zum Pilgern einfach Pil-
nach Marktoberdorf (jedes Jahr orga-    gerherbergen gehören, diesen Gedan-
nisieren sie ein Gruppenpilgern. 2009   ken wollen wir besonders in
waren sie unterwegs von Würzburg        Ellwangen ansprechen.
nach Ulm).
                                        Liebe Pilgerfreunde und Pilger-
Ich denke, wir werden in unseren        freundinnen, ich hoffe, Sie konn-
nächsten „unterwegs“- Heften span-      ten gut und voller Erfahrungen
nende Berichte lesen können.            wieder von Ihren Wegen zurück-
                                        kehren.
Die Vorstandschaft ist in diesen        Für heute grüße ich Sie herzlich
Tagen dabei unsere nächste Jahres-      „e ultreia“!
versammlung vom 11. – 13. März
2011 in Ellwangen vorzubereiten.
Schwerpunkt wird dort das Thema         Joachim Rühl
„Herbergen“ sein. Dieses beschäftigt

         Pilger gesucht!

 Wer von unseren Lesern ist einmal
 dem Pilger Alfred Winkler begeg-
 net? Er stammte wohl aus Sachsen
 und ist 1993 verstorben. Auf vielen
 Pilgerwegen war er wohl unter-
 wegs.
 Hinweise bitte an die Redaktion.

 Eine wichtige Frage an alle
 Pilger finden Sie auf Seite
 66. Wir sind sehr gespannt             Uffenheim. Eine solche Begrüßung am Gast-
 auf Ihre Antwort!                      haus erfreut den Pilger.
                                                              Foto: Ferdinand Seehars

   unterwegs                            4                 nr. 76 oktober 2010
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
Pilgerstammtisch                                                                Termine
Volkach Gasthof “Rose” am Oberen              23. Oktober 2010 - 18 Uhr Löffelsterz
Markt 16 - 18 Uhr: jeweils erster Freitag     24. Oktober 2010 - 18 Uhr Sulzthal
im Monat: 1. Okt. / 5. Nov. / 3. Dez. 2010    Musical “Der Weg nach Santiago” mit
/ 7. Jan. 2011                                der Band Shalom. Eintritt frei - eine
                                              Spende ist erwünscht
Hallerndorf-Schlammersdorf (bei
Forchheim) Brauereigasthof Witzgall           20. - 24. Oktober 2010 Prichsenstadt:
neben der Kirche, jeweils erster Samstag      2. internationales Reiterpilgertreffen
im Monat um 16 Uhr; 19 Uhr Vorabend-          wegen zu geringer Teilnahme wurde dieser Termin
                                              abgesagt.
messe mit Pilgersegen; 2. Okt. /6. Nov. /
4. Dez. 2010 / 8. Jan. 2011 - Info: D. Sa-
                                              29. - 31.10.2010 Eichstätt Jugendher-
winsky 09190 1461 - mobil 0171
                                              berge “Fit für den Jakobsweg” mit Rai-
4979019
                                              mund Joos
                                              Weitere Infos 
Nürnberg Gasthaus „Steichele“ Knorr-
straße 4 (unweit St. Jakob) ab 18 Uhr je-
                                              14.11.2010 - 14 Uhr. Würzburg Füh-
weils erster Mittwoch im Monat: 6. Okt.
                                              rung im Jüdischen Zentrum Shalom
/ 3. Nov. / 1. Dez. 2010 / 5. Jan. 2011.
                                              Europa. Dauer der Führung zwei Stun-
Vorher um 17:30 Uhr ist in der Krypta in
                                              den. Anmeldung beim Sekretär unbe-
St. Elisabeth (Kuppelbau gegenüber von
                                              dingt erforderlich bis zum 6.11.2010.
St. Jakob) eine Andacht. Bitte anmelden
                                              Eintritt mit Führung ca. 3 €. Treffpunkt am
unter Tel.: 0911 5192637                      Eingang Valentin-Becker-Str. 11

Regensburg im „Spitalgarten“ 19 Uhr -         26. - 28.11.2010 Oberdischingen, Cur-
jeweils letzter Freitag im Monat: 29. Okt.    sillo – Haus St. Jakobus “Das Wagnis
/ 26. Nov. / 31. Dez. 2010 / 28. Jan. 2011.   Jakobsweg” mit Raimund Joos
Kontakt: Sepp Reif >josef.reif@t-online.de<
                                              Weitere Infos 
Würzburg, Weinhaus Schnabel, Hau-
                                              11. 12. 2010 nach dem Gottesdienst im
gerpfarrgasse 10 - Jeweils dritter Frei-
                                              Luitpoldkrankenhaus Vortrag von
tag im Monat um 17:30 Uhr:
                                              Christian Thumfart: 2500 km zu Fuß
15.Oktober /19. November / 17.Dezem-
                                              von Mosbach auf dem Jakobsweg nach
ber 2010 / 21. Jan. 2011.
                                              Santiago de Compostela
      Regionalgruppe Untermain                ...und jetzt schon notieren:
 16.10. Siegfried Becker: Lesung
 aus seinen “Impressionen zum Ja-             11. - 13. März 2011 Jahrestagung in Ell-
 kobsweg”                                     wangen - Schönenberg mit der Thema-
 20.11. Helmut Stowasser: Das Cara-           tik “Pilgerherbergen” und Wanderung
 vaca–Kreuz                                   Rosenberg - Hohenberg
 8.12.    Familie Hofmann: Von San
 Sebastian nach Santiago                      9. - 11. März 2012 in St. Ottilien
 Info: Peter Spielmann, T: 06028 6037

   unterwegs                                  5                    nr. 76 oktober 2010
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
Pilgersegen
Würzburg. Nach dem Vorabendgottesdienst um 18 Uhr, jeweils 2. Sa. des Monats,
außer April, in der Kirche des Luitpoldkrankenhauses/Uni-Kliniken, Josef-Schnei-
der-Str. 2, erhalten Einzelpilger und Pilgergruppen den Pilgersegen. Bitte anmelden
bei Norberta Köhler Tel. 0931 416-139. - Für Gruppen, die hier aufbrechen wollen, bi-
etet das Schottenkloster nach Absprache eine Feier an. >www.schottenanger.de<
Ochsenfurt. St. Andreas Sa. und So. jeweils 18 Uhr. Anmeldung: T: 09331 8025080.
Aschaffenburg. Pilgergottesdienst jeweils am 3. Sa. im Monat um 17.30 Uhr mit
Pfarrer Reichert in der Hauskapelle der Englischen Fräulein am Brentanoplatz,
Nähe Südbahnhof. Anschließend Pilgerhock mit Maria-Ward Schwestern.
Miltenberg. In der Pfarrkirche St. Jakobus wird am 25. Juli im Anschluß an die
Abendmesse und jeweils am letzten Sonntag des Monats nach der Abendmesse um
19 Uhr in der Staffelkapelle der Jakobuskirche der Pilgersegen erteilt. Anmeldung
bitte im Pfarramt Tel. 09371 2330.
Benningen. Pilger aus dem Raum Memmingen können in der Pfarreiengemeinschaft
im Rahmen der Sonntagsgottesdienste - in der Regel Sa. 18.30 Uhr, So. 9 und 10.30
Uhr - den Pilgersegen empfangen. - Im Pfarrheim besteht Möglichkeit zur Über-
nachtung (ohne Dusche). Anmeldung bei Pfr. Xaver Wölfle, Tel. 08331 2842 Fax:
929200 oder E-Mail >pg.benningen@bistum-augsburg.de<
Schlammersdorf bei Forchheim. Pilgersegen jeweils nach dem Pilgertreff bei der
Vorabendmesse um 19 Uhr. Siehe dazu Termine hier unten.
Freiburg im Breisgau. In der Kirche der Universitätsklinik ist nach den Messen So.
9.30, Di. und Fr. 18.30 und Mi. 15 Uhr die Möglichkeit, den Pilgersegen zu empfan-
gen. Bitte vorherige Absprache mit P. Norbert Riebartsch Tel.: 0761 270-3401(d) und
2024262 (p) oder E-Mail >pater.norbert@uniklinik-freiburg.de<
Regensburg. Pilgersegen oder Pilgerstempel erhalten Sie gerne im Priesterseminar,
dessen Seminarkirche die Schottenkirche ist. Es ist erreichbar an der Pforte Bismarck-
platz 2 oder über die Telefon-Nr. 0941 58516-0. In der Schottenkirche St. Jakob ist am
Sonntag 9 Uhr Eucharistiefeier.
Herbstein. Pilgersegen und Pilgerstempel an allen Tagen des Jahres möglich.
Tel.06643 234. E-Mail >pfarrbuero@st-jakobus-herbstein.net<
Marburg. Die kath. Kirchengemeinde St. Michael und St. Elisabeth, Kettelerstr. 12,
35043 Marburg-Schröck bietet in allen Gottesdiensten den Pilgersegen nach Ab-
sprache an. Tel.: 06424 92230, E-Mail: >buero@pfarrei-schroeck.de<
Münster. Für Pilger aus Münster und Umgebung bietet P. Erich Purk, Kapuzinerstr. 27,
48149 Münster, den Pilgersegen an. Bitte vorher Termin vereinbaren: 0251 9276-122.
E-Mail: >erich.purk@kapuziner.org<
Augsburg. In der Pfarrkirche St. Max, Franziskanergasse 8, jeden ersten Sonntag im
Monat nach der Abendmesse - Sommer 19 Uhr, Winter 18 Uhr - Pilgersegen.
Auskunft Tel. 0821 3432230
Bremen. In der kath. St. Marien-Gemeinde, St. Magnusstr. 2, 28217 Bremen, wird
im Gottesdienst der Pilgersegen erteilt nach vorheriger Absprache mit Pastor Robert
Wagner. Tel.: 0421 38 36 38 - E-Mail: >pfarramt@st-marien.de<
++ Gemeinden, die Pilgersegen anbieten, teilen ihre Zeiten der Redaktion mit. Viele Pilger freuen sich. ++

    unterwegs                                    6                           nr. 76 oktober 2010
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
Termine
                                                   Von Astorga nach Compostela
                                                    mit Elisabeth und Wieland Graf
                                                        20.12.2010 - 01.01.2011
                                                     zum Abschluß des Hl. Jahres
                                             Die Winterwanderung auf dem Jakobus-
                                             weg führt hin zur Schließung der Hl.
                                             Pforte in Santiago de Compostela.
                                             Diese Wanderung fand beim letzten Jah-
                                             reswechsel schon großen Anklang, weil
                                             der Weg zu dieser Jahreszeit deutlich an-
                                             deres bietet als in den Sommermonaten.
                                             Heiligabend am Cebreiro gibt’s im Som-
                                             mer jedenfalls nicht.
                                             Dieses Angebot des Bayerischen Pilger-
                                             büros unter der Nr. RN 182915 kostet pro
                                             Person im DZ € 1699.
                                             Information, Beratung und Anmeldung:
                                             Bayerisches Pilgerbüro
                                             Team 3 / Frau Unterpieringer
                                             Dachauer Str. 9
                                             80335 München
                                             T: 089 545811 86;
                                             email: unterpieringer@pilgern.de

                                                              Aufbruch

                                                 Aufbrechen heißt vielleicht nicht
                                                 einmal in erster Linie: sich auf den
                                                 Weg machen. Aufbrechen meint zu-
                                                 nächst einmal: die innere Schale, die
                                                 Maske, die du dir zum Schutz vor
Helwiga Heinrich aus Schechingen zeigt           den anderen zugelegt hast, aufzubre-
in ihrem künstlerischen Schaffen immer           chen, dich zu öffnen für neue Ge-
wieder auch Werke, die mit Jakobswegen           danke, neue Erfahrungen, neue
und Jakobspilgern zu tun haben. Als              Begegnungen. Aufbrechen heißt
Klappkarten (siehe oben und auf S. 23)           also: sich bereitzuhalten für das
sind diese Originale sehr ansprechende           Wunder. Wo immer solches ge-
Geschenke für Pilger zu einem er-                schieht, da bist du schon mitten auf
schwinglichen Preis (etwa 4 - 5 € pro            dem Weg.
Klappkarte - 10,5 x 21 cm - mit Um-
schlag). Sie erreichen die Künstlerin über       Christa Spilling-Nöcker in “Ich schenke
 oder              dir ein gutes Wort” Topos 2009
Tel. 07175 90088.

   unterwegs                                 7                    nr. 76 oktober 2010
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
Nachrichten aus der Pilgerwelt
Xacobeo schlägt alle Rekorde                 schilderung erhalten. Durch das Zusam-
Das erste Halbjahr des Heiligen Jahres       mentreffen des Camino del Salvador mit
schlägt alle Rekorde: 90.776 Pilger sind     dem Camino del Norte und dem Camino
in Santiago zwischen Januar und Juni an-     Primitivo kam es stets zu Verwirrungen.
gekommen. Das sind 43,5 Prozent mehr         Diese wurden nun beseitigt.
als in derselben Zeit des Xacobeo im Jahr    Die ersten Meter der Wegstrecke des Ca-
2004. Und das sei nur der Anfang, erklärt    mino Primitivo waren etwas verworren
das Erzbistum von Santiago. Allein           und wurden nun durch neue Muschel-
33.721 Personen kamen im Juni ins Pil-       schalen im Boden eindeutiger ausgeschil-
gerbüro.                                     dert. Das gleiche wurde in vielen Straßen
Für Juli werden zwischen 35.000 und          gemacht. Mehr Informationen unter
40.000 Fußpilger am Grab des Hl. Jako-       www.lne.es
bus erwartet. Im August könnte sogar die
Zahl von 45.000 Pilgern übertroffen wer-     Xubi löst Pelegrín ab
den. Am 23. Juli kamen 2.145 Pilger, die     Im Heiligen Jahr 1993 wurde er geboren,
im Pilgerbüro ihre Compostela abholten.      das Maskottchen Pelegrín. Aber mit der
Der Tagesdurchschnitt im Juli lag bei        Zeit geriet es in Vergessenheit. Nun,
1.366 Pilgern. Eine immense Arbeit für       rechtzeitig zum diesjährigen Xacobeo,
das Team im Büro verbirgt sich dahinter.     gibt es ein neues Maskottchen, genannt
                                             Xubi. Dieses soll die Pilger die kommen-
Herberge in Innsbruck                        den Jahre begleiten. Geschaffen hat Xubi
Seit diesem Sommer hat Innsbruck eine        der galicische Designer Alberte Permuy.
neue Pilgerherberge. Bis zum 30. August      Es zeigt eine Mischung aus einem Wan-
können täglich bis zu 15 Pilger nahe dem     derstock und einem Kürbis in blauen und
St. Jakobs-Dom übernachten. Zugänglich       grünen Tönen.
ist die Herberge zwischen 16 und 22 Uhr.     Das Maskottchen gibt es als Plüschtier
Um Spenden wird gebeten. Weitere Infor-      sowie auf T-Shirts, Mützen usw. Außer-
mationen: www.jakobsweg-tirol.net            dem hat es seinen eigenen Webauftritt im
                                             Internet unter www.xubi.es. Pilger sollen
Neuer Webauftritt des Erzbistums von         dort bald virtuell den Camino bis zur Ka-
Santiago                                     thedrale gehen können.
Nach mehr als zehn Jahren hat das Erz-
bistum von Santiago seinen Web-Auftritt      Begeisterung hält sich in Grenzen
für Pilger gründlich überarbeitet. Große     Xubi stößt nicht überall auf Begeisterung.
Aufmerksamkeit genießen die Fußpilger,       Für manche ist der Kürbis eher eine
aber auch die Wallfahrt als solche und die   Birne, manche erkennen nur den Pilger-
Erzbruderschaft. Interessierte können        stock, der Rest ist für sie kindlich und
darüber hinaus stets die Pilgerzahlen des    eines heiligen Jahres unwürdig. Andere
Tages, bzw. der vorausgegangenen abge-       denken zwar auch, dass Xubi sehr ver-
schlossenen Monate erfahren. Das Pilger-     spielt ist, sind aber der Meinung, dass
büro ist richtig schnell geworden.           sich die Menschen mit der Zeit daran ge-
Informationen finden sich auch über die      wöhnen und ihn schließlich doch mögen.
Compostela und das Heilige Jahr sowie        Für wieder andere kommt der Entwurf zu
über den Zugang für die Pilger zur Ka-       spät. Ihrer Meinung nach hätte er zu Be-
thedrale, einen Zeitplan der Pilgermessen    ginn des Jahres präsentiert werden sollen.
und die Öffnungszeiten des Pilgerbüros.      Daneben gibt es noch die Ansicht, dass
www.peregrinossantiago.es                    jedes Jahr ein neues Maskottchen ge-
                                             schaffen werden sollte.
Neue Beschilderung in Oviedo                 Manchen wünschen sich Pelegrín zurück.
Der Camino entlang der Gemeinde von          Er sollte ein wenig erneuert werden, denn
Oviedo hat eine neue und ergänzte Be-        er repräsentiere den Weg besser als Xubi.

    unterwegs                                8                 nr. 76 oktober 2010
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
Nachrichten aus der Pilgerwelt
Fehmarn. Das letzte Stück des „Kleinen        schneereicher Landschaft, eines Seewe-
Pilgerweges“ wurde im Juli feierlich er-      ges entlang der Fijorde und nicht zu ver-
öffnet. Vom Fährbahnhof Puttgarden bis        gessen, der grenzüberschreitenden
zum Standort der einstigen Peter-und-         Zusammenarbeit. Ermutigend ist die sehr
Paul-Kapelle in Fehmarn führte der Weg,       offene Art der mehrheitlich der lutheri-
den rund 60 Pilger gingen. Damit wurde        schen Kirche zugehörigen Partner, die
ein Lückenschluß auf dem Jakobsweg ge-        ihre Arbeit in einem weitgespannten in-
feiert, der als “Via Scandinavica” von        terreligiösen Dialog verstehen.
Dänemark und Schweden herkommend,             Kiel. Vom Jakobsweg zum europäischen
von Puttgarden nach Lübeck und weiter         Literaturkanon
in den Süden nach Göttingen und Würz-         Das Romanische Seminar der Christian-
burg führt.                                   Albrechts-Universität (CAU) ist in den
Ein Findling und ein Kreuz erinnern seit      kommenden Jahren unter Leitung von
September 2008 an das 1198 erstmals ge-       Professor Javier Gómez-Montero Koope-
nannte früheste fehmarnsche Gotteshaus,       rationspartner bei zwei bedeutenden EU-
die Opfer- und Dankkapelle „Peter und         Projekten des Programms "Kultur", die
Paul“ am Puttgardener Strand, die den         den europäischen Gedanken auch in For-
Bewohnern bis zur Reformation 1542 als        schung und Lehre unterstreichen.
Wallfahrtsort diente. Die Felskirche          Im ersten Projekt University and school
wurde 1644, ausgerechnet am Tag von           for a European literary canon, koordiniert
Peter und Paul, von schwedischen Kriegs-      von der römischen Universität La Sa-
schiffen zerschossen. Hier dankten die an-    pienza, soll über zwei Jahre hinweg ein
kommenden Wallfahrer von Lolland Gott         europäischer Literaturkanon erstellt und
für die glücklich überstandene, mehr als      erprobt werden. Die grundlegende Frage
dreistündige Seefahrt in kleinen Fischer-     lautet: Wie kann ein Europa entstehen,
booten bei oftmals stürmischer See in der     dessen Bürger sich intellektuell, ideell,
Kapelle und gaben ein Dankopfer in das        aber auch emotional einer gemeinsamen
Türchen des eichenen Opferstocks.             Kultur zugehörig fühlen? In enger Zu-
Trondheim. Am 28. Juli begann das             sammenarbeit von Universitäten und
Sankt-Olav- Festival. Ein umfangreiches       Schulen wird vor dem Hintergrund der
Programm von klassischer Musik und            jeweiligen Nationalkultur ein europäi-
Jazz, Tanz und Vorträgen war in diesem        scher Literaturkanon entstehen.
Jahr auf Spanien ausgerichtet als Hom-        Das zweite Projekt Cultures and langua-
mage für das Heilige Jakobus-Jahr. Aber       ges on the Route unter Federführung der
es war auch eine Art den Hl. Olav (995 -      galicischen Landesregierung (Xunta de
29. Juli 1030), den Patron Norwegens zu       Galicia) widmet sich Kulturen und Spra-
feiern. In diesem Jahr wurde vor dem fei-     chen entlang des Jakobsweges.
erlichen Umzug, den Prinzessin Mette-         Das Projekt will die Bedeutung der euro-
Marit anführte die Anerkennung der            päischen Kulturen und Sprachen, insbe-
Olav-Wege als europäische Kulturstraße        sondere derjenigen von Minderheiten, als
übergeben. Das Wegenetz dieser Kultur-        Teil eines umfangreichen europäischen
straße erstreckt sich über 5.000 Kilometer    Erbes herausstellen. Ziel ist es, das alte
in Norwegen, Dänemark und Schweden            Gefühl der Verbundenheit wiederherzu-
und ist angebunden an das große Netz der      stellen und den Kontakt zwischen unter-
Jakobswege, der ersten europäischen           schiedlichen Sprachen und Kulturen
Kulturstraße. Ein Seminar machte die          entlang der Jakobswege zu befördern und
nordischen Partner der Olav-Wege mit          deren Vielfalt - einst und jetzt - sichtbar
den Forderungen des Europa-Rates ver-         zu machen.
traut und zog Bilanz dessen, was gesche-      Bereits seit 2006 erforschen Kieler Stu-
hen ist: Umwandlung alter Bauernhäuser        dierende unter der Leitung von Javier
in Dänemark, Markierungen in rauer und        Gómez-Montero die Darstellung der Pil-

   unterwegs                                 9                   nr. 76 oktober 2010
Unterwegs rundbrief nr. 76 oktober 2010 Fränkische St. Jakobus ...
Nachrichten aus der Pilgerwelt
gerfahrt nach Santiago de Compostela in
Literatur, Ikonographie und historischen
Quellen. Unterstützt werden sie dabei
von den Kunsthistorikern Ulrich Kuder
und Klaus Gereon Beuckers, sowie dem
Mittelalterhistoriker Heinrich Dormeier.
Die Bewilligung des EU-Projekts erlaubt
es nun, die Spuren der Pilger auch in
Schleswig-Holstein weiter zu verfolgen.
Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt
und hat Kooperationspartner in Frank-
reich und Spanien.
Das Romanische Seminar der CAU vertritt
mit Unterstützung von Jarich Hoekstra (Frie-
sische Philologie) und Michael Elmentaler
(Niederdeutsche Sprache und Literatur) die
nordeuropäische Route, deren Bedeutung
bereits im Gründungsmythos des Jakobswe-
ges im Hohen Mittelalter verankert ist. Der
Codex Calixtinus (um 1150) enthält eine Le-
gende, der zufolge Karl der Große in Aachen
von einem Sternenweg (der Milchstraße) ge-
träumt haben soll, der von der friesischen     Rom. Am 28. Juni 2010 wurde unser
Küste bis an die Küste Galiciens im Nord-      Gründungspräsident Bernd Breunig unter
westen Spaniens führte.                        der Nummer 1636 als Pilger registriert.
Für das Projekt sind folgende Maßnah-          In der Sakristei des Petersdomes wird seit
men geplant:                                   2002 das Pilgerregister geführt. Die Ur-
- Informationen über die historische und       kunde zeigt die Apostelfürsetn Petrus und
gegenwärtige Sprachenvielfalt unter den        Paulus, die den Text der Urkunde auf
Jakobspilgern (u.a. Friesisch und Nieder-      einem Tuch präsentieren.
deutsch).
- Informationen für Pilger über Ursprung,
Entwicklung und Reichtum der galici-
schen Sprache sowie ihre Beziehung zu
anderen europäischen Sprachen.
- Zusammenarbeit im Bereich des Kultur-
und Sprachtourismus; Verständigung
über Ziele, Methoden und Erfahrungen.

Die wichtigsten Ergebnisse werden sein:
- Aufbau eines Netzwerkes europäischer
Kulturvermittler.
- Eine Internationale Konferenz "Europe
and its languages and cultures" im Jahr
2011 in Santiago de Compostela.
- Wanderausstellung "Europe in the
Routes of Santiago" (2011/2012).               Hohenberg. Das neue Sternbild über der Ja-
- Eine mehrsprachige Webseite zur Kul-         kobuskirche von Hohenberg war am Jakobustag
turgeschichte der verschiedenen europäi-       die große Überraschung: Hightec mit Riesen-
schen Regionen am Jakobsweg.                   kran und Leuchtdioden machten es möglich.

unterwegs                                 10                         nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt
                                    Pfarrer Sieger Köder und das dicht gefüllte Festzelt; auch einige
                                    Franken sind zu erkennen wie Monika und Ferdinand Seehars,
                                    Irene und Bruno Schäfer. Fotos: Hermann Sorg

Hohenberg. Drei Sternsingern unter dem „Sternenweg unterwegs“ stellten fest, dass sie sich im
Datum vertan hatten und verwandelten sich daraufhin flugs in Jakobuspilger. Sie baten weitere im Zelt
verstreute Pilger (des Liederkranzes Hohenberg) auf die Bühne und intonierten neue Pilgerchöre.
Rosenberger Sterndeuter entdeckten am nächtlichen Zelthimmel mit einem Riesenfernrohr ein
neues Sternbild, eine Jakobusmuschel. Drei mutige Hohenberger Astronauten starteten mit der
JASA („Jakobus Space Agency“) in den Weltraum um das neue Sternbild näher zu erforschen.
Bei der Rückkehr brachten sie den derzeitigen Pfarrer von Hohenberg, Martin Danner, mit. Die-
ser verfünffachte sich auf einmal zu einem Leporello. Ab jetzt gibt es nun – dank des heiligen
Jakobus – keinen Priestermangel mehr in der Seelsorgeeinheit Virngrund. Die größte Überra-
schung war das neue Sternbild der Muschel (siehe S.10).
Beim Festgottesdienst überbrachte Weihbischof Dr. Johannes Kreidler aus Rottenburg die Grüße des
Erzbischofs von Santiago de Compostela. In seiner Predigt stellte er den pilgernden, gehenden Men-
schen in den Mittelpunkt. „Seit der Geburt ist der Mensch beschäftigt, das Gehen mit Aufbrechen
und Ankommen, mit Irren und Umkehren, zu lernen. Im aufrechten Gehen zeigt sich die Größe und
Würde des Menschen, verbunden mit der Erde und hineinragend in den Himmel“. Hermann Sorg
Rottenburg-Frommenhausen. Die deutschlandweit größte Pilgerherberge auf dem Jakobsweg
wurde in Frommenhausen eingeweiht. Ortsvorsteher Kurt Hallmayer begrüßte rund 100 Bürger,
darunter auch den Künstler Sieger Köder, dessen Bild eines Pilgers nun den Außengiebel der
Herberge schmückt. Mit viel Eigenleistung und der Hilfe des Fördervereins sowie mit einem
städtischen Zuschuss wurde der Umbau des ehemaligen Bankgebäudes realisiert.
Hallmayer betonte, dass der Weg zum Grab des Apostels Jakobus oft schwierig und steinig sei.
Ihn ging im Jahr 1510 der aus Frommenhausen stammende Jakob Beyter, und er kehrte gesund
wieder zurück. In Gedenken an Beyter wurde die Herberge eingerichtet. Hallmayer übergab den
Schlüssel zur Pilgerherberge an Roland Harrer, den Vorsitzenden des Fördervereins. Zudem
wurde das Gemälde von Sieger Köder enthüllt.
Pfarrer Uwe Thauer segnete die Räume; Professor Josef Nolte hielt einen Festvortrag. Landrat Joa-
chim Walter gratulierte der Gemeinde zur Herberge und dem Bild von Sieger Köder. Früher sei der
Weg nach Santiago de Compostela gefährlich gewesen, viele hätten dabei ihr Leben verloren. Doch
auch heute noch werde gepilgert, "was die Sohlen hergeben", so Walter. Jeder siebte Deutsche könne
sich vorstellen, auf dem Jakobsweg zu pilgern. >www.pilgerherberge-frommenhausen.de>
   unterwegs                                  11                             nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt
                                            Würzburg. Zum Ende dieses Monats, mit
                                            Vollendung seines 65. Lebensjahres, be-
                                            ginnt für Klinik- (und Pilger)seelsorger
                                            Gottfried Amendt der Eintritt in den Ru-
                                            hestand. Zum Nachfolger wurde zum 1.
                                            Februar 2011 Pfarrer Stephan Schwab,
                                            derzeit in Zeil am Main, ernannt. In der
                                            Übergangszeit wird der Gottesdienst mit
                                            Pilgersegen wie bisher in der Kirche der
                                            Universitätsklinik stattfinden. Im nächsten
                                            “unterwegs” werden die voraussichtlichen
                                            Änderungen bezüglich Ort und Zeit zu
                                            finden sein.

                       Weißt du wie viel Sternlein stehen

          1. Weißt du wie viel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt,
          weißt du wie viel Wolken gehen, weithin über alle Welt.
          Gott, der Herr, hat sie gezählet, daß ihm auch nicht eines fehlet
          an der ganzen großen Zahl, an der ganzen großen Zahl.

          2. Wenn wir zu den Sternen schauen, zeigen sie, wohin es geht.
          Wenn wir ihnen uns vertrauen wie sich auch die Erde dreht.
          Oben steht es in den Sternen, unten führt in weite Fernen
          da ein Weg, der Sternenweg, der Camino-Sternenweg.

          3. Sieh’ des frommen Pilgers Spuren, sieh’ die fromme Pilgerin,
          wie sie zieh’n durch uns’re Fluren, Compostela fest im Sinn.
          Um Sankt Jakob zu verehren, kreuz und quer durch Matzengehren,
          da noch weit durch unser Land, da noch weit nach Hinterbrand.

          4. Weißt du, wie viel Pilger wandern, fromm zum Hohenberg hinauf.
          Eines pilgert nach dem andern, Pilger alle, wir zuhauf.
          Gott, der Herr, hat uns gezählet, daß von uns auch keines fehlet
          aus der ganzen großen Zahl einmal dort im Himmelssaal.

          Text von Sieger Köder, Ellwangen. Das Lied wurde erstmals beim vergangenen
          Jakobusfest auf dem Hohenberg mit Inbrunst gesungen.

  unterwegs                           12                         nr. 76 oktober 2010
Aus unserer Gesellschaft
Binsbach. Im Heiligen Jakobijahr lud der Förderkreis „Altes Pfarrhaus Binsbach“
zum Patronats- und Pilgerfest mit spanischem Essen und Wein ein. Am Vorabend in-
terviewte der ehemalige Rundfunkmoderator Franz Barthel prominente und unbe-
kannte Jakobuspilger.
Es läuft jeder für sich alleine – mit seinen Motiven, seinen Sorgen und Hoffnungen.
Auch wenn die Wallfahrt durch den Boom der letzten Jahre und das große Medieninte-
resse Züge des Massentourismus angenommen habe, bleibe doch für jeden Einzelnen
die Möglichkeit, auf dem langen Weg nach Santiago de Compostela, sich selbst zu finden
und auch an seinen eigenen, inneren Zielen anzukommen. Pfarrer Roland Breitenbach,
Schweinfurt, zeigte den tiefen Sinn, aber auch die vereinzelten unerwünschten Auswüchse
des „Camino“ auf. Breitenbach war einer der Hauptinitiatoren für die Schaffung des Pil-
gerwegs von Schweinfurt nach Würzburg, der auch durch Binsbach führt.

Franz Barthel führte gewohnt souverän durch den Abend. Mit der Frage „Wie kamt ihr auf
die Idee, hier in Binsbach ein Pilgerheim einzurichten?“, spielte er Arno Issing, dem Vor-
sitzenden des Fördervereins, den Ball zu. Dieser berichtete von dem leer stehenden ehema-
ligen Pfarrhaus, von Überlegungen „das alte Zeug einfach wegzureißen“ und von den
Anstrengungen des Vereins. In diesem Jahr, so Issing hätten schon 50 Pilger Rast gemacht.
Die Zimmer seien „franziskanisch“: ein Bett, ein Schrank, eine Dusche.
Arnsteins Pfarrer Tadeusz Falkowsky, selbst begeisterter Pilger, sucht lieber den Weg
abseits der Masse. Hier könne er in Ruhe in sich hineinhören und auch an seine eige-
nen Grenzen kommen.
Die Vizepräsidentin der Fränkischen Jakobus-Gesellschaft, Valentine Lehrmann, ist
sicher, dass der Boom anhält, denn es gäbe ein tiefes Bedürfnis nach individueller
Spiritualität. Der „Camino de Santiago“ sei für viele inzwischen auch eine andere
Art von Urlaub.
Franz Barthel befragte auch Wolfgang Zecher, der mit seiner Frau in zwei, jeweils drei
Monate währenden Etappen, knapp 4500 Kilometer bis nach Jerusalem gepilgert ist.
Robert Braun und Josef Gaida nahmen den Weg nach Santiago in vier Wochen mit
dem Fahrrad auf sich. Barthel berichtete von Pilgern zu Pferd oder im Rollstuhl.

Ohne greifbaren Erfolg blieb allerdings das Drängen des Moderators Franz Barthel be-
züglich der finanziellen Unterstützung durch die Stadt Arnstein. Die Stadt sei stolz auf
das Pilgerheim, betonte die Bürgermeisterin Linda Plappert-Metz und unterstütze alle
sinnvollen Aktivitäten. Verbindliche Zusagen über konkrete Unterstützungen könne
aber nur der Stadtrat treffen.
Der Pilgerabend im Binsbacher Sportheim wurde musikalisch von dem Duo „Vetter-
leswirtschaft“ mit Kilian Heilgenthal und Georg Wolf umrahmt. Für die Gäste gab es
spanische Genüsse wie gegrillte Scampis, spanische Schinken- und Käsespezialitäten
und den in Binsbach bekannten spanischen Pilgerwein „Rolando“.
Am Sonntag, dem Jakobustag, versammelte sich die Gemeinde zum Festgottesdienst,
anschließend zum Festbetrieb.

   unterwegs                            13                        nr. 76 oktober 2010
Aus unserer Gesellschaft

Viereth. Das Präsidium unserer Gesellschaft war am Abend des Jakobusfestes stark vertreten
in der Jakobuspfarrei am Main. Als Geschenk für die Pfarrei und alle Interessierten war das
Mysterienspiel “Jakobus” von Armin Hackl und Michael Aust zu sehen. Diese, jetzt schon
vierte Fassung wurde allein von Schlagzeug begleitet und hinterließ einen großen Eindruck bei
allen Zuschauern, die atemlos dem Stück folgten. Pfarrer Dr. Elmar Koziel hatte die Zuschauer
aus der Gemeinde und von auswärts, die Spieler und die Mitglieder der Fränkischen St. Jako-
bus-Gesellschaft begrüßt und seiner Freude über diesen Abend kundgetan. Nach dem Spiel, das
großen Beifall erhielt, dankte Präsident Joachim Rühl (Foto unten Mitte) den Spielern und der
Pfarrei für diesen Abend am Jakobustag. Helmut Wahner, PGR-Vorsitzender und die Mitglieder
des Pfarrgemeinderates sorgten danach vor der Kirche für Brezeln, Wurst und Bier. Ein gelun-
gener Ausklang!(Foto unten links)
Beim Spiel dabei waren Michel Aust als Erzähler der Geschichte des Apostels und seines Gra-
bes in Santiago und dem Pilgerstrom dorthin (Foto unten rechts), Armin Hackl, der Autor des
Spieles (großes Foto, 2. von links), Claus Zwanziger am Schlagzeug (großes Foto ganz rechts),
sowie Sigrid von Schroetter, Teresa Günther, die Schüler vom EGM Lisa-Marie Krauß, Marius
Mühlhaupt, Hendryk Weingärtner und von Wietersheim Achim.
Helmut Wahner, der Vorsitzende des PGR in Viereth, schrieb inzwischen an unsern Sekretär:
“Ich möchte der Jakobus-Gesellschaft und den Theaterspielern nochmals herzlich für das Engagement in
Viereth danken, persönlich wie auch stellvertretend für unsere beiden Kirchengremien PGR und Kirchen-
verwaltung.
Wir danken nochmals für die Überlassung der Spenden, es waren 640.- € (für die Besucheranzahl ein sehr
respektables Ergebnis) für die Bildrestaurierung St. Jakobus. Einige Privatspenden sind eingegangen, zwei
Gremien haben uns auch schon finanzielle Hilfe zugesagt....”

   unterwegs                                    14                             nr. 76 oktober 2010
Aus unserer Gesellschaft
Archiv der Gesellschaft bereichert.
Würzburg. Das Ehepaar Erika und
Fritz Mittenhuber, Gründungsmitglie-
der der Fränkischen St. Jakobus-Ge-
sellschaft, haben ihre gebundenen
Hefte „Unterwegs - im Zeichen der
Muschel“ dem Archiv der Gesell-
schaft übereignet. Im Büro im Kilia-
neum konnte der Sekretär das
wertvolle Geschenk in Empfang neh-
men. Von der Nummer 1 bis zur Aus-
gabe 73 sind die Hefte unseres
„Rundbriefes“ lückenlos erhalten.
Durch die Bindung der Hefte kann
auch keines mehr verloren gehen.
Der Sekretär dankte dem Ehepaar
Mittenhuber dafür, dass sie die Zeit-
schrift dem Archiv der Gesellschaft
zur Verfügung gestellt haben.
Foto: Erika und Fritz Mittenhuber bei der
Übergabe der Zeitschrift im Büro im Ki-
lianeum.

Zum Heiligen Jahr in Santiago hat die spanische Post eine Briefmarke mit einem Pilger-
motiv herausgegeben. Die Marke mit dem Wert von 0,34 € zeigt einen heutigen Pilger mit
Rucksack und aufgeschnallter Matte im Angesicht der Kathedrale. Außerdem gibt es eine
Sonderpostkarte mit dem Motiv der Kathedrale. Wer andere Marken, auch in anderen Län-
dern, entdeckt hat, möge sie einschicken.

   unterwegs                                15                 nr. 76 oktober 2010
Aus unserer Gesellschaft
                                              1. Du Apostel uns’res Herrn,
                                              Weggefährte uns zum Segen,
                                              St. Jakobus, Stab und Stern
                                              auf des Lebens Wegen.
                                              Sei uns Ansporn, stets zu streben
                                              nach den Gutern, die zum Heil
                                              auf dem Weg zum ew’gen Leben,
                                              das durch Christus uns zuteil.

                                              2. Sankt Jakobus, guter Stern
                                              uns auf allen Erdenwegen,
                                              ob das Ziel schon nah, ob fern,
                                              leucht’ uns Gott entgegen.
                                              Gib uns Kraft, wenn wir ermuden,
                                              wenn wir zagen, mach uns Mut.
                                              Auch ein Wegstuck nur bringt Segen,
                                              betend unterm Pilgerhut.

                                              3. Sankt Jakobus, Gottesmann,
                                              Glaubenshelfer uns auf Erden,
                                              dass uns uns’re Lebensbahn
                                              Weg zum Heil mög’ werden.
                                              Durch dein Zeugnis, Tod und Leben,
                                              stärk’ uns in des Alltags Not;
                                              unser Wirken, Denken, Geben
                                              Andern werd’ zum Heil durch Gott.

                                              4. Sankt Jakobus, fern dein Grab,
                                              heil’ges Ziel der Pilgerpfade,
                                              hoffend fest am Jakobsstab,
                                              schenk’ der Umkehr Gnade.
                                              Aus der Muschel reich’ zum Tranke
Randersacker. Bei einer Ausstellung An-       durch Versöhnung tiefe Freud’.
fang August von Werken lokaler Künstler       Und Vergebung drängt zum Danke
fand dieser “Jakobspilger” Beachtung bei      Gott dem Herrn in Ewigkeit.
den zahlreichen Besuchern. Aus Alltagsab-     5. Jakobstag am Tag des Herrn,
fällen hat ihn Winfried Henneberger (Jg.      heil’ges Jahr fur Jakobsfreunde,
1941) geschaffen. Henneberger ist selbst      hier am Main von nah und fern
Jakobspilger. Mit seiner Frau ist er in den   frohe Festgemeinde.
Jahren 2003 bis 2006 von Randersacker         Bleibet treu den Jakobsjahren,
nach Santiago gepilgert. An den Tafeln hin-   feiert sie mit Herz und Hand,
ter dem Pilger sind Zeichnungen von Ernst     euren Glauben zu bewahren,
Weckert zu sehen, die auf den Wegen in        ihr im Miltenberger Land!
Spanien und Santiago entstanden sind. Er
                                              Text und Melodie: Paul Damjakob, 2010
war vor allem mit Zeichnungen aus Ran-
                                              Weihbischof Ulrich Boom zugeeignet aus Anlaß
dersacker zu sehen. Barbara Weckert hatte     des Jakobusfestes mit Orgelweihe. Ein schönes
ungewöhnlichen Schmuck ausgestellt, von       Liedblatt mit dem Jakobus in der Pfarrkirche als Ti-
Anna-Isabella Weckert waren Zeichnungen       telbild ist im Pfarramt in Miltenberg zu erhalten.
und Collagen zu bewundern.

 unterwegs                           16                                nr. 76 oktober 2010
Santiago de Compostela
Die Pilgerlawine rollt.
Der Ansturm der Pilger nach Santi-
ago de Compostela wächst weiter,
und in diesen Tagen im August bele-
gen die Warteschlangen die ganze
Umgebung der Kathedrale. Die
Schlange am Eingang zur Hl. Pforte
reicht bis zur Plaza de Feijoo; die
am Portal der Platerias erstreckt sich
auf die Mitte des Obradoiro-Platzes
und die vom Pilgerbüro geht bis zur
Fonte Sequel.
Dieser Anstieg zwingt zu Maßnahmen wie dem Ausbau des Pilgerbüros in der Rua do
Vilar, das seit seinem Bestehen noch nie einen solchen Ansturm erlebte.
So haben die zuständigen Stellen eine Vereinbarung getroffen, einen Teil der Casa do
Deán zum Pilgerbüro dazu zu nehmen und so den Empfangsraum zu erweitern.
                                                               (nach El Correo Gallego 9.8.2010)
PS. Historischer Rekord im Pilgerbüro mit 2.458 Compostelas am 21. 8. 2010
Rund 30 freiwillige Helfer arbeiten derzeit in zwei Schichten à 6 Std. im Pilgerbüro.

Ende der Warteschlangen für die Compostela
Im ersten Halbjahr 2010 wurden mehr Compostelas ausgegeben als im letzten Heili-
gen Jahr 2004. Deshalb werden bald Tickets mit voraussichtlichem Eingangstermin
ins Pilgerbüro ausgegeben um die “Überflutung” zu mindern. So kann der Pilger die
Zeit von zwei, drei Stunden anderweitig nutzen und muß nicht in der Schlange ausharren.
Das Warten, so meint der Dekan der Kathedrale, sei schwerer als ein ganzer Tag auf dem
Weg. Dieses System kennt man aus Supermärkten an der Metzger-Theke oder bei Behörden.
Diese Maßnahme kann nach den erforderlichen technischen Einrichtungen greifen.
Die Stadt hat in diesen Wochen das Vielfache ihrer Einwohnerzahl. Allein im Juli
waren es eine Million Besucher. Der Zugang an der Plaza de Praterias wird nie von
weniger als 15.000 Besuchern, an vielen Tagen von mehr als 30.000 benutzt.
Das Pilgerbüro hat neue Möbel, Tische und Theken erhalten. Auch wurde die Heizung
verbessert, ebenso die Toiletten. Eine ehemalige Stallung wurde zu einer Bar und
einem Gesundheitspunkt.
Der Leiter des Pilgerbüros, Don Jenaro Cebrián, betonte, daß das gegenwärtige Hei-
lige Jahr einen Rekord mit voraussichtlich 220.000 Pilgerurkunden erzielen wird.
                                                             (nach El Correo Gallego 9.8.2010)
Zur Geschichte des Hauses “Casa del Deán:
Das Haus stammt aus dem 18. Jh. Kein Dokument erwähnt den Baumeister; Folgar de la Calle
schreibt den Bau einem Fernandez Sarela zwischen 1747 und 1753 zu. Nicht ausgeschlossen
werden kann auch Fernando de Casa, der 1747 noch Großmeister der Kathedrale war.
In diesem Haus nächtigten auswärtige Bischöfe, die die Stadt besuchten. Später wurde es zur
Residenz des Dekans der Kathedrale. 1879 zerstörte ein Brand Putz und barocke Gemälde, die
das Haus schmückten.

 unterwegs                              17                             nr. 76 oktober 2010
Jakobus anderswo

Riga. Die katholische St.-Jacobs-Kathedrale wurde 1225 erstmals erwähnt. Trotz zahl-
reicher Umbauten konnten romanische, früh- und hochgotische Elemente bewahrt
werden. Der Turm hat seine heutige Gestalt 1756 erhalten. Der Innenraum hat in den
Wirren der Reformation während des Bildersturmes den größten Teil seiner Kunstge-
genstände verloren. Eine Ausnahme bildet das 1922 auf dem Dachboden gefundene
Kruzifix aus der Zeit um 1400. Es ist eine der ältesten Holzskulpturen in dem kleinen
Erbe der mittelalterlichen Bildschnitzerei Lettlands. Heute steht es im Historischen
Museum. 1582 wurde die Kirche mit anderen Besitztümern wieder der katholischen
Kirche und dann dem Jsuitenorden übergeben. 1621 unter der Herrschaft der Schwe-
den wurden die Jesuiten enteignet, St. Jakob wurde evangelisch-lutherisch und diente
als Pfarrkirche den schwedischen Beamten und der Garnison. Am 8. September 1993
besuchte Papst Johannes Paul II. die St. Jakobs-Kathedrale.
Der kulturhistorisch bedeutende Bau ist eine architektonische Dominante im Stadtzen-
trum von Riga, das in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde.
Fotos: P. Nußbaum, Gochsheim
Hallo Leute!
ich bin vor ein paar Wochen den Jakobsweg gelaufen. Unterwegs hatte ich das Faltblatt "Ein spiritueller
Wegbegleiter auf dem Jakobsweg" dabei, das vom Arbeitskreis Spiritualität erstellt wurde. Da dieser Weg-
begleiter für mich sehr inspirierend war, möchte ich Euch einen Beitrag für eine eventuelle Neuauflage die-
ses Faltblattes anbieten und somit anderen Pilgern etwas mit auf ihren Weg geben. Den Text, welcher sich
im Anhang befindet, habe ich in englisch verfasst. Ich denke aber, dass dies nicht zu Verständnisproblemen
bei den Lesern führen wird, da sich nach meiner Erfahrung jeder Pilger in dieser Sprache verständigen kann,
und sie zudem hilfreich sowie anregend für einen interkulturellen Austausch sein kann. Für eine Weiterlei-
tung dieser Mail an den Arbeitskreis Spiritualität wäre ich Ihnen sehr verbunden.
Falls Sie die die folgenden Zeilen, die ich in den Anhang gepackt habe, in einem neuen Faltblatt oder auch
in der Zeitschrift "Unterwegs" veröffentlichen möchten, würde ich mich sehr freuen, wenn ich davon ein
Exemplar erhalten könnte (Gotenweg 15, 63128 Dietzenbach).
Über Antwort würde ich mich freuen. Mit freundlichen Grüßen! René Berz
PS. Sie finden den Text auf S. 21

   unterwegs                                    18                             nr. 76 oktober 2010
Santiago de Compostela
Ein Tempel für kulturbewusste Pilger
Zwei Kilometer von der Kathedrale von Santiago de Compostela entfernt baut der
amerikanische Architekt Peter Eisenman auf dem Monte Gaiás ein riesiges Kulturzen-
trum, die Cidade da Cultura de Galicia. Es soll dem nordwestspanischen Galicien
neue, weltliche Pilger bringen.
Es ist nicht so, dass Santiago de Compostela mehr Touristen brauchen würde. Im ge-
genwärtig stattfindenden Heiligen Jahr stehen jeden Tag rund 10 000 Pilger Schlange,
um in die Kathedrale zu kommen. Mit Wanderstock, Muschel und Kürbis warten sie.
Sind sie dann drin, weisen ihnen Schilder den Weg. Links die mehrsprachigen
Beichtstühle, dahinter der romanische Pórtico de la Gloria, geradeaus der Hauptaltar.
2000 Menschen finden auf den Kirchenbänken Platz, und wenn sie Halleluja singen
und dabei der riesige Botafumeiro, der Weihrauchkessel, durch das Querschiff ge-
schwenkt wird, dann scheint das 23 000 Quadratmeter grosse Gotteshaus seine Boden-
haftung zu verlieren. Doch die Kathedrale steht fest, seit fast tausend Jahren.Spiegel
der Kathedrale
Galicien ist das atlantische Spanien. Dort nieselt es auch im Sommer, Nebel zieht vom
Meer herüber, die Menschen gehen mit dem Knirps aus dem Haus. Im grünen Nord-
westen des Landes entsteht nun ein neuer Tempel für neue Pilger. Die Region will
nicht nur Christen, sie will auch Kulturtouristen. Sie sollen vom ausgetretenen Jakobs-
weg abweichen, vorbei an der Altstadt, hinauf zum Berg ziehen. Dort ist seit zehn Jah-
ren die Cidade da Cultura de Galicia, die Kulturstadt Galiciens, im Entstehen. «Sie ist
der Spiegel der Kathedrale», meint ihr Erbauer, der amerikanische Architekt Peter Ei-
senman (78). Wenn der Sankt-Jakobs-Trubel nach dem Papstbesuch vom 6. November
und der Schliessung der Heiligen Pforte am 31. Dezember abflauen wird, dann soll Ei-
senmans Tempel neue Pilger anlocken. Denn das nächste Heilige Jahr wird erst wieder
2021 begangen. In der Zwischenzeit soll die Gebäudegruppe auf dem Monte Gaiás zur
internationalen Referenz werden. «Galicien wird bald eines der wichtigsten Symbole
weltweit haben», sagt Eisenman.
Der New Yorker liebt Europa. In Deutschland spreche er heute noch mit Politikern
und Intellektuellen über sein Berliner Holocaust-Mahnmal, erzählt er. In Italien, wo er
einst studierte, habe er viele Freunde, in Grossbritannien fühle er sich zu Hause. Und
in Spanien? «Nun, die Spanier sind anders», sagt der weisshaarige Mann mit grosser
Nickelbrille, «das erkennt man schon am Essen. Mir bekommt die spanische Küche
nicht, ich ziehe Pasta vor.» Schwer im Magen liegen Eisenman nicht nur spanische
Würste und Teigtaschen. Auch die Kulturstadt ist ein grosser Brocken. Auf knapp 690
000 Quadratmetern legen sich fünf flache Gebäude über den grünen Hügel. Die Stahl-
Glas-Konstruktionen sind flach wie eine Muschel, sie wirken wie eine Erdverwerfung,
auf dem Modell zumindest. In der Realität erheben sie sich dann doch 50 Meter in die
Höhe. «Wir haben das Gelände nicht als Plattform gesehen, auf der man Gebäude wie
Figuren errichtet. Wir haben Bedingungen geschaffen, unter denen das Gelände zur
Figur wird. Die Gebäude können sich darin verstecken, in einem neuen urbanen Ras-
ter.»

  unterwegs                            19                       nr. 76 oktober 2010
Santiago de Compostela
Mit diesen Worten erklärte der Architekt vor elf Jahren erstmals sein Projekt, eine Mi-
schung aus Architektur und Land-Art. Konkurrenten wie Rem Koolhaas, Daniel Libe-
skind, Gigon Guyer, Dominique Perrault oder Jean Nouvel hat er damit im
Wettbewerb ausgestochen. Galicien wollte den Dekonstruktivisten, der unter einem
Faltenwurf eine Bibliothek, ein Archiv, ein Verwaltungsgebäude, zwei Museen und ein
Theater mit 1500 Plätzen versteckt. Zwei Gebäude werden im Herbst eingeweiht, zwei
im nächsten Jahr. Vom Theater ist noch nichts zu sehen, ausser einem grossen Loch.
Vielleicht wird Eisenman die Einweihung des Hauptgebäudes nicht mehr erleben.

Seit zehn Jahren werken 300 Arbeiter, die ursprünglich veranschlagten Kosten von
300 Millionen Euro werden sich vermutlich verdoppeln. Antonio Maroño macht die
Bauüberwachung. Der galicische Architekt fragt sich oft, wann seine Arbeit endlich
erledigt ist. Ihm wird der Job zur Lebensaufgabe. «Als ich die Stelle antrat, war ich 35
Jahre alt. Heute bin ich 44, und wenn das Ding fertig ist, bin ich vielleicht 50. Was
mache ich danach?», fragt er am Ende eines anstrengenden Arbeitstages: «In Früh-
rente gehen?» Landläufige Kritik an Kosten, Sinn und Grösse der Kulturstadt wehrt er
mit Routine ab: «Die Kulturstadt ist heute reiner Luxus, das ist klar. Aber wenn sie
fertig ist, dann werden die Kosten bald vergessen sein. Denn dann wird der Monte
Gaiás Galicien mit der Welt verbinden.» Maroño koordiniert, delegiert, kritisiert,
iPhone am Ohr und Schweissperlen auf der Stirn, obwohl der galicische Sommer mild
ist. Auf der Baustelle ist so gut wie nichts Standard. Stahlstreben, Glasscheiben, Gips-
kartonplatten sind massgeschneidert. Gerade werden die wellenförmig abfallenden
und in sich leicht gedrehten Fassaden mit Quarzitplatten verkleidet, 50 mal 50 Zenti-
meter gross, in Bezug zu den Pflastersteinen in der Altstadt. «Was wir hier sehen, das
sind keine Fassaden», erklärt Eisenman, «es sind die Strassen von Santiago.»

Nicht alle verstehen das. Ausser Touristen sollen die 95.000 Einwohner von Santiago
zum Berg pilgern, angelockt von Ladengalerien, Grünanlagen, Kinos. Über die Auto-
bahn sollen auch die Bewohner der Nachbarstädte Vigo, A Coruña, Lugo oder Ourense
zur Cidade kommen und dort Konzerte, Ausstellungen, Opern geniessen. Doch wer-
den die Touristen wirklich kommen, über ausgetretene Pilgerpfade, und dann die Ab-
zweigung zum Berg auch finden? Wird sich Galicien, «die provinziellste Provinz
Spaniens», wie Eisenman sagt, zur europäischen Kulturregion entwickeln? Der Archi-
tekt scheint selbst skeptisch zu sein. Er kennt Spanien seit den sechziger Jahren und
gesteht dem Land keine grossen kulturellen Leistungen zu, abgesehen von seiner mo-
dernen Architektur.

Auch Miguel von Hafe Pérez, der neue Direktor des Centro Galego de Arte Contem-
poránea (CGAC), ist skeptisch. «Der Erfolg der Kulturstadt wird von ihrem Manage-
ment abhängen», meint der 43-jährige Portugiese. Er hofft, auf dem Monte Gaiás die
Kunstsammlung des CGAC zeigen zu können. Zurzeit ist sie in einem bereits zu klein
gewordenen Musentempel zu sehen, den – wie auch andere in der Gegend – der Archi-

   unterwegs                            20                       nr. 76 oktober 2010
Santiago de Compostela
tekt Álvaro Siza entworfen hat. Hinter einer opaken, sandfarbenen Fassade versteckt
der Star aus Porto zerschnittene, auseinanderdriftende, offene Räume. Doch trotz sei-
ner formalen Harmonie und der anregenden baukünstlerischen Kommunikation mit
der Umgebung wird der Museumsbau des CGAC pro Jahr nur von gut 50 000 Men-
schen besucht – so viele strömen in knapp einer Woche in die Kathedrale. Dabei steht
Sizas kleines Meisterwerk zwischen einem Kloster mit verwitterter Granitfassade und
einem Park mit Hortensien und Laubbäumen nur einen Steinwurf von der Kathedrale
entfernt. Doch bis heute macht kaum ein Pilger einen Abstecher zum Museum.

Doch von frommen Christen allein will die Region nicht mehr leben. Sie ist sich ihrer
Treue nicht ganz sicher. Ein Bericht aus dem 17. Jahrhundert – damals war der Ja-
kobsweg vorübergehend beinahe in Vergessenheit geraten – beschreibt das Leben ent-
lang der Pilgerstrasse: Die Dorfbewohner schliefen auf dem blanken Boden, bettelten
die Vorbeikommenden an und mussten sich nachts gegen Wölfe verteidigen. So weit
wird Galicien nicht mehr zurückfallen. Dafür sorgt auch Peter Eisenman. Er hält welt-
weit Vorträge über Cidade da Cultura, die Verantwortung für ihren Erfolg weist er aber
von sich. «Ich erkläre den Leuten mein Projekt, davon überzeugen kann ich sie nicht»,
sagt er. Und dann fügt er an: «Dass die Kulturstadt so gross ist, das war nicht meine
Idee.» Dennoch nennt er den Auftrag das reinste Architektenglück. Die Muschel auf
dem Berg ist die Krönung seines Lebenswerks.
                                                               (Nach NZZ-online 9.8.2010)

  Angels and demons                          Kloster Oberzell bietet im Bildungshaus ab
                                             September zwei Spanischkurse an:
  On a way people go                         Buen viaje - Reisen auf Spanisch
  to relieve and find something              Wer keine oder nur geringe Vorkenntnisse hat
  an old woman stood and said                und in ein Spanisch sprechendes Land reisen
                                             oder sich auf den Pilgerweg nach Santiago de
  you will find an angel
                                             Compostela vorbereiten will, ist hier richtig. Der
  and yet you'll find a demon too.           Kurs stellt die Verständigung und den Dialog in
                                             den Vordergrund, damit einem nicht mehr alles
  Away from usual distractions               “Spanisch vorkommt“. Nützliche Grundbegriffe
  outside the range of routines pulse        sowie Wissenswertes über Land und Leute bil-
  pain rises from feet                       den den Rahmen des Kurses.
  up to the head                             Vaya con dios - Reisen auf Spanisch ist der
  and you experience life                    zweite Kurs für Fortgeschrittene.
  in it’s very pure kind.                    Termine: je Kurs 10-mal à 90 Minuten nach
                                             Vereinbarung.
                                             Leitung: Tanja Failner, Fremdsprachenkorres-
  In times of silence                        pondentin Kosten: 60 - 80 € (abhängig von
  you can listen                             der Teilnehmerzahl) Infos und Anmeldung bis
  to what echoes from within.                Ende September an Tanja Failner, Hüttenheim
                                René Berz    172, 97348 Willanzheim, Tel.: 09326-902434,
                                             mail: 

  unterwegs                             21                         nr. 76 oktober 2010
Nachrichten aus der Pilgerwelt
                                                  “Grüss Gott”, der Begleiter der Evangeli-
                                                  schen Kirche in Urlaub und Kur - 2010
                                                  bringt neben vielen anderen interessanten
                                                  Artikeln zwei Beiträge zum Pilgern. Rainer
                                                  Schulz (siehe “unterwegs” Nr. 74, S. 52)
                                                  zeigt wie Pilgern den Alltag verändert.
                                                  Unser Präsident Joachim Rühl steht in
                                                  einem Interview Rede und Antwort zum
                                                  Thema “Pilgerboom”. Er weist auf einige
                                                  Mißstände hin und betont, wie wichtig es
                                                  für den Pilger und die Bewohner an einem
                                                  Pilgerweg ist, sich ihren Jakobsweg zu ver-
                                                  gegenwärtigen. Auch die grenzüberschrei-
                                                  tende Art des Pilgerns dokumentiert, daß es
                                                  eine christliche Grundkultur in Europa gibt.
                                                  Augsburg. Die Jakobuswoche bot auch in
                                                  diesem Jahr vom 23. Juli bis zum 1. Au-
                                                  gust ein umfangreiches und buntes Pro-
                                                  gramm. Ein ökumenischer Gottesdienst
                                                  am Jakobsplatz stand am Beginn. Stern-
                                                  wallfahrten führten am 24. Juli nach
                                                  Augsburg zur Kirche St. Jakob und zum
                                                  Rathaus. Im Goldenen Saal empfing die
                                                  Stadt die Pilger und weitere Gäste. Die
                                                  Präsentation zur Öffnung der Hl. Pforte in
                                                  Santiago fand großen Anklang. Hubert
                                                  Ratzinger zeigte aus heutiger Sicht ein
                                                  Verständnis für den Ablaß auf. Gottes-
                                                  dienste, Konzerte, Pilgerberichte, Vor-
Temmenhausen. Diesen ungewöhnlichen               träge und eine Ausstellung “camino” von
“Jakobus mit dem Apfel” hat der Holzschnit-       Inge Lemmerz bereicherten die Woche.
zer Wilhelm Senoner in St. Ulrich/Südtirol        Und im Festzelt war immer Platz, wie hier
vor einigen Jahren für den Obstbauverein in       im Foto: von links Dekan i.R. Rudolf
Lana aus Anlaß eines Jubiläums gefertigt.         Freudenberger, Joachim Rühl und Herbert
"Jakobi" gilt als Lostag für die Witterung, als   Seitz, der Vorsitzende der Augsburger Pil-
Glückstag für die Ernte, in den Alpen als         gergemeinschaft.
Ziehtag für das Gesinde und als Festtag der
Hirten. Jakobus ist Patron auch für Äpfel; Ja-
kobsäpfel kennt wohl jeder. Damals schnitzte
Senoner noch traditionelle Heiligenfiguren.
Inzwischen ist er mit modernen Skulpturen
bei Ausstellungen in vielen Städten Europas
zu sehen.
Ein zweites Exemplar dieses “Jakobus mit
dem Apfel” steht nun im Gasthof Stäb in
Temmenhausen. Die Jakobspilger, die in die-
ser pilgerfreundlichen Gaststätte Station ma-
chen, können sich nun an ihm erfreuen.

   unterwegs                                22                        nr. 76 oktober 2010
Sie können auch lesen