Steinkohlenbergbau in Deutschland - Im Bergwerk - Die Reviere Unsere Energieversorgung Steinkohle: Energie und Rohstoff - Gesamtverband Steinkohle
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Steinkohlenbergbau in Deutschland Im Bergwerk - Die Reviere Unsere Energieversorgung Steinkohle: Energie und Rohstoff
Inhalt Seite Vorwort IM STEINKOHLENBERGWERK ● Morgens am Schacht 2 Mit dieser Broschüre möchten wir Ihnen einen Überblick über den ● In der Kaue 3 Steinkohlenbergbau in Deutschland geben: Wie die Steinkohle in ● Am Schacht 5 den Bergwerken abgebaut wird und was mit ihr anschließend ge- ● Die Fördermaschine – ein Kraftpaket 6 schieht, welche Bedeutung Steinkohle in Deutschland hat - aber ● In 90 Sekunden auf 1000 m Tiefe 7 auch weltweit. ● Ein unterirdischer Güterbahnhof 8 ● Frische Wetter in der Grube 9 Wer sich darüber hinaus informieren möchte, dem empfehlen wir, ● In der Tiefe wird es wärmer 9 folgende Internetseiten aufzusuchen: ● Das Grubengas, ein ständiger Begleiter 10 www.gvst.de ● Schichtwechsel 11 www.steinkohle-portal.de ● Auf dem Weg „vor Ort“ 13 www.deutsche-steinkohle.de ● Großbohrmaschinen treiben Tunnel in das Gebirge 13 www.rag.de ● Vor Ort 15 www.steag.de ● Die Grubenwarte – das Nervenzentrum eines Bergwerks 20 www.Kohlenstatistik.de ● Vollautomatischer Bergbau – eine Vision? 20 www.wv-bergbau.de ● Üben im virtuellen Streb 20 ● Bergmann – ein moderner Beruf 21 Informativ sind auch die Videos und DVDs des Instituts für Film ● Gemeinsam ans Ziel 22 und Bild, FWU: ● Der Bergbau wandert 23 ● Steinkohle – Entstehung und Gewinnung (VHS) ● Hohlräume verfüllen sich selber 24 ● Steinkohlenbergwerk – Technik unter und über Tage (VHS) ● Wenn die Tagesoberfläche sich senkt 24 ● Strom und Wärme aus Steinkohle (VHS) ● Erst ist eine Genehmigung erforderlich 24 ● Steinkohle – Entstehung, Gewinnung, Verwendung ● Ein neuer Schacht entsteht 25 (DVD, enthält auch die oben genannten Videos) ● Rationalisierung und Konzentration 26 Diese Medien sind ausleihbar über die örtlichen Bildstellen und den DIE STEINKOHLENREVIERE GVSt, sowie käuflich beim FWU (www.fwu.de) erhältlich. ● Die Entstehung der Steinkohle 28 ● Das Ruhrrevier 28 ● Das Saarrevier 28 ● Ibbenbüren 28 ● Das Aachener Revier 28 ● Die RAG-Aktiengesellschaft 29 ● Zukunft der deutschen Steinkohle 29 ● Strukturwandel im Revier 30 ● Das Revier lebt mit dem Bergbau 32 ● Gemeinschaftsorganisationen 32 Impressum UNSERE ENERGIEVERSORGUNG Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus ● Bergbau und Rohstoffe: Schlüssel zum Fortschritt 34 Kommunikation ● Kohle – Motor der Industrialisierung 34 D-45128 Essen, Rellinghauser Str. 1, ● Energie ist lebensnotwendig 35 Telefon (02 01) 1 77 - 43 32 ● Kohle in Deutschland 36 Fax (02 01) 1 77 - 42 71 ● Sicherheit für die Energieversorgung 36 www.gvst.de ● Kohle im vereinten Europa 37 kommunikation@gvst.de ● Kohle für die Welt 38 Druck: IDAG Industriedruck AG, Essen, 2006 STEINKOHLE – ENERGIE UND ROHSTOFF ● Ein mineralischer Speicher 40 Bildnachweis (außer GVSt): ● Kohlenwäsche 40 Deutsches Bergbaumuseum, ● Der Schornstein raucht schon lange nicht mehr 42 Verlag Glückauf, RAG, DSK, Steag. ● Strom: Kohle über Draht 43 ● Wirbelschichtfeuerung 44 ● Koks für die Hütten 44 ● Wärme aus Kohle 45 ● Aus Kohle wird Gas 45 ● Flüssige Kohle 46 ● In-situ-Vergasung 47 ● Aktivkoks für die Umwelt 47 ● Der Bergbau hilft Umweltprobleme zu lösen 47 ● Kohle – ein nachhaltiger Energieträger 48 Titelbild: Fördergerüst des Schachtes Lerche, Bergwerk Ost.
Morgens am Schacht transportiert. Die Kohle wird über den Die Bergmannssprache: Ähnlich Hauptförderschacht, der etwa drei Kilome- wie andere Berufsstände hat auch der ter entfernt steht, zur Tagesoberfläche ge- Es ist halb sechs: Drüben auf dem Park- Bergmann eine Fachsprache entwickelt, hoben. Dort wird unter einem wuchtigen platz schlagen Autotüren zu, Scheinwerfer die dem Laien oft nur schwer verständ- Turm aus Beton Tag und Nacht die Kohle erlöschen. Die Männer gehen über die Stra- lich ist. Deshalb werden hier in der Bro- nach oben gefördert. Direkt daneben ist schüre einige Fachbegriffe in den gelben ße auf das Tor zu. Sie nicken dem Pförtner auch die Aufbereitung, wo die Kohle vom Textspalten extra erklärt: einen Gruß zu und verschwinden dann in mitgeförderten Gestein getrennt wird. dem Gebäude rechts neben dem Förder- turm. Für 630 Bergleute der Frühschicht be- Hier am Schacht aber spürt man zu dieser Sohle: Stockwerk des Grubengebäudes ginnt ein neuer Arbeitstag. frühen Stunde noch wenig von der Betrieb- unter Tage. In scharfen Umrissen zeichnet sich vor dem samkeit, die ein modernes Bergwerk Tag Morgenhimmel ein 40 Meter hohes Stahlge- und Nacht kennzeichnet. Teufe: Aus der Sprache des Mittelalters rüst ab: Der Förderturm. Oder genauer ge- übernommener bergmännischer Fach- Das Büro des Bereichsleiters ist ein heller- ausdruck für Tiefe. sagt, das über dem Schacht stehende „Schachtgerüst“. Dahinter das Magazin, der leuchteter Raum. Karten, die die Ausdeh- Lagerplatz, die Werkstätten, das Verwal- nung des Bergwerks unter Tage, die Stre- Flöz: Kohleschicht im Boden. Flöze er- tungsgebäude, die Kaue, in der sich die cken und Schächte zeigen, hängen an der strecken sich über viele Quadratkilome- Bergleute umziehen und nach der Schicht Wand. Auf dem Fensterbrett liegt ein Gru- ter hinweg. Im Ruhrrevier z.B. gibt es waschen. Es ist noch still hier draußen am benhelm; ansonsten ist es ein normales über hundert Flöze untereinander bis zu Schacht. Der Schacht stellt die Tagesöff- Büro mit Schreibtisch, PC und Akten- einer Tiefe von etwa 1.500 Meter, von de- nung zur unterirdischen Steinkohlenlager- schrank. nen aber nur die mächtigsten (dicksten) stätte dar und ist sozusagen eine Außen- abgebaut werden. stelle des Bergwerks, das wir kennen lernen „Glück auf!“ Der Bereichsleiter – schon im wollen. Grubenzeug – ist informiert, dass heute morgen Besucher kommen. An der Karte Strecke: Man unterscheidet Gesteins- Hier draußen fahren die Bergleute in die erläutert er den vorgesehenen Weg. Dabei und Flözstrecken. Gesteinsstrecken sind Grube ein, und es werden Materialien wie fallen Begriffe wie Teufe, Strecke, Blind- tunnelartige Gänge im Gestein, die zur Lagerstätte führen und sie erschließen. Maschinen, Ersatzteile, Rohre und Kabel, schacht, die erst erläutert werden müssen. Durch sie wird der Bahnverkehr, werden Förderbänder, Strom- und Wasser-, Steuer- und Messleitungen geführt und schließlich der Wetterstrom geleitet. Die im Flöz vorgetriebenen Strecken er- schließen das Flöz für den Abbau der Kohle (Basisstrecke) und unterteilen es in einzelne Abschnitte (Abbaustrecken). Stollen: Von der Tagesoberfläche in ei- nen Berghang vorgetriebene Strecken. Streb: Eine Verbindung zwischen zwei Abbaustrecken, die im Kohlenflöz parallel mit 250 bis 350 Meter Abstand vorge- trieben werden. Hier wird die Kohle ab- gebaut. Im Streb wird ein Hobel oder eine Schrämwalze an der Kohlenfront entlanggeführt und damit die Kohle aus dem Flöz geschält oder geschnitten. In einer Stahlrinne wird die Kohle zu einer der beiden Abbaustrecken abgefördert. Sie geht von dort zum Schacht und nach über Tage. Schachtanlage AV8 des Bergwerks Auguste Victoria/Blumenthal 2
Kaue: Mittelalterliches Wort für ein klei- In der Kaue Für Besucher hält der Kauenwärter bereit: Unterzeug, Arbeitshemd, Socken, den Gru- nes, provisorisches Gebäude, das da- benanzug, Sicherheitsschuhe – und dann malige Waschhaus. Heute: Umkleideräu- Bevor es nach unter Tage geht, muss die die Schienbein-Schützer aus hartem Plastik. me mit Duschen. Kleidung gewechselt werden. In der Weiß- Zur Kleidung gehören auch ein Halstuch, ein kaue legen die Bergleute ihre Straßenklei- Ledergürtel und der Grubenhelm, einstellbar Grubengebäude: Sammelbegriff für alle dung ab. Die Sachen hängt der Bergmann für jede Kopfgröße, Arbeitshandschuhe, bergmännisch hergestellten Hohlräume an einen Haken, der unter die Decke der Gehörschutz, Sicherheitsbrille, Staubmaske untertage im gesamten Bereich eines Kaue gezogen wird. Die Bergleute gehen und erforderlichenfalls Knieschoner. Bergwerks, wie z.B. Schächte, Strecken, nackt hinüber in die Schwarzkaue, wo ihr Strebe usw. Anschließend geht die Besuchergruppe in Grubenzeug hängt. Nach der Schicht geht die Lampenstube. Hier ist es still. Aber ge- es umgekehrt zuerst in die Schwarzkaue, rade eben noch holten sich hier die Berg- Schrämen: = Schneiden, Fräsen. Wort- wo sie ihr Grubenzeug zum Trocknen unter leute der Frühschicht ihre Lampen, das stamm enthalten in Schramme. Die die Decke hängen. Dann Duschen in der Geleucht – wie man früher sagte. Es sind Schrämwalze fräst mit Hartmetallzähnen Waschkaue und Anziehen in der Weißkaue. elektrische Lampen, die am Grubenhelm die Kohle aus dem Flöz. Der Betrieb lässt die Arbeitskleidung regel- befestigt werden können. Der Akku, der die Hängebank: Übertägige Anlage am mäßig waschen. Lampe mit Strom versorgt, ist handlich und oberen Ausgang des Schachtes, an der im Mittelalter die Körbe an das Seil ge- hängt wurden. Heute steigen dort die Bergleute in bzw. aus den Fahrkorb, wer- den Kohle und Berge oder Materialien aus bzw. in den Schacht umgeladen. Förderkorb: In früheren Jahrhunderten ein Korb aus Weidengeflecht, in den die gelöste Kohle geladen und der an einem Hanfseil zutage gehoben wurde. Jetzt ein stählernes Gestell, ähnlich einem Fahrstuhl, mit mehreren Etagen, in die je- weils die beladenen oder leeren Gruben- wagen hineingeschoben werden. Heute wird die Kohle in Gefäßen mit etwa 30 Tonnen Inhalt und automatischer Bela- dung und Entladung zutage gefördert. Die Bergleute nutzen den Förderkorb, um ein- und auszufahren. Außerdem wird das benötigte Material darin trans- portiert. Ausbau: Abstützende Teile in Streb und Strecke, heute im wesentlichen aus Stahl gefertigt, z.T. auch in Beton. Alter Mann: Grubenbau, der nach der Gewinnung der Kohle verbleibt. Grubenhund(t): So nannte man früher die kleinen Grubenwagen. In der „Schwarzkaue“. Hier ziehen die Bergleute ihre Grubenkleidung an und aus. Mit einer Kette wird der Kleiderha- ken an die Decke gezogen. Die Kleidung ist trocken, durchlüftet und diebstahlsi- cher untergebracht. Ebenso sieht die „Weißkaue“ für Straßenkleidung aus. 3
nicht größer als ein etwas dickeres Ta- gerät und steckt sie dann in das Anwesen- Geleucht: Jahrtausendelang stellte der schenbuch. Er wird am Gürtel getragen und heitsfach. Wenn er aus dem Bergwerk wie- Bergmann keine anderen Anforderun- stört nicht bei der Arbeit. Das zweite wichti- der ausfährt, wird die Karte wieder in das gen an sein Grubenlicht als an sein Licht ge Gerät, das jeder mitnehmen muss, der in Lesegerät gesteckt und ins Abwesenheits- zu Hause; es musste billig, handlich, ro- ein Bergwerk einfahren will, ist der soge- fach abgelegt. Dieses Verfahren dient der bust und sparsam sein. Die ersten be- nannte Filterselbstretter, eine Metalldose mit Anwesenheits- und Sicherheitskontrolle. Je- kannten Grubenlampen nach dem einfa- einer Art Gasmaske für den Fall, dass Feuer derzeit kann sofort festgestellt werden, wel- chen Kienspan waren römische und unter Tage ausbricht und Brandgase die cher Bergmann sich unter Tage befindet. griechische Öllampen. Diese Lampen, Atemluft vergiften. ihrer Form nach Frosch, Schiffchen oder Vögelchen genannt, gab es bis in die Der Weg zum Schacht ist von der Lampen- Neuzeit. Erst in der 2. Hälfte des 18. stube nicht mehr weit. Er führt durch die Jahrhunderts erkannte man, dass die of- Markenkontrolle, einem Durchgang, an des- fene Flamme des Geleuchtes zur Gefahr sen Wänden einige hundert Datenkarten werden konnte (Schlagende Wetter!). stecken. Jeder Bergmann hat seine Num- Nach zahllosen Versuchen gelang es erst mer. Sie findet sich auf seiner Lampe, auf 1815 dem Engländer Humphry Davy, seinem Selbstretter und auf seiner Daten- eine relativ lichtstarke und explosionssi- karte. Wenn der Bergmann seine Schicht chere Grubenlampe zu entwickeln. Die- beginnt, zieht er die Karte durch ein Lese- se mit Benzin betriebenen Lampen wur- den über hundert Jahre lang im Stein- kohlenbergbau verwendet. Danach gab es die noch sichereren, wenn auch zu- nächst sehr schweren, elektrischen Handleuchten, die bis etwa 1960 in Ge- brauch waren. Heute werden durchweg akkubetriebene Kopflampen verwendet. Außerdem ist das Bergwerk an den mei- sten Stellen durch fest installierte elektri- sche Lampen beleuchtet. Holzfackel Tonlampe für Ölbrand In der Lampenstube werden die Akkus der Kopflampen, wenn diese nicht benutzt werden, aufgeladen. Auch die Wartung und Reparatur wird in dieser Zeit durchgeführt. 4
Am Schacht Heute wird die Kohle meistens mit Gefäßen, den sogenannten Skips, gefördert. Die Ge- fäße – das sind zwei riesige Eisenkästen – In einer großen Halle unmittelbar am sind etwa 17 Meter hoch, 3,50 m lang und Schacht beginnt die Schicht des Berg- 1,80 m breit. Sie hängen an mehreren arm- manns. Der Förderkorb wird nicht nur zu dicken Seilen und schaffen je Stunde rund ebener Erde, wo der Schacht in die Tages- 1000 Tonnen Kohle zutage. 33mal rasen die oberfläche mündet, sondern auch eine Eta- Fördergefäße in einer Stunde durch den ge höher bestiegen. Dadurch können Schacht, das eine gefüllt nach oben, das gleichzeitig mehr Bergleute anfahren. andere gleichzeitig leer nach unten – alles vollautomatisch gesteuert und mit einer In den Förderschächten gibt es nur noch Fahrgeschwindigkeit von 18 bis 20 Meter vereinzelt die sogenannte Gestellförderung, pro Sekunde, rund 70 Kilometer pro Stun- in der die Kohle in Förderwagen zutage ge- de. hoben wird. Bei der Gestellförderung wer- den die aus der Grube kommenden vollen Förderwagen automatisch von den leeren Wagen aus dem Korb gedrückt. Die vollen Wagen rollen dann vom Korb in eine Kipp- Anlage, werden dort entleert und reihen sich dann über ein Umlauf-System wieder auf der anderen Schachtseite ein, um nach un- ter Tage gebracht zu werden. An der Hängebank warten die Bergleu- te auf die Seilfahrt. Für andere ist die Schicht zu Ende. 5
Unter Tage wird die Kohle in der Regel mit Beim Drehen wird das Seil mitgenommen, ein Förderkorb bewegt sich damit nach Seil: Jahrtausendelang aus Hanf oder Gurtförderbändern kontinuierlich vom Ab- oben, der andere nach unten. Bei großen anderen Pflanzenfasern gefertigt, die – bau bis zum Bunker am Schacht transpor- Teufen werden mehrere Seile benötigt, um das war ihr Nachteil – jedoch schnell ver- tiert. Vom Bunker wird die Kohle direkt in die das große Gewicht allein der Seile selbst zu schleißen und gegen Frost und Feuchtig- Fördergefäße abgezogen. Durch einen sol- tragen. Antriebsaggregate mit einer elektri- keit empfindlich sind. Etwa seit dem 16. chen Schacht (Hauptschacht) wird aus- schen Leistung von 9000 Kilowatt drehen Jahrhundert wurden Ketten – „eiserne schließlich Rohkohle (Kohle einschließlich die Scheiben, ein Computer steuert die An- Seile“ – verwendet, deren großes Eigen- Gestein) gefördert. Diese Gefäße können lage, stoppt sie bei Störungen, regelt ihre gewicht allerdings ihren Einsatz be- über 30 Tonnen Kohle aufnehmen; das ent- Geschwindigkeit. Trotz der automatischen schränkte. Mitte des 19. Jahrhunderts spricht dem Fassungsvermögen eines nor- Steuerung kann und darf aber auf den Men- wurde Stahldraht nach Art der Hanfseile malen Eisenbahn-Waggons. schen nicht verzichtet werden. geflochten. Vom Bergbau aus trat das Drahtseil seinen Siegeszug in der Welt Der Fördermaschinist überwacht den Be- an. Seit 1903 gibt es in Bochum eine Die Fördermaschine - trieb und greift nur ein, wenn es irgendwo „Seilprüfstelle“, eine international aner- ein Kraftpaket mal nicht klappen sollte. kannte Prüfstelle für Drahtseile. Bedenkt man, welche Mengen und Ge- Seilfahrt: Personenbeförderung im wichte Tag für Tag durch den Hauptförder- Schacht. schacht befördert werden, dann muss es schon eine kräftige Maschine sein, die diese Arbeit bewältigt. Neben dem Schachtgerüst steht in einer Halle die Fördermaschine – eine übermannshohe Stahltrommel, über die vier Seilstränge laufen. An beiden Enden Seilfördermaschinen laufen beim Kohle- hängt je ein Förderkorb oder eben ein Skip. transport vollautomatisch. „Seil“fahrt im Mittelalter Fahrung: Jede Art der Fortbewegung der Bergleute in der Grube, mit einem Beförderungsmittel aber auch zu Fuß. Eine Grube wird z.B. „befahren“, man spricht von einer Gruben„fahrt“, Seil„fahrt“, Leitern sind „Fahrten“. Neue Strecken werden „aufgefahren“. 6
Natürlich kann der Maschinist die Förder- In 90 Sekunden auf maschine auch von Hand steuern, er kann 1000 Meter Tiefe das Fahrtempo bestimmen und die Gefäße an jedem beliebigen Punkt im Schacht stoppen – doch das tut er nur, wenn etwa „Seilfahrt“ – Automatisch bewegen sich die Reparaturarbeiten dies notwendig machen Schachttore zur Seite, wenn der Korb ein- sollten. Als es die automatische Steuerung getroffen ist. Dann öffnet der Anschläger noch nicht gab, hatte der Fördermaschinist das Schutzgitter am Förderkorb. Ein Berg- alle Vorgänge im Schacht buchstäblich mann nach dem anderen steigt ein. Der För- selbst in der Hand. Er steuerte den Förder- derkorb: ein großes eisernes Gestell mit korb nach den Glockensignalen, die ihn mehreren Etagen. Auf den Böden sind vom Schacht erreichten, nach dem Teufen- Gleisstücke montiert, auf die Förderwagen anzeiger und nach den weißen Markierun- geschoben werden können. An der Wand gen, die er vor sich auf dem Seil sehen hängen Ketten, an denen man sich festhal- konnte. Heute gilt dies nur noch für die ten kann. Vier Etagen hat dieser Förderkorb, Schächte mit Personenseilfahrt und Materi- so dass mit einer Fahrt bis zu 100 Bergleu- alförderung. Fingerspitzengefühl, das war te befördert werden können. und ist eine der Haupteigenschaften, die ei- Die Lampen werden angeknipst, das nen Fördermaschinisten auszeichnen. An Schutzgitter rasselt herunter, die Schachtto- der Art und Weise, wie der Korb fährt, er- re schließen sich. Der Anschläger gibt die kennen erfahrene Bergleute, wer da an der Signale. Wenige Augenblicke später fährt Maschine sitzt. Sie schimpfen über den, der der Korb an – ganz sanft, fast so wie ein den Korb zu hart abstoppt, und loben den, Kaufhausfahrstuhl. Die normale Fahrge- der die Kunst der sanften Fahrt beherrscht. schwindigkeit bei der Seilfahrt ist 8 Meter je Auf der Hängebank, unmittelbar am Schacht, Sekunde. Das sind annähernd 30 Kilometer steht der Anschläger, ein Bergmann, der ein pro Stunde. Wenn Material oder Maschinen wenig als Verkehrspolizist fungiert: Er hat gefördert werden, ist die Fahrgeschwindig- die Aufgabe, den Zugang zum Förderkorb keit mehr als doppelt so hoch. Es ist dunkel, zu sichern, er kontrolliert alle Vorgänge im nur der Schein der Grubenlampen ist zu se- Bereich des Schachtes und ist für die Sig- hen. Rechts und links gleiten die Spurlatten nalgebung verantwortlich. An Hauptförder- aus Stahl vorbei. Die Körbe oder Gefäße ha- schächten ist dies alles Vergangenheit. Hier ben Rollenführungen. Dadurch können sie wird die Förderung vollautomatisch gesteu- noch ruhiger und erschütterungsfreier fah- ert. ren. Bei Handbetrieb werden die Signale nach Es zieht ein wenig – das kommt vom Fahrt- einem einfachen Verfahren gegeben. Wenn wind – und den spüren wir deutlich, weil der der Anschläger an einem Handgriff, dem Korb an beiden Seiten nur von Sicherheits- Füllort: Schnittpunkt zwischen Schacht Schachthammer, zieht, löst er ein Glocken- gittern verschlossen ist. Und auch nur da- und Strecke, wo früher die am Seil her- signal aus: Zunächst das Zielsignal, also zu durch merkt man, dass der Korb mit ziem- abgelassenen Weidenkörbe gefüllt wur- welcher Sohle im Bergwerk die Fahrt gehen licher Geschwindigkeit in die Tiefe fährt. Er den. Nach mittelalterlichem Sprachge- soll. Dann folgen vier Schläge, das heißt brauch sagen die Bergleute „das Füllort“. rüttelt leicht, aber im ganzen ist es eine sehr „Seilfahrt“. Weitere drei Schläge bedeuten Das „Ort“ – in der Mehrzahl „Örter“ – be- ruhige Fahrt. Jetzt, gerade für Bruchteile ei- „hängen!“ – der Korb mit den Personen soll deutete im Mittelalter die Spitze, das ner Sekunde: ein Lichtschein. Das muss die Ende oder Ziel, zu dem man hin will. abwärts fahren. Wenn es wieder nach oben Zwischensohle gewesen sein, in 640 Meter gehen oder Material gefördert werden soll, Teufe – und in diesem Augenblick verspürt Pferdegöpel: die Fördermaschine des gibt es andere Signale. Trotz aller modernen man auch einen leichten Druck auf den Oh- vorindustriellen Zeitalters, ihre Kegeldä- Elektronik im Bergbau wird dieses Signalsy- ren. Jetzt verlangsamt der Korb die Fahrt, cher beherrschten im 18. Jahrhundert stem im Schachtbetrieb auch heute noch das Bild der Landschaft südlich der wenige Sekunden noch, dann ist das Füllort angewendet, weil es einfach und jederzeit Ruhr. erreicht. fehlerfrei funktioniert. Daneben gibt es Licht- Blindschacht: Ein Schacht zwischen und Tonsignale, elektronische Datenüber- zwei Sohlen, der nicht bis zur Tages- tragung und Fernsehkameras zur Überwa- oberfläche führt, also „blind“ ist. chung der Hängebank und der Füllörter. 7
Ein unterirdischer Güterbahnhof Wir kommen in einem hell erleuchteten, tunnelartigen Raum an – fünf bis sechs Me- ter hoch aus Beton, weiß gestrichen – fast kann man auf die Idee kommen, in einem U-Bahn-Tunnel nur ein paar Meter unter der Erde zu sein. Das Füllort, ein Umschlag- bahnhof zwischen Schacht und Strecke, wo die Bergleute, Material oder Kohle an- kommen und zu den Betriebspunkten oder zu Tage befördert werden. Hier werden die von oben kommenden, mit Material gefüll- ten Förderwagen aus dem Korb gedrückt. Zur Zeit ist das Füllort fast menschenleer. Der Verkehr der Wagen kann von nur einem Mann ferngesteuert werden. Bei Schicht- wechsel herrscht lautes Treiben im Füllort. Hier kommen die Bergleute an, hier steigen sie in die Personenzüge, in denen sie zu ih- ren Arbeitsplätzen fahren. Zum Schichtende ist das Füllort dann wieder Treffpunkt der Bergleute, wenn sie ausfahren. Das Füllort ist die Schnittstelle zwi- schen Schacht und Strecke. Beinahe wie in einem U-Bahnhof sieht es hier am Füllort aus. Die Züge verkeh- ren nach einem festen Fahrplan. 8
Wetter: Nach mittelalterlichem Sprach- Frische Wetter in der Grube latoren durch flexible Kunststoffrohre, die sogenannten Wetterlutten, in die betreffen- gebrauch die Luft im Grubengebäude. den Betriebspunkte geleitet. Pro Minute „Frische Wetter“ nennt man dementspre- Hier unten im Füllort weht ein frischer Wind – werden für jeden Bergmann mindestens chend die einziehende, unverbrauchte der Wetterstrom, wie der Bergmann sagt. sechs Kubikmeter Luft zugeführt. Das ist Luft. Unter Abwetter wird die verbrauch- Durch das Füllort am Schacht, hier in 820 hundertmal mehr als ein Mensch selbst bei te Luft verstanden. Unter Bewetterung Meter Teufe strömen frische Wetter, also fri- schwerster Arbeit benötigt. versteht man die Versorgung der Gru- sche, unverbrauchte Luft, in die Grube ein. benbaue mit Frischluft. Wie frische Luft in und „verbrauchte“ Luft aus dem Bergwerk kommt, zeigt das Sche- In der Tiefe wird es wärmer ma der Wetterführung. Um eine Wetterfüh- rung überhaupt erst zu ermöglichen, sind Es gibt mehrere Gründe dafür, dass so gro- Lüfter zwei Schächte nötig: ein einziehender ße Wettermengen durch ein Bergwerk gelei- Schacht, durch den die Frischluft in die Gru- tet werden müssen. Zunächst brauchen die be kommt, und ein ausziehender Schacht, Bergleute natürlich Luft zum Atmen. Auch durch den die Abwetter abgesaugt werden. viele der eingesetzten Maschinen, wie z.B. Um den Wetterstrom in Gang zu halten, sind am ausziehenden Schacht Ventilatoren Dieselmaschinen, benötigen Luft zum Be- eingesetzt. Sie sind mit einer Leistung von trieb. Außerdem, je tiefer man in die Erde 3000 Kilowatt die größten, die überhaupt in eindringt, desto wärmer wird es. Etwa alle der Industrie verwendet werden. Diese Ven- 30 Meter steigt die Gebirgstemperatur um tilatoren, auch Grubenlüfter genannt, kön- jeweils ein Grad Celsius an. In 1000 Meter nen bis zu 26 000 Kubikmeter Luft in der Tiefe liegt die Gebirgstemperatur bei über Minute ansaugen. Die Wetterführung wird 40°C. Die Wetter dienen also auch zur Küh- mit einem Computer berechnet und durch lung. Um erträgliche Arbeitsbedingungen Einziehschacht Ausziehschacht Drosselung und Schleusen präzise gesteu- zu schaffen, werden im Abbaubereich, wo ert, so dass alle Betriebspunkte unter Tage laufend Kohle und Gestein mit höherer Tem- ausreichend mit frischer Luft versorgt wer- peratur freigelegt werden, zusätzliche Kühl- den. Wo nicht mit durchziehenden Wettern anlagen eingesetzt. Bergbehördliche Be- belüftet werden kann - z. B. dort wo eine stimmungen legen fest, dass ein Bergmann Strecke vorgetrieben wird - werden die be- bei Temperaturen über 28°C eine verkürzte nötigten Wettermengen von kleineren Venti- Arbeitszeit vor Ort hat. Wettertür 1.Sohle Streb 2.Sohle Wettertür Schema der Wetterführung In einer zentralen Kälteanlage (im Bild sind die Pumpen zu sehen) wird eine Kühlflüssigkeit abgekühlt und anschlie- ßend durch das Grubengelände geleitet. 9
Das Grubengas, ein ständiger separate Rohrleitungen zu Tage gefördert Begleiter und insbesondere für Heizzwecke genutzt. Entwicklung der Darüber hinaus wurden im deutschen Stein- durchschnittlichen kohlenbergbau die Sicherheitsvorkehrun- Abbauteufe in der Nachdem vor rund 300 Millionen Jahren die gen ständig verbessert. Sie haben heute ein Bundesrepublik riesigen Wälder der Steinkohlenzeit in den Sümpfen versunken waren, das Meer die so hohes Maß an Zuverlässigkeit, dass sie Deutschland Bäume und Pflanzen mit Sandschichten international zu den besten der Welt rech- (in Meter) überdeckte und so die abgestorbene Vege- nen. Alle Elektroschaltgeräte und Elektro- 1960 1970 1980 1990 2000 tation luftdicht verschlossen hatte, entstan- motoren sind so gesichert, dass sie keine den im Zersetzungsprozess aus den Pflan- Explosion zünden können. Außerdem wird zenresten und später während der Kohle- die Stromversorgung bei einer Konzentra- Bildung Gase. Diese sammelten sich in der tion von 1 % Grubengas in den Wettern Kohle und in porösen Schichten des Stein- automatisch unterbrochen. Gasmessgeräte kohlengebirges - so sind z. B. die Erdgasla- erfassen im gesamten Grubengebäude gerstätten entstanden. Dieses Gas, im kontinuierlich die Gaskonzentration und Steinkohlenbergbau Grubengas genannt, übertragen die Daten an die übertägige setzt sich aus unterschiedlichen Gasen zu- Gruben- und Sicherheitswarte. sammen: vor allem Methan, Kohlendioxid sowie Kohlenmonoxid, Stickoxiden und teil- Neben dem Grubengas aus aktiven Berg- weise Wasserstoff. Werden diese Gase frei- werken wird zunehmend auch das aus still- gesetzt , so sind sie bei einer Konzentration gelegten Bergwerken abgesaugt und in zwischen 5% und 14% in der Luft explosiv. Blockheizkraftwerken in Strom und Wärme Der Bergmann nennt ein solches Luft-Gas- umgewandelt. Die dadurch erzeugte Ener- Gemisch Schlagwetter. gie wird danach in die Netze der lokalen Be- treiber wie beispielsweise Stadtwerke ein- Damit es nicht soweit kommt, wird heute gespeist. Dadurch wird ein wertvoller Ener- sehr viel getan. Die wichtigste Sicherheits- gieträger genutzt, das Klima geschützt und vorkehrung ist dabei die Vorbeugung. So Gefahrenabwehr betrieben. Deshalb hat wird weit vor dem eigentlichen Abbau aus das Land Nordrhein-Westfalen die Gruben- den Kohlenflözen und dem umgebenden gasinitiative NRW im Rahmen der Landesin- Gebirge das Grubengas abgesaugt, über itiative Zukunftsenergien gegründet, an denen 644 754 850 903 971 Niederbringen einer Bohrung, um vor dem Abbau Grubengas abzusaugen. Alle elektrischen Anlagen müssen schlagwettergeschützt eingekapselt wer- den. 10
sich neben Forschungsinstituten und Anla- modernen Bergbau immer rationeller gestal- standhaltung der Grubenbaue. Vor Beginn genbauern u.a. auch die Grubengasverwer- ten – stellen an die Staubbekämpfung be- des Abbaus sind Strecken aufzufahren, För- tungsgesellschaften beteiligen, die mehr- sondere Anforderungen, dies vor allem im derbänder zu installieren, elektrische Leitun- heitlich vom Bergbau geführt werden. Interesse der Gesundheit der Bergleute. gen zu verlegen und Datennetze aufzubau- Staub kann zu Lungenerkrankungen führen. en. Außerdem sind vielfältige Wartungs- und Schichtwechsel Deshalb werden umfangreiche Maßnahmen Reparaturarbeiten an dem großen Maschi- zur Staubbekämpfung eingesetzt. Außer- nenpark vorzunehmen. dem werden die Bergleute regelmäßig ärzt- Im Füllort der 9. Sohle ist es inzwischen et- lich untersucht und bei Krankheitsanzeichen Rund 90 Kilometer ist das in Betrieb befind- was lebhafter geworden. Die Nachtschicht, im Rahmen der Arbeitseinsatzlenkung an liche unterirdische Streckennetz in diesem die gestern Abend um 22 Uhr angefahren andere Arbeitsplätze versetzt. Im Vergleich Bergwerk lang. 36 Kilometer Förderbänder war, hat jetzt um sechs Uhr morgens Feier- zu früher treten Lungenerkrankungen heute für den direkten Transport von Kohle und abend. Die Männer haben Reparaturen und nur noch sehr selten auf, ein Erfolg dieser Gestein von den Abbaustreben und den andere Arbeiten ausgeführt, damit auf der Vorsorgemaßnahmen. Streckenvortrieben bis zum Kohlenbunker Frühschicht die Kohlengewinnung in den am Hauptschacht sind montiert worden. Abbaubetriebspunkten wieder planmäßig Der Besucher fragt sich oft, wo die vielen Drei Abbaubetriebspunkte gibt es auf dieser anlaufen kann. Bergleute beschäftigt sind. Etwa 4.000 Schachtanlage. Über 6.000 Kilogramm Menschen arbeiten über- und unter Tage Kohle werden pro Mann und Schicht unter Zum Beispiel der Tränker: Seine Aufgabe auf einem Bergwerk und nur wenigen be- Tage gefördert – das ist die Durchschnitts- war es, das Kohlenflöz im Streb mit Wasser gegnet der Besucher unter Tage. Dies liegt leistung im Steinkohlenbergbau in Deutsch- zu tränken. Das geschieht in erster Linie, um zum einen an der Weitläufigkeit moderner land. die Staubbildung beim Kohle-Abbau zu ver- Bergwerke. Da Tag und Nacht gearbeitet ringern, aber auch, um die Kohle leichter lö- wird, verteilt sich die Belegschaft auf 3-4 Seit dem Jahr 1900 sind im deutschen sen zu können. Der Tränker bohrt über 100 Schichten. Außerdem hat sich das Berufs- Bergbau über 150.000 Kilometer unterirdi- Meter lange Löcher in das Kohlenflöz und bild des Bergmanns völlig geändert. Früher sche Strecken „aufgefahren“ worden. Das presst mit einem Druck von etwa 80 bar haben viele Hauer die Kohle mit der Keil- entspricht einem Tunnel, der viermal um die Wasser hinein. haue, später mit dem Abbauhammer ge- Erde gehen würde. wonnen. Heute übernehmen diese Arbeit Die fortschreitende Mechanisierung, die da- Hochleistungsmaschinen, die von nur weni- mit verbundene Produktivitätssteigerung gen Bergleuten bedient werden. Wichtige und die Konzentration auf immer weniger Aufgaben der Bergleute liegen heute in vor- Abbaubetriebspunkte – Faktoren, die den bereitenden Maßnahmen und in der In- 11
In den Strecken unter Tage, vom Füllort bis zu den verschiedenen Abbaubetriebspunk- ten, herrscht ein reger Zugverkehr. Bei Schichtwechsel sind es die Personenzüge, die die Bergleute zu ihren oft Kilometer weit entfernten Arbeitsplätzen bringen. Dann fahren während der Schicht Züge mit Mate- rial, Maschinen, Ersatzteilen und auf man- chen Anlagen mit Kohle oder auch mit Ber- gen. Diese Schachtanlage hat sechs Loko- motiven im Einsatz. Es sind Loks mit Akku- Antrieb. In anderen Gruben gibt es auch Diesellokomotiven. Viele Wartungen und Reparaturen an den Maschinen werden unter Tage vorge- nommen. Hier werden auch die Akkus der Grubenlok geladen. In der Montagekammer unter Tage wird die Vollschnittmaschine zusammenge- setzt. Hier ist der Schneidkopf mit den Rollenmeißeln zu sehen, die das Gestein abscheren. Sowohl die Rollenmeißel als auch der gesamte Kopf drehen sich beim Vortrieb langsam. Das Streckensystem unter Tage ent- spricht dem Straßennetz einer Stadt über Tage. 12
Auf dem Weg „vor Ort“ In der Mitte der Strecke liegt das Schotter- Großbohrmaschinen treiben bett für die Zuggleise. An der Decke (berg- Tunnel in das Gebirge männisch: Firste) und an den Wänden Der Weg zum Abbaubetriebspunkt im Flöz (bergmännisch: Stöße) ziehen sich ganze Zollverein wäre zu Fuß ein Marsch von über Es hat nicht nur Monate, sondern Jahre ge- Bündel von Leitungen entlang – für Druck- dauert, um diese Strecke zu bauen – oder einer Stunde, mit dem Zug dauert es nur 20 luft und Wasser, für elektrische Energie und Minuten. wie der Bergmann sagt aufzufahren. Stre- Daten-Übertragung, für das planmäßig im ckenvortrieb ist eine ebenso mühsame wie Einsteigen. Eine Kabine mit zwei Sitzbänken – Bereich der Strebe abgesaugte Grubengas, kostspielige Arbeit. Rund 40 Bohrlöcher das ist ein „Abteil“ in diesem Personenzug. für Baustoffe und Hydraulikflüssigkeit. werden in das Gestein getrieben. Spreng- Sicherheitsgitter werden links und rechts stoff wird eingefüllt und gezündet. Das ge- Immer noch rollt der Zug durch die Strecke. sprengte Gestein wird mit einem Seiten- über die Einstiege geschoben. Ein Signal, der Zug fährt an. Er verlässt das hell er- Eben passiert er einen Abzweig. Im Licht kipplader auf den Förderer verladen und ab- leuchtete Füllort und biegt ab in die Stre- der Grubenlampen sind große Plastikwan- transportiert. Dann erst kann der Ausbau cke, ein etwa sieben Meter breiter Tunnel. nen an der Firste zu erkennen. In regelmäßi- des neu aufgefahrenen Streckenabschnitts Die Wände sind mit Stahlbögen ausgebaut, gen Abständen tauchen sie auf: Explosions- erfolgen. Auf einem Bohrwagen können bis die Zwischenräume mit Betonplatten aus- sperren. Sie sind voll Wasser; im Falle einer zu sechs Bohrgeräte zusammengefasst gefüllt. Holzausbau findet man heute im Gas- oder Kohlenstaubexplosion würden sein, so dass mehrere Löcher gleichzeitig in Bergbau so gut wie nicht mehr. Er könnte sie von der Druckwelle umgeworfen und ei- das Gestein gebohrt werden können. dem hohen Gebirgsdruck in dieser Tiefe nur nen Wasserschleier in der Strecke versprü- begrenzt standhalten. Deshalb werden die- hen, durch den die Flamme nicht durch- se Strecken mit Stahlbögen und Beton aus- schlagen kann; sie wird gekühlt und damit gebaut. gelöscht. 13
Viele Strecken werden heute mit Vortriebs- Bei der Streckenplanung benutzt man heu- maschinen aufgefahren. Zwei unterschiedli- te Datenverarbeitungsanlagen, die eine op- che Typen gibt es: Teilschnittmaschinen, die timale Streckenführung errechnen. Auf den das Streckenprofil nach und nach heraus- Zentimeter genau muss die vorausberech- fräsen, und Vollschnittmaschinen, die in ei- nete Richtung der Strecke beim Vortrieb nem Arbeitsgang eine Strecke von bis zu 12 eingehalten werden. Die Berechnungen sind Meter Durchmesser auffahren. Vollschnitt- Sache der Vermessungsingenieure, der maschinen fahren durch das Gestein, das Markscheider. Schon lange arbeitet man vorne von rotierenden Stahlscheiben gelöst beim Streckenvortrieb mit einem Laser- wird und mitten durch den Maschinenkör- strahl, der die Richtung der Strecke über per zum weiteren Abtransport nach über größere Entfernungen festlegt und die früher Tage geschafft wird – eine Art stählerner Re- erforderlichen häufigen Zwischenmessun- genwurm. Kilometerlange Strecken werden gen überflüssig macht. Die Techniken des so in wenigen Monaten fertiggestellt. Messens und Vermessens sowie des Stre- Eine Neuentwicklung ist die Vortriebsma- ckenvortriebs sind nicht auf den Bergbau schine „AVSA“ (steht für „Alternatives Vor- beschränkt geblieben. Bei U-Bahn-Bauten, triebssystem Schneiden Ankern“). Mit ihr Straßentunneln, Bau von Wasserleitungen wird nicht nur flexibel der Streckenquer- werden die Erfahrungen der Bergleute ge- schnitt herausgearbeitet sondern gleichzei- nutzt. Moderne Vermessungstechnik, im tig kann auch der Ankerausbau zum Halten deutschen Bergbau entwickelt, wurde auch der Deckschichten gesetzt werden. Beim beim Eurotunnel zwischen Frankreich und Ankerausbau werden bis zu mehrere Meter England eingesetzt. Bei einer Gesamtlänge lange Bohrlöcher in das Gestein vorgetrie- von 37,9 km haben sich zwei Vollschnittma- ben. Darin verklebt man Stangen, die so die schinen bis auf wenige Millimeter Abwei- einzelnen Gesteinspakete zusammenhalten. chung unter dem Ärmelkanal getroffen. Mit der Vortriebsmaschine AVSA wird die Strecke vorgetrieben und gleichzeitig mit Ankern gesichert. Mit Hilfe von Ankern wird das hangen- de Gestein gehalten, so dass ein weiterer Ausbau mit Stahlbögen nicht nötig ist. 14
Vor Ort Material, Eisen, Holz, Kabeltrommeln. Für den Materialtransport bis zum Abbaube- triebspunkt ist eine Einschienen-Hängebahn Der Zug stoppt. Das Sicherheitsgitter am installiert. Lange Stahlteile, z. B. die Rund- Ausstieg wird hochgezogen. Aussteigen! bögenteile für den Streckenausbau oder Rohre, schweben einfach an Haken einge- Es ist merklich schwüler geworden. Die Stö- hängt bis vor Ort. Kleinere Teile transportiert ße der Strecke sind feucht. Das Wasser wird man in Containern, die vom normalen in kleinen Gräben, den sogenannten Was- Schienenfahrgestell auf die Hängebahn um- serseigen, aufgefangen und entlang der gesetzt werden können. Strecken zu Sammelbecken oder Sümpfen geleitet und von dort in die Wasserhaltung Der Weg wird abschüssig. Bis zum Kohlen- der Grube gepumpt. streb sind noch 40 Meter Höhenunterschied Überall im Gebirge gibt es wasserführende zu bewältigen. Rechts läuft das Förder- Klüfte und Schichten, und es sind manch- band, auf dem die abgebaute Kohle zum mal große Mengen Wasser, die ständig in Schacht transportiert wird. Nur das Surren die Grube fließen. Dies hat dazu geführt, der Bandrollen ist zu hören. Auch die Berg- dass der Bergmann ein kompliziertes Sys- leute fahren auf diesem Band vom Halte- tem der Wasserhaltung entwickeln musste. punkt des Personenzuges bis nach vor Ort Holzausbau, wie er früher in steil gela- und zurück. Dafür sind spezielle Auf- und gerten Flözen üblich war. Leistungsstarke, elektrisch angetriebene Kreiselpumpen drücken das Grubenwasser Absteigestellen eingerichtet. durch Rohrleitungen an die Tagesoberflä- che. Etwa 30 Meter vor dem Streb hängt ein Zug an einem besonderen Schienenstrang. Ein paar Meter noch, dann ist der Blind- Zwölf Wagen mit Transformatoren und schacht erreicht, ein Schacht, der überein- Schaltanlagen, Hydraulikpumpen und Kom- ander liegende Sohlen verbindet, dessen munikationseinrichtungen – die fahrbare oberes Ende unter Tage liegt. Die Fahrt zur Energieversorgung des Abbaubetriebes. nächsten Sohle ist nur kurz. Stille, nur das Aus dem Dunkel links dröhnt ein Lüfter, aku- dumpfe Rütteln des Förderkorbes und das stische Signale sind zu hören und Rufe; die Klicken der Wassertropfen. 27 Männer im Abbaubetriebspunkt 14 ha- ben die Arbeit aufgenommen. Auf der unteren Sohle ist es noch ein paar Grad wärmer. Zu Fuß geht es zur Band- Die Einschienhängebahn dient zum Trans- strecke. Maschinenteile links und rechts, port von Bergleuten oder Material. Strebausbau um 1950: Holzkappen und Stahlstempel Moderner Schreitausbau: Stahlschilde schirmen den Streb ab 15
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Schildstreb mit Walzenschrämlader. Der Walzenfahrer steuert die Maschine fern. 17
Der Kohlen-Streb: Etwa 2,50 Meter hoch, Mit gewaltiger Kraft nähert sich der Walzen- 5 bis 6 Meter breit und ca. 300 Meter lang. schrämlader, eine 20 Tonnen schwere Ma- Das Kohlenflöz ist auf der einen Längsseite schine, deren rotierende Walzen mit zahlrei- des Strebs zu sehen. Der bereits abgebau- chen Meißeln bestückt sind. Sie schneidet te Teil, der „Alte Mann“, liegt verdeckt hinter aus dem matt glänzenden Kohlenflöz einen dem stählernen Schildausbau. etwa 80 Zentimeter breiten Streifen heraus. Mit 6 Meter pro Minute fährt die Schrämwal- Wir sind in einem Schildstreb. Längst sind ze an dem Flöz entlang. Aus zahlreichen alle Strebbetriebe mit diesem Ausbau aus- 1. Gewinnen Düsen an der Walze spritzt Wasser auf die gerüstet, der das Hangende hydraulisch Kohle zur Staubbekämpfung. Der Maschi- abstützt und in das ausgekohlte Feld vor- nenfahrer und sein Begleiter tragen Schutz- wärts rückt – schreitet. Große Stahlplatten brillen und Staubmasken. Durch die Dre- stützen das Hangende (das Gebirge, das hung der Walze gelangt die Kohle automa- über dem Kohlenflöz liegt) lückenlos ab. Die tisch auf den Kettenförderer, eine Art Stahl- Bergleute arbeiten wie in einem stählernen wanne, in der ein schweres Kettenband die Tunnel, offen nur auf der Seite, wo das Koh- Kohle zur Bandstrecke schiebt. Dort fällt sie 2. Rücken lenflöz abgebaut wird. Auf einer Länge von auf einen weiteren Kettenförderer, wird in ei- über 300 Metern steht Schild an Schild. nem Brecher zerkleinert und gelangt 2500 Tonnen Stahl sind in diesem Streb ein- schließlich auf ein Gurtförderband. gebaut. Die Sicherheit der Bergleute im Streb hat sich dadurch wesentlich erhöht. Früher musste der Bergmann noch viele Holzstempel setzen, um das Hangende ab- zustützen. Seit etwa 1960 sind die mühsam 3. Einfahren von Hand gesetzten Einzelstempel in Folge der technischen Entwicklung nach und nach schließlich durch den vollmechani- schen Ausbau, den sogenannten Schreit- ausbau, abgelöst worden. Auch in automatisch gesteuerten Schild-Streben ist eine Überprüfung erforderlich 4. Schreiten 5. Setzen Das „Schreiten“ eines Schildes in einzel- nen Phasen. Das Hangende: Die Gesteinsschicht über dem Kohlenflöz, im Streb die „De- cke“ des Abbauraumes, auf dem der Druck des darüberliegenden Gebirges lastet. Das Liegende: Die Gesteinsschicht un- ter dem Kohlenflöz, im Streb der „Fußbo- den“ des Abbauraumes. Firste: die „Decke“ einer Strecke. Vor Ort: Arbeitsplatz unter Tage, wo eine Strecke vorgetrieben oder Kohle gewon- nen wird. Markscheide: Grenzlinie eines Gruben- feldes, Markscheidekunde = Vermes- sungskunde im Bergbau. 18
Automatisch schiebt sich der Kettenförderer bel könnte nur wenige Zentimeter tief die wieder an die Kohle heran. Dabei dienen die Kohle lösen und wäre auch zu niedrig, um Schilde als Widerlager. Anschließend rücken das Flöz in der gesamten Höhe abzubauen. die Schilde – elektrohydraulisch bewegt – In solchen Flözen werden fast ausschließlich ebenfalls automatisch nach. Nach jedem Walzenschrämlader eingesetzt. Anders da- Schnitt folgen sie in Richtung auf das Flöz gegen im dünneren Flöz Katharina mit mitt- und stützen das freigelegte Hangende ab. lerer Kohlenhärte. Dort ist der Hobel das Hinter den Schilden geht das Hangende zu besser geeignete Abbaugerät. Bruch und rutscht auf den schrägen Stahl- platten ab, gefahrlos für Bergmann und Ma- Hobel und Walzenschrämlader können nur schine. eingesetzt werden, wenn das Flöz eben, wellig oder mäßig geneigt ist. Je nach den Die Gewinnung ist heute im deutschen geologischen Gegebenheiten können Flöze Steinkohlenbergbau voll mechanisiert. Das aber auch stark geneigt oder sogar steil, heißt: Maschinen lösen die Kohle aus dem d.h. senkrecht stehen. Vielfältige Techniken, Flöz und laden sie auf den Förderer. Dabei auch diese Flöze vollmechanisch abzubau- gibt es nicht nur den Walzenschrämlader. en, wurden erprobt. Letztendlich war jedoch Ein paar Kilometer von diesem Streb ent- keine davon erfolgreich. fernt wird zum Beispiel ein Kohlenhobel ein- gesetzt. Das ist eine Maschine, die auf der Die jüngere Forschung will erreichen, den gesamten Streblänge die Kohle nicht wie Gesteinsanteil bei der Förderung (heute der Schrämlader aus dem Flöz schneidet, rund 50 %) zu verringern, indem die Walze sondern wie ein Schreinerhobel schält. Im oder der Hobel die Grenze zwischen Kohle Gegensatz zum Walzenschrämlader bewegt und Gestein automatisch erkennt. Mit Sen- soren bestückte Maschinen, die von alleine sich der Hobel mit einer hohen Geschwin- immer in der Kohle bleiben, wurden erfolg- digkeit (30 bis 90 Meter pro Minute) am reich getestet. Kohlenstoß entlang, dafür aber beträgt die Schnitttiefe nur drei bis acht Zentimeter. Der Druckluft betriebene Abbauhammer, mit dem die Bergleute noch in den 50er Jahren Warum wird hier mit dem Walzenschrämla- die Kohle losbrachen, ist heute nur noch ein der und dort mit dem Kohlenhobel gearbei- Hilfsmittel, wenn beispielsweise große Brok- tet? Die Antwort ist einfach: Es gibt z. B. be- ken die Transportbänder blockieren. sonders dicke Flöze mit harter Kohle und geringer mächtige Flöze mit weicherer Koh- le. Flöz Zollverein ist zum Beispiel ein dick- es Flöz mit sehr fester, harter Kohle. Ein Ho- Technischer Fortschritt im Kohleabbau: 1925: im Handbetrieb wird die Kohle mit der „Keilhaue“ gelöst. 1955: mit dem pressluftgetriebenen Abbauhammer. Heute: vollmechanisiert in einem Schild- streb (hier mit Kohle-Hobel). 19
Die Grubenwarte – das gehalt der Wetter überprüfen. Steht die Vollautomatischer Bergbau – Nervenzentrum eines Bandanlage oder liegt irgendwo ein Ma- Eine Vision? schinenschaden vor, zeigen es die Geräte Bergwerks der Warte an. Die Messwerte können am Bildschirm jederzeit sichtbar gemacht wer- Aufgrund der nie exakt vorausberechenba- Nach einer eindrucksvollen Grubenfahrt ge- den. Darüber hinaus kann sich der Gruben- ren geologischen Verhältnisse ist ein vollau- langt die Gruppe wieder an die Tagesober- wart über den Fernsprecher mit allen Be- tomatischer Bergbau derzeit schwer vorstell- fläche. Der Bereichsleiter zeigt die Gruben- triebspunkten und natürlich auch mit der bar. In Teilbereichen ist die Automatisierung und Steuerwarte – das Nervenzentrum des Betriebsleitung in Verbindung setzen. Nicht jedoch weit fortgeschritten, wie wir gesehen Bergwerks – und erläutert die Funktions- nur die Untertageanlagen werden in der haben (Bandanlagen, Schachtförderung, weise: Grubenwarte überwacht. Auch die Funktion teilweise im Abbau). Diese Bereiche werden der Grubenlüfter, der Fördermaschinen und zunehmend durch zentrale Steuereinheiten Alle wichtigen Vorgänge, die sich unter Tage über Computer vernetzt. Dabei spielen vor die Elektroversorgung wird beobachtet. Zur im Bergwerk abspielen, werden über Tage allem logistische Aufgabenstellungen eine weiteren Auswertung und für spätere Über- in der Grubenwarte registriert. Hier wird der Rolle, das heißt, die erforderlichen Materia- prüfungen werden alle Daten elektronisch gesamte Ablauf von Gewinnung und Förde- lien (Ausbauteile, Maschinen), Versorgungs- gespeichert. einrichtungen (Pumpen, Stromaggregate), rung im Grubengebäude überwacht. Ein elektronisches Meldenetz, über das die Leitungen für Strom, Wasser, Luft etc. ent- Neben der passiven Überwachung ist die wichtigsten Betriebszustände in die Gru- sprechend den Erfordernissen rechtzeitig aktive Steuerung von Maschinen unter Tage benwarte gelangen, erhöht die Sicherheit vor Ort zu bringen und im Gegenzug die von übertägigen Steuerständen aus von be- und fördert den reibungslosen Betriebsab- Kohle nach über Tage zu fördern. sonderer Bedeutung. Alle Abbaubetriebe lauf. werden von solchen Steuerständen aus Der Mitarbeiter in der Grubenwarte sieht an „gefahren“ und auch für Streckenvortriebe Üben im virtuellen Streb Bildschirmterminals auf einen Blick, ob die und den untertägigen Personen- und Mate- Gewinnungsmaschinen und die Förderer ar- rialtransport werden immer mehr übertägige Nicht nur im Internet kann man sich mit den beiten oder stillstehen, er kann die jeweils Steuerstände eingerichtet. Die Arbeitsbe- Komponenten eines Bergwerks vertraut geförderte Kohlenmenge ablesen, den dingungen der Bedienungsmannschaft wer- machen (www.deutsche-steinkohle.de). Für Stand des Grubenwassers oder den Gas- den dadurch wesentlich verbessert. die Aus- und Fortbildung der Bergleute werden Abbaubetriebe und Streckenvor- triebe mit allen Einbauten und Maschinen virtuell nachgebildet. Hier kann der Umgang mit neuen Betriebsmitteln kostengünstig im „Trockenkurs“ geübt werden. Dieses 3D- Verfahren dient auch dazu, das Zusammen- spiel verschiedener Komponenten bereits während der Konstruktionsphase zu opti- mieren. Blick in die Grubenwarte über Tage. Hier laufen alle Informationen über die Betriebszustände der verschiedenen Teile des Bergwerks zusammen. Die Grubenwarte ist das Nervenzentrum des Bergwerks. 20
Bergmann – ein moderner gewidmet. Kenntnisse über die Eigenarten ausgebildet werden. Bei besonderer Eig- Beruf von Kohle und Nebengestein z. B. sind für nung und nach Bewährung ist eine Weiter- den Maschineneinsatz und sicheres Arbei- bildung zum Abteilungsleiter möglich. ten unentbehrlich. Der Bergmechaniker ist Wer ein modernes Bergwerk gesehen hat der Allround-Bergmann, der die besten Auf- Eine Hochschulaus- und -fortbildung im und die dort arbeitenden Menschen beob- stiegschancen hat. Fach Bergbau bieten die Technische Fach- achten konnte, weiß, dass nur qualifizierte hochschule Georg Agricola in Bochum Facharbeiter den Anforderungen gerecht In einem weiteren bergmännischen Ausbil- (Bergtechnik, Geotechnik) sowie die techni- werden können. Mit dem allgemeinen tech- dungsberuf, dem des Berg- und Maschi- schen Universitäten in Aachen (Bergbau), nischen Fortschritt hat sich das Berufsbild nenmanns, werden Jugendliche in zwei Berlin (Entsorgungs- und Rohstofftechnik), des Bergmanns geändert. Im Bergbau gibt Jahren in einer intensiven, ihren Fähigkeiten Clausthal (Geotechnik, Bergbau, Erdöl-/ es heute eine Vielzahl von Berufen. Lässt entsprechenden Ausbildung auf spezielle Erdgastechnik) und Freiberg (Geotechnik man die Angestelltenberufe einmal unbe- bergmännische Tätigkeiten vorbereitet. und Bergbau). In Deutschland ausgebildete rücksichtigt, so kommt man allein im tech- Bergleute und Bergtechniker genießen in al- nischen Bereich auf mehr als ein Dutzend Die Ausbildung wird im Bergbau praxisnah len Ländern der Erde höchstes Ansehen. Ausbildungsberufe. und mit besonderer Sorgfalt betrieben. Es beginnt damit, dass der Bergbau – anders Der Bergbau bildet aber nicht nur den Der Industriemechaniker montiert und repa- als die anderen Wirtschaftszweige – seine Nachwuchs für die eigenen Betriebe aus. In riert Maschinen und Geräte über und unter eigenen staatlich anerkannten Berufsschu- Ausbildungseinrichtungen in- und außerhalb Tage. Der Energie-Elektroniker kontrolliert len/Berufskollegs mit speziell ausgebildeten der Reviere werden junge Menschen auch das Leitungsnetz, installiert elektrische Ein- Lehrern hat. Sie arbeiten direkt mit den erst- in nicht bergbauspezifischen, anerkannten richtungen, wartet Elektrogeräte, baut z. B. klassig eingerichteten betrieblichen Ausbil- Ausbildungsberufen für andere Wirtschafts- Hochspannungsanlagen sowie elektroni- dungszentren zusammen. Bei den Ab- zweige ausgebildet. sche Bauteile und Schaltungen ein, wartet schlussprüfungen der Industrie- und Han- und repariert sie. Mit dem Mechatroniker delskammern schneiden deshalb die jungen steht ein Facharbeiter zur Verfügung, des- Bergleute immer besonders gut ab. Seit je- sen Schwerpunkt im prozessorientierten her können begabte und tüchtige junge Denken und Arbeiten besteht: Montage und Bergleute eine weiterführende Schule, die Instandhaltung von komplexen Maschinen, Bergfachschule, besuchen, wo sie zum Qualifizierte Ausbildung wird groß Anlagen und Systemen sowie die Abnahme staatlich geprüften Techniker – „Steiger“ – geschrieben. und das Betreiben von entsprechenden Sys- temen. Der IT-Systemelektroniker errichtet die Kommunikations- und Informationsnet- ze, wie z. B. Mobilfunknetze, PC-Netzwer- ke, elektronische Gebäudesicherungen etc.. Der Konstruktionsmechaniker baut Stahlkonstruktionen z. B. für Transportanla- gen. Außerdem gibt es den Zerspanungs- mechaniker, der in Werkstätten eingesetzt wird. Zu diesen Berufen, in denen sich die Ausbil- dung vergleichbar wie in anderen Industrie- zweigen vollzieht, kommen die besonderen bergtechnischen Ausbildungsberufe. Der Bergmechaniker wird dreieinhalb Jahre ausgebildet. Dabei wird er mit den Grund- fertigkeiten der Metall- und Baustoffverar- beitung vertraut gemacht. Er wird an Ma- schinen ausgebildet und lernt Transportmit- tel und besondere Arbeitsverfahren kennen, die im Bergbau vorkommen. Die Ausbil- dung gleicht im ersten Jahr der Ausbildung des Industriemechanikers. Im zweiten Aus- bildungsjahr lernt er über Tage die Maschi- nen kennen, mit denen er im dritten Ausbil- dungsjahr unter Tage umgeht. Dabei wer- den auch Zusammenbau, Wartung und Re- paratur der Maschinen erlernt. Ein breiter Raum ist dem bergmännischen Fachwissen 21
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