VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN

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vm            Ve r b a nd s M a g a z i n
              Themen, Trends und Fakten der Wohnungs- und
              Immobilienwirtschaft – VdW Rheinland Westfalen
                                                               #5
                                                               2019

17   FUSS- UND RADVERKEHR IM QUARTIER –
     RUHRKONFERENZ DES NRW-VERKEHRSMINISTERIUMS

              30    18. VDW FORUM WOHNUNGSWIRTSCHAFT
                    AM 9./10. JULI 2019 IN DÜSSELDORF

          4   SCHWERPUNKT – EUROPAWAHL
               Europa geht auch die
               Wohnungswirtschaft an
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EDITORIAL 1

                        Europäische Freiheit und Frieden wahren

                        V
                                om 23. bis 26. Mai 2019 findet in   kratischen, liberalen und sozialdemo-
                                den Mitgliedsstaaten der Euro-      kratischen Parteien zugunsten eines EU-
                                päischen Union (EU) die mitt-       skeptischen und stärker nationalistisch
                        lerweile neunte Direktwahl zum Euro-        fokussierten Parteienspektrums.
                        päischen Parlament statt, wo derzeit
                        751 Abgeordnete an Gesetzgebungs-,          Es bleibt zu hoffen, dass die demokrati-
                        Aufsichts- und Haushaltsfragen der          schen und europafreundlichen Kräfte die
                        Staatengemeinschaft arbeiten.               Oberhand behalten und die EU gestärkt
                                                                    aus dieser Wahl hervorgeht, denn auch
                        Die EU steht für einen Prozess, der unse-   für die Wohnungswirtschaft ist Europa
                        rem Kontinent nach zwei verheerenden        eine starke und wichtige Bezugsgröße. Die
                        Kriegen über viele Jahrzehnte Frieden       Wohnungswirtschaft in Nordrhein-West-
                        und wirtschaftlichen Wohlstand ge-          falen und Rheinland-Pfalz füllt die euro-
                        bracht hat. In einer Eurobarometer-Um-      päische Idee seit vielen Jahren erfolgreich
                        frage der Bundeszentrale für politische     mit Leben. Die durch einen kollegialen
                        Bildung aus dem Frühjahr 2018, beant-       Fachaustausch geprägte Zusammenar-
                        worteten 58 Prozent der Befragten die       beit, zum Beispiel in unserem European
                        Frage nach den positivsten Errungen-        Table of Housing Corporations zusammen
                        schaften der EU beim freien Verkehr von     mit unseren unmittelbaren Nachbarn aus
„Für die Wohnungs­      Personen, Gütern und Dienstleistungen       Belgien, Luxemburg und den Niederlan-

wirtschaft ist Europa   innerhalb der Partnerstaaten.               den, in europäischen Netzwerken wie
                                                                    etwa Housing Europe, beim jährlichen
eine starke und         Trotzdem geben aktuell mehrere Ent-         Europatag des EBZ oder der European

wichtige Bezugsgröße“   wicklungen Anlass zur Sorge. Da ist zum
                        einen der „British Exit“, kurz „Brexit“,
                                                                    Summer School, durch den Dialog mit
                                                                    europäischen Kollegen bei Fachexkursi-
                        der Austritt Großbritanniens aus der EU,    onen unserer Arbeitsgemeinschaften und
                        vor allem motiviert durch die gefühl-       Arbeitskreise durch ganz Europa sowie
                        ten Chancen einer neuen, vermeintlich       zuletzt durch die nordrhein-westfälische
                        nationalen Souveränität. Im Juni 2016       Unterstützung für Ostbelgien beim Auf-
                        stimmten in einem Referendum rund           bau eines sozialen Wohnraumförderpro-
                        51,9 Prozent gegen den Verbleib Groß-       gramms, macht deutlich, wie wichtig auch
                        britanniens in der EU. Die anfängliche      uns diese Gemeinschaft ist. Europa geht
                        Euphorie ist längst einer Katerstimmung     uns alle an, jetzt am 26. Mai 2019 aber
                        gewichen: Bis heute dauern die inhalt-      auch weit darüber hinaus.
                        lichen Diskussionen und politischen
                        Querelen an, der Austrittstermin wur-
                        de mehrmals verschoben weshalb der
                                                                    Ihr
                        Ausgang völlig offen bleibt. Darüber
                        hinaus sieht sich die EU seit einigen
                        Jahren einem zunehmenden Einfluss
                        von rechts- sowie linkspopulistischen
                        Entwicklungen ausgesetzt, wie wir sie in
                        Ungarn, Österreich, Italien sowie zuletzt
                                                                    Alexander Rychter
                        in Spanien beobachten können. Aktuelle
                        Umfragen prognostizieren deutliche          Verbandsdirektor/Vorsitzender des
                        Stimmenverluste für die christdemo-         VdW Rheinland Westfalen

                                                                           05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
2       INHALT

4                                                       18                                          23
Europa geht auch die Wohnungs-                          MOKO 2019 – Abschied von Inseln             Was hält Menschen in ihrer Heimat?
wirtschaft an – Wohnungspolitik                         und Kirchtürmen                             Kommunalkongress 2019 in Bitburg
im großen Stil

        SCHWERPUNKT                                          AKTUELLES

    4   Europa geht auch die                            15   Deutscher Nachbarschaftspreis und      21   „Digitalisierung in Stadt und Region:
        Wohnungswirtschaft an                                Preis Soziale Stadt kooperieren             Smart Cities – Smart Regions –
        Wohnungspolitik im großen Stil                       Gemeinsame Auslobung 2019                   Smart Citizens“
                                                                                                         21. Konferenz für Planerinnen und
  6     „Die EU-Gesetzgebung hat einen                       Deutscher Bauherrenpreis 2020
                                                                                                         Planer 2019
        großen Einfluss auf die Wohnungs-                    Wettbewerb für Wohnungswirtschaft,
        wirtschaft“                                          Kommunen und Architekten                    Zeigen, was man hat:
        Interview mit Dr. Özgür Öner, Euro-                                                              Baudenkmäler öffnen!
        pabüro – Interessenvertretung in                16   Emissionsfrei wohnen
                                                                                                         Bundesweiter Aktionstag am
                                                             4. Dialogforum
        Brüssel – Leiter des Brüsseler Büros                                                             8. September 2019
                                                             „Wohnen leitet Mobilität“
  8     Sozialer Wohnungsbau im                                                                     22   Nerv der Zeit, Nerv der Kunden
        Ländervergleich                                                                                  Partnertreffen von EBZ und
        Gemeinsame Ziele –                                   AKTUELLES NRW                               VdW Rheinland Westfalen
        unterschiedliche Systeme

                                                        17   Fuß- und Radverkehr im Quartier
                                                                                                         AKTUELLES RLP
10      Die Wohnungswirtschaft ist auch                      Ruhrkonferenz des
        in Europa gut vernetzt                               NRW-Verkehrsministeriums
        Europäische Netzwerkarbeit
                                                        18   Abschied von Inseln und                23   Was hält Menschen in ihrer Heimat?
                                                                                                         Kommunalkongress 2019 in Bitburg
12      Position zur Europawahl 2019                         Kirchtürmen
        Weniger Regulierungen,
        mehr Spielräume
                                                             Mobilitätskonferenz Metropole Ruhr –   24   Arbeitssitzung zur Vorbereitung
                                                             MOKO 2019                                   weiterer Aktivitäten
                                                                                                         Erste Gesellschafterversammlung des
13      Wohnungspolitische Schwer-
                                                        20   Gemeinsamer Messeauftritt auf
                                                                                                         Bauforums im Jahr 2019
        punkte der Parteiprogramme                           der diesjährigen Messe „Stuzubi –
        Europawahl 2019                                      bald Student oder Azubi“ in Essen      25   Engagiert im Neubau und bei
                                                             Ausbildungsunternehmen der                  der Nachverdichtung
14      Netzwerken und Wissensaustausch
                                                             Wohnungswirtschaft stellen sich vor         Regionaltreffen der Trierer
        mit Kollegen aus den europäischen
        Nachbarländern                                                                                   Wohnungsunternehmen
                                                             Das neue Mietrecht im
        Veranstaltungshinweise                               Bauhaus-Jahr 2019
                                                             Aktuelles Mietrecht in Krefeld

05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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INHALT 3

32                                            35                                      46
Bezahlbares Wohnen in                         Serielles Bauen – Eine Option           Welche Vorteile bietet Wohnungs-
historischem Umfeld                           für bezahlbaren Wohnraum                genossenschaften der Einstieg ins
                                                                                      Bauträgergeschäft?

     VdW-ARBEITSKREISE                             ARBEITSGEMEINSCHAFTEN

26   Haben wir eigentlich eine
                                              31   Arbeitsauftakt in Oberkassel       35   Eine Option für bezahlbaren
     Sozial-Media-Seite?                           Arbeitsgemeinschaft Düsseldorfer        Wohnraum
     Arbeitskreis Marketing & PR                   Wohnungsunternehmen                     Serielles Bauen

27   Wie sieht das Quartier der
                                                                                      36   Bezahlbarer Wohnraum
     Zukunft aus?                                                                          im Lübbecker Land
     Arbeitskreis Stadt- und                       AUS DEN UNTERNEHMEN
                                                                                           Im Dialog mit der Politik
     Quartiersentwicklung
                                                                                           Rückschau auf postrevolutionären
     Forschungsprojekt zu einem               31   Essen künftig mit
                                                                                           Gründungsboom
                                                   Immobilienholding
     fairen Belegungsmanagement                                                            Spar- und Bauverein Leichlingen eG
                                                   Bündelung von Aufgaben und
     Sitzung des Arbeitskreises Integration
                                                   Kompetenzen
     in Gelsenkirchen

28   Erster Austausch zum                     32   Bezahlbares Wohnen in                   TERMINE 2019
                                                   historischem Umfeld
     Mietrechtsanpassungsgesetz
                                                   8. Symposium der Wohnungs-
     Arbeitskreis Recht
                                                   genossenschaft Witten-Mitte eG
                                                                                      37   Termine 2019

     Putz, Balkone und Geländer
                                                   Auf Wiedersehen,                        Save the date
     Arbeitskreis Energie, Umwelt,
                                                   Frau Dr. Steveling                      Mitgliederversammlung des
     Bautechnik und Normung
                                                   Spar- und Bauverein eG Dortmund         VdW Rheinland Westfalen
29   Im Wohnprojekt5 finden alle
                                              33   Auszubildende begleiten
                                                                                           am 25. September 2019
     Generationen ihren Platz
                                                   Bauprojekt
     Arbeitskreis Generationen-
                                                   Mülheimer Wohnungsbau eG
     gerechtes Wohnen
                                              34   Wohnungswirtschaft ermöglicht
                                                   kostenloses Busfahren               38 STEUERN
     VERBAND UND GREMIEN                           Bielefelder Beitrag zur
                                                   Verkehrswende
                                                                                       41 RECHT
30   Europa und die Digitalisierung                                                    44 TECHNIK UND MULTIMEDIA
                                                   Carsharing offiziell gestartet
     im Fokus                                                                          48 SEMINARE
                                                   Bauverein Gräfrath eG
     18. VdW Forum Wohnungswirtschaft

                                                                                            05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
4                                        SCHWERPUNKT

Europa geht auch die Wohnungswirtschaft an
WOHNUNGSPOLITIK IM GROSSEN STIL >> Für welche Zukunftsprojekte sollte die EU mehr Geld bereitstellen?
Braucht es eine europaweite Grundsicherung und, wenn ja, wer soll sie bezahlen? Wie können 500
Millionen Unionsbürger dauerhaft in Wohlstand und Frieden leben? Über Fragen wie diese müsste auf
allen politischen Ebenen in der Europäischen Union mehr gerungen werden. Stattdessen kosten der
bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und Diskussionen auf Nebenschau­
plätzen personelle Ressourcen, mediale Aufmerksamkeit und nicht zuletzt politisches Kapital.
  Foto: Grecaud Paul – stock.adobe.com

Wozu es führen kann, wenn die grundsätz­                       der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. 2019      pulisten europäisch integrieren und eine
liche Unterstützung der Bürger für die eu­                     wäre es wichtiger denn je, diesen Trend zu     politisch relevante Fraktion im Europäischen
ropäische Einigung auf stetige europapoli­                     brechen und für eine hohe Beteiligung an       Parlament bilden können – mit fatalen Folgen
tische Abwehrdiskussionen trifft, zeigt die                    den Europawahlen zu sorgen: Denn zum           für die Arbeitsfähigkeit der Volksvertretung.
Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2014:                       ersten Mal erscheint das absurde Szenario
Damals gaben europaweit nur 43,09 Prozent                      realistisch, dass sich Nationalisten und Po­   Nichtbeteiligung kann zu
                                                                                                              unerwünschten Ergebnissen führen
                                                                                                              Immerhin: Dass Nichtbeteiligung mit dem
                                                                                                              Gedanken „Es wird schon werden“ zu uner­
                                         GASTBEITRAG
                                                                                                              wünschten Ergebnissen führen kann, sollten
                                                                                                              seit dem Brexit­Referendum die meisten
           Dr. Linn Selle                                      Kirsten Eink                                   Menschen wissen. Wer den über 70 Jahre
           Präsidentin der                                     Landesgeschäftsführerin                        währenden Friedensprozess schätzt und
           Europäischen Bewegung Deutschland e. V.             Europa-Union NRW e. V.                         ihn fortsetzen möchte, wer die Freizügigkeit
                                                                                                              innerhalb Europas zu reisen, zu arbeiten
           Die Europa-Union ist eine deutschlandweit tätige Nichtregierungsor-                                und zu wohnen beibehalten will, wem die
           ganisation, die seit 1946 für eine weitreichende europäische Integ-                                Gedanken­, Religions­, Meinungs­ und In­
           ration eintritt. Die Mitglieder agieren ehrenamtlich, unabhängig und                               formationsfreiheit viel bedeutet, der muss
           überparteilich. Die Europa-Union ist lokal, regional und national aktiv                            sich engagieren und am 26. Mai für die Zu­
           und vereint unter ihren etwa 18.000 Mitgliedern Vertreter aller gesell-                            kunft Europas stimmen. Unsere Demokra­
           schaftlichen Gruppen. www.europa-union-nrw.de                                                      tie, die Gleichstellung vor dem Gesetz, die
                                                                                                              Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der

05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
EUROPAWAHL 5

Menschenrechte überall in der EU dürfen
                                      Europawahlergebnisse in Deutschland
keiner Gefahr ausgesetzt, sondern müssen                             Wahlbeteiligung 1989 – 2014
                                      Entwicklung von 1979 bis 2014 in Deutschland und Europa
bei dieser Wahl am 26. Mai durch ein klares                          Europawahlergebnisse in Deutschland
Votum für Europa gestärkt werden.                                    Entwicklung von 1989 bis 2014 in Deutschland und Europa
                                                                                          Prozent

Multiplikatoren der                                                                            65
politischen Kommunikation                                                                                                 62,3
                                                                                                                                                                                                        Deutschland          EU Gesamt
                                                                                               60
                                                                                               60,0
Dass nicht nur Parteien, sondern auch ge­                                               58,5
                                                                      55                               56,8
sellschaftliche Organisationen wichtige und
                                                                      50
gewichtige Multiplikatoren der politischen                                                                            49,8
                                                                                                                                                                                                                47,9
Kommunikation sind, lässt sich schon an                               45
                                                                                                              45,2                  45,6
                                                                                                                            43,0                                                           43,3                          43,1
ihrer Reichweite ablesen. Die im Bundestag                            40
                                                                                                                                                                                                     43,0

vertretenen Parteien vereinen zusammen                                35
rund 1,3 Millionen Mitglieder – so viele hat
                                                                      30
allein der Deutsche Feuerwehrverband. Die
                                                                      25
beiden größten Verbände Deutschlands, der
Deutsche Olympische Sportbund und der                                 20

ADAC, bringen es Schätzungen der Deut­                                15

schen Gesellschaft für Verbandsmanage­                               10
ment zufolge gemeinsam auf 43 Millionen
                                                                       5
Mitglieder. Zum Vergleich: Spanien hat
                                                                       0
nur unwesentlich mehr Einwohner. Auch
                                                                                    1989           1994           1999          2004                                                          2009                    2014         Jahre
die Medienmacht ist enorm: Die verkaufte
                                   Quelle: http://www.ergebnisse-wahlen2014.eu/de/turnout.html
Auflage von Spiegel, Stern und FocusLizenz:
                                       beträgt
                                            Creative Commons by-nc-nd/3.0/de
                                                                      Quelle:
                                   Bundeszentrale für politische Bildung,        http://www.ergebnisse-wahlen2014.eu/de/turnout.html
                                                                          2014, www.bpb.de
zusammen aktuell knapp eine Million. Das                              Lizenz Creative Commons by-ny-nd/3.0/de
                                                                      Bundeszentrale für politische Bildung, 2014 , www.bpb.de
Mitgliedermagazin von ver.di hat eine Auf­
lage von 1,86 Millionen.
Gegen Desinformation und Populismus

Wir sind deshalb überzeugt: Verbände kön­                                      Populismus lebt von Verallgemeinerung,                                                         sollte. Oft sorgen schon kleine sprachliche
nen den Europawahlkampf entscheidend                                           Unschärfen, in den Raum gestellten Be­                                                         Verschiebungen, etwa wie der Begriff „EU­
prägen. Eigentlich müssen sie dafür nichts                                     hauptungen. Verbände können dem etwas                                                          Ausländer“, für eine trennende Wahrneh­
anderes tun als im politischen Alltag auch:                                    Wertvolles entgegensetzen: Informationen                                                       mung von „uns“ und „den anderen“, wenn
die Auseinandersetzung suchen und Einfluss                                     aus erster Hand, Beispiele aus der Praxis, mit                                                 es zum Beispiel um Kindergeldansprüche
nehmen. Beides steckt in der politischen                                       Bedeutung für die eigene Zielgruppe. Nicht                                                     von Unionsbürgern geht. Hier helfen Wach­
DNA von Interessengruppen, und beides                                          immer ist Desinformation so plump wie die                                                      samkeit für den Gebrauch der Sprache und
wird 2019 wichtiger denn je sein, um natio­                                    vor dem Brexit­Referendum ins Spiel ge­                                                        ein beherztes Eingreifen, wenn europäische
nalistischen und antiliberalen Kräften Paroli                                  brachten 350 Millionen britischer Pfund pro                                                    Werte sprachlich unter Beschuss stehen.
zu bieten. Konkret bedeutet das: Fakten lie­                                   Woche, die die Regierung statt nach Brüssel
                                                                                                                                                                                                                                           >>
fern und Desinformation bekämpfen.                                             doch besser ins Gesundheitssystem stecken

      30                                                 Anzahl der Sitze der deutschen Parteien im
                      29
                              27                         Europäischen Parlament nach der Europawahl am 25. Mai 2014
      25

                                                         Die Statistik zeigt die Anzahl der Sitze der deutschen Parteien im Europäischen Parlament nach der Europawahl
      20
                                                         am 25. Mai 2014. Die CDU erreichte bei der Europawahl 29 der 96 deutschen Sitze im Europäischen Parlament.
      15
                                                                                                                                                                  Das Europäische Parlament ist das einzige direkt
      10                            11                                                                                                                            gewählte EU-Organ und eine der größten demokrati-
                                                                                                                                                                  schen Versammlungen der Welt. Es besteht ab der
                                               7          7                                                                                                       8. Wahlperiode aus 751 Mitgliedern, die alle fünf Jahre
       5
                                                               5
                                                                     3
                                                                             1                1             1                    1    1        1      1           von den Wahlberechtigten aller Mitgliedstaaten der
       0                                                                                                                                                          Europäischen Union gewählt werden und somit die rund
                     CDU

                              SPD

                                    Grüne

                                            Die Linken

                                                         AfD

                                                               CSU

                                                                     FDP

                                                                           Freie Wähler

                                                                                             Piraten

                                                                                                       Tierschutzpartei

                                                                                                                            NPD

                                                                                                                                     Familie

                                                                                                                                               ÖDP

                                                                                                                                                     Die Partei

                                                                                                                                                                  500 Millionen Bürger der EU vertreten.

      Quelle: Statista 2019

                                                                                                                                                                                     05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
6      SCHWERPUNKT                                                                                                      Sonstige
                                                                                                                          9%
                                                                                                                 FDP
                                                                                                                 11 %
                                                                                                                                   CDU/CSU
                                                                                                             AfD                    30 %
Positionierung auch zu
                                                        besteht, und andererseits, indem sie politi­         11 %
größeren Fragen zulassen
                                                        schen Mandatsträgern (oder denen, die es
„Wirken Sie auf die Abschaffung der Ein­                werden wollen) über die Fachpolitik hinaus           Linke
                                                                                                              7%
stimmigkeit für fiskalische Aspekte hin. [...]          Positionierungen entlocken.                                     Grüne       SPD
Dadurch wird die EU handlungsfähiger und                                                                                19 %        17 %
weniger durch Partikularinteressen einzel­              Selbst zum Ort für
ner Staaten blockiert.“ Dieser Aufruf an Mit­           Auseinandersetzung werden
glieder des Europaparlamentes stammt nicht              „Europa ist auch Ihr Bier“ – so warb der
etwa aus der Feder ultra­föderalistischer               Deutsche Brauerbund 2014 für eine hohe           Welche Partei würden Sie wählen,
Jubeleuropäer, sondern aus dem umweltpo­                Beteiligung an der Europawahl unter seinen       wenn am kommenden Sonntag
litischen Forderungskatalog des Deutschen               Mitgliedern. Gesellschaftlichen Organisati­      (7. April 2019) Europawahl wäre?
Naturschutzrings. Verbände besitzen eine                onen sollte daran gelegen sein, dass ihre
große Expertise in ihrem fachpolitischen                Mitglieder wählen gehen und dass sie ihr         Diese Grafik zeigt das Ergebnis der
Bereich, aber auch berechtigte Interessen               Kreuz an einer bestimmten Stelle im partei­      Sonntagsfrage zur Europawahl, durch-
darüber hinaus – zum Beispiel an transpa­               politischen Spektrum machen: genau dort,         geführt von Infratest dimap. 30 Prozent
renten und nachvollziehbaren Entschei­                  wo ein oder eine Abgeordnete in spe mög­         der Befragten hätten zum Zeitpunkt der
dungsprozessen oder fairen Bedingungen für              lichst glaubhaft und nachhaltig versichert,      Erhebung die CDU/CSU gewählt, wenn
Partizipation auf europäischer Ebene. Wenn              eben diese Interessen zu vertreten. Verbän­      am nächsten Sonntag (07. April 2019)
diese Interessen nicht im Europawahlkampf               de können damit auch selbst zu Orten wer­        Europawahl wäre. Die Grünen kämen auf
eingebracht werden können, wann dann?                   den, an denen Europawahlkampf stattfindet        19 Prozent der Stimmen. Als Sonntags-
Verbände können so die politische Ausei­                und wo politische Alternativen zu Themen         frage (auch Wahlabsichtsfrage) wird die

                                                                                                                                                                 Quelle: Statista 2019
nandersetzung vor der Europawahl im dop­                deutlich werden, die nahe an den eigenen         Frage nach der aktuellen Wahlabsicht
pelten Sinne fördern: einerseits, indem sie             Mitgliedern sind.                                bezeichnet. Sie wird als Grundlage zur
ihren Mitgliedern jenseits des eigenen Tel­                                                              Berechnung der aktuellen Wahlmeinung
lerrandes aufzeigen, wo europapolitischer                                                                verwendet.
Regulierungs­ oder Modernisierungsbedarf

    INTERVIEW MIT >> Dr. Özgür Öner, Europabüro – Interessenvertretung in Brüssel – Leiter des Brüsseler Büros

    „Die EU-Gesetzgebung hat einen großen

                                                                                                                                              Foto: Anke Jacob
    Einfluss auf die Wohnungswirtschaft“
    Dr. Özgür Öner leitet seit 2010 das Brüsseler Europabüro des
    GdW Bundesverbands deutscher Wohnungs­ und Immobilien­
    unternehmen. In Brüssel arbeitet er bereits seit 20 Jahren, u. a.
    im Europäischen Parlament und im Europaministerium von
    Nordrhein­Westfalen, und baute zudem die Europavertretung
    des Paritätischen Wohlfahrtsverbands auf.

    VM: Dr. Öner, warum ist die EU für die              hat der GdW den Auftrag, Politik dort zu be­   schaft ihrer Mitgliedstaaten – allen voran
    Wohnungswirtschaft überhaupt rele-                  raten, wo diese ihren Ursprung hat: Auf der    wirkt sich z. B. die Energie­ und Umwelt­
    vant? Welchen Einfluss hat sie?                     Ebene der Bundesländer durch seine Regio­      politik mit ihren Vorgaben für nachhaltige
                                                        nalverbände, auf der Bundesebene in Berlin     Gebäude oder energieeffizientes Heizen
    Dr. Özgür Öner: Der GdW, der größte                 und für die europäische Ebene in Brüssel.      auf die Immobilienwirtschaft aus.
    deutsche Branchendachverband, vertritt
    rd. 3.000 kommunale, genossenschaft­                Die EU hat zwar in Sachen Wohnungsbau          Sind Gesetze in Brüssel erst einmal be­
    liche, kirchliche, privatwirtschaftliche,           und Wohnungswirtschaft keine direkte Kom­      schlossen, müssen die Mitgliedstaaten der
    landes­ und bundeseigene Wohnungsun­                petenz, das heißt, dass die Gesetzgebung in    EU diese national umsetzen, wie sie sind.
    ternehmen. Sie bewirtschaften rd. sechs             diesem Bereich Sache der Mitgliedstaaten       Uns ist es deswegen wichtig, die Diskus­
    Millionen Wohnungen, in denen mehr als              ist. Trotzdem hat die EU­Gesetzgebung ei­      sionen im Vorfeld des Gesetzesentwurfs
    13 Millionen Menschen wohnen. Darum                 nen großen Einfluss auf die Wohnungswirt­      vor Ort zu begleiten – denn nach der Ent­

05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
EUROPAWAHL 7

scheidung kann man national nur noch
wenig bewegen. Deswegen hat der GdW
nun schon seit 19 Jahren ein Europabüro
in Brüssel. Wir vertreten den Standpunkt
unserer Mitglieder zu verschiedenen
Entwürfen und Vorschlägen. Der Fokus
unserer Arbeit liegt dabei auf Energie­,
Finanz­, Beihilfe­ sowie Umweltthemen
und spiegelt die für die Wohnungswirt­
schaft relevanten aktuellen europäischen
Gesetzesvorhaben wider.

VM: Was sind die wichtigsten Verord-
nungen und Richtlinien der EU, die
Auswirkungen auf die Wohnungswirt-
                                                Foto: finecki – stock.adobe.com

schaft haben?

Dr. Özgür Öner: Derzeit steht die Im­
plementierung der im vergangenen Jahr
revidierten EU­Richtlinien zur Energie­
effizienz (EED), Gebäude (EPBD) und
Erneuerbare Energien (RED) an, die sich
mit Vorgaben zu Sanierung, unterjährigen
Verbrauchsinformationen und dezentra­
ler Energieerzeugung auf die Wohnungs­         als „priority premises“ zu definieren und         da nicht. Z. B. wird der
wirtschaft auswirken.                          somit weiter gehende Prüf­ und Gutach­            soziale Wohnungsbau
                                               tenvorschriften den Wohnungsunterneh­             in den europäischen
Bei der Energieeffizienz­Richtlinie haben      men aufzuerlegen. In den Beratungen im            Ländern ganz unter­
wir eine verpflichtende energetische Sa­       Europäischen Parlament hat der GdW die            schiedlich organisiert.
nierungsquote von drei Prozent jährlich        Abgeordneten überzeugen können, die Vor­          In Deutschland ist es
für unsere öffentlichen Wohnungsunter­         schriften nicht auf Wohnungsunternehmen           typisch, dass geförder­
nehmen abwenden können. Die in der             anzuwenden. Jedoch ist die Position der           ter und nicht geförderter Wohnungsbau
Gebäude­Richtlinie im Rahmen der Elek­         Mitgliedstaaten noch offen.                       im selben Gebäude und in derselben Qua­
tromobilität vorgesehene verpflichtende                                                          lität stattfinden, das ist nicht auf das übrige
Vorverkabelung für Parkplätze unserer          Last but not least: Die Menschen in Europa        Europa übertragbar.
Mitgliedsunternehmen haben wir in eine         wählen am 26. Mai 2019 ein neues Parlament
Vorgabe für die Verlegung von Leerroh­         und auch einen neuen Kommissionspräsi­            Auch was die Branchenthemen angeht,
ren bei der Erschließung von Parkplätzen       denten. Für die deutsche Wohnungswirt­            gibt es Unterschiede – während wir in
im Neubau oder bei weitreichenden Sa­          schaft ist der Ausgang der Europawahlen           Nord­ und Westeuropa die „Luxusdiskus­
nierungsarbeiten in Tiefgaragen ändern         wichtig, da die europapolitische Perspektive      sion“ der Digitalisierung führen, haben rd.
können. In der Erneuerbare­Energien­           auf Wohnungsunternehmen und die Anfor­            ein Fünftel der Wohnungen in Rumänien
Richtline wird die Rolle der Wohngebäu­        derungen an den Gebäudebestand und die            noch keinen Wasseranschluss. Ein ver­
de für die dezentrale Energieerzeugung         zukünftige Klimapolitik von großer Bedeu­         bindendes Element der Mitgliedstaaten
anerkannt und die Mitgliedstaaten wer­         tung für unsere Mitgliedsunternehmen sind.        ist aber z. B. unser europäischer Dachver­
den aufgefordert, nicht durch zusätzliche                                                        band Housing Europe, wo 24 europäische
Gebühren die Ausweitung regenerativer          VM: Bei den Mitgliedstaaten der EU treffen        Staaten vertreten sind und in dem wir
Energieerzeugung zu behindern.                 unterschiedliche Strukturen und Rahmen-           gemeinsam das Ziel nach bezahlbarem
                                               bedingungen des Wohnungsmarktes                   Wohnraum verfolgen. Unserer gemeinsa­
Darüber hinaus sind einige neue Gesetze        aufeinander. Welche Gemeinsamkeiten               men politischen Arbeit mit unseren euro­
in Arbeit, etwa die Trinkwasser­Richtlinie,    und Unterschiede sind erkennbar?                  päischen Partnern und unseren Initiativen
die gerade aktualisiert wird und sich zwar                                                       in Housing Europe ist es zu verdanken,
primär an Wasserversorger richtet, aber        Dr. Özgür Öner: Bei noch 28 Mitgliedstaaten       dass die EU­Union durch die Europäische
auch die Wohnungswirtschaft betrifft.          treffen in der Tat auch 28 unterschiedliche       Investitionsbank (EIB) die energetische
Das Ziel der EU ist es, die Qualität der öf­   Systeme aufeinander. Das betrifft sowohl          Sanierung von Wohngebäuden fördert.
fentlichen Wasserversorgung zu steigern.       die Struktur der Wohnungswirtschaft und           Dies wird in der neuen Finanzperiode
Hier steht es im Raum, die Wohngebäude         die Gesetzgebung als auch die Praxis im           2021 – 2027 durch das Programm InvestEU
mit Krankenhäusern und Altersheimen            Vermietungsalltag – „one size fits all“ gibt es   fortgeführt werden.

                                                                                                        05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
8       SCHWERPUNKT

GEMEINSAME ZIELE – UNTERSCHIEDLICHE SYSTEME

Sozialer Wohnungsbau im Ländervergleich

D
          erzeit zählt die EU mit Großbri­
          tannien 28 Mitgliedsstaaten. Viele                                               Österreich
          Branchenthemen werden von den
                                                                                           • Einwohner: 8,8 Millionen
Ländern unterschiedlich diskutiert bzw. die
                                                                                           • Bevölkerungsdichte: 106,8/km2
Voraussetzungen für die Umsetzung sind dif­
                                                                                           • BIP pro Kopf: 38.000 €
ferent. So kümmern wir uns in Deutschland
                                                                                           • Wohneigentumsquote: 55 %
um Digitalisierungsthemen, Building Infor­
                                                                                           • Wohnungswirtschaftliche Dachorganisation:
mation Modeling und viele weitere Themen,
                                                                                             GBV (Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereini­
während in manchen Ländern noch nicht
                                                                                             gungen mit 99 Genossenschaften, 81 Gesellschaften mit
jedes Haus mit einem Wasseranschluss aus­
                                                                                             beschränkter Haftung und 10 Aktiengesellschaften)
gestattet ist. Die Schaffung von bezahlbarem
Wohnraum ist sicherlich ein verbindendes
Ziel der Mitgliedsstaaten, auch wenn un­
terschiedliche Systeme, Strukturen oder
Gesetzgebungen aufeinandertreffen. Ein
Blick in die Nachbarländer kann neue Ideen
und Ansätze bringen, die unterschiedlichen
Rahmenbedingungen müssen dabei aber
bedacht werden. Denn „Birnen mit Äpfel“
sollten nie miteinander verglichen werden.                                Im Detail: Rd. ein Prozent der österreichi­                         fördern, müssten mindestens 18,6 Milliarden
Am Beispiel der Sozialen Wohnraumför­                                     schen Lohnsteuer fließt in den Wohnungs­                            Euro investiert werden. Zum Vergleich: Die
derung im Ländervergleich Deutschland­                                    bau. Insgesamt hat Österreich im Jahr 2017                          Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag
Österreich­Frankreich­Niederlande wird                                    1,98 Milliarden Euro in die Soziale Wohn­                           betrugen im Jahr 2017 rd. 18 Milliarden Euro.
dies deutlich.                                                            raumförderung investiert, was 0,5 Prozent
                                                                          des Bruttoinlandsprodukts (BIP) darstellt                           Frankreich
Österreich                                                                (369,9 Milliarden Euro). Pro Einwohner                              Auch in Frankreich ziehen die Menschen
„Wenn es um die Schaffung von bezahlba­                                   werden somit 224,7 Euro in die Wohnraum­                            vom Land und den Randgebieten immer
rem Wohnraum geht, sollte sich Deutsch­                                   förderung investiert. Soziale Wohnungs­                             stärker in die Städte. Die Immobilienpreise
land Wien zum Vorbild nehmen.“ Diesen                                     politik hat in Österreich Tradition – und in                        steigen stetig und eine bezahlbare Woh­
Satz haben wir schon in zahlreichen woh­                                  Deutschland?                                                        nung zu finden, ist für viele Menschen eine
nungspolitischen Diskussionen gehört. Von                                                                                                     Herausforderung. Mehr als zwei Millionen
den rd. 10.000 Neubauwohnungen sind                                       In Deutschland wurde im Vergleichszeit­                             Antragsteller warten auf eine geförderte
etwa 70 Prozent Sozialwohnungen. Rd. 60                                   raum ungefähr die gleiche Summe der Bun­                            Wohnung, rd. zehn Prozent sind es alleine
Prozent aller Mietwohnungen gehören der                                   desländer (1,97 Milliarden Euro) investiert,                        in Paris. In Frankreich gibt es rd. 700 gemein­
Stadt Wien oder werden von gemeinnützigen                                 was aber lediglich 0,06 Prozent des BIPs                            nützige soziale Wohnungsunternehmen, die
Wohnbauträgern verwaltet. So sorgt Wien                                   darstellt und einer Förderung von 23,8 Euro/                        mit rd. fünf Millionen Wohneinheiten elf
dafür, dass ein ausreichendes Angebot von                                 Einwohner entspricht. Wollte man den Woh­                           Millionen Mietern (rd. 17 Prozent der Be­
bezahlbarem Wohnraum in der Metropole                                     nungsbau in Deutschland wie in Österreich                           völkerung) ein Zuhause geben. Die gemein­
vorhanden ist.                                                                                                                                nützigen Wohnungsunternehmen dürfen
                                                                                                                                              ihre Gewinne nur in soziale Maßnahmen wie
                                                                                                                                              dem Bau von Kindergärten investieren. Die
                                                                                                                                              sozialen Wohnungsunternehmen profitieren
                           Soziale                              Wohnungsbauförderung                       1 % des Einkommens                 von staatlichen Zuschüssen, Steuerbefrei­
                           Wohnraumförderung                    je Einwohner                                                                  ungen sowie einem reduzierten Mehrwert­
                                                                                                                                              steuersatz und unterliegen der Kontrolle
 Deutschland               1,97 Mrd. €                          23,8 €/Einwohner                           13,7 Mrd. € 1
                                                                                                                                              durch die öffentliche Hand. Mit dem Ziel, die
                           0,06 % des BIP*
                                                                                                                                              Staatsverschuldung zu senken, wurden 2018
 Österreich                1,98 Mrd. €                          224,7 €/Einwohner                          1,1 Mrd. € 2                       neue Haushaltsregelungen und ein neues
                           0,5 % des BIP**                                                                                                    Wohnungsbaugesetz verabschiedet. So wur­
                                                                                                                                              de beispielsweise der reduzierte Mehrwert­
* Gesamtes Volumen 2017 der Wohnraumförderung von Bund und Ländern (Zinssubvention und Zuschüsse): 1,96684 Mrd. €, BIP 2017: 3.263,4 Mrd. €
** Wohnbauförderung 2017: 1,982 Mrd. € (Objektförderung Sanierung und Neubau), BIP 2017: 369,9 Mrd. €
                                                                                                                                              steuersatz von 5,5 Prozent auf zehn Prozent
1
  Bruttolöhne: 1.369,5 Mrd. € in Deutschland insgesamt (VGR 2017, ohne Sozialbeiträge des Arbeitgebers)                                       reduziert, was für die Wohnungsunterneh­
2
  Rund 1,1 Mrd. € Wohnungsbauförderungsbeitrag in Österreich – überwiegend aus dem 1952 eingeführten „Wohnbauförderungsbeitrag“,
1 % der Lohn- bzw. Gehaltssumme, jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen.
                                                                                                                                              men eine Mehrbelastung von 700 Millionen
Quelle: GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.

05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
EUROPAWAHL                                                                                              9

 entspricht. Für das Jahr 2018 wurden die
 Mieten eingefroren – der Verlust der Mehr­                                     Niederlande
 einnahmen wird für 2020 auf 180 Millionen
                                                                                • Einwohner: 17,2 Millionen
 Euro geschätzt. Das Wohnungsbaugesetz
                                                                                • Bevölkerungsdichte: 501,1/km2
 schreibt zudem eine Mindestgrenze von
                                                                                • BIP pro Kopf: 41.600 €
 12.000 Wohneinheiten pro Organisation vor.
                                                                                • Wohneigentumsquote: 69 %
 Die Wohnungswirtschaft in Frankreich steht
                                                                                • Wohnungswirtschaftliche
 nun vor großen Herausforderungen. Ob die
                                                                                  Dachorganisation:
 Neuausrichtung des Sozialen Wohnungs­
                                                                                  AEDES (Aedes vereniging van
 baus in Frankreich positive Auswirkungen
                                                                                  woningcorporaties)
 hat, wird sich zeigen.

 Niederlande
 Der Mietwohnungsmarkt in den Nieder­
 landen ist von den rd. 400 gemeinnützigen
 Wohnungsbaugesellschaften geprägt, die
 rd. 2,4 Millionen Wohneinheiten bewirt­
 schaften und verwalten. Dies entspricht rd.
 31 Prozent aller Wohnungen überhaupt.
 Auch in den Niederlanden gibt es seit 2015
 eine Neuausrichtung der Wohnungspolitik                           sorgung für breite Schichten der Bevölke­      Bürger sowie sozial schwächere Gruppen
 mit gesetzlichen Verschärfungen und Re­                           rung“ weiter verfolgen darf und diese nicht,   einschränkte. Die Bestimmung stieß in den
 glementierungen. Hintergrund ist, dass zu­                        wie es die EU­Kommission gefordert hat, auf    Niederlanden auf großen Protest, da die nie­
 vor die „schwarzen Schafe“ der Wohnungs­                          benachteiligte Bürger sowie sozial schwäche­   derländische Wohnungsbaupolitik bis dahin
 baugesellschaften und ­genossenschaften                           re Gruppen einschränken muss. Zum              eine Wohnraumversorgung für breite Schich­
 Millionen bei Immobilienprojekten und                             Hintergrund: Die niederländischen Woh­         ten der Bevölkerung vorsah und auf die Ent­
 fragwürdigen Investitionen in Finanzderiva­                       nungsunternehmen, vertreten durch ihren        scheidung der EU­Kommission hin ein Ein­
 te verloren haben und dabei den Fokus ihrer                       Wohnungsbauverband AEDES, hatten die           kommenslimit für die Vergabe von
 Haupttätigkeit scheinbar abfanden. Entspre­                       EU­Kommission verklagt, dass sie mit der       Sozialwohnungen von 33.400 Euro Haus­
 chend hat die niederländische Regierung                           DAWI­Bestimmung (Dienstleistungen von          haltseinkommen im Jahr festgelegt wurde.
 Gesetzesänderungen vorgenommen und                                Allgemeinem Wirtschaftlichem Interesse)        Für die deutsche Wohnungswirtschaft ist das
 die Überwachung der Wohnungsbaugesell­                            von 2009 ihre Kompetenz überschritten habe,    finale Urteil von großer Bedeutung, da der
 schaften verstärkt.                                               indem sie eine europäische Definition des      Fall klärt, wo die Kompetenzen für die Gestal­
                                                                   sozialen Wohnungsbaus in den Niederlan­        tung der Wohnraumversorgung in den Mit­
 Jüngste gesetzliche Entwicklungen sind, dass                      den einführte und somit den Zugang zu sozi­    gliedstaaten und damit der Daseinsvorsor­
 die Niederlande ihre Politik „Wohnraumver­                        alem Wohnungsbau auf benachteiligte            geaufgaben liegen. Investitionen der
                                                                                                                  Mitgliedstaaten in den sozialen Wohnungs­
                                                                                                                  bau sind generell von der Beihilfenotifizie­
                                                                                                                  rung der EU ausgenommen und werden da­
                                                                                                                  mit nicht als Beihilfen angesehen. Von dieser
                                                                                                                  Regelung profitieren die Bundesländer in
                                                                                                                  Deutschland, da die Landeswohnraumför­
                                                                                                                  derprogramme unter die Ausnahme der
                                                                                                                  Beihilfenotifizierung fallen, erläutert der
                                                                                                                  GdW Bundesverband. Durch das aktuelle
                                                                                                                  Urteil der europäischen Richter wird nun
                                                                                                                  bestätigt, dass die Mitgliedstaaten andere
                                           Frankreich                                                             Kriterien als die des Einkommens für die
                                           • Einwohner: 67 Millionen                                              Zielgruppe des sozialen und geförderten
                                           • Bevölkerungsdichte: 105,5/km2                                        Wohnungsbaus verwenden können. Für
Quelle Steckbriefe : eurostat + destatis

des Vorsitzenden Paris Habitat, DW

                                           • BIP pro Kopf: 32.900 €                                               Deutschland bedeutet dies, dass auch weiter­
FRankreich: Bertrand Bret, Berater

                                           • Wohneigentumsquote: 64,9 %                                           hin durch geförderten Wohnungsbau eine
                                           • Dachorganisation der sozialen                                        ökonomisch, sozial und ökologisch nachhal­
                                             Wohnungsbauunternehmen:                                              tige Stadtentwicklung mit sozial durchmisch­
                                             USH Union Sociale pour l’Habitat                                     ten Quartieren möglich ist. Für die europäi­
1/2019, S. 48 – 52

                                                                                                                  schen Mitgliedstaaten, in denen bezahlbarer
                                                                                                                  Wohnraum für breite Schichten der Bevölke­
                                                                                                                  rung ein politisches Primat bildet, ist dieses
                                                                                                                  Urteil eine Bestätigung ihrer Politik.   LW

                                                                                                                        05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
10       SCHWERPUNKT

Die Wohnungswirtschaft ist auch in Europa gut vernetzt
EUROPÄISCHE NETZWERKARBEIT >> Vor den Herausforderungen des demografischen Wandels, der digi­
talen Transformation, der Schaffung von bezahlbarem, klimabewusstem Wohnraum stehen alle
Wohnungsunternehmen und ­genossenschaften in der EU. Über den eigenen Tellerrand zu sehen
und Best­Practice zu teilen, kann helfen eigene Lösungsansätze zu entwickeln. Das ist die Idee von
europäischen Netzwerken wie dem Europäischen Tisch. Möchte man die Rahmenbedingungen
für die Wohnungs­ und Immobilienwirtschaft in den EU­Ländern verbessern, braucht man eine
starke gemeinsame Stimme, die in Brüssel spricht. So vertritt der europäische Dachverband Housing
Europe 24 Länder, die zwar unterschiedliche Rahmenbedingungen und Fördersysteme haben, aber
sich gemeinsame Ziele wie „bezahlbares Wohnen“ gesetzt haben. Im Folgenden werden exempla­
risch europäische Netzwerke vorgestellt.

    Housing Europe –                                                         European Federation for Living (EFL)
    Europas Zukunft fängt zu Hause an                                        „Die EFL (European
    Housing Europe ist der europäische                                       Federation for Living)
    Verband der öffentlichen, genossen-                                      ist das am schnellsten
    schaftlichen und sozialen Wohnungs-                                      wachsende europä-
    wirtschaft. Gegründet im Jahr 1988,                                      ische Netzwerk von
    ist Housing Europe ein Netzwerk,                                         Wohnungsunterneh-
    in dem 45 nationale und regionale                                        men, Universitäten und gewerblichen Unternehmen in der Wertschöp-
    Verbänden zusammengeschlossen                                            fungskette von Wohnungsbau. Mit derzeit rd. 65 verbundenen Organi-
    sind, die zusammen über 43.000                                           sationen in 15 Ländern, die mehr als 1,2 Millionen Haushalte in Europa
    öffentliche, soziale und genossen-                                       abdecken, kann die Gruppe ihren Mitgliedern einen klaren Mehrwert
    schaftliche Wohnungsunternehmen                                          bieten“, betont Joost Nieuwenhuijzen, Verbandsdirektor der EFL.
    in 24 Ländern repräsentieren. Auch
    der GdW Bundesverband ist in der                                         „Das Hauptziel von EFL ist, dass unsere Mitglieder und assoziierten
    Mitgliedsorganisation vertreten. Insgesamt verwalten die Wohnungs-       Partner voneinander lernen. Die EFL verfügt über ein breites Portfolio
    unternehmen über 26 Millionen Wohnungen und damit etwa elf Prozent       an Möglichkeiten, diesen Austauschprozess in Gang zu setzen. Am
    der vorhandenen Wohnungen in Europa. Der Hauptsitz von Housing           wichtigsten sind unsere zweijährlichen Konferenzen, die in ganz Europa
    Europe ist in Brüssel und von dort aus steuert Housing Europe die täg-   stattfinden. Die EFL behandelt die Hauptthemen im Wohnungswesen
    liche Arbeit rund um fünf Hauptthemen. Die Kernthemen sind Energie,      und bietet hochkarätige Experten für die Konferenz als Redner. Darüber
    Stadt, Soziales, Finanzen und Forschung. Diese Schwerpunkte spiegeln     hinaus leiten wir Arbeitsgruppen, Workshops, initiieren europäisch ge-
    sich auch in den vielfältigen Arbeitsgruppen von Housing Europe wider.   förderte Projekte, veranstalten eine Sommerschule zusammen mit EBZ
    Der Verband vertritt zudem die Interessen seiner Mitglieder gegenüber    und Housing Europe für junge Wohnungsfachleute und organisieren
    der Politik, fördert den Wissensaustausch und die Vernetzung. Aber       einen jährlichen Studienbesuch in einer europäischen Stadt. In 2020
    auch die Forschung wird durch das Housing Europe Observatorium           kommt dazu einen Executive Course für das Senior Management in
    vorangetrieben.                                                          Paris (in Zusammenarbeit mit der Science Po, einer Top-Universität in
                                                                             Frankreich).“
    Am Jahresanfang 2019 veröffentlichte Housing Europe sein Positions-
    papier für die Europawahlen 2019 und startete eine eigene Kampagne       Inspiration, Innovation und grenzüberschreitendes Lernen sind für EFL
    unter dem Titel „Europas Zukunft fängt zu Hause an“. Das Manifest        von entscheidender Bedeutung. EFL freut sich, neue Mitglieder aus
    argumentiert, warum Investitionen in den öffentlichen, kooperativen      Europa aufzunehmen, die innovativ und neugierig sind. Zu den Schlüs-
    und sozialen Wohnungsbau ein vielfältiger Gewinn für Europa sind.        selthemen des Jahres 2019 gehören Digitalisierung, Investitionen in
    Das Positionspapier verdeutlicht unter anderem die Wohnraumheraus-       soziale Auswirkungen (Social Impact Investments), Verbesserung der
    forderungen in Europa, das Angebot der Wohnungsanbieter, aber auch       Nachbarschaft, Smart Homes und nachhaltiges Bauen. Die EFL wurde
    die Wohnungsnot in der EU nach 2020. Es werden zudem konkrete Lö-        2007 in Zusammenarbeit mit niederländischen und deutschen Woh-
    sungsvorschläge vorgestellt. Das Manifest ist unter www.housing4all.     nungsunternehmen gegründet. Deutsche Gründungsmitglieder sind THS

                                                                             –
    eu abrufbar. (Anmerkung: Das GdW-Europapositionspapier 2019-2024         (heute VIVAWEST) und die Joseph Stiftung aus Bamberg.
    wird auf Seite 12 thematisiert.)
                                                                                 Weitere Informationen www.ef-l.eu

05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
EUROPAWAHL 11

Europäischer Tisch –                                                               Die Initiative Wohnungswirtschaft
European Table of Housing Corporations                                             Osteuropa (IWO) e. V.
                                                                                   Von den meisten deutschen
                                                                                   Flughäfen dauert der Di-
                                                                                   rektflug nach Warschau
                                                                                   oder Kiew nicht viel länger
                                                                                   als nach Paris oder Madrid.
                                                                                   Dennoch erscheint Osteuropa
                                                                                   vielen weit weg. Auch der
Wohnungswirtschaftliche Herausforderungen kennen keine europäi-                    wohnungspolitische Dialog
schen Grenzen, deshalb sollten wir uns mit unseren Nachbarländern                  in Deutschland und der EU
vernetzen, Erfahrungen und Best-Practice-Lösungen austauschen. Das                 bezieht Osteuropa nur am
ist die Grundidee des Europäischen Tisches, der bereits vor 28 Jahren              Rande ein. „Gleichwohl lie-
vom VdW Rheinland Westfalen und dem niederländischen Verband                       gen im dortigen Gebäudebestand – geprägt durch industrielle Bauweise
aedes vereiniging van woningcorporaties sowie von Wohnungsunter-                   und veraltete Hausinfrastruktur aus Zeiten der Sowjetunion – sehr
nehmen gegründet wurde. Im Zusammenhang mit der Schaffung des                      große Potenziale für Energieeffizienz und Klimaschutz“, betont Klaus
Europäischen Binnenmarktes sollte dokumentiert werden, dass nicht nur              Leuchtmann, Vorstandsvorsitzender des EBZ und zugleich der Initiative
die Wirtschaftsräume, sondern auch die Wohnungsmärkte in den Grenz-                Wohnungswirtschaft Osteuropa (IWO) e. V. Der gemeinnützige Verein
regionen zusammenwachsen. Der Europäische Tisch war von Beginn an                  wurde 2001 auf Initiative des damaligen Bundesbauministeriums
auf die Grenzregion Belgien, Deutschland, Luxemburg und Niederlande                gegründet, um dem bis heute dringenden Handlungsbedarf bei der
ausgelegt. Seit 1991 haben mittlerweile mehr als 55 Zusammenkünfte                 Modernisierung der Wohngebäude in Osteuropa nachzukommen.
von Wohnungsunternehmen aus den vier Ländern stattgefunden, in                     Seither befasst sich IWO im Rahmen unterschiedlicher Projekte mit der
denen ein reger Erfahrungsaustausch praktiziert wird. Manfred Krause,              nachhaltigen Transformation des Wohnungs- und Gebäudewesens in
Vorstandsmitglied des Spar- und Bauvereins Solingen eG und Mitglied                und jenseits der östlichen EU. Ein wesentliches Anliegen dieser Arbeit
des Europäischen Tisches, reflektiert: „Es ist wichtig, über den „Gar-             ist die Verstetigung des Dialogs zwischen Akteuren und Experten aus
tenzaun“ in andere Länder zu schauen. So kann man erfahren, wie                    West- und Osteuropa und der Austausch guter Praktiken und Erfahrun-
mit dem Menschenrecht auf Wohnen umgegangen wird und wie sozial                    gen. In der IWO engagieren sich derzeit 25 Mitglieder aus der Bau- und

–
engagierte Wohnungsunternehmen sich besser aufstellen können.“                     Wohnungswirtschaft, von politischen und zivilgesellschaftlichen Institu-
                                                                                   tionen aktiv für die Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen

                                                                                   –
    Haben Sie Interesse, im Europäischen Tisch mitzuarbeiten                       und des Klimaschutzes in der osteuropäischen Region.
    und Teil des Netzwerkes zu werden? Erfahren Sie mehr auf
    www.europaischertisch.de                                                           Erfahren Sie mehr auf www.iwoev.org

Eurhonet – European Housing Network
40 Wohnungsunternehmen aus Frankreich, Deutschland, Italien, Schweden, Österreich und Großbritannien
bilden das Netzwerk Eurhonet. Sie alle stehen im Eigentum der „öffentlichen Hand“ und helfen benachteiligten
Haushalten durch Bereitstellung von qualitativ hochwertigem und bezahlbarem Wohnraum. Mit 12.000 Ange-
stellten verwalten sie über eine Million Wohnungen und geben damit 2,3 Millionen Menschen ein Zuhause.

In vier thematischen Arbeitsgruppen tauschen sich die Mitglieder zu Digitalisierung, nachhaltigem Woh-
                                                                                                                 EURHONET
                                                                                                                                European
nungsbau, sozialer Integration und den Auswirkungen des demografischen Wandels kontinuierlich aus. Dieser
                                                                                                                                 Housing
Erfahrungsaustausch, Best-Practice-Beispiele und gemeinsame europäische Forschungsprojekte bilden das
                                                                                                                                Network
Herzstück des Netzwerks. Daneben gibt es zahlreiche Angebote für die Mitarbeiter der Unternehmen, wie ein
europäisches Austauschprogramm, spezielle Fortbildungsangebote für Nachwuchsführungskräfte und eine
jährliche Tagung für Geschäftsführer. All diese Aktivitäten werden vom Sekretariat, dessen Sitz in Brüssel liegt, betreut.

„Eurhonet bietet unseren Wohnungsunternehmen die Möglichkeit, über Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten und voneinander zu lernen. Gemeinsam
finden wir neue, innovative Wege, die Dienstleistungen für unsere Mieter zu optimieren und unsere Unternehmen weiterzuentwickeln“, so Jon Lord,

–
Geschäftsführer von Bolton at Home Ltd. und amtierender Eurhonet Präsident.

    Weitere Informationen unter www.eurhonet.eu

                                                                                                                   05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
12       SCHWERPUNKT

WENIGER REGULIERUNGEN, MEHR SPIELRÄUME

Position zur Europawahl 2019
Um die Interessen der Wohnungs- und Im-                 Technik, Normung, Umwelt-,
mobilienwirtschaft auch im europäischen                 Energie- und Klimapolitik
Wahlkampf geltend zu machen, hat die                    Vor dem Hintergrund des Klimawandels
Wohnungswirtschaft in Deutschland ein                   und den damit verbundenen Umstruktu­
Positionspapier zur Europawahl zusam-                   rierungen in Wirtschaft und Gesellschaft ist
mengestellt. Im Folgenden sind die wich-                für die EU der Energieverbrauch des Ge-
tigsten Punkte zusammengefasst.                         bäudebestands in den Blickpunkt gerückt.
                                                        Dabei muss aus Sicht des GdW sowohl die
Regionalpolitik und Stadtentwicklung                    Verlässlichkeit und Planungssicherheit als     Wohnungsunternehmen in den Genuss der
Im Kontext einer allgemeinen Strukturpo-                auch die Wirtschaftlichkeit für Unternehmen    Förderung kommen können.
litik weist der GdW daraufhin, dass ange­               weiterhin gewahrt werden, was mit weiteren
sichts des demografischen Wandels und der               energietechnischen Regularien nur schwer       Des Weiteren erwähnt der GdW den direkten
ökonomischen Strukturkrise der strukturelle             zu vereinbaren ist.                            Einfluss von Finanzmarktregulierungen
Wohnungsleerstand zu einem immer grö­                                                                  auf GdW­Mitgliedsunternehmen. Gleichzei­
ßeren Handlungsfeld wird. Der Fokus liegt               Für den Gebäudesektor zeichnet sich ein        tig spricht sich der GdW für eine Ausweitung
dabei auf den Großsiedlungen der 1950er­,               Paradigmawechsel ab. Nachdem viele Re­         der Regularien ebenfalls für die kapitalsu­
1960er­ und 1970er­Jahre, da diese Wohnge­              gelungen im Bereich der Energieeffizienz       chenden Unternehmen aus und die Festle­
biete vielerorts ganze Stadtteile ausmachen.            getroffen wurden, steht nun die Lebenszyk­     gung der Leverage Ratio als Meldekennziffer.
                                                        lusbetrachtung von Gebäuden im Fokus. Im
Die Kohäsionspolitik der EU befasst sich                Kontext einer Kreislaufwirtschaft und der      Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus
aktiv mit der Förderung des Zusammen­                   Lebenszyklusbetrachtung auch von Im­           wird in der EU nicht als Beihilfe angese­
wachsens der einzelnen Mitglieder und de­               mobilien fordert der GdW die Beachtung der     hen und ist somit von der Beihilfenotifizie­
ren Regionen. In Deutschland sind dafür                 bereits auf nationaler Ebene umgesetzten       rungspflicht ausgenommen. Aus Sicht der
derzeit der Europäische Fond für regionale              Anstrengungen und plädiert für eine Tech­      deutschen Immobilienwirtschaft sollte die
Entwicklung (EFRE) sowie der Europäische                nikoffenheit sowie für die Innovationskraft    Befreiung weiter beibehalten und langfristig
Sozialfonds (ESF) verfügbar. In diesem Zu­              des freien Marktes unter Berücksichtigung      garantiert werden.
sammenhang fordert der GdW besonderes                   von Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz.
Augenmerk auf quartiersbezogene, innovati­                                                             2016 hat die EU Richtlinienvorschläge für eine
ve Maßnahmen aus verschiedenen Sektoren.                Die sog. Ökodesign­Richtlinie legt EU­weite    „Gemeinsame Körperschaftssteuerbemes­
                                                        Mindeststandards energieverbrauchsre­          sungsgrundlage“ und die „Gemeinsame kon-
Auch für die Zukunft sieht die europäische              levanter Produkte fest. In diesem Zusam­       solidierte Körperschaftssteuerbemessungs-
Kommission eine Förderung der sozialen                  menhang betont die Wohnungswirtschaft          grundlage“ erarbeitet. Der GdW begrüßt eine
Infrastruktur sowie der baulichen Sanie­                Deutschland, dass eine bessere Transparenz     solche generelle Bestrebung, weist jedoch
rung oder ökonomischen Förderung von                    von Produktion zu begrüßen sei, aber dies      darauf hin, dass eine solche Vereinheitli­
benachteiligten städtischen oder ländli-                nicht zu einer Behinderung der Inverkehr­      chung erst eingeführt werden sollte, wenn
chen Gemeinden in den Mitgliedstaaten                   nahme von Produkten zur Instandsetzung         sichergestellt ist, dass es dadurch zu keiner
vor. Aus Sicht der Wohnungswirtschaft ist               führen darf.                                   Verschärfung des deutschen Unternehmens­
es vonnöten, diese Förderung vor allem im                                                              steuerrechts kommt und damit nicht zulasten
Kontext integrierter Ansätze der Stadtent­              Wirtschaft, Steuern und Finanzierung           der deutschen Unternehmen geht.
wicklung zu verfolgen und dabei weiterhin               Mit der Einleitung des sog. Europäischen
eine ausreichende finanzielle Förderung                 Semesters rückt die Aufstellung der nationa­   Binnenmarkt
sicherzustellen.                                        len Reformprogramme in zeitliche Nähe. Die     Als letzten Punkt wird auf die notwendige
                                                        Wohnungswirtschaft Deutschland fordert als     Aktualisierung der europäischen EU-KMU-
Weiter bezieht sich der GdW auf Aussagen                wesentlicher Akteur der Wirtschaft ebenfalls   Definition aufmerksam gemacht. Nach der
der EU zum Breitbandnetzausbau. Eine                    eingebunden zu werden.                         derzeitigen Definition fallen öffentliche Un­
mangelnde Versorgung mit breitbandigem                                                                 ternehmen, wie kommunale Wohnungsun­
Internet liegt i. d. R. nicht an den immobi­            Mit dem neuen EU­Förderprogramm                ternehmen in Deutschland, nicht unter diese
lieninternen Vernetzungen, sondern viel                 „InvestEU“ werden künftig mehrere beste­       Definition und erfahren somit, trotz meist
mehr an einer unzureichenden Anbindung                  hende Förderprogramme zusammengefasst.         finanzieller und personeller Unabhängigkeit
der Straße und der Gebäude. Daher lehnt der             Der GdW schlägt in diesem Zusammenhang         von den jeweiligen Kommunen, hinsichtlich
GdW jegliche Bestrebungen bzgl. verbindli­              vor, auch Investitionsvolumen von deutlich     Förderprogrammen eine Benachteiligung.
cher Infrastrukturvorgaben für Gebäude in               geringerem Volumen durch eine Bünde­                                                   RM
diesem Kontext ab.                                      lung gesammelt zu finanzieren, damit viele

05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
EUROPAWAHL 13

EUROPAWAHL 2019

Wohnungspolitische Schwerpunkte der Parteiprogramme

W
            ie bei jeder Wahl haben die Parteien auch dieses Mal zur           spricht, widmet Die Linke ihr ausführlich mehrere Seiten. Ebenso
            Europawahl ihre Wahlprogramme mit ihren jeweiligen                 augenscheinlich ist der Einfluss der derzeit ablaufenden Debatte zur
            Forderungen und Konzepten veröffentlicht. Wir haben                Enteignung von Wohnungsunternehmen aufgrund der angespannten
für Sie einen Blick in die Programme geworfen und die wichtigsten              Wohnungsmärkte in vielen Großstädten in Deutschland. Ein weiteres
Aspekte mit wohnungswirtschaftlicher Relevanz zusammengefasst.                 mehrfach von unterschiedlichen Parteien aufgegriffenes Thema stellt
                                                                               die mögliche Einschränkung von Daseinsgrundversorgungen (zu
Interessant dabei ist vor allem die unterschiedliche Fokuslegung der           denen u. a. auch das Wohnen gehört) durch internationale Handels­
Parteien auf das Thema Wohnen. Während die Union aus CDU und                   verträge und ­abkommen dar.                                    RM
CSU die Thematik nur kurz im Kontext des digitalen Fortschritts an­

  Kommt zusammen und macht Europa stark!
  Wahlprogramm für die Europawahl am 26. Mai 2019
  • sozial schwächeren Menschen den Zugang zu Sozialwohnungen oder qualitativer Wohnungsbeihilfe gewähren und
    damit Bereitstellung von öffentlichen Gütern nicht alleine dem Markt überlassen
  • kein Zwang zur Deregulierung und Privatisierung öffentlicher Güter durch Handelsabkommen
  • mögliche Einschränkungen für Rekommunalisierungen durch das Handelsrecht unterbinden
  • Energieeffizienz fördern u. a. durch verstärkte Anstrengungen beim Gebäudebestand
  • Ländlichen Raum durch Ausbau von technischer und sozialer Infrastruktur stärken und attraktivieren
  • Förderung einer sauberen urbanen Mobilität bei gleichzeitiger Gleichberechtigung unterschiedlicher Verkehrsträger
  • https://bit.ly/2EGXXMW

  Unser Europa macht stark.                                                      Europas Versprechen erneuern.
  Für Sicherheit, Frieden und Wohlstand.                                         Europawahlprogramm 2019
  • Stärkung der Regionen und Förderung der ländlichen Räume in                  • Einschränkungen der EU-Kommission von 2011 zur Förderung von
    Europa                                                                         sozialem Wohnraum aufheben
  • Deutschland und Europa zu einem führenden KI-Standort (Künstli-              • Förderung von Sozialwohnungen durch den europäischen Struktur-
    che Intelligenz) machen. Damit die Entwicklung von „intelligenten              und Investitionsfonds ermöglichen
    Häusern“ (Smart Home) vorantreiben, welche den Energieverbrauch              • Unterstützung einer EU-weiten Gemeinwohlökonomie, die Genos-
    selbstständig und effizient regeln, zur Steigerung der Lebensqualität          senschaften und soziale Unternehmen als Chance versteht
    beitragen können und älteren Menschen ermöglichen, länger zu                 • Etablierung einer europäischen Kreislaufwirtschaft, in der Gebäude
    Hause zu wohnen                                                                aus möglichst nachwachsenden Baustoffen gebaut werden und bei
  • Einen besseren Ausgleich bzgl. der Verfügbarkeit von erneuerbaren              Abrissen entsprechendes Recycling vorangetrieben wird
    Energien schaffen                                                            • Förderung von Energieeffizienzsmaßnahmen bei Häusern mit gleich-
  • Energiesicherheit durch eine Vielfalt im Angebot als auch dem Trans-           zeitigen sozial flankierenden Maßnahmen, um die Bezahlbarkeit von
    portweg gewährleisten                                                          Wohnraum zu sichern
  • Sicherung der individuellen Mobilität und Entwicklung neuer emissi-          • Umstellung auf Erneuerbare Energien zu 45 Prozent bis 2030 und zu
    onsarmer Antriebsformen nach einem technologieoffenem Ansatz                   100 Prozent bis 2050 für die gesamte EU gewährleisten
  • https://bit.ly/2UHKvkF                                                       • Umstieg auf eine möglichst klimaneutrale und kostengünstige Mobi-
                                                                                   lität mit dem Fokus auf Fuß- und Radverkehr sowie dem ÖPNV
                                                                                 • https://bit.ly/2YUq0AH

                                                                                                                05/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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