VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW

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VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
Gewerkscha
                                           Erziehung und Wissenscha

Erziehung & Wissenschaft        09/2019
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW

      VORSICHT!
      BAUSTELLE
      Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen
VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
2 GASTKOMMENTAR

                                                                                Foto: SRH Hochschule Heidelberg
                  MARC
            KIRSCHBAUM

              Pädagogik braucht Raum
               Die gesellschaftspolitische Debatte über Bildung im Allgemei-                                      me; Inklusion erfordert häufig andere Raumarrangements.
               nen und den „richtigen“ pädagogischen Weg hat Tradition. Sie                                       Durch die Ganztagsschule halten sich Schülerinnen und Schü-
               wird ebenso intensiv wie kontrovers und ebenso qualifiziert                                        ler zum Beispiel viel länger in unseren Bildungslandschaften
               wie tendenziös geführt. Viel zu wenig sprechen wir hingegen                                        auf, sie benötigen dadurch Räume für Kooperation, Kreativi-
               über die Gebäude unserer Bildungslandschaft und aktuell                                            tät oder Rückzug. Selbst die Digitalisierung ist raumrelevant
               über den enormen Sanierungsstau. Ob Kindergärten, Schulen                                          ­(siehe Interview S. 9 f.). Zweitens handelt es sich beim Großteil
               oder Hochschulen – vielerorts zeigen sich triste Gebäude mit                                        des Schulbaus um Umbau. Der Bestand an guten Schulgebäu-
               völlig überholten Lernräumen, verwahrlosten Toiletten und                                           den aus der Gründerzeit oder den 1950er-Jahren ist groß.
               lieblosen Außenanlagen.                                                                             Um einen gängigen Gedanken wider den Strich zu bürsten: Aus
               Dabei ist auch die bauliche Qualität unserer Bildungsland-                                          den vielfach geäußerten Bedenken baulicher Restriktionen im
               schaften so enorm wichtig: Die Schulzeit ist die Zeit, in der jun-                                  Bestand lassen sich tatsächlich ungeahnte Potenziale bergen.
               ge Menschen auf das Leben vorbereitet werden und in der wir                                         Hinzu kommt, dass die architektonische Qualität – insbeson-
               ihnen eine Vorstellung von demokratischem und nachhaltigem                                          dere bei historischen Schulgebäuden – der heutigen vielfach
               Handeln vermitteln. Und Architektur ist immer auch Ausdruck                                         überlegen ist. Ein nicht geringer Teil heutiger Neubauten wird
               einer gesellschaftlichen Haltung. Es ist ebenso zu konstatie-                                       aufgrund mediokrer Bauqualität keine lange Zukunft haben.
               ren, dass sich die Pädagogik historisch nie angemessen für die                                      Die Kommunalpanels der Kreditanstalt für Wiederaufbau der
               Räume interessiert hat, in denen sie stattfindet. Eine solche                                       vergangenen Jahre zeigen den enormen Sanierungsstau an
               „Raumvergessenheit“ ist ein großer Fehler. Der Mensch ist per                                       deutschen Schulen. So beträgt er aktuell 42,8 Milliarden Euro.
               se ein räumliches, körperliches Wesen (Tilmann Habermas),                                           Diese Investitionsbedarfe zeigen uns aber nicht, wie viel da-
               der Raum bestimmt unser Dasein und unsere Interaktion in                                            von tatsächlich in bessere Lernräume investiert wird. Aktuell
               Räumen (Erving Goffman) ganz maßgeblich mit. Die wenigen                                            haben wir eine lange nicht wiederkehrende Möglichkeit, mit
               Pädagogen, die die Relevanz des Raumes für die Pädagogik er-                                        besseren Räumen die pädagogischen Handlungsoptionen zu
               kannten, taten dies umso nachdrücklicher: Maria Montessori                                          unterstützen. Wenn wir „nur“ energetisch und brandschutz-
               legte Wert auf die „vorbereitete Umgebung“, Loris Malaguzzi                                         technisch sanieren, verspielen wir eine große Chance: die
               betonte den „Raum als dritten Pädagogen“ und Otto Friedrich                                         Weichen für das Lernen der Zukunft zu stellen.
               Bollnow hat mit „Mensch und Raum“ ein Grundlagenwerk zur
               Beziehung beider zueinander vorgelegt.                                                             Prof. Marc Kirschbaum,
               Dass Räume uns beeinflussen, erscheint aus architektonischer,                                      Architekt und Professor für Architekturtheorie und Entwerfen
               umweltpsychologischer und pädagogischer Sicht unstrittig.                                          an der SRH Hochschule Heidelberg, Leiter des Forschungsprojekts
               Und was historisch bislang unterrepräsentiert war, wird nun                                        Reallabor STADT-RAUM-BILDUNG
               vermehrt wahrgenommen. Aktuell gibt es zahlreiche Anlässe,
               uns mit unseren Lernräumen zu befassen. Erstens sind eini-
               ge der heutigen pädagogischen Herausforderungen äußerst                                            Zukunftsfähige Lernraumgestaltung im digitalen Zeitalter
               raumrelevant. Individualisierung und Differenzierung benöti-                                       (2019). Arbeitspapier Nr. 45. Hochschulforum Digitalisierung
               gen im Gegensatz zum Ex-cathedra-Lehren vielfältigere Räu-                                         (erscheint voraussichtlich im Herbst 2019)

  Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
INHALT     3

                                                                    Prämie
Inhalt                                                            des Monat
                                                                            s
                                                                        Seite 5

Gastkommentar                                                                                IMPRESSUM
Pädagogik braucht Raum                                                           Seite 2    Erziehung und Wissenschaft
                                                                                             Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung · 71. Jg.
Impressum                                                                        Seite 3
                                                                                             Herausgeberin:
                                                                                             Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Auf einen Blick                                                                  Seite 4    im Deutschen Gewerkschaftsbund
                                                                                             Vorsitzende: Marlis Tepe
                                                                                             Redaktionsleiter: Ulf Rödde
Prämie des Monats                                                                Seite 5    Redaktion: Jürgen Amendt
                                                                                             Redaktionsassistentin: Katja Wenzel
                                                                                             Postanschrift der Redaktion:
Schwerpunkt: Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen                                         Reifenberger Straße 21
                                                                                             60489 Frankfurt am Main
1.   Sonderprogramme für marode Schulen: Investitionen, die sich lohnen          Seite 6    Telefon 069 78973-0
2.   Interview mit Schulberater Rainer Schweppe: Abschied von der Lernfabrik     Seite 9    Fax 069 78973-202
                                                                                             katja.wenzel@gew.de
3.   Gegensätze in Leipziger Schulgebäuden: Alt und doch neu, neu und doch alt   Seite 12   www.gew.de
4.   Schleppender Kita-Ausbau in Berlin: Ohne Mitbestimmung geht es nicht        Seite 14   facebook.com/GEW.DieBildungsgewerkschaft
                                                                                             twitter.com/gew_bund
5.   Baufällige Hochschulgebäude: Ruinen, die sich Universität nennen            Seite 16
6.   Die Hürden bei Kita und Schule: Zuständigkeitswirrwarr                      Seite 18   Redaktionsschluss ist in der Regel
                                                                                             der 7. eines jeden Monats.
                                                                                             Erziehung und Wissenschaft erscheint elfmal jährlich.
Hintergrund Inklusion am Gymnasium                                                           Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste und Internet
                                                                                             ­sowie Vervielfältigung auf Datenträger der „Erziehung
1. Unterricht mit blinder Schülerin in der Klasse: Eine Grenzerfahrung           Seite 20    und Wissenschaft“ auch auszugweise nur nach vorheri-
2. Organisation von Schule: Träge wie ein großer Tanker                          Seite 22    ger schriftlicher Genehmigung der Redaktion.

                                                                                             Die E&W finden Sie als PDF auf der GEW-Website unter:
Schule                                                                                       www.gew.de/eundw.
                                                                                             Hier wird die E&W auch archiviert.
1. GEW-Kommentar: Werben für den Lehrberuf                                       Seite 24
2. Interview mit Uschi Kruse: Die Unzufriedenheit wächst                         Seite 30   Gestaltung:
                                                                                             Werbeagentur Zimmermann,
                                                                                             Heddernheimer Landstraße 144
Bildungspolitik                                                                              60439 Frankfurt
1. Digitalisierung in der Weiterbildung: Mehr bilden, besser qualifizieren       Seite 25   Für die Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitglieds-
2. Bund-Länder-Verhandlungen: Nationaler Bildungsrat ohne Gewerkschaften?        Seite 26   beitrag enthalten. Für Nichtmitglieder beträgt der
3. Interview mit Oskar Negt: „Humanität benötigt Bindungen ...“                  Seite 28   Bezugspreis jährlich Euro 7,20 zuzüglich Euro 11,30
                                                                                             Zustellgebühr inkl. MwSt. Für die Mitglieder der
                                                                                             Landesverbände Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen,
Gesellschaftspolitik                                                                         Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland,
                                                                                             Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen werden die
1. Forschungsstand Projekt „GEW-Geschichte“: Pragmatismus statt Reflexion        Seite 32   jeweiligen Landeszeitungen der E&W beigelegt. Für un-
2. Präventionsprojekt in Hessen: Ist das schon antisemitisch?                    Seite 40   verlangt eingesandte Manuskripte und Rezensionsexem-
                                                                                             plare wird keine Verantwortung übernommen. Die mit
                                                                                             dem Namen des Verfassers gekennzeichneten Beiträge
Jugendhilfe                                                                                  stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder
                                                                                             der Herausgeberin dar.
„Kita des Jahres 2019“ in Südhessen: Ihr Wort zählt – egal, wie klein sie sind   Seite 36
                                                                                             Verlag mit Anzeigenabteilung:
                                                                                             Stamm Verlag GmbH
Berufliche Bildung                                                                           Goldammerweg 16
Funktionaler Analphabetismus: Der Albtraum mit den Buchstaben                    Seite 38   45134 Essen
                                                                                             Verantwortlich für Anzeigen: Mathias Müller
                                                                                             Telefon 0201 84300-0
Initiative „Bildung. Weiter denken!“                                                         Fax 0201 472590
                                                                                             anzeigen@stamm.de
„GEW in Bildung unterwegs“ in Hessen: „Gute Bildung braucht gute Gebäude“        Seite 42   www.erziehungundwissenschaft.de
                                                                                             gültige Anzeigenpreisliste Nr. 41
                                                                                             vom 01.01.2019,
Nachruf                                                                                      Anzeigenschluss
Nachruf auf Jesper Juul: „Kinder brauchen keine Grenzen“                         Seite 43   ca. am 5. des Vormonats

                                                                                             Erfüllungsort und Gerichtsstand: Frankfurt am Main
Leserforum                                                                       Seite 44

Diesmal                                                                          Seite 48
                                                                                                                ISSN 0342-0671

                                                                                                     Die E&W wird auf 100 Prozent chlorfrei
Titel: Werbeagentur Zimmermann                                                                       gebleichtem Recyclingpapier gedruckt.

                                                                                             Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
4 AUF EINEN BLICK

                                  2019                          Streiken fürs Klima                                               Integration statt Ausgrenzung
                                                                Seit dem Ende der Sommerferien demonstrieren wieder               Carsten Linnemann, stellvertretender Vorsitzender der Unions­
                                                                viele Tausend Schülerinnen und Schüler sowie Studierende          fraktion im Bundestag, sprach sich Anfang August in einem
                                                                des Bündnisses „Fridays for Future“ für schnell wirksame          Interview mit der „Rheinischen Post“ dafür aus, Kinder, die
                                                                Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung. Höhepunkt der                 schlecht Deutsch sprechen, vom Schulbesuch zunächst zurück-
                                                                Protestaktionen soll am 20. September ein bundesweiter            zustellen und in Vorschulklassen zu unterrichten. Die Forde-
           YOUNG TEACHERS,
           THE FUTURE OF THE PROFESSION                         Klimastreik sein.                                                 rung stieß auf vielfache öffentliche Kritik. Für die GEW erklärte
                                                                Die GEW begrüßt die Demonstrationen von „Fridays for Fu-          Ilka Hoffmann, im Vorstand für den Bereich Schule zuständig,
                                                                ture“ und fordert die Gliederungen der GEW zur Unterstüt-         nicht ein Mangel an Deutschkenntnissen sei das Problem im
            #WorldTeachersDay

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Der von der Inter-                                              zung vor Ort auf. Die soziale Bewegung „Fridays for Future“       Alltag der Schulen, sondern ein Mangel an ordentlich ausge-
nationalen Arbeits-                                             trage die Bedrohung der Welt durch den Klimawandel in das         bildeten Lehrerinnen und Lehrern. Kritik gab es auch aus der
organisation (ILO),                                             öffentliche Bewusstsein, erklärte der Geschäftsführende           Schulpraxis. So meinte der Berliner Lehrer Olaf Schäfer, der
UNESCO und der                                                  Vorstand der GEW Mitte August. Die GEW engagiere sich             seit 24 Jahren an Brennpunktschulen unterrichtet, gegenüber
Bildungsinternatio-                                             in vielfältiger Weise für die Umsetzung der Nachhaltigkeits­      dem Nachrichtenportal watson.de: „Kinder lernen am meisten
nale (BI) ins Leben                                             ziele und bekenne sich dabei zu den umfassenden UN-               von anderen Kindern. Nimmt man ihnen die gleichaltrige Peer-
gerufene und jähr-                                              Entwicklungszielen, die soziale und ökologische Ziele syste-      Group weg (…), kann das gar nicht funktionieren.“
lich am 5. Oktober                                              misch miteinander verbinden.                                      Wie wichtig für Schülerinnen und Schüler ohne ausreichen-
begangene World                                                                                                                   de Deutschkenntnisse der gemeinsame Unterricht ist, da­
Teachers‘ Day wid-                                                                                                                rauf wies die Publizistin Lena Gorelik wenige Tage nach Lin-
met sich in diesem                                              Haltung zeigen                                                    nemanns Äußerungen in einem Beitrag für die Süddeutsche
Jahr dem pädagogi-                                              Ob in Wahlergebnissen, der Zunahme von Hate Speech oder           Zeitung hin („Vierte Klasse. Keine Deutschkenntnisse“). Die
schen Nachwuchs.                                                rechtsextremer Gewalt – Rechtsradikalismus zeigt sich in ver-     heute in München lebende Journalistin und Schriftstellerin
                                                                schiedenen Facetten. Unter dem Motto „Haltung zeigen – De-        wurde 1981 in Leningrad geboren und emigrierte 1992 zu-
                                                                mokratie und Zivilcourage stärken“ sollen auf einer Fach- und     sammen mit ihren Eltern nach Deutschland. Hier besuchte
                                                                Vernetzungstagung am 1. und 2. November in Leipzig pädago-        sie eine schwäbische Grundschule und lernte dort unter
                                                                gische und gewerkschaftliche Handlungsperspektiven im Um-         anderem mit der verständigen Hilfe eines Lehrers und ih-
                                                                gang mit Rechtspopulismus und -extremismus erarbeitet wer-        rer Mitschüler Deutsch sprechen, lesen und schreiben.
                                                                den. Die Tagung richtet sich an Kolleginnen und Kollegen in der   Den Beitrag hat die GEW auf der Website veröffentlicht:
                                                                schulischen und außerschulischen Bildung, in der Aus-, Fort-      www.gew.de/sz-gorelik-deutschlernen
                                                                und Weiterbildung sowie an alle anderen interessierten Ge-
                                                                werkschafterinnen und Gewerkschafter (Anmeldung bis zum
                                                                15. September unter: www.gew.de/veranstaltungen/detailseite/      Alle Jahre wieder
                                                                haltung-zeigen-demokratie-und-zivilcourage-staerken).             Zu Beginn des neuen Schuljahres zeichnet sich ab, dass bun-
                                                                                                                                  desweit erneut viele Lehrerinnen und Lehrer fehlen. Dies geht
                                                                                                                                  aus einer Datenabfrage des GEW-Hauptvorstandes bei den
                                                                Tepe bleibt BI-Vizepräsidentin                                    Landesverbänden hervor. Vor allem im Osten ist es in keiner
                                                                Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe ist Ende Juli von den Dele-       Schulart gelungen, alle ausgeschriebenen Stellen mit voll aus-
                                                                gierten des 8. Weltkongress der Bildungsinternationale (BI) in    gebildeten Lehrkräften zu besetzen. Besonders dramatisch ist
                                                                Bangkok erneut zur Vizepräsidentin gewählt worden. In ihrer       die Lage in Sachsen (s. Interview Seite 30 f.). Bremen, Schles-
                                                                zweiten Amtszeit werde sie sich weiter für das Recht auf freie    wig-Holstein und Hamburg greifen ebenfalls immer häufiger
                                                                Bildung für alle Menschen engagieren, erklärte Tepe. Für ei-      auf Quereinsteigerinnen und -einsteiger zurück.
                                                                nen fairen Zugang zu guter Bildung müssten die weltweiten         In Baden-Württemberg und Bayern, aber auch in Rheinland-
                                                                Ausgaben für Bildung dringend erhöht werden (E&W berich-          Pfalz zeigt sich ein etwas anderes Bild: Dort gibt es zudem
                                                                tet in der Oktober-Ausgabe über den BI-Kongress).                 Engpässe an Förderschulen, Berufsschulen und in einigen
                                                                                                                                  Regionen auch an Grundschulen. Gleichzeitig bleiben Absol-
                                                                                                                                  venten des Referendariats für das Gymnasium zu Tausenden
                                                                Buchmesse: EDU-Konferenz zu Diversität                            ohne Stellenangebot.
                                                                Diversität ist ein Thema, das auch in Schule und Kita immer
                                                                größere Bedeutung bekommt. Welche Projekte aber sind
                                                                sinnvoll, und wie setzt man sie in den vorhandenen Struktu-         Beitrag wird angepasst
                                                                ren um? Diesen Fragen gehen Expertinnen und Experten in             Für GEW-Mitglieder, die im Geltungsbereich des Tarif-
                                                                Vorträgen und Gesprächsrunden auf der EDU-Konferenz am              vertrages der Länder (TV-L) angestellt sind, wird der Ge-
                                                                16. Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse (16. bis            werkschaftsbeitrag rückwirkend zum 1. Januar 2019 an-
                                                                20. Oktober) auf den Grund. GEW-Mitglieder zahlen 35 Euro           gepasst – bezugnehmend auf die Tariferhöhung um 3,01
                                                                (statt 45 Euro) inkl. Messeeintritt und Mittagsimbiss. Beim         Prozent bzw. mindestens 100 Euro.
                                                                Ticketkauf den Rabattcode eingeben: FEK19PartnerGEW                 Petra Grundmann, Schatzmeisterin der GEW
                                                                www.buchmesse.de/edukonferenz

                                   Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
Mitmachen lohnt sich ...
         ... für jedes neu geworbene GEW-Mitglied erwartet Sie ein Weinset der Lebenshilfe.*

                                                      Prämie des Monats September:
                                                      Weinset der Lebenshilfe
                                                      Drei Bio-Weine aus dem Weinbau der Lebenshilfe. Sozial, ökologisch und qualitätsbewusst.
                                                      Eine gute Wahl.

         Neues Mitglied werben und Prämie online anfordern
         www.gew.de/praemienwerbung                                                                                                                            *Dieses Angebot gilt nicht für Mitglieder
                                                                                                                                                                 des GEW-Landesverbandes Niedersachsen.

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VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
6 SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN
               Aus Alt mach Neu: Die Umbauarbeiten an der Averbruchschule in Dinslaken bei Duisburg sind so gut wie abgeschlossen. Künftig wird die einst
               zweizügige Schule drei Klassen pro Jahrgangsstufe beherbergen. Neue, lichtdurchflutete Räume ersetzen die alten Klassenzimmer. Ein Beispiel,
               von dem es leider noch zu wenige gibt. Bundesweit wird der Investitionsbedarf in die Schulinfrastruktur auf 42,8 Milliarden Euro geschätzt.
               Bei einer repräsentativen Umfrage stuften im vergangenen Jahr 59 Prozent der GEW-Mitglieder „größere Sanierungs- und Umbauarbeiten“
               als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ ein.

                                Investitionen, die sich lohnen
                                           // Sanierungsstau an Schulen,                Henjes. Jetzt folgen Erdarbeiten. Dann      Ausschreibung kann in vier oder fünf
                                           veraltete Lernumgebungen,                    kommen die Spielgeräte. Bepflanzt und       Wochen erledigt sein.“ 19 Beschäftigte
                                           ­fehlende IT-Ausstattung: Bund               begrünt wird im Laufe des neuen Schul-      arbeiten derzeit in der GmbH, darunter
Bildung. Weiter denken!                     und Länder reagieren mit Sonder-            jahres.                                     Architektinnen, Bauleiter und Fachleute
                                            programmen. Reichen die aus?                Dinslaken, 71.000 Einwohner. Die Stadt      für Heizungs- oder Sanitärplanung. „Un-
                                            Und welche Schritte geht die
               Gewerkscha
  Erziehung und Wissenscha
                                                                                        am Niederrhein beschloss 2013, ihre         term Strich“, so Wüster, „erreichen wir
                                            Stadt Dinslaken am Niederrhein?             Schulen umfassend zu sanieren und zu        eine Kostenersparnis zwischen 10 und
                                            Ein Report. //                              erweitern. Kosten für 16 Schulen: 63        14 Prozent.“
                                                                                        Millionen Euro*. „Wie wir heute mit
                                           Im Treppenhaus liegt feiner weißer           der jungen Generation umgehen, wel-         Gewaltiger Finanzbedarf
                                           Staub. Irgendwo dröhnt eine Bohrma-          che Bildung wir anbieten, entscheidet       Kaputte Schulgebäude. Stinkende Schul-
                                           schine, Kabeltrommeln liegen herum,          darüber, wie unsere Gesellschaft mor-       toiletten. Lernumgebungen, die den
                                           Glasscheiben stapeln sich an der Wand.       gen aussehen wird.“ Diese Richtschnur       Ansprüchen von Ganztag, Digitalisie-
                                           Wir sind in Dinslaken bei Duisburg, es ist   formulierte Dinslakens Bürgermeister        rung, Inklusion und Integration keines-
                                           Mitte Juni. Umbau und Erweiterung der        Michael Heidinger (SPD). Doch nicht das     falls genügen. Dies treibt den Schulver-
                                           Averbruchschule, einer Grundschule,          städtische Bauamt kümmert sich um           antwortlichen in Städten und Kreisen
                                           sind in vollem Gang. Die energetische        die Sanierungen. Dies ist Aufgabe der       den Schweiß auf die Stirn. „Erhebli-
                                           Sanierung sei bereits erledigt, erläutert    ProZent GmbH, einer 100-prozentigen         chen Investitionsrückstau“ meldet das
                                           Architektin Eva Henjes, 34 Jahre. „Das       Tochter der Stadt Dinslaken, gegründet      Deutsche Institut für Urbanistik (difu).
                                           Dach ist neu, die Fassade gedämmt“,          2014. Vorteil sei, „dass deutlich zügiger   Kämmerer der deutschen Kommunen
                                           sagt sie. Die einst zweizügige Schule        gebaut wird“, erklärt Walburga Wüster,      schätzten den „Investitionsbedarf in
                                           wird künftig drei Klassen pro Jahrgangs-     63 Jahre, Geschäftsführerin der ProZent     die Schulinfrastruktur für 2018 auf ca.
                                           stufe beherbergen. Im dritten Stock des      GmbH. Sie verweist auf die Ausschrei-       47,7 Milliarden Euro“, so das difu. Ak-
                                           Hauptgebäudes sehen wir neue Unter-          bungen. Wenn die über die Kommune           tuell liege der Investitionsrückstand bei
                                           richts- und Differenzierungsräume, hell      laufen, gebe es viele Beteiligte. Es gel-   Schulen immer noch bei 42,8 Milliarden
                                           und großzügig, mit eigener WC-Anlage.        te, eine Vorlage zu erarbeiten, Ange-       Euro, berichtete das difu im Juni 2019.
                                           Blick durchs Fenster, hinunter auf den       bote müssten extern geprüft werden          Die GEW wollte 2018 im Rahmen einer
                                           Schulhof: Ein Schaufelbagger wühlt sich      und vieles mehr. „Das dauert bis zu         bundesweiten Umfrage wissen, welche
                                           durch das Erdreich. „Der hat gerade          drei Monate“, betont Wüster. Bei der        Verbesserungen in Bildungseinrichtun-
                                           die Asphaltdecke abgetragen“, erklärt        ProZent liege alles in einer Hand. „Die     gen als „wichtig“ oder „sehr wichtig“

                              Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN                              7

einzustufen sind**. 59 Prozent der re-                            investitionsförderungsfonds“. Daraus         liner Zeitung im Juni 2018. Kompeten-
präsentativ befragten GEW-Mitglieder                              fließen 3,5 Milliarden Euro an Kommu-        te Leute wurden laut Berliner Zeitung
nannten „größere Sanierungs- und Um-                              nen, die damit unter anderem die Bil-        „weggespart unter Sarrazin und Wowe-
bauarbeiten“. 66 Prozent verwiesen auf                            dungsinfrastruktur verbessern dürfen         reit“. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD)
„Sanierung der Sanitäreinrichtungen“.                             (Laufzeit bis 2020). Weitere 3,5 Milli-      war von 2002 bis 2009 im Amt, der
79 Prozent wünschten sich „Maßnah-                                arden Euro gehen an finanzschwache           Regierende Bürgermeister Klaus Wo-
men gegen Lärm“. 80 Prozent forderten                             Kommunen, um Schulen zu sanieren             wereit (SPD) von 2002 bis 2014. Auch
„Verbesserung der digitalen Ausstat-                              (Laufzeit bis 2022). Im Jahr 2019 fiel der   in Berlin steigen die Schülerzahlen. Der
tung“. Eine Studie der GEW Hessen***                              Startschuss für den „DigitalPakt Schu-       rot-rot-grüne Senat plant deshalb, bis
zeigt zudem auf, dass Städte und Kreise                           le“, der in den nächsten Jahren 5,5 Milli-   2026 insgesamt 60 neue Schulen zu
höchst unterschiedlich viel Geld in ihre                          arden Euro für IT-Technik verteilen wird     bauen. Mit den veranschlagten 5,5 Mil-
Schulgebäude investieren: Das Schluss-                            (s. E&W 1/2019 und 10/2018). Hinzu           liarden Euro werde Berlin jedoch „nicht
licht bildet die Stadt Kassel mit durch-                          kommt, was einzelne Bundesländer an-         so weit kommen wie erhofft“, schreibt
schnittlich 246 Euro im Jahr pro Schü-                            bieten. So verabschiedete Nordrhein-         der Tagesspiegel. Ein Grund seien „un-
lerin und Schüler. Die Stadt Darmstadt                            Westfalen 2016 das Programm „Gute            realistisch niedrige Schätzungen“, mit
nimmt 460 Euro pro Jahr und Kopf in die                           Schule 2020“. Zwei Milliarden Euro, ver-     denen der Senat anfangs geplant habe,
Hand. Spitzenreiter Hochtaunuskreis,                              teilt auf vier Jahre, stehen bereit. Aus     sowie „exorbitante Preissteigerungen
gelegen im Speckgürtel von Frankfurt                              diesem Programm erhält Dinslaken 6,5         in der Bauwirtschaft“.
am Main, stellt 1.299 Euro bereit (s.                             Millionen Euro.                              Zurück an der Averbruchschule in Dins-
auch S. 44).                                                                                                   laken. Architektin Henjes zeigt uns den
Bund und Länder reagieren. Doch im                                Schwierige Personalsuche                     künftigen Mehrzweckraum, mit Büh-
Vergleich zum gewaltigen Finanzbedarf                             Viele Kommunen haben jedoch Proble-          nenpodest und Ausgabestelle für war-
fallen die staatlichen Förderprogramme                            me, das Geld sinnvoll in Schulgebäude        me Mahlzeiten. „Fast 225 Quadratme-
bescheiden aus. So beschloss die Bun-                             zu investieren – es fehlt qualifiziertes     ter groß“, erläutert sie. Noch liegt dort
desregierung 2015 den „Kommunal-                                  Personal. Beispiel Köln. In der Gebäu-       nackter Estrich, ein Handwerker schnei-     >>>
                                                                  dewirtschaft der Stadt Köln (GW) seien
                                                                  von 500 Stellen seit Jahren 80 bis 100
                                                                  Stellen nicht besetzt. Das berichtet
                                                                  Heiner Kockerbeck, Kölner Stadtrat der
                                                                  Linken. „Insbesondere Bauingenieure
                                                                  und Architekten sind für die Gehälter,
                                                                  die die Stadt Köln bezahlt, schwer zu
                                                                  bekommen“, erklärt Kockerbeck. Es
                                                                  fehlten „insbesondere solche, die genü-
                                                                  gend qualifiziert sind, um größere Bau-
                                                                  projekte zu leiten“. Die Stadt erklärt auf
                                                                          Anfrage, seit 2017 habe die GW
                                                                              ihr Personal aufgestockt und
                                                                                144 neue Mitarbeiterinnen
                                                                           und Mitarbeiter gewonnen. Ak-
                                                                  tuell liege die Zahl der offenen Stellen
                                                                  bei „ca. 85“. Derweil steigen in Köln die
                                                                  Schülerzahlen. Die Domstadt müsse „in
                                             Fotos: Bert Butzke

                                                                  den nächsten Jahren“ mehr als 40 neue
                                                                  Schulen bauen, berichtete der Kölner
                                                                  Stadt-Anzeiger im Mai 2019. Zusätzliche
Walburga Wüster leitet die ProZent                                Lasten verursacht laut Stadt-Anzeiger,       Bei der Sanierung von Schulen steckt
GmbH. Der 100-prozentigen Tochter der                             dass die schwarz-gelbe Landesregie-          der Teufel oft im Detail. Häufig machen
Stadt Dinslaken obliegen Planung und                              rung die verbindliche Verkürzung der         die Räumlichkeiten zwar etwas her,
Durchführung der Sanierung von öffentli-                          Schulzeit zurückgenommen hat. „Fünf          doch im Sommer ist bei großer Hitze an
chen Gebäuden. Die 63-Jährige verweist                            bis acht Gymnasien werden allein we-         Unterricht nicht zu denken. An der Aver-
auf den Vorteil eines solchen Systems:                            gen der Umstellung von G8 auf G9 be-         bruchschule in Dinslaken hat Architektin
Bei der Sanierungsgesellschaft liege alles                        nötigt.“                                     Eva Henjes auch an solche Situationen
in einer Hand. „Die Ausschreibung kann                            Dramatisch auch die Lage in Berlin. Die      gedacht. „Es gibt eine Lüftungsanlage“,
in vier oder fünf Wochen erledigt sein.                           Hauptstadt habe mit einer Verwaltung         versichert sie. Hinzu kommen Markisen
Unterm Strich erreichen wir eine Kosten-                          zu tun, „die es schon lange nicht mehr       vor den Fenstern – „die werden das
ersparnis zwischen 10 und 14 Prozent.“                            gewohnt ist, zu investieren“, so die Ber-    Ganze verschatten“.

                                                                                                                               Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
8 SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN

                                                                                                                                    sacht auch durch die Steuerreform der
                                              Hoch umstritten: Public Private Partnership im Schulbau                               damaligen rot-grünen Bundesregie-
                                              Ein öffentliches Gebäude, um dessen Finanzierung, Bau und Betrieb sich ein            rung. „Die Infrastruktur in Deutschland
Bildung. Weiter denken!                       privates Unternehmen kümmert. Und eine Kommune, die im Gegenzug dem                   läuft somit seit rund 15 Jahren auf Ver-
                                              Unternehmen 20 oder 25 Jahre lang eine Art Pachtrate zahlt. Dieses Konstrukt          schleiß“, schreibt die KfW-Bank. Dies
               Gewerkscha
  Erziehung und Wissenscha
                                              heißt Public Private Partnership (PPP), auch Öffentlich-Private Partnerschaft         gelte selbst für die letzten Jahre, „in
                                              (ÖPP) genannt. Seit 2003 starteten bundesweit 111 PPP-Projekte im Schul-              denen niedrige Zinsen und eine robuste
                                              bau, meldet der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Kommunen und                 Konjunktur den deutschen Kommunen
                                              Eltern seien mit den ÖPP-Schulprojekten zufrieden, behauptet der Verband              zusätzliche finanzielle Handlungsspiel-
                                              und verweist auf entsprechende Studien. Die Stadt Mülheim an der Ruhr hin-            räume eröffnet haben“. Was tun? Der
                                              gegen liegt im Clinch mit ihren PPP-Partnern, den Bauunternehmen Strabag              KfW-Report kommt zu dem Schluss,
                                              und Züblin. Der jahrelange Streit dreht sich um zwei Mülheimer Schulgebäu-            dass „die zunehmende Delegation von
                                              de, die via PPP saniert wurden. Von „teils erheblichen Feuchtigkeitsschäden“,         Finanzierungsverantwortung an den
                                              berichtete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) im März 2019. Das                Bund“ sowie „die Einführung einmaliger
                                              Landgericht Duisburg urteilte inzwischen, die privaten Partner müssten die            Sonderprogramme“ keine dauerhafte
                                              Schäden beheben. Strabag und Züblin legten Berufung ein. Es sei „nicht klar,          Lösung ermögliche. „Vielmehr sollten
                                              ob es nun endlich und zeitnah zu einer Sanierung kommt“, schreibt die WAZ.            die Handlungsspielräume der Kommu-
                                              Auch andernorts sind die Erfahrungen gemischt (vgl. E&W 7-8/2016). Zwar               nen wieder verbessert werden.“ Was
                                              sind private Firmen im Rahmen von PPP-Projekten oft schneller als städtische          bedeutet: Entlastung der Städte und
                                              Bauabteilungen. Zudem muss die häufig hochverschuldete Kommune keinen                 Gemeinden bei den Sozialausgaben.
                                              Kredit aufnehmen – das ist Sache der PPP-Gesellschaft. Holger Mühlenkamp,             Und Steuererhöhungen zugunsten der
                                              Professor für öffentliche Betriebswirtschaftslehre in Speyer, hält jedoch nichts      Kommunen. Damit Städte und Kreise in
                                              davon, „Staatsverschuldung zu verdecken“. „Man ist nicht mehr Herr im eige-           die Lage versetzt werden, dauerhaft für
                                              nen Haus“, warnte 2016 die damalige Kölner Schul-Beigeordnete Agnes Klein             funktionstüchtige, moderne und attrak-
                                              (SPD). Sind die Verträge unterschrieben, so Klein, seien Änderungswünsche             tive Schulgebäude zu sorgen.
                                              „schwer realisierbar“. Kritiker betonen zudem: PPP-Projekte seien häufig teu-
                                              rer, da die privaten Partner Gewinne erzielen wollten und höhere Zinsen als           Matthias Holland-Letz,
                                              die öffentliche Hand zu zahlen hätten.                                  M. H.-L.     freier Journalist

                                     >>>   det Kunststoffbahnen zurecht. „Hier          gern mit uns“, betont Wüster. „Weil wir     *Broschüre „Dinslaken macht Schule“:
                                           sind die Bodenleger zugange“, erklärt        schneller beim Bezahlen sind als die        bit.ly/dinslaken-macht-schule-pdf
                                           Henjes. Zwei Seiten des Raumes sind bis      Kommune.“ Sie berichtet, „dass wir uns      **GEW-Studie zur Gebäudequalität
                                           zum Boden verglast. Und wenn die Son-        bemühen, in der Region auszuschrei-         von Bildungseinrichtungen:
                                           ne reinknallt? „Es gibt eine Lüftungsan-     ben.“ Damit Firmen zum Zuge kommen,         www.gew.de/studie-gebaeude
                                           lage“, antwortet die Architektin. Hinzu      „die ihre Gewerbesteuer in Dinslaken        ***Studie der GEW Hessen zur
                                           kommen Markisen vor den Fenstern –           zahlen“.                                    Entwicklung der Bauinvestitionen:
                                           „die werden das Ganze verschatten“.                                                      www.gew.de/gewhessen-bauinvest-pdf
                                           Hat ProZent ebenfalls Probleme, Per-         Kapitalstock geschrumpft                    ****KfW-Studie „Bundesrepublik en
                                           sonal zu finden? Nein, antwortet Ge-         Doch Kommunen ächzen nicht nur un-          marche?! Kommunale Investitionsrück-
                                           schäftsführerin Wüster. Die angestell-       ter der Last, Schulgebäude zu sanieren      stände in Frankreich und Deutschland“:
                                           ten Fachleute verdienten „hier besser        oder zu bauen. Vielerorts sind auch         bit.ly/kommunale-investrueck-pdf
                                           als in einem kleinen Architekturbüro in      andere öffentliche Gebäude marode,
                                           unserer Region“. Man bewege sich zwar        zerbröseln Straßen und Brücken. „Deut-      GEW-Flyer „lerntRÄUME gestalten“:
                                           im Rahmen des Tarifvertrags für den öf-      sche Kommunen haben auch im euro-           www.gew.de/flyer-lerntraeume-pdf
                                           fentlichen Dienst. Allerdings sei ProZent    päischen Vergleich überdurchschnitt-        Siehe auch E&W-Schwerpunkt 9/2016
                                           „ein wenig flexibler“. Im Oktober 2018       liche Investitionsrückstände“, so ein
                                           habe der Stadtrat zudem beschlossen,         Bericht der staatlichen Kreditanstalt für
                                                                                                                                                                                             Gewerkscha
                                                                                                                                                                                Erziehung und Wissenscha

                                           die Personalsituation „zu verstetigen“.      Wiederaufbau (KfW) von Juli 2018****.        Erziehung & Wissenschaft         09/2016
                                                                                                                                     Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW

                                           Nun hätten alle Beschäftigten unbefris-      Sie beruft sich dabei auf eine Studie der
                                           tete Arbeitsverträge. Hätte der Stadt-       Europäischen Investitionsbank. Dem-
                                           rat dies nicht beschlossen, so Wüster,       nach hätten deutsche Städte und Kreise
                                                                                                                                     Lern-Räume
                                           „dann hätte sich der eine oder andere        „seit 2003 durchgehend weniger inves-        Defekte Heizungen,
                                                                                                                                     undichte Fenster,
                                                                                                                                     Schimmel an den Wänden:

                                           nach anderen Stellen umgesehen“.             tiert als abgeschrieben“, der Kapital-
                                                                                                                                     Viele Schulen in Deutschland
                                                                                                                                     sind in einem erbärmlichen
                                                                                                                                     Zustand …

                                           Und was ist mit Baufirmen und Hand-          stock sei also geschrumpft. Spätestens
                                           werksbetrieben – die sind doch oft           ab 2003 litten die Kommunen unter
                                           ausgebucht? „Viele Baufirmen arbeiten        wegbrechenden Einnahmen – verur-

                              Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN                           9

Abschied von
der Lernfabrik
// Hunderte Schulgebäude              E&W: Lassen sich die bestehenden
in Deutschland sind marode;           Schulgebäude problemlos umge-
der Sanierungsbedarf ist groß.        stalten?
Gleichzeitig steigt aufgrund          Schweppe: Grundsätzlich funktio­
wachsender Schülerzahlen              niert das. Das geht einerseits mit
der Bedarf an Neubauten.              ganz einfachen Mitteln, beispiels-
Der Schulberater Rainer               weise einer anderen Raumzu-
Schweppe sieht darin eine             ordnung – verbunden mit einer
Chance, Schulen so zu gestal-         neuen farblichen Gestaltung der
ten, dass in ihnen auch ein           Wände, Türen etc. Einen Karten-
moderner Unterricht möglich           raum könnte man leicht zum Team-
ist, der auf Inklusion und            raum umwidmen. Mit etwas mehr
Methodenvielfalt setzt. //            Bauaufwand kann man aber auch
                                                                                                                                  SCHUTZ
                                      in die Bausubstanz eingreifen und                                             VERSICHERUNGS
                                                                                                                                     !
E&W: Die meisten Schulen in           zum Beispiel Wände einreißen, um                                                 BIS 67 MÖG CH
                                                                                                                                 LI
Deutschland sind vor mehr als         Platz zu schaffen und Flure päda-
                                      gogisch nutzbar zu machen. Das
100 Jahren oder in den 1970er-
Jahren im Zuge der Bildungsex-        bietet sich zum Beispiel dann an,     Nutzen Sie unsere attraktiven
pansion gebaut worden. Sie sind
reine Zweckbauten, die den Geist
                                      wenn sowieso größere Sanierungs-
                                      arbeiten anstehen.                    Sonderkonditionen
ihrer Zeit atmen: Lernfabriken für    E&W: Sie haben das Konzept Lern-
den 45-Minuten-Takt und Fron-         hausschule entwickelt und in
                                                                            Dienstunfähigkeitsversicherung
talunterricht. Der Schulunterricht    Herford, München und Berlin um-       Berufsunfähigkeitsversicherung
hat sich mittlerweile aber geän-      gesetzt. Was ist unter diesem zu
dert. Wie muss die Schularchi-        verstehen?
tektur für diesen Unterricht aus-     Schweppe: Eine Schule besteht
sehen?                                neben den Fachräumen aus mehre-
Rainer Schweppe: Die Schulgebäu-      ren Lernhäusern. In so einem Lern-    Sicherheit für den Fall der Dienst- oder Berufsunfähigkeit
de wurden früher ausschließlich für   haus gibt es keine herkömmlichen
                                                                            ist wichtig! Denn dieses Risiko wird oft unterschätzt. Die
den Halbtagsunterricht gebaut: Am     engen Klassenzimmer an Fluren,
                                      sondern offene, lichtdurchflutete
                                                                            HUK-COBURG bietet Ihnen Sonderkonditionen bei Neu-
Vormittag sollte so viel Wissen wie
möglich bzw. wie vorgeschrieben       Räume, die sich mit Differenzie-      abschluss einer Dienst- oder Berufsunfähigkeitsversicherung.
vermittelt werden. Für die Ganz-      rungsräumen um ein Forum herum        Damit sparen Sie über die gesamte Laufzeit bares Geld!
tagsschule, aber auch für die In-     gruppieren und auch einen Team-
klusion und die Digitalisierung des   raum beinhalten. Bauphysikalisch      Sprechen Sie mit uns. Wir beraten Sie gerne auch persönlich
Unterrichts braucht es ganz andere    wird auf ein angenehmes Raumkli-      vor Ort: Die Adressen unserer Geschäftsstellen finden Sie in
Konzepte. Das heißt, die Gebäude      ma geachtet, also darauf, dass die
                                                                            Ihrem örtlichen Telefonbuch unter „HUK-COBURG“ oder unter
müssen völlig anders gestaltet und    Räume zum Beispiel im Sommer
ausgestattet sein als die traditio-   nicht überhitzen. Natürlich sind
                                                                            www.HUK.de/Ansprechpartner
nellen „Flurschulen“. Sie müssen      Räume wie bisher als Klassenzim-
einen Unterricht ermöglichen, der     mer nutzbar, aber eben flexibel, so
auf Methodenvielfalt setzt, sie       dass auch mehr pädagogische Me-
müssen eine flexible Raumnutzung      thoden als der Frontalunterricht
zulassen, die auch Ruhe und Ent-      möglich sind, etwa das Arbeiten
spannungsmöglichkeiten bietet.        in kleinen Lerngruppen. Die Lern-
Dazu benötigen Lehrerinnen und        häuser verhindern zudem eine zu
Lehrer bessere räumliche Arbeits-     große Anonymität, wie man sie
bedingungen, wenn sie längere         aus der traditionellen Schule mit
Zeit in der Schule sind.              1.000 Schülern, 100 Lehrern >>>
VORSICHT! BAUSTELLE Sanierungsstau in Bildungseinrichtungen - Erziehung & Wissenschaft 09/2019 - GEW
10 SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN

                                     >>>   und sich gleichenden Klassenzimmern         Schweppe: Ja, das ist in der Tat ein                        geschlossen werden. Da ist für innovati-
                                           kennt. Eine kleinere Gruppe von Lehr-       Problem. Nordrhein-Westfalen (NRW)                          ve Lösungen kaum noch Platz, oder?
                                           kräften ist im Lernhaus einige Jahre für    redet den Schulträgern beim Schulbau                        Schweppe: Ganz im Gegenteil. Wenn die
Bildung. Weiter denken!                    eine kleinere Anzahl von Schülerinnen       überhaupt nicht rein, dort gibt es eine                     Schülerzahlen zurückgehen, kann das
                                           und Schülern da.                            Pauschale, die jährlich über die Gemein-                    sogar eine Chance sein. Man darf dann
                                           E&W: Wie nehmen die Lehrerinnen und         definanzierung ausgeschüttet wird.                          allerdings nicht der Versuchung verfal-
               Gewerkscha
  Erziehung und Wissenscha

                                           Lehrer dieses Konzept an?                   Damit sind Förderanträge nicht mehr                         len, Schulen zurückzubauen, sondern
                                           Schweppe: Die Erfahrungen und die           nötig. Es fehlt hier allerdings ein päda-                   sollte die vorhandenen Gebäude mög-
                                           Rückmeldungen sind positiv. Wichtig         gogisches Raumkonzept, wie es jetzt als                     lichst erhalten und das Mehr an Raum
                                           ist natürlich, dass die Beschäftigten von   erstes Bundesland Berlin hat. Andere                        auch im Sinne von Ganztagsschule und
                                           Anfang an bei der praktischen Arbeit        Bundesländer fördern nach Mindest-                          Inklusion flexibel nutzbar machen.
                                           und der Schulentwicklung unterstützt        standards – etwa bei der Raumgröße.                         E&W: Und bei steigenden Schülerzah-
                                           werden. Wichtig ist uns auch, dass sich     Die Kommunen nutzen diese Freiräu-                          len?
                                           sowohl Pädagoginnen und Pädagogen           me ganz unterschiedlich. Herford in                         Schweppe: Auch hier kommt es auf die
                                           mit langjähriger Berufspraxis eingela-      NRW und München in Bayern verfü-                            richtige Architektur an. Städte wie Ber-
                                           den fühlen, etwas Neues auszuprobie-        gen schon lange Zeit über bewährte                          lin können ja gar nicht anders, als ganz
                                           ren, als auch Kolleginnen und Kollegen,     eigene Raumstandards. Ich würde mir                         schnell viele neue Schulen zu bauen
                                           die mit neuen Lehr- und Lernmethoden        wünschen, dass die Kommunen beim                            bzw. bestehende Einrichtungen rasch
                                           bereits vertraut sind, die dafür notwen-    Neubau wie dem Bestandsumbau eine                           zu erweitern. Wenn man aber weiß,
                                           digen räumlichen Bedingungen vorfin-        neutrale überregionale Fachberatung                         dass die „Notlösung“ zu einer Dauer­
                                           den. In Berlin hat sich auch die GEW in     in Anspruch nehmen könnten, die päda-                       lösung werden kann, die zehn oder
                                           die Facharbeitsgruppe Schulraumquali-       gogische und architektonische Aspekte                       mehr Jahre Bestand haben wird, dann
                                           tät eingebracht und das Projekt unter-      verbindet. Der Bund und insbesondere                        muss man dies schon bei der Planung
                                           stützt.                                     die Länder sollten hier initiativ werden,                   berücksichtigen. In Zuwachsregionen
                                           E&W: Die Schulbauverordnungen un-           damit pädagogische Ziele beim Schul-                        ist es auch aus wirtschaftlichen Grün-
                                           terscheiden sich von Bundesland zu          bau überall Priorität haben.                                den wichtig, schnell pädagogisch sinn-
                                           Bundesland; manche Länder haben             E&W: Der Bedarf nach Schulneubau ist                        volle Schulgebäude zu errichten, damit
                                           überhaupt keine Verordnungen                             in den Kommunen unter-                         weniger Übergangslösungen wie Con-
                                           mehr. Während die Länder                                   schiedlich hoch. In Bal-                     tainer, Pavillons oder andere „mobile
                                           überwiegend für das päda-                                   lungsgebieten steigen die                   Bauten“ erforderlich sind. Typen- oder
                                           gogische Personal zuständig                                  Schülerzahlen, anderswo                    Modulbauten können dabei durchaus
                                           sind, fallen der Bau und die                                sinken sie. Während etwa                    zeitgemäße adäquate Schulen sein,
                                           sachliche Ausstattung der                                     in Berlin Schulen in mo-                  wenn sie für die pädagogische Nutzung
                                           Schulen in die Verantwor-                                       dularer Bauweise aus                    konzipiert werden. Auch solche Bauten
                                           tung der Kommunen. Hemmt                                       dem Boden gestampft                      lassen sich als Lernhäuser konzipieren.
                                           diese Aufgabenverteilung                                      werden sollen, müssen
                                           den Schulneu- und -um-                                         in anderen Orten Ein-                    Interview: Jürgen Amendt,
                                           bau?                                                                       richtungen                   Redakteur der „Erziehung und Wissenschaft“

                                                                                                                                                   Info Lernhauskonzept:
                                                                                                                                                   bit.ly/lernhaus-muenchen-pdf

                                                                                                                                                      Zur Person
                                                                                                                                                      Rainer Schweppe (65) leitet in Ber-
                                                                                                                                                      lin für die Senatsbildungsverwal-
                                                                                                                                                      tung als externer Berater die Fach-
                                                                                                                                                      arbeitsgruppe Schulraumqualität.
                                                                                                                                                      Davor hatte er in Herford und als
                                                                                                                                                      Stadtschulrat in München ein neu-
                                                                                                                                                      es Konzept für den Bau und Um-
                                                Rainer Schweppe                                                                                       bau von Schulen – das sogenannte
                                                                                                                                                      Lernhauskonzept – entwickelt und
                                                                                                                                                      umgesetzt, das Modellcharakter
                                                                                                                                    Foto: privat

                                                                                                                                                      für andere Städte hat.         jam

                              Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
DAS LEBEN iST
   WiSSEN.
Bleib Neugierig!

 KLASSENFAHRT IN DIE
 JUGENDHERBERGE
 Tipps und Programmangebote:
 jugendherberge.de/klassenfahrten
12 SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN

                Alt und doch neu,
                neu und doch alt
                                                                                                                          Den Kontrast dazu
                                                                                                                          bildet die frisch
                                                                                                                          renovierte Ober-
                                                                                                                          schule Ratzelstraße.
                                                                                                                          Das lichtdurchflu-
                                                                                                                          tete Gebäude ist
                                                                                                                          ein Beispiel dafür,
                                                                                                                          wie Schulsanierung
                                                                                                                          gelingen kann.
                                                                                                                          „Baulich ist fast alles
                   Unter den rund 130 Schulen                                                                             perfekt“, sagt Schul-
                   in Leipzig ist die 100. Grund-                                                                         leiterin Christiane
                   schule eines der Stiefkinder.                                                                          Brielmann.
                   Eine Sanierung der 1985
                   gebauten Schule fand nicht
                   statt. In den Schulfluren
                   bilden sich Pfützen.

                 // Ein Stadtteil, zwei Welten: In           Winter zieht es kalt herein. Tapeten und     gezeichnet. „Sonst verliere ich ja den
                 einer Plattenbauschule in Leipzig-          Putz bröckeln, der PVC-Bodenbelag wellt      Überblick“, scherzt die 37-Jährige mit
                 Grünau läuft das Wasser von den             sich. Die orangen Vorhänge im DDR-Stil       Galgenhumor. Derzeit werden immer-
                 Wänden – doch wenige Straßen                spotten jeder Brandschutzverordnung,         hin einige neue Fußböden gelegt. Aber
                 weiter glänzt eine frisch sanierte          und die 35 Jahre alten Schränke sollte       die Lamellen für den Sonnenschutz feh-
                 Oberschule im Bauhausstil mit allem,        man nicht rücken, weil sie sonst ausein-     len immer noch – obwohl Horn sie seit
                 was sich Lehrkräfte wünschen. //            anderfallen. Immerhin die Toiletten des      2017 beantragt. „Die baulichen Aufga-
                                                             Schulgebäudes wurden gerade neu ge-          ben“, sagt sie, „halten mich ständig von
                 In der 100. Grundschule in Leipzig-         macht. Aber in den Retro-Umkleiden der       der pädagogischen Arbeit ab.“
                 Grünau haben sie ihren Humor nicht          Sporthalle kann man noch riechen, wie        Seit 2011 ist Horn hier Lehrerin, seit 2013
                 verloren, trotz allem: An einem war-        der Ursprungszustand war. Im Keller hat      Schulleiterin. In den ersten Jahren war
                 men Sommertag ist Musikstunde im            es reingeregnet, das Fallrohr ist undicht.   die dritte Etage gesperrt, aber der Platz
                 dritten Stock des Plattenbaus, die Luft                                                  reichte nicht aus. Auch das Kunstzimmer
                 ist heiß und drückend. Der kleine Lüfter    Tafeln aus DDR-Zeiten                        musste sie wieder in einen Klassenraum
                 schafft kaum mehr als eine Geräuschku-      Dass die Zimmer und Flure trotzdem           verwandeln. Für kleine Anschaffungen
                 lisse. Also guckt die Klasse einen Film.    in knalligen Farben leuchten, ist nur        sammeln die mehr als 300 Kinder Altpa-
                 Die Schneekönigin! „Zur Abkühlung“,         dem Engagement der stellvertretenden         pier. Vier Tonnen waren es voriges Schul-
                 scherzt die Musiklehrerin.                  Schulleiterin Grit Trepte zu verdanken,      jahr – bringt etwa 1.000 Euro für ein
                 Unter den rund 130 Schulen in Leipzig       die sich in ihrer Freizeit mit Farbeimern    Schulfest und ein wenig neues Material.
                 ist die 100. Grundschule eines der Stief-   und Freunden auf die Leiter stellt. Zu-      Während andere Schulen neue Anschaf-
                 kinder. Gebaut 1985, hat sich bis heute     sammen mit Schulleiterin Franziska           fungen aus den Mitteln des Digitalpakts
                 wenig geändert. Eine Sanierung fand         Horn bildet sie ein Team, das gelernt        planen, braucht die 100. Grundschule
                 nicht statt, denn die Schule sollte 2012    hat, den Kopf nicht hängenzulassen.          erstmal eine ordentliche Internetleitung.
                 geschlossen werden. Doch dann wuch-         „Natürlich stelle ich ständig Anträ-         Während andere Schulen interaktive
                 sen die Schülerzahlen, der Standort         ge“, sagt Horn und zeigt einen dicken        Whiteboards nutzen, stammen hier die
                 wurde gebraucht – auch wenn er sich         Ordner mit allen Grundrissen. Darin          meisten grünen Tafeln aus DDR-Zeiten.
                 kaum noch dafür eignet: Die uralten         sind für jedes Zimmer der vierzügigen        Doch mit ihrem kleinen Etat kann die
                 Holzfenster sind undicht, im Sommer         Grundschule die größten Probleme und         Schule nicht mehr als Löcher stopfen.
                 heizen sich die Räume im Nu auf, im         die kleinsten Reparaturen farblich ein-      „Ich hätte gern einen strukturierten

    Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN                                                         13

Plan, wie es weitergehen soll“, sagt die     säumt zu haben, weil man auf wach-                                 werker neidisch werden. In der großen
Schulleiterin. „Aber unsere Perspektive      sende Geburtenzahlen und den positi-                               Lehrküche kann man sogar die Höhe der
ist gleich null.“                            ven Wanderungssaldo zu spät reagiert                               Dunstabzugshauben elektrisch verstel-
Die Leute in der Schulverwaltung wis-        habe. „Von der Geburt bis zur Einschu-                             len. Mehr als 15 Millionen Euro haben
sen um die Misere, man ist ja ständig        lung vergehen sechs Jahre. Da hätte                                Stadt und Freistaat für die denkmalge-
im Gespräch. Doch Leipzig leidet massiv      man trotz langer Genehmigungsverfah-                               rechte Sanierung ausgegeben, bevor die
unter Wachstumsschmerzen. Die Be-            ren frühzeitiger reagieren können“, sagt                           1929 gebaute Schule voriges Jahr wie-
                                                                                                                dereröffnet wurde. Bei ihrer Gründung
                                                                                                                vor 90 Jahren galt sie als eine der kin-
                                                                                                                derfreundlichsten Volksschulen. Auch
                                                                                                                heute sind Gebäudehülle und Klassen-
                                                                                                                zimmer wieder makellos. In die Wände
                                                                                                                auf den Fluren sind historische Schränke
                                                                                                                eingelassen, in einem Atrium zum hinte-
                                                                                                                ren Hof befindet sich die Schülermensa
                                                                                                                mit Ausgabeküche. Heizung, Elektrik,
                                                                                                                Sanitärräume, Treppenhäuser und zwei
                                                                                                                Aufzüge sind nagelneu und barrierefrei,
                                                                                                                ebenso die Pausen- und Sportflächen.
                                                                                                                „Die traumhafte Ausstattung erleichtert
                                                                                                                natürlich das Arbeiten deutlich“, sagt
                                                                                                                Brielmann.
                                                                                     Fotos: Sebastian Willnow

                                                                                                                Die 56-jährige Deutschlehrerin hat schon
                                                                                                                an verschiedenen Positionen in Sach-
                                                                                                                sens Schullandschaft gearbeitet, auch
                                                                                                                als Schulleiterin. Nun genießt sie den
                                                                                                                allmählichen Aufwuchs der Schule. Seit
                                                                                                                diesem Jahr sind vorerst gut 340 Schü-
völkerung ist in den vergangenen acht        Fabian Wolff, Vorsitzender des GEW-                                lerinnen und Schüler der Klassen 5 bis
Jahren um rund 80.000 Menschen auf           Bezirksvorstands. Inzwischen reagiere                              8 aufgenommen. Bis in zwei Jahren alle
annähernd 600.000 Einwohner gewach-          die Stadt aber und investiere sehr viel.                           Klassenstufen vorhanden sind, bietet
sen, die Schülerzahlen stiegen mit. Eine     Doch ein Ende des Bedarfs ist nicht ab-                            das offene Haus daher noch Ausweich-
Herkules­aufgabe: Von den aktuell 132        zusehen: Die Stadt selbst rechnet bis                              räume für andere Standorte, die gerade
Schulen der Stadt sind in den vergan-        2030 mit einem Zuwachs von mindes-                                 saniert werden. Auch das Team wächst
genen fünf Jahren sieben Schulen neu         tens 20.000 Schülern.                                              mit, es sind vor allem junge Kolleginnen
gebaut und etwa 40 komplett saniert                                                                             und Kollegen. Schwierigkeiten mit Lehr-
worden. „Bei etwa 60 Schulen laufen          Gute Räume, gutes Lernklima                                        kräftemangel oder zu wenigen Schülern
derzeit Sanierungen; etwa ein Drittel be-    Wie schön eine sanierte Schule sein                                haben sie in der Ratzelstraße nicht – im
findet sich im Bau, bei zwei Dritteln lau-   kann, ist nur ein paar Straßen von der                             Gegenteil. Die Bewerberzahlen gehören
fen die Planungen“, sagt Nicolas Tsapos,     100. Grundschule entfernt zu bestau-                               zu den höchsten im Freistaat. „Die Kin-
Leipzigs Amtsleiter für Jugend, Familie      nen: Die neue Oberschule Ratzelstraße                              der lieben ihre Schule. Es herrscht eine
und Bildung. Unter dem Strich bedeutet       ist schon äußerlich ein architektonisches                          große Verbundenheit, die auch ein gutes
das aber auch: 25 Schulen müssen noch        Schmuckstück. Der ockerfarbene Bau                                 Lernklima schafft“, sagt Brielmann.
saniert werden. Für Tsapos ist damit         mit den langen Reihen weißer Spros-                                Nur ein Vorzug der Schule hat sich zu-
jedoch absehbar, „dass man in naher          senfenster strahlt auf Besucher eine be-                           gleich als Fluch erwiesen: Die 850 Fens-
Zukunft davon ausgehen kann, dass alle       sondere Ruhe aus. Beim Gang durch die                              ter und die hellen Gänge haben das
Schulen der Stadt Leipzig saniert sind“.     lichtdurchfluteten Räume zeigt Christi-                            Gebäude im Hitze-Sommer fast in ein
Dieses Jahr plant die Stadt immerhin mit     ane Brielmann, wie Schulalltag funktio-                            tropisches Gewächshaus verwandelt.
150 Millionen Euro für Neubauten, Sa-        nieren kann. „Baulich ist fast alles per-                          Schon morgens herrschten 30 Grad, Un-
nierungen und Brandschutz. Weitere 23        fekt“, sagt die Schulleiterin. „Hier gibt                          terricht wurde verkürzt und in die Höfe
Millionen sind für Instandhaltungen und      es nichts, das nicht neu wäre.“                                    verlegt. „Ich hoffe, dass den Bau-Exper-
kleinere Teilsanierungen geplant. Schon      Der Idealzustand ist besonders in den                              ten noch eine Lösung für eine bessere
2018 hatte die Stadt ein Sofortbaupro-       Fachkabinetten zu sehen: Für Informatik,                           Beschattung oder Lüftung einfällt“, sagt
gramm für Schulen mit 150 Millionen          Chemie, Bio und Physik sind gut ausge-                             die Schulleiterin.
Euro bis 2022 aufgelegt.                     stattete Lehrräume mit vielen Materi-
Kritiker werfen dem Rathaus allerdings       alien entstanden. Der Werkraum samt                                Sven Heitkamp,
vor, rechtzeitige Planungen lange ver-       Sägetisch mit Absauganlage lässt Hand-                             freier Journalist

                                                                                                                                    Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
14 SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN

                                                                                                         Besonders stolz ist man in der
                                                                                                         Integrations-Kita Karow KidZ
                                                                                                         im Nordosten Berlins auf den

                                                                                                                                                                            Fotos: Rolf Schulten
                                                                                                         großen, extra schall- und zudem
                                                                                                         stoßgedämmten Bewegungsraum.

Bildung. Weiter denken!
                                          Ohne Mitbestimmung
               Gewerkscha
  Erziehung und Wissenscha

                                          geht es nicht
                                           // Berlin braucht dringend neue            Kinder, mit einem großen, extra schall-    all das, wovon Bauherren immer wieder
                                           Kitas. Doch der Ausbau scheitert           und zudem stoßgedämmten Bewe-              berichten: Nicht immer läuft mit allen
                                           nicht nur an der Bürokratie, son-          gungsraum und einem großen Garten          Firmen alles glatt; zudem herrscht auch
                                           dern auch am Fachkräftemangel              nebst Spielplatz.                          in diesen Branchen Fachkräftemangel.
                                           auf dem Bau. //                            Auch an kurze und barrierefreie Wege       Bauleiter Olaf Meinke sagt es so: „Über-
                                                                                      wurde gedacht. So geht es etwa nicht       all wird gebaut. Wir hatten noch Glück,
                                           In einer Stadt, deren Kita-Mangel eine     nur via Haupttreppe und Fahrstuhl,         dass wir eine Reihe Leute kennen und
                                           Website* hat und Geschichten über          sondern auch aus den Gruppenräumen         ins Boot holen konnten.“
                                           Menschen kursieren, die Tausende           über Außentreppen auf den Spielplatz.      Der Bezirk Pankow sowie Scheeres’
                                           Euro Belohnung für einen Platz anbie-      „So wird Unruhe aus dem Haus ge-           Senatsverwaltung hätten das Projekt
                                           ten, kann es kaum verwundern, bei          nommen. Und die Wege zu den Toilet-        engagiert unterstützt, betont Duda-
                                           der Eröffnung einer Einrichtung auf die    ten sind von draußen kurz“, sagt Silke     schwili. Gehakt habe es bei der für den
                                           zuständige Senatorin zu treffen. Sand-     Anders-Holtz. Die Kita-Leiterin ergänzt,   Baubeginn nötigen Rückübertragung
                                           ra Scheeres (SPD) ist in den äußersten     das sei nur ein Beispiel von vielen, bei   des Grundstücks vom Land Berlin an
                                           Nordosten Berlins gereist, um anlässlich   dem deutlich werde, dass die Erziehe-      den Bezirk. Die habe „fast ein Jahr ge-
                                           der Schaffung von 100 Plätzen einige       rinnen in den Bauprozess mit eingebun-     dauert – dabei wäre schön, wenn alle
                                           Worte an die Gäste zu richten. Als die     den waren: „Die Ausstattung ist auch       wüssten, worum es eigentlich geht.“
                                           Senatorin für Bildung, Jugend und Fa-      deswegen so gut, weil wir als Menschen     Darum nämlich, dass berlinweit min-
                                           milie erwähnt, dass Berlin dank eines      mit Insider-Wissen und Kita-Erfahrung      destens 3.000 Kita-Plätze fehlen, und
                                           Landesprogramms binnen eines Jah-          mitgestaltet haben.“                       auch hier in Karow Eltern auf heißen
                                           res 6.000 Kita-Plätze geschaffen habe,                                                Kohlen saßen. „Ich musste nach einem
                                           brandet Applaus auf – allerdings am        Kompliziertes Verfahren                    Jahr wieder arbeiten gehen und hatte
                                           lautesten, als sie anfügt, dass das noch   Trägerin der Kita ist die „Cooperative     dann doch noch keinen Platz“, erzählt
                                           nicht reiche (s. Kasten S. 15).            Mensch eG“, 1958 als „Spastikerhilfe       eine Mutter, „über Monate musste ich
                                           Heute ist die Stimmung gut – nicht nur,    Berlin“ gegründet. Seit 2015, als er das   Zwischenlösungen suchen.“ Ebenso we-
                                           weil die Eltern, die nahezu ein halbes     Projekt Kita-Bau in Angriff nahm, hat      nig glücklich war der Träger der Kita,
                                           Jahr Bauverzögerung mit Zwischenlö-        der Vorstand zudem fortgeschrittene        deren Bau 3,4 Millionen Euro gekostet
                                           sungen kompensieren mussten, nun           Grundkenntnisse in Bau- und Ausschrei-     hat, von denen die Hälfte vom Land und
                                           einen Platz für ihre Kinder haben. Son-    bungsrecht erworben. „Das ist unsere       vom Bund finanziert worden sind und
                                           dern auch, weil mit der Integrations-      zweite Kita – die erste haben wir vor      die sich nur refinanzieren lassen, wenn
                                           Kita Karow KidZ ein ganz tolles Gebäude    50 Jahren gebaut“, erklärt Georg Du-       Kita-Beiträge eingehen.
                                           entstanden ist. Ein zweigeschossiger       daschwili, „und wir haben eine Menge       Woran der dringend notwendige Kita-
                                           Bau, hell und nicht laut, inklusiv und     Vorschriften und Paragrafen kennenge-      Ausbau noch scheitern kann, wurde im
                                           ohne Notlösungen für beeinträchtigte       lernt.“ Ebenfalls kennengelernt hat er     März frappierend deutlich: In elf Berli-

                              Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
SANIERUNGSSTAU IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN                                   15

ner Bezirken sollten 27 „Modulare Kita-        Kati Nguimba, Kita-Leiterin in Berlin-
Bauten“ (MOKIB) mit insgesamt 3.300            Wedding, bestätigt, wie wichtig ein ge-          Berliner Landesprogramm
Plätzen entstehen. Die „Schnellbau-Ki-         meinsames Vorgehen bei Kita-Bauten               Aus dem Programm des Landes
tas“ waren europaweit ausgeschrieben           und -Sanierungen ist. „Pädagogik und             Berlin zur Schaffung neuer Kita-
worden – und von anfänglich 30 inte-           Architektur gehen Hand in Hand, Mitbe-           Plätze werden den Trägern für
ressierten Firmen war am Ende keine            stimmung ist dafür zentral“, erzählt sie,        die Jahre 2018 und 2019 insge-
bereit, den Auftrag umzusetzen. Die            und dass diese nicht der Regelfall sei:          samt 60 Millionen Euro zur Ver-
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung          Ein freier Träger, bei dem sie früher tätig      fügung gestellt. Für den Aus- und
will jetzt die Kriterien anpassen und eine     war, habe eine Kita mit „null Mitsprache         Umbau erhalten sie bis zu 10.000
zweite Ausschreibungsrunde starten.            der Erzieherinnen“ saniert, mit dem Er-          Euro, für den Neu- und Erwei-
„Tatsächlich sind nicht nur die öffentli-      gebnis, dass einer der Räume so verbaut          terungsbau bis zu 20.000 Euro
chen Vergabeverfahren äußerst kompli-          sei, dass man ihn gar nicht nutzen kann.         pro Platz. In den Bau „Modula-
ziert – auch finanziell lohnt sich die Teil-   Vor allem kleinere Träger bauten häufig          rer Kita-Bauten“ (MOKIB), die in
nahme für Firmen häufig kaum“, sagt            „möglichst schnell und günstig, zuweilen         Holzbauweise errichtet werden
Ronny Fehler, Kita-Experte bei der GEW         ohne gründliche Überlegungen“, sagt              und je nach Typ Platz für 60 bzw.
Berlin. Allerdings fügt er hinzu, dass der     Nguimba. Sie plädiert dafür, bereits Ki-         120 bis 150 Kinder bieten sollen,
Mangel an Gebäuden nicht das größ-             ta-Kinder in die Planung einzubeziehen:          will der Senat nach derzeitigem
te Problem sei. „Das ist und bleibt der        „Ich habe schon ganz tolle partizipative         Stand mehr als 75 Millionen Euro
Fachkräftemangel!“ Überfällig sei zual-        Prozesse erlebt; zum Teil mit Kindern, die       investieren.
lererst, den Beruf der Erzieherin, des         selbst gezeichnet haben, wie sie sich ihre
Erziehers attraktiver zu machen: unter         Kita vorstellen.“                                bit.ly/berlin-kitaausbau
anderem mit angemesseneren Arbeits-
bedingungen und höheren Gehältern.             Größtes Problem: der Lärm
Dennoch: Gute Räume bleiben wich-              Heute leitet Nguimba eine in den              Das größte Problem ist der Lärm (s.
tig für eine gute pädagogische Arbeit.         1970er-Jahren gebaute Kita im Soldiner        E&W 5/2018). Vor drei Jahren, berich-
Erzieherin Katrin Stümer führt nicht           Kiez in Berlin-Wedding. Der Bau könnte        tet Nguimba, sei in allen 56 Kitas der
ohne Stolz durch die Räume der Kita            eine Überholung gut gebrauchen; kürz-         Dezibelpegel gemessen und eine Prio-
Karow KidZ – und erzählt, dass das neu         lich sprach Nguimba mit einer Kollegin        ritätenliste erstellt worden. Passiert ist
zusammengewürfelte Team aus Erzie-             darüber, wann die sanitären Anlagen           seither nichts: „Drei bis vier Kitas pro
hern, Sonderpädagogen und Querein-             zuletzt saniert wurden. Die Antwort:          Jahr werden lärmtechnisch saniert.
steigern die Bauverzögerung eigentlich         nicht in den letzten 20 Jahren. Die Kita      Wir wissen nicht einmal, auf welchem
gut gebrauchen konnte. „Während hier           gehört zum Eigenbetrieb Kindergarten          Listenplatz wir stehen.“ Dabei sei es
gebaut wurde, hatten wir Gelegenheit,          City, mit 56 Kitas einer der größten          überall zu laut – in den Fluren, im Trep-
uns konzeptionell aufzustellen und zu          Träger Berlins. Vieles laufe nicht            penhaus, in den Räumen. Selbst ange-
schauen, wo man noch etwas verbes-             schlecht, sagt die Leiterin. So gibt es ein   hen dürfe die Kita kaum etwas, wegen
sern kann.“ Eine Gelegenheit, die es           Gebäudemanagement und angestellte             der Brandschutzbestimmungen. So
nicht immer gibt.                              Handwerker; wird ein Tischler, Klemp-         groß ist das Problem, dass es bereits
                                               ner, Elektriker benötigt, können klei-        die Personalversammlungen erreicht
                                               nere Reparaturen schnell erledigt wer-        hat. Dort wurde besprochen, ob die
                                               den. Steht eine größere Sanierung an,         Erzieherinnen Ohrstöpsel tragen soll-
                                                                 müssen Kindergarten-        ten. Nguimba: „Und was ist mit den
                                                                       City-Kinder nicht     Kindern?“
                                                                       auf der Baustelle
                                                                          weiterspielen,     Jeannette Goddar,
                                                                            sondern kön-     freie Journalistin
                                                                             nen in eine
                                                                          „Ausflugskita“
                                                                              um­z iehen.    *www.kitakriseberlin.org

                                                                                             Gute Räume seien wichtig für eine gute
                                                                                             Pädagogik, betont Erzieherin Katrin Stümer
                                                                                             (links). Kita-Leiterin Silke Anders-Holtz
                                                                                             ergänzt: „Die Ausstattung ist auch deswegen
                                                                                             so gut, weil wir als Menschen mit Insider-
                                                                                             Wissen und Kita-Erfahrung mitgestaltet
                                                                                             haben.“

                                                                                                                  Erziehung und Wissenschaft | 09/2019
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