JAGD in Bayern - Bayerischer ...

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JAGD in Bayern - Bayerischer ...
Januar 1 | 2022   B1795E

JAGD
   in Bayern
JAGD in Bayern - Bayerischer ...
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                                          R8 Ultimate –
                                                                        Handmade in Germany
Abgabe von Waffen und Munition nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis.
Abbildung zeigt Waffe mit Zusatzausstattung.                                                  © 2021
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JAGD
                                                                                                          Angesprochen

             Liebe Jägerinnen und Jäger,

ich habe, wie fast jeder, bei mir zu Hause einen Futterplatz
für Vögel, an dem ich im Winter füttere und den gefieder-
ten Freunden so durch die dunkle Jahreszeit helfe. Doch
ist in den kalten Monaten nicht nur für Vögel die Nahrung
knapp. Auch unser heimisches Wild braucht teilweise im
Winter von uns zur Verfügung gestellte Äsung zum Über-
leben. Und damit ist natürlich nicht eine Fütterung in sol-
chem Ausmaß gemeint, dass unser Wild feister aus dem
Winter kommt, als es vorher war. Vielmehr geht es um
unsere ethische Verpflichtung als Jägerinnen und Jäger im
Sinne der Hege.
                                                               Für mich kommt es – nicht nur bei diesem konfliktreichen
Unser Wild findet im Winter immer weniger Rückzugsmög-          Thema – vor allem darauf an, dass nicht pauschalisiert,
lichkeiten, denn viele Wintereinstände sind durch unsere       sondern vernünftig und sachlich für jeden Einzelfall ab-
Infrastruktur und Siedlungsgebiete nicht mehr erreichbar.      gewogen wird. Ist eine Fütterung notwendig und sinnvoll?
Zudem steigt mit zunehmender Zahl an Erholungssuchen-          Am Beispiel der Winterfütterung in Ruhpolding lässt sich
den der Druck auf das Wild. Auch wir Jägerinnen und Jä-        eindeutig feststellen, dass das Auslassen von Fütterungen
ger sollten überlegen, wie viel Jagddruck wir im Winter auf    schwerwiegende Folgen haben kann. Es wäre natürlich
unser Wild ausüben. Als Konsequenz dieser zunehmenden          einfach, alles in schwarz und weiß einzuteilen, doch sollte
Beunruhigung ist das Wild nicht in der Lage, seinen Kreis-     unsere Sichtweise nicht deutlich differenzierter sein? Mein
lauf herunterzufahren und in den Wintermodus umzu-             Anspruch ist es, dass nach Möglichkeit alle Interessengrup-
schalten. Dies hat zur Folge, dass sich der Energie- und da-   pen berücksichtigt werden, natürlich auch ihren Teil leisten
mit Äsungsbedarf stark erhöht. Dass neben dem Wild auch        und somit an einem Strang gezogen wird. Dabei gilt es, alle
der Wald Leidtragender ist, liegt nahe. Denn wo soll das       Mittel im Umgang mit unserem Wild auszuschöpfen, wo-
aufgescheuchte Wild seinen durch den Menschen künst-           mit sicherlich nicht eine reine Erhöhung der Abschusspläne
lich erhöhten Hunger stillen? Und wenn gar keine Äsung         gemeint ist!
vorhanden bzw. zu erreichen ist, lassen wir das Wild einfach
verhungern? Mit meinem Verständnis von Waidgerechtig-          In diesem Sinn, Waidmannsheil,
keit hat das wenig zu tun.

Wildfütterungen können für diese Probleme eine probate
Lösung sein. Damit sie ein Erfolg für das Wild und auch den
Wald werden, bedarf es geeigneter, umfassender Konzep-
te. Diese Ausgabe der „JAGD in Bayern“ dreht sich rund um      Carl Baucks
dieses Thema.                                                  Referent für Aus- und Weiterbildung

                                 Der Bayerische Jagdverband – anerkannter Naturschutzverband

                                                                                                            1-2022   JAGD
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                                                                                                                                    3
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Fotos: S. 16: Bernhard/stock.adobe.com ; S. 26: R. Bernhardt; S. 40: J. C. Salvadores/stock.adobe.com;
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16

     Revierpraxis                           Wildbiologie
     Rehwild-Fütterkonzept | 8              Schalenwild im Winter | 12
     Verbiss vermindern                     Füttern oder nicht

     Füttern am Berg | 20                   Fütterungshygiene | 16
     Heu fürs Rotwild                       Das Wild ist, was es isst

                                            Tückische Viren | 40
     Folgen der Wintergatterauflösung | 22
                                            Wie die Karnickel?
     Nachteilig für Wild und Region

     Kommentar | 24
     Waidgerechter Umgang gefordert         Naturschutz
     Vögel füttern | 28                     Rebhuhnprojekt in Oberfranken | 38
     Sängern helfen                         Rettung in Sicht

                                       25 40

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        in Bayern
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                                                                                 Inhalt

Jagdkultur                                                                               46
BJV-Symposium | 32
Erbe der Menschheit

Traditionelles Handwerk | 48
Hirschlederne

Aktaion | 52
Vom Jäger zum Gejagten

Jagdgeschichte
150 Jahre Jägervereinigung Augsburg | 30
Es begann in Rommelsried

                                           Jagdpraxis
Recht                                      Falkner Wolfgang Schreyer | 44
                                           Auf Stadtkaninchen
Fütterung von Schalenwild | 25
Nur in Ausnahmen?                          Fuchsjagd in der Ranz | 46
                                           Reineke auf Freiersfüßen

Landwirtschaft
KULAP | 35                                 Rubriken
Vielfalt fördern
                                           Angesprochen | 3
Interview | 36
Rehkitze gerettet                          Abgedrückt | 6

                                           BJV Intern | Heftmitte
                                 48
                                           BJV-Frischlinge | 54

                                           Wildrezept | 57

                                           Branchennews und Kleinanzeigen | 59

                                           Impressum | 62

                                           Jagd-Kolumne | 66

                                                                        1-2022   JAGD
                                                                                    in Bayern
                                                                                                5
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ABGEDRÜCKT
                            im Januar

    Wecker

                       Winter sonne
                            Diesen Hasen scheinen die
                         wärmenden Strahlen in seiner
                         eingeschneiten Sasse geweckt
                      zu haben. Noch etwas müde hebt
                        er zumindest schon einmal die
                          Löffel aus seinem Ruhelager.

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       in Bayern
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REVIERPRAXIS
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                            Rehwild-Fütterkonze

                                                          In einem Allgäuer Voralpenrevier

     Verbiss
                                                    wurde das Fütterungskonzept umgestellt
                                                       und an die tatsächlichen Bedürfnisse
                                                                   des Rehwildes angepasst.

                               vermindern
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       in Bayern
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                                                                                                             Rehwild-Fütterkonze

                                                                            Wildbiologische Erkenntnisse wurden bis dahin von den
                                                                            meisten Jägern nicht berücksichtigt. Die tatsächlichen Be-
                                                                            dürfnisse des Wildes, Äsungsverhalten, Nährstoffbedarf
                                                                            und Nahrungsverwertung wurden außer Acht gelassen.
                                                                            Selbst in Revieren mit gutem Äsungsangebot und artge-
                                                                            mäßen Äsungsflächen kommt das Wild durch ständige
                                                                            Beunruhigung in eine stoffwechselbedingte Notsituation.
                                                                            Als Wiederkäuer hat das Rehwild einen festen Äsungs-
                                                                            rhythmus. Dieser besteht aus zwölf Zyklen von jeweils
                                                                            etwa zwei Stunden, in denen es die Äsungsstellen aufsucht,
                                                                            Nahrung aufnimmt und wiederkäut. Wird das Wild dauernd
                                                                            gestört, ist es gezwungen, sein natürliches Äsungsverhal-
                                                                            ten aufzugeben. Es kann häufig nur noch alle zwölf Stunden
                                                                            ausreichend Nahrung aufnehmen, und dies überwiegend
                                                                            nachts. Ein Tagesrhythmus, der sich über Jahrtausende an
                                                                            Klima und Vegetation angepasst hat, kann nicht innerhalb
                                                                            kürzester Zeit umgestellt werden, nur weil der Mensch ste-
                                                                            tig seine Ansprüche ändert. Das führt beim Wild zu einer
                                                                            hastigen Nahrungsaufnahme in zu geringen Mengen mit
                                                                            dem Ziel, sich möglichst viele Nährstoffe einzuverleiben.
                                                                            Dies hat zur Folge, dass gerade die Forstkulturpflanzen be-
                                                                            sonders intensiv verbissen werden.
Foto: D. Hopf

                                                                            Alleinfutter für Schalenwild

                                                                            Ein Umbau von Fichtenreinbeständen in einen baum-
                                                                            artenreichen Mischwald kann nicht allein auf dem Rücken
                                                                            des schwächsten Gliedes ausgetragen werden. Hier ist die
                                                                            Zusammenarbeit von Jägern, Förstern und Grundbesitzern

                D   as betreffende Rehwildrevier umfasst 1.000 Hektar
                    mit ca. 30 Prozent Wald- und 70 Prozent Grünland-
                anteil auf einer Höhe von 750 bis 900 Metern. Anfang der
                                                                            notwendig.
                                                                            Deshalb muss neben einem strukturierten und altersgemä-
                                                                            ßen Abschuss auch das Futterkonzept an die tatsächlichen
                1990er-Jahre begann in unseren Wäldern die Umstruktu-       Bedürfnisse des Rehwildes angepasst werden. Empfehlens-
                rierung der bestehenden Fichtenmonokultur in zukünftig      wert ist es hierzu, Alleinfutter für Schalenwild (AFS) zu ver-
                artenreiche Mischwälder. Der daraus resultierende erhöh-    wenden, das bereits in den 60er-Jahren entwickelt wurde.
                te Verbissdruck durch das Schalenwild machte somit auch     Wildfutter sollte in homogener Form während der gesam-
                eine Veränderung des bis dahin gewohnten Fütterungs-        ten Fütterungsperiode in gleichbleibender Qualität und
                konzeptes notwendig.                                        ausreichender Menge angeboten werden. Erst dadurch ist
                Das Rehwild wurde bis dahin, wie allgemein üblich, mit-     gewährleistet, dass der Pansen optimal funktioniert und
                tels Einzelfuttervorlage gefüttert. Hauptbestandteile wa-   sich das Wild wohlfühlt. Häufige Futterumstellung verur-
                ren Heu vom 2. Schnitt, Grassilage und Apfeltrester.        sacht beim Rehwild Stress, was wiederum zu vermehrtem

                                                                                                                           1-2022   JAGD
                                                                                                                                       in Bayern
                                                                                                                                                   9
JAGD in Bayern - Bayerischer ...
REVIERPRAXIS
                                                pt
                             Rehwild-Fütterkonze

                                                                                                            Bauanleitung für
                                                                                                            die Futterraufen:
                                                                                                            Links: Seitenansicht
                                                                                                            Rechts: Frontansicht

     Verbiss führt. Deshalb ist die Einzelfuttervorlage vollkom-           Fütterungen hängt individuell von den Revierstrukturen
     men ungeeignet. AFS erfüllt hingegen alle Anforderungen               ab. Eine Futterstelle sollte allerdings grundsätzlich über
     an eine artgerechte Wildfütterung.                                    mehrere Tröge verfügen, die in ausreichendem Abstand
     Mit der Umstellung auf das neue Futter war es aber auch               zueinander aufgestellt werden. Dies ist wichtig, damit auch
     notwendig, die bis dahin gewohnten Fütterungseinrich-                 die weniger dominanten Stücke zum Äsen kommen und
     tungen und den gesamten Ablauf zu ändern. Die Raufen                  generell Stress vermieden wird. Um Krankheiten vorzu-
     wurden entfernt und durch zeitgemäße und kostengüns-                  beugen, sollte das Futter nicht auf dem Boden ausgebracht
     tige Tröge ersetzt, die sich durch eine leichte, stabile und          werden. Beachtet werden sollte zudem unbedingt, dass
     übersichtliche Bauweise auszeichnen. Sie sind zudem aus-              während der Futterperiode keine Salzlecken angeboten
     reichend groß, sodass für mehrere Tage genug Futter vor-              werden. Diese erhöhen den Wasserbedarf des Wildes, was
     gelegt werden kann.                                                   wiederum den Verbiss fördert.
     Auf den 1.000 Hektar Revierfläche befinden sich aktuell
     acht Fütterungen mit drei bis sechs Trögen. Die Anzahl der            Die Standorte der Fütterungen sollten nach folgenden
                                                                           Kriterien ausgewählt werden:
                                                                            gute Erreichbarkeit zu jeder Jahreszeit
                                                                             (bestücken, reinigen, reparieren usw.)
                                                                            Ruhe fürs Wild
                      Jürgen Prestel                                        windgeschützte Rückzugsmöglichkeit in
                                                                             unmittelbarer Nähe
                        Jahrgang 1965, ist stellvertretender Vorsit-        gefährdete Forstkulturen in ausreichender Entfernung
                        zender des Kreisjagdverbandes Kempten und           Sonne
                        Leiter des Hegerings Altusried. Seit 1993 ist er    Wasser
                       Pächter eines Niederwildrevieres im Allgäuer         genügend Platz
                      Voralpenland.                                         weiter Umblick, damit das Wild nicht plötzlich
                                                                             überrascht werden kann

10   JAGD
        in Bayern
                    1-2022
REVIERPRAXIS
                                                                                                                      pt
                                                                                                   Rehwild-Fütterkonze

  Zusammensetzung des Alleinfutters:
   21 % Karotten        4 % Grashäcksel
   17 % Silomais        15 % Hafer
   18 % Apfeltrester    8 % Weizen
   10 % Biertreber      8 % Gerste

  Wie viel Futter wird benötigt?

  Die Futtermenge je Futterperiode berechnet sich erfah-
  rungsgemäß wie folgt: Ein Stück Rehwild benötigt pro Tag
  bis ca. 1,5 kg Futterfrischmasse. Diese wird mit der ange-
  nommenen Wildbestandsgröße und der Anzahl der Tage             Bewährt haben sich Rundballen, um das Futter im Revier
  der Fütterungsperiode (muss je nach Revier- bzw. Witte-        auszubringen.                                  Fotos: J. Prestel
  rungsverhältnissen abgeschätzt werden) multipliziert. Die
  Formel lautet also:
  1,5 kg x angenommene Wildbestandsgröße x Tage der
  Fütterungsperiode.                                             für Schalenwild kann aber auch käuflich erworben werden.
                                                                 Bewährt hat es sich, das Futter in Rundballen von je ca.
                                                                 1.200 Kilo auszubringen. Diese bieten die Möglichkeit, sie
  Wie lange füttern?                                             im Revier zwischenzulagern, bis sie tatsächlich an die Fut-
                                                                 terstelle ausgebracht werden. Das Futter bleibt sehr lange
  Die Fütterung mit AFS sollte einsetzen, wenn die vegetati-     stabil, auch wenn der Ballen bereits an einer Stelle geöffnet
  onsarme Zeit beginnt (unter Berücksichtigung des Jagdge-       wurde, um etwas davon zu entnehmen. Aus dieser Öffnung,
  setzes) und so lange ohne Unterbrechung andauern, wie das      dem so genannten Entnahmefenster, werden die Futter-
  Rehwild sie annimmt. Um den Verbiss zu minimieren, sollte      tröge befüllt, und im Anschluss wird sie wieder abgedeckt.
  die Futterperiode nicht unterbrochen oder zu früh beendet      Bei einer länger anhaltenden Futterperiode kann auch
  werden. Auch dann nicht, wenn es plötzlich wärmer wird.        leicht mit neuen Ballen nachbestückt werden.
  Das AFS kann selbst gemischt werden, was aber mit ziem-        Mit der Einführung des Fütterungskonzeptes mit AFS wurde
  lichem Aufwand verbunden ist. Oft ist es schwierig, die ein-   in besagtem Revier ein spürbarer Rückgang des Verbisses
  zelnen Komponenten in ausreichender Menge, zur richtigen       an der forstlichen Kultur und auf den Naturverjüngungsflä-
  Zeit und in gleichbleibend hoher Qualität zu beschaffen.        chen festgestellt. Auch die körperliche Gesamtverfassung
  Auch die Logistik ist eine Herausforderung. Das Alleinfutter   des Rehwildes hat sich spürbar verbessert.                 ♦

                                                                                                                            Anzeige

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                                                                                  e ne
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                        87439 Kempten                                                              n t        m m      en ee
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WILDBIOLOGIE
                                                                                  r
                                                              Schalenwild im Winte
Foto: Martina Berg/stock.adobe.com

                                          W      inter- oder auch Notzeitfütte-
                                                 rung der heimischen Schalen-
                                          wildarten wird zunehmend kritisch
                                                                                      sich vier wesentliche Motive für die
                                                                                      Fütterung oder Nicht-Fütterung von
                                                                                      Schalenwild identifizieren:
                                                                                                                               sogar saisonal oder ganzjährig über-
                                                                                                                               schreiten. Die Lebensraumkapazität
                                                                                                                               hängt unter anderem vom Standort,
                                          diskutiert. Nahezu jeder weiß ein                                                    von der Bewirtschaftung des Waldes
                                          Gegenargument: Gern sind es zu-             1. das ökonomische Motiv                 und der Agrarflächen, von der Inten-
                                          nehmend mildere Winter, weniger             2. das ökologische Motiv                 sität der Freizeitnutzung, vom Jagd-
                                          Schneelagen vor allem im Flachland          3. das naturromantische Motiv            druck, aber auch verschiedenen an-
                                          sowie ein in der Agrarlandschaft zu-        4. das ethische Motiv                    deren Faktoren ab. Durch regelmäßige
                                          nehmend höheres Äsungsangebot.                                                       Futtergaben, insbesondere zur Zeit des
                                          Ein viel profaneres Motiv, nicht zu füt-                                             größten Nahrungsengpasses im Win-
                                          tern, wird nur selten ehrlich kommu-        Ökonomisches Motiv                       ter, ist es durch ergänzende Fütterung
                                          niziert: Wildfütterung kostet Zeit und                                               möglich, deutlich höhere Wilddich-
                                          Geld und ist mit Arbeit verbunden.          Das ökonomische Motiv spielt einer-      ten – nicht selten bei vergleichsweise
                                          Versuchen wir, genauer zu analysie-         seits eine Rolle, wenn durch Fütterung   geringen Wildschäden – vorzuhalten.
                                          ren, warum Menschen Winter- bzw.            hohe Bestände ermöglicht werden, die     Dieser rein jagdwirtschaftliche An-
                                          Notzeitfütterung des Schalenwildes          sich an der Obergrenze der Lebens-       satz spielt heute allerdings in Mittel-
                                          befürworten oder ablehnen, lassen           raumkapazität bewegen oder diese         europa nur noch eine geringfügige,

                                     12   JAGD
                                             in Bayern
                                                         1-2022
WILDBIOLOGIE
                                                                                                                    r
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                                      Füttern
                                       oder nicht
                                                Beim Thema Wildfüttern scheiden sich die Geister.
                                              Professor Sven Herzog nimmt die Argumente für und
                                                             wider einmal genauer unter die Lupe.

                                          blinde Flecke, die zu einer systemati-        und – etwa in Bayern – das Rotwild
                                          schen Unterschätzung der Kosten der           dort per Gesetz nicht geduldet wird
                                          Bejagung und zu einer Überschät-              (Umgestaltung und Zerschneidung
                                          zung der Kosten für Maßnahmen des             der Landschaft, Schaffung rotwild-
                                          nicht-jagdlichen Wildtiermanage-              freier Gebiete).
                                          ments (z. B. Winter- bzw. Notzeit-         2. Wildwiederkäuer sind generell auf-
                                          fütterung) führen.                            grund jagdlicher und nichtjagd-
                                                                                        licher Störungen hierzulande oft
                                                                                        nicht mehr in der Lage, die arteige-
in Einzelfällen und in vielen jagdwirt-   Ökologisches Motiv                            ne physiologische Ruhesituation
schaftlichen Betrieben Osteuropas je-                                                   im Winter zu nutzen. Ohne mensch-
doch eine durchaus bedeutende Rolle.      Von wachsender Bedeutung ist in den           lichen Einfluss würden diese ihren
Andererseits haben sich unter zu-         vergangenen Jahrzehnten das öko-              Stoffwechsel ab Ende Dezember
nehmendem Kostendruck seit den            logische Motiv der Winterfütterung.           deutlich reduzieren. Dann, und nur
1980er-Jahren viele Forstbetriebe         Beim wiederkäuenden Schalenwild               dann, könnte die Wildart artgerecht
weitgehend von Investitionen in den       sind in der Zivilisationslandschaft in        ohne menschliche Unterstützung
Wildbestand verabschiedet. Gleich-        dieser Hinsicht zwei Besonderheiten           überwintern. Die durch ständige
zeitig will man nicht auf jagdwirt-       zu berücksichtigen:                           menschliche Störungen und Stress
schaftliche Einnahmen (Pacht, ent-                                                      (Jagd, Freizeitnutzung der Natur)
geltliche Jagderlaubnisse, Vergabe        1. Rotwild als wandernde Wildart ist          nicht oder nur unvollständig mög-
von Abschüssen etc.) verzichten, was         heute gezwungen, mehrheitlich in           liche Stoffwechselreduktion kann
natürlich zu großen betriebsinternen         seinen Sommerlebensräumen zu               eine Situation schaffen, die dann
Konflikten führt, welche kaum of-             überwintern, da die ursprünglichen         wiederum ökonomische (Wild-
fen thematisiert oder kommuniziert           Winterlebensräume (zum Teil Au-            schäden im Wald), aber auch ethi-
werden. So entstehen in Forstbetrie-         wälder entlang der Flusstäler) nicht       sche Konsequenzen (vermeidbares
ben und -verwaltungen nicht selten           mehr existieren, unerreichbar sind         Tierleid) mit sich bringt.

                                                                                                             1-2022   JAGD
                                                                                                                         in Bayern
                                                                                                                                     13
In Notzeiten schreibt der Gesetzgeber
                                                                                               sogar das Füttern von Wild vor.
                                                                                               Foto: Hans und Christa Ede/stock.adobe.com

                                                                                                   Die Winterfütterung soll also einer-
                                                                                                   seits die negativen Folgen fehlender
                                                                                                   Winterlebensräume des Rotwildes
                                                                                                   sowie stetiger menschlicher Stö-
                                                                                                   rungen der Wildwiederkäuer für die
                                                                                                   Wildarten selbst und für die Vege-
                                                                                                   tation so weit als möglich ausglei-
                                                                                                   chen. Ob man dabei den Weg meh-
                                                                                                   rerer, kleinerer Fütterungen, weniger
                                                                                                   Großfütterungen oder der Anlage von
                                                                                                   Wintergattern wählt, ist dabei eher
                                                                                                   nebensächlich.
                                                                                                   Einfach nur die Wilddichte zu redu-
                                                                                                   zieren, wie es aus unterschiedlichen
                                                                                                   Vorstellungen heraus immer wieder
                                                                                                   gern propagiert wird, ist keine Lö-
                                                                                                   sung, weil es sich eher um ein quali-
                                                                                                   tatives als um ein quantitatives Prob-
                                                                                                   lem handelt.
                                                                                                   Ein immer wieder genanntes Ar-
                                                                                                   gument gegen Futtergaben ist der
                                                                                                   Nährstoffimport in das Ökosys-
                                                                                                   tem. Dieser spielt jedoch nur sel-
                                                                                                   ten, nämlich auf extrem nähstoffar-
                                                                                                   men Standorten, wirklich eine Rolle.
                                                                                                   Wie einfache Simulationsrechnun-
                                                                                                   gen zeigen, liegt die eingetragene
                                                                                                   Nährstoffmasse bei Notzeitfütterung
                                                                                                   oder selbst bei sachgerechter Kirrung
                                                                                                   meist um ein Vielfaches unterhalb
                                                                                                   dessen, was der Stickstoffeintrag über
                                                                                                   die Atmosphäre, intensiv bewirt-
                                                                                                   schaftete landwirtschaftliche Flächen
                                                                                                   oder Mastjahre im Wald an Nähr-
                                                                                                   stoffen liefern.

                                                                                                   Naturromantisches Motiv

                                                                                                   Insbesondere bei grundsätzlichen
                                                                                                   Gegnern jeglicher Futtergabe an
                                                                                                   Wildtiere finden wir ein weiteres Mo-
     Wird das Wild in seinen Wintereinständen gestört, fährt es seinen Stoffwechsel                tiv. Nennen wir es das naturromanti-
     nicht herunter. Das kann zu Schäden im Wald führen.                  Foto: R. Bernhardt       sche. Diese Entwicklung beobachten

14   JAGD
        in Bayern
                    1-2022
WILDBIOLOGIE
                                                                                                                   r
                                                                                               Schalenwild im Winte

wir zunehmend seit dem Ende des
20. und dem Beginn des 21. Jahrhun-
derts. Als natürlich wird dabei an-
gesehen, wenn der Mensch keinerlei
aktiven Einfluss nimmt. Dies führt zu
einer verklärenden Sicht auf eine durch
den Menschen hochgradig geformte
Landschaft, wobei jegliche Eingrif-
fe einschließlich eines fachgerechten
Managements als unnatürlich ange-
sehen werden. Vor ein paar Hundert
Jahren sei ja auch nicht gefüttert wor-
den, und Mutter Natur würde es schon
irgendwie richten, so das Argument.
Völlig ausgeblendet wird dabei, dass
in einer durch den Menschen weitest-
gehend veränderten Umwelt nicht zu
erwarten ist, dass ursprünglich ein-
mal vorhandene natürliche Regula-
tionsprozesse nach wie vor ablau-
fen und ein Sich-selbst-Überlassen
der Ökosysteme prinzipiell zu einer
„natürlichen“ und damit „positiven“
Entwicklung führt.                        Auch das Rehwild nimmt entsprechend beschickte Fütterungen sehr gern an.
                                                                                                                Foto: D. Hopf

Ethisches Motiv

Während dieser Ansatz bereits eine        in offensichtlicher Unkenntnis des         Artgerechte Winterfütterung hat
ethische Komponente birgt, argu-          Begriffes. Voraussetzung für eine          somit immer zwei Seiten: Einerseits
mentieren Vertreter des Tierschut-        Domestikation ist ein weitest-            reduziert sie vermeidbares Tierleid
zes, teilweise aber auch Jagdverbän-      gehender Einfluss des Menschen auf         und andererseits die Fraßeinwir-
de und Tierärzte nicht selten über        das Fortpflanzungssystem einer in          kungen auf die Vegetation. So hilft
die gesellschaftliche Verantwortung       menschlicher Obhut gehaltenen und         sie nicht zuletzt auch, Wildschäden
auch für die Wildtiere, denen „na-        von den Wildtieren der gleichen Art       gering zu halten oder sogar ganz
türliche“ Verhaltensweisen verwehrt       isolierten Population. Dass dies beim     zu vermeiden. Sie begründet sich in
werden.                                   Schalenwild nicht der Fall sein kann,     beiden Fällen letztlich aus der Ver-
Nicht der Erhalt von Arten oder Po-       ist offensichtlich. Die gelegentlich zu    pflichtung zur jagdlichen Nachhal-
pulationen steht hierbei im Vorder-       beobachtende Zahmheit des Scha-           tigkeit, die sich im Jagdrecht in den
grund, sondern das individuelle Tier-     lenwildes, etwa im Wintergatter, ver-     Begriffen der Hege und der Waid-
wohl. Fütterung in Notzeiten ist nach     schwindet mit Ende des Winters völlig.    gerechtigkeit widerspiegelt.        ♦
dieser Interpretation erforderlich, um
Tierleid zu vermeiden. Dieser Grund-
satz folgt entweder einem pietis-
tisch-humanistischen Weltbild, das
Tiere als leidensfähige Wesen erkennt
                                                       Prof. Dr. Dr. Sven Herzog,
und dem vernunftbegabten und
mitfühlenden Menschen aufer-                                Kommissionsmitglied in der Bayerischen Akademie für
legt, dieses Leid zu mildern.                                Jagd und Natur, ist Forstwissenschaftler und Arzt. Seit
Ein ebenfalls häufiges Argu-                                   1998 hat er den Lehrstuhl für Wildökologie an der Tech-
ment gegen die Fütterung                                       nischen Universität Dresden inne und ist seit 2005 Vor-
von Schalenwild befürch-                                       standsmitglied des Instituts für Wildbiologie Göttingen
tet eine Domestikation des                                    und Dresden e. V.
Wildes. Dies geschieht jedoch

                                                                                                           1-2022   JAGD
                                                                                                                       in Bayern
                                                                                                                                   15
WILDBIOLOGIE
                             Fütterungshygiene

                                  Wenn wir Wildtiere füttern, müssen wir uns auch über
                                  mögliche Folgen für die Tiergesundheit im Klaren sein.
                                      Dr. Claudia Gangl zeigt, worauf wir achten sollten.

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        in Bayern
                    1-2022
WILDBIOLOGIE
                                                          Fütterungshygiene

Das Wild ist,
                                   was es isst
A   m einfachsten wäre es, unse-
    rem Wild das ganze Jahr über zu
natürlicher Äsung zu verhelfen. Mit
                                          so gelagert werden, dass permanente
                                          Temperaturwechsel, hohe Tempera-
                                          turen oder Feuchtigkeit vermieden
ganzjährig, zeitlich und örtlich stets    werden. Letztere begünstigen das
verfügbaren, störungsarmen Nah-           Wachstum von Bakterien und Pilzen.
rungsbiotopen wäre ihm am ehesten         Vermehren sie sich unkontrolliert,
geholfen. Der jeweils aktuelle Nähr-      werden die Futterinhaltsstoffe abge-
stoffbedarf wäre gedeckt und die           baut, und das Futtermittel verliert an
ewig wiederkehrenden Fütterungs-          Qualität. Ab bestimmten Keimzahlen,
diskussionen vom Futtertisch.             abhängig von den unterschiedlichen
Leider ist das in der Praxis nicht        Erregern, können sie sogar ganz ver-
immer umsetzbar. Fehlt geeignete          derben.
Äsung in ausreichender Menge, kann
Zufüttern sinnvoll und sogar uner-
lässlich sein. Um falsches Füttern und    Im Zweifel prüfen
damit unter Umständen verbundenes
Tierleid zu verhindern, sind grund-       Bestehen hinsichtlich der Futterqua-
legende Regeln zu beachten.               lität Zweifel, kann man diese durch
Eigentlich müssten wir nur die allge-     spezielle Laboruntersuchungen prü-
mein anerkannten Grundsätze einer         fen lassen. Hierzu werden die Futter-
guten fachlichen Fütterungspraxis         proben auf verschiedene Bakterien-
einhalten. So sollten wir für eine aus-   und Schimmelpilzgruppen sowie
gewogene, regelmäßige und ausrei-         Hefen untersucht. Die Untersuchun-
chende Vorlage wildartgemäßer Fut-        gen werden quantitativ durchgeführt,
termittel ohne abrupte Futterwechsel      das heißt, es werden Keimzahlen
am richtigen Fütterungsstandort sor-      pro Gramm Futter ermittelt. Je nach
gen. Der muss für das Wild leicht zu      Ergebnis kann das Futter dann be-
erreichen sein. Dabei ist ein besonde-    denkenlos verfüttert, sein Anteil an
res Augenmerk auf die Futterhygiene       der Ration angepasst werden oder es
bzw. Futterqualität zu legen.             muss ganz verworfen werden.
                                          Beim unsachgemäßen Lagern kann
                                          es aber nicht nur zum Vermehren
Futter richtig lagern                     von produkttypischen und verderb-
                                          anzeigenden Mikroorgansimen, son-
Der hygienisch einwandfreie Um-           dern auch von echten Krankheits-
gang mit Futtermitteln beginnt be-        erregern kommen. Sie gelangen
reits bei deren Lagerung. Sie sollten     nicht selten durch Schmutz, Staub,

                                                                 1-2022   JAGD
                                                                             in Bayern
                                                                                         17
WILDBIOLOGIE
                             Fütterungshygiene

                                                                                                     Schadnager- und Vogelkot oder über
                                                                                                     Vorratsschädlinge in die Futtervor-
                                                                                                     räte. Clostridien und Salmonellen als
                                                                                                     Durchfall-Verursacher sowie Listerien
                                                                                                     als Erreger, die Aborte und Erkrankun-
                                                                                                     gen des Zentralnervensystems aus-
                                                                                                     lösen können, wären typische, über
                                                                                                     das Futter eingetragene bakterielle
                                                                                                     Infektionserreger. Alle drei können
                                                                                                     auch bei Menschen zu Erkrankungen
                                                                                                     führen. Ein Qualitätsverlust beim Fut-
     Ist das vorgelegte Futter zu faserarm und energiereich, kann das vor allem beim                 ter ist auch durch mikrobielle Stoff-
     Rehwild sogar zum Tod führen                                Foto: Thomas/stock.adobe.com        wechselprodukte oder Gifte, wie z. B.
                                                                                                     von Schimmelpilzen, möglich. Ob sie
                                                                                                     die Wildgesundheit allerdings beein-
                                                                                                     trächtigen, wird noch diskutiert.

                                                                                                     Hygiene am Futterplatz

                                                                                                     Vorgaben, die für die Lagerbedingun-
                                                                                                     gen zu beachten sind, gelten auch für
                                                                                                     den Fütterungsplatz. Um ein Verun-
                                                                                                     reinigen durch Losung oder Krank-
                                                                                                     heitserreger zu minimieren, sollten
                                                                                                     wir möglichst nicht auf dem Boden
                                                                                                     füttern. Da verschmutztes oder ver-
                                                                                                     dorbenes Futter auch nicht in einen
                                                                                                     Trog gehören, muss auch die Fut-
                                                                                                     terstelle regelmäßig gereinigt und
                                                                                                     desinfiziert werden. Nicht entfern-
                                                                                                     te Futterreste und auch schlecht
                                                                                                     gereinigte Futterautomaten und
                                                                                                     -tröge können ebenfalls Ursache für
                                                                                                     Gesundheitsstörungen sein.
                                                                                                     Auch der Fütterungsstandort ist von
                                                                                                     Bedeutung. Es ist ratsam, verschie-
     Silage kann, auch wenn sie noch normal riecht und aussieht, bei entsprechender
                                                                                                     dene Futtermittel immer gemischt
     Witterung schnell verderben. Das führt beim Wild zu Verdauungsproblemen.
                                                                                                     an verschiedenen und vor allem stö-
                                                                  Foto: aneriksson/stock.adobe.com
                                                                                                     rungsfreien Plätzen anzubieten. Das
                                                                                                     Entzerren der Futterstelle verhindert,
                                                                                                     dass sich die Stücke einer Popula-
                                                                                                     tion unnötigerweise eng aneinander
                                                                                                     tummeln. So wird auch der Stress
                                                                                                     um Futterressourcen gemindert, die
                                                                                                     Möglichkeit der Krankheitsübertra-
                                                                                                     gung von Stück zu Stück minimiert
                                                                                                     und damit die Tiergesundheit ge-
                                                                                                     fördert. Ein viel diskutiertes Beispiel
                                                                                                     für das durch zu enge Kontakte ge-
                                                                                                     förderte Übertragen von Krankheiten

18   JAGD
        in Bayern
                    1-2022
WILDBIOLOGIE
                                                                                                     Fütterungshygiene

ist die Verbreitung des Tuberkulose-     gemahlenem Futter muss das Wild            Immunsystem sowie einer Anfällig-
Erregers Mycobacterium caprae an         nur wenig kauen und wiederkäuen.           keit für Infektionskrankheiten auf.
Rotwildfütterungen.                      Dadurch wird weniger Speichel pro-         Neben der gefürchteten Pansenüber-
                                         duziert, der aber zum Abpuffern im          säuerung kann den Tieren auch eine
                                         Pansen notwendig ist. Damit erhöht         Pansenfäulnis, die Pansenalkalose, zu
Schnell verdorben                        sich die Gefahr einer Übersäuerung,        schaffen machen, die sie durch das
                                         der sogenannten Pansenazidose.             übermäßige Äsen von schmackhaf-
Mangelnde Futterhygiene führt aber       Ein solches Futter kann geradezu ver-      tem Futter mit hohem Eiweißgehalt,
nicht nur zu Nährstoffverlusten und       lockend auf die naschhaften Wie-           wie Grassilage, Luzerneheu, Soja-
erhöhten Keimzahlen. Sie beeinträch-     derkäuer wirken, sodass sie sich in        schrot, Sesam, Hülsenfrüchten u. a.,
tigt auch den Geruch und Geschmack       kurzer Zeit den Weidsack dermaßen          erleiden können.
des Futters, sodass es eventuell sogar   vollschlagen, dass sie massive Ver-        Eine noch so gut gemeinte Wildwie-
verweigert wird und sich das Wild not-   dauungsprobleme bekommen, die              derkäuerfütterung wird ohne das Be-
gedrungen über die Waldvegetation        sogar zum Tod führen können. Neben         rücksichten der Besonderheiten ihrer
hermacht. Saftfutter kann in milden      einem solch akuten Geschehen treten        Ernährungsphysiologie und womög-
Wintern bereits innerhalb von zwei Ta-   auch chronische Stadien mit Entzün-        lich noch zusammen mit Fütterungs-
gen ohne Geruchs- und Geschmacks-        dungsherden und einer Verhornung           und Futterfehlern eher schaden als
einbußen verderben und dann zu           der Pansenschleimhaut, Leber- und          nützen. Dieser Verantwortung ge-
schweren Verdauungsstörungen beim        Nierenschäden, Fruchtbarkeitsstö-          genüber den Wildtieren müssen wir
Wild führen. Silage verdirbt an der      rungen und einem angeschlagenen            uns als gute Heger bewusst sein.    ♦
Luft ebenfalls schnell, weshalb Reste
spätestens nach zwei Tagen aus dem
Futtertrog entfernt werden sollten.        Dr. Claudia Gangl
Die angebotenen Futtermittel müs-
sen nicht nur von guter Qualität, son-     ist BJV-Fachreferentin für Wildbiologie, Wildtierge-
dern auch wildartgemäß sein. Für das       sundheit und Tierschutz. Die Diplom-Biologin vertritt
Rehwild bedeutet das beispielsweise,       den Verband in diesen Themenbereichen nach innen
dass das Futter einen hohen Faser-         und außen und steht den BJV-Mitgliedern bei Fragen
und einen niedrigen Energiegehalt          zu Wildkrankheiten, Tierschutz und Wildbrethygiene
aufweisen sollte. Beim Äsen von zu         sowie -vermarktung mit Rat und Tat zur Seite.
kurzem, wenig strukturiertem oder

                                                                                                                        Anzeige

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REVIERPRAXIS
                             Füttern im Berg

     Heu fürs

                                Rotwild        G   esellschaft und Politik sind offen-
                                                   sichtlich noch nicht gewillt, dem
                                               Rotwild auch im Winter geeignete Le-
                                               bensräume zuzugestehen. Also muss
                                               es gefüttert werden, jedenfalls im Ge-
                                               birge. Unterließe man dies, würde das
                                               Rotwild in tiefer gelegene Au-Lagen
                                               und Südhänge abwandern, um dort
                                               den Winter zu verbringen. Dies schei-
                                               tert bisher aber an einer beachtlichen
                                               Intoleranz vieler Grundbesitzer und
                                               Landbewirtschafter gegenüber mög-
                                               lichen Wildschäden – das Wild wird
                                               im intensiv genutzten Tiefland kaum
                                               geduldet. Deshalb muss es mit Futter
                                               in den höheren, weniger produktiven
                                               Lagen gehalten werden.
                                               Würde man das Rotwild im Gebirge
                                               gar nicht füttern, käme dies einer ge-
                                               zielten Ausrottung gleich. So etwas
                                               können kultivierte und zivilisierte
                                               Menschen nicht wollen. Wir erklä-
                                               ren eifrig den Afrikanern, wie sie mit
                                               ihren Elefanten umzugehen hätten,
                                               also sollten wir auch unserem größ-
                                               ten einheimischen Säugetier mit Ver-
                                               antwortungsbewusstsein begegnen.
                                               In meinem Revier in Vorarlberg,
                                               Österreich, wurde früher, wie vieler-
                                               orts, das Rotwild im Winter mit einer
                                               Saft-Kraftfutter-Mischung und etwas
                                               Heu gefüttert. Das hat funktioniert.
                                               Das Wild kam gut durch den Win-
                                               ter und sah im Frühling gesund und
                                               wohlgenährt aus.

                                               Verantwortlich handeln

                                               Wenn man als Jäger verantwortlich
                                               handeln will, sollte man sein eige-
                                               nes Tun ständig hinterfragen. Wir
                                               alle wissen, dass Rotwild seine Kör-
                                               perfunktionen im Winter auf ein Mi-
                                               nimum herunterfahren kann und
                                               dann auch mit wenig und energiear-
                                               mer Äsung auskommt. Warum sollte
                                               man in dieser Zeit dem Rotwild dann
                                               irgendein Power-Futter anbieten?
                                               Also begann bei uns vor etwa 15 Jah-
                                               ren die Diskussion, unser Rotwild in

20   JAGD
        in Bayern
                    1-2022
REVIERPRAXIS
                                                                                                       Füttern am Berg

          Dem Edelwild im
   Gebirge fast ausschließ-
    lich mit Raufutter über
      den Winter zu helfen,
   halten manche Jäger für
      unmöglich. In einem
        Vorarlberger Revier
    wurde das ausprobiert.

Zukunft fast nur noch mit gutem Heu
zu füttern. Die Debatte war anfangs
kontrovers. Jäger aus der Landwirt-
schaft (Viehhaltung) und manche           Ab Dezember wird dem Rotwild ausschließlich Heu aus der Region angeboten.
                                                                                                                     Foto: BvG
Berufsjäger sprachen sich dagegen
aus und hielten das Vorhaben für un-
geeignet. Das Wild würde kümmern
oder abwandern.
                                          Wertschöpfung bleibt im Tal, und der       einer erreichbaren Wiese für das Wild
                                          viel zitierte ökologische Fußabdruck       höher als die von Heu, und Konflikte
Ein Versuchswinter                        ist ziemlich klein.                        mit menschlichen Nutzungsinteressen
                                                                                     können die Folge sein. Glücklicherwei-
Schließlich einigten wir uns auf einen                                               se ist eine hohe Schneelage bei uns im
Versuchswinter. Wir fütterten wie im-     Fazit                                      Großraum Arlberg normal. Eine weitere
mer ab Mitte November überwiegend                                                    Voraussetzung ist Ruhe an der Fütte-
Bergheu vom ersten und zweiten            Zusammenfassend kann man ganz              rung und im Tageseinstand. Die muss
Schnitt. Und siehe da – das Wild kam      klar festhalten: Unter bestimmten Vor-     gewährleistet sein, auch mit Unter-
perfekt durch den Winter. Der Versuch     aussetzungen ist Heu ein ideales Fast-     stützung des Gesetzgebers. Wir Jä-
war gelungen.                             Allein-Winterfutter für Rotwild. Eine      ger sind gut beraten, uns nahe an der
Seit 2007 füttern wir nun an zwei         dieser Voraussetzungen ist: Es muss        Natur zu orientieren. Tun
größeren und einer kleinen Fütte-         genug Schnee liegen. Bei wenig oder        wir dies, bleiben wir
rung (Talende, ca. 1.200 m Seehöhe)       keinem Schnee ist die Anziehungskraft      glaubwürdig. ♦
im November Heu und Maissilage.
Ab Dezember füttern wir ausschließ-
lich Heu, bis im März wieder ein Anteil
Maissilage dazu kommt, um das Wild          Eberhard Freiherr
an der Fütterung zu halten. Bis zum         von Gemmingen-Hornberg
Vegetationsbeginn überwiegt der
Heuanteil.                                  63 Jahre alt, seit mindestens 47 Jahren Jäger, Vize-
Inzwischen beziehen wir das Fut-            präsident des BJV, Vorsitzender der BJV-Kreisgruppe
terheu zum größten Teil von einem           Tirschenreuth, Mitglied des Vorstandes der Vorarlber-
Landwirt aus der Region. Das Wild be-       ger Jägerschaft
kommt die ihm zusagende Äsung, die

                                                                                                            1-2022   JAGD
                                                                                                                        in Bayern
                                                                                                                                    21
REVIERPRAXIS
                                             erauflösung
                        Folgen der Wintergatt

                                              2015 wurde die Rotwildfütterung bei Aschau im Chiemgau-
                                                Priental aufgelöst. Der Vorsitzende der Jägervereinigung
                                              Rosenheim berichtet von den Folgen und kommentiert sie.

     Nachteilig für
                                           Wild und Region
     D   as im Bereich der Jägervereinigung
         Rosenheim gelegene Wintergat-
     ter Kreuth im Gebiet Hohenaschau/
                                                wissenschaftlichen Studie begleitet
                                                werden, die die Wirksamkeit belegen
                                                sollte. Die Abschüsse beim Rotwild
                                                                                           seit der Schließung des Wintergatters
                                                                                           durch die Bayerischen Staatsforsten
                                                                                           (BaySf) deutlich erhöht.
     Sachrang wurde im Jahr 2015 durch          sollten in diesem Bereich ebenfalls        Die Auflösung des alten Wintergatters
     den Forstbetrieb Ruhpolding aufge-         nicht weiter erhöht werden.                Kreuth ist, wie die Jägervereinigung
     löst, nachdem es jahrzehntelang er-        Die Situation stellt sich heute nach-      seinerzeit bereits zu bedenken gab,
     folgreich bewirtschaftet worden war.       weislich wie folgt dar: Rotwild stellt     nicht optimal verlaufen. Leidtragend
     Argumentiert wurde vonseiten des           sich nach sechs Jahren immer noch          ist das Rotwild in der Region.
     Forstbetriebs, dass ein nahe gelegenes     im Bereich der alten Fütterung ein.        Die zugesagte wissenschaftliche Stu-
     Wintergatter in ca. 3 km Entfernung        Da ja aber nicht gefüttert wird, schält    die zum Thema „Verhalten von Rot-
     für diesen Bereich ausreichend sei.        das Wild folglich im nahe gelegenen        wild bei einer Verlegung des Winter-
     Allerdings liegen eine größere Straße      sogenannten        Schutzwaldbereich.      gatters“ liegt uns bis heute nicht vor.
     und ein Bergrücken dazwischen.             Drückjagden, die regelmäßig in die-        Wir sind aber sehr daran interessiert
                                                sem Bereich stattfinden, sowie per-         zu erfahren, welche Erkenntnisse die
                                                manenter Jagddruck vonseiten des           BaySf aus der Studie gewonnen hat.
     Studie sollte Wirksamkeit                  Forstbetriebes lassen das Wild auch
     belegen                                    im Winter nicht zur Ruhe kommen.
                                                Da eine Fütterung auf der ande-            Weniger Schäden
     Die Zielsetzung war dabei laut Forst-      ren Talseite (private Eigenjagd) liegt,    durch Wintergatter
     verwaltung, das Rotwild vom Schutz-        wechselt das Rotwild häufig über
     waldgebiet aus in die in Richtung          die Straße, die gleichzeitig Revier-       Sowohl unter jagdlichen Aspekten
     Sachrang gelegene Fütterung zu len-        grenze ist. Deshalb ist das Risiko für     als auch hinsichtlich des Tourismus
     ken, damit sich der Schutzwald bes-        Verkehrsunfälle in diesem Bereich          in der Region ist der Umgang mit
     ser entwickeln könne und Schäden           deutlich gestiegen. Folglich wird das      dem Rotwild in
     in diesem Bereich geringer würden.         Rotwild dort noch stärker bejagt. Ins-     dieser Form
     Diese Maßnahme wurde seinerzeit            gesamt wurde der Rotwildabschuss           nicht
     kontrovers diskutiert, sowohl in der
     Jägerschaft als auch in der Bevölke-
     rung und den eingebundenen Be-
     hörden. In einem intensiven Dialog           Franz Sommer
     mit dem Forstbetrieb Ruhpolding
     und dem Hegeringleiter Kampen-               Jahrgang 1953, ist seit 32 Jahren aktiver Jäger
     wand stimmte die Jägervereinigung            und seit 2018 erster Vorsitzender der Jägerver-
     Rosenheim schließlich der Verle-             einigung Rosenheim.
     gung zu. Denn diese sollte von einer

22   JAGD
        in Bayern
                    1-2022
ďŐĂďĞǀŽŶtĂīĞŶŶƵƌĂŶ/ŶŚĂďĞƌĞŝŶĞƌƌǁĞƌďƐĞƌůĂƵďŶŝƐ͘
                                                                                         Anzeige
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                                                                                                                    :ĂŐĚΘdƌĂĐŚƚ

                                                                                                   DϭϴͲŽĐŬͲ
                                                                                                     DŽŶƚĂŐĞ
                                                                                                    ĞƐƵĐŚĞŶ^ŝĞ
                                                                                                   ƵŶƐŝŶƵŐƐďƵƌŐ

erfreulich. Unserer Ansicht nach sind        allem fürs Rotwild und die Anwohner
                                                                                                                                EĂĐŚƚƐŝĐŚƚͲͬ
im Bereich der Chiemgauer Alpen              des schönen Prientals, die seit Jahr-
                                                                                                                              tćƌŵĞďŝůĚƚĞĐŚŶŝŬ
Wintergatter unverzichtbar, um das           hunderten mit dem Rotwild leben.                                                     ůĂŐĞƌŶĚ͘
Wild im Winter zu lenken und somit           Das Rotwild ist gerade als Charakter-                                             tŝƌďĞƌĂƚĞŶ^ŝĞ
Schäden an wertvollen Bergwäldern            wildart im Bergwald so zu bewirtschaf-                                                ŐĞƌŶĞ͊
zu reduzieren. Außerdem werden               ten, dass es ausreichend Ruhezonen
dadurch Ruhebereiche für das Wild            mit Sommer- und Wintereinständen
geschaffen.                                   im Gatter hat, nachdem die Auen in-
Insbesondere in touristisch extrem           zwischen von den Menschen genutzt
genutzten Bereichen hilft ein Win-           werden und dort kein Lebensraum
tergatter, Schäden an Wald und Wild          mehr für das Wild vorhanden ist.
zu reduzieren. Wenn es denn unbe-                                                                                           ĞƵĐŚƚĂďƐĞŚĞŶϲϬ
vielleicht allein unter Kostengesichts-      in denen sowohl die Störung durch
punkten erfolgte, da der Betrieb eines       Erholungssuchende als auch durch
Wintergatters durchaus zeitintensiv          die Jagd minimiert wird. Es gibt hier-
ist. Unserer Ansicht nach hat es weder       für gelungene Beispiele in Privatwäl-                                      WĂŬĞƚŽŚŶĞ
dem Schutzwald in diesem Bereich             dern, die nach dem Motto „Wald mit                                         ^ĐŚĂůůĚćŵƉĨĞƌĂƵĨŶĨƌĂŐĞ͘
genutzt, der hauptsächlich aus Fich-         Wild“ sowohl die Jagd als auch den
tenaltbestand und Buchen besteht,            Holzertrag optimal vermarkten. Dies
noch dem Wild, das nach wie vor den          ist sicherlich etwas aufwendiger als
Bereich des alten aufgelösten Gatters        die hier aufgezeigte Praxis. Am Ende
aufsucht. Die Auflösung war in jedem          zahlt es sich aber für Wald und Wild
Fall nachteilig für die Region und vor       allemal aus.                         ♦
REVIERPRAXIS
                             Kommentar

                                  Zur Bekämpfung der TBC beim Rotwild wurde in Tirol
                                ein Reduktionsgatter errichtet. Das sorgte für Zündstoff.

     Waidgerechter Umgang gefordert

     B   ekannterweise zählt zu den Aufgaben der Jägerschaft,
         für einen gesunden Wildbestand Sorge zu tragen. Dies
     kann ein mehr oder weniger intensiver Auftrag sein. Man
                                                                      In diesem Seuchengebiet war fortan die Veterinärbehörde
                                                                      für die Erstellung der Abschusspläne zuständig.
                                                                      Die Reduktion des Rotwildbestandes hat sich als erfolgreich
     denke nur an die Afrikanische Schweinepest, die es in den        erwiesen. Die Durchseuchungsrate in den betroffenen Ge-
     Griff zu bekommen gilt. Im Grenzgebiet Tirol, Vorarlberg,         bieten konnte von anfangs 30 auf nur mehr rund 5 % gesenkt
     Allgäu haben wir leider schon seit über zehn Jahren mit          werden. Nach rund zehn Jahren gab es allerdings Flächen,
     dem Vorkommen von Rinder-Tuberkulose (TBC) im Rot-               auf denen die Behörde noch keine ausreichende Bestands-
     wildbestand zu kämpfen.                                          und Seuchenreduktion festgestellt hat. Im Gegensatz dazu
                                                                      berichteten die Jagdausübungsberechtigten über zerstörte
                                                                      Bestandsstrukturen und stark gestresstes Wild.
     Region als Seuchengebiet ausgewiesen

     Sobald die Krankheit aufgetreten ist, wurden Maßnahmen           30 Stück Rotwild erlegt
     getroffen, da es sich um eine ansteckende, anzeigepflichti-
     ge Tierseuche handelt. Weil große Rotwildfütterungen im          Nachdem die Abschusspläne im Gebiet Kaisers wiederholt
     Winter zu erhöhter Ansteckungsgefahr unter den Tieren            nicht in der Höhe erfüllt worden sind, die die Behörde vor-
                                          führen, wurden die          geschrieben hatte, reagierte diese mit der Errichtung eines
                                          Abschusspläne     er-       Reduktionsgatters. Das Geschehene ist bekannt, es wurden
                                          höht und der Bestand        in einer Nachtaktion über 30 Stück im Gatter eingeschlossen
                                          reduziert. Des Weite-       und von behördlich beauftragten Personen erlegt. Die Anrai-
                                          ren wurde die Unter-        ner zeigten sich stark betroffen und dokumentierten das Ge-
                                          suchungspflicht von          schehen. Für die Öffentlichkeit war dies eine schockierende
                                          sämtlichen erlegten         Berichterstattung. Zahlreiche Beschwerdeanrufe, Mails und
                                          Stücken eingeführt          Briefe erreichten uns – auch wenn das Gatter rein auf vete-
                                          und die betroffene           rinärbehördlichen Vorgaben erstellt und verwendet wurde.
                                          Region als Seuchen-         Wir haben unseren Standpunkt klargemacht: Wir sind für das
                                          gebiet ausgewiesen.         Wild und einen waidgerechten Umgang, aber natürlich auch
                                                                      für die Seuchenbekämpfung. Diese kann für uns in Zukunft
                                                                      aber nur noch erfolgen, wenn die Maßnahmen abgestimmt
                                                                      werden. Dazu wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe des
                                         Anton Larcher                Landes Tirol und des Tiroler Jägerverbandes eingerichtet, die
                                                                      neue Strategien für die TBC-Bekämpfung ausgearbeitet hat.
                                         Jahrgang 1958, war von       Die waidgerechte Umsetzung und die Abstimmung der Be-
                                         2005 bis 2013 Bezirksjä-     jagungskonzepte zur Seuchenbekämpfung mit der Jäger-
                                         germeister von Innsbruck-    schaft stehen im Vordergrund. Anfang 2021 konnte das TBC-
                                         Stadt und ist seitdem Lan-   Seuchengebiet in Tirol sogar verkleinert werden, ganz ohne
                                         desjägermeister von Tirol.   Reduktionsgatter. Das betroffene Gebiet rund um Kaisers ist
                                         Er ist seit 1984 Jäger und   jedoch noch Seuchengebiet, auch wenn man inzwischen mit
                                         seit 2013 Akademischer       der Entwicklung der Durchseuchungsrate zufrieden ist.
                                         Jagdwirt.                    Das Fazit daraus: miteinander und nicht gegeneinander
                                                                      arbeiten, sonst steht die Jägerschaft schlussendlich wieder
                                                                      im Kreuzfeuer der Gesellschaft.                             ♦

24   JAGD
        in Bayern
                    1-2022
RECHT
                                                                                                                                   nwild
                                                                                                               Fütterung von Schale
Foto: R. Bernhardt

                                                Nur in Ausnahmen?
                                                              Kälte und Schnee haben Bayern bereits vor vielen Wochen
                                                                   erreicht. Doch ist dies Grund genug, Wild zu füttern?
                                                                           Die rechtlichen Rahmenbedingungen erklärt
                                                                         BJV-Justiziarin Dr. Diane Schrems-Scherbarth.

                     E   s gibt drei Arten von Nahrungsgaben für Schalenwild: Die
                         Notzeitfütterung, die Ablenkungsfütterung für Schwarz-
                     wild und die Kirrung. Hier wird ausschließlich die Notzeit-
                                                                                    kann diese auf seine Rechnung selbst das Füttern überneh-
                                                                                    men und ausreichende Fütterungsanlagen aufstellen lassen.
                                                                                    Das bedeutet jedoch nicht, dass der Revierinhaber verpflich-
                     fütterung behandelt. Sie basiert auf der Pflicht zur Hege des   tet ist zu füttern, wenn der Winter eintritt.
                     Wildes, damit ein gesunder und artenreicher Wildbestand er-
                     halten bleibt. Gleichzeitig sollen Wildschäden an Land- und
                     Forstwirtschaft möglichst vermieden werden. Art. 43 Abs. 3     Wild an kalte Jahreszeit angepasst
                     BayJG besagt deshalb, dass der Revierinhaber verpflichtet
                     ist, in der Notzeit für angemessene Wildfütterung zu sorgen    Das Wild ist grundsätzlich gut an die natürlichen Engpässe
                     und die dazu erforderlichen Fütterungsanlagen zu unterhal-     im Winter angepasst. Neben physiologischen (Herunter-
                     ten. Kommt der Revierinhaber der Verpflichtung nicht nach,      fahren des Stoffwechsels) und genetischen Anpassungen
                     obwohl er von der Jagdbehörde dazu aufgefordert wurde,         (z. B. Fellwechsel) geschieht dies meist auch durch

                                                                                                                                1-2022   JAGD
                                                                                                                                            in Bayern
                                                                                                                                                        25
RECHT
                                 nwild
             Fütterung von Schale

     veränderte Nahrungswahl. Zu den Anpassungen zählen un-           der Futtermittel angeordnet. Kriterien für das Vorliegen einer
     ter anderem auch die Wahl der Beute, die Raumnutzung und         Notzeit sind etwa:
     ein spezialisiertes Jagdverhalten. Fütterungen von Schalen-       die Witterung (Schnee: Pulver, Harsch, durchgefrorene
     wild außerhalb der Notzeit gelten daher als missbräuchlich         Schneedecke, längere Frostperioden)
     und sind verboten. Da die spezifischen Eigenschaften und           die Lage des Reviers (Mittelgebirge, Flussebene und Berg-
     Anpassungsfähigkeiten wie auch die geographischen Ge-              region sind dabei unterschiedlich zu beurteilen)
     gebenheiten individuell sind, ist die Notzeit gesetzlich nicht    die Ausstattung und Größe von Waldflächen und das Vor-
     definiert und wird insofern auch nicht amtlich festgestellt.        handensein von natürlicher Äsung und/oder Wildäckern
     Unter Notzeit versteht man nach der Rechtsprechung all-           eine Naturkatastrophe
     gemein „Zeiten, in denen das Wild wegen der bestehenden           Wild, das gezwungen ist, in zu hoch gelegenen nahrungs-
     Witterungs- und Bodenverhältnisse länger an der Aufnah-            armen Sommereinständen zu verbleiben
     me natürlicher Äsung gehindert ist“.                              großer Freizeitdruck, der in Zusammenhang mit ge-
     Dies kann sogar schon im Herbst der Fall sein, wenn auf-           schwächtem Wild steht
     grund der vegetationsarmen Landschaft nach der Ern-              Der Grundsatz bleibt: Künstliche Fütterung soll nach dem
     te keine Fettreserven aufgebaut werden können. So sieht          Willen des Gesetzgebers die Ausnahme sein, um Zeiten der
     die bayerische Schalenwildrichtlinie vor: „Bei ungünstigen       Futternot zu überbrücken. Vorrangig soll der Revierinha-
     Äsungsverhältnissen im Herbst (z. B. strukturarme Feld-          ber soweit möglich Maßnahmen der Reviergestaltung und
     flächen) soll die Fütterung auch die Bildung von Feistre-         Äsungsverbesserung durchführen.
     serven des Wildes für die Notzeit im Hochwinter zum Ziele        Verboten ist es, Futtermittel in oder im unmittelbar räum-
     haben. In solchen Fällen soll die Fütterung des Wildes mit       lichen Zusammenhang mit Schutzwäldern auszubringen,
     nährstoffreichem Futter bereits im Herbst einsetzen und           wodurch dann die Schutzfunktion des Waldes beeinträch-
     bis Jahresende durchgeführt werden. Ab Januar soll sich die      tigt oder gefährdet wird. Ebenso ist es verboten, Futter
     Fütterung auf die Darreichung von Erhaltungsfutter be-           auszubringen, das nach Zusammensetzung, Qualität oder
     schränken, weil der Nahrungsbedarf des Wildes im Hoch-           Menge den ernährungsphysiologischen Bedürfnissen der
     winter stark herabgemindert ist. Im auslaufenden Winter          jeweiligen Wildart nicht entspricht.
     soll, soweit eine Fütterung im Hinblick auf die Witterungs-      Witterungseinbrüche sind in den einzelnen Revieren sehr
     oder Vegetationsverhältnisse noch erforderlich ist, wie im       unterschiedlich zu beurteilen. Die Bewertung der lokalen
     Herbst gefüttert werden.“                                        Situation und die Entscheidung, ob eine Notzeit vorliegt,
                                                                      obliegt deshalb dem zuständigen Revierinhaber. Sollte
                                                                      diese Bewertung unzutreffend sein, trifft die Untere Jagd-
     Wann ist Notzeit?                                                behörde die erforderliche Regelung im Einzelfall. Ord-
                                                                      nungswidrig handelt, wer einer solchen Anordnung nicht
     Diese jagdrechtlichen Vorgaben zur Fütterung im Fall der         vollständig oder rechtzeitig nachkommt.
     Notzeit können dabei rein begrifflich nicht dem Ziel dienen,
     Verbissschäden zu vermeiden. Dies stellt allenfalls einen
     Nebeneffekt dar. Bei Streitigkeiten wird das Vorliegen einer      Vertrauen in Revierinhaber
                          Notzeit durch die Untere Jagdbehörde
                          im Einvernehmen mit dem Jagberater          Der Gesetzgeber vertraut damit grundsätzlich den Revier-
                          festgestellt und ggf. die Beseitigung       inhabern und ihrer Expertise. Dieses Vertrauen darf nicht
                                                                      missbraucht werden. Damit sich die Revierinhaber nicht
                                                                      angreifbar machen, sollten sie vor jeder Fütterungsvornah-
                             Dr. Diane Schrems-                       me dokumentieren, warum die Fütterung notwendig ist.
                                                                      Sollten Hinweise für eine missbräuchliche Fütterung vor-
                             Scherbarth
                                                                      liegen, ist die Untere Jagdbehörde für die Klärung des Sach-
                             45 Jahre alt, seit 29 Jahren Jägerin,    verhalts zuständig. Im Jagdjahr 2019/2020 wurden insge-
                             ist Justiziarin des BJV, Stellvertre-    samt 23 Anordnungen zur Unterlassung missbräuchlicher
                             terin im Obersten Jagdbeirat und         Wildfütterungen nach § 23a Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 Nr.
                             Mitglied der BJV-Kreisgruppe             2 AVBayJG erlassen. Das ist ein gutes Ergebnis, wenn man
                             Regensburg.                              bedenkt, dass Bayern über 9.000 Gemeinschaftsjagd-
                                                                      reviere hat.                                               ♦

26   JAGD
        in Bayern
                    1-2022
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des Handwerks sichtbar.

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Sängern helfen
                                                               Bei Eis und Schnee wird die Nahrung knapper.
                                                              Den daheimgebliebenen Singvögeln können Sie
                                                               dann mit Futtergaben unter die Flügel greifen.
                                                                                Aber ist das nur in der kalten
                                                                                          Jahreszeit sinnvoll?

     D   er Winter hat Einzug gehalten. Wie jedes Jahr sind vie-
         le Singvögel in wärmere Gefilde gezogen. Für unsere
     Standvögel, wie Rotkehlchen, Amsel, Fink und Spatz, heißt
                                                                    vor allem in vielen Gärten an Futterstellen. Worauf sollten
                                                                    wir aber beim Füttern achten? Und welchen Vorteil bringt
                                                                    das Zufüttern auch ganzjährig?
     es nun, ausreichend Nahrung zu finden, um dem energie-
     raubenden Wetter standzuhalten. Unterstützung finden sie
                                                                    Schädliche Bestandteile

                                                                    Es gibt viele Anbieter für Vogelfutter. Oft sind in fertigen Mi-
                                                                    schungen aber Bestandteile enthalten, die der Gesundheit
                                                                    unserer Vögel und sogar der Umwelt schaden. Reines Fett,
                                                                    das oft in fertigen Meisenknödeln enthalten ist, kann die
                             Stephanie Weiler                       Verdauung der Vögel beeinträchtigen. In einigen Mischun-
                                                                    gen findet sich Ambrosia, die auch bei Vögeln Allergien
                             studierte     Biologie/Wildbiologie    auslösen kann und als nicht heimische Pflanzenart unser
                             und ist BJV-Fachreferentin für         Ökosystem stört. Grundsätzlich gilt hier der Rat: Mischen
                             Naturschutz sowie die Wildland-        Sie selbst mit heimischen Produkten, die ohne Insektizide
                             Stiftung Bayern. Sie macht gerade      erzeugt wurden.
                             ihren Jagdschein und ist angehende     Hervorragende Energielieferanten sind ungeröstete und
                             Biberberaterin.                        ungesalzene Nüsse sowie Sonnenblumenkerne. Haselnuss-
                                                                    sträucher oder Sonnenblumen lassen sich auch problemlos

28   JAGD
        in Bayern
                    1-2022
REVIERPRAXIS
                                                                                                                                                                             Vögel füttern

           im Garten oder im Revier anpflanzen. Sie bieten unseren
           Standvögeln eine natürliche Nahrungsquelle.
           Getreideflocken von Hafer, Weizen, Dinkel, Gerste so-                                                                                      Futterknödel
           wie Roggen liefern weniger Energie und sind bei unseren                                                                                   selbst gemacht
           Vögeln unbeliebter. Beigemischt in selbst hergestellten
           Fettfutterknödeln werden sie aber gern aufgenommen.                                                                                                Sonnenblumenöl mit Haferflo-
           Wenn Sie im Sommer selbst ein paar Getreideähren sam-                                                                                                cken in eine Pfanne geben.
           meln wollen, achten Sie auf Mutterkornpilze. Sie sind für                                                                                              Leicht erhitzen, damit
           kleine Vögel tödlich.                                                                                                                                    sich die Flocken vollsau-
           Heimische ungespritzte Äpfel oder Beeren von Holun-                                                                                                       gen. Anschließend die
           der, Eberesche, Schneeball, Pfaffenhütchen, Weißdorn,                                                                                                        Fettflocken mit unge-
           Schwarzdorn oder Hagebutte etc. werden als Ergänzung                                                                                                         schwefelten Rosinen,
           von unseren Singvögeln gern verspeist. Auch die feinen Sa-                                                                                                    Nüssen und Mehl-
           men des Schlafmohns können Sie unseren Körnerfressern                                                                                                         würmern vermen-
           mit kleinen Schnäbeln zur Verfügung stellen. Grundsätzlich                                                                                                    gen. In eine Form
           gilt also: Nur heimische und natürliche Futtermittel sollten                                                                                                 bringen und abküh-
           ins Vogelhaus oder auf den Futterplatz. Von Brot und ande-                                                                                                 len lassen. Fertig!
           ren Lebensmitteln Finger weg!

           Ganzjährig füttern
                                                                                                                So steigt auch die Tendenz zur Zweitbrut. Zudem benötigen
           Dabei spricht vieles für ein ganzjähriges Füttern, vor allem                                         die Vögel für die Mauser und den Vogelzug ausreichend
           aber in der Brut- und Aufzuchtperiode. Unsere Kulturland-                                            Energie.
           schaft ist vielerorts ausgeräumt. Beeren, Sämereien und                                              Der Futterplatz sollte für Katzen und andere Räuber nicht zu
           Nüsse fehlen, aber vor allem der Insektenschwund setzt                                               erreichen sein, damit die Vögel ungestört fressen können.
           den Jungvögeln besonders schwer zu. Ist das Nahrungs-                                                Zudem sollte er vor Nässe geschützt sein und regelmäßig
           angebot mit energie- und proteinreichen Bestandteilen                                                gesäubert werden, um das Übertragen von Krankheiten zu
           hoch, wirkt sich das positiv auf unsere Singvögel aus. We-                                           verhindern. Kehren Sie am Abend, nachdem die Vögel an der
           niger Aggression und territoriales Verhalten ermöglichen                                             Futterstelle waren, einmal am Boden durch. Eine Schale mit
           mehr Zeit für die Jungenaufzucht und Nahrungsaufnahme.                                               sauberem Wasser rundet das Festmahl ab.                    ♦

                                                                                                                                                                                         Anzeige

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