VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken

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VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
Vom klassischen            InsurTech:                       Betriebliche
Versicherer zum modernen   Investitionen bleiben auf        Altersversorgung viel Luft
Lösungsanbieter            Rekordniveau                     nach oben

                   VERSICHERUNGEN
                          Ausblick 2020

                               Schadenmanagement:
           Versicherte überzeugen und Kosten senken

   Studie: Verzicht auf Neukundengeschäft gewinnt
                        immer weiter an Bedeutung

                                                       VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
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 Fondsanbieter in           Private Equity      Klimawandel zwingt
 Deutschland unter Druck    auf Rekordniveau    Investoren zum handeln

                                   INVESTMENT
                                     Ausblick 2020

 Nachhaltige Geldanlagen: Banken erwarten
 deutlichen Anstieg grüner Investments

 Jeder dritte Kunde in Deutschland plant seinen
 Wealth Manager zu wechseln

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VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
EDITORIAL I FinanzBusinessMagazin

EDITORIAL

Vom klassischen Versicherer
zum modernen Lösungsanbieter

Die Prämieneinnahmen stagnieren, die Wechselbereitschaft steigt und neue digitale
Wettbewerber drängen auf den Markt. Weltweit suchen Versicherer nach neuen Wegen,
um sich in diesem Spannungsfeld von der Konkurrenz abzusetzen. Die Zeiten, in denen die
Versicherer in ihrem Kerngeschäft unter sich sind, gehen zu Ende. Einer Studie zufolge sind
38 Prozent der Deutschen bereit, sich bei einem Dienstleister oder Hersteller wie etwa einem
Automobilkonzern zu versichern. 36 Prozent sind offen für Angebote etablierter Technologie-
konzerne und 32 Prozent stehen Offerten von Insurtechs aufgeschlossen gegenüber.

Weitere Themen dieser Ausgabe sind u.a.: In der Assekuranz zeichnet sich ein strategischer
Kurswechsel ab: Während im Jahr 2017 der Schwerpunkt der Versicherungshäuser auf
margenverbessernden Maßnahmen lag, priorisieren diese nun über alle Sparten hinweg
volumensteigernde Maßnahmen. Über 80 Prozent der Versicherer arbeiten aktuell an
Markt- und Wachstumsstrategien.

Drei Viertel der Versicherer in Deutschland möchten durch Neukunden wachsen, jeder
dritte hat vorrangig Neukunden im Blick. Demgegenüber sehen 67 Prozent der Versicherer
im Wachstum mit Stammkunden einen großen strategischen Nutzen, nur 17 Prozent einen
sehr großen. Die Gründe für die Unterschiede: Die Vergütungsmodelle im Vertrieb verändern
sich nur langsam in Richtung Cross- oder Upselling mit Stammkunden. Zudem behindern
das immer noch vorhandene Spartendenken sowie fehlende Multikanalstrukturen den
Verkauf übergreifender Versicherungsdienstleistungen je nach Lebenssituation.

Die Zeiten einer einzigen Versicherung fürs Leben sind lange vorbei. Nun gerät auch das
Bild vom Versicherer als naturgemäßem Anbieter von Policen ins Wanken. Denn drei Viertel
der unter 35-jährigen Kunden in Deutschland sind offen dafür, auch bei Branchenfremden
Versicherungen abzuschließen.

Das Redaktionsteam

                                                                         VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   3
VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
FinanzBusinessMagazin I INHALTSVERZEICHNIS

    VERSICHERUNGEN Markt

    6 Vom klassischen Versicherer zum modernen Lösungsanbieter

     7 Trendbarometer Assekuranz

     9 Versicherer: Neukunde kommt noch vor Stammkunde

    10 Studie: Blick in die Zukunft vermiest Versicherern die Laune

    12 Studie: Die Hälfte der Versicherer nutzt potentielles Wachstumskapital nicht / Verzicht auf Neukundengeschäft
       gewinnt immer weiter an Bedeutung

    13 Versicherer schnüren Care-Pakete - Skepsis bei PAYL-Tarifen

    15 Immobilienquote der Versicherer erstmals zweistellig

    17 Standardsetzer erleichtert den Versicherern die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards

     18 Horváth-Studie: Hybride Kunden werden überschätzt

     19 BaFin konkretisiert die MaGo für kleine Versicherungsunternehmen

     21 Update zum Versicherungsmarktreport 2019

     23 Generation Z: Eine attraktive und zugleich kritische Zielgruppe für Finanzdienstleister

     26 Die Entschlüsselung der Versicherten-DNS

    VERSICHERUNGEN - International

     28 Altersvorsorge: Deutschland bei den Faktoren Angemessenheit und Integrität gut platziert

     30 zeb.European Insurance Study 2019

    VERSICHERUNGEN - Rückversicherung

     31 Verfügbares Rückversicherungskapital in 2018 leicht rückläufig

    VERSICHERUNGEN - Run-Off

     32 Externer Run-Off von Versicherungsbeständen: Werden Abwicklungsplattformen zum neuen Trend?

    VERSICHERUNGEN - Digitalisierung

     33 Digital Pulse Check Insurance 2019

     34 Digitale Plattformen: Jeder fünfte Finanzdienstleister möchte mit Wettbewerbern kooperieren

     36 Digitalisierung: Banken und Versicherer rechnen mit den meisten Jobeinbußen

     37 Digitalisierung in der deutschen Industrieversicherung

     38 Finanzsektor 4.0: Die Zukunft von Banken und Versicherungen wird mit Mut gemacht … und mit Daten

     40 Zusatzangebote im Internet sichern Zukunft von Versicherungen

    VERSICHERUNGEN - Insuretechs

     42 Branchenkompass Insurance 2019: Versicherer und Makler meiden Insurtechs

     43 InsurTech: Investitionen bleiben auf Rekordniveau

4      VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
INHALTSVERZEICHNIS I FinanzBusinessMagazin

VERSICHERUNGEN - Cyberversicherung

44 Zwei von fünf Unternehmen wurden zuletzt Opfer einer Cyberattacke – Angst vor künftigen Angriffen groß

46 Cyber-Studie 2019: Risikobewusstsein deutscher Unternehmen wächst

47 Cyberkriminalität kostet deutsche Unternehmen im Schnitt 13 Millionen US-Dollar pro Jahr

49 Innovationen brauchen Versicherungen

VERSICHERUNGEN - Sachversicherung

50 Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken

51 Royal Sun Alliance nutzt Willis Towers Watson Software jetzt auch in der Schadenbearbeitung

53 Swiss Re und Sopra Steria Consulting entwickeln ganzheitliche Lösung zur Effizienzsteigerung
   aktiver Sachversicherungsbestände

54 Versicherungsmarktreport 2019 für Deutschland

VERSICHERUNGEN - bAV

55 bAV durch Entgeltumwandlung: Kein Schub durch BRSG

57 bAV-Administration erlebt Digitalisierungs-Schub

58 Reine Beitragszusage: breite Umsetzung erst ab 2021 zu erwarten

59 Pensionskassen sehen erheblich steigenden Aufwand für regulatorische Aufgaben mit deutlichen Zusatzkosten

60 Deckung von Pensionsverpflichtungen: Trend zur externen Finanzierung hält an

61 DAX30-Konzerne machen betriebliche Altersversorgung wetterfest

62 DAX 30-Unternehmen: Rechnungszins sorgt für Entlastung bei den Pensionsverpflichtungen

64 Betriebliche Altersversorgung viel Luft nach oben

65 Betriebsrentner werden entlastet

VERSICHERUNGEN - Rentenversicherungen

66 Wer besser verdient, lebt zunehmend länger und erhält dadurch überproportional mehr Rente

67 Lebenserwartung steigt nur noch langsam

68 Umfassende Renteninformation: Kompliziert, aber machbar

VERSICHERUNGEN - Pflegeversicherungen

69 Armut durch Pflegebedürftig – neue Studie kalkuliert Kosten und Verteilungswirkung

72 Was stationäre Pflege kostet

VERSICHERUNGEN - Krankenversicherung

73 Gesetzlich Versicherte setzen auf digitale Gesundheitsservices

VERSICHERUNGEN - Kreditversicherung

74 Gesetzliche Neuregelung zeigt Wirkung: Nutzung von Restkreditversicherungen geht zurück

IMPRESSUM

52 Impressum

                                                                                          VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   5
VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
FinanzBusinessMagazin I MARKT

    Vom klassischen Versicherer zum
    modernen Lösungsanbieter

    D
            ie Prämieneinnahmen stagnieren,         Kunden sind offen für Branchenfremde
            die Wechselbereitschaft steigt und
            neue digitale Wettbewerber drängen      Noch schaffen es die deutschen Versiche-
    auf den Markt. Weltweit suchen Versicherer      rungsunternehmen vergleichsweise gut,
    nach neuen Wegen, um sich in diesem             die Erwartungen ihrer Kunden zu erfül-
    Spannungsfeld von der Konkurrenz abzu-          len. Die höchsten mit dem Net Promoter
    setzen. In ihrer Studie „Deutscher Versi-       Score® (NPS®) gemessenen Loyalitäts-
    cherungsreport: Wer vernetzt, gewinnt“          werte erzielt 2019 sowohl in der Sach- als
    zeigt die internationale Unternehmensbe-        auch in der Lebensversicherung einmal
    ratung Bain & Company auf, wie Versiche-        mehr die HUK Coburg. Auf den Plätzen
    rer hierzulande mit vernetzten Services         folgen in der Sachversicherung HUK24
    und Ökosystemen die Loyalität ihrer Kunden      und LVM; in der Lebensversicherung
    steigern und deren Erwartungen im digitalen     CosmosDirect und ERGO Direkt.
    Zeitalter erfüllen können. Befragt wurden
    weltweit 167.000 Versicherungsnehmer,           Die Zeiten, in denen die Versicherer in ihrem
    darunter 14.000 in Deutschland.                 Kerngeschäft unter sich sind, gehen zu
                                                    Ende. 38 Prozent der Deutschen sind
    „Überzeugende Interaktionen sind und            bereit, sich bei einem Dienstleister oder
    bleiben der Schlüssel für loyale Kunden“,       Hersteller wie etwa einem Automobil-
    erklärt Bain-Partner und Studienautor           konzern zu versichern. 36 Prozent sind
    Dr. Christian Kinder. Hier können Ökosy-        offen für Angebote etablierter Techno-
    steme wie die Werkstattnetze zahlreicher        logiekonzerne und 32 Prozent stehen
    Kfz-Versicherer viele neue Anknüpfungs-         Offerten von Insurtechs aufgeschlossen
    punkte schaffen. „Immer mehr Kunden             gegenüber (Abbildung).
    wollen eine Versicherung, die Lösungen
    anbietet, statt nur Policen zu verkaufen        Im Wettbewerb mit Branchenneulingen
    und Schäden zu regulieren“, so Kinder weiter.   haben etablierte Versicherungsunterneh-
    „Dafür braucht die Assekuranz Partner.          men zwei entscheidende Vorteile. Zum
    Ökosysteme sind die richtige Antwort auf        einen vertrauen die Kunden ihnen. Zum
    die veränderten Kundenwünsche.“                 anderen schätzen viele in entscheidenden
                                                    Momenten den persönlichen oder telefo-
                                                    nischen Kontakt.

                                                    Viele Versicherungsnehmer interagieren
                                                    indes nur sporadisch mit ihrem Anbieter.
                                                    42 Prozent der Befragten geben an, in
                                                    den vergangenen zwölf Monaten keinen
                                                    Kontakt zu ihrem Versicherer gehabt zu
                                                    haben. Das hat unmittelbare Auswir-
                                                    kungen auf die Loyalität: Gibt es keine
                                                    Interaktion, liegt der NPS in der Sach-
                                                    versicherung branchenweit bei 1 Pro-
                                                    zent, in der Lebensversicherung bei minus
                                                    15 Prozent. Schon bei zwei Interakti-
                                                    onen im Jahr steigen die Werte auf 26
                                                    beziehungsweise 14 Prozent. Wesentlich
    Quelle: © pixabay.com
                                                    häufiger haben Kunden mit ihrer Versi-

6       VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
MARKT I FinanzBusinessMagazin

cherung Kontakt, wenn sie über ihre ver-     Doch die Versicherer sollten noch aus
netzten Geräte in das Ökosystem ihres        einem weiteren Grund schnell handeln.
Anbieters eingebunden sind. In diesem        „Positionieren sie sich nicht als Partner für
Fall steigt die Zahl der Interaktionen um    ein sicheres Eigenheim oder unfallfreies
den Faktor 6.                                Fahren, werden es branchenfremde An-
                                             bieter tun“, so Kinder. Tatsächlich bewegen
Mit der richtigen Strategie                  sich die Kfz-Hersteller in Deutschland
in die vernetzte Welt                        bereits in diese Richtung und zwingen die
                                             traditionellen Versicherer, ihre Geschäfts-
Ein Drittel der Deutschen erwartet von       modelle weiterzuentwickeln.
ihrem Versicherer in den Sparten Kfz,
Gebäude und Gesundheit vernetzte             Fünf Themen stehen dabei im Fokus:
Angebote. „Das ist eine Steilvorlage für
die Branche“, stellt Bain-Partner Kinder     •  Aufbau eines Ökosystems
fest. Denn über vernetzte Services er-       •  Entwicklung einer Datenstrategie
hielten die Unternehmen kontinuierlich       •  Weiterentwicklung des Vertriebs
Informationen über das tatsächliche          •  Optimierung von Produkten und Prozessen
Verhalten ihrer Kunden, was ihnen die        •  Zweigleisiger Strategieansatz für die
personalisierte Ansprache erleichtere.          Entwicklung einer langfristigen Vision
So werde die Basis für eine langfristige     • Die Assekuranz steht vor einer tief
Kundenbindung sowie Up- und Cross-              greifenden Transformation.
Selling geschaffen.                          Autor: www.bain.com/de

Trendbarometer Assekuranz

I
     n der Assekuranz zeichnet sich ein      2018) mit ihrer digitalen Ausrichtung; für
     strategischer Kurswechsel ab: Während   weitere 16 Prozent steht das Thema 2019
     im Jahr 2017 der Schwerpunkt der        fest auf der Agenda.
Versicherungshäuser auf margenverbes-
sernden Maßnahmen lag, priorisieren diese    Baustelle Digitalisierung
nun über alle Sparten hinweg volumen-
steigernde Maßnahmen. Über 80 Prozent        In der Assekuranz wird zwar schon heute
der Versicherer arbeiten aktuell an Markt-   an vielen verschiedenen digitalen Themen
und Wachstumsstrategien. Das ist eines       gearbeitet, was grundsätzlich im Ein-
der zentralen Ergebnisse des Trendbaro-      klang mit der fokussierten Digitalstrate-
meters Assekuranz, einer Kurzstudie der      gie steht. Allerdings ist eine eindeutige
globalen Strategie- und Marketingberatung    Stoßrichtung innerhalb der digitalen Themen
Simon-Kucher & Partners.                     aktuell nicht erkennbar. „Jedes zweite
                                             Versicherungsunternehmen gibt an, dass
Oberstes strategisches Ziel: Wachstum        dieses essentielle Thema im eigenen
                                             Haus nicht systematisch und übergrei-
Die Studienergebnisse zeigen zudem:          fend angegangen wird“, so Frank Gehrig,
Neben Markt- und Wachstumsstrategien         Partner bei Simon-Kucher. Dabei ist den
steht 2019 das Thema Produktstrategie        Studienteilnehmern der Mehrwert, den
im Zentrum vieler Versicherungshäuser.       Digitalisierung in Punkto Kundennutzen
Im Einklang mit den Trends der Branche       stiftet, durchaus bewusst. Innerhalb der
wird außerdem die Digitalstrategie in al-    Wertschöpfungskette sehen Versicherer
len Sparten als potenzieller Wachstum-       insbesondere beim Thema Service durch
streiber gesehen und steht ebenfalls im      Digitalisierung den größten Kundennut-
strategischen Fokus der Versicherer. Über    zen. Und konkret planen vier von fünf
zwei Drittel beschäftigten sich bereits      Versicherungshäusern auch, in der nahen
zum Zeitpunkt der Erhebung (November         Zukunft beispielsweise in Online- und

                                                                      VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   7
VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
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    Videochats zu investieren. „Für Versicherer    Im Hinblick auf die Frage, auf welchen
    ist es dringend notwendig, die Digitali-       Vertriebsweg man sich 2019 und darüber
    sierung als ‚Enabler‘ wahrzunehmen, die        hinaus konzentrieren will, gehen die Mei-
    dabei hilft, Maßnahmen zu implementieren       nungen der Sparten stark auseinander.
    und übergreifende Ziele zu erreichen:          So stehen im Bereich Komposit auch weiter-
    Eine einheitliche Strategie ‚aus einem         hin ‚Ausschließlichkeit & Makler‘ klar im
    Guss‘ ist hier unverzichtbar“, so Maximilian   Fokus. Lebensversicherer konzentrieren
    Effing, Studienautor und Manager bei           sich hingegen stärker auf Maßnahmen
    Simon-Kucher.                                  für Makler und Partnervertriebe. Der Be-
                                                   reich der Krankenversicherer priorisiert
                                                   vor allem den Vertrieb über die eigene
                                                   Homepage.

                                                   Thema „Produkt“ wird nur zögerlich
                                                   und häufig losgelöst vom Pricing
                                                   angegangen

                                                   Auf die Frage, welche Top-Maßnahmen
                                                   zum Thema „Produkt“ 2019 operativ
                                                   umgesetzt werden, zeichnete sich ein
                                                   klares Bild ab: Bei Versicherern steht
                                                   vor allem die Überarbeitung bestehen-
                                                   der Produkte im Fokus. Eine Sanierung
                                                   des Produktportfolios und auch die
                                                   Entwicklung neuer Produkte hat – zu-
                                                   mindest in Komposit und Leben – nur
                                                   untergeordnete Relevanz. „Versicherer
                                                   beschäftigen sich aktuell zu wenig mit
                                                   neuen Innovationen, die sich durch die
                                                   Digitalisierung ergeben – dies sollte sich
                                                   zukünftig ändern. Für uns ist es aber
                                                   überraschend, dass die Produktstra-
                                                   tegie häufig losgelöst von der Preisstra-
                                                   tegie angegangen wird. Im Produktent-
    Quelle: © DragonImages - Fotolia.com
                                                   wicklungsprozess müssen beide Themen
                                                   untrennbar miteinander verbunden sein“,
    Priorisierung im Vertrieb                      erläutert Effing.
    spartenübergreifend
    auf Neukundengewinnung                         Neukunden-Wachstum
                                                   durch Sales Excellence
    Im Bereich Vertrieb liegt der Fokus der
    Versicherer spartenübergreifend auf der        Die Ergebnisse des Trendbarometers
    Neukundengewinnung und einer damit             zeigen deutlich: Die Neukundengewin-
    einhergehenden Verbesserung der Ver-           nung ist klares Vertriebsziel in allen
    kaufsunterstützung. Auffällig ist, dass die    Sparten. Dazu Gehrig: „Unsere Erfah-
    Veredelung der Kunden durch Up- oder           rung zeigt, dass zwei Hebel es ermög-
    Cross-Selling hingegen nur eine unter-         lichen, dieses Ziel, bereits kurz- bis
    geordnete Rolle (< 50 Prozent) spielt.         mittelfristig zu erreichen: Versicherer
    „Der Kampf um den (Neu-) Kunden hat            sollten zum einen ihre Vermittler durch
    begonnen. Um diesen für sich zu gewinnen,      digitale Verkaufsunterstützungen akti-
    müssen Versicherer eine praktikable            vieren. Zum anderen muss die Neukun-
    Omnikanal-Strategie vorweisen. Dazu            dengewinnung durch eine praktikable
    gehört auch ein systematisches Lead-           Omnikanal-Strategie und ein systema-
    Management durch konsequentes Anbieten         tisches Lead-Management unterstützt
    von Cross- und Up-Selling-Optionen“, so        und angestoßen werden.“
    Gehrig.                                        Autor: www.simon-kucher.com/de

8       VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
MARKT I FinanzBusinessMagazin

Versicherer:
Neukunde kommt noch vor Stammkunde

D
       rei Viertel der Versicherer in                  einer Bandbreite frei gewählt werden.
       Deutschland möchten durch Neu-                  Die Idee dahinter lautet Transparenz.
       kunden wachsen, jeder dritte hat                Zudem sollen Makler und Vermittler so
vorrangig Neukunden im Blick. Demge-                   Anreize bekommen, ihr Geschäftsmodell
genüber sehen 67 Prozent der Versiche-                 in Richtung einer laufenden Vergütung
rer im Wachstum mit Stammkunden einen                  umzustellen. Ein weiterer Ansatz ist ein
großen strategischen Nutzen, nur 17 Pro-               „Pay-per-Contact“-Modell.
zent einen sehr großen. Die Gründe für
die Unterschiede: Die Vergütungsmodelle                Um künftig stärker mit Bestandskunden
im Vertrieb verändern sich nur langsam in              zu wachsen und den Vertrieb zu stärken,
Richtung Cross- oder Upselling mit Stamm-              will mehr als jeder vierte Versicherer mit
kunden. Zudem behindern das immer noch                 innovativen Produkten und verbessertem
vorhandene Spartendenken sowie fehlende                Service (28 Prozent) überzeugen. Um
Multikanalstrukturen den Verkauf über-                 Stammkunden gerade während der langen
greifender Versicherungsdienstleistungen               Laufzeit von Lebens- und Rentenversiche-
je nach Lebenssituation. Die nötigen                   rungen mehr Freiheiten zu geben und für
Investitionen in das Aufbrechen von                    neue Kontaktanlässe zu sorgen, setzen
Datensilos und neue Konzepte zur Nutzung               einige Versicherer zunehmend auf anpass-
von Daten hat das Gros der Versicherer                 bare Produkte. Kunden können beispiels-
noch vor sich. Das ergibt die Studie „Branchen-        weise Beiträge je nach Lebenslage senken
kompass Insurance 2019" von Sopra                      und erhöhen sowie Auszahlungen aus dem
Steria Consulting.                                     angesparten Vermögen vornehmen. Diese
                                                       Flexibilität schafft Kundenzufriedenheit
Die Versicherungsbranche tut sich mit neuen            und zusätzliche Gesprächsanlässe für die
Vergütungsmodellen, die vor allem die                  Vermittler. Beides fördert das Cross- und
laufende Betreuung der Stammkunden                     Upselling-Potenzial.
belohnen, noch schwer. Das gilt vor allem
für das traditionell auf Neuabschlüsse aus-            Nachholbedarf beim Cross-Selling
gelegte Lebensversicherungsgeschäft. Im
Zuge eines drohenden Provisionsverbots                 Die Mehrheit der Versicherer bewertet die
bieten Versicherer mittlerweile sogenannte             Chancen, mit Stammkunden zu wachsen,
Nettopolicen an. Statt der Provisionskosten,           grundsätzlich als groß, so das Ergebnis
die mit den Beiträgen sukzessive abbezahlt             des im Rahmen der Studie durchgeführten
werden, fällt einmalig ein festes Honorar              Think Tanks mit Experten aus der Bran-
an. Bei fondsgebundenen Rentenversiche-                che. Die Anzahl der Policen pro Haushalt
rungen arbeiten eini-                                                      ist in der Regel höher als die
ge Anbieter mit einer                                                      durchschnittliche Vertragszahl
Bestandspflegever-                                                         der Kunden. Trotz des Potenzi-
gütung nach dem                                                            als nutzt die Assekuranz ihre
Net-Asset-Value-An-                                                        Chancen aktuell nicht, weder
satz. Grundlage für                                                        auf klassischem noch auf digi-
die Vergütung ist das                                                      talem Wege. Dabei sind gerade
Ve r t ra g s g u t h a b e n                                              Online-Vertriebswege    präde-
des     Versicherungs-                     Quelle: © goodluz - Fotolia.com
                                                                           stiniert, um bei Stammkunden
vertrags. Andere Ver-                                                      zu punkten. Das Vertrauen in
sicherer bieten Vermittlern und Kunden ein             den Versicherer besteht bereits. Neukunden
variables Modell. Abschlussvergütungen                 sind dagegen digitalen Kanälen gegenüber
und Folgehonorar können im Rahmen                      skeptischer, vor allem bei Unternehmen, die

                                                                                   VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   9
VERSICHERUNGEN Ausblick 2020 - Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
FinanzBusinessMagazin I MARKT

     sie nicht kennen. Die Zahl der nötigen Kontakte   werden explizit bei Vertragsabschluss vom
     pro Abschluss ist signifikant größer.             Kunden erfragt. Weil allerdings in vielen
     Den Versicherern fehlt es allerdings noch         Unternehmen das Omnikanal-Management
     an spartenübergreifenden und datenba-             nicht funktioniert, entstehen unbefriedi-
     sierten Konzepten. „Die Spartentren-              gende Kundenerlebnisse. Der Kunde wird
     nung ist im digitalen Zeitalter veraltet und      nicht auf dem aktuellen Stand seiner Kom-
     verhindert Geschäft, vor allem mit den            munikation bedient. Es fehlen Regeln,
     Stammkunden“, sagt Dominic Testrut,               um die nahtlose Übergabe der Daten zwi-
     Director Insurance Consulting von Sopra           schen den Kanälen zu gewährleisten. Zu-
     Steria Consulting. „Die Versicherten er-          dem werden verhaltensbasierte Daten
     warten ganzheitliche Problemlösungen, die         noch nicht systematisch erhoben und für
     beispielsweise Lebenswelten wie Gesund-           die Cross-Selling-Produkte eingesetzt. Auf
     heit, Mobilität und Wohnen verknüpfen“, so        diesem Gebiet setzt derzeit ein Umdenken
     Testrut.                                          ein. Jeder fünfte Versicherer hat die In-
                                                       tegration der Kommunikationskanäle weit
     Grundsätzlich haben Versicherungsun-              oben auf der Investitionsliste für die kom-
     ternehmen eine gute Basis. Daten wie              menden drei Jahre, so der Branchenkom-
     das Alter, der Familienstand, der Beruf,          pass Insurance 2019.
     die Wohnsituation oder das Einkommen              Autor: www.soprasteria.de

     Studie:
     Blick in die Zukunft vermiest
     Versicherern die Laune

     D
             ie    Versicherungswirtschaft     in      Mittel- bis langfristig stellt sich die Branche
             Deutschland verharrt in ihrem Stim-       auf Wachstumsdämpfer ein. Die Stimmung
             mungstief. Nur rund jeder vierte          ist allenfalls als verhalten optimistisch ein-
     Entscheider geht davon aus, dass sich die         zustufen. Entscheider kleinerer Versicherer
     Branche in den kommenden drei Jahren              mit bis zu 500 Mitarbeitern blicken pessi-
     signifikant besser als die Gesamtwirtschaft       mistischer in die Zukunft als die Konzerne.
     entwickeln wird. Damit hat sich die Ge-           Das liegt vor allem an den hohen Bürokratie-
     mütsverfassung seit 2017 kaum verändert,          kosten für die Umsetzung von EU-Re-
     trotz ordentlicher Wachstumszahlen 2018.          gularien. Die großen Unternehmen können
     Die Abkühlung der Konjunktur kommt                die fixen Kosten, die Solvency II, die Daten-
     zur Unzeit, Regulierung und die anhaltend         schutzgrundverordnung (DSGVO) und der
     niedrigen Zinsen erschweren weiterhin das         Bilanzierungsstandard IFRS 17 auslösen,
     Geschäft. In sieben von zehn Unterneh-            besser über die Masse an Verträgen und
     men binden zudem Maßnahmen für mehr               Mitarbeitern verteilen als Versicherer mit
     Datensicherheit und Datenschutz viele Res-        weniger Bestand und Personal.
     sourcen. Impulse für neues Wachstum ver-
     sprechen sich die Versicherer und Vermittler      Leichte Entlastung winkt den Versicherern
     durch mehr Automatisierung und Digitali-          mittelfristig beim Solvency-II-Regelwerk.
     sierung. Das ergibt die Studie „Branchen-         Die EU-Kommission will das Thema 2020
     kompass Insurance 2019“ von Sopra Steria          neu bewerten. Der GDV hatte nach einer
     Consulting.                                       Zwischenbilanz darauf hingewiesen, dass
                                                       die gesetzlich vorgeschriebenen Solvenz-
     Für das laufende Geschäftsjahr rechnen            berichte kaum gelesen werden, und eine
     die Entscheider der Versicherer und Makler        Verschlankung gefordert. Für zusätzliche
     im Durchschnitt erneut mit Beitragsstei-          Vereinfachungen wollen die Versicherer
     gerungen, so der Gesamtverband der                selbst sorgen. Plan ist, Kosten für künftige
     Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).          regulatorische Anpassungen durch Investi-

10     VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
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tionen in Cloud-Lösungen an die Anbieter                   Automatisierung und Digitalisierung
auszulagern. Fast jede dritte Führungskraft                als Hoffnungsträger
(31 Prozent) verspricht sich mit der Maß-
nahme automatische Anpassungen an Re-                      Um sich gleichzeitig Vorteile bei den Ko-
gulierungen, so die Studie.                                sten und bei der Kundenzufriedenheit zu
                                                           verschaffen, stehen branchenweit Investi-
Beim Vergleich mit anderen Anbietern von                   tionen in Automatisierung, Digitalisierung
Versicherungen gibt sich die Branche selbst-               und Kooperationen auf der Agenda. Aus
bewusst. 43 Prozent der Unternehmen                        Sicht von 61 Prozent der befragten Ent-
halten sich für technologisch und organi-                  scheider sollte das eigene Unternehmen
satorisch besser gewappnet als ihre                        eine technologische Vorreiterrolle anstre-
direkten Wettbewerber. Zwölf Prozent                       ben. Zentrale Hebel sind Robotic Process
sehen sich in einer schwächeren Position.                  Automation, Beratung mit Unterstützung
Vermittler sind hier etwas zurückhaltender                 von Chatbots, Bekämpfung von Versiche-
als ihre Produktgeber. Von ihnen sagen nur                 rungsbetrug mithilfe Künstlicher Intelli-
32 Prozent, besser als ihre Wettbewerber zu                genz sowie Cloud Computing.
sein, 18 Prozent schätzen sich als schwächer
ein. Sie befürchten vor allem, dass sie                         Mehr als jedes zweite Unternehmen will
sukzessive durch Onlineplattformen und                          zudem mit durchgehend digitalen Pro-
Insurtechs ersetzt werden. Insgesamt be-                        zessen mehr direkte Onlineabschlüsse
trachten 59 Prozent der Versicherer und                         ermöglichen und die Schaden-Kosten-
Vermittler Insurtechs als ernste Bedrohung                      Quoten massiv senken. Maßstab im Scha-
im Kampf um Marktanteile.                                       denmanagement sind digitale Versiche-
                                                                rer wie One, die bis zu 60 Prozent aller
Strategisch wenig Neues                                         Schäden in Echtzeit und vollautomatisch
                                                                              regulieren. 63 Prozent der Ver-
Auf der Suche nach neuen                                                      sicherungsmanager sehen große
Wachstumsimpulsen wirkt die                                                   Chancen, mit dem Umstieg auf
Branche strategisch ein Stück                                                 eine IT-Landschaft aus der Cloud
weit ideenlos: Auf der Einnah-                                                Wachstumsimpulse im Vertrieb
menseite bleiben viele Ver-                                                   zu setzen. Jeder vierte Versiche-
sicherer ihren etablierten                                                    rer möchte mit dieser Maßnahme
Strategien treu. Für 76 Pro-                                                  künftig schneller und einfacher
zent ist das Gewinnen neu-                                                    modulare Baukastenprodukte für
er Kunden immer noch das                                                      Kunden anbieten und gewach-
Hauptstandbein für Wachstum.                                                  sene Spartenstrukturen über-
Immerhin: 67 Prozent der be-                                                  winden. Beim Thema Kooperati-
fragten Versicherer fokussie-                                                 onen mit Insurtechs zögern viele
ren sich parallel verstärkt auf                                               Entscheider noch. Nur vier von
Cross-Selling-Strategien mit        Quelle: © contrastwerkstatt - Fotolia.com
                                                                              zehn Versicherungsunternehmen
Stammkunden. „Die Differen-                                                   halten die Zusammenarbeit für
zierung gegenüber Wettbewerbern findet                          nützlich, bei den Vermittlern spricht sich
in der Versicherungsbranche noch stark                          jeder vierte für Partnerschaften aus.
über den Preis statt, besonders bei Sach-
versicherungen. Damit ist praktisch jeder                       Vertrieb 2022: weniger Vermittler,
Versicherer gezwungen, Organisation und                         aber keine Komplettdigitalisierung
Prozesse akribisch nach Einsparpoten-
zialen abzusuchen. Kunden honorieren                            Als Wachstumsgaranten gelten in der Ver-
allerdings auch schnelle und fundierte                          sicherungswirtschaft die Vermittler und
Beratung über diverse Kanäle sowie Pro-                         Makler mit ihrer Nähe zu den Kunden.
dukte, die sich ihrer Lebenssituation stän-                     Mit Blick auf die kommenden drei Ge-
dig anpassen. Diesen Wachstumspfad mit                          schäftsjahre sehen die befragten Versi-
loyalen Kunden sollten mehr Assekuranzen                        cherungsführungskräfte einen Rückgang
stärker verfolgen“, sagt Christian Diemaier,                    der Vermittlerzahlen zugunsten des
Leiter des Geschäftsbereichs Insurance                          Direktgeschäfts über Onlinekanäle. Als
von Sopra Steria Consulting.                                    Vertriebsmodell der Zukunft erwarten drei

                                                                                        VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   11
FinanzBusinessMagazin I MARKT

     Viertel der Befragten allerdings kein Ende     bieten beispielsweise digitale Sachversi-
     der persönlichen Beratung, sondern einen       cherungen über Makler an. Wefox unter-
     Hybridansatz.                                  stützt Makler darüber hinaus mit einem
     Für viele Versicherungsprodukte bleiben        digitalen Backoffice. „Wir werden erleben,
     die Berater unverzichtbar, werden aller-       wie die Versicherer mit ihrer Markenbe-
     dings bei der Anbahnung von Geschäft           kanntheit, Makler und Vermittler mit ihrem
     deutlich stärker als bislang durch Tech-       Vertriebs-Know-how sowie Insurtechs mit
     nologien wie Künstliche Intelligenz un-        ihrer technischen Innovationsstärke deut-
     terstützt. Selbst rein digitale Versicherer    lich enger zusammenrücken“, sagt Christian
     setzen auf die Nähe zu erfahrenen Ver-         Diemaier von Sopra Steria Consulting.
     triebsexperten. Neodigital und Wefox           Autor: www.soprasteria.de

     Studie:
     Die Hälfte der Versicherer nutzt potentielles
     Wachstumskapital nicht /
     Verzicht auf Neukundengeschäft gewinnt
     immer weiter an Bedeutung

     E
           ine Vielzahl der Versicherer nutzt ihr   programmen das tägliche Geschäft. Zum
           Potential an Wachstumskapital nicht      anderen muss sich die Assekuranz erhöh-
           voll aus. Dies ergab eine aktuelle       ten regulatorischen Anforderungen stel-
     Studie der Managementberatung 67rock-          len“, erklärt Braasch. Auch mangelnde
     well. Demnach betrieben nur 52 Prozent         Profitabilität und zu hohe Verwaltungs-
     der befragten Komposit-Versicherer –           und     Administrationskosten   könnten
     Versicherungen, die verschiedene Spar-         als Ursache abgeleitet werden. Im Um-
     ten der Sach- und Unfallversicherungen         kehrschluss: Im Fokus neuer Wachstum-
     anbieten – den sogenannten „Run-Off“,          schancen fehlt den Versicherungsun-
     einen bewussten Verzicht auf Neukunden         ternehmen somit Wachstumskapital für
     und die Konzentration auf das Fortführen       Neugeschäft. Man konzentriert sich statt-
     von Altbeständen. 88 Prozent der Studien-      dessen auf das Fortführen von Altlasten
     teilnehmer gehen davon aus, dass RunOff        in der Schaden-Unfallversicherung.
     bei deutschen Komposit-Versicherungen
     weiter an Bedeutung gewinnen wird.             Dennoch: Von den 52 Prozent der Ver-
                                                    sicherungen, die bereits Run-Off betrieben
     „Das Thema ‘Run-Off‘ spielt im deutschen       haben, konzentriert sich der Großteil
     Versicherungsmarkt eine wachsende Rolle        – nämlich über 80 Prozent – auf einen
     und wird zukünftig noch häufiger als           externen Run-Off. Lediglich ein Fünftel
     ‘Notbremse‘ in Versicherungsportfolios         setzte einen internen Run-Off um.
     eingesetzt werden“, so Tim Braasch, Leiter
     der Studie sowie Gründer und Geschäfts-        Der Unterschied: Bei einem externen
     führer von 67rockwell.                         Run-Off überträgt ein Versicherer seinen
                                                    Versicherungsbestand entweder auf ein
     „Dies hat verschiedene Gründe. Die deut-       anderes Unternehmen oder das gesamte
     sche Versicherungswirtschaft befindet          Versicherungsunternehmen wird an einen
     sich in einem dynamischen Wandel. Zum          Investor verkauft. Ein interner Run-Off
     einen erschweren Kapitalbindungskosten         liegt vor, wenn ein Versicherungsunter-
     und eine enorme Komplexität im Umgang          nehmen sein Neukundengeschäft offi-
     mit Altlasten in IT- und Transformations-      ziell oder zumindest faktisch einstellt,

12     VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
MARKT I FinanzBusinessMagazin

den Bestand aber nicht an einen Dritten
überträgt, sondern selbst als Risikoträger
rechtlich und ökonomisch abwickelt.

In den vergangenen Jahren stieg das pro-
gnostizierte Run-Off-Potential auf dem
europäischen Markt stetig. So schätzt ein
Viertel der befragten Versicherer in der
Studie das potentielle Run-Off-Volumen
über die nächsten drei Jahre auf mehr als
250 Millionen Euro.
Autor: www.67rockwell.de                     Quelle: © Tomasz Papuga - Fotolia.com

Versicherer schnüren
Care-Pakete - Skepsis bei PAYL-Tarifen

M
        ehr als jeder dritte Versicherer     Die Produktlandschaft der Assekuranz in
        (35 Prozent) will seine Produkt-     Deutschland wird sich in den kommen-
        landschaft bis 2022 gravierend       den Jahren wandeln. Mit neuen Services,
verändern. Die Branche reagiert damit        Angeboten, Apps und Multi-Kanal-
unter anderem auf den geplanten Provi-       Management wollen die Versicherer und
sionsdeckel für bestimmte Lebensversi-       Vermittler neue Kunden gewinnen und
cherungsprodukte und den harten Preis-       bestehende Beziehungen vertiefen. Vor
kampf in der Sachversicherungssparte.        allem neue Themenangebote wie
Vier von zehn Versicherern wollen das        Produktbündelungen und Cyber-Security-
Geschäft mit Total-Care-Paketversiche-       Policen werden in den kommenden fünf
rungen und Anti-Hacking-Policen ankur-       Jahren an Relevanz gewinnen.
beln. Produkte mit verhaltensabhängigen
Beiträgen finden in der Branche dagegen      So wollen 39 Prozent der befragten Ver-
weniger Anklang. Das ergibt die Studie       sicherer durch Kombiprodukte wachsen.
„Branchenkompass Insurance 2019" von         Die Themenpakete enthalten neben der
Sopra Steria Consulting.                     Versicherungsleistung weitere Dienst-
                                             leistungen, beispielsweise Bausteine
                                             anderer Versicherer sowie passende Pro-
                                             dukte branchenfremder Unternehmen.
                                             Die Assekuranz reagiert damit auf neue
                                             Kundenerwartungen: Zwei von drei Ent-
                                             scheidern stimmen der Aussage zu, dass
                                             Kunden zukünftig Versicherer bevorzu-
                                             gen werden, die ihnen Komplettlösungen
                                             über digitale Ökosysteme und Themen-
                                             plattformen anbieten können.

                                             Der Versicherer Gothaer arbeitet bei-
                                             spielsweise mit verschiedenen Partnern
                                             an einer Smart-Home-Plattform. 40 Pro-
                                             zent der befragten Versicherer planen
                                             ähnliche Kooperationen. Die Versiche-
                                             rungskammer Bayern bietet seit Anfang
Quelle: © © Sergey Nivens - Fotolia.com
                                             2019 ein Care-Paket namens Holiday Care

                                                                                     VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   13
FinanzBusinessMagazin I MARKT

     an, das auf der eigenen digitalen Plattform   tumsprodukt. Produkte wie Pay-as-
     Uptodate basiert. Kunden, die eine längere    you-live-(PAYL-)       Policen       gewinnen
     Zeit nicht zuhause sind, können situative     hierzulande nur langsam an Relevanz.
     Versicherungen und versicherungsnahe          Anders sieht es in den USA aus. Hier
     Leistungen wie eine Schlüsselverwaltung       gehen erste Versicherer dazu über, nur
     oder einen Sicherheitsdienst buchen. Im       noch Lebensversicherungen anzubieten,
     Zusammenspiel mit Assistance-Leistungen       die auf Gesundheitsdaten der Kunden
     wird das Angebot deutlich wachsen. Insge-     beruhen. „In Deutschland finden verhal-
     samt werden lebensbegleitende Services        tensbasierte Produkte nur schwer Eingang
     an Relevanz gewinnen, prognostizieren         in Tarifkonzepte. Das liegt einerseits da-
     37 Prozent der Versicherungsentscheider.      ran, dass der Fokus noch auf bewährten
     Gleiches gilt für Produkte, die von der Be-   Geschäftsmodellen liegt. Einige sehen da-
     ratung über den Abschluss bis zum Schaden-    rin auch das Kollektivprinzip gefährdet.
     management komplett digital angeboten         Die größere Herausforderung liegt jedoch
     werden.                                       immer noch in der Bereitstellung der er-
                                                   forderlichen digitalen Infrastruktur. Ist diese
     Cyber-Security-Versicherungen                 Hürde einmal genommen, lassen sich
     als Wachstumstreiber                          dynamische Versicherungsprodukte mit
                                                   situativen Risikobewertungen abbilden
     Über Themenpakete denken die Versi-           und vermarkten“, sagt Dominic Testrut,
     cherer auch bei der Absicherung gegen         Leiter Insurance Consulting bei Sopra
     Cyber-Risiken nach. 41 Prozent der Ent-       Steria Consulting.
     scheider gehen davon aus, dass Policen
     gegen Schäden durch Hackerangriffe in
     den kommenden fünf Jahren an Relevanz
     gewinnen werden. Versicherer wollen
     Kunden bei ihren IT-Sicherheitsanforde-
     rungen unterstützen und entwickeln dafür
     spezielle Deckungskonzepte. Für Unter-
     nehmen entstehen beispielsweise Zusatz-
     leistungen wie eine IT-Sicherheitsbera-
     tung. Die Branche reagiert damit auf eine
     wachsende Bedrohung durch Cyber-Atta-
     cken und die damit verbundene steigende
     Nachfrage nach Cyber-Sicherheit. Im Zeit-
     raum von 2010 bis 2017 sind die Fälle von
     Cyber-Crime um 44 Prozent gestiegen,
     so der Lagebericht des Bundeskriminal-
     amtes. Zudem werden Bedrohungen nicht
     nur häufiger, sondern auch raffinierter.
     Vorreiter bei der Produktentwicklung sind     Quelle: © Kzenon - Fotolia.com

     die Konzerne. Nur 27 Prozent der kleine-
     ren Versicherungsunternehmen setzen auf
     Wachstum durch Cyber-Security-Policen.        Im Gegensatz zu PAYL-Produkten haben
     Das ist auf die generell kleinere Produkt-    es Pay-as-you-drive-(PAYD-)Modelle ein-
     auswahl zurückzuführen.                       facher. Telematik wird eingesetzt, um
                                                   Risiken in der Kfz-Sparte exakter zu
     Vor allem PAYL-Tarife haben                   kalkulieren. Das ermöglicht individuelle
     es weiterhin schwer                           Tarife. Defensives Fahren wird beispiels-
                                                   weise durch Rabatte belohnt. Versicherer
     Im Gegensatz zu Produktbündelungen und        wie die Allianz, HUK-Coburg und Cosmos
     Cyber-Versicherungen betrachten viele         Direkt haben PAYD-Angebote im Portfo-
     Versicherer die Zukunft verhaltensab-         lio. In Großbritannien sind PAYD-Modelle
     hängiger Tarife immer noch mit Skepsis.       seit Jahren beliebt, Italien oder Österreich
     Lediglich 31 Prozent der befragten Ent-       nutzen sie ebenfalls.
     scheider bewerten die Tarife als Wachs-       Autor: www.soprasteria.de

14     VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
MARKT I FinanzBusinessMagazin

Immobilienquote der Versicherer
erstmals zweistellig

D
       ie durchschnittliche Immobilien-       ist mittlerweile die mit höherem Risiko
       quote der Versicherungen befindet      behaftete Klasse „Core+“ die bevorzugte
       sich auf einem historischen Höchst-    Risikokategorie. Insgesamt gaben rund
stand und liegt mit 10,3 Prozent erst-        zwei Drittel der Versicherer an, heute
mals im zweistelligen Bereich. Das zeigt      mehr Risiko in Kauf zu nehmen als noch
das aktuelle Trendbarometer Assekuranz        vor zwei Jahren.
2019 von EY Real Estate. Für die nunmehr
zwölfte Auflage der Studie wurden im Mai      „Das maßgeblich von der Niedrigzinspo-
und Juni 24 führende Unternehmen der          litik verursachte sehr hohe Preisniveau
Assekuranz befragt.                           treibt die Versicherungen in riskantere
                                              Investments, um ihre Renditeziele zu er-
„Dieser Höchststand der Immobilien-           reichen“, sagt Fischer. Entsprechend werden
quoten der Versicherer spiegelt die           auch Value-Add-Investments (hohe
herausgehobene Rolle wider, die Immo-         Renditeerwartung bei hohem Ausfallrisiko)
bilienanlagen in Zeiten eines risikolosen     für 70 Prozent der Umfrageteilnehmer
Zinses nahe null eingenommen haben“,          interessanter. Investitionen in der riskan-
sagt Dietmar Fischer, Partner bei EY Real     testen Kategorie „Opportunistic“ lehnen
Estate und Autor der Studie. „Der Wert-       mehr als 60 Prozent der Befragten den-
steigerungsanteil spielt für die Asseku-      noch ab.
ranz und deren Geschäftsmodelle eine
nachgelagerte Rolle. Entscheidend ist die     Indirekte Investments schlagen
Cashflow-Rendite, mit der Versicherer ihre    Direktbestand – Einzelhandel leidet
Garantiezinsversprechen auch im anhal-
tenden Niedrigzinsumfeld halten können.“      Knapp zwei Drittel des Immobilienbe-
                                              standes werden direkt gehalten. Die Rendi-
70 Prozent der Befragten wollen ihre Im-      teerwartung für indirekte Bestände liegt aller-
mobilienbestände weiter erhöhen. Rund         dings mit rund 5,0 Prozent höher als die
drei Viertel geben zudem an, dass die         für direkte Bestände (rund 4,5 Prozent).
Anlageklasse Immobilien bei ihnen am          Zum ersten Mal sind offene Immobilien-
stärksten ausgebaut werde. Entspre-           spezialfonds die beliebteste Anlageform;
chend sehen 80 Prozent der Versicherer        sie werden von mehr als 70 Prozent der
Unternehmen der eigenen Branche als           Befragten präferiert – noch vor fremdge-
stärkste Konkurrenz – gleich nach privaten    nutztem Direktbestand (70 Prozent). Auch
Investoren und Family Offices (84 Prozent).   geschlossene Immobilienfonds (60 Prozent)
                                              und alternative Immobilieninvestments
Inkaufnahme höherer Risiken                   (52 Prozent) gewinnen an Bedeutung.
                                              Traditionell liegt der Fokus der Assekuranz
Zunehmend tätigen die Unternehmen der         auf Büroimmobilien. Das ist auch in
Assekuranz auch risikoreichere Immobi-        diesem Jahr ausnahmslos der Fall. Trotz
lieninvestments. Mehr als 70 Prozent der      bereits hoher Preise bleiben jedoch auch
Befragten halten diesen Trend für unum-       Wohnimmobilien für drei Viertel der Be-
kehrbar. Risikoärmere Immobilieninvest-       fragten attraktiv. Während ein steigendes
ments im bei Versicherungen traditionell      Interesse an Logistikimmobilien erkenn-
beliebtesten „Core“-Bereich sind heiß         bar ist (74 Prozent), werden Einzelhan-
umkämpft, und aufgrund des mangeln-           delsobjekte weniger stark nachgefragt
den Angebots wird die Suche nach ge-          (48 Prozent). Sogar Infrastrukturinvest-
eigneten Objekten immer schwieriger. So       ments sind beliebter (58 Prozent).

                                                                        VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   15
FinanzBusinessMagazin I MARKT

                                                                              Quelle: © sdecoret - Fotolia.com

     Steuer-, Digitalisierungs- und               noch 19 Prozent schätzen den britischen
     Nachhaltigkeitsaspekte                       Immobilienmarkt als attraktiv ein. Aller-
     wichtige Kriterien                           dings wird auch Deutschland überwiegend
                                                  nur noch als „attraktiver“ und nicht mehr
     Eine entscheidende Rolle bei Immobili-       als „sehr attraktiver“ Markt angesehen.
     eninvestments spielt für die Assekuranz      „Auch im europäischen Vergleich sinkt
     die steuerliche Gestaltung. Steuerliche      die Attraktivität des deutschen Marktes
     Aspekte beeinflussen bei rund 60 Pro-        durch das mittlerweile vergleichsweise
     zent der Unternehmen die Investment-         hohe Preisniveau“, sagt Fischer.
     entscheidungen. 86 Prozent erwarten bei
     ihren Investments, dass künftige Anforde-    Über die Studie
     rungen an eine intelligente Infrastruktur    Das Trendbarometer Immobilienanlagen
     erfüllt werden. Die Digitalisierung erfor-   der Assekuranz wurde 2019 bereits zum
     dert für 86 Prozent der Versicherer ein      zwölften Mal durchgeführt und basiert
     Umdenken, etwa durch aktuelle Trends         auf einer Umfrage, die von Mai bis Juni
     wie Co-Working im Bürosegment. Auch          2019 von EY Real Estate durchgeführt
     nachhaltige Investments geraten zuneh-       wurde. Insgesamt haben 24 führende Un-
     mend in den Fokus. „Langfristige Investi-    ternehmen der Versicherungswirtschaft
     tionen, die einen konstanten Cashflow für    teilgenommen, die einen repräsentativen
     die Assekuranz erzielen sollen, müssen       Querschnitt der Assekuranz abbilden. Ab-
     selbstverständlich auch zukunftsfähig        gefragt wurden allgemeine Markttrends
     sein. Die digitale Anschlussfähigkeit ist    sowie die Immobilieninvestmentstrategie
     dafür ein entscheidender Baustein“, sagt     der Versicherer. Neben der Auswahl aus
     Fischer.                                     vorgegebenen Antworten hatten die Teil-
                                                  nehmer bei jeder Frage die Möglichkeit,
     Europa und Deutschland favorisiert           individuelle Kommentare abzugeben. Alle
     – hiesiger Markt sinkt in der Gunst          Antworten sind anonym in die Umfrage
                                                  eingegangen und ausgewertet worden.
     Der Investmentfokus der befragten Ver-       Autor: www.ey.com/de
     sicherungsunternehmen liegt klar und
     deutlich auf Europa (59 Prozent), gefolgt
     von Asien und Ozeanien (31 Prozent) und
     Nordamerika (30 Prozent). Afrika wie
     auch Zentral- und Südamerika spielen für
     die Assekuranz hingegen keine Rolle.
     Innerhalb Europas werden klar West-
     (74 Prozent) und Nordeuropa (65 Prozent)
     bevorzugt. Deutschland bleibt der favo-
     risierte Markt (96 Prozent), während das
     einst so beliebte Groß-britannien offenbar
     unter dem anstehenden Brexit leidet: Nur                           Quelle: © jeremias münch - Fotolia.com

16     VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
MARKT I FinanzBusinessMagazin

Standardsetzer erleichtert den Versicherern
die Anwendung internationaler
Rechnungslegungsstandards

I
     m Mai 2017, nach gut 20 Jahre andau-              ern könnten dadurch signifikante Umstel-
     ernden Diskussionen, hatte das Inter-             lungsaufwendungen erspart bleiben.
     national Accounting Standards Board               Joachim Kölschbach, Partner bei KPMG und
(IASB) den internationalen Rechnungsle-                für die Anwendung der IFRS bei Versiche-
gungsstandard für Versicherungsverträge,               rern zuständig, erklärt: „Die Vorschläge
IFRS 17, veröffentlicht. Seitdem hat das               dürften die Versicherer insgesamt erfreu-
IASB die Versicherer bei der Umsetzung                 en. Das zusätzliche Jahr gibt ihnen die not-
eng begleitet und zahlreiche Bedenken so-              wendige Zeit um ihre Umsetzungsprojekte
wie Umsetzungsprobleme festgestellt. Um                abzuschließen und die Änderungen lösen
diesen Rechnung zu tragen und um die Um-               zahlreiche Probleme in der Praxis. Dazu
setzung zu erleichtern, hat es jetzt Än-               gehören die Verteilung von Abschlusskosten
derungen des IFRS 17 in sieben Bereichen               auf die erwartete Laufzeit von Verträgen
vorgeschlagen, begleitet von einem Auf-                und die Möglichkeit, Gewinne aus Rückver-
schub der Erstanwendung um ein Jahr bis                sicherungsverträgen zu zeigen, wenn sie
zum 1. Januar 2022.                                    Verluste aus dem Bruttogeschäft aus-
                                                       gleichen. Das bildet die wirtschaftlichen
Mary Trussell, Partnerin bei KPMG und global           Zusammenhänge besser ab.“
für die Umsetzungsprojekte verantwort-
lich: „Mit den Vorschlägen des IASB zur                IFRS 17 und seine Änderungen wirken sich
Änderung des IFRS 17 haben wir nun ein                 nicht nur auf die Rechnungslegung aus,
vollständiges Bild, wie der anzuwendende               sondern betreffen auch das Datenmanage-
Standard aussehen wird. Für alle Versiche-             ment und IT-Systeme. „Die Änderungen
rer mit Projektmüdigkeit ist das ein Weck-             erlauben es teilweise, auf rückwirkende
ruf, den Projektfortschritt zu beurteilen              Analysen von Daten der Vergangenheit zu
und das Projekt wiederzubeleben. Die Än-               verzichten, aber nur teilweise. Insbeson-
derungen helfen, aber die Umsetzung von                dere bleibt die Notwendigkeit, die Be-
IFRS 17 ist nach wie vor sehr komplex und              stände für Zwecke der Rechnungslegung in
erfordert substanzielle Anstrengungen.“                Jahresscheiben zu teilen. Das ist mit hohem
                                                                   administrativem Aufwand ver-
Die meisten Unternehmen, die                                       bunden und wird sicherlich ein
nach IFRS bilanzieren, müssen                                      kritischer Punkt in der Kommen-
seit 2018 Finanzinstrumente                                        tierung werden. Es könnte hier
nach dem Standard IFRS 9 ab-                                       helfen, die Regel durch eine
bilden. Hiervon waren jedoch                                       prinzipielle Anforderung zu
Versicherer unter bestimmten                                       ersetzen“, meint Kölschbach.
Voraussetzungen befreit; sie
sollten die Bilanzierung von Quelle: © Minerva Studio - Fotolia.com          Frank Ellenbürger, Bereichs-
Kapitalanlagen – das sind                                                    vorstand Versicherungen bei
weitestgehend Finanzinstrumente – und                           KPMG, ergänzt: „Es ist entscheidend, dass
von versicherungstechnischen Rückstel-                          die Versicherer sich dessen bewusst sind,
lungen gleichzeitig umstellen dürfen. Das                       dass IFRS 17 trotz der Änderungen hohe
IASB hat daher vorgeschlagen auch hier                          Anforderungen an die Datenerfassung,
den Anwendungszeitpunkt auf 2022 zu                             Systeme, Prozesse und Kontrollen stellt.
verschieben. Nicht eingegangen ist das                          Die Auswirkungen werden über das
IASB auf das Petitum aus der Branche, auf                       Rechnungswesen hinaus spürbar sein: in
die Anpassung der Vergleichszahlen für                          Aktuariat, IT, Risikomanagement, Investor
das Vorjahr zu verzichten; den Versicher-                       Relations bis in HR.“

                                                                                   VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   17
FinanzBusinessMagazin I MARKT

     IFRS 17 wird IFRS 4 ersetzen; dieser           für eine Performancemessung unzurei-
     erlaubte Versicherern weitgehend vorherige     chend. Es ist deshalb wichtig, dass der
     Bilanzierungspraktiken fortzusetzen. Damit     Standard zum jetzt vorgeschlagenen Zeit-
     wird künftig ein wesentlicher Makel behoben,   punkt 2022 auch wirklich zur Anwendung
     nämlich die fehlende Vergleichbarkeit der      kommen kann“, erläutert Ellenbürger. Das
     Versicherer aus unterschiedlichen Jurisdik-    IASB fordert die Versicherer und anderen
     tionen, selbst innerhalb der EU. „Analysten    Beteiligten auf, Kommentare bis zum
     und Investoren fordern jetzt endlich eine      25. September 2019 abzugeben und beab-
     wirklich vergleichbare und transparente        sichtigt die Veröffentlichung der endgültigen
     Rechnungslegung der Versicherer. Das,          Änderung Mitte 2020.
     was die Versicherer derzeit zusätzlich
     unter IFRS und Solvency II berichten, ist      Autor: https://home.kpmg/de

     Horváth-Studie:
     Hybride Kunden werden überschätzt

     W
               ebsite, Mail, Chat oder Online-
               Vergleichsportal – mit der Digi-
               talisierung können Kunden auf
     vielen Wegen Versicherungsfragen klären.
     Hinzu kommen das direkte Gespräch mit
     dem Berater vor Ort oder Empfehlungen
     von Freunden und Verwandten. Doch nur
     die wenigsten Verbraucher nutzen diese                                 Quelle: © jeremias münch - Fotolia.com

     Vielfalt. Im Gegenteil: 74 Prozent der
     Kunden informieren sich lediglich über         mals verbreiteten Meinung noch eine ver-
     eine einzige Quelle, bevor sie einen Vertrag   gleichsweise überschaubare Gruppe und
     abschließen. Dies sind Ergebnisse einer        keineswegs die Mehrheit“, sagt Stefan
     repräsentativen Studie der Management-         Hiendlmeier, Partner und Leiter Versiche-
     beratung Horváth & Partners gemeinsam          rungen bei Horváth & Partners. „Versicherer
     mit dem Marktforschungsinstitut forsa.         sind also gut beraten, den stationären
     Befragt wurden mehr als 1.000 Kunden           Vertrieb und Offlineinformationen nicht
     in Deutschland, die in den vergangenen         zu vernachlässigen.“ 67 Prozent der reinen
     zwölf Monaten mindestens einen Kontakt         Offlinekunden schätzen dieses Angebot
     mit ihrem Versicherer hatten.                  so sehr, dass sie sich beim Berater vor
                                                    Ort informieren und auch den Vertrag
     Der Umfrage zufolge bleiben die meisten        dort abschließen.
     Menschen beim Abschluss einer Versiche-
     rung dem Kanal treu, über den sie sich         Versicherungs-Homepage schlägt
     zuerst informiert haben. So haben 48           Vergleichsportal
     Prozent der Befragten auf klassischem
     Weg – also durch Empfehlungen oder im          Zudem sind in der Breite nicht die
     Gespräch mit Beratern – Informationen          Vergleichsportale wie Check24 oder
     eingeholt und einen Vertrag abgeschlos-        financescout24 Hauptanlaufstelle für
     sen. Ein gutes Drittel verbindet laut Studie   die Kunden, sondern die Homepages
     analoge und digitale Wege zum Versi-           der Assekuranzen. Immerhin 45 Prozent
     cherungsabschluss. Diese sogenannten           der reinen Onlinekunden und 24 Prozent
     hybriden Kunden wechseln zwischen              der hybriden Kunden steuern sie an. Ver-
     On- und Offlineangeboten hin und her.          gleichsrechner werden dagegen nur von
     „Hybride Kunden sind entgegen der oft-         35 Prozent der Onlinekunden und 16

18     VERSICHERUNGEN Ausblick 2020
MARKT I FinanzBusinessMagazin

Prozent der hybriden Kunden als Haupt-          Attraktive Zielgruppe
informationsquellen frequentiert. „Die          für individuelle Services
Portale liegen damit deutlich hinter dem
Webauftritt des Versicherers selbst“, sagt      Dagegen sind versicherungsfremde Zusatz-
Hiendlmeier von Horváth & Partners.             angebote meist gern gesehen: 51 Prozent
„Beim Kontakt mit ihren Kunden haben            der befragten Kunden sind grundsätzlich
Versicherer damit immer noch die Polepo-        offen dafür – 2017 lag dieser Wert noch
sition inne – sei es offline über die Berater   bei 45 Prozent. Eine spezifische und klar
vor Ort oder online über ihre Homepage.“        umrissene Zielgruppe daraus würden
                                                ihrem Versicherer Einblick in ihr Konto
Da die Kunden in der Regel sehr gezielt         gewähren, um passgenaue persönliche
nach Informationen suchen, sollten Ver-         Angebote wie Anlagetipps oder opti-
sicherer bei ihrem Webauftritt Wert auf         mierte Vergleichsangebote zu erhalten.
schnelle Auffindbarkeit und Einfachheit         „Diese Zielgruppe und ist nicht nur offen
der Darstellung legen. Auch der Kontakt         für passgenaue Angebote, sondern auch
sollte möglichst einfach zustande kom-          wirtschaftlich sehr attraktiv“, sagt Ver-
men: 32 Prozent der befragten Kunden            sicherungsexperte Hiendlmeier von
wünschen sich einen Rückrufservice              Horváth & Partners. Die Studie zeichnet
bei Beratungsfragen, 31 Prozent einen           ein klares Kundenprofil: Überwiegend
24-Stunden-Service im Schadensfall. Zu-         männlich, Großstadtbewohner, zwischen
satzangebote, die an die Stelle des per-        30 und 44 Jahre alt, Gutverdiener. Hiendl-
sönlichen Kontakts zwischen Kunde und           meier rät: „Um diese konkrete Zielgruppe
Berater treten, finden kaum Anklang: Nur        erfolgreich zu adressieren, müssen An-
vier Prozent wünschen sich eine Videobera-      sprachen kontextspezifisch und vor allem
tung, fünf Prozent würden im Schadens-          einfach gestaltet werden. Der Schlüssel
fall einen Video-Sachverständigen zur           dazu sind sehr gute Kundenkenntnisse.“
sofortigen Regulierung zuschalten.              Autor: www.horvath-partners.com/de

BaFin konkretisiert die MaGo für
kleine Versicherungsunternehmen

D
       ie BaFin bittet seit November 2019       nicht erfassten kleinen Versicherungs-
       um Konsultation zu ihrem Entwurf         unternehmen nach § 211 VAG, die nach
       der MaGo für kleine Versicherungs-       dem VAG die für Solvency II-Unternehmen
unternehmen (VU). Das bedeutet nicht,           geltenden Anforderungen an die Geschäfts-
dass große Versicherer nicht trotzdem ei-       organisation in einem bestimmten Maße
nen Blick hineinwerfen sollten. Denn außer      erfüllen müssen, werden vom vorgesehenen
den Erleichterungen für kleine Versicherer      neuen Rundschreiben erfasst.
beantwortet der Entwurf auch wichtige
Fragen für die großen Unternehmen.              Natürlich ist zuerst die Frage zu klären,
                                                welche Erleichterungen das Rundschreiben
Am 25.01.2017 wurde das Rundschreiben           für kleine Versicherer bereithält. Dabei
2/2017 (VA) "Aufsichtsrechtliche Mindestan-     fällt auf, dass die 4 Schlüsselfunktionen
forderungen an die Geschäftsorganisation        (Compliance, Interne Revision, Unabhän-
von Versicherungsunternehmen (MaGo)"            gige Risikokontrollfunktion und die versi-
veröffentlicht. In dessen Anwendungsbe-         cherungsmathematische Funktion) keine
reich fallen alle Unternehmen, auf die die      Erwähnung mehr finden. Es bleibt viel-
Rahmenrichtlinie 2009/138/EG des Euro-          mehr dabei, den Geschäftsleitern eines
päischen Parlaments und des Rates vom           Unternehmens die Gesamtverantwortung
25.11.2009 (Solvency II) anwendbar ist.         für die ordnungsgemäße und wirksame
Die vom Rundschreiben 2/2017 (VA)               Geschäftsorganisation zu überlassen.

                                                                        VERSICHERUNGEN Ausblick 2020   19
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