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vm Ve r b a nd s M a g a z i n Themen, Trends und Fakten der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft – VdW Rheinland Westfalen #3 2020 26 STARKREGENVORSORGE IM URBANEN RAUM 20 DIE BRANCHE TRIFFT SICH IN DÜSSELDORF – 19. FORUM WOHNUNGSWIRTSCHAFT AM 3. UND 4. JUNI 2020 4 SCHWERPUNKT – DEKARBONISIERUNG DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT Gebäude auf dem Weg zur Klimaneutralität
IMPRESSUM Herausgeber: Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e. V. Goltsteinstr. 29, 40211 Düsseldorf, Tel.: +49 (211) 16998-0, Fax: +49 (211) 16998-50 E-Mail: info@vdw-rw.de, http://www.vdw-rw.de Verantwortlich für den Inhalt: Alexander Rychter Redaktion: Katrin Stamm (KS, Leitung) Finn Dresen (FD), Fabian Engel (FE), Jürgen Gnewuch (JG), Christina Göbel (CG), Dr. Svenja Haferkamp (SH), Cindy Merz (CM), Lisa Metzger (LM), Alexander Meyer (AM), Oliver Niermann (ON), Christian Obert (CO), Hans-Joachim Palm (HP), Dr. Daniel Ranker (DR), Wolfgang Schäfer (WS), Roswitha Sinz (RS), Eva Stelzner (ES), Sebastian Tackenberg (ST), Angelos Tsiokas (AT), Jennifer Rüberg (JRÜ) Layout & Gestaltung: Statement GmbH – Agentur für Marketing- und Designlösungen, Saarbrücken, Köln, Berlin http://www.agentur-statement.de Druck: Krüger Druck und Verlag Erscheinungsweise: 10 x jährlich Auflage: ca. 1.500 – 2.000 Exemplare Anzeigen: Statement GmbH – Agentur für Marketing- und Designlösungen, Saarbrücken, Julia Kaiser, Tel.: +49 (681) 99281-37 Der Bezugspreis ist für die Mitglieder der Verbände im Mitgliedsbeitrag enthalten.
EDITORIAL 1 Auf der Suche nach der „42“ oder wie die Wohnungswirtschaft bis 2050 klimaneutral wird D ie Weltenformel aus dem Buch „Per energieeffizienten Wohnungsneubau, schon Anhalter durch die Galaxis“ war seit längerem gibt es EU-Förderprogramme namensgebend für die ad hoc ge- wie Grow Smarter, europäische Strategiean- gründete GdW-Arbeitsgruppe „42“, die nach sätze wie Energiesprong, zahlreiche KfW- einer wohnungswirtschaftlichen Strategie Förderprogramme oder die Modernisierung- für die Klimaschutzziele des Pariser Abkom- soffensive des Landes Nordrhein-Westfalen. mens sucht. Ein klimaneutraler Wohnungs- Alle diese förderpolitischen Maßnahmen bestand im Jahr 2050 ist ein zwar politisch sind richtig und wichtig, reichen aber bei klar formuliertes Ziel – die Wegbeschreibung Weitem nicht aus. Wohnungswirtschaft und dahin fällt leider weniger deutlich aus. Doch Mieterbund haben im Herbst letzten Jahres eines steht fest: Wir brauchen neue Lösun- gemeinsam darauf hingewiesen, dass ohne gen für eine große Herausforderung, die eine massive Ausweitung der öffentlichen unter neuen Vorzeichen steht. Klimaschutz Förderung für die energetische Gebäudesa- muss neu gedacht und neu gemacht werden. nierung diese zu Recht ehrgeizigen Klimazie- le weder sozialverträglich noch wirtschaft- Die Wohnungswirtschaft steht vor einem lich zu erreichen sind. Alexander Rychter Paradigmenwechsel: Galt bisher die Re- Verbandsdirektor des duktion des Primärenergieverbrauchs als Und daran gibt es wenig Zweifel – weder nati- VdW Rheinland Westfalen maßgeblicher Faktor zur Erfüllung von Kli- onal noch in Europa. So hat die Europäische maschutzzielen, so ist nun der ganz ent- Kommission den ersten Entwurf eines euro- scheidende Faktor die Minimierung der päischen Klimagesetzes vorgestellt, in dem CO2-Emissionen. Eine Jahrhundertaufgabe neben der europäischen CO2-Neutralität bis Foto: Rheinwohnungsbau/VdW für Politik, Wirtschaft und die Gesellschaft. 2050 auch anstatt den bisher angedachten 40 Prozent eine Einsparung um mindestens Wohnungsunternehmen und -genossen- 50 Prozent des CO2-Ausstoßes bis 2030 ge- schaften stehen vor der Herausforderung, genüber dem Richtwert von 1990 vorgesehen wie eine Dekarbonisierung der Wohnungs- werden. wirtschaft erreicht werden kann und gleich- zeitig durchaus widersprüchliche Ziele und Neue Instrumente zur dezentralen Primär- Handlungsmaximen, nämlich die Ebenen energieerzeugung, beispielsweise durch von ökologischer, ökonomischer und gleich- Mieterstrom im Quartier und aus regene- zeitig sozialer Verantwortung miteinander rativen Quellen, müssen langfristig fossile verbunden werden können. Wohnungs- Energieträger ablösen, um das Zwischenziel wirtschaftliches Handeln muss an energie-, der stark verringerten CO2-Emissionen bis klima- und umweltpolitischen Maßstäben 2030 und die vollständige CO2-Neutralität ausgerichtet, gleichzeitig wirtschaftlich und bis 2050 erreichen zu können. am Ende auch für Mieter bezahlbar bleiben. Thomas Hummelsbeck Auf allen politischen Ebenen ist der Klima- Geschäftsführer der Eine besondere Rolle spielt dabei die dy- schutz das zentrale Thema dieser Dekade Rheinwohnungsbau GmbH, namische Bepreisung der CO2-Emissionen und darüber hinaus. Die Wohnungswirt- Vorsitzender der ARGE Düsseldorfer durch die neue CO2-Steuer, wobei die bis- schaft auch in Nordrhein-Westfalen und Wohnungsunternehmen und lang festgesetzten Schritte manchen politi- dem nördlichen Rheinland-Pfalz wird ih- Umgebung sowie Mitglied der schen Verantwortungsträgern oder Umwelt- ren Beitrag durch einen CO 2 -neutralen GdW-Arbeitsgruppe „42“ organisationen noch nicht weit genug gehen, und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum während andere Akteure hinsichtlich der leisten, wenn die Rahmenbedingungen für Bezahlbarkeit des Wohnens an den Plänen innovative, wirtschaftliche vor allem aber zweifeln. sozial verträgliche Lösungen sichergestellt werden. Natürlich fördern Bund und Länder die ener- getische Bestandsmodernisierung und den 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
2 INHALT 4 18 Gebäude auf dem Weg zur Klimaneutralität – Im Austausch mit dem Dekarbonisierung der Wohnungswirtschaft Bundesinnenministerium – Regionalen Ausgleich stärken CO2 SCHWERPUNKT 4 Gebäude auf dem Weg zur 15 „Es braucht einen 21 Wohnungswirtschaft Klimaneutralität Paradigmenwechsel“ wirbt um Nachwuchskräfte Dekarbonisierung der Gastbeitrag von Thomas Stuzubi-Messe in Essen Wohnungswirtschaft Hummelsbeck, Geschäftsführer der Rheinwohnungsbau GmbH, 22 Stadtentwicklung im Wandel der Zeit 8 „Die Wohnkostenbelastung Düsseldorf Save the date: Polis Convention muss sich in Grenzen halten“ am 6. und 7. Mai 2020 Interview mit Dr. Ingrid Vogler, 16 Nachhaltigkeit als 23 Blick in die Zukunft: GdW Bundesverband deutscher wirtschaftliche Chance Digitalisierung der Zukunftswerk- Wohnungs- und Immobilienunter- Gastbeitrag von Matthias Fischer, statt des EBZ Berufkollegs nehmen e. V. Geschäftsführer Unnaer Kreis- 3. Zukunftswerkstatt des Bau- und Siedlungsgesellschaft 10 Verbändebündnis unterzeichnet EBZ Berufkollegs Klimaschutzpakt mit Umwelt- und Bauministerium Klimapakt „Prima. Klima. Wohnen.“ AKTUELLES AKTUELLES NRW 12 Schulterschluss für den 17 102 Jahre Mietendeckel 23 NRW bekommt ein Fahrradgesetz Klimaschutz BID-Diskussionsrunde Erstes Arbeitstreffen im Initiative Wohnen.2050 „Wien – Ein Paradies für Mieter?“ Verkehrsministerium 13 1,8 Milliarden Euro zusätzliche 18 Im Austausch mit dem 24 Neue Institution für Baukultur Investitionen in den Bestand Bundesinnenministerium in Nordrhein-Westfalen Gastbeitrag von Felix Lüter, Nach- Regionalen Ausgleich stärken – Museum für Architektur und haltigkeitsbeauftragter Nassauische die Wohnwirtschaft als Gestalter Ingenieurkunst NRW und Stadtbau- Heimstätte | Wohnstadt (NHW) und von Heimat kultur NRW werden zu Baukultur Geschäftsführender Vorstand der Nordrhein-Westfalen IW.2050 19 Arbeitgeber profitieren Bundespreis Umwelt & Bauen von der Kombination aus 14 „Wir wollen unseren eigenen Wohnen und Arbeiten ausgelobt Gebäudebestand bis 2050 Studie zum Mitarbeiterwohnen Nachhaltige Gebäude, Quartiere und klimaneutral stellen“ ökologische Innovationen Gastbeitrag von Rolf Buch, 20 Die Branche trifft sich in Düsseldorf Vorstandsvorsitzender der Save the date: 19. Forum Wohnungs- 25 Frohes neues Jahr … VONOVIA wirtschaft am 3. und 4. Juni 2020 Neujahrsempfänge der Parteien 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
INHALT 3 26 30 44 Starkregenvorsorge Mietervereine machen das Leben Höhere Förderung macht im urbanen Raum schöner – Modernes Wohnen Gebäudesanierungen attraktiv – Koblenz eG serielle Sanierung 26 Starkregenvorsorge 33 Wirksame Umsetzung von 37 Verabschiedung von Heinz Fels im urbanen Raum verhaltensbezogenen Vorstand der Wohnungsgenossen- Befragungsergebnisse Compliance-Richtlinien schaft Viersen tritt in den aus der Wohnungswirtschaft und Compliance-Kultur Ruhestand ein Arbeitskreis Compliance AKTUELLES RLP VERBAND UND GREMIEN ARBEITSGEMEINSCHAFTEN 28 Gewobau Bad Kreuznach 38 Abschied von Günter Hornung baut das erste Hotel 34 Arbeitsgemeinschaft Wohnbau Dinslaken GmbH Projektpartner Lebenshilfewerkstatt präsentiert positive Zahlen Jahresauftakt der Köln AG 29 Land fördert Weiterentwicklung von Wohnungsbau in Trier Volles Programm zum Jahresbeginn Kooperationsvereinbarungen Arbeitssitzung der ARGE mit Sozialwohnungsquote Düsseldorf und Region 30 Mietervereine machen 38 TERMINE das Leben schöner 39 STEUERN Modernes Wohnen Koblenz eG AUS DEN UNTERNEHMEN 42 RECHT 31 Parlamentarischer Abend am 44 TECHNIK UND MULTIMEDIA 25. Juni 2020 in Mainz 35 Mehr als Brot und Butter Save the date/Vorankündigung Genossenschaftsbrunch in Essen 47 FÜR SIE GELESEN Innovationsquartier 48 SEMINARE Bochum-Weitmar VdW-ARBEITSKREISE Vom Land NRW gefördertes Projekt der Vonovia 32 Chancen der digitalen Transformation für die 36 Nachhaltig von klein auf Wohnungswirtschaft Ökologischer Spielplatz Arbeitskreis Wohnungswirtschaft 4.0 Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbar- 150 Jahre Altenaer Baugesellschaft Datenschutz-Audits, Penetrations- Die Älteste in NRW keit wird die männliche Personenbezeichnung tests und Löschkonzepte gewählt. Die Angaben beziehen sich jedoch auf Arbeitskreis Datenschutz beide Geschlechter. 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
4 SCHWERPUNKT Gebäude auf dem Weg zur Klimaneutralität DEKARBONISIERUNG DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT >> Der Klimaschutzplan 2030 und das Bundes-Klima- schutzgesetz bilden die Grundlage für die Transformation Deutschlands zur nahezu 100-prozentigen Klimaneutralität. Auch der Gebäudesektor hat wie die übrigen Sektoren die Aufgabe, seine CO2- Emissionen sukzessive gegen Null zu senken. Auch wenn geeignete Strategien zurzeit erst entstehen, ist eins schon klar: Beim Umgang mit Energie muss ein generelles Umdenken stattfinden. Foto: Zstock und frenta, stock.adobe.com Klimaneutralität im Gebäudesektor bedeutet einen möglichst geringen Endenergiebedarf im Betrieb, der durch klimaneutrale Quellen gedeckt wird. Nachwachsende Rohstoffe helfen, den CO2-Fußabdruck der Gebäudesubstanz zu reduzieren Rund 21,7 Millionen Wohn- und Nicht- rund 118 Millionen Tonnen in die Atmo- und im März des Folgejahres veröffent- wohngebäude umfasst der Gebäudebestand sphäre. lichen. Auf diese Weise möchte die Bun- derzeit in Deutschland. Sie sind der Großteil desregierung größtmögliche Transparenz dessen, was im Bundes-Klimaschutzgesetz Mit dem Klimaschutzplan 2030 und dem und Erfolgskontrolle bei der Umsetzung des (KSG) zum Gebäudesektor zusammenge- KSG hat die Bundesregierung nun einen Gesetzes schaffen. Des Weiteren wird ein fasst wird. Dort wird der Sektor definiert als Plan festgeschrieben, in welchen Schritten unabhängiger Expertenrat gegründet, der die „Quellkategorie, in der Brennstoffe in Han- die CO2-Emissionen im Gebäudesektor bis vom Umweltbundesamt erhobenen Daten del, Behörden und Haushalten verbrannt 2030 gesenkt werden sollen (s. Grafik 1). Ins- prüft und darüber an die Bundesregierung werden“. Zum Gebäudesektor gehören per gesamt soll so der Ausstoß von klimaschäd- berichtet. Für den Fall, dass die zulässigen Definition im KSG auch „Sonstige Tätigkei- lichen Treibhausgasen bis 2030 schrittweise Jahresemissionsmengen in einzelnen Sek- ten im Zusammenhang mit der Verbrennung um 55 Prozent gegenüber 1990 reduziert toren unter- oder überschritten werden, lässt von Brennstoffen – insbesondere in militäri- werden. Ab 2050 soll Deutschland komplett das KSG zu, diese Über- bzw. Untermengen schen Einrichtungen“. Diese belaufen sich klimaneutral sein. gleichmäßig auf die anderen Sektoren zu laut Verteidigungsministerium derzeit auf verteilen. Gleichzeitig verpflichtet sich die rund 1,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Zukünftig wird das Umweltbundesamt jähr- Bundesregierung bei Überschreitungen in Und so emittiert der Gebäudesektor aktuell lich die genauen Emissionsdaten ermitteln einzelnen Sektoren, kurzfristig, d. h. inner- 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
DEKARBONISIERUNG DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT 5 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes Anteile der verschiedenen Sektoren am CO2-Ausstoß in Deutschland einigte man sich im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag auf eine hö- Abfall und sonstiges 1 % here CO2-Bepreisung. So soll der CO2-Preis Landwirtschaft 8 % ab Januar 2021 zunächst 25 Euro pro Tonne betragen. Danach steigt er schrittweise auf bis zu 55 Euro im Jahr 2025. 2026 soll ein Preiskorridor von 55 bis 65 Euro pro Tonne Energie- CO2 gelten. wirtschaft 36 % Verkehr 19 % Während der CO2-Preis über die Jahre steigt, wird das CO2-Aufkommen gemäß Klima- CO2 schutzplan sinken. Insofern entstehen ge- genläufige Effekte, die sich derzeit kaum qualitativ bewerten lassen. Tatsache ist, dass mit wachsender Beteiligung an der CO 2- Gebäude 14 % Vermeidung die Anzahl der zu kaufenden Industrie 23 % CO2-Zertifikate sinkt, allerdings bei steigen- dem Preis pro Zertifikat. Quelle: Klimaschutz in Zahlen, www.bmu.de Neben der CO2-Bepreisung ist der beschlos- sene Kohleausstieg bis zum Jahr 2038 von großer Bedeutung für die Weiterentwicklung halb von drei Monaten, entsprechende So- der Mehrwertsteuer auf Bahntickets seit des Energiesystems der Zukunft. Vereinfacht fortprogramme vorzulegen. Anfang 2020. gesprochen ist es das Ziel, die Verbrennung von fossilen Rohstoffen auf ein sehr niedriges Klimaschutzgesetz als ein Baustein Die CO2-Bepreisung sieht vor, dass Unter- Niveau zu reduzieren. Im Energiesystem im Klimaschutzprogramm 2030 nehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin der Zukunft wird daher Strom als Energie- Das KSG ist nur ein Baustein des Klima- und Diesel handeln, ab 2021 dafür einen träger die Hauptrolle spielen. Dieser wird schutzprogramms 2030. Weitere sind die CO 2-Preis bezahlen müssen. Sie werden hauptsächlich aus erneuerbaren Energien CO2-Bepreisung sowie die steuerliche Förde- verpflichtet, für den Treibhausgas-Ausstoß, stammen. Windkraft und Photovoltaik wer- rung für die Gebäudesanierung bei zu eige- den ihre Produkte verursachen, Verschmut- den dann die Energieerzeugung dominieren. nen Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die zungsrechte in Form von Zertifikaten zu Auch Wasserstoff wird an Bedeutung gewin- Erhöhung der Flugsteuer und die Absenkung erwerben. Gegenüber dem ersten Entwurf nen. In welcher Größenordnung ist jedoch >> Grafik 1: Entwicklung der CO2-Emissionen bis 2030 im Ab 2021 wird jede Tonne CO2 Geld kosten Gebäudesektor zunächst 25 Euro bis schließlich zwischen 55 und 65 Euro ab 2026 Seit 1990 entwickeln sich die CO2-Emissionen im Gebäudesektor rück- läufig. 2030 sollen sie bei rund 67 Prozent gegenüber 1990 liegen CO2-Äquvalente in Mio t CO2-Preis 200 70 60 150 50 100 40 50 30 210 188 167 154 149 124 118 113 108 103 99 94 89 84 80 75 70 0 20 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Quelle: Klimaschutz in Zahlen, www.bmu.de Quelle: Klimaschutzgesetz 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
6 SCHWERPUNKT derzeit unklar. Neben zentralen Systemen wird Energie zunehmend dezentral erzeugt. CO2-Quellen im Gebäudesektor Quartierslösungen werden stark an Bedeu- tung gewinnen müssen. Die CO2-Quellen in Gebäuden gilt es, nahezu auf „0“ zu reduzieren. Zukünftig wird Strom der wichtigste Energieträger werden – bestenfalls direkt im Quartier erzeugt und verbraucht Neben dem Umbau des Energiesystems muss außerdem eine Effizienzsteigerung in allen Sektoren stattfinden, damit insgesamt Verbrennung von festen Verbrennung von weniger Endenergie notwendig ist, um den Brennstoffen 1,8 % Biomasse Energiehunger der Menschheit zu stillen. (nur CH4 und N2O) Gleichzeitig muss ein Umdenken beim Um- 0,5 % gang mit Energie stattfinden. Die relati- ve Denkweise in Energieeffizienz, die mit dem Energiebedarf in Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohn- oder Nutzfläche und Jahr beschrieben wird, muss sich zu einer absoluten Betrachtung wandeln. Zwar müs- sen Gebäude, Anlagen, Autos und Prozesse Verbrennung von auch zukünftig möglichst effizient sein, ihre Flüssigbrennstoffen 38,0 % Verbrennung Klimarelevanz wird aber durch die absolute von Gasen 59,6 % Größe an emittierten CO2-Äquivalenten be- schrieben werden. Vereinfacht gesprochen: Zukünftig werden große beheizte Flächen gegenüber kleinen abgewertet, auch bei Quelle: Klimaschutz in Zahlen, www.bmu.de energetisch vergleichbaren Hüllen. Erst Effizienz steigern, dann auf Strom setzen men zur Energieeinsparung massiv zu for- den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen Eine Studie des Forschungszentrums Jülich cieren, was eine energetische Sanierungsrate und Biomasseheizsystemen flankiert. kommt zu dem Schluss, dass sich die Trans- von über 2 % bedeutet“, heißt es in der Stu- formationsstrategie für den Gebäudesektor die. In der zweiten Phase sei die energetische Rohstoffverfügbarkeit und in zwei Phasen einteilen lasse. „In der ersten Sanierungsrate moderater. Die notwendigen Nachhaltigkeit Phase (bis zum Jahr 2035) sind die Maßnah- Wärmedämmmaßnahmen würden durch Ein weiteres, viel diskutiertes Thema ist die Frage nach der zukünftigen Rohstoffver- fügbarkeit und der Klimarelevanz von Bau- stoffen. So stellen Baumaterialien wie Kiese, Illu: petovarga – stock.adobe.com Sande, gebrochene Natursteine und Kalk- stein und andere Baumaterialien derzeit die Gruppe mit der größten Rohstoffentnahme in Deutschland dar. Im Jahr 2015 wurden rund 517 Millionen Tonnen dieser Rohstoffe im Inland entnommen. Knapp die Hälfte davon sind mit 247 Millionen Tonnen Sand und Kies. Nachwachsende Rohstoffe gewinnen an Bedeutung, da sie je nach Verwendung CO2- senkend wirken. Bei nachhaltiger Bewirt- schaftung der Quellen sind sie langfristig verfügbar. Im Zuge dessen werden Baupro- jekte moderat zunehmend in Holzbauweise realisiert. Auch die Verwendung nachwach- sender Rohstoffe in anderen Baubereichen oder der Einsatz von Recycling-Materialien können CO2-Senken aktivieren und müssen zukünftig stets mitgedacht werden. Schließ- lich wird es notwendig sein, den CO2-Fußab- druck eines Gebäudes feststellen zu können. Dieser setzt sich zusammen aus dem CO2- 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
DEKARBONISIERUNG DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT 7 Illu: EkaterinaGr – stock.adobe.com Aufkommen während des Gebäudebetriebes Unabhängig von den genannten Größenord- für eine klimaneutrale Zukunft beitragen. und aus dem, was bereits bei der Produktion nungen stehen jedoch mehrere Tatsachen Die Energiewirtschaft ist gefordert, die Ener- der Baustoffe und Gebäudekomponenten und Fragen im Raum: gieproduktion auf grüne Füße zu stellen. Der an CO2 in die Atmosphäre emittiert wurde. Verkehrssektor wird Elektromobilität forcieren Vielleicht wird man in Zukunft beispielswei- • Die Verbrennung von fossilen Rohstoffen und weitere alternative Antriebe entwickeln. se neben den energetischen Leistungsda- zur Energieerzeugung wird zurückgehen. ten einer Heizungsanlage auch deren Um- • Energie aus der Verbrennung von fossi- Auch die Wohnungswirtschaft muss Strategi- weltproduktdeklaration abfragen müssen. len Rohstoffen wird teurer werden und en entwickeln, die ihr den Weg in die Zukunft Allerdings ist derzeit keineswegs klar, auf mit einem CO2-Preis belegt. ermöglichen, ohne dabei in ein wirtschaftli- welcher Grundlage derartige Deklarationen • Die Verfügbarkeit zahlreicher Rohstoffe ches Desaster zu laufen. Diese Zukunft hat erstellt werden. Tatsache ist aber dennoch: wird zurückgehen, nachwachsende Roh- bereits begonnen. Bereits jetzt müssen die Ein Produkt oder Bauteil, bei dessen Her- stoffe werden an Bedeutung gewinnen. Weichen gestellt werden, um den Gebäu- stellung weniger CO2-Äquivalente emittiert • Der Gebäudesektor muss ab 2050 nahezu debestand fit für die Zukunft zu machen. werden, wirkt sich positiv auf den Sektor aus, CO2-neutral sein. Die Wohnungswirt- So müssen einerseits mittels energetischer dem die Emissionen zugeschrieben werden, schaftsunternehmen müssen ihren Sanierung und Effizienzsteigerung die End- also beispielsweise dem Energie- oder dem Bestand energetisch ertüchtigen und fos- energie der Gebäude reduziert und anderer- Industriesektor. sile Energiequellen durch Erneuerbare seits möglichst umfassend auf Erneuerbare ersetzen. bzw. CO2-arme Energien umgestellt werden. Offene Fragen • Spätestens ab 2050 wird der Hauptener- Im besten Fall wird grüne Energie unmittel- Die Wohnungswirtschaft ist als Teil des Ge- gieträger Strom sein. bar im Quartier erzeugt und auch dort – als bäudesektors für einen Teil der eingangs • Wer trägt die Mehrkosten, wie hoch wer- Mieterstrom – verbraucht. genannten CO2-Emissionen verantwortlich. den sie für die Wohnungswirtschaft sein Genau genommen verbraucht die Gruppe und wie werden sie umgelegt? Gefragt ist insbesondere die Politik, die den der Mehrfamilienhäuser etwa 25 Prozent der • Wie viel Erneuerbare Energie kann in Prozess mit Förderanreizen, ausreichenden gesamten Endenergie im Gebäudesektor. Deutschland überhaupt produziert wer- Fördermitteln und zielführender Gesetzge- 39 Prozent werden in Ein- und Zweifamili- den, welche Abhängigkeiten von Energier- bung steuern muss. Die Befürchtungen der enhäusern und 36 Prozent in Nichtwohn- essourcen werden entstehen und welchen Wohnungswirtschaft zu weiteren Marktein- gebäuden verbraucht. Zwar können End- Anteil an der Energieerzeugung können griffen und Nachrüstpflichten sowie zu der- energie und CO2-Emissionen nicht einfach und werden Wohnquartiere einnehmen? zeit unkalkulierbaren Auswirkungen der CO2- gleichgesetzt werden, jedoch verdeutlichen Bepreisung sind ernst zu nehmen – genauso diese Zahlen die Verhältnisse, wie sich der Klimaschutz ist als gesellschaftliche Aufgabe wie die grundlegenden sozialen und woh- Gebäudesektor zusammensetzt. zu betrachten. Jeder Sektor muss seinen Teil nungswirtschaftlichen Zielkonflikte. WS 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
8 SCHWERPUNKT INTERVIEW MIT >> Dr. Ingrid Vogler, GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. „Die Wohnkostenbelastung muss sich in Grenzen halten“ VM: Frau Dr. Vogler, Sie beschäftigen Auch hinsichtlich Klimaschutzmaßnahmen Sie, wird entscheidend sein, um die sich seit Jahren sehr intensiv mit der sind die Wohnungsunternehmen weit fort- Dekarbonisierung der Wohnungswirt- Energiewende und den Aufgaben, geschritten: Seit 1990 konnten in den bewirt- schaft umzusetzen? die sich daraus für die Wohnungs- schafteten Beständen in der Verursacherbi- wirtschaft ergeben. Mieter wünschen lanz über 60 Prozent der CO2-Emissionen Dr. Ingrid Vogler: Darauf gibt es eine tech- sich bezahlbare Mieten, eine hohe gemindert werden. Aus Sicht der Politik geht nische und eine gesellschaftliche Antwort. Wohnqualität und gute Nachbarschaft. das jedoch nicht schnell genug. Das liegt Technisch gesehen: Wenn der Gebäudebe- Die Klimawende erfordert niedrige u. a. an den hohen Vermeidungskosten für stand 2050 keine CO2-Emissionen mehr auf- Energieverbräuche und minimale Effizienzmaßnahmen, die durch die meisten weisen soll – und das legen alle vorhandenen CO2-Emissionen. Aber Wohnungsun- Mieter nicht getragen werden können. Studien nahe – dann muss die Energiever- ternehmen müssen auch wirtschaftlich sorgung emissionsfrei sein. Denn die CO2- handeln. Wie lassen sich all diese Beschleunigung benötigt daher planungssi- Emissionen sind immer das Produkt aus Aspekte in Einklang bringen? chere zusätzliche finanzielle Unterstützung, Energieverbrauch und Emission des Ener- aber auch eine gewisse Sicherheit für das gieträgers. Und der Verbrauch kann, wie die Dr. Ingrid Vogler: Wenn man sich die Bauhandwerk und die Bauindustrie, dass Frage schon richtigerweise anmerkt, nicht Wohnungsunternehmen ansieht, so brin- sich der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten Null werden. Selbst die Mehrfamilienhäuser gen sie diese – im wahrsten Sinne nach- lohnt. Ansonsten müssten Zuschüsse zum mit höchstem Effizienzstandard weisen für haltigen – Dimensionen der Wohnungs- Teil für höhere Baukosten statt mehr Effizi- Heizung und Warmwasserbereitung noch bewirtschaftung tagtäglich in Einklang, enzmaßnahmen verwendet werden. einen Verbrauch von mindestens 50 kWh/ indem sie sorgsam abwägen, wo welche m²a, eher 60 kWh/m²a auf. Wir müssten Maßnahmen finanziert werden. Denn VM: Den Energieverbrauch auf Null zu re- also dazu kommen, dass die Effizienz auf die jeder Euro Miete lässt sich nur einmal duzieren, ist unmöglich. Vielmehr müssen Energieversorgung reagiert. Das ist sicher ausgeben. andere Maßnahmen greifen. Was, denken für Gebäude an einem Wärmenetz und Illustration: Fiedels – stock.adobe.com Magisches Fünfeck der Wohnungswirtschaft Mieterängste bei energetischer Sanierung (in Analogie zum magischen Viereck der staatlichen Wirtschaftspolitik – das gleichzeitige Erreichen von allen vier Zielen ist nur mit magischen Kräften zu schaffen. Magisches Sechseck: + Umweltschutz + gerechte Einkommensverteilung.) Quelle: Ostbayerische technische Hochschule Regensburg, eigene Darstellung Leistbare Mieten Wohnqualität Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. Quelle: GdW Bundesverband deutscher Niedriger Energie- Gute Nachbarschaft verbauch, und sozialer keine CO2- Lange Dauer der Sanierung Frieden Schäden durch Sanierung Emissionen Platzverlust durch Dämmung Stress, Lärm, Schmutz Verlust der Wohnung Mietsteigerung Umquartierung Schwarze Zahlen 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
DEKARBONISIERUNG DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9 Strategische Aufstellung der Wohnungswirtschaft Mit den Kosten der Dezentrale Energieerzeugung Nutzerunterstützung durch Treibhausgasvermeidung (EUR/t) ermöglichen und drastisch digitale/smarte Techniken transparent umgehen vereinfachen Beibehaltung der aktuellen Konsistente Klima-, Sozial-, Energie-, Bezahlbarer Klimaschutz Effizienzstandards für Bau- und Mietenpolitik Neubau und Sanierung In den Leitindikator CO2 bei Förderung In den Leitindikator CO2 bei Sozialpolitisch und wirtschaftlich mit einem zusätzlichen entsprechenden Ordnungsrecht mit der nicht tragbare Differenzkosten durch den Förderprogramm einsteigen Innovationsklausel einsteigen Staat übernehmen Quelle: GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. damit in einem Quartierszusammenhang Dr. Ingrid Vogler: Als Wohnungsunter- Einige der Punkte bewegen sich langsam. anders zu beantworten als für dezentral nehmen sollten sie wissen, wie der Ener- Die Förderung wurde zum Januar 2020 versorgte Gebäude. gieverbrauch ihrer Gebäude ist und welche deutlich erhöht, das Gebäudeenergiege- CO2-Emissionen damit verbunden sind. Und setz wird einige, wenn auch noch kleine Gesellschaftlich gesehen geht es darum, sie sollten erarbeiten, wie weit sie bei der Schritte in Richtung Steuerung der CO2- soziale Verwerfungen zu vermeiden. Die CO2-Minderung aus eigener Kraft kommen Emissionen und verbesserte Anrechnung Wohnkostenbelastung muss sich in Gren- und welche Hilfe sie von außen benötigen. erneuerbarer Energien machen. Aber an zen halten. Allgemein gilt ein Anteil für die vielen Stellen besteht weiter Bedarf an Warmmiete von mehr als 30 Prozent des Aus Verbandssicht fordern wir eine Neuaus- politischen Änderungen. Insbesondere Haushaltsnettoeinkommens als zu hoch. richtung der Klimapolitik und ihrer Förde- die politischen Initiativen zum Mietrecht Nach Daten des Statistischen Bundesamtes rung von der Politik ein. Dabei geht es z. B. und die Anforderungen an CO2-Minderung liegen ca. 68 Prozent der Mieterhaushalte um folgende Punkte: haben die Wohnungswirtschaft in ein Di- jetzt schon darüber. Das liegt nicht nur lemma geführt, das nur politisch aufgelöst an den Mieten, sondern auch an den Ein- • Sofortige Evaluation der Strategie und werden kann. kommen. Dekarbonisierung darf jedenfalls Praxis (!) bei Energieeinsparung und Kli- deren Wohnkostenbelastung nicht weiter maschutz der letzten zehn Jahre, steigen lassen. Hier halten wir eine Förde- • mehr Klimaschutztransparenz und mehr ZUR PERSON rung in einem Umfang, die warmmieten- Klimaeffizienz, neutrale Modernisierung ermöglicht, für • die umfassende Einbeziehung der urba- Foto: GdW unerlässlich. nen Zentren durch drastische Vereinfa- chung der dezentralen Stromerzeugung, Und ein weiterer Punkt: Die dezentrale er- • eine aktive, technisch unterstützte Einbe- neuerbare Stromerzeugung könnte die Rolle ziehung der Verbraucher, eines „Game Changers“ übernehmen, wenn • eine in sich konsistente Energie-, Klima-, sie deutlich vereinfacht würde. Nicht zuletzt Bau-, Mieten- und Sozialpolitik, bestehen zu viele Hemmnisse, z. B. die steu- • die staatliche Übernahme der Kosten, die erliche Infizierung der Vermietungserträge am Ende weder von Mietern noch Ver- durch Stromerzeugung. mietern sozialpolitisch oder wirtschaft- lich getragen werden können und Dr.-Ing. Ingrid Vogler leitet beim GdW VM: Welche Strategien muss die • die strikte Vermeidung von negativen Bundesverband deutscher Wohnungs- Wohnungswirtschaft entwickeln, damit Verteileffekten für Haushalte mit niedri- und Immobilienunternehmen (GdW) das Klimaschutz bezahlbar bleibt und was gen Einkommen. Referat Energie und Technik sind konkrete nächste Schritte? 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
10 SCHWERPUNKT KLIMAPAKT „PRIMA. KLIMA. WOHNEN.“ Verbändebündnis unterzeichnet Klimaschutzpakt mit Umwelt- und Bauministerium Foto: MHKBG 2020 Klimaneutral bis 2050: Mit den Landesministerinnen Ina Scharrenbach und Ursula Heinen-Esser unterzeichnete ein breites Bündnis aus Fachverbänden und Institutionen den nordrhein-westfälischen Klimapakt „Prima. Klima. Wohnen.“ A uch im Land Nordrhein-Westfalen Kleinverbrauch“ rund 30,4 Millionen Ton- Damit die Handlungsfähigkeit von Woh- gibt es seit dem 20. Januar 2020 ei- nen CO2-Äquivalente. Gegenüber 1990 ist nungsunternehmen und -genossenschaften nen Klimapakt. Die Ministerinnen das ein Rückgang um rund 6,9 Millionen nicht eingeschränkt wird, brauchen sie ver- für Heimat, Kommunales, Bau und Gleich- Tonnen CO2-Äquivalente beziehungsweise lässliche Ziele und einen definierten Entwick- stellung, Ina Scharrenbach, sowie für Um- um rund -18,5 Prozent – und das, obwohl lungspfad bis zum Jahr 2050. Voraussetzung welt, Landwirtschaft, Natur- und Verbrau- sich die Anzahl der Wohnungen gegenüber ist außerdem ein gemeinsames Verständnis cherschutz, Ursula Heinen-Esser, gaben mit der Volkszählung von 1987 um rund 25 Pro- der Ziele und Aufgaben. Es ist notwendig, ei- einem breiten Bündnis aus Fachverbänden zent erhöht hat. ne belastbare, datenbasierte Diskussionsba- und Institutionen aus Wohnungs- und Bau- sis zu schaffen, beispielsweise um zukünftige wirtschaft den Startschuss für den Klimapakt Die Beschlüsse zum Klimaschutzgesetz und (Förder-)Instrumente wie die Wohnraumför- Wohnen. zum Klimaschutzprogramm der Bundesre- derung oder die Städtebauförderung auf ihre gierung aus September 2019 bedeuten für CO2-Relevanz zu prüfen. Unter dem Motto „Prima. Klima. Wohnen.“ die Wohnungswirtschaft jetzt jedoch einen vereinbarten die Unterzeichnenden, ge- Paradigmenwechsel. Fokussierten die Kli- Die Wohnungswirtschaft in NRW hat vorge- meinsam einen verstärkten Beitrag zum maschutzbemühungen und die anhängigen schlagen, ein Instrument zur Bilanzierung Klimaschutz und zur Reduzierung der CO2- Förderprogramme der Vergangenheit noch und dem Monitoring von CO2-Emissionen Emissionen beim Bauen, Wohnen und in die Einsparung der Primärenergie (kWh) im Gebäudebestand für NRW und darüber der Stadtentwicklung zu leisten. Für Wohn- werden jetzt zunehmend die CO2-Emissio- hinaus zu schaffen. Daran sollen Wohnungs- viertel und Stadtquartiere in Nordrhein- nen zu einem relevanten Faktor. Die Woh- unternehmen und -genossenschaften aus Westfalen sollen sich durch die verein- nungswirtschaft in Nordrhein-Westfalen allen Landesteilen beteiligt werden. Eine barte Kooperation neue und noch weitere muss sich damit auseinandersetzen, wie eine entsprechende Projektgruppe befindet sich Chancen für eine nachhaltige Entwicklung Dekarbonisierungsstrategie bis zum Jahr in der Vorbereitung. ergeben. 2050 aussehen kann. Die Kooperationspartner werden die kom- Im Jahr 2018 gab es 9.014.363 Wohnun- Klimaschutz im sozialen Wohnungsbau ist menden sechs Monate nutzen, um konkrete gen in Nordrhein-Westfalen. Das ist der eine gemeinschaftliche Aufgabe und stellt Maßnahmen zu unterlegen. Diese Zeit ha- höchste Wohnungsbestand aller Zeiten in eine große Herausforderung dar. Diese wird ben sich die Unterzeichnenden auch vor Nordrhein-Westfalen. Auf Basis vorläufi- perspektivisch große Investitionsnotwendig- dem Hintergrund gegeben, dass vonseiten ger Schätzungen für das Jahr 2018 beträgt keiten auslösen. der Bundesregierung noch Maßnahmen in die Emission aus dem Bereich „Haushalte/ der Umsetzung sind. ON/AT 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
DEKARBONISIERUNG DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT 11 „‚Prima. Klima. Wohnen.‘ ist Auftrag und Wohnungsbeständen haben Bund und Foto: MHKBG 2020/VdW RW Verpflichtung zugleich: Mit dem heutigen Länder gemeinsam gesetzt. Zugleich ist es Startschuss für einen Klimapakt „Wohnen“ Nordrhein-Westfalen in den letzten zwei setzt Nordrhein-Westfalen als einwohner- Jahren gelungen, über eine verbesserte reichstes Bundesland ein klares Signal und Modernisierungsförderung im Rahmen wir treten mit neuer Energie gemeinsam mit der öffentlichen Wohnraumförderung des Institutionen, Verbänden und Organisatio- Landes die Themen Energieeffizienz und nen für energetisch sauberes, nachhaltiges Bezahlbarkeit des Wohnens in Einklang Bauen und Wohnen in Nordrhein-Westfalen zu bringen. Sicher, sauber und bezahlbar – ein. Seit Jahresbeginn ist das Bundes-Kli- das ist unser Verständnis der Wohn- und maschutzgesetz in Kraft, steuerliche An- Stadtentwicklungspolitik für die Bürgerin- reize für die energetische Erneuerung von nen und Bürger in Nordrhein-Westfalen.“ Ina Scharrenbach Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung „Für die Entwicklung der Städte und Sied- von uns klimarelevante Entscheidungen: Foto: Anke Jakob/VdW RW lungsräume ist die Bewältigung der öko- Wie hoch soll ich meine Heizung anstel- logischen und ökonomischen Folgen des len, wie lange stehe ich unter der warmen Klimawandels von zentraler Bedeutung. Die Dusche? Schätzungen zufolge sind die Unterzeichnung des gemeinsamen Pakts privaten Haushalte in Nordrhein-West- für klimabewusstes Wohnen ist ein klares falen für rund 11,5 Prozent der gesam- Bekenntnis für gemeinsames Handeln im ten Treibhausgasemissionen in unserem Klimawandel und für die Zukunft unseres Bundesland verantwortlich – hier steckt Landes. Begrünte Vorgärten, Dächer und also noch sehr viel Potenzial, das wir un- Fassaden, insbesondere der Einsatz natür- bedingt heben müssen. Der Übergang zu licher und nachwachsender Baustoffe wie einer treibhausgasneutralen Welt kann Holz, sorgen für gutes Klima. Und auch das uns nur gelingen, wenn er gesellschaftlich persönliche Verhalten entscheidet: Bereits mitgetragen wird.“ beim morgendlichen Aufstehen trifft jeder Ursula Heinen-Esser Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz „Die Dekarbonisierung des Wohnungsbe- Thema Mieterstrom. Hier müssen Ener- Foto: VdW RW standes und gleichzeitig bezahlbares Woh- gie- und Mobilitätswende Hand in Hand nen für alle Menschen zu schaffen sind große gehen. Als sozial verantwortungsvoll han- und vor allem gemeinsame Herausforde- delnde Wohnungswirtschaft werden wir rungen für Politik, Wohnungswirtschaft und in den kommenden Jahren zusammen mit Zivilgesellschaft. Viele Fragen im Bereich der der Landesverwaltung, unseren kommu- technischen Gebäudebeschaffenheit müssen nalen, kirchlichen, genossenschaftlichen noch beantwortet werden, gleichzeitig brau- und privaten Mitgliedsunternehmen und chen wir neue Wege in einer quartiersnahen, vielen weiteren Partnern die dafür not- regenerativen und damit CO 2-neutralen wendigen Instrumente entwickeln, um bis Primärenergieerzeugung in unseren Wohn- 2050 die klimapolitischen Ziele unseres und Stadtquartieren, wie zum Beispiel beim Landes zu erreichen.“ Alexander Rychter Verbandsdirektor VdW Rheinland Westfalen 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
12 SCHWERPUNKT INITIATIVE WOHNEN.2050 Schulterschluss für den Klimaschutz Nur ein Wohnungsunternehmen, das sei- und operativ handlungsfähig zu sein. Nur Politik einzuwerben. Die Initiative Woh- nen Bestand klimaneutral umbaut, wäre mit vereinten Kräften können nötige Ent- nen.2050 steht weiteren Wohnungsgesell- nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen scheidungen für die Zukunftssicherheit aller schaften jeder Größe offen. Dr. Thomas Hain, Stein. Auf Anregung der Unternehmens- gefällt werden. Die Branche braucht eine Leitender Geschäftsführer der Unterneh- gruppe Nassauische Heimstätte I Wohn- starke gemeinsame Stimme, um der Bundes- mensgruppe Nassauische Heimstätte I stadt (NHW) und in enger Zusammenar- politik die Dimension der Herausforderung Wohnstadt, stellvertretender Vorstandsvor- beit mit dem Bundesverband deutscher zu verdeutlichen.“ sitzender IW.2050: „Die von uns angeschobe- Wohnungs- und Immobilienunternehmen ne Initiative wird perspektivisch zur Verände- (GdW) sowie dem Verband der südwest- Gemeinsam Lösungen erarbeiten rung der Landes- und Bundespolitik sowie zur deutschen Wohnungswirtschaft (VdW süd- Der Zusammenschluss ist eine ideale Platt- individuellen Verhaltensänderung beitragen. west) wurde daher im Oktober 2019 die form nach dem Open Source-Prinzip, da Unser Engagement muss zur Transformation Initiative Wohnen.2050 (IW.2050) aus der einerseits Know-how eingebracht, parallel der gesamten Branche und seiner Akteure Taufe gehoben. aber auch vom Wissen und den Erfahrun- führen.“ Duffner / Nassauische Heimstätte gen anderer Partner profitiert wird – klas- 24 Wohnungsgesellschaften gehörten zu den sisches Benchmarking inklusive. Lösungen Gründungsmitgliedern Ende Januar 2020 und Tools für die ressourcensparende Ent- INITIATIVE WOHNEN.2050 in Berlin – darunter sechs der zehn größten wicklung von unternehmensspezifischen Unternehmen im GdW. Sie repräsentieren Wegen zur Klimaneutralität werden ge- Die IW.2050 ist ein bundesweiter Branchen- über eine Million Wohneinheiten, verteilt meinsam erarbeitet und ausgetauscht. So zusammenschluss mit dem Ziel, die CO2- über das Bundesgebiet. Auch VdW Rhein- bekommen auch kleinere Wohnungsunter- Emissionen der teilnehmenden Unterneh- land Westfalen und die EBZ Business School nehmen die Chance, Klimaziele zu formu- men gemäß dem Pariser Klimaschutz- als Bildungseinrichtung der Branche sind lieren und diese später zu erreichen. Der abkommen so zu minimieren, dass das mittlerweile dabei. neu gegründete Verein hat sich vordring- globale Kleiner-2-Grad-Ziel eingehalten lich auf drei große Klimaschutz-Bausteine wird. Von den bislang 24 Unternehmen- Die Wohnungswirtschaft verständigt. Das erste Arbeitsfeld fokussiert spartnern kommen sechs aus NRW. braucht eine starke Stimme auf die Energie-/CO 2-Bilanzierung, das Axel Gedaschko, GdW-Präsident, verwies zweite auf die Technik und Modernisie- Insgesamt vereinen die Gesellschaften über im Eröffnungsstatement der Gründungsver- rung und der dritte Bereich auf die Finan- eine Millionen Wohneinheiten, die bis 2050 sammlung auf das enge Zeitfenster und die zierung. Interessenten können sich auf klimaneutral entwickelt werden sollen. hochgesteckten Ziele: „Um das postulierte www.iw2050.de informieren und den Kon- Weitere Partner sind die brancheneigene Zwei-Grad-Ziel und einen klimaneutralen takt zur Initiative suchen. Hochschule EBZ Business School und der Gebäudebestand bis 2050 zu erreichen, gilt Spitzenverband GdW. Unterstützt wird die es, den Einsatz noch einmal deutlich zu Öffentlichkeit schaffen Initiative von den Regionalverbänden VdW erhöhen. Jedes Unternehmen braucht hier- Darüber hinaus geht es auch darum, die Vor- südwest und VdW Rheinland Westfalen. für zwingend eine klare Perspektive und reiterrolle der Branche und das Engagement einen verlässlichen Entwicklungspfad für die für den Klimaschutz öffentlich zu machen www.iw2050.de nächsten 30 Jahre, um politisch, strategisch und finanzielle Unterstützung seitens der Foto: NHW, Walter Vorjohann 24 Unternehmen umfasst der bundesweite Branchenzusammenschluss – sechs davon gehören zu den zehn größten Wohnungsunternehmen in Deutschland 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
DEKARBONISIERUNG DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT 13 GASTBEITRAG VON FELIX LÜTER, NACHHALTIGKEITSBEAUFTRAGTER NASSAUISCHE HEIMSTÄTTE | WOHNSTADT (NHW) UND GESCHÄFTSFÜHRENDER VORSTAND DER IW.2050 1,8 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen in den Bestand D er 17. September 2019 war ein ent- scheidendes Datum für die Woh- nungswirtschaft – und für die Um- welt. An diesem Tag unterzeichneten die hessischen Landesminister Priska Hinz (Um- welt) und Tarek Al-Wazir (Wirtschaft) sowie die Geschäftsführer der Unternehmens- gruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) Dr. Thomas Hain, Monika Fontaine- Foto: pitb_1 – stock.adobe.com Kretschmer und Dr. Constantin Westphal eine für die Branche einmalige Zielverein- barung für den Klimaschutz. Sie soll als Blaupause dienen für weitere Gesellschaften in Hessen, die sich mehrheitlich im öffent- lichen Besitz befinden. Das Wohnungsun- ternehmen verpflichtet sich, bis zum Jahr 2050 seinen gesamten Wohnungsbestand von derzeit knapp 60.000 Wohneinheiten klimaneutral zu stellen. Rund 1,8 Milliarden Euro zusätzliche Inves- eingesetzt – die kompensatorische Investiti- titionen in den Bestand wird die „Transfor- on in Klimaprojekte in Entwicklungsländern Was dies in der Praxis bedeutet, präzisiert mation“ die Unternehmensgruppe kosten, spart dort jährlich 55.000 Tonnen CO2. Dr. Hain, Leitender Geschäftsführer der so Dr. Hain. Bislang investiert die NHW Unternehmensgruppe: „Wir müssen den jährlich 113 Millionen Euro in die Ertüch- jährlichen Primärenergieverbrauch für Hei- tigung ihres Bestandes, nach vorsichtigen zung und Warmwassererzeugung von der- Schätzungen muss sie nochmals 56 Millio- zeit 155 Kilowattstunden pro Quadratmeter nen Euro pro Jahr aufbringen. „Wir haben und Jahr bis 2050 auf 27 Kilowattstunden bereits ab 2020 für fünf Jahre unsere Be- senken.“ Bei Neubauten müsse die NHW standsinvestitionen auf 134 Millionen Euro ab Mitte der 20er-Jahre den Standard KfW pro Jahr angehoben – davon 16 Millionen Effizienzhaus 40 einhalten. Im Bestand Euro zusätzlich für den Klimaschutz, dabei ÜBER DEN AUTOR habe die NHW mit ihrer Strategie der „ener- sind wir aber auf eine entsprechende Finan- getischen Quartiersentwicklung“ bereits zierung angewiesen“, erklärt Dr. Hain. Denn Foto: NHW, Walter Vorjohann beachtliche Erfolge erzielt – in den vergan- eins ist klar: Klimaschutz darf nicht zulasten genen 30 Jahren wurden rund 50 Prozent der Mieter gehen. CO2 eingespart. Pionier in Nachhaltigkeitsfragen Schwerpunkt: Wärmepumpen Die NHW hatte bereits im Jahr 2014 eine Der Fokus liege eindeutig auf der Quar- Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt und ar- tiersentwicklung. Das künftige Szenario: Die beitet beispielsweise in den Bereichen Ein- bis dahin angedachten 75.000 Einheiten im kauf, Mobilität, Energie, Bestandsmoderni- Jahr 2050 werden nur noch zu 13 Prozent mit sierung und Neubau mit entsprechenden Nahwärmenetzen aus Blockheizkraftwerken Zielvorgaben. Mithilfe eines „Leitfadens für und zu 13 Prozent mit Fernwärme versorgt. die energetische und soziale Quartiersent- Das Gros, fast drei Viertel, wird energetisch wicklung“ wurden definierte Pilotquartiere mit Wärmepumpen versorgt, diese wer- entwickelt. Zentrale Fragen: Inwieweit ist – den betrieben mit Strom aus erneuerbaren über eine bloße Modernisierung hinaus – Energien. Dr. Hain: „Der Strommix wird in Neubau und Aufstockung möglich? Wo ist den nächsten Jahren immer regenerativer, eine zentrale Energieversorgung sinnvoll? deshalb ist die Wärmepumpe sinnvoll und Die NHW hat bereits ihren Energieeinkauf Felix Lüter verantwortet das Thema sollte Priorität haben – zumal wir auf vielen auf Ökostrom umgestellt, der pro Jahr die „Nachhaltigkeit“ bei der Nassauischen Bestandsgebäuden mit eigenen Photovol- Emissionen um rund 6.300 Tonnen CO2 re- Heimstätte | Wohnstadt und ist taik-Anlagen den Strom selbst produzieren duziert. Darüber hinaus wird für Heizung geschäftsführender Vorstand der IW.2050 können.“ und Warmwasser klimaneutralisiertes Erdgas 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
14 SCHWERPUNKT GASTBEITRAG VON ROLF BUCH, VORSTANDSVORSITZENDER DER VONOVIA „Wir wollen unseren eigenen Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral stellen“ Die Bundesregierung hat Ende 2019 ein Klimapaket umgesetzt, mit dem die Pa- riser Ziele erreicht werden sollen. Für den Gebäudesektor bedeutet dies eine Reduktion der Treibhausgasemissionen in Deutschland von 118 Mio. Tonnen im Jahr 2020 auf 72 Mio. Tonnen im Jahr 2030, also um knapp 39 Prozent. Wir bei Vonovia bekennen uns zu diesem Ziel, wir wollen unseren eigenen Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral stellen. Wie wollen wir das schaffen? Der allergrößte Teil der Emissionen von Treibhausgasen entfällt bei Vonovia auf die Bestandsgebäude. Um den CO2-Ausstoß Fotos: Vonovia und die Energieverbräuche zu reduzieren, setzen wir auf die klassische energetische Gebäudesanierung mit bereits vorhandener Photovoltaik-Anlagen der Vonovia in Dresden Technik. Zudem werden ineffiziente Heiz- systeme ausgetauscht. Einen weiteren Teil dabei hilfreich, auch deshalb, weil es zur Er- somit erneut in den Klimaschutz investiert. des CO2-Austoßes wollen wir durch – zu- höhung der Sanierungsquote führen könnte. Seit Start des Modernisierungsprogramms mindest heute noch nicht wirtschaftliche – Auch hierbei könnte die Politik helfen: Für 2015 haben wir das CO2-Profil des Bestands Maßnahmen vermeiden. Hierbei setzen wir mehr E-Mobilität bzw. mehr E-Stationen im um rund 100.000 Tonnen CO2 verbessert, das u. a. auch auf regenerative Energien wie Pho- Quartier, an denen Elektroautos die lokal im entspricht 9,2 Prozent. Ohne die energeti- tovoltaik. Denn der zweite große Hebel zur Quartier erzeugte Energie laden könnten, schen Modernisierungen lägen die Emissio- Verbesserung der Klimabilanz besteht bei wäre eine Änderung im Mieterstromgesetz nen 2019 nicht bei vorläufig ermittelten rund Vonovia in der Ausweitung der dezentralen erforderlich. Somit könnte der Strom nicht 1 Mio. Tonnen CO 2 , sondern bei rund Versorgung mit erneuerbaren Energien. Im nur in dem Gebäude, auf dem er durch 1,1 Mio. Tonnen CO2. Sommer 2019 gab es den ersten Rollout eines Photovoltaik erzeugt wird, genutzt werden, 1.000 Dächer-Programms, mit dem wir in sondern im gesamten Quartier. Zudem den kommenden Jahren mindestens 1.000 müsste die Leistung der Anlagen 100 kWp Dachflächen mit Photovoltaikmodulen aus- übersteigen dürfen, damit für alle Mieter ge- statten werden, die jährlich rund 10.000.000 nügend Strom erzeugt werden kann. Zudem kWh Solarstrom erzeugen. Als weiteren He- setzen wir darauf, dass es zu einer gerechten bel, um CO 2 einzusparen, setzen wir auf Verteilung der Kosten zur CO2-Bepreisung Innovationen und die Erforschung neuer zwischen Mieter und Vermieter kommt. ÜBERÜBER DEN DEN AUTOR AUTOR energiesparender Technologien. Hierfür bedarf es u. a. der Experimentierklauseln im Um Lösungen zu finden setzen wir bei Vo- Gesetz zur Vereinheitlichung des Energie- novia auf den Dialog mit der Politik und einsparrechts für Gebäude (GEG). laden Vertreter aus Politik, Wohnwirtschaft, Mieterverbänden und Wissenschaft am 28. Konkret bedeutet das Thema Klimaschutz Mai zur zweiten Klimakonferenz „Perspek- für uns bei Vonovia, das Spannungsfeld tiven klimaneutralen Wohnens“ nach Berlin zwischen bezahlbarem Wohnraum auf der ein. Außerdem sind wir Gründungsmitglied einen und energetischer Sanierung, also der bundesweiten Initiative Wohnen.2050. – konkretem Klimaschutz, auf der anderen einem Zusammenschluss aus 24 Unter- Seite zu praktizieren und in eine Balance zu nehmen. Gemeinsam arbeiten wir an einer bringen. Daher begrenzen wir sanierungs- Lösung, um den Klimaschutz nachhaltig bedingte Mietaufschläge auf maximal zwei voranzubringen. Rolf Buch ist Vorsitzender des Vonovia- Euro je Quadratmeter. Schließlich soll der Vorstandes. Das Wohnungsunternehmen Klimaschutz die Mieter nicht finanziell über- Wir bei Vonovia haben unsere Investitionen bewirtschaftet knapp 400.000 Wohnungen. fordern. Ein Ausbau des Fördersystems wäre in den Bestand 2019 vorangetrieben und 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
DEKARBONISIERUNG DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT 15 GASTBEITRAG VON THOMAS HUMMELSBECK, GESCHÄFTSFÜHRER DER RHEINWOHNUNGSBAU GMBH, DÜSSELDORF „Es braucht einen Paradigmenwechsel“ D ie Einführung der CO2-Steuer sowie Fotos: Rheinwohnungsbau GmbH die verbindlichen Klimaziele ge- mäß Pariser Abkommen führen zu einem Paradigmenwechsel. War bei energe- tischen Maßnahmen und Neubauinvestitio- nen bisher der Primärenergiefaktor die ent- scheidende Kenngröße und wesentlich für die Erreichung bestimmter KfW-Standards, so tritt an dessen Stelle der CO2-Ausstoß. Dies führt zu einem radikalen Umdenken in der Branche und stellt die Wohnungs- wirtschaft vor große, aber aus unserer Sicht 2008 stellte die Rheinwohnungsbau GmbH im Düsseldorfer Medienhafen die erste Solar- erreichbare Herausforderungen. siedlung der Landeshauptstadt fertig – die Nutzung regenerativer Energien war dabei ein wesentlicher Aspekt Die dynamische Entwicklung der CO2-Steuer sowie eine mehr als fragliche 1:1 Weiter- Motiviert werden wir bei der Rheinwoh- 3-Liter-Häusern. Auf den Flachdächern der belastung an die Mieter muss und wird zu nungsbau GmbH im Wesentlichen durch Gebäude wurden Solarelemente installiert, einem Umdenken bei der Bereitstellung von ein sich veränderndes Energiesystem. Weg die etwa 40 Prozent des jährlichen Warmwas- Heizenergie führen. Fossile Energieträger vom CO2 bedeutet im Umkehrschluss hin serbedarfs decken. Die energetische Ausstat- stehen vor dem „Aus“ und mehr denn je ist zum Strom – hin zum grünen Strom. Und: tung des Projekts in Garath zeigt, dass damals grüne Energie gefragt. Woher diese in dem Jede Kilowattstunde Strom, die klimaneu- weniger unter dem Aspekt der CO2-Reduktion benötigten Umfang kommen soll, fragen tral im Quartier selbst hergestellt werden geplant wurde, sondern die Minimierung des sich viele. Wir bei der Rheinwohnungsbau kann, ist ein Stück Unabhängigkeit in ei- Primärenergiebedarfs im Mittelpunkt stand. GmbH überlegen schon seit einiger Zeit, wie nem sich verändernden Energiemarkt. Die Zwar wirkt sich der geringe Energiebedarf wir diesen Wechsel bewerkstelligen. Hilfreich Rheinwohnungsbau GmbH geht das Thema positiv auf die CO2-Bilanz aus, der Anteil der ist hier u. a. die Mitwirkung in der Ad-hoc- Klimaschutz bereits seit einiger Zeit aktiv an. fossilen Energieträger ist jedoch von Nachteil. Arbeitsgruppe 42 beim GdW, die sich mit Über allem Tun steht das Grundprinzip des Das Projekt steht beispielhaft für die Notwen- dieser Thematik detailliert auseinandersetzt. Bauens auf dem Stand der Technik. Des Wei- digkeit des Paradigmenwechsels. Zukünftig Übereinstimmende Erkenntnis vieler Fach- teren hat Energieeffizienz, sowohl bei den wird die CO2-Bilanz der verwendeten Energie leute ist, dass künftig regenerativ und im Quar- Gebäudehüllen als auch bei den technischen für Raumwärme, Warmwasser und Gebäude- tier erzeugter Strom die Lösung sein wird. Anlagen, höchste Priorität. Und nicht zuletzt strom entscheidend sein, weniger die KfW- ist die Bewahrung der Schöpfung ein wich- Effizienzklasse des Gebäudes. Wo stehen wir eigentlich? tiger Aspekt in der Weiterentwicklung des Aber bis es so weit ist, müssen noch viele Gebäudebestandes unseres Unternehmens. Hausaufgaben erledigt werden. Dazu ge- hört, in einem ersten Schritt zu ermitteln, wo Die Zukunft erfordert man mit der CO2-Reduktion, bezogen auf ganzheitliches Denken das Kyoto-Protokoll von 1990, bereits steht. Zukünftig wird es mehr denn je notwendig Eine alles andere als triviale Aufgabe. Da ist sein, ganzheitlich zu denken, wenn es um den es mehr als hilfreich, wenn aus der Branche CO2-Fußabdruck geht. So haben wir uns bei- ÜBER DEN AUTOR heraus Initiativen mit dem Ziel gestartet wer- spielsweise mit unserem Neubau RKM 740 am den, sich gegenseitig mit Wissen zu befruch- Forschungsprojekt „Solarthermische Einspei- ten, voneinander zu lernen und gemeinsam sung ins Fernwärmenetz“ der Stadtwerke an Lösungen zu arbeiten. Eine Aufgabe, die Düsseldorf im Stadtteil Heerdt beteiligt. Des weder der GdW noch die Landesverbände ob Weiteren wurde vor wenigen Jahren die Solar- ihrer Struktur leisten können. Umso erfreuli- siedlung Garath gebaut, eines der größten cher ist daher die Initiative der Nassauischen Solarsiedlungsprojekte europaweit. In unmit- Heimstätte, welche die Initiative Wohnen telbarer Nachbarschaft dazu entstand außer- 2050 ins Leben gerufen hat. Hier haben sich dem die Klimaschutzsiedlung Garath. Das in kürzester Zeit zahlreiche Unternehmen Projekt entstand damals unter dem Aspekt unter Federführung der Nassauischen Heim- eines minimierten Primärenergiebedarfs. Mit stätte zusammengefunden, um die Klima- einem hohen baulichen Wärmedämmstan- Thomas Hummelsbeck, Geschäftsführer schutzziele nicht nur zu diskutieren, sondern dard realisierte man 187 Mietwohnungen mit der Rheinwohnungsbau GmbH vor allem mit innovativen Ideen zu erfüllen. über 14.000 Quadratmetern Wohnfläche in 03/2020 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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